300 Sozialwissenschaften
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Über kaum ein Thema werden so hitzige Debatten geführt wie über Geschlechtsidentität. Das Wissen darum, dass Gender sozial konstruiert ist, wird von Anti-Gender Aktivist*innen häufig als ‚Gender-Ideologie‘ bezeichnet und ruft heftige Gegenreaktionen hervor. Dies gilt nicht nur in Deutschland – sondern länderübergreifend. Auffällig viele der transnationalen Anti- Gender Mobilisierungen der letzten 20 Jahre finden bezogen auf Bildungseinrichtungen statt. Dieser Beitrag widmet sich der besonderen Rolle der Universität und der Wissenschaft für transnationale Anti-Gender Diskurse. Anhand verschiedener Beispiele zeige ich auf, dass das Verhältnis zwischen Anti-Gender Bewegungen und Wissenschaft geprägt ist von widersprüchlichen Dynamiken, von Abgrenzung aber auch Imitation. In ihrem Zusammenspiel wirken beide Dynamiken mobilisierend und tragen zum Erstarken regressiver Rollenbilder und antidemokratischer rechter Bewegungen in der breiteren Gesellschaft bei. Der letzte Teil des Beitrags ruft daher zu mehr Selbstreflexion der wissenschaftlichen Praxis auf Grundlage feministischer und intersektionaler Ansätze auf.
Geschlechter in Un-Ordnung
(2023)
Wie blicken verschiedene Wissenschaftsdisziplinen (auch intersektional) auf trans, inter und nicht-binäre (TIN) Subjektpositionen jenseits der zweigeschlechtlichen Norm und Devianzen heterosexueller Lebensweisen? Wie werden Geschlechtervielfalt und Geschlechterrollen(-bilder) in zivilgesellschaftlichen Einrichtungen thematisiert? Die Autor*innen erörtern hochaktuelle gesellschaftliche, rechtliche und alltagspraktische Diskurse und Forderungen: Unter anderem werden die Änderung des Personenstandsgesetzes, das geplante Selbstbestimmungsrecht, geschlechtergerechte Sprache und die Idee der „TINklusiven“ Universität behandelt.
Der erste Teil der Anthologie bietet theoretische Auseinandersetzungen über Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Geschlechterkonstruktionen. Der zweite Teil wendet sich den praktischen Handlungsfeldern und institutionellen Bewältigungsstrategien zu, mit in denen binär strukturierte Organisationen und Instanzen realer Geschlechtervielfalt begegnen und intentional oder unbeabsichtigt Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität (re-)produzieren bzw. dekonstruieren. Auch mögliche Verstärkungen anderer Diskriminierungsformen durch Othering-Prozesse im Genderdiskurs werden thematisiert. Im dritten und letzten Teil werden hochschulpolitische Spielräume anhand verfassungsrechtlicher Prüfung und digitaler Handlungsoptionen ausgelotet.
Bilingualer Unterricht gilt als das Erfolgsmodell für den schulischen Fremdsprachenerwerb in Deutschland und die Beherrschung einer Fremdsprache in Wort und Schrift ist eine entscheidende berufsqualifizierende Kompetenz in unserer globalisierten Welt. Insbesondere die Verzahnung fachlicher und sprachlicher Inhalte im Kontext Bilingualen Unterrichts scheint gewinnbringend für den Fremdspracherwerb zu sein. Dabei ist die Diskrepanz zwischen den zumeist noch geringen fremdsprachlichen Fähigkeiten der Lernenden und den fachlichen Ansprüchen des Geographieunterrichts eine große Herausforderung für fachliches Lernen im bilingualen Sachfachunterricht. Es stellt sich die Frage, wie der Bilinguale Unterricht gestaltet sein muss, um einerseits geographische Themen fachlich komplex behandeln zu können und andererseits die Lernenden fremdsprachlich nicht zu überfordern.
Im Rahmen einer Design-Based-Research-Studie im bilingualen Geographieunterricht wurde untersucht, wie fachliches Lernen im bilingualen Geographieunterricht durch den Einsatz beider beteiligter Sprachen (Englisch/Deutsch) gefördert werden kann.
Auf Grundlage eines theoretisch fundierten Kenntnisstands zum Bilingualen Unterricht und zum Lernen mit Fachkonzepten im Geographieunterricht wurde eine Lernumgebung konzipiert, im Unterricht erprobt und weiterentwickelt, in der Strategien des Sprachwechsels zum Einsatz kommen.
Die Ergebnisse der Studie sind kontextbezogene Theorien einer zweisprachigen Didaktik für den bilingualen Geographieunterricht und Erkenntnisse zum Lernen mit Fachkonzepten im Geographieunterricht am Beispiel des geographischen Konzepts Wandel. Produkt der Studie ist eine unterrichtstaugliche Lernumgebung zum Thema Wandlungsprozesse an ausgewählten Orten für den bilingualen Geographieunterricht mit didaktischem Konzept, Unterrichtsmaterialien und -medien.
Das kolonisierte Heiligtum
(2023)
Während der Zeit des historischen Kolonialismus wurden in Völkerkundemuseen komplexe Formen rassistischer und religiöser Diskriminierung institutionalisiert, z.B. in den dort gültigen Ästhetik- und Kunstbegriffen. Viele der heutigen Museumsangestellten erklären sich deswegen zu Reformen bereit. Doch können sie sich tatsächlich vom Kolonialismus trennen? Ist eine Dekolonisation ethnologischer Museen mit kolonialer Beute je abschließend möglich? Am Beispiel umstrittener Heiligtümer lebender Kulturen untersucht Christoph Balzar das Verfahren der Musealisierung durch die Linse der Diskriminierungskritik. Im Fokus stehen dabei die Sammlungen der »Staatlichen Museen zu Berlin«.
Die Arbeit gibt einen Einblick in die Verständigungspraxen bei Stadtführungen mit (ehemaligen) Obdachlosen, die in ihrem Selbstverständnis auf die Herstellung von Verständnis, Toleranz und Anerkennung für von Obdachlosigkeit betroffene Personen zielen. Zunächst wird in den Diskurs des Slumtourismus eingeführt und, angesichts der Vielfalt der damit verbundenen Erscheinungsformen, Slumming als organisierte Begegnung mit sozialer Ungleichheit definiert. Die zentralen Diskurslinien und die darin eingewobenen moralischen Positionen werden nachvollzogen und im Rahmen der eigenommenen wissenssoziologischen Perspektive als Ausdruck einer per se polykontexturalen Praxis re-interpretiert. Slumming erscheint dann als eine organisierte Begegnung von Lebensformen, die sich in einer Weise fremd sind, als dass ein unmittelbares Verstehen unwahrscheinlich erscheint und genau aus diesem Grund auf der Basis von gängigen Interpretationen des Common Sense ausgehandelt werden muss. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit, wie sich Teilnehmer und Stadtführer über die Erfahrung der Obdachlosigkeit praktisch verständigen und welcher Art das hierüber erzeugte Verständnis für die im öffentlichen Diskurs mit vielfältigen stigmatisierenden Zuschreibungen versehenen Obdachlosen ist. Dabei interessiert besonders, in Bezug auf welche Aspekte der Erfahrung von Obdachlosigkeit ein gemeinsames Verständnis möglich wird und an welchen Stellen dieses an Grenzen gerät. Dazu wurden die Gesprächsverläufe auf neun Stadtführungen mit (ehemaligen) obdachlosen Stadtführern unterschiedlicher Anbieter im deutschsprachigen Raum verschriftlicht und mit dem Verfahren der Dokumentarischen Methode ausgewertet. Die vergleichende Betrachtung der Verständigungspraxen eröffnet nicht zuletzt eine differenzierte Perspektive auf die in den Prozessen der Verständigung immer schon eingewobenen Anerkennungspraktiken. Mit Blick auf die moralische Debatte um organisierte Begegnungen mit sozialer Ungleichheit wird dadurch eine ethische Perspektive angeregt, in deren Zentrum Fragen zur Vermittlungsarbeit stehen.
Ausgangspunkt der Dissertation ist die Fragestellung, warum es relativ wenige weibliche Wirtschaftsprüfer/innen in Deutschland gibt. Laut Mitgliederstatistik der Wirtschaftsprüferkammer vom 1. Januar 2020 liegt der Frauenanteil im Berufs-stand bei rund 17 %. Einschlägige Literatur zeigt, dass auf Ebene der Berufseinstei-ger/innen im Segment der zehn größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften das Ge-schlechterverhältnis recht ausgewogen ist. Jedoch liegt der Frauenanteil auf der Hierarchieebene „Manager“, für die üblicherweise ein bestandenes Berufsexamen Voraussetzung ist, bereits deutlich niedriger und sinkt mit jeder weiteren Hierar-chiestufe. Die Zielstellung der Dissertation wurde somit dahingehend spezifiziert, diejenigen Faktoren zu analysieren, die dazu beitragen können, dass die relative Repräsentation von Frauen im Segment der zehn größten Wirtschaftsprüfungsge-sellschaften Deutschlands ab der Manager-Ebene (d. h. üblicherweise ab der Schwelle der examinierten Wirtschaftsprüfer/innen) sinkt. Der Fokus der Analyse liegt daher auf Ebene der erfahrenen Prüfungsassistenten und Prüfungsassistentin-nen (Senior), um diese Schwelle unmittelbar vor der Manager-Ebene detailliert zu beleuchten.
Neben der Auswertung von Erkenntnissen aus der internationalen Prüfungsfor-schung wurde eine empirische Studie unter den Senior von sechs der zehn größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland durchgeführt. Die empirischen Ergebnisse wurden mittels deskriptiver Datenanalyse ausgewertet und dahinge-hend analysiert, für welche der zuvor definierten Aspekte signifikante geschlechts-spezifische Unterschiede zu beobachten sind. Für ausgewählte Aspekte wurde zu-dem analysiert, ob es Unterschiede zwischen weiblichen/männlichen Senior mit Kind/ern und ohne Kind/er gibt. Insgesamt wurden für zahlreiche Aspekte ge-schlechtsspezifische Unterschiede und Unterschiede zwischen Senior mit Kind/ern und ohne Kind/er gefunden. Es zeigt sich außerdem, dass neben der beruflichen Situation auch die individuellen Eigenschaften und das private Umfeld von Bedeu-tung sind. Im Rahmen der beruflichen Situation spielen sowohl die Wahrnehmung der aktuellen beruflichen Situation eine Rolle als auch u. a. die Erwartungen der Senior an die mögliche künftige Manager-Position, an das Wirtschaftsprüfungsexa-men und an weitere berufliche Perspektiven.
Das Schulfach Geographie war in der DDR eines der Fächer, das sehr stark mit politischen Themen im Sinne des Marxismus-Leninismus bestückt war. Ein anderer Aspekt sind die sozialistischen Erziehungsziele, die in der Schulbildung der DDR hoch im Kurs standen. Im Fokus stand diesbezüglich die Erziehung der Kinder zu sozialistischen Persönlichkeiten. Die Arbeit versucht einen klaren Blick auf diesen Umstand zu werfen, um zu erfahren, was da von den Lehrkräften gefordert wurde und wie es in der Schule umzusetzen war.
Durch den Fall der Mauer war natürlich auch eine Umstrukturierung des Bildungssystems im Osten unausweichlich. Hier will die Arbeit Einblicke geben, wie die Geographielehrkräfte diese Transformation mitgetragen und umgesetzt haben. Welche Wesenszüge aus der Sozialisierung in der DDR haben sich bei der Gestaltung des Unterrichtes und dessen Ausrichtung auf die neuen Erziehungsziele erhalten?
Hierzu wurden Geographielehrkräfte befragt, die sowohl in der DDR als auch im geeinten Deutschland unterrichtet haben. Die Fragen bezogen sich in erster Linie auf die Art und Weise des Unterrichtens vor, während und nach der Wende und der daraus entstandenen Systemtransformation.
Die Befragungen kommen zu dem Ergebnis, dass sich der Geographieunterricht in der DDR thematisch von dem in der BRD nicht sonderlich unterschied. Von daher bedurfte es keiner umfangreichen inhaltlichen Veränderung des Geographieunterrichts. Schon zu DDR-Zeiten wurden durch die Lehrkräfte offenbar eigenmächtig ideologiefreie physisch-geographische Themen oft ausgedehnt, um die Ideologie des Faches zu reduzieren. So fiel den meisten eine Anpassung ihres Unterrichts an das westdeutsche System relativ leicht. Die humanistisch geprägte Werteerziehung des DDR-Bildungssystems wurde unter Ausklammerung des sozialistischen Aspektes ebenso fortgeführt, da es auch hier viele Parallelen zum westdeutschen System gegeben hat. Deutlich wird eine Charakterisierung des Faches als Naturwissenschaft von Seiten der ostdeutschen Lehrkräfte, obwohl das Fach an den Schulen den Gesellschaftswissenschaften zugeordnet wird und auch in der DDR eine starke wirtschaftsgeographische Ausrichtung hatte.
Von der Verantwortung sozialistische Persönlichkeiten zu erziehen, wurden die Lehrkräfte mit dem Ende der DDR entbunden und die in dieser Arbeit aufgeführten Interviewauszüge lassen keinen Zweifel daran, dass es dem Großteil der Befragten darum nicht leidtat, sie sich aber bis heute an der Werteorientierung aus DDR-Zeiten orientieren.
„If you can’t measure it, you can’t manage it.“ Dieser Slogan, der u. a. auf Peter Drucker, Henry Deming oder Robert Kaplan und David Norton zurückgehen soll, ist Ausdruck einer tiefen Überzeugung in die Notwendigkeit und den Nutzen des Performance Managements, einem Ansatz der auch die öffentliche Verwaltung erfasst und geprägt hat. Gleichzeitig impliziert er eine entscheidende Rolle von Performance Informationen. Die vorliegende Dissertation rückt das neuralgische Element Performance Information ins Zentrum des Forschungsinteresses, genauer die Verwendung von Kennzahlen.
Ausgangspunkt bildet die wissenschaftliche Beobachtung, dass Kennzahlen nicht immer und automatisch in der vom theoretischen Standpunkt aus erforderlichen und prognostizierten Art und Weise genutzt werden. Eine schlechte Implementierung des Managementansatzes oder Fehler im theoretischen Fundament sind mögliche Erklärungsansätze. Im Zuge der Analyse des Forschungsstandes ist offenkundig geworden, dass Erklärungen vor allem im organisationalen Setting und in Performance Management bezogenen Faktoren gesucht werden; ein Kennzeichen für eine eher technokratische und implementationsbezogene Perspektive auf die Verwendungsproblematik. Die aus neurowissenschaftlicher Sicht wichtige intrapersonale Ebene spielt eine ungeordnete Rolle.
In Anbetracht dessen ist auf der Grundlage neurowissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen einer empirischen Untersuchung die Wirkung erfahrungsbezogener Variablen auf das Verwendungsverhalten untersucht worden. Dabei ist analysiert worden, wie Erfahrungen auf organisationaler Ebene entstehen und wie sie im Detail auf das Nutzungsverhalten wirken. Als Forschungsobjekt sind polizeiliche Führungskräfte herangezogen worden. Die Daten sind Ende 2016/Anfang 2017 online-basiert erhoben worden.
Im Ergebnis der Datenauswertung und Diskussion der Befunde sind folgende Erkenntnisse hervorzuheben:
(1) Erfahrungen beeinflussen die Verwendung von Performance Informationen. Die Art der Erfahrung mit Kennzahlen bildet dabei eine Mediatorvariable. Vor allem organisationale Faktoren, wie der Reifegrad des Performance Management Systems, wirken über den Faktor Erfahrung auf das Verwendungsverhalten.
(2) Erwähnenswert ist zudem, dass die Auseinandersetzung mit Kennzahlen sowohl den Erfahrungsschatz als auch die Nutzung von Kennzahlen positiv beeinflusst. Insgesamt haben sich die neurowissenschaftlich inspirierten Variablen als vielversprechende Erklärungsfaktoren herausgestellt.
(3) Des Weiteren hat die Arbeit bestehende Befunde abgesichert, v. a. die Wirkung des erwähnten Reifegrads. Allerdings sind auch Unterschiede aufgetreten. So büßt zum Beispiel der transformationale Führungsstil i. V. m. Art der Erfahrung seine positive Wirkung auf die Kennzahlennutzung ein.
(4) Interessant sind zudem die Ergebnisse des Labor- und Quasiexperiments. Erstmalig sind nicht zweckorientierte Verwendungsarten experimentell beobachtbar. Zudem sind neuro- und verhaltensökonomische Erklärungsansätze identifiziert und diskutiert worden, die eine Bereicherung des Forschungsdiskurses darstellen. Sie bieten eine neue Perspektive hinsichtlich des Verwendungsverhaltens und liefern Impulse für die weitere Forschung.
Für das New Public Management, in dessen Werkzeugkasten dieser Managementansatz eine Schlüsselrolle einnimmt, wiegen die Forschungsbefunde schwer. Ohne ein funktionierendes Performance Management kann das wichtige Reformziel „Wirkungsorientierung“ nicht erreicht werden. Das NPM läuft damit Gefahr, selbst Dysfunktionen zu entwickeln.
Insgesamt scheint es geboten, in der Auseinandersetzung mit Managementsystemen einen stärkeren Fokus auf intrapersonale Faktoren zu legen. Auch Verhaltensanomalien im Kontext von Management und deren Implikationen sollten näher untersucht werden. Es zeigt sich ferner, dass eine rein technokratische Sichtweise auf das Performance Management nicht zielführend ist. Folglich ist das Performance Management theoretisch wie konzeptionell fortzuentwickeln.
Die Forschungsarbeit liefert somit wichtige neue Erkenntnisse zur Verwendung von Performance Informationen und zum Verständnis von Performance Management. Vor allem erweitert sie den Forschungsdiskurs, da sie die Erklärungskraft intrapersonaler Faktoren aufgezeigt hat sowie methodisch mit dem Mixed-Method-Ansatz (Multimethod-Studie) und theoretisch mittels der Neuro- und Verhaltensökonomie neue Perspektiven hinsichtlich der Verwendungsproblematik eröffnet.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund. Dabei wurden vor allem der Bezug dieser Gründungen zu der Umwelt – dem Gründerökosystem –, in der sie stattfinden, sowie ihre gegenseitigen Wechselwirkungen untersucht. Der Forschungsgegenstand ist die Schnittstelle aus den Bereichen Gründungen, Migrantentum und Hochqualifikation. Der Fokus auf die sehr spezifische Zielgruppe Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund füllt eine wichtige Lücke in der bisherigen Forschung.
Methodisch gesehen bedient sich diese Arbeit eines theoretischen Bezugsrahmens. Dieser besteht aus der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie (Meyer & Rowan 1977), dem Ressourcenabhängigkeitsansatz (Pfeffer & Salancik 1978) sowie dem sechs-dimensionalen Modell des Gründerökosystems (Isenberg 2011). Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund müssen ihre interne Ausgestaltung an die Anforderung der institutionellen Umwelt anpassen, um die notwendige Legitimität zu sichern. Dadurch können bei unterschiedlichen Gründungen isomorphe Organisationsstrukturen entstehen. Darüber hinaus können akademische Gründende mit Migrationshintergrund durch interorganisatorische Aktivitäten den Zugang zu nicht-substituierbaren Ressourcen für die Unternehmensgründung bzw. Geschäftsentwicklung ermöglichen bzw. erleichtern. Daher ist die Kombination beider Theorien und des Erklärungsansatzes ein effektives und passendes Analysetool für die vorliegende Forschungsarbeit und schafft sowohl auf Mikro- als auch auf Makroebene für die Leserinnen und Leser ein vollständiges Gesamtbild.
Die vorliegende Arbeit beinhaltet nicht nur Daten aus Sekundärquellen und bereits vorhandenen quantitativen Studien im deskriptiven Teil, sondern auch direkte Informationen durch eigene qualitative Untersuchung im empirischen Teil. Dafür wurden insgesamt 23 semistrukturierte Experteninterviews durchgeführt. Durch die Inhaltsanalyse nach Mayring (2014) wurden mehrere Kategorien herausgefiltert; dazu zählen bspw. umweltbezogene Einflussfaktoren auf Legitimität sowie nicht-substituierbare Ressourcen für Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker. Darüber hinaus wurden durch die Empirie einige Hypothesen für weitere quantitative Forschungen in der Zukunft aufgestellt und konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis gegeben.
Wissensmanagement
(2019)
Wissen ist für die Bewältigung der Verwaltungsaufgaben eine wichtige Ressource.
Das wirft die Frage auf, wie das notwendige Wissen erzeugt, bewahrt, verteilt und auffindbar gemacht werden kann. Ein solches Wissensmanagement kann die Arbeit der Behörden qualitativ verbessern und effizienter machen. Dennoch wird Wissen in der Verwaltungspraxis bisher nur unzureichend gemanagt.
Ein systematisches Wissensmanagement erfordert personelle, finanzielle und technische Ressourcen. Sind diese nicht vorhanden, können Verwaltungen zunächst auf einzelne Instrumente des Wissensmanagements zurückgreifen, um ihre Arbeit mit begrenztem Aufwand zu verbessern.
Der Bildungshausbau ist Thema aktueller Debatten in der Stadtentwicklung und Stadtplanung sowie in der Pädagogik. Viele Expert*innen beschäftigen sich in Studien mit Fragen zu gutem und gelingendem Schulbau. Die Anforderungen der Gesellschaft an Bildungshäuser verändern sich, wenn in ganztägigen Schulformen nicht nur Unterricht, sondern auch Freizeitbetreuung für die Schülerinnen und Schüler stattfinden soll. Gleichzeitig soll Schule ein Ort der Begegnung und Kommunikation, des sozialen Lernens und der Kooperation sein. Schule ist in vielfacher Hinsicht in Bewegung. Um mit den Veränderungen und Ansprüchen Schritt zu halten, steht der Bildungshausbau immer wieder vor Herausforderungen. Einerseits werden Leuchtturmprojekte geschaffen, andererseits entstehen nach wie vor Bildungsbauten, die den gegenwärtigen Anforderungen und zukünftigen Entwicklungen nicht gerecht werden.
An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an, die nicht neue Normen zu gutem Schulbau vorlegt, sondern in einer qualitativen empirischen Studie nach den pädagogischen Vorstellungen von Beteiligten im Bildungshausbau und den typischen Entwicklungen im Planungsprozess fragt. Der vorliegenden Fallstudie wurde die dokumentarische Methode als Auswertungsverfahren zugrunde gelegt. Gegenstand der Untersuchung waren zwei Bildungsbauten eines Großbauprojektes. Im Zuge der Auswertung erfolgten eine Analyse der Projektstrukturen und eine Analyse der Deutungsmuster der befragten Akteur*innen, die in einer zusammen¬führenden Ergebnisdarstellung in Form eines Handlungs-Struktur-Gefüges mündeten.
Es werden Einblicke in Zusammenhänge von Handlungen der Beteiligten und Projektstrukturen gegeben, wie sie sich gegenseitig beeinflussen oder im Prozessverlauf verändern. Die Auswertung zeigt, dass Transferproblematiken zwischen Wissenschaft und Praxis nach wie vor bestehen. Besonderes Gewicht bei Planungsentscheidungen haben finanzielle, zeitliche und architektonische Strukturen. Nur wenige pädagogische Vorstellungen bzw. Deutungsmuster können in Erscheinung treten.
Trotz der hohen innovationspolitischen Bedeutung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AUF) sind sie bisher selten Gegenstand empirischer Untersuchungen. Keine der bisher vorliegenden Arbeiten legt ihren Fokus auf die Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen in Forschungsteams, obwohl wissenschaftliche Zusammenarbeit ein weitgehend unerforschtes Gebiet ist. Dies verwundert insofern, da gerade innovative und komplexe Aufgaben, wie sie im Bereich der Forschung bestehen, das kreative Potenzial Einzelner sowie eine gut funktionierende Kooperation der einzelnen Individuen benötigen. Die Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen in den AUF findet in einem kompetitiven Umfeld statt. Einerseits stehen die AUF auf Organisationsebene im Wettbewerb zueinander und konkurrieren um Forschungsgelder und wissenschaftliches Personal. Andererseits ist die kompetitive Einwerbung von Drittmitteln für Wissenschaftler:innen essentiell, um Leistungen, gemessen an hochrangigen Publikationen und Drittmittelquoten, für die eigene Karriere zu erbringen. Ein zunehmender Anteil an Drittmittelfinanzierung in den Einrichtungen hat zudem Auswirkungen auf die Personalpolitik und die Anzahl befristeter Arbeitsverhältnisse. Gleichzeitig wird Forschungsförderung häufig an Kollaborationen von Wissenschaftler:innen geknüpft und bei Publikationen und Forschungsergebnissen zeigen Studien, dass diese überwiegend das Resultat von mehreren Personen sind. Dieses Spannungsfeld zwischen Zusammenarbeit und Wettbewerb wird verstärkt durch die fehlenden Möglichkeiten für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Wissenschaft zu bleiben. Auch wenn die Bundesregierung auf diese Herausforderungen reagiert, muss der Einzelne seinen Weg zwischen Zusammenarbeit und Konkurrenz finden.
Zielsetzung dieser Arbeit ist es, nachfolgende Forschungsfragen zu beantworten:
1. Wie können naturwissenschaftliche Forschungsteams in AUF charakterisiert werden?
2. Wie agiert die einzelne Forscherin/ der einzelne Forscher im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb?
3. Welche Potentiale und Hemmnisse lassen sich auf Individual-, Team- und Umweltebene für eine erfolgreiche Arbeit von Forschungsteams in AUF ausmachen?
Um die Forschungsfragen beantworten zu können, wurde eine empirische Untersuchung im Mixed Method Design, bestehend aus einer deutschlandweiten Onlinebefragung von 574 Naturwissenschaftler:innen in AUF und qualitativen Interviews mit 122 Teammitgliedern aus 20 naturwissenschaftlichen Forschungsteams in AUF, durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Teams eher als Arbeitsgruppen bezeichnet werden können, da v.a. in der Grundlagenforschung kein gemeinsames Ziel als vielmehr ein gemeinsamer inhaltlicher Rahmen vorliegt, in dem die Forschenden ihre individuellen Ziele verfolgen. Die Arbeit im Team wird überwiegend als positiv und kooperativ beschrieben und ist v.a. durch gegenseitige Unterstützung bei Problemen und weniger durch einen thematisch wissenschaftlichen Erkenntnisprozess geprägt. Dieser findet vielmehr in Form kleiner Untergruppen innerhalb der Arbeitsgruppe und vor allem in enger Abstimmung mit der Teamleitung (TL) statt. Als wettbewerbsverschärfend werden vor allem organisationale Rahmenbedingungen, wie Befristungen und der Flaschenhals, thematisiert.
Die TL nimmt die zentrale Rolle im Team ein, trägt die wissenschaftliche, finanzielle und personelle Verantwortung und muss den Forderungen der Organisation gerecht werden. Promovierende konzentrieren sich fast ausschließlich auf ihre Qualifizierungsarbeit. Bei Postdocs ist ein Spannungsfeld zu erkennen, da sie eigene Projekte und Ziele verfolgen, die neben den Anforderungen der TL bestehen. Die Gatekeeperfunktion der TL wird gestärkt durch ihre Rolle bei der Weitergabe von karriererelevanten Informationen im Team, z.B. bei anstehenden Konferenzen. Sie hat die wichtigen Kontakte, sorgt für die Vernetzung des Teams und ist für die Netzwerkpflege zuständig. Der wissenschaftliche Nachwuchs verlässt sich bei seinen Aufgaben und den karriererelevanten Faktoren sehr auf ihre Unterstützung. Nicht-wissenschaftliche Mitarbeitende gilt es stärker zu berücksichtigen, dies sowohl in ihrer Funktion in den Teams als auch in der Gesamtorganisation. Sie sind die zentralen Ansprechpersonen des wissenschaftlichen Personals und sorgen für eine Kontinuität bei der Wissensspeicherung und -weitergabe. Für die Organisationen gilt es, unterstützende Rahmen-, Arbeits- und Aufgabenbedingungen für die TL zu schaffen und den wissenschaftlichen Nachwuchs bei einer frühzeitigen Verantwortung für wissenschaftliche und karriererelevante Aufgaben zu unterstützen. Dafür bedarf es verbesserter Personalentwicklungskonzepte und -angebote. Darüber hinaus gilt es, Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der Einrichtung und zwischen den Gruppen zu schaffen, z.B. durch offene Räume und Netzwerkmöglichkeiten, und innovative Arbeitsumgebungen zu fördern, um neue Formen einer innovationsfreundlichen Wissenschaftskultur zu etablieren.
Die vorliegende Untersuchung analysierte den direkten Zusammenhang eines berufsbezogenen Angebots Sozialer Gruppenarbeit mit dem Ergebnis beruflicher Wiedereingliederung bei Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in besonderen beruflichen Problemlagen. Sie wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund als Forschungsprojekt vom 01.01.2013 bis 31.12. 2015 gefördert und an der Professur für Rehabilitationswissenschaften der Universität Potsdam realisiert.
Die Forschungsfrage lautete: Kann eine intensive sozialarbeiterische Gruppenintervention im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation soweit auf die Stärkung sozialer Kompetenzen und die Soziale Unterstützung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden einwirken, dass sich dadurch langfristige Verbesserungen hinsichtlich der beruflichen Wiedereingliederung im Vergleich zur konventionellen Behandlung ergeben?
Die Studie gliederte sich in eine qualitative und eine quantitative Erhebung mit einer zwischenliegenden Intervention. Eingeschlossen waren 352 Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren mit kardiovaskulären Diagnosen, deren Krankheitsbilder häufig von komplexen Problemlagen begleitet sind, verbunden mit einer schlechten sozialmedizinischen Prognose.
Die Evaluation der Gruppenintervention erfolgte in einem clusterrandomisierten kontrollierten Studiendesign, um einen empirischen Nachweis darüber zu erbringen, inwieweit die Intervention gegenüber der regulären sozialarbeiterischen Behandlung höhere Effekte erzielen kann. Die Interventionsgruppen nahmen am Gruppenprogramm teil, die Kontrollgruppen erhielten die reguläre sozialarbeiterische Behandlung.
Im Ergebnis konnte mit dieser Stichprobe kein Nachweis zur Verbesserung der beruflichen Wiedereingliederung, der gesundheitsbezogenen Arbeitsfähigkeit, der Lebensqualität sowie der Sozialen Unterstützung durch die Teilnahme am sozialarbeiterischen Gruppenprogramm erbracht werden. Die Return-To-Work-Rate betrug 43,7 %, ein Viertel der Untersuchungsgruppe befand sich nach einem Jahr in Arbeitslosigkeit. Die durchgeführte Gruppenintervention ist dem konventionellen Setting Sozialer Arbeit als gleichwertig anzusehen.
Schlussfolgernd wurde auf eine sozialarbeiterische Unterstützung der beruflichen Wiedereingliederung über einen längeren Zeitraum nach einer kardiovaskulären Erkrankung verwiesen, insbesondere durch wohnortnahe Angebote zu einem späteren Zeitpunkt bei stabilerer Gesundheit. Aus den Erhebungen ließen sich mögliche Erfolge bei engerer Kooperation zwischen dem Fachbereich der Sozialen Arbeit und der Psychologie ableiten. Ebenfalls gab es Hinweise auf die einflussreiche Rolle der Angehörigen, die durch Einbindung in die Soziale Beratung unterstützend auf den Wiedereingliederungsprozess wirken könnten. Die Passgenauigkeit der untersuchten sozialarbeiterischen Gruppeninterventionen ist durch eine gezielte Soziale Diagnostik zu verbessern.
Mildred Harnack, geb. Fish, stammte ursprünglich aus Milwaukee, Wisconsin. Zusammen mit ihrem Ehemann Arvid Harnack zog sie nach Deutschland und lebte seit 1930 in Berlin. Hier lehrte die Literaturwissenschaftlerin an der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität) und am Berliner Abendgymnasium (heute Peter A. Silbermann-Schule). Bereits kurz nach der Machtübernahme von Adolf Hitler hatte sich um das Ehepaar Harnack ein Kreis von Freunden gebildet, der gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten opponierte. Dazu zählten auch Karl Behrens und Bodo Schlösinger, die beide Schüler Mildred Harnacks am Berliner Abendgymnasium waren. Mildred Harnack konnte mit Hilfe ihrer Kontakte zur amerikanischen Botschaft ihren Schülern im nationalsozialistischen Deutschland ansonsten nicht zugängliche Informationen besorgen.
Aufgrund von Funkkontakten des Freundeskreises zur Sowjetunion wurde die Gruppe von den Nationalsozialisten Rote Kapelle genannt – „rot“ bezog sich auf deren linke Haltung und mit „Kapelle“ wurden Funker assoziiert, die wie Pianisten in einer Kapelle spielen. Der Berliner Oppositionszirkel umfasste bis zu seiner Zerschlagung durch die Nationalsozialisten etwa 150 Personen verschiedenster Berufsgruppen, unterschiedlicher parteipolitischer Einstellungen und Konfessionen. Die Gruppe verfertigte oppositionelle Flugblätter und lieferte Informationen an die amerikanische Botschaft sowie an die Sowjetunion. Mildred Harnack wurde – wie viele ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter – nach ihrer Verhaftung vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 16. Februar 1943 in Plötzensee guillotiniert.
In diesem Band stellen Studierende der Universität Potsdam sowie Hörerinnen und Hörer der Peter A. Silbermann-Schule (Berlin) nach einem kurzen Überblick zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland das Netzwerk der Roten Kapelle sowie die Biographien von Mildred Harnack und ihren Schülern Karl Behrens und Bodo Schlösinger vom Berliner Abendgymnasium eindrücklich vor.
Hauptanliegen dieser Bachelorarbeit ist es, verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Films „Zoomania“ aufzuzeigen und für dessen politikdidaktische Potenziale im Rahmen eines kompetenzorientierten Politikunterrichts zu sensibilisieren. Außerdem werden allgemeine Aspekte des didaktisch-reflektierten Einsatzes von Spielfilmen im Politikunterricht diskutiert.
Dazu wurde die zum Themenbereich vorhandene fachwissenschaftliche, fach- und mediendidaktische Literatur interdisziplinär aufgearbeitet und der Film „Zoomania“ erstmalig politikdidaktisch analysiert sowie hinsichtlich seiner Eignung für den Unterricht beurteilt.
Das Ergebnis dieses Vorgehens sind die folgenden vier inhaltlichen politikdidaktischen Potenziale, die die exemplarische Bedeutung von „Zoomania“ für ebendiese allgemeinen und potenziell unterrichtsrelevanten Sachverhalte versinnbildlichen: Rassismus, Vorurteile und Toleranz; Macht; Female Empowerment; Neoliberalismus und Promotion neoliberaler Werte.
Insbesondere durch die enthaltenen unterrichtspraktischen Schlussfolgerungen richtet sich diese Arbeit vordergründig an Politiklehrerinnen und -lehrer, die dazu ermuntert werden sollen, „Zoomania“ als motivierendes Unterrichtsmedium zum Erschließen des Politischen zu nutzen. Dies verlangt jedoch auch nach der Lektüre der vorliegenden Thesis, dass der Film vertiefend didaktisch analysiert und daraufhin zielgerichtet eingesetzt wird.
Ein wesentlicher Grund für den fortdauernden wirtschaftlichen Rückstand Ostdeutschlands, im Vergleich zu Westdeutschland, liegt am geringeren Gewicht technologieintensiver Branchen und, damit zusammenhängend, an fehlenden regionalen Wachstumszentren („Clustern“). Die Économie des conventions (EC), ein wirtschaftswissenschaftliches und wirtschaftssoziologisches Paradigma, das in Frankreich in den 80er Jahren entstanden ist, ermöglicht die Analyse von Unternehmen und Märkten und wurde für die vorliegende Dissertation verwendet, um unterschiedliche „Qualitätskonventionen“ in einer vergleichenden Analyse in der west- und ostdeutschen Maschinenbaubranche zu identifizieren. Anhand von Studien des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), der Baden-Württembergischen Landesregierung und des Verbandes des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus e. V. (VDMA) wurde das Feld auf fünf ostdeutsche und acht baden-württembergische Raumordungsregionen eingegrenzt und ein qualitativer Stichprobenplan entwickelt. Empirisch wurden 21 leitfadengestützte Experteninterviews mit Geschäftsführern der Maschinen- und Anlagenbaubranche durchgeführt, die mit der Qualitativen Inhaltsanalyse methodisch ausgewertet und dann mit Bezug zur EC zu Idealtypen verdichtet wurden.
Im Ost-West-Vergleich zeigte sich, dass für ostdeutsche Unternehmen eine Entwicklung hin zum Systemanbieter, die Projekte koordinieren (Netzwerkkonvention), um damit auf (internationalen) Märkten höhere Preise durchzusetzen (Marktkonvention), am vielversprechendsten ist. Damit einher geht der Aufbau und die Aufrechterhaltung von Netzwerken (Netzwerkkonvention), die Herausforderung besteht aber darin, auch mit Wettbewerbern (Marktkonvention) vertrauensvoll zusammen zu arbeiten. Des Weiteren zeigte sich, dass bei öffentlich geförderten Verbundprojekten („Clusterpolitik“) die Marktkonvention ebenfalls nicht dominant sein darf bzw. sie zumindest Kompromisse mit anderen Konventionen eingehen muss, damit diese Netzwerke nicht nach Ende der Förderperiode auseinander fallen. Diese Befunde decken sich mit Arbeiten aus der Wirtschaftsgeographie und verwandter Fächer, bei denen gezeigt wurde, dass erst ein Gebilde aus spezifischen regionale Institutionen technologisches Lernen ermöglicht bzw. dass insbesondere die gleichzeitige Ausprägung von Konkurrenz- und Kooperationsprinzipien („Coopetition“) auf der gleichen Wertschöpfungsstufe, es Unternehmen ermöglicht, neue wettbewerbsfähige Produkte auf den Markt zu bringen. Eine theoretisch fundierte Clusterpolitik sollte daher nicht nur Vernetzungsaktivitäten (Netzwerkkonvention), sondern auch den Wettbewerb (Marktkonvention) im Cluster mit fördern. Im Fazit wurden dann die Instrumente, die in der Literatur genannt werden, um vorhandene Clusterstrukturen weiter zu entwickeln, mit der rekonstruierten Typologie der Qualitätskonventionen verknüpft.
Die Praktische Fahrerlaubnisprüfung dient der Erfassung und Beurteilung der Fahrkompe-tenz von Fahrerlaubnisbewerbern. Die aus dieser Prüfung gewonnenen Rückschlüsse auf das Niveau der Fahrkompetenz sollen insbesondere auch der Weiterentwicklung des Bewerbers dienen. Bisher erhalten Bewerber nur bei nicht bestandener Praktischer Fahrerlaubnisprü-fung eine Auflistung der wichtigsten Fehler, die zum Nichtbestehen geführt haben. Für ein zielgerichtetes Weiterlernen ist es aber notwendig, dass die Ergebnisse der Leistungserfas-sung und der Leistungsbewertung gemäß prüfungsdidaktischer Grundsätze pädagogisch an-spruchsvoll an alle Fahranfänger (unabhängig vom Prüfungsergebnis) zurückgemeldet wer-den.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Gestaltungsgrundlagen und einen Umset-zungsvorschlag für ein kompetenzbezogenes und lernförderliches Rückmeldesystem für die Praktische Fahrerlaubnisprüfung zu erarbeiten. Dieses Rückmeldesystem soll in der Praxis erprobt werden. Darüber hinaus sollen anhand einer Bewerberbefragung zur Nutzerzufrie-denheit Erkenntnisse für die Weiterentwicklung gewonnen werden. Der Entwicklungs- und Erprobungsprozess des optimierten Rückmeldesystems lässt sich in drei Projektphasen auf-teilen:
1. Im Zuge der Optimierungsarbeiten zur Praktischen Fahrerlaubnisprüfung wurde in der ersten Projektphase ein neues Rückmeldesystem erarbeitet, das aus einem kompetenz-bezogenen mündlichen Auswertungsgespräch und einer ergänzenden schriftlichen Rückmeldung einschließlich weiterführender Lernhinweise für alle Bewerber besteht. Dieses Rückmeldesystem soll einerseits die Fahranfänger dabei unterstützen, die Leis-tungsbewertung inhaltlich besser zu verstehen sowie ein zielgerichtetes Weiterlernen ermöglichen. Andererseits soll es die Bewerber dazu motivieren, die festgestellten Kompetenzdefizite weiter zu bearbeiten, und dadurch Lernzuwachs fördern.
2. Das Rückmeldesystem wurde in der zweiten Projektphase in verschiedenen Modell-
regionen Deutschlands anhand von ca. 9.000 realen Praktischen Fahrerlaubnisprüfun-gen erprobt. Die Fahrerlaubnisbewerber, die in den Modellregionen an einer optimier-ten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung teilgenommen und somit eine schriftliche Rückmeldung gemäß der optimierten Vorgaben bzw. einen individuellen Zugangscode zum Downloadbereich erhalten haben, wurden zu einer Befragung eingeladen. Dabei wurden vor allem Aspekte der Akzeptanz und der Lernwirksamkeit aus Sicht der Be-werber erfasst. Ziel war es, die Qualität der verkehrspädagogischen Gestaltung des Rückmeldesystems und seinen Nutzen zu untersuchen, um die erprobte Rückmeldung weiterzuentwickeln. Für die Bewerberbefragung wurde eine Onlinebefragung mit ei-nem standardisierten Fragebogen durchgeführt.
3. Die Erprobungs- und Befragungsergebnisse dienten in der dritten Projektphase der Ableitung von Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung des Rückmeldesystems. Die vorliegenden Ergebnisse der Felderprobung deuten darauf hin, dass die Bereitstel-lung einer schriftlichen, ausführlichen Rückmeldung zu den Prüfungsleistungen der Praktischen Fahrerlaubnisprüfungen insgesamt als nützlich und gewinnbringend ange-sehen wird. Allerdings wurde auch deutlich, dass bezüglich der Umsetzung noch Op-timierungspotenzial besteht. Im Anschluss an die Erprobung wurde die schriftliche Rückmeldung daher – ausgehend von den Nutzererfahrungen während der Felderpro-bung – umfassend überarbeitet und eine revidierte Version vorgelegt.
Als Ergebnis der Arbeit liegt ein in mehreren Schritten entwickeltes, empirisch fundiertes und erprobtes Rückmeldesystem vor, das eine differenzierte Kompetenzrückmeldung er-möglicht. Die umfassende Rückmeldung bietet künftig einerseits eine verbesserte Ausgangs-lage für eine ggf. anschließende Wiederholungsprüfung und andererseits ist es dem Bewer-ber anhand der aufgezeigten Stärken und Schwächen auch nach einer bestandenen Prüfung möglich, diese Rückmeldung für das weitere Lernen zu nutzen.