320 Politikwissenschaft
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Zwischen Modellierung und Stakeholderbeteiligung - Wissensproduktion in der Energiewendeforschung
(2023)
Die Dekarbonisierung des Energiesystems ist Teil der international im Rahmen des Pariser Klimaabkommens beschlossenen CO2-Minderungsstrategie zur Bekämpfung des Klimawandels. Nach den Verhandlungen und Beschlüssen der Klimaziele stehen politische Entscheider weltweit nun vor der Frage, wie sie diese erreichen können. Dies produziert eine hohe politische Nachfrage nach Wissen um die direkten und indirekten Effekte verschiedener Instrumente und potentiellen Entwicklungspfade einer Energiewende. Dieser gesellschaftliche Bedarf an wissenschaftlichen Antworten zu Lösungsoptionen wurde im Rahmen einer Klimafolgenforschung, genauer einer Klimapolitikfolgenforschung, aufgenommen. Der relativ neue Zweig einer Energiewendeforschung hat sich weltweit entwickelt, steht dabei allerdings vor der doppelten Herausforderung: Erstens befindet sich das Objekt der Forschung nicht im luftleeren Raum, sondern innerhalb ökonomischer, sozialer und politischer Zusammenhänge, hier gesellschaftliche Einbettung genannt. Denn die Frage, wie die Energiewende erreicht werden kann, wird auch außerhalb der Wissenschaft debattiert und stellt damit ein Aushandlungsfeld unterschiedlicher Interessen und Narrative dar. Zweitens befindet sich das zu untersuchende Objekt in der Zukunft, hier unter dem Terminus des strukturellen Nicht-Wissens zusammengefasst. Diese beiden Bedingungen führen dazu, dass konventionelle Methoden der empirischen Sozialforschung nicht greifen und eine Öffnung und Transformation der Wissenschaft in Hinblick auf neue Methoden vonnöten ist (Nowotny 2001, Ravetz 2006, Schneidewind 2013). In dieser Arbeit untersuche ich zwei Möglichkeiten, wie mit der Herausforderung, Wissen unter der Bedingung des strukturellen Nicht-Wissens und der gesellschaftlichen Einbettung zu produzieren, in der Energiewendeforschung umgegangen wird. Einerseits wird dies durch die Einbeziehung von Stakeholdern, also nicht-wissenschaftlicher Akteure, in den Forschungsprozess getan. Andererseits ist die Nutzung von komplexen ökonometrischen Modellen zur Berechnung von Implikationen und energiewirtschaftlichen Entwicklungspfaden zu einem zentralen Mittel der Wissensgenerierung in der Energiewendeforschung avanciert. Damit wird der als Problem verstandenen strukturellen Bedingung des Nicht-Wissens insofern begegnet, als dass die Ergebnisse von Stakeholder-Involvement und von Modellierungsarbeiten zweifelsohne neues Wissen zur Verfügung stellen. Uneinigkeit besteht jedoch darin, worüber dieses Wissen etwas aussagt: Sind es Interessen oder legitime Perspektiven, die Stakeholder in den Forschungsprozess einbringen und sind Modelle vereinfachte Darstellungen der Welt oder sind sie Ausdruck der Vorstellung des Modellierers?
Was bewegt Menschen dazu, freiwillig in einem Krieg zu kämpfen, obwohl ihr Heimatland nicht involviert ist? Warum riskieren sie in Konflikten weltweit ihr Leben für eine fremde Sache? Bedeutet das Fehlen institutioneller Strukturen, die den Akteuren klare Regeln und Verhaltensweisen vorgeben würden, immer eine Eskalation von Gewalt? Diese Studie hilft, das Phänomen freiwilliger Kombattanten zu verstehen. Am Fallbeispiel internationaler Kriegsfreiwilliger, die in den Jugoslawienkriegen der 1990er Jahre auf Seiten Kroatiens kämpften, macht Julia Ludwig zudem den Mehrwert einer Analyse kultureller Faktoren in der Gewaltforschung deutlich.
Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Praxis der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) nach Art. 11 Abs. 4 EUV, dem weltweit ersten und einzigen Instrument transnationaler, partizipativer und digitaler Demokratie. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, welchen Beitrag die EBI zur weiteren Demokratisierung der EU leisten kann und auf welche Art und Weise insoweit noch weitere Verbesserungen erzielt werden können. Nach zehnjähriger Anwendungspraxis von 2012 bis 2022 liegen inzwischen ausreichend empirische Daten vor, um den Forschungsgegenstand umfassend zu erforschen und das Instrument mit Blick auf seinen von den EU-Institutionen versprochenen Legitimations- und Demokratisierungsbeitrag bewerten zu können. Insbesondere wird das EBI-Verfahren in dieser Arbeit auf seine empirisch nachweisbare Nutzung, auf seine prozedurale Nutzerfreundlichkeit sowie auf seine politische wie rechtliche Wirkmächtigkeit untersucht. Zum Zwecke der korrekten Kategorisierung, Bewertung sowie der nutzerfreundlichen Ausgestaltung des EBI-Verfahrens werden Vergleiche mit Bürger- und Volksinitiativverfahren in den EU-Mitgliedstaaten sowie mit Bürgerbeteiligungsverfahren auf EU-Ebene vorgenommen. Den empirischen und komparativen Analysen werden eine historische Analyse über die Genese der EBI seit dem EU-Verfassungskonvent sowie theoretisch-normative Überlegungen und praktische Untersuchungen zu unterschiedlichen beteiligungszentrierten Demokratiemodellen vorangestellt, um die EBI einzuordnen und die Steigerungsmöglichkeiten ihres Demokratisierungsbeitrags zu erschließen. Letzteres zielt schließlich auf die Frage nach der prozeduralen Kombination und Kompatibilität der EBI mit demokratischen Innovationen aus dem Bereich der deliberativen und direkten Demokratie ab. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick und unterbreitet umfassende EBI-Reformoptionen sowohl auf der primär- und sekundärrechtlichen als auch auf der informellen Ebene.
In der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf jungen russischsprachigen Jüdinnen und Juden, deren Eltern in den 90er Jahren des 20 Jahrhunderts nach Deutschland eingewandert sind. Im Rahmen dieser Studie wird der Bildungsweg dieser MigrantInnengruppe und deren Erfahrungen in Deutschland aus der biographischen Perspektive nachvollzogen. Der Fokus wird insbesondere auf die biographischen Lebenserfahrungen gelegt, d.h. die allgemeinen Lebensumstände, Hürden und Schwierigkeiten, die die jungen russischsprachigen Jüdinnen und Juden in Deutschland überwinden mussten, um auf ihrem Bildungsweg an ihr Ziel zu kommen. Des Weiteren werden die Rolle des sozialen Umfelds auf die Auswahl ihres Bildungsweges sowie ihre Zugehörigkeit und ihr Beitrag zur deutschen Gesellschaft beleuchtet. Ein weiteres Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf den gesellschaftlichen, politischen und familiären Rahmenbedingungen, die den BiographInnen den Zugang zum Bildungsweg ermöglichten.
Die in der Arbeit formulierten Forschungsfragen wurden mithilfe der interpretativen Sozialforschung, genauer, der fallrekonstruktiven Auswertung nach Gabriele Rosenthal beantwortet.
Über den biographischen Verlauf der Lebensgeschichte der jungen russischsprachigen Jüdinnen und Juden wurde deutlich, dass die BiographInnen in die säkulare Gesellschaft gehen müssen, um ihren Bildungsweg erfolgreich zu gestalten. Dort erfahren sie einen sehr starken Antisemitismus und sind diesem schutzlos ausgeliefert. Bei allen drei Interviewten wurde diese Erfahrung in der Schule gemacht, an einem Ort, an dem sie Schutz erfahren sollten. Diesen Anfeindungen begegneten sie auf unterschiedliche Weise und sie entwickelten verschiedene Handlungsstrategien. Einige BiographInnen setzen sich auf der intellektuellen Ebene bewusst damit auseinander, andere wiederum versuchen, nicht hinzuschauen und es zu ignorieren.
Des Weiteren wurde als Resultat der Untersuchung in einigen Fällen ein übereinstimmendes, in anderen ein nicht übereinstimmendes Passungsverhältnis zwischen elterlichen Vorstellungen und den Bildungswegen der jungen russischsprachigen Jüdinnen und Juden gefunden.
Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags steht seit seiner Gründung in rationaler und emotionaler Auseinandersetzung mit Parlament und Öffentlichkeit. Wolfgang Geist untersucht in seiner Langzeitanalyse die wechselnde Stellung des Ausschusses im Bundestag und gegenüber dessen Fraktionen unter den sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. So wird deutlich, welche Rolle der Ausschuss – auch in seiner besonderen Tätigkeit als Untersuchungsausschuss – in der Sicherheitspolitik der Bundesrepublik spielte sowie welcher Bedeutung der personellen Zusammensetzung und einzelnen politischen Akteuren zukam. Gleichzeitig hinterfragt er das Schlagwort »Parlamentsarmee«.
Fördermittelfinanzierte Gründungsunterstützungsangebote waren in den EU-Förderperioden 2007-2013 und 2014-2020 ein wichtiges Element der Hochschulgründungsförderung im Land Brandenburg. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, reduzierte sich das Fördervolumen in der gleichen Zeit jedoch stetig. Für die EU-Förderperiode 2021-2027 steht eine weitere Reduzierung der Fördermittel bereits fest. In der Folge wird es, ohne Anpassungen der etablierten Förderstrukturen, zur weiteren Reduzierung oder Erosion der Gründungsunterstützungsangebote an Brandenburger Hochschulen kommen. Die vorliegende Arbeit befasst sich daher u.a. mit der Frage, wie ein theoretisches Referenzmodell zur fördermittelfinanzierten Hochschulgründungsberatung gestaltet sein kann, um den reduzierten Fördersätzen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Angebotsvielfalt gerecht zu werden.
Zur Beantwortung dieser Frage wird als Untersuchungsobjekt das Förderprojekt BIEM Startup Navigator herangezogen. Das Gründungsberatungsprojekt BIEM Startup Navigator wurde von 2010 bis 2014 an sechs Brandenburger Hochschulen durchgeführt. Mit Hilfe der Modelle und Prämissen der Prinzipal-Agent-Theorie wird zunächst ein theoretischer Rahmen aufgespannt, auf dessen Grundlage die empirische Untersuchung erfolgt. Anhand der Prinzipal-Agent-Theorie werden die beteiligten Organisationen, Individuen und Institutionen aufgezeigt. Weiterhin werden die wesentlichen Problemfelder und Lösungsansätze der Prinzipal-Agent-Theorie für die Untersuchung des BIEM Startup Navigators diskutiert.
Im Untersuchungsverlauf werden u.a. die Konzepte zur Durchführung des Förderprojekts an sechs Hochschulstandorten, die Daten von 610 Teilnehmenden und 288 Gründungen analysiert, um so sachlogische Zusammenhänge und Wechselwirkungen identifizieren und beschreiben zu können. Es werden unterschiedliche theoretische Annahmen zu den Bereichen Projekteffektivität bzw. Projekteffizienz, Kostenverteilung und zur konzeptionellen Ausgestaltung in Form von 24 Arbeitshypothesen formuliert und auf die Untersuchung übertragen. Die Verifizierung bzw. Falsifizierung der Hypothesen erfolgt auf Grundlage der kombinierten Erkenntnisse aus Literaturrecherchen und den Ergebnissen der empirischen Untersuchung.
Im Verlauf der Arbeit gelingt es, die in der Prinzipal-Agent-Theorie auftretenden Agencykosten auch am Beispiel des BIEM Startup Navigators zu beschreiben und ex post Ineffizienzen in den durchgeführten Screening- und Signalingprozessen aufzuzeigen.
Mit Hilfe des im Verlauf der Arbeit entwickelten theoretischen Referenzmodells zur fördermittelfinanzierten Gründungsberatung an Brandenburger Hochschulen soll es gelingen, den sinkenden EU-Fördermitteln, ohne eine gleichzeitige Reduzierung der Gründungsunterstützungsangebote an den Hochschulen, gerecht zu werden. Hierfür zeigt das theoretische Referenzmodell wie die Ergebnisse der empirischen Untersuchung genutzt werden können, um die Agencykosten der fördermittelfinanzierten Gründungsberatung zu reduzieren.
Die Erzählungen der Energiewende: Erzählungen beherrschen die Interpretation des politischen Geschehens mehr als formal und methodisch strenge Argumentationsketten. Dies gilt insbesondere für Demokratien. In Demokratien gilt es zu überzeugen und auch zu überreden, um Macht zu erhalten, Macht zu sichern oder Akzeptanz für bestimmte politische Vorhaben zu generieren. Diese simple Feststellung lässt zwei Schlüsse für eine transformativ ausgerichtete Politikwissenschaft zu. Erstens können transformative Narrative produziert werden, die das Auftreten von ökologisch, sozial, ökonomisch und kulturell nachhaltigem wahrscheinlicher machen, Zweitens können die Narrative von nachhaltiger wie nicht-nachhaltiger Transformation analysiert werden. Beiden Aufgaben widmet sich die Dissertationsschrift. Dabei werden für den transformativen Teil ethnografisch erhobene Daten zu fünf transformativen Narrativen verdichtet, die Vorwärts- und Vorbildcharakter haben. In den fünf Aufsätzen wurde auf Diversität zwischen den beschriebenen Protagonisten geachtet, sodass eine breite Leser*innenschaft angesprochen wird. Im analytischen Part wird in einem Aufsatz über diese Vorgehen reflektiert und die Form beschrieben durch die transformative Narrative Wirksamkeit entfalten. Dabei gilt immer, dass die Wissenschaft keine Narrative selbst setzt, sondern mittels nachvollziehbarer Methoden Daten zum Sprechen bringt. Dies ist unter review-Bedingungen gelungen. Neben eines Einsatz von Narrativen in Fragen der Gestaltung der neu entstandenen und weiter entstehenden Energielandschaften behandelt diese Dissertationsschrift a, diskursstrangorientierte als auch institutionsorientierte Erzählungen über die Energiewende. Dabei wurden diskursstrangorientiert die unterschiedlichen Erzählungen der und über energieintensive Unternehmen bezüglich der EEG-Umlage untersucht und kategorisiert und die Metaphern der Energiewende im Magazin DER SPIEGEL erhoben und analysiert. Institutionsorientiert wurde die Energiewendeerzählung der Partei `Alternative für Deutschland´, die Bildsprache des Wirtschaftsministeriums an Hand eines Beispiels sowie die Nachhaltigkeitserzählungen der Zukunftsinstitut GmbH. Schließlich wird nach messbaren Folgen des Nachhaltigkeitsnarrativs in drei Regionen des Rhein-Maas-Gebiets gefragt, was die Arbeit abrunden soll.
Deutschland und Frankreich benötigen stetige Metallimporte, um ihr Wirtschaftsmodell aufrechtzuerhalten. Internationale Kooperation ist unerlässlich, damit diese Importe zuverlässig und nachhaltig verlaufen. Doch welche Potenziale bieten sich in diesem Bereich, welche Grenzen sind dabei zu erkennen? Dieser Frage geht Yann Wernert durch einen Fallstudienvergleich mit prozessanalytischen Methoden und auf der theoretischen Grundlage des neoliberalen Institutionalismus nach. Er zeigt, dass beide Länder ihre Bemühungen als reaktive Mittelmächte gestalten. Sie wollen durch staatliche Rohstoffstrategien wirtschaftliche, strategische und Nachhaltigkeitsziele erreichen. Während die Analyse durchaus Kooperationspotenziale ausmacht, fallen diese je nach Ländergruppe und Politikbereich sehr unterschiedlich aus.