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Die Migration von etwa einer halben Million Menschen aus westlichen Ländern in die DDR ist wenig erforscht. Dies gilt auch für das Gebiet der Literatur. Was so unterschiedliche Autoren wie Anna Seghers, Arnolt Bronnen, Heinar Kipphardt, Adolf Endler, Wolf Biermann, Gisela Kraft oder Ronald M. Schernikau verbindet, ist, sich einmal für ein Leben in der DDR entschieden zu haben. Einige von ihnen fanden in der sozialistischen Wahlheimat ihre Themen und ihr Publikum: häufig in zunehmender Distanz zur Kulturpolitik, mitunter auch in großer Nähe. Andere kehrten dem Land nach wenigen Jahren enttäuscht oder verbittert wieder den Rücken oder wurden hinausgedrängt. Die Beiträge beschäftigen sich mit den Motiven, Umständen, biographischen Konsequenzen, Selbstdeutungen und literarischen Resultaten der Übersiedlung in die SBZ bzw. in die DDR zwischen 1945 und 1989.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit einem Gedicht Heiner Müllers, das dieser in unmittelbarer Reaktion auf den Zusammenbruch des osteuropäischen Sozialismus verfasste. Da dieses Gedicht in mehreren Etappen geschrieben und publiziert wurde, gibt es Einblicke in die von Umbruch und Verwerfungen gekennzeichnete Entstehungssituation, die der Beitrag erläutern will.
Es kann gleichermaßen als eine vorläufige Lebensbilanz des Autors gelesen werden, wo sich selbstkritische Äußerungen zu den Irrtümern mit denen einer geschichtlichen Epoche kreuzen. Da die eingenommene Haltung zu diesem komplexen Veränderungsprozess und die Bewertung dieser Wende durch den Autor auch wiederum einer Selbstkritik unterworfen wurde, versucht der Beitrag, einen Einblick in die geschichtsphilosophische und ästhetische Werkstatt des Autors Heiner Müller zu geben.
Der Beitrag geht mit den Texten des Autors Bernd Wagner auf eine Reise, die sowohl unterschiedliche Raeume wie unterschiedliche Zeiten betrifft. Insbesondere die Zeitmauer von Berlin (Ost) nach Berlin (West), die in Wagners Leben einen tiefen Einschnitt hinterliess, zeigt die Dialektik von Diskontinuitaet und Kontinuitaet im Denken und Schreiben Bernd Wagners. Bereits fuer den DDR-Autor Wagner waren Zeitreisen als "Reisen im Kopf" (so auch der Titel seines letzten Bandes in der offiziellen DDR-Literatur) ein schier unerschoepfliches Thema unangepassten Erzaehlens. Es entstanden durch die Erzaehlung Freiraeume, die von der Phantasie erschlossen wurden und die sich ueber die Mauern und Grenzen des tatsaechlichen Lebens hinwegsetzten. Mit der "Wut im Koffer" zeigt der Reisende Wagner auch nach dem Mauerfall, dass sein Reisegepaeck immer griffbereit ist. Ob es ihn nach Chihuahua oder Bali verschlaegt - er bleibt neugierig den eigenen Wegen auf der Spur.
Christoph Heins Lektüren
(2001)
Der Aufsatz beschäftigt sich mit dem Genre des Geschichtsdramas und verweist auf das Problem des Dramas wie auf das der Geschichte im Verlaufe der DDR-Entwicklung und danach. Untersucht werden die Abweichung und Aufloesungserscheinungen des aristotelischen Dramas unter den Bedingung einer geschwundenen Geschichtsutopie.