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Ein Modellseminar, welches deutschdidaktische mit digitalisierungsbezogenen Kompetenzerwerbsprozessen konsequent vernetzte, wurde im Rahmen einer Aktionsforschung untersucht. Hierbei wurde die Lösung eines komplexen Problems (Entwicklung eines digitalen, interaktiven Lernbuchs für einen medienintegrativen Literaturunterricht mit der Open Source Software H5P) von den Studierenden eingefordert und der Lösungsprozess anhand von sog. Digital Narratives (digitalen, auditiven Erzählungen) reflektiert. Die so entstandenen Reflexionspodcasts sollten Einblick in die persönlich bedeutsamen Lerngeschichten der Studierenden geben und erstens für die Dozentin eine systematische Reflexion der eigenen Lehrpraxis in Form einer Aktionsforschung ermöglichen. Zweitens waren sie ein Reflexionsanlass für die Studierenden hinsichtlich ihrer eigenen Problemlöseprozesse, wobei dieser Fokus hier skizziert, aber nicht fokussiert wird. Die Podcasts wurden anhand thematischer Analysen qualitativ ausgewertet. Die Daten gaben Hinweise darauf, dass besonders die eingeforderte Verknüpfung von fachdidaktischen und medialen Aspekten für die Studierenden eine Hürde war. Ebendiese regte aber auch zum vertieften Nachdenken über gute Aufgabensets in einem medienintegrativen Literaturunterricht an. Ein Großteil der Studierenden war nach dem Projekt motiviert, im eigenen Deutschunterricht zukünftig mit digitalen Tools zu arbeiten, wobei auch eine Sensibilisierung hinsichtlich Nutzens und Grenzen solcher stattfand. Aus der datengestützten Beobachtung, Deutung und Ursachenidentifikation leitet die Dozentin Konsequenzen für die Weiterentwicklung des Modellseminars und persönliche Professionalisierung ab.
Der Beitrag fragt nach einer Bildungsrelevanz Forschenden Lernens in der Lehrkräftebildung und richtet diese auf ein sinn- und verantwortungsvolles Sich-ins-Verhältnis-Setzen zu unterrichtsrelevanten Szenarien aus. Damit erschöpft sich Forschendes Lernen nicht in datenfokussierten Untersuchungen, sondern leistet einen Beitrag zum Aufbau einer Lehrer:innenpersönlichkeit, die sich in transformatorischen Bildungsprozessen dem Wagnis einer Konfrontation mit Kontingenz aussetzt und durch Irritation des Erfahrungshorizonts Unterrichtssituationen differenziert und nachhaltig reflektiert. Plädiert wird für eine Situationssensibilität jenseits des vermeintlichen In-den-Begriff-Bekommens durch Datafizierung und schematische Verhaltensmuster.
Dieser theoretisch ausgerichtete Beitrag schlägt eine weltbeziehungssoziologische Ergänzung des strukturtheoretischen Verständnisses von Reflexion als Befremdung des eigenen Blicks vor und diskutiert die Frage, inwiefern weltbeziehungssoziologische Annahmen das Konzept der Reflexion durch das Einfangen seiner Ambivalenz schärfen können. Hierzu wird ein empirisches Fallbeispiel herangezogen, in welchem eine reflexive Umgangsweise mit widersprüchlichen Anforderungen an die schulische Praxis – das doppelte Distanzieren – sichtbar wird. Mit Bezug auf die Weltbeziehungssoziologie wird die rekonstruierte Umgangsweise als situative Entfremdung theoretisiert. Ausblickhaft werden Konsequenzen für Forschung und Lehre skizziert.
Wiederkehrend wird die Interaktion zwischen Studierenden als Gelingensbedingung für eine Reflexionsförderung angenommen. Allerdings besteht ein Desiderat darin, Reflexion als in der Interaktion hervorgebrachtes Phänomen zu beforschen. Der Beitrag greift dieses Desiderat auf und begründet zunächst die Notwendigkeit einer interaktionsorientierten Perspektive für die Gestaltung und Beforschung von Reflexionsanlässen. Am Beispiel einer Design-Based-Research-Studie zur Reflexion künstlerisch-ästhetischer Überzeugungen von Musikstudierenden wird im Beitrag dargelegt, wie die Interaktion gezielt für die Gestaltung von Reflexionsanlässen berücksichtigt werden kann. Die empirischen Ergebnisse der Studie zeigen auf, wie hochtransaktive Redebeiträge in Studierendengesprächen als Gelingensmerkmale für die gemeinsame Hervorbringung von Reflexionsprozessen verstanden werden können.
In diesem Beitrag werden aus einer Metaperspektive vier verschiedene Reflexionsformate aus dem Bielefelder Projekt „BiProfessional“ der Qualitätsoffensive Lehrerbildung gegenübergestellt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden mit Blick auf das Reflexionsverständnis, den Reflexionsgegenstand und den jeweiligen Zugang beschrieben. Am Ende des Beitrags werden Konsequenzen für eine multiparadigmatische Lehrkräftebildung aufgezeigt.
Ausgehend von der Diskussion um die Zentralität von Reflexionen in der Lehrkräftebildung wird die Vielschichtigkeit des Konstrukts Reflexion kritisch beleuchtet. Es wird darin einerseits ausgeführt, welche möglichen Konsequenzen die oft fehlende Trennschärfe des Reflexionsbegriffs haben kann. Ein Augenmerk wird dabei auch auf Bereitschaft zur Reflexion gelegt, z. B. in der Frage, ob es nicht sinnvoll ist, Reflexionen in bestimmten Situationen absichtsvoll zu vermeiden. Andererseits wird aufgezeigt, dass dem Reflektieren im Professionalisierungsprozess eine doppelte Funktion zukommt: Lernen von Reflexion und Lernen durch Reflexion; das Reflektieren ist also sowohl ein Mittel zur Erreichung spezifischer Professionalisierungsziele als auch ein eigenständiges Professionalisierungsziel. Im Beitrag wird zudem an verschiedenen Stellen auf die Herausforderungen eingegangen, die sich aus den jeweiligen Überlegungen für Forschung und Lehre ergeben.
Seit John Dewey und Donald Schön besteht weitgehender Konsens, dass Reflexivität eine wichtige Kompetenz von Lehrkräften darstellt und die Reflexion in den Unterrichtsalltag einer Lehrkraft integriert sein sollte. Es wird davon ausgegangen, dass Reflexion, wenn sie absichtsvoll und zielgerichtet eingesetzt wird, die berufliche Entwicklung einer Lehrkraft positiv beeinflussen kann. Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen können durch die Reflexion bewusster wahrgenommen und verändert werden. Sie regt Lernprozesse an, stärkt Eigenverantwortung und Autonomie und steigert die Berufszufriedenheit. Allerdings birgt die Förderung von Reflexivität im Rahmen der Lehrkräftebildung einige Schwierigkeiten und trotz nunmehr über 40 Jahren theoretischer sowie empirischer Erörterung bleiben bis heute auch verschiedene Fragen unbeantwortet. Im Beitrag werden auf Grundlage der aktuellen Diskussion das Konzept der Reflexion sowie Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von Reflexivität dargelegt und es wird aufgezeigt, welche besonderen Herausforderungen der Lehrberuf hierbei birgt. Abschließend wird erörtert, welche aktuellen Forschungslücken und -desiderate bestehen.
Reflexion – unhinterfragt eines der wichtigsten Worte im Kontext der Lehrkräftebildung. Fest verankert in den bundesdeutschen Bildungsstandards sind in Forschung und Lehre die Suche nach Evidenz und die Unterstützung (angehender) Lehrkräfte ständiger Antrieb unzähliger Akteur:innen aller Phasen der Lehrkräftebildung. Wenngleich begriff liche Unklarheiten die Kommunikation von Forschungsergebnissen nicht immer intuitiv und die Unterstützung in der Lehre nicht immer praktikabel werden lassen, besteht Einigkeit darüber, dass ein Diskurs zur reflexiven Professionalisierung von Lehrkräften geführt werden muss. Aus diesem Grund veranstalteten die beiden QLB-Projekte PSI-Potsdam der Universität Potsdam und K2teach der Freien Universität Berlin vom 5. bis 7. Oktober 2022 die Onlinetagung „Reflexion in der Lehrkräftebildung. Empirisch – Phasenübergreifend – Interdisziplinär“. Ausgehend von den verschiedensten Fachdisziplinen diskutierten Akteur:innen aller Phasen der Lehrkräftebildung unterschiedlicher Standorte Ergebnisse empirischer Studien und Erfahrungen aus der Arbeit mit (angehenden) Lehrkräften. Beiträge der Tagung sind in diesem Buch festgehalten und sind als Momentaufnahme eines sich ständig entwickelnden Themenfelds zu verstehen. Forschende und Lehrende haben mit dieser Momentaufnahme die Möglichkeit, Eindrücke für die eigene Arbeit aufzunehmen und weiterzuentwickeln.
Wie bewerten begabte und leistungsstarke Jugendliche in separaten Spezialklassen ihren Unterricht?
(2022)
Leistungsstarke und besonders begabte Schüler*innen werden im Unterricht oft nicht genügend gefordert. In speziellen Klassen für besonders Leistungsstarke und Begabte kann der Unterricht stärker auf die Lernmöglichkeiten dieser Gruppe zugeschnitten werden. Spezialklassen gelten insgesamt als leistungsförderlich, Studien zur Unterrichtsqualität sind bisher jedoch rar. In dieser Studie wird untersucht, wie Schüler*innen der Leistungs- und Begabungsklassen (LuBK) im Land Brandenburg die Qualität ihres Unterrichts in Deutsch und Mathematik im Vergleich zu Schüler*innen von Regelklassen einschätzen. Die Datenbasis bilden N = 3371 Schüler*innen der 8. und 10. Jahrgangsstufe aus 33 Schulen. Mittels Fragebögen wurden Merkmale der Unterrichtsqualität nach dem QuAIT-Modell erfragt; die Datenanalyse erfolgte mit regressionsanalytischen Mehrebenenmodellen. Die Schüler*innen der LuBK bewerten die Qualität ihres Unterrichts überwiegend positiver als die Schüler*innen der Regelklassen, Defizite zeigen sich jedoch in beiden Klassentypen bei den Qualitätsmerkmalen der inneren Differenzierung und der Mitsprache bei Unterrichtsthemen.
Zusammenfassung
Theoretischer Hintergrund: Therapeutische Adhärenz ist eine zentrale Voraussetzung zur Sicherung der Validität von Psychotherapiestudien. Bisher existieren im deutschsprachigen Raum keine Skalen zur Erfassung der Adhärenz im Bereich der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT). Fragestellung: Ziel war es, Skalen zur Erfassung der Adhärenz von Therapeut_innen für ACT und der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) zu entwickeln und deren Gütekriterien zu überprüfen.
Methode
Die Validierung der Adhärenzskalen basierte auf n=38 ACT- und n=31 KVT-Gruppentherapiesitzungen zur Behandlung von depressiven und gemischten Störungsbildern. Die Adhärenz wurde durch zwei Rater_innen anhand von Audioaufzeichnungen bewertet. Ergebnisse: Sowohl für die ACT-Adhärenzskala (ICC=.96) als auch für die KVT-Adhärenzskala (ICC=.98) konnten hohe Interraterreliabilitäten erreicht werden. Die konvergente Validität konnte anhand einer negativen Korrelation zwischen den beiden Skalen sichergestellt werden (r=-.95).
Schlussfolgerungen
Beide Adhärenzskalen bieten eine erste Möglichkeit, um manualgetreues Therapeut_innenverhalten in ACT- und KVT-Gruppentherapien für Patient_innen mit gemischten Störungsbildern zu erfassen. Zudem geben die Ergebnisse einen Hinweis darauf, dass sich die beiden Methoden voneinander differenzieren lassen.
Das Konnexitätsprinzip gewährleistet einen Anspruch der Kommunen gegen das Land auf Ausgleich von Mehrbelastungen, die ihnen dadurch entstehen, dass sie anstelle des Landes staatliche Aufgaben wahrnehmen. Das Land treffen in diesem Zusammenhang unterschiedliche Verpflichtungen. Abgesehen davon, dass es bei Vorliegen der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gehalten ist, eine Ausgleichsbestimmung zu erlassen, obliegt es ihm auch, Art und Weise, vor allem die Höhe des Ausgleichs zu bestimmen. Im Regelfall macht dies eine Prognose der entstehenden Kosten erforderlich: Die Anforderungen, die hiermit verbunden sind, stehen im Mittelpunkt der nachstehenden Darstellung.
Der rechtliche Rahmen für die Straßenbeleuchtung – das Thema erscheint auf den ersten Blick als juristisch banal. Praktisch ist das Interesse von Gemeinden an einem rechtsfehlerfreien Straßenbeleuchtungskonzept jedoch groß. Die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex der Straßenbeleuchtung hat damit hohe Praxisrelevanz und verdient eine ausführlichere Darlegung.
Corona "ex post"
(2023)
Der Beitrag untersucht den grundrechtlichen Rahmen für Infektionsschutzmaßnahmen am Beispiel der Corona-Pandemie.
Neben dem Spannungsverhältnis von Abwehr- und Schutzpflichtdimension werden insbesondere die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips in Zeiten fortdauernder Ungewissheit sowie die wachsenden Bedeutung der Gleichheitsrechte beleuchtet. Dabei nimmt der Beitrag auf alte und neue Rechtsprechung des BVerfG Bezug und setzt diese ins Verhältnis zueinander.
Mit Blick auf den Schuldienst existieren viele Studien zur Arbeitsbelastung und Arbeitsbeanspruchung von Lehrkräften. Bereits die Praxisphasen im Lehramtsstudium sind geprägt von zahlreichen Anforderungen für Lehramtsanwärter:innen, weshalb Wissen und Kenntnisse um eigene Ressourcen eine erhebliche Bedeutung für die Ressourcennutzung zur Bewältigung der Anforderungen und zur Gesunderhaltung darstellen. Der vorliegende Beitrag stellt den Gesundheitsbegriff sowie die theoretischen Grundlagen der Ressourcen zur Gesundheitsförderung anhand repräsentativer Studien innerhalb sowie außerhalb des Potsdamer Praxissemesters vor. Insbesondere wird sich den Anforderungen im Praxissemester, die durch die Corona-Pandemie geprägt waren, gewidmet. Ziel ist es, angehenden Lehrkräften die wichtigsten Methoden bzw. Strategien der Gesundheitsförderung zu vermitteln und sie damit zur Stärkung ihrer eigenen Gesundheit auch in Zeiten erhöhter Belastung bzw. in Krisenzeiten zu befähigen. Erste empirische Ergebnisse aus einer qualitativen Erhebung zeigen, dass die Teilnehmenden in Bezug auf innere Ressourcen die zentrale Rolle von produktiven Überzeugungssystemen und produktiven Bewältigungsstrategien betonen. Ein Mentoringprogramm, angelegt analog zur Potsdamer AG der Mentor:innenqualifzierung, könnte dazu dienen, inhaltliche Eckpunkte zur Gesundheitsförderung im Unterricht des Praxissemesters zu verankern und angehende Lehrkräfte zu begleiten.
Der Kooperation von Lehrkräften wird für die Bewältigung der komplexen Anforderungen des Schulalltags großes Potenzial zugeschrieben. Dennoch ist Kooperation in vielen Lehrkräftekollegien nicht selbstverständlich. Auf Basis einer Befragung von N = 489 Grundschullehrkräften untersucht dieser Beitrag in einem querschnittlichen Design die kollegiale Kooperation in Schulen in Deutschland. Mit einer Regression wurde unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten geprüft, in welchem Ausmaß personale, kompetenzbezogene und institutionelle Merkmale die Umsetzung verschiedener Kooperationsformen wahrscheinlicher machen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kooperationsform „Austausch“ in der Arbeit der Lehrkräfte ausgeprägt wahrgenommen wurde, die Kooperationsform „Kokonstruktion“ weniger. Zudem zeigen sich Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in den begünstigenden Faktoren. Während sich für beide Kooperationsformen die Wahrnehmung kollektiver Selbstwirksamkeit und das Zusammenspiel zwischen organisatorischen und räumlichen Rahmenbedingungen als prädiktiv erwiesen, spielte der Enthusiasmus lediglich für den Austausch und die Unterrichtserfahrung nur für die Kokonstruktion eine Rolle.
Aspirationspneumonien sind eine häufige Todesursache bei Dysphagiepatient*innen. In diesem Beitrag wird durch die Evaluation relevanter Studien die Frage untersucht, ob die therapeutische Mundpflege bei Dysphagiepatient*innen zur Verringerung des Pneumonierisikos beitragen kann. Zudem wird auf dieser Grundlage eine Handlungsempfehlung für die Umsetzung der Mundpflege entwickelt.
Die ausgewählten Studien zeigen, dass die Mundpflege einen positiven Effekt auf das Pneumonie-Risiko von Dysphagiepatient*innen hat. Sie sollte auf den Grundsätzen Einfachheit, Sicherheit, Arbeitskräfteentlastung, Wirksamkeit, Universalität, Wirtschaftlichkeit und vollständige Mundpflege aller Teile der Mundhöhle beruhen und nimmt weniger als fünf Minuten täglich ein. Sie bereitet durch die taktile Stimulation auf die anschließende Dysphagie-Therapie vor und ist somit sinnvoll investierte Therapiezeit.
Das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) verantwortet im Projekt „PSI-Potsdam“ die Unterstützung der Qualifizierung in der Medienbildung/Digitalisierung der Lehrkräftebildung an der Universität Potsdam. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag zunächst auf der mediendidaktischen Qualifizierung und wurde ab der zweiten Förderphase des Programms 2018 mit Akzentuierung auf Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung für das Lehren und Lernen in der Lehrkräftebildung fortgeführt. In diesem Beitrag werden die Entwicklungen und Beiträge in Bezug auf die digitale Medienbildung und Digitalisierung an der Universität Potsdam für die Lehrkräftebildung dargestellt. Weiterführend werden Perspektiven aufgezeigt, wie zukünftig digitale Medienbildung in der universitären Lehrkräftebildung verankert werden kann.
An der Schnittstelle zwischen Hochschule und Schule bietet das Vernetzungsprojekt Campusschulen die Möglichkeit befristete individuelle Netzwerke zu gründen, an denen die Akteursgruppen Studierende, Lehrkräfte und Wissenschaftler:innen partizipieren. Ziel der Zusammenarbeit ist eine gemeinsame Arbeit an Aufgaben der Schul- und Unterrichtsentwicklung, bei der für alle beteiligten Akteure ein realer Mehrwert entsteht. Die Konzeption des Projekts sowie das Erleben der Netzwerkarbeit wurde regelmäßig evaluiert. Die Evaluationen bestätigen die konzeptionell angedachten Ergebnisse. Ausgehend von den Projekterfahrungen über acht Jahre (einschließlich der Corona-Pandemie) hinweg werden Möglichkeiten zur Verstetigung des Projekts diskutiert.
Die differenzierte und individuelle Förderung der Leseflüssigkeit in heterogenen Gruppen erfordert ein hohes Maß an diagnostischer Kompetenz. Diese kann nicht allein durch die Vermittlung von Wissen gefördert werden, sondern muss zusätzlich durch praxisnahe Übungen sukzessive ausgebildet werden. Um die Diagnosekompetenz von Masterstudierenden der Grundschulpädagogik (Deutsch) an der Universität zu Potsdam zu fördern, wurde im Rahmen des Projekts PSI-Potsdam ein Seminar entwickelt und durchgeführt, das nach der Idee des Blended Learning mit digitalen Übungen angereichert ist und eine Förderung der Diagnosekompetenz über einen längeren Zeitraum gewährleisten soll. In dem Beitrag werden nach einer theoretischen Einführung sowie einer Darlegung der Relevanz des Seminarkonzepts für Lehrkräfte der Primarstufe Deutsch die Entwicklung und Einbettung der Übungstools im Seminar dargestellt sowie deren praktischer Einsatz diskutiert.
Im Rahmen dieses Projekts wurde zunächst auf der Grundlage des COACTIV-Modells der professionellen Kompetenz von Lehrkräften (Baumert & Kunter, 2011) und dessen Spezifizierungen und Ergänzungen für inklusive Bildungsprozesse (Gebhardt et al., 2018; Ries et al., 2020) ein Modell für den sonderpädagogischen Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung entwickelt. Ein besonderer Fokus lag hier auch auf der Förderung von Beziehungs- und Reflexionskompetenzen. Unter Nutzung des entwickelten Modells wurde ein Praktikumskonzept zur Professionalisierung von angehenden Lehrkräften im sonderpädagogischen Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung erstellt. Die relevanten Kompetenzbereiche wurden mithilfe verschiedener Methoden und Techniken praxisnah operationalisiert und einer gezielten Förderung zugänglich gemacht. Neben der Vermittlung von theoretischem Grundlagenwissen erhielten Studierende die Möglichkeit, im Tandem eine von regelmäßigen Supervisionen und kollegialen Fallberatungen begleitete Einzelfallförderung an Schulen durchzuführen und diese im Einzelfalldesign zu evaluieren. Das Seminarkonzept wurde in geltende Studienordnungen implementiert und soll perspektivisch mit den eigens konzipierten Inhalten und Materialien als Open Educational Resources zur freien Verfügung für andere Ausbildungsstandorte gestellt werden. Zudem erfolgt aktuell eine summative Evaluation des Seminarkonzepts im Kontrollgruppendesign.
Zukünftige Lehrkräfte auf den Umgang mit Heterogenität vorzubereiten, besonders im Primarschulbereich, ist ein Ziel der Lehrkräftebildung. Ein Ansatz dazu ist die Förderung diagnostischer Kompetenzen von Studierenden. E-Learning-Angebote bieten hierzu angesichts der Individualisierung von Lernprozessen sowie der Möglichkeiten einer Integration in bereits bestehende Seminare viele Vorteile. Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung wurde daher ein Online-Training entwickelt, das die mathematische Diagnosekompetenz von Studierenden stärken soll. Das Training ist ein E-Learning-Angebot, das im Selbststudium durchlaufen werden kann und aus Lehrvideos, interaktiven Schüler:innenvideos und interaktiven Übungen besteht. An der Universität Potsdam wurde das Training bisher in drei Seminaren des Lehramtsstudiums für die Primarstufe integriert und evaluiert. Aus der Evaluation mittels Fragebögen ging hervor, dass von Studierenden und Lehrenden die Integration positiv bewertet wird.
Treckerdemos und Klimastreik
(2020)
Der Beitrag zeigt die Entwicklung des Versammlungsrechts in der Rechtsprechung seit 2016 auf. Angesichts legislatorischer Ruhe steht die Judikatur des BVerfG und der Verwaltungsgerichte im Fokus der Betrachtung. In vielen Entscheidungen spiegeln sich aktuelle versammlungsrechtliche Problemstellungen wider. Art. 8 GG erweist sich als ein äußerst lebendiges Grundrecht, welches auch im digitalen Zeitalter nichts an seiner urdemokratischen Attraktivität und politischen Wirkkraft eingebüßt hat.
There are several reasons why the question of the legal requirements for the killing of unneeded laboratory animals is currently being raised more frequently in research institutions. The starting point is the wording of the relevant regulations. In view of the public's increased awareness of animal experimentation, which is usually not based on expert knowledge, the lack of clarity in these regulations is leading to uncertainty in the handling of these regulations by the authorities, and in some cases even to the involvement of investigating authorities in order to clarify under criminal law whether and to what extent the legal requirements for the killing of laboratory animals have been observed in a specific case.
Im Rahmen des PSI-Projekts wurde eine Lehrveranstaltung konzipiert, die Lehramtsstudierenden einen vertieften Einblick sowohl in den Ablauf von Forschung als auch eine Bearbeitung einer eigenen experimentellen Forschungsaufgabe ermöglichen soll. Anlass waren die Berücksichtigung eines „Wissens über Erkenntnisgewinnung in der Disziplin“ im Modell des „Erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext“ (PSI) sowie Erkenntnisse empirischer Studien, die die Relevanz eigener Forschungserfahrung für das Unterrichten naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnungsprozesse zeigen. Hier stellen wir eine neue Lehrveranstaltung (4 SWS) vor, die den angehenden Lehrkräften Forschungserfahrung ermöglicht (Seminar und Praktikum). Die Lehrveranstaltung vermittelt Einblicke in Forschung und die „Natur der Naturwissenschaften“, ermöglicht das Durchführen eigener wissenschaftlicher und schulrelevanter Experimente und bietet eine angemessene Reflexion über die verschiedenen Kurselemente. Die Evaluationsergebnisse sind überwiegend positiv, zeigen aber auch, dass für die Studierenden die wahrgenommene Schulrelevanz und die fachdidaktischen Aspekte ein wichtiges Kriterium für die positive Bewertung sind.
Steuern und Abgaben auf Produkte oder Verbrauch mit gesellschaftlichen Folgekosten (externe Kosten) – sogenannte Pigou- oder Lenkungssteuern – sind ein gesellschaftliches „Win-Win-Instrument“. Sie verbessern die Wohlfahrt und schützen gleichzeitig die Umwelt und das Klima. Dies wird erreicht, indem umweltschädigende Aktivitäten einen Preis bekommen, der möglichst exakt der Höhe des Schadens entspricht. Eine konsequente Bepreisung der externen Kosten nach diesem Prinzip könnte in Deutschland erhebliche zusätzliche Einnahmen erbringen: Basierend auf bisherigen Studien zu externen Kosten wären zusätzliche Einnahmen in der Größenordnung von 348 bis 564 Milliarden Euro pro Jahr (44 bis 71 Prozent der gesamten Steuereinnahmen) möglich. Die Autoren warnen allerdings, dass die Bezifferung der externen Kosten mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist. Damit Lenkungssteuern und -abgaben ihre positiven Lenkungs- und Wohlstandseffekte voll entfalten können, seien zudem institutionelle Reformen notwendig.
Der Text analysiert den Gesetzesentwurf des Kriminalpolitischen Kreises zur Regelung des Notwehrexzesses und des Putativnotwehrexzesses, veröffentlicht unter Hoven/Mitsch in GA 2023, S. 241 ff., ausgehend vom aktuellen Diskussionsstand in Rechtsprechung und Literatur. Im Schwerpunkt widmet er sich dem Anwendungsbereich des Regelungsvorschlags, insbesondere der Reichweite des intensiven Notwehrexzesses, der Erfassung des extensiven Notwehrexzesses sowie den Voraussetzungen eines entschuldigenden Putativnotwehrexzesses. Er beruht auf einem Kommentar, den die Verfasserin im Juni 2023 auf dem Online-Workshop „Ein neues Konzept der Notwehr“ des kriminalpolitischen Kreises gehalten hat. Der Vortragsstil wurde beibehalten.
Hallo Zukunft!
(2022)
Gedruckte Elektronik ist nicht nur ein aufstrebendes Forschungsfeld, sie wird in naher Zukunft auch eine wesentliche Rolle in unserem Alltag spielen. Gedruckte, elektronische Bauteile können sehr dünn und flexibel sein und somit vielfältig eingesetzt werden. Für die Implementation in der (Hoch-)Schule haben die Autoren eine flexible, lichtemittierende Folie entwickelt, die mit einfachen Materialien und Methoden manuell gedruckt werden kann.
Im Rahmen der Lehrkräftebildung stellen hohe Selbstwirksamkeitserwartungen eine wichtige persönliche Ressource dar, um einem erhöhten Beanspruchungserleben entgegenzuwirken. Dabei gelten erfolgreiche eigene Erfahrungen im Unterrichten als Möglichkeit, die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen in der Lehrkräftebildung zu begünstigen. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen eines Schulnetzwerks ein Seminarkonzept entwickelt, um neben den obligatorischen Praktika während des Lehramtsstudiums weitere begleitete Unterrichtserfahrungen sammeln zu können. Dabei werden die Seminarkonzeption sowie der Ablauf der Kooperation im Kontext der Netzwerkarbeit dargestellt und erläutert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Seminarevaluation vorgestellt und ein Fazit aus dem Konzept des Schulnetzwerks bzw. der Seminarkonzeption gezogen und diskutiert.
Der vorliegende Beitrag stellt eine Lehrveranstaltungskooperation zur Verzahnung von Fachwissenschaften (Sprachwissenschaft) und Fachdidaktik im Lehramtsstudium Englisch an der Universität Potsdam vor. Die Kooperation besteht aus zwei Seminaren. Während andere Fächer (u. a. Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte) bereits in der ersten Phase des PSI-Projekts Erkenntnisse zur Erfassung des erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext (eFWsK) vorgelegt haben, widmet sich die Englischdidaktik der Strukturierung des Professionswissens im Fach erst seit wenigen Jahren. Der Versuch, das eFWsK-Modell auf das Fach Englisch zu übertragen, stellt die Disziplin aus diversen Gründen vor eine besondere Herausforderung. Am Beispiel zweier verzahnter Lehrveranstaltungen zur Entwicklung von Diagnosefähigkeiten angehender Lehrkräfte zur Beurteilung von Sprechleistungen wird erörtert, welches fachwissenschaftliche und fachdidaktische Wissen durch die Verzahnung der beiden Disziplinen erworben wird. Zugleich werden offene Fragen diskutiert, die sich aus der Kooperation mit Blick auf eine Systematisierung relevanter fachwissenschaftlicher Inhalte für das Lehramtsstudium ergeben. Im Ausblick wird erörtert, warum eine Systematisierung des fachlichen Professionswissens mittels einer Delphi-Studie im Fach Englisch sinnvoll erscheint.
In der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz befindet sich das Manuskript einer Rezension von Humboldts Kosmos (Band 1), das der Berliner Pädagoge Karl Friedrich von Klöden kurz nach dem Erscheinen des Buches für die „Vossische Zeitung“ verfasste. Manuskript und gedruckter Text werden in dem folgenden Artikel reproduziert. Ihr Vergleich bietet die seltene Gelegenheit, die Entstehung eines Dokumentes zu verfolgen, das als ein Beispiel für die Humboldt-Rezeption im 19. Jahrhundert gelten kann.
Dieser Beitrag geht der Frage nach Möglichkeiten einer systematischen Vernetzung von germanistischer Literaturwissenschaft und -didaktik in der Hochschullehre nach. Dazu sind im Rahmen eines Projekts insgesamt zwölf Seminarkooperationen durchgeführt worden, in denen jeweils ein fachwissenschaftliches mit einem fachdidaktischen Seminar kooperiert hat. Die Auswertung dieser Kooperationsseminare, die auf der Grundlage einer Auseinandersetzung mit in der Forschungsliteratur skizzierten bestehenden Problemlagen im Lehramts-Studium Deutsch und aktuellen vergleichbaren Projekten erfolgt, ist qualitativ-analytisch angelegt und erfolgt auf der Basis leitfadengestützter Interviews mit den betreffenden Dozentinnen und Dozenten. Diese ausführliche Reflexion der Kooperationsseminare zeigt zum einen Probleme der Kooperation zwischen Fachwissenschaft und -didaktik auf, zum anderen werden auf dieser Basis aber auch mögliche Gelingensbedingungen effektiver Kooperation(en) auf den Ebenen der Planung, Durchführung und Reflexion von Kooperationsseminaren eruiert. Die Befunde haben darüber hinaus auch Implikationen für die Studienordnung im Lehramt Deutsch und wurden bereits mit ersten Änderungen berücksichtigt.
Im Sommersemester 2022 wurde erstmalig die Lehrveranstaltung „Chemieunterricht für heterogene Lerngruppen“ angeboten. Diese Lehrveranstaltung ist im Rahmen von PSI-Potsdam im Schwerpunkt „Inklusion und Heterogenität“ entstanden. Die Lehrveranstaltung wurde synchron online durchgeführt. Die Studierenden erhielten viele Möglichkeiten zur Diskussion sowie zur selbstständigen Erstellung von Unterrichtsmaterialien. Zum erfolgreichen Abschluss des Moduls erstellten die Studierenden ein Portfolio zu einem selbst gewählten Thema. Die Lehrveranstaltung wurde von den Studierenden sehr gut bewertet.
Die Amerikanischen Reisetagebücher wurden von Alexander von Humboldt während seines gesamten Lebens genutzt, dabei annotiert, auseinandergenommen und in Teilen an andere Forscher weitergegeben. In seinem letzten Lebensjahrzehnt ließ er diese in jene neun ledernen Bände einbinden, die heute in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz überliefert sind. Eine der Leitthesen der bisherigen Forschung lautete, dass dabei ihre ursprüngliche Ordnung verlorenging bzw. dass sie in großer Unordnung neu gebunden
wurden. In dem Beitrag wird gezeigt, dass diese Leitthese nicht zutrifft. Vielmehr darf von einem weitgehenden Erhalt des ursprünglichen Zustands der Tagebuchbände ausgegangen werden, jenes Zustands, der in dem 1805 in Berlin angefertigten alphabetischen Register zu seinen Manuskripten (Index général) überliefert ist. Analysiert wurden neben dem Index selbst die Materialität der Bän-
de, besonders Paginierungssprünge und Schnittkanten. Zudem wurde die bestehende Foliierung kritisch hinterfragt.
Dieser Beitrag präsentiert die epistemischen Veränderungen, die von der Entdeckungsreise zur Forschungsreise führten, im Lichte jener Auseinandersetzungen, die als „Berliner Debatte um die Neue Welt“ berühmt wurden. Alexander von Humboldt bemerkte und beschrieb um die Wende zum 19. Jahrhundert eine fundamentale Epochenschwelle, die er im Vorwort zu seinen Vues des Cordillères et Monumens des Peuples Indigènes de l’Amérique als eine „glückliche Revolution“ bezeichnete. Diese Revolution schloss für Humboldt auch die Tatsache mit ein, die Aufklärung nicht als eine rein europäische, sondern als eine transatlantische und weltumspannende philosophische Bewegung zu verstehen.
Das Ganze erfassen
(2023)
Der Wissenschaftshistoriker Eberhard Knobloch beschäftigt sich seit rund zwanzig Jahren mit Leben und Werk Alexander von Humboldts. Er zeigt, dass Humboldts Wissenschaftstheorie vom Naturbild der pythagoreischen Schule inspiriert war, seine wissenschaftliche Methode hingegen dem Vorbild der Himmelsmechanik Laplaces folgte. Humboldt entwickelte aus diesen Quellen ein auf Zahlenverhältnisse und Mittelwerte gegründetes Erkenntnismodell, das wegweisend für die datenbasierten Bio- und Geowissenschaften wurde. Die wechselseitige Verbundenheit der verschiedenen Naturphänomene visualisierte Humboldt in seinem ‚Tableau physique des Andes‘. In mehreren Aufsätzen entschlüsselte Eberhard Knobloch auf anschauliche Weise diesen komplexen Blick ins Ganze der Natur.
Fünf Jahre Mindestlohn
(2020)
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 war nach der Agenda 2010 die bedeutendste Arbeitsmarktreform der letzten 20 Jahre. Durch das relativ hohe Eingriffsniveau – etwa 4 Millionen oder 11% aller Erwerbstätigen verdienten vor der Einführung weniger als die neue Bruttolohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde – und die nahezu umfassende Gültigkeit, waren Hoffnungen und Befürchtungen gleichermaßen groß und viele Fragen zu den Wirkungen offen. Heute, fünf Jahre nach der Einführung und basierend auf zahlreichen, breit angelegten Evaluationsstudien, ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. Die Löhne im unteren Bereich sind gestiegen, ohne dass es zu einem größeren Abbau an Beschäftigung gekommen ist. Gleichzeitig hat der Mindestlohn aber nicht die Zahl der Transferbezieher verringert. Auch das Armutsrisiko hat nicht abgenommen. Der Mindestlohn ist in vielerlei Hinsicht nicht existenzsichernd und wird auch nicht vollumfänglich durchgesetzt. Insofern wurde fünf Jahre nach der Einführung zwar einiges erreicht, wichtige Ziele aber auch verfehlt. Die Politik ist gefordert.
Einleitung
Mehr als ein Drittel der PatientInnen im berufsfähigen Alter in der kardiologischen Anschlussrehabilitation (AR) sind von besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL) betroffen. Die BBPL sind durch eine negative subjektive Erwerbsprognose (SE) determiniert, die wiederum auf eine deutlich reduzierte Wahrscheinlichkeit der beruflichen Wiedereingliederung hindeutet. Diese Studie hatte die Exploration von persönlich bestimmenden Faktoren der SE zum Ziel, um Impulse für die patientInnenzentrierte Betreuung in der AR ableiten zu können.
Methoden
Die monozentrische explorative qualitative Studie basierte auf leitfadengestützten Einzelinterviews mit PatientInnen der kardiologischen AR. Hierfür wurden 20 PatientInnen mit BBPL (Hauptstichprobe) und 5 ohne BBPL (Kontraststichprobe) in QIV/2021 eingeschlossen. Die Stichprobenauswahl erfolgte nach dem Prinzip des theoretischen Samplings mit sich überschneidender Rekrutierungs- und Auswertungsphase. Die Auswertung erfolgte mittels thematischer Analyse, wobei die Interviews sinngemäß auf Aussagen (Codes) reduziert und anschließend in Schlüsselthemen zusammengefasst wurden.
Ergebnisse
Insgesamt wurden sieben Schlüsselthemen generiert. Die ersten beiden umfassen (1) umwelt- und (2) personenbezogene Aspekte (z. B. (1): Personalsituation, Auswirkungen der Pandemie; (2) Selbstwahrnehmung, Arbeitsplatzeinflüsse). Die weiteren Themen schließen (4) krankheitsbezogene Vorerfahrungen (z. B. Erfahrungen mit Gesundheitssystem, familiäre Prädisposition) und (5) Zukunftsvorstellungen (z. B. Prioritätenänderung, Rauchentwöhnung) ein. Darüber hinaus wurden drei spezifische Themen identifiziert: (5) die Gesundheitswahrnehmung einschließlich der empfundenen Belastbarkeit, (6) die Veränderbarkeit der Arbeitsbedingungen und (7) die Angst, wieder zu erkranken. Alle befragten RehabilitandInnen planten die Rückkehr in die Berufstätigkeit sowie umfassende Veränderungen des Gesundheitsverhaltens im Privatleben und am Arbeitsplatz.
Schlussfolgerung
Im Zusammenhang mit der BBPL wurden psychosoziale Aspekte deutlich häufiger thematisiert als medizinische. Auffallend war zudem, dass alle befragten RehabilitandInnen den beruflichen Wiedereinstieg planten, auch bei negativer SE. Diese wurde durch Faktoren bestimmt, die als Folge einer Neubewertung der persönlichen Prioritäten nach stattgehabten Akutereignis zu betrachten sind. Zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung sowie zur Förderung der Teilhabe einschließlich des Wiedereinstiegs in das Berufsleben scheint die interprofessionelle Erarbeitung eines individuell-differenzierten Handlungsplans mit Nachsorgeoptionen in der kardiologischen AR für die betroffenen PatientInnen sinnvoll.
Hintergrund
Steigende Adipositasprävalenzen im Kindes- und Jugendalter sind geprägt von ungesunden Lebensweisen wie geringer Bewegung durch hohen Medienkonsum. Neueste Studien nutzen die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe durch digitale Medien, womit Technologien neue Ansätze in der Interventionsgestaltung der Gewichtsreduktion darstellen. Allerdings stellt sich die Frage, welche digitalen Kombinationen und methodischen Programmkonzepte effektive Body-Mass-Index(BMI)-Veränderungen bedingen.
Ziel
Um Erkenntnisse über effektive Maßnahmengestaltung und Medieneinsatz zu gewinnen, sollen digitale Interventionsstrategien zur BMI-Reduktion übergewichtiger Kinder und Jugendlicher analysiert und bewertet werden.
Methoden
Ein systematischer Review wurde in den Datenbanken Medline via PubMed, Science Direct und Web of Science zur Analyse von Studien aus den Jahren 2016 bis 2021 über Veränderungen im BMI und BMI-Z-Score von übergewichtigen und adipösen 6‑ bis 18-Jährigen durchgeführt. Die methodische Studienqualität wurde nach den Richtlinien des Cochrane Risk of Bias bewertet.
Ergebnisse
Aus 3974 Studien wurden 7 Artikel identifiziert, die den Einsatz von Fitnessarmbändern, Smartphones und computerbasierten Programmen beschreiben. Alle Medien erzielten BMI-Reduktionen, wobei Smartphoneinterventionen via Anrufe und Nachrichten die signifikantesten Veränderungen bewirkten.
Diskussion
Smartphones bieten als Anbieter digitaler Programme (z. B. Apps) effektive Ansatzpunkte zur Adipositasreduktion. Auf Basis der Datenlage bestätigt sich neben der Auswahl und der Kombination mehrerer Medien die Relevanz des Familieneinbezugs und die methodische Fundierung der Maßnahmen. Aufgrund des jungen Alters der Teilnehmenden müssen mediale Interventionen zielgruppengerecht zugänglich gemacht werden.
Das Konstrukt des erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext, welches in der ersten Förderphase von PSI-Potsdam entwickelt wurde, diente als Grundlage für die Entwicklung von Aufgaben, Lehrformate sowie einem Laborpraktikum im Bereich organischer Chemie. Eine Delphi-Studie wurde zur Validierung der Anwendung des Konstruktes auf die organische Chemie durchgeführt. Alle Aufgaben und Lehrformate wurden in Mixed-Methods-Studien evaluiert. Es zeigte sich, dass die Studierenden sowohl die Aufgaben als auch die Lehrformate und das Praktikum als relevant für ihren späteren Beruf als Chemielehrkräfte bewerteten.
Das Mathematik-Teilprojekt SPIES-M zielt auf eine stärkere Professionsorientierung und die Verknüpfung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik in der universitären Lehrkräftebildung. Zu allen großen Inhaltsgebieten der Mathematik wurden neue Lehrveranstaltungen konzipiert und in den Studienordnungen sämtlicher Lehrämter Mathematik an der Universität Potsdam implementiert. Für die Konzeption wurden theoriebasiert Gestaltungsprinzipien herausgearbeitet, die sowohl für das Design als auch für die Evaluation und Weiterentwicklung der Lehrveranstaltungen nach dem Design-Research-Ansatz genutzt werden können. Die Umsetzung der Gestaltungsprinzipien wird am Beispiel der Fundamentalen Idee der Proportionalität verdeutlicht und dabei aufgezeigt, wie Studierende dazu befähigt werden können, fachdidaktisches Wissen aus fachmathematischen Inhalten zu generieren. Die Entwicklung des Professionswissens der Studierenden wird mithilfe unterschiedlicher Instrumente untersucht, um Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der neu konzipierten Lehrveranstaltungen zu ziehen. Für die Untersuchungen im Mixed-Methods-Design werden neben Beobachtungen in Lehrveranstaltungen eigens konzipierte Wissenstests, Gruppeninterviews, Unterrichtsentwürfe aus Praxisphasen und Lerntagebücher genutzt. Die Studierendenperspektive wird durch Befragungen zur wahrgenommenen (Berufs-)Relevanz der Lehrveranstaltungen erhoben. Weiteres wesentliches Element der Begleitforschung ist die kollegiale Supervision durch sogenannte „Spies“ (Spione), die die Veranstaltungen kriteriengeleitet beobachten und anschließend gemeinsam mit den Dozierenden reflektieren. Die bisherigen Ergebnisse werden hier präsentiert und hinsichtlich ihrer Implikationen diskutiert. Die im Projekt entwickelten Gestaltungsprinzipien als Werkzeug für Design und Evaluation sowie das Spies-Konzept der kollegialen Supervision werden für die Qualitätsentwicklung von Lehrveranstaltungen zum Transfer vorgeschlagen.
Die vorliegende Research Note stellt die erste systematische Dokumentation der Gesetzgebung in den deutschen Landtagen vor. Der Datensatz umfasst insgesamt 16.610 dokumentierte Gesetzgebungsvorgänge zwischen den Jahren 1990 und 2020. Nach einer Beschreibung des Datensatzes werden einige Gesetzgebungsmuster in den deutschen Ländern exemplarisch dargestellt. Die Landesgesetzgebung erweist sich dabei als stark durch den neuen Dualismus zwischen Regierung und Opposition geprägt. Im Initiativverhalten lassen sich zudem die Anreize des thematischen Parteienwettbewerbs ablesen. Wenig Evidenz findet sich für die These, dass innerkoalitionäre Gegensätze die Dauer der Gesetzgebungsverfahren in die Länge ziehen. Der mit dieser Research Note veröffentlichte Datensatz steht der Forschung für die Untersuchung zahlreicher weiterer Fragestellungen zur Verfügung.
Die Verhandlung biografischer Inhalte im Comic wird immer beliebter und sorgt für wachsende Aufmerksamkeit des Feuilletons für das Medium. Im Beitrag wird skizziert, wie welche Persönlichkeiten in Wort und Bild portraitiert werden; zudem werden Unterkategorien der Comic-Biografie herausgearbeitet. Die Sichtung einer Vielzahl aktueller Comics ermöglicht es, erste Antworten auf zwei einander ergänzende Fragen zu finden: Inwiefern profitiert der Comic von der Biografie; und inwiefern profitiert die Biografie vom Comic?
Lesemotivation ist von Bedeutung für Leseleistung und ist interindividuell unterschiedlich ausgeprägt. Jedoch ist bislang wenig bekannt über Veränderungen unterschiedlicher Lesemotivationsmuster und die Bedeutung des Geschlechts, der Leseleistung und der Unterrichtsgestaltung für solche Veränderungen. Mittels dieser Erkenntnisse könnten adaptive Lernangebote ausgeweitet werden. Die vorliegende Längsschnittstudie greift diese Frage auf und untersucht basierend auf Daten von N = 1313 Lernenden (50,0 % Mädchen) in der 5. und 6. Jahrgangsstufe, wie sich Wertüberzeugungen und Leseselbstkonzept interindividuell unterschiedlich verändern. Latente Profilanalysen verweisen auf drei motivationale Muster zu beiden Zeitpunkten: ‚Geringer intrinsischer Wert‘, ‚Moderate Lesemotivation‘ und ‚Hohe Lesemotivation‘. Hohe Lehrkraftunterstützung trägt dazu bei, dass Lernende im Verlauf des fünften Schuljahres in das Profil ‚Hohe Lesemotivation‘ statt in das Motivationsprofil ‚Geringer intrinsischer Wert‘ wechseln. Mädchen und Lernende mit hoher Leseleistung wechseln eher in das Profil ‚Hohe Lesemotivation‘ statt in das Profil ‚Moderate Lesemotivation‘. Implikationen für Unterricht werden diskutiert.
Der Beitrag befasst sich mit kartellrechtlichen Herausforderungen im Sportbetrieb und soll aufzeigen, welche kartellrechtlichen Kernvorgaben Akteure (FN * ) im Sportsektor bei der Ausgestaltung ihrer Compliance-Programme beachten sollten. Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Profisports führt immer häufiger zu Entscheidungen durch Kartellbehörden und Gerichte. Hier zeigt sich, dass Sportclubs und Sportverbände in Europa zwar durchaus eine besondere Rolle einnehmen, allerdings mitnichten von den Vorgaben des Unionskartellrechts befreit sind.