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Schulpraktische Phasen stellen eine bedeutende praxisnahe Lerngelegenheit im Lehramtsstudium dar, da sie Raum für umfangreiche Reflexionen der eigenen Lernerfahrung bieten. Das im Studium erworbene theoretisch-formale Wissen steht hierbei dem praktischen Wissen und Können gegenüber. Mit der professionellen Entwicklung im Referendariat, besonders im Kompetenzbereich des Unterrichtens, kann geschlussfolgert werden, dass sich eine Reflexion über eher fachliche Aspekte unter den Studierenden im Referendariat auf eine Reflexion über eher überfachliche und pädagogische Aspekte weitet. Infolge der Analyse von N = 55 schriftlichen Fremdreflexionen von angehenden Physiklehrkräften aus Studium und Referendariat konnte diese Hypothese für den Bereich der Unterrichtsanalyse und -reflexion unterstützt werden. Weiter wurde aus der Videovignette ein Workshopangebot für Lehrkräfte der zweiten und dritten Phase der Lehrkräftebildung entwickelt, erprobt und evaluiert.
Um universitär vermittelte Inhalte (Theorie) und praktische Anforderungen in der Berufsschule (doppelte Praxis – Unterricht und Beruf) sowie den Einfluss gesellschaftsrelevanter Themen (Nachhaltigkeit und Digitalisierung) kohärent in der Lehrkräftebildung zu verknüpfen, sind innovative Ansätze nötig. Die Kooperationslabore (Ko-Labs) der Technischen Universität Berlin bedienen dieses Anliegen für den Bereich der Aufgabengestaltung. Teil dieses Ansatzes ist eine Checkliste, die es Dozierenden und zukünftigen Lehrkräften ermöglicht, relevante Punkte bei der Gestaltung von Unterrichtsaufgaben adäquat zu berücksichtigen. In diesem Beitrag wird als fachdidaktisches Instrument die Checkliste vorgestellt sowie deren Einsatz in der universitären Lehre nach dem ALACT-Modell reflektiert.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Herausforderungen der Professionalisierung angehender Lehrkräfte im Rahmen der universitären Lehrkräftebildung und nimmt dabei kasuistische Lehrformate als wichtige Elemente hochschuldidaktischer Konzeptionen in den Blick. In diesem Zusammenhang wird das Modul „Außerunterrichtliches Pädagogisches Praktikum“ (AuPP) als ein zentrales Element der Praxisphasen des Lehramtsstudiums an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) vorgestellt. Im Rahmen dieses Moduls wird versucht, durch die Arbeit an konkreten Fällen aus der pädagogischen Praxis – gemeint sind vor allem Beobachtungsprotokolle und Transkripte von Interviewauszügen aus unterschiedlichen (sozial-)pädagogischen Handlungsfeldern – einen reflexiven Zugang zu Spannungsmomenten, Problem- und Krisendynamiken, Orientierungsmustern der Akteur:innen sowie Gelingensbedingungen pädagogischer Praxis für angehende Lehrpersonen zu eröffnen und darüber einen reflexiven Habitus anzubahnen, der für die weitere Berufsbiografie und Professionalisierung essenziell erscheint.
Die Verbesserung der sozialen Teilhabe eines Kindes ohne ausreichende Lautsprache steht im Fokus der Versorgung mit Unterstützter Kommunikation. Die Schnittstelle Alltag ist für die Intervention mit Unterstützter Kommunikation besonders wichtig, da das unterstützt kommunizierende Kind in seiner alltäglichen Kommunikation extrem abhängig von seinem sozialen Umfeld ist. Die Bezugspersonen müssen die Hilfsmittel und ihre Verwendung gut kennen, Kommunikationssituationen spezifisch gestalten und individuell abgestimmte Sprachlehr- und Kommunikationsstrategien einsetzen. Dass dieser Transfer gelingt, ist Aufgabe der Sprachtherapie. Der Sprachtherapie stehen dazu verschiedene Modelle zur Verfügung: das bio-psycho-soziale Modell der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der WHO (ICF) und Modelle, die aus dem Fachgebiet der Unterstützten Kommunikation selbst stammen, wie das Kooperative Partizipationsmodell, Fähigkeitskontinuum und Modell kommunikativer Kompetenz. Die Umsetzung der Modelle in die Praxis wird anhand eines Fallbeispiels veranschaulicht. Letztendlich geht es um die natürliche Nutzung von Unterstützter Kommunikation in echten Kommunikationssituationen und um die langfristige Unterstützung der Entwicklung hin zu Fähigkeiten, selbstinitiiert und unabhängig kommunizieren zu können.
Partizipation meint in diesem Kontext die erfolgreiche mündliche Verständigung im sozialen Miteinander. Unter der Bedingung einer Aphasie verändert sich die Partizipation im Alltag bis hin zur sozialen Isolation. Die Sprachtherapie bietet verschiedene Therapieformate, um dagegen verbale Freiräume zu eröffnen. Bei einer globalen Aphasie werden Interaktionshilfen zur Kompensation von sprachlichen Defiziten systematisch und gezielt eingesetzt. Mein Vorgehen beschreibe ich ausführlich. Bei Restaphasie, bei Patient*innen im erwerbsfähigen Alter ohne Arbeitschancen handelt es sich eher um individuelle Projekte zur Selbständigkeit oder Beschäftigung. Hilfreich ist ein Netzwerk an kollegialen Kontakten. Meine Überlegungen und Daten stammen alle aus meinen Erfahrungen in der eigenen Praxis für Sprachtherapie in Dresden.
Der vorliegende Beitrag stellt die deutsche kurze Version des kommunikativen Partizipationsassessments ‚Fokus auf den Erfolg der Kommunikation für Kinder unter 6 Jahren (FOCUS©-34-G)‘ (Thomas-Stonell et al., 2012a) vor. Es werden die Entwicklung und psychometrische Validierung, Zielsetzung, Durchführung und Auswertung für den konkreten Einsatz in der sprachtherapeutischen Praxis beschrieben.
Im Beitrag wird das Lehrkonzept Reflexives Schreiben zur Förderung der Reflexionskompetenz dargestellt, das für die erste Phase der Lehrkräfteausbildung in der Fachdidaktik Deutsch entwickelt und umgesetzt wurde. Reflexives Schreiben wird hier als Schreiben aufgefasst, das sich auf das schreibende Subjekt zurückbezieht und eine Reflexion über sich selbst als Subjekt im Bildungskontext des Fachpraktikums intendiert. Die theoretische Grundlage für das Lehrkonzept bilden schreibwissenschaftliche Ansätze, die das Schreiben in seiner epistemisch-heuristischen Funktion als Denk-/Lernmedium zum Zwecke der Wissenserweiterung auffassen. Zentrale Bedeutung kommt Schreibarrangements zu, die einen situations- und subjektnahen Zugang zu den Gegenständen der Reflexion, d. i. zu Handeln und Affekten der Lehramtsstudierenden im Fachpraktikum, schaffen und mit subjektiven, (auto-)biografischen und kreativen Schreibformen der Herausforderung begegnen, sich selbst als Praktikant:in zu thematisieren. Die Schreibarrangements erweisen sich insofern als reflexionsfördernd, als sie Nähe zu eigenen Erlebnissen und Erfahrungen schaffen und zugleich kritische Distanz zu sich selbst ermöglichen.
Im Rahmen des vorliegenden Seminarkonzepts reflektieren Französisch-Lehramtsstudierende individuelle Vorgehensweisen von Schüler:innen bei der Rezeption digitaler fremdsprachlicher Texte. Ziel ist es, den Leseprozess auf einer Webseite mit literarischen Texten zu untersuchen und daraus Ableitungen für eine Sequenzplanung mit dem Ziel der Förderung der Lesekompetenz vorzunehmen. Hierbei wählen die Studierenden zunächst eine für Französischlernende im zweiten bis vierten Lernjahr relevante Webseite zur digitalen Literatur anhand zuvor selbst festgelegter Gütekriterien aus, formulieren einen lernaufgabenorientierten Arbeitsauftrag und führen diesen mithilfe der Methode „Lautes Denken“ mit den Lernenden durch. Die Studierenden werden in Vor- und Nachbereitung zu Reflexionen angeleitet, die final in der Anpassung von Lehr-Lern-Szenarien im Zuge der Offenlegung der in den Laut-Denken-Protokollen ermittelten Leseprozesse, Vorgehensweisen und besonders auch Schwierigkeiten münden.
Für die berufliche Lehrkräftebildung werden reflexive Ansätze benötigt, um den Herausforderungen der digitalen Transformation der Berufs- und Arbeitswelt proaktiv zu begegnen. Um hier einen Beitrag zu leisten, erarbeitet das Projekt Teach@TUM4.0 innovative Lehrkonzepte zur Reflexion dieser Veränderungen. Reflexion wird verstanden als strukturiertes Analysieren, das sich auf Kenntnisse, Denken und Handeln auswirken sollte. Die Reflexion erfolgt entlang der Kategorien eines vorstrukturierenden heuristischen Bezugsrahmens. Angesichts des umwälzenden Charakters der digitalen Transformation findet Reflexion auf drei Ebenen statt: methodisch geleitet auf Ebene des Forschungsteams, institutionen- und phasenübergreifend mit Stakeholdern der beruflichen Lehrkräftebildung sowie mit Studierenden in der interdisziplinär angelegten Lehre. Mit den im Projekt entwickelten reflexiven Ansätzen soll die Ausbildung handlungsfähiger Lehrkräfte für die digitale Transformation der Berufs- und Arbeitswelt gesichert werden.
Praxiserfahrungen sind im Studium effektiv, wenn sie auf Grundlage von fundiertem Professionswissen gemacht, zugleich reflektiert und mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft werden. Dabei sind insbesondere fachspezifische Qualitätsmerkmale zu reflektieren. Die Vielschichtigkeit von Unterricht stellt für (angehende) Lehrkräfte eine Herausforderung dar. Daher ist ein klar strukturierter, in der Komplexität reduzierter Rahmen förderlich. Diesen Rahmen bieten Beobachtungs- und Reflexionshilfen, welche die individuelle Unterrichtswahrnehmung (Noticing) strukturieren. Hierfür wurde eine digitale Unterstützung entwickelt (BeoReflekt), welche die Beobachtungen von Unterricht auf Grundlage der aus der Unterrichtsqualitätsforschung abgeleiteten generischen und fachspezifischen Dimensionen strukturiert. Nach der Unterrichtsbeobachtung kann das Tool BeoReflekt die Ergebnisse individuell oder gruppenübergreifend durch graphische Repräsentationen visualisieren. Dadurch können subjektive und kulturell beeinflusste Unterrichtswahrnehmungen sichtbar gemacht und reflektiert werden. Die Befragung von Nutzer:innen zeigt, ergänzend zur Analyse der Entwicklung der Reflexionsperformanz, eine positive Einschätzung der Nützlichkeit des Tools für die Beobachtung und Reflexion von Unterricht.
Der Berufsbildungsbericht (BMBF, 2022) verweist darauf, dass inzwischen eine Viertelmillion junger Menschen im spezifischen Ausbildungssegment „Übergangssektor“ münden. Dazu zählen berufsorientierende (Aus-)Bildungsangebote, die u. a. das Nachholen eines allgemeinbildenden Schulabschlusses ermöglichen, jedoch zu keinem anerkannten Ausbildungsabschluss führen. Hierbei handelt es sich längst nicht mehr um einen institutionell gesonderten Bereich der beruflichen Bildung, sondern i. d. R. um einen schulorganisatorisch eigenständigen Bereich. Es gehört somit zum beruflichen Alltag von Lehrkräften der Beruflichen Bildung, in unterschiedlichen (Aus-)Bildungsgängen zu unterrichten. Diese Zielgruppe wird jedoch in der Lehrer:innenbildung kaum berücksichtigt und somit haben auch die Studierenden diese kaum im Blick. Das wirft die Frage auf, wie angehende Lehrkräfte für die besondere Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen in der beruflichen Bildung und die damit verbundenen Anforderungen an eine adressatengerechte Didaktik sensibilisiert werden können ? Der Beitrag stellt sowohl den Aufbau des Seminarkonzepts sowie ausgewählte Ergebnisse der seminarbegleitenden Forschung vor.
Der allgegenwärtige Lehrkräftemangel führt deutschlandweit dazu, dass Stellen unbesetzt bleiben und zunehmend angehende Lehrkräfte neben ihrem Studium als Vertretungslehrkräfte (VLK) an Schulen tätig werden. Ziel des geplanten Projekts SuPPort ist es deshalb, die häufig als „unbegleitete Schulpraxiserfahrungen“ bezeichneten Vertretungslehrkrafttätigkeiten der Studierenden für die Professionalisierung der angehenden Lehrkräfte zu nutzen und langfristig die Unterrichtsqualität auch im Vertretungsunterricht zu sichern. Im Projekt wird der Professionalisierungsprozess der VLK mithilfe mehrerer digital vernetzter Angebote, die kurz-, mittel- und langfristig angelegt sind, unterstützt und begleitet. Die Unterstützungsmaßnahmen werden zielgruppenorientiert entwickelt und im Hinblick auf die Qualität für die Professionalisierung im Design-Based-Research-Ansatz in enger Verzahnung mit der Schulpraxis evaluiert und angepasst. Dabei werden insbesondere die Professionalisierungsprozesse in Bezug auf Reflexionskompetenz und Unterrichtsqualität – sowie die Studienmotivation und -zufriedenheit von Lehramtsstudierenden im Kontext unbegleiteter Praxiserfahrungen ausgewertet.
Im Rahmen des Projekts „Schnittstellen gestalten“ der Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern wurde an der Universität Bremen im Fach Biologie ein Aufgabenkonzept zur Reflexionsförderung bestehend aus Seminaraufgaben und Unterstützungstools (Prompts) entwickelt und im Wintersemester 2017/2018 eingesetzt. Die Zielsetzung des Aufgabenkonzepts war zum einen, den systematischen Aufbau von biologiedidaktischem Theoriewissen zur Unterrichtsplanung, welches die Grundlage für das Reflektieren fachbezogener Frage- und Problemstellungen in der selbst erlebten Praxis bildet, anzuregen. Zum anderen sollen die Studierenden durch den Einsatz von Prompts gezielt in reflexiven Handlungen unterstützt werden. Die Wirksamkeit des Aufgabenkonzepts wurde anhand der Reflexionsperformanz erhoben (n = 25) und durch Erkenntnisse einer Interviewstudie erweitert. Die nachfolgend vorgestellten Ergebnisse lassen auf ein tragfähiges Aufgabenkonzept schließen. Dieses zeigt insgesamt, wie Anforderungen an das Reflektieren, wie z. B. die Verknüpfung von Theorie und Praxis, hochschuldidaktisch umsetzbar gemacht werden können und erweitert somit das Spektrum diskutierter Förderansätze im Bereich der Reflexionsförderung.
Von 2016 bis 2022 wurden im Rahmen des PSI-Projekts „Kompetenzerwerb in Schulpraktischen Studien – Spiralcurriculum“ N = 578 Lehramtsstudierende durch alle fünf Schulpraktischen Studien begleitet und mittels Online-Erhebung zu ihrem Kompetenzerleben in den Praxisphasen befragt. In retrospektiver Perspektive wurde der nachhaltige Einfluss der drei Bachelorpraktika auf das Kompetenzerleben der Masterstudierenden am Beginn ihres Schulpraktikums (Praxissemesters) untersucht, um konzeptionelle Schwerpunkte und intendierte Kompetenzziele des jeweiligen Praktikums im zugrundeliegenden Spiralcurriculum zu überprüfen. Die quantitativen Befunde verweisen auf die Wirkung aller drei Bachelor-Praxisphasen, wobei die Einschätzungen zum außerunterrichtlichen Praktikum in pädagogisch-psychologischen Handlungsfeldern (PppH) – hier die Skala „Erziehen“ – das Kompetenzerleben der Studierenden am stärksten aufklärt. Die qualitative Auswertung bekräftigt den Stellenwert der mit dem PppH verbundenen Handlungsfelder.
Im Rahmen dieses Projekts wurde zunächst auf der Grundlage des COACTIV-Modells der professionellen Kompetenz von Lehrkräften (Baumert & Kunter, 2011) und dessen Spezifizierungen und Ergänzungen für inklusive Bildungsprozesse (Gebhardt et al., 2018; Ries et al., 2020) ein Modell für den sonderpädagogischen Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung entwickelt. Ein besonderer Fokus lag hier auch auf der Förderung von Beziehungs- und Reflexionskompetenzen. Unter Nutzung des entwickelten Modells wurde ein Praktikumskonzept zur Professionalisierung von angehenden Lehrkräften im sonderpädagogischen Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung erstellt. Die relevanten Kompetenzbereiche wurden mithilfe verschiedener Methoden und Techniken praxisnah operationalisiert und einer gezielten Förderung zugänglich gemacht. Neben der Vermittlung von theoretischem Grundlagenwissen erhielten Studierende die Möglichkeit, im Tandem eine von regelmäßigen Supervisionen und kollegialen Fallberatungen begleitete Einzelfallförderung an Schulen durchzuführen und diese im Einzelfalldesign zu evaluieren. Das Seminarkonzept wurde in geltende Studienordnungen implementiert und soll perspektivisch mit den eigens konzipierten Inhalten und Materialien als Open Educational Resources zur freien Verfügung für andere Ausbildungsstandorte gestellt werden. Zudem erfolgt aktuell eine summative Evaluation des Seminarkonzepts im Kontrollgruppendesign.
Studien zu langen Praxisphasen konnten aufzeigen, dass das Kompetenzerleben der Studierenden von Beginn bis zum Ende der Praxisphase zunahm. Auf Basis einer langfristig angelegten Evaluationsstudie zu allen bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Praktika im Verlauf des Ba-/Ma-Lehramtsstudiums wurde auch das selbst eingeschätzte Kompetenzerleben Studierender im Schulpraktikum (Praxissemester) analysiert. Die empirische Befundlage deutet darauf hin, dass die Ausprägung des Kompetenzerlebens hinsichtlich SuSorientiertem Handeln, Unterrichtlichem Handeln und Wertvermittelndem Handeln über den Praktikumszeitraum zunimmt. Innovierend-kooperatives Handeln zeigt keine signifikante Entwicklung. Spezielle Einflüsse konnten vor allem durch das wahrgenommene Kompetenzerleben zu Beginn des Schulpraktikums, aber auch durch die jeweilige Nachbereitung der Fachdidaktik und der Bildungswissenschaften ermittelt werden. Die Befunde werden mit Blick auf die bisherige Forschungslage und die Stichprobe der Untersuchung kritisch diskutiert.
Viele Studieneingangs- und Eignungstests haben zum Ziel, für den entsprechenden Studiengang geeignete Studierende zu finden, die das Studium erfolgreich beenden können. Gerade in der Informatik ist aber häufig unklar, welche Eigenschaften geeignete Studierende haben sollten – auch stimmen mutmaßlich nicht alle Dozierenden in ihren Erwartungen an Studienanfänger*innen überein; Untersuchungen hierzu fehlen jedoch bislang. Um die Erwartungen von Dozent*innen an Studienanfänger*innen im Fach Informatik an deutschen Hochschulen zu analysieren, hat das Projekt MINTFIT im Sommer 2019 eine deutschlandweite Online-Befragung durchgeführt, an der 588 Hochschuldozent* innen aus allen Bundesländern teilnahmen. Die Umfrage hat gezeigt, dass überwiegend allgemeine Fähigkeiten, wie Motivation und logisches Denkvermögen, und nur wenig fachliches Vorwissen, wie Programmieren oder Formale Sprache, erwartet wird. Nach Einschätzung der Dozent*innen sind die problembehafteten Bereiche überwiegend in der theoretischen Informatik und in formellen Aspekten (z. B. Formale Sprache) zu finden. Obwohl Tendenzen erkennbar sind, zeigt die Umfrage, dass bei Anwendung strenger Akzeptanzkriterien keine Fähigkeiten und Kenntnisse explizit vorausgesetzt werden, was darauf hindeutet, dass noch kein deutschlandweiter Konsens unter den Lehrenden vorhanden ist.
Die differenzierte und individuelle Förderung der Leseflüssigkeit in heterogenen Gruppen erfordert ein hohes Maß an diagnostischer Kompetenz. Diese kann nicht allein durch die Vermittlung von Wissen gefördert werden, sondern muss zusätzlich durch praxisnahe Übungen sukzessive ausgebildet werden. Um die Diagnosekompetenz von Masterstudierenden der Grundschulpädagogik (Deutsch) an der Universität zu Potsdam zu fördern, wurde im Rahmen des Projekts PSI-Potsdam ein Seminar entwickelt und durchgeführt, das nach der Idee des Blended Learning mit digitalen Übungen angereichert ist und eine Förderung der Diagnosekompetenz über einen längeren Zeitraum gewährleisten soll. In dem Beitrag werden nach einer theoretischen Einführung sowie einer Darlegung der Relevanz des Seminarkonzepts für Lehrkräfte der Primarstufe Deutsch die Entwicklung und Einbettung der Übungstools im Seminar dargestellt sowie deren praktischer Einsatz diskutiert.
Kinder mit internalisierenden Problemen erleben täglich herausfordernde akademische sowie soziale Situationen im Schulkontext. Dabei ist entscheidend, dass Lehrkräfte in der Lage sind diese Kinder zu identifizieren, um pädagogisch adäquat handeln zu können. Aufgrund der nach innen gerichteten Symptome stellt das Erkennen internalisierender Probleme eine große Herausforderung dar. Zur Diagnostik werden vorwiegend standardisierte Fragebögen eingesetzt, welche den Schulkontext sowie spezifische Altersgruppen und die damit einhergehende Veränderlichkeit von Emotionswahrnehmungen der betroffenen Kinder nur unzureichend berücksichtigen. Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse einer Interviewstudie und diskutiert den Einsatz von Interviews als Methode zur Identifikation emotional relevanter Situationen aus der Perspektive von Kindern. Die Ergebnisse sollen der Ableitung alters- und kontextspezifischer Items dienen, um die Diagnostik internalisierender Schwierigkeiten weiterzuentwickeln.
An der Schnittstelle zwischen Hochschule und Schule bietet das Vernetzungsprojekt Campusschulen die Möglichkeit befristete individuelle Netzwerke zu gründen, an denen die Akteursgruppen Studierende, Lehrkräfte und Wissenschaftler:innen partizipieren. Ziel der Zusammenarbeit ist eine gemeinsame Arbeit an Aufgaben der Schul- und Unterrichtsentwicklung, bei der für alle beteiligten Akteure ein realer Mehrwert entsteht. Die Konzeption des Projekts sowie das Erleben der Netzwerkarbeit wurde regelmäßig evaluiert. Die Evaluationen bestätigen die konzeptionell angedachten Ergebnisse. Ausgehend von den Projekterfahrungen über acht Jahre (einschließlich der Corona-Pandemie) hinweg werden Möglichkeiten zur Verstetigung des Projekts diskutiert.
Das Konstrukt des erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext, welches in der ersten Förderphase von PSI-Potsdam entwickelt wurde, diente als Grundlage für die Entwicklung von Aufgaben, Lehrformate sowie einem Laborpraktikum im Bereich organischer Chemie. Eine Delphi-Studie wurde zur Validierung der Anwendung des Konstruktes auf die organische Chemie durchgeführt. Alle Aufgaben und Lehrformate wurden in Mixed-Methods-Studien evaluiert. Es zeigte sich, dass die Studierenden sowohl die Aufgaben als auch die Lehrformate und das Praktikum als relevant für ihren späteren Beruf als Chemielehrkräfte bewerteten.
Im Sommersemester 2022 wurde erstmalig die Lehrveranstaltung „Chemieunterricht für heterogene Lerngruppen“ angeboten. Diese Lehrveranstaltung ist im Rahmen von PSI-Potsdam im Schwerpunkt „Inklusion und Heterogenität“ entstanden. Die Lehrveranstaltung wurde synchron online durchgeführt. Die Studierenden erhielten viele Möglichkeiten zur Diskussion sowie zur selbstständigen Erstellung von Unterrichtsmaterialien. Zum erfolgreichen Abschluss des Moduls erstellten die Studierenden ein Portfolio zu einem selbst gewählten Thema. Die Lehrveranstaltung wurde von den Studierenden sehr gut bewertet.
Ausgehend von der Diskussion um die Zentralität von Reflexionen in der Lehrkräftebildung wird die Vielschichtigkeit des Konstrukts Reflexion kritisch beleuchtet. Es wird darin einerseits ausgeführt, welche möglichen Konsequenzen die oft fehlende Trennschärfe des Reflexionsbegriffs haben kann. Ein Augenmerk wird dabei auch auf Bereitschaft zur Reflexion gelegt, z. B. in der Frage, ob es nicht sinnvoll ist, Reflexionen in bestimmten Situationen absichtsvoll zu vermeiden. Andererseits wird aufgezeigt, dass dem Reflektieren im Professionalisierungsprozess eine doppelte Funktion zukommt: Lernen von Reflexion und Lernen durch Reflexion; das Reflektieren ist also sowohl ein Mittel zur Erreichung spezifischer Professionalisierungsziele als auch ein eigenständiges Professionalisierungsziel. Im Beitrag wird zudem an verschiedenen Stellen auf die Herausforderungen eingegangen, die sich aus den jeweiligen Überlegungen für Forschung und Lehre ergeben.
Das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) verantwortet im Projekt „PSI-Potsdam“ die Unterstützung der Qualifizierung in der Medienbildung/Digitalisierung der Lehrkräftebildung an der Universität Potsdam. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag zunächst auf der mediendidaktischen Qualifizierung und wurde ab der zweiten Förderphase des Programms 2018 mit Akzentuierung auf Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung für das Lehren und Lernen in der Lehrkräftebildung fortgeführt. In diesem Beitrag werden die Entwicklungen und Beiträge in Bezug auf die digitale Medienbildung und Digitalisierung an der Universität Potsdam für die Lehrkräftebildung dargestellt. Weiterführend werden Perspektiven aufgezeigt, wie zukünftig digitale Medienbildung in der universitären Lehrkräftebildung verankert werden kann.
Ein Modellseminar, welches deutschdidaktische mit digitalisierungsbezogenen Kompetenzerwerbsprozessen konsequent vernetzte, wurde im Rahmen einer Aktionsforschung untersucht. Hierbei wurde die Lösung eines komplexen Problems (Entwicklung eines digitalen, interaktiven Lernbuchs für einen medienintegrativen Literaturunterricht mit der Open Source Software H5P) von den Studierenden eingefordert und der Lösungsprozess anhand von sog. Digital Narratives (digitalen, auditiven Erzählungen) reflektiert. Die so entstandenen Reflexionspodcasts sollten Einblick in die persönlich bedeutsamen Lerngeschichten der Studierenden geben und erstens für die Dozentin eine systematische Reflexion der eigenen Lehrpraxis in Form einer Aktionsforschung ermöglichen. Zweitens waren sie ein Reflexionsanlass für die Studierenden hinsichtlich ihrer eigenen Problemlöseprozesse, wobei dieser Fokus hier skizziert, aber nicht fokussiert wird. Die Podcasts wurden anhand thematischer Analysen qualitativ ausgewertet. Die Daten gaben Hinweise darauf, dass besonders die eingeforderte Verknüpfung von fachdidaktischen und medialen Aspekten für die Studierenden eine Hürde war. Ebendiese regte aber auch zum vertieften Nachdenken über gute Aufgabensets in einem medienintegrativen Literaturunterricht an. Ein Großteil der Studierenden war nach dem Projekt motiviert, im eigenen Deutschunterricht zukünftig mit digitalen Tools zu arbeiten, wobei auch eine Sensibilisierung hinsichtlich Nutzens und Grenzen solcher stattfand. Aus der datengestützten Beobachtung, Deutung und Ursachenidentifikation leitet die Dozentin Konsequenzen für die Weiterentwicklung des Modellseminars und persönliche Professionalisierung ab.
Wiederkehrend wird die Interaktion zwischen Studierenden als Gelingensbedingung für eine Reflexionsförderung angenommen. Allerdings besteht ein Desiderat darin, Reflexion als in der Interaktion hervorgebrachtes Phänomen zu beforschen. Der Beitrag greift dieses Desiderat auf und begründet zunächst die Notwendigkeit einer interaktionsorientierten Perspektive für die Gestaltung und Beforschung von Reflexionsanlässen. Am Beispiel einer Design-Based-Research-Studie zur Reflexion künstlerisch-ästhetischer Überzeugungen von Musikstudierenden wird im Beitrag dargelegt, wie die Interaktion gezielt für die Gestaltung von Reflexionsanlässen berücksichtigt werden kann. Die empirischen Ergebnisse der Studie zeigen auf, wie hochtransaktive Redebeiträge in Studierendengesprächen als Gelingensmerkmale für die gemeinsame Hervorbringung von Reflexionsprozessen verstanden werden können.
Für die Entwicklung professioneller Handlungskompetenzen angehender Lehrkräfte stellt die Unterrichtsreflexion ein wichtiges Instrument dar, um Theoriewissen und Praxiserfahrungen in Beziehung zu setzen. Die Auswertung von Unterrichtsreflexionen und eine entsprechende Rückmeldung stellt Forschende und Dozierende allerdings vor praktische wie theoretische Herausforderungen. Im Kontext der Forschung zu Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelte Methoden bieten hier neue Potenziale. Der Beitrag stellt überblicksartig zwei Teilstudien vor, die mit Hilfe von KI-Methoden wie dem maschinellen Lernen untersuchen, inwieweit eine Auswertung von Unterrichtsreflexionen angehender Physiklehrkräfte auf Basis eines theoretisch abgeleiteten Reflexionsmodells und die automatisierte Rückmeldung hierzu möglich sind. Dabei wurden unterschiedliche Ansätze des maschinellen Lernens verwendet, um modellbasierte Klassifikation und Exploration von Themen in Unterrichtsreflexionen umzusetzen. Die Genauigkeit der Ergebnisse wurde vor allem durch sog. Große Sprachmodelle gesteigert, die auch den Transfer auf andere Standorte und Fächer ermöglichen. Für die fachdidaktische Forschung bedeuten sie jedoch wiederum neue Herausforderungen, wie etwa systematische Verzerrungen und Intransparenz von Entscheidungen. Dennoch empfehlen wir, die Potenziale der KI-basierten Methoden gründlicher zu erforschen und konsequent in der Praxis (etwa in Form von Webanwendungen) zu implementieren.
Algorithmen als Dozierende?
(2023)
Auf maschinellem Lernen basierende Tools haben schon längst Einzug in unseren Alltag gefunden und so konnten auch in der Lehrkräftebildung erste Anwendungen entwickelt, erprobt und evaluiert werden. Im Teilprojekt Physikdidaktik des Schwerpunktes 2 „Schulpraktische Studien“ wurden auf Basis eines Rahmenmodells für Reflexion (Nowak et al., 2019) automatisierte Analysemethoden (Wulff et al., 2020) entwickelt und fanden Einzug in universitäre fachdidaktische Lehre (Mientus et al., 2021a). Mit dem Projekt konnten Potenziale KI-basierter Unterstützung aufgezeigt und verstetigt sowie spezifische Herausforderungen identifiziert werden. Dieser Beitrag skizziert ausgewählte Anwendungsmöglichkeiten und weiterführende Forschungen unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz computerunterstützter Lehre.
Im beruflichen Lehramt bilden sowohl der Mangel an Studierenden als auch hohe Abbruchquoten bzw. die Abwanderung in Unternehmen eine permanente Herausforderung, der im Rahmen des Projekts „FACE – Berufliches Lehramt“ (gefördert im Kontext der 3. Phase der Qualitätsoffensive Lehrerbildung) mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnet werden soll. Die Entwicklungs- und Unterstützungsmaßnahmen im gewerblich-technischen Lehramt am Standort Freiburg fokussieren insbesondere die Aspekte Kohärenz und Professionsorientierung – zukünftig forciert durch studentische Reflexionsprozesse. Diese werden durch die Entwicklung eines Pilotstudiengangs ergänzt, welcher eine 52-wöchige betriebliche Praxis auf Facharbeiterebene (Facharbeiterbrief) in das Studium integriert. Darüber hinaus finden Facetten von Heterogenität/Inklusion und Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache (DaZ/DaF) als Querschnittskompetenzen Eingang in das Studium. Die in allen Bereichen erworbenen Handlungskompetenzen werden in den Schulpraxisphasen erprobt und anschließend kritisch-konstruktiv in Reflexionsseminaren aufgearbeitet. Im folgenden Beitrag soll kurz auf die Entstehung des Pilotstudiengangs unter reflexiven Aspekten eingegangen werden.
Die professionelle Entwicklung von Lehrkräften kann durch die Analyse von Unterrichtsvideos gefördert werden. Hierfür benötigte videobasierte Lehr-Lern-Gelegenheiten werden im FOCUS Videoportal der Freien Universität (https://tetfolio.fu-berlin.de/focus) Berlin bereitgestellt. In diesem Beitrag werden neue Lehr-Lern-Gelegenheiten der ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung vorgestellt, die im Zuge der Weiterentwicklung des FOCUS Videoportals implementiert wurden. Für die erste Phase der Lehrkräftebildung werden Lehr-Lern-Gelegenheiten zu drei fachdidaktischen Schwerpunkten (Didaktik der Chemie, der Philosophie und Ethik sowie der Informatik) vorgestellt. Für die zweite Phase der Lehrkräftebildung wird ein neu entwickeltes Format (der Videozirkel) zur Reflexion eigener Unterrichtspraxis bei Lehramtsanwärter:innen präsentiert.
Eine beständige Weiterentwicklung der eigenen pädagogischen und fachdidaktischen Praxis stellt ein zentrales Leitbild für die Arbeit von Lehrkräften dar. Damit dieses Leitbild umgesetzt werden kann, wird angenommen, dass Lehrkräfte ihre eigene Praxis kontinuierlich reflektieren müssen. Reflektieren angehende Lehrkräfte im Kontext von Lehrveranstaltungen, hat dies einerseits Elemente einer Prüfungssituation und andererseits Elemente einer Erkenntnisgewinnungssituation. Für beide Situationen spielen Emotionen eine wichtige Rolle. So können sich beispielsweise negative und deaktivierende Emotionen hinderlich auf den (Lern-)Erfolg auswirken. Allerdings ist bislang wenig darüber bekannt, welche Emotionen beim Reflektieren von videobasierten Fallanalysen auftreten und inwieweit individualisiertes Feedback hier eine Rolle spielt. Es wird daher eine Untersuchung zu den Emotionen von N = 15 Lehramtsstudierenden der Physik zu mehreren Reflexionsanlässen vorgestellt. Hierbei wurde über verschiedene Reflexionsanlässe hinweg Feedback gegeben. Diskutiert werden Implikationen für die Gestaltung von Reflexionsanlässen in der Lehrkräftebildung sowie Perspektiven für zukünftige Forschung.
Achtsames Erleben unterstützt die Reflexionsfähigkeit, wenn die Aufmerksamkeit entsprechend gelenkt und Raum und Zeit dafür zur Verfügung gestellt werden. Der Beitrag zeigt Achtsamkeit im Kontext der (beruflichen) Lehrkräftebildung als unterstützenden Faktor zur Entwicklung von Reflexionsfähigkeit. Insbesondere im Hinblick auf Selbstwahrnehmung und Beziehungsgestaltung bieten sich hier Potenziale, die der akademisch geprägten ersten Phase der Lehrkräftebildung noch immer weitgehend fremd geblieben sind. Es werden Einblicke in praktische Ansätze gegeben.
Reflexion – unhinterfragt eines der wichtigsten Worte im Kontext der Lehrkräftebildung. Fest verankert in den bundesdeutschen Bildungsstandards sind in Forschung und Lehre die Suche nach Evidenz und die Unterstützung (angehender) Lehrkräfte ständiger Antrieb unzähliger Akteur:innen aller Phasen der Lehrkräftebildung. Wenngleich begriff liche Unklarheiten die Kommunikation von Forschungsergebnissen nicht immer intuitiv und die Unterstützung in der Lehre nicht immer praktikabel werden lassen, besteht Einigkeit darüber, dass ein Diskurs zur reflexiven Professionalisierung von Lehrkräften geführt werden muss. Aus diesem Grund veranstalteten die beiden QLB-Projekte PSI-Potsdam der Universität Potsdam und K2teach der Freien Universität Berlin vom 5. bis 7. Oktober 2022 die Onlinetagung „Reflexion in der Lehrkräftebildung. Empirisch – Phasenübergreifend – Interdisziplinär“. Ausgehend von den verschiedensten Fachdisziplinen diskutierten Akteur:innen aller Phasen der Lehrkräftebildung unterschiedlicher Standorte Ergebnisse empirischer Studien und Erfahrungen aus der Arbeit mit (angehenden) Lehrkräften. Beiträge der Tagung sind in diesem Buch festgehalten und sind als Momentaufnahme eines sich ständig entwickelnden Themenfelds zu verstehen. Forschende und Lehrende haben mit dieser Momentaufnahme die Möglichkeit, Eindrücke für die eigene Arbeit aufzunehmen und weiterzuentwickeln.
Lehrkräfte fühlen sich nicht genug auf inklusiven Unterricht vorbereitet, wenngleich sie allen Schülerinnen und Schülern Zugänge zu Phänomenen, Konzepten, Arbeitsweisen usw. ermöglichen sollen. Im Projekt Nawi-In haben wir u. a. die Fragen adressiert, welche inklusiv naturwissenschaftlichen Charakteristika Lehramtsstudierende in ihren eigenen und fremden Unterrichtsvideos wahrnehmen und wie sich ihre Kompetenzen entwickeln. Die Reflexionen des Unterrichts fanden über drei Semester einschließlich der Praxisphase statt. In ausgewählten Videoszenen sollten die Studierenden inklusiv naturwissenschaftliche Charakteristika beschreiben und reflektieren. Ausgewertet wurden die autographierten und transkribierten Reflexionen mit dem KinU, welches systematisch die Charakteristika inklusiven naturwissenschaftlichen Unterrichts abbildet. Zu Beginn haben die Studierenden eher allgemeinpädagogische Aspekte und die Lehrkräftepersönlichkeit wahrgenommen. Später haben sie den Fokus auf den Naturwissenschaftsunterricht und die Diversität der Klasse gesetzt. Insgesamt haben die Studierenden zunehmend mehr Charakteristika inklusiven naturwissenschaftlichen Unterrichts identifiziert und Handlungsalternativen generiert.
Sprache hat im Unterricht verschiedene Funktionen. Sie ist das Instrument zur Vermittlung von Lehrinhalten, das Medium im Unterrichtsgespräch und in Prüfungen. Sprache ist gleichzeitig auch ein Werkzeug des Denkens und damit des Lernens: beim Nachvollziehen von Prozessen, beim Aufbau innerer Vorstellungsbilder und bei der Verknüpfung von neuem Wissen mit altem. Das an der Universität Würzburg durchgeführte interdisziplinäre, praxisorientierte Projektseminar „Sprachsensibles Unterrichtsgeschehen gestalten“ sollte Studierende unter Bezugnahme auf linguistische Theorien zur Mehrsprachigkeitsforschung und Bildungssprache zu einer Reflexion über diese Herausforderungen anregen: Wie kann eine Förderung der (Bildungs-)Sprache und der emotional-sozialen Entwicklung (esE), die einander bedingen, gleichzeitig gelingen ? Um die Ergebnisse der Reflexionsprozesse in anwendbare Lehrkompetenz zu transferieren, entwickelten die Studierenden Materialien für sprachsensiblen Unterricht und esE-Förderung, die, ergänzt durch begründende Ausführungen, in Form eines Readers veröffentlicht werden. Im Folgenden wird das Lehrkonzept theoretisch hergeleitet, anschließend vorgestellt und sodann kritisch reflektiert.
Der Auf- und Ausbau eines inklusiven Bildungssystems vor dem Hintergrund rascher und weitreichender gesellschaftlicher Veränderungen bringt für Lehrkräfte aller Schulformen vielfältige Aufgaben mit sich. Eine der entscheidenden Gelingensbedingungen für die Realisation inklusiver Bildung bildet dementsprechend die Professionalisierung von Lehrkräften. Reflexionskompetenz nimmt beim Auf- und Ausbau einer professionellen Handlungskompetenz von Lehrpersonen einen besonderen Stellenwert ein, allerdings reflektieren Lehramtsstudierende am Anfang ihres Studiums häufig noch auf eher niedrigem Niveau. Im Rahmen des fünfsemestrigen Zertifikatskurses „Handlungswissen Inklusion“ (HWI) an der Universität zu Köln erhalten BA-Studierende die Möglichkeit, ihr Lehramtsstudium inklusionsorientiert(er) auszurichten, um sich auf die anstehenden Herausforderungen in einer inklusiven Schule und Gesellschaft vorzubereiten und gleichzeitig die damit einhergehende domänenspezifische Reflexionskompetenz zu steigern.
Thomas Brehl (1957–2010)
(2023)
Befragungsergebnisse unter Lehramtsstudierenden belegen nur mittelmäßige Relevanzeinschätzungen hinsichtlich fachwissenschaftlicher Studieninhalte. Der Relevanzwahrnehmung in Lehr-Lern-Situationen werden indes motivations- und interessensförderliche Effekte und dadurch Einflüsse auf den Wissenserwerb zugeschrieben. Der Beitrag stellt eine auf Theorien zur Relevanzeinschätzung und einem besonderen, auf Lehr-Lern-Kontexte anwendungsbezogenen Fachwissen basierende Interventionsmaßnahme im Bachelorgeschichtsstudium an der Universität Potsdam vor: eine spezielle Vorlesung und Online-Tutorium mit Lehr-Lern-Videos, die auf die Erhöhung der Relevanzwahrnehmung von Lehramts- und Fachstudierenden abzielt. Eine fragebogengestützte Erhebung zu den Relevanzeinschätzungen der Studierenden nach dem Besuch der Lehrveranstaltung zeigt, dass alle Geschichtsstudierenden die Inhalte der Vorlesung und des Online-Tutoriums als relevant für Studium und Beruf einschätzen. Insbesondere die Inhalte des Online-Tutoriums, das anwendungsbezogenes Fachwissen vertieft, werden als berufsrelevant eingestuft, Fachstudierende könnten aber noch besser adressiert und Reflexionsfragen zur eigenen Generierung von Relevanz seitens der Studierenden eingebaut werden. Die Studie belegt insgesamt Gelingensfaktoren für die Konzeption fachwissenschaftlicher Vorlesungen, die auch an anderen Universitätsstandorten die mangelnde Relevanzeinschätzung erhöhen könnten.
Viele Studierende stoßen im Rahmen ihres Informatikstudiums auf Probleme und benötigen individuell bedarfsgerechte Unterstützung, um beispielsweise trotz gewisser Startschwierigkeiten ihr Studium erfolgreich zu Ende zu führen. In die damit verbundene Lern- bzw. Studienberatung fließen Empfehlungen zur weiteren Studienverlaufsplanung ein. Anhand einer Datenanalyse über den Prüfungsleistungsdaten der Studierenden überprüfen wir die hinter diesen Empfehlungen liegenden Hypothesen und leiten aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen für die Beratung ab.
Insgesamt zeigt sich, dass sich nach den ersten Semestern ein mittlerer Bereich von Studierenden identifizieren lässt, bei denen Studienabbruch und Studienerfolg etwa gleich wahrscheinlich sind. Für diese Personengruppe ist Beratungsbedarf dringend gegeben. Gleichzeitig stößt die Datenanalyse auch an gewisse Grenzen, denn es zeigen sich insgesamt keine echt trennscharfen Muster, die frühzeitig im Studium eindeutig Erfolg oder Misserfolg prognostizieren. Dieses Ergebnis ist jedoch insofern erfreulich, als es bedeutet, dass jede:r Studierende:r auch nach einem suboptimalen Start ins Studium noch eine Chance auf einen Abschluss hat.
Bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen (SES) können sich Symptome auf sprachlich-funktionaler Ebene sehr variabel auf die kommunikative Partizipation im Alltag auswirken. Kommunikative Partizipation wird definiert als sprachlich-kommunikatives Teilnehmen an Lebenssituationen, in denen Wissen, Informationen, Ideen oder Gefühle ausgetauscht werden. Der deutschsprachige ‚Fokus auf den Erfolg der Kommunikation für Kinder unter sechs Jahren‘ (FOCUS©-34-G) ist ein evaluierter Fragebogen zur Fremdeinschätzung der kommunikativen Partizipation von Kindern (1;6 bis 5;11 Jahre). Ziel unserer Studie war die Untersuchung der Auswirkungen einer SES auf die kommunikative Partizipation betroffener Kinder im Alter zwischen 2;0 und 4;11 Jahren anhand des FOCUS©-34-G. Eltern von Kindern mit SES füllten den FOCUS©-34-G sowie einen Demografie-Bogen aus. Es konnten erste Daten von 22 Kindern (16 Jungen) im Alter zwischen 2;7 und 3;11 (M = 3;3 Jahre, SD = 0;4 Jahre) erhoben werden. Im FOCUS©-34-G erreichten Kinder mit SES einen Gesamtwert zwischen 54 und 197 (M = 120.55, SD = 40.91) von 238 maximal möglichen Punkten. Diese Ergebnisse zeigen eine eingeschränkte kommunikative Partizipation von Kindern mit SES, die es in einer ICF-CY-orientierten sprachtherapeutischen Intervention zu beachten gilt. Als klinisches Assessmentinstrument kann der FOCUS©-34-G als Kurzversion des FOCUS©-G als geeignet angesehen werden.
Selbstreflexion ist erklärtes Ziel der Eignungsabklärung und ein intendierter Effekt von Online Self Assessments (OSA). In Deutschland setzen die lehrkräftebildenden Hochschulen OSA nahezu flächendeckend ein, um Studieninteressierten der Lehrämter eine Unterstützung bei der Studienwahl zu bieten. Es erscheint lohnenswert, die Selbstreflexion von Studienanfängern zu betrachten und Zusammenhänge und Unterschiede hinsichtlich verschiedener Merkmale wie Geschlecht, Alter und angestrebtes Lehramt zu untersuchen. In einer Querschnittserhebung per Fragebogen bei (n = 3741) Erstsemesterstudierenden der Lehrämter an n = 10 Hochschulstandorten kann gezeigt werden, 1) dass angehende Lehrkräfte sich hinsichtlich ihrer Selbstreflexion hoch einschätzen, 2) dass es einen signifikanten altersbezogenen Unterschied bei der Selbstreflexion gibt, 3) dass sich weibliche Studierende signifikant selbstreflektierter einschätzen als ihre männlichen Kollegen und 4) dass Studierende unterschiedlicher Lehrämter sich in ihrer selbsteingeschätzten Selbstreflexion signifikant unterscheiden.
Spätestens seit dem Brand einer Textilfabrik in Karatschi, Pakistan, deren Hauptabnehmer das deutsche Textilunternehmen KiK war, ist die Frage nach der zivilrechtlichen Justiziabilität von Menschenrechtsverletzungen im Ausland auch in der Bundesrepublik angekommen. Parallel hierzu hatte bereits der Einsturz des Rana Plaza, einem Fabrikgebäude in Dhaka, Bangladesch, das zahlreiche Zulieferfirmen der europäischen sowie u.s.-amerikanischen Bekleidungsindustrie beherbergte, traurige Berühmtheit erlangt. Beide Vorfälle hatten in den Industriestaaten des globalen Nordens eine nachhaltige Debatte darüber ausgelöst, welche Verantwortung inländischen Abnehmerunternehmen für die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards entlang der global angelegten Lieferkette zukommt. An deren vorläufigem Ende steht eine Reihe von Spezialgesetzen, die heimischen Betrieben ausdifferenzierte Sorgfalts- und Überwachungspflichten bezüglich der Arbeitsbedingungen in den – häufig im globalen Süden gelegenen – Produktionsstätten auferlegen.
Als Folge dieses geostrategischen Nord-Süd-Konfliktes wohnt in Deutschland erhobenen Menschenrechtsklagen im Regelfall ein grenzüberscheitendes Moment inne, weshalb sich die Rechtsverfolgung individuell Betroffener mit den Fragen des Internationalen Privatrechts nach der gerichtlichen Zuständigkeit sowie des anwendbaren Sachrechts konfrontiert sieht. Dass ein Verfahren bereits auf dieser Ebene scheitern kann, verdeutlicht auf paradigmatische Weise das eingangs erwähnte Verfahren gegen KiK vor dem LG Dortmund, in welchem das ungünstige pakistanische Verjährungsrecht zur Anwendung gelangte.
Rechtspolitisch wird die Funktion des Rechtsgebietes indes unterschiedlich beurteilt. Während ein Ansatz gleichsam auf materieller Ebene die Entwicklung spezieller Sorgfaltsnormen für Unternehmen in Abnehmerstaaten verfolgt („Verantwortungslösung“), führt eine andere Auffassung den Kern der Problematik nicht auf das – oftmals durchaus funktionale – Produktionslandrecht, sondern vielmehr auf dessen strukturelle Durchsetzungsdefizite zurück („Kognitionslösung“).
Der Beitrag vollzieht die Implikationen beider Ansätze für Zivilprozesse in Deutschland nach. Hierfür wird die Menschenrechtsklage zunächst in das deutsche Verfahrensrecht eingeordnet (I.) bevor die Rolle des Internationalen Privatrechtes erörtert werden kann (II.). Anschließend werden sowohl die Sorgfaltsregime in den Abnehmerstaaten (III.) als auch Rechtsbehelfe in den Produktionsländern am Beispiel Bangladeschs (IV.) in den Blick genommen.
Mit Blick auf den Schuldienst existieren viele Studien zur Arbeitsbelastung und Arbeitsbeanspruchung von Lehrkräften. Bereits die Praxisphasen im Lehramtsstudium sind geprägt von zahlreichen Anforderungen für Lehramtsanwärter:innen, weshalb Wissen und Kenntnisse um eigene Ressourcen eine erhebliche Bedeutung für die Ressourcennutzung zur Bewältigung der Anforderungen und zur Gesunderhaltung darstellen. Der vorliegende Beitrag stellt den Gesundheitsbegriff sowie die theoretischen Grundlagen der Ressourcen zur Gesundheitsförderung anhand repräsentativer Studien innerhalb sowie außerhalb des Potsdamer Praxissemesters vor. Insbesondere wird sich den Anforderungen im Praxissemester, die durch die Corona-Pandemie geprägt waren, gewidmet. Ziel ist es, angehenden Lehrkräften die wichtigsten Methoden bzw. Strategien der Gesundheitsförderung zu vermitteln und sie damit zur Stärkung ihrer eigenen Gesundheit auch in Zeiten erhöhter Belastung bzw. in Krisenzeiten zu befähigen. Erste empirische Ergebnisse aus einer qualitativen Erhebung zeigen, dass die Teilnehmenden in Bezug auf innere Ressourcen die zentrale Rolle von produktiven Überzeugungssystemen und produktiven Bewältigungsstrategien betonen. Ein Mentoringprogramm, angelegt analog zur Potsdamer AG der Mentor:innenqualifzierung, könnte dazu dienen, inhaltliche Eckpunkte zur Gesundheitsförderung im Unterricht des Praxissemesters zu verankern und angehende Lehrkräfte zu begleiten.
Der vorliegende Beitrag stellt eine Lehrveranstaltungskooperation zur Verzahnung von Fachwissenschaften (Sprachwissenschaft) und Fachdidaktik im Lehramtsstudium Englisch an der Universität Potsdam vor. Die Kooperation besteht aus zwei Seminaren. Während andere Fächer (u. a. Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte) bereits in der ersten Phase des PSI-Projekts Erkenntnisse zur Erfassung des erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext (eFWsK) vorgelegt haben, widmet sich die Englischdidaktik der Strukturierung des Professionswissens im Fach erst seit wenigen Jahren. Der Versuch, das eFWsK-Modell auf das Fach Englisch zu übertragen, stellt die Disziplin aus diversen Gründen vor eine besondere Herausforderung. Am Beispiel zweier verzahnter Lehrveranstaltungen zur Entwicklung von Diagnosefähigkeiten angehender Lehrkräfte zur Beurteilung von Sprechleistungen wird erörtert, welches fachwissenschaftliche und fachdidaktische Wissen durch die Verzahnung der beiden Disziplinen erworben wird. Zugleich werden offene Fragen diskutiert, die sich aus der Kooperation mit Blick auf eine Systematisierung relevanter fachwissenschaftlicher Inhalte für das Lehramtsstudium ergeben. Im Ausblick wird erörtert, warum eine Systematisierung des fachlichen Professionswissens mittels einer Delphi-Studie im Fach Englisch sinnvoll erscheint.
Zukünftige Lehrkräfte auf den Umgang mit Heterogenität vorzubereiten, besonders im Primarschulbereich, ist ein Ziel der Lehrkräftebildung. Ein Ansatz dazu ist die Förderung diagnostischer Kompetenzen von Studierenden. E-Learning-Angebote bieten hierzu angesichts der Individualisierung von Lernprozessen sowie der Möglichkeiten einer Integration in bereits bestehende Seminare viele Vorteile. Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung wurde daher ein Online-Training entwickelt, das die mathematische Diagnosekompetenz von Studierenden stärken soll. Das Training ist ein E-Learning-Angebot, das im Selbststudium durchlaufen werden kann und aus Lehrvideos, interaktiven Schüler:innenvideos und interaktiven Übungen besteht. An der Universität Potsdam wurde das Training bisher in drei Seminaren des Lehramtsstudiums für die Primarstufe integriert und evaluiert. Aus der Evaluation mittels Fragebögen ging hervor, dass von Studierenden und Lehrenden die Integration positiv bewertet wird.