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Der vorliegende Beitrag informiert über 14 deutschsprachige Programme zur Prävention und Intervention bei Hatespeech unter Kindern und Jugendlichen (Jahrgangsstufen 5–12). Inhalte und Durchführungsmodalitäten der Programme sowie Ergebnisse einer kriteriengeleiteten Qualitätseinschätzung anhand von fünf Kriterien werden im Hinblick auf deren Anwendung in der schulischen Praxis beschrieben und erörtert. Der Überblick über Schwerpunkte, Stärken und Entwicklungspotentiale schulbezogener Hatespeech-Programme ermöglicht Leser*innen eine informierte Entscheidung über den Einsatz der Programme in der Schule sowie in der offenen Kinder- und Jugendarbeit.
Der vorliegende Beitrag informiert über 14 deutschsprachige Programme zur Prävention und Intervention bei Hatespeech unter Kindern und Jugendlichen (Jahrgangsstufen 5–12). Inhalte und Durchführungsmodalitäten der Programme sowie Ergebnisse einer kriteriengeleiteten Qualitätseinschätzung anhand von fünf Kriterien werden im Hinblick auf deren Anwendung in der schulischen Praxis beschrieben und erörtert. Der Überblick über Schwerpunkte, Stärken und Entwicklungspotentiale schulbezogener Hatespeech-Programme ermöglicht Leser*innen eine informierte Entscheidung über den Einsatz der Programme in der Schule sowie in der offenen Kinder- und Jugendarbeit.
Krankheitsängste in verschiedenen Populationen und die Effektivität ambulanter Verhaltenstheraphie
(2023)
Wer ist leistungsstark?
(2022)
Leistungsstarke Kinder und Jugendliche sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Bildungspolitik und der Bildungsforschung gerückt. Allerdings gibt es in der Forschung bislang kein geteiltes Verständnis darüber, was genau unter akademischer Leistungsstärke zu verstehen ist.
Die vorliegende Arbeit gibt einen systematischen Überblick darüber, wie Forschende, die seit dem Jahr 2000 die Gruppe der leistungsstarken Schülerinnen und Schüler erforschten, Leistungsstärke in ihren Studien operationalisiert haben.
Dabei wurde insbesondere untersucht, welche Leistungsindikatoren genutzt wurden, ob ein spezifischer Fachbezug hergestellt wurde und welche Cut-off-Werte und Vergleichsmaßstäbe angelegt wurden. Die systematische Datenbanksuche lieferte insgesamt N = 309 Artikel, von denen n = 55 die Einschlusskriterien erfüllten.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine große Vielfalt in der Operationalisierung von Leistungsstärke vorliegt. Die meistgenutzten Leistungsindikatoren waren Noten und Testwerte, wobei fächerübergreifende und fachspezifische Definitionen beide häufig waren. Die Cut-off-Werte der Studien waren zum Teil schwierig vergleichbar, aber dort, wo ein Populationsbezug hergestellt werden konnte, lag der Median des Populationsanteils Leistungsstarker bei 10 Prozent.
Die Studie diskutiert methodische und inhaltliche Rahmenbedingungen, welche sich auf die Operationalisierung von Leistungsstärke und ihre Vergleichbarkeit über Studien hinweg auswirken.
Die vorliegende Arbeit schließt mit Empfehlungen zur Operationalisierung von Leistungsstärke.
Die vorliegende Studie untersucht die Zusammenhänge zwischen integrativem Schulleitungshandeln, das transformationale und instruktionale Komponenten enthält, und der Nutzungshäufigkeit verschiedener Datenquellen durch Lehrkräfte. Die Ergebnisse eines Strukturgleichungsmodells zeigen, dass integrative Führung direkte und indirekte Zusammenhänge mit der Nutzung verschiedener Datenquellen aufweist. Die Effekte scheinen vorwiegend durch die Kooperationsaktivität der Lehrkräfte vermittelt zu sein.
Wie bewerten begabte und leistungsstarke Jugendliche in separaten Spezialklassen ihren Unterricht?
(2022)
Leistungsstarke und besonders begabte Schüler*innen werden im Unterricht oft nicht genügend gefordert. In speziellen Klassen für besonders Leistungsstarke und Begabte kann der Unterricht stärker auf die Lernmöglichkeiten dieser Gruppe zugeschnitten werden. Spezialklassen gelten insgesamt als leistungsförderlich, Studien zur Unterrichtsqualität sind bisher jedoch rar. In dieser Studie wird untersucht, wie Schüler*innen der Leistungs- und Begabungsklassen (LuBK) im Land Brandenburg die Qualität ihres Unterrichts in Deutsch und Mathematik im Vergleich zu Schüler*innen von Regelklassen einschätzen. Die Datenbasis bilden N = 3371 Schüler*innen der 8. und 10. Jahrgangsstufe aus 33 Schulen. Mittels Fragebögen wurden Merkmale der Unterrichtsqualität nach dem QuAIT-Modell erfragt; die Datenanalyse erfolgte mit regressionsanalytischen Mehrebenenmodellen. Die Schüler*innen der LuBK bewerten die Qualität ihres Unterrichts überwiegend positiver als die Schüler*innen der Regelklassen, Defizite zeigen sich jedoch in beiden Klassentypen bei den Qualitätsmerkmalen der inneren Differenzierung und der Mitsprache bei Unterrichtsthemen.
Der Kooperation von Lehrkräften wird für die Bewältigung der komplexen Anforderungen des Schulalltags großes Potenzial zugeschrieben. Dennoch ist Kooperation in vielen Lehrkräftekollegien nicht selbstverständlich. Auf Basis einer Befragung von N = 489 Grundschullehrkräften untersucht dieser Beitrag in einem querschnittlichen Design die kollegiale Kooperation in Schulen in Deutschland. Mit einer Regression wurde unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten geprüft, in welchem Ausmaß personale, kompetenzbezogene und institutionelle Merkmale die Umsetzung verschiedener Kooperationsformen wahrscheinlicher machen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kooperationsform „Austausch“ in der Arbeit der Lehrkräfte ausgeprägt wahrgenommen wurde, die Kooperationsform „Kokonstruktion“ weniger. Zudem zeigen sich Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in den begünstigenden Faktoren. Während sich für beide Kooperationsformen die Wahrnehmung kollektiver Selbstwirksamkeit und das Zusammenspiel zwischen organisatorischen und räumlichen Rahmenbedingungen als prädiktiv erwiesen, spielte der Enthusiasmus lediglich für den Austausch und die Unterrichtserfahrung nur für die Kokonstruktion eine Rolle.
Das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) verantwortet im Projekt „PSI-Potsdam“ die Unterstützung der Qualifizierung in der Medienbildung/Digitalisierung der Lehrkräftebildung an der Universität Potsdam. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag zunächst auf der mediendidaktischen Qualifizierung und wurde ab der zweiten Förderphase des Programms 2018 mit Akzentuierung auf Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung für das Lehren und Lernen in der Lehrkräftebildung fortgeführt. In diesem Beitrag werden die Entwicklungen und Beiträge in Bezug auf die digitale Medienbildung und Digitalisierung an der Universität Potsdam für die Lehrkräftebildung dargestellt. Weiterführend werden Perspektiven aufgezeigt, wie zukünftig digitale Medienbildung in der universitären Lehrkräftebildung verankert werden kann.
Im Rahmen der Lehrkräftebildung stellen hohe Selbstwirksamkeitserwartungen eine wichtige persönliche Ressource dar, um einem erhöhten Beanspruchungserleben entgegenzuwirken. Dabei gelten erfolgreiche eigene Erfahrungen im Unterrichten als Möglichkeit, die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen in der Lehrkräftebildung zu begünstigen. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen eines Schulnetzwerks ein Seminarkonzept entwickelt, um neben den obligatorischen Praktika während des Lehramtsstudiums weitere begleitete Unterrichtserfahrungen sammeln zu können. Dabei werden die Seminarkonzeption sowie der Ablauf der Kooperation im Kontext der Netzwerkarbeit dargestellt und erläutert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Seminarevaluation vorgestellt und ein Fazit aus dem Konzept des Schulnetzwerks bzw. der Seminarkonzeption gezogen und diskutiert.
Lesemotivation ist von Bedeutung für Leseleistung und ist interindividuell unterschiedlich ausgeprägt. Jedoch ist bislang wenig bekannt über Veränderungen unterschiedlicher Lesemotivationsmuster und die Bedeutung des Geschlechts, der Leseleistung und der Unterrichtsgestaltung für solche Veränderungen. Mittels dieser Erkenntnisse könnten adaptive Lernangebote ausgeweitet werden. Die vorliegende Längsschnittstudie greift diese Frage auf und untersucht basierend auf Daten von N = 1313 Lernenden (50,0 % Mädchen) in der 5. und 6. Jahrgangsstufe, wie sich Wertüberzeugungen und Leseselbstkonzept interindividuell unterschiedlich verändern. Latente Profilanalysen verweisen auf drei motivationale Muster zu beiden Zeitpunkten: ‚Geringer intrinsischer Wert‘, ‚Moderate Lesemotivation‘ und ‚Hohe Lesemotivation‘. Hohe Lehrkraftunterstützung trägt dazu bei, dass Lernende im Verlauf des fünften Schuljahres in das Profil ‚Hohe Lesemotivation‘ statt in das Motivationsprofil ‚Geringer intrinsischer Wert‘ wechseln. Mädchen und Lernende mit hoher Leseleistung wechseln eher in das Profil ‚Hohe Lesemotivation‘ statt in das Profil ‚Moderate Lesemotivation‘. Implikationen für Unterricht werden diskutiert.
Studien zu langen Praxisphasen konnten aufzeigen, dass das Kompetenzerleben der Studierenden von Beginn bis zum Ende der Praxisphase zunahm. Auf Basis einer langfristig angelegten Evaluationsstudie zu allen bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Praktika im Verlauf des Ba-/Ma-Lehramtsstudiums wurde auch das selbst eingeschätzte Kompetenzerleben Studierender im Schulpraktikum (Praxissemester) analysiert. Die empirische Befundlage deutet darauf hin, dass die Ausprägung des Kompetenzerlebens hinsichtlich SuSorientiertem Handeln, Unterrichtlichem Handeln und Wertvermittelndem Handeln über den Praktikumszeitraum zunimmt. Innovierend-kooperatives Handeln zeigt keine signifikante Entwicklung. Spezielle Einflüsse konnten vor allem durch das wahrgenommene Kompetenzerleben zu Beginn des Schulpraktikums, aber auch durch die jeweilige Nachbereitung der Fachdidaktik und der Bildungswissenschaften ermittelt werden. Die Befunde werden mit Blick auf die bisherige Forschungslage und die Stichprobe der Untersuchung kritisch diskutiert.
Von 2016 bis 2022 wurden im Rahmen des PSI-Projekts „Kompetenzerwerb in Schulpraktischen Studien – Spiralcurriculum“ N = 578 Lehramtsstudierende durch alle fünf Schulpraktischen Studien begleitet und mittels Online-Erhebung zu ihrem Kompetenzerleben in den Praxisphasen befragt. In retrospektiver Perspektive wurde der nachhaltige Einfluss der drei Bachelorpraktika auf das Kompetenzerleben der Masterstudierenden am Beginn ihres Schulpraktikums (Praxissemesters) untersucht, um konzeptionelle Schwerpunkte und intendierte Kompetenzziele des jeweiligen Praktikums im zugrundeliegenden Spiralcurriculum zu überprüfen. Die quantitativen Befunde verweisen auf die Wirkung aller drei Bachelor-Praxisphasen, wobei die Einschätzungen zum außerunterrichtlichen Praktikum in pädagogisch-psychologischen Handlungsfeldern (PppH) – hier die Skala „Erziehen“ – das Kompetenzerleben der Studierenden am stärksten aufklärt. Die qualitative Auswertung bekräftigt den Stellenwert der mit dem PppH verbundenen Handlungsfelder.
Auffälliges Verhalten von Kindern und Jugendlichen im schulischen Alltag zeugt oftmals von den schwierigen Lebenssituationen, in denen sie aufwachsen. Für Lehr- und pädagogische Fachkräfte stellt der Umgang mit den daraus resultierenden Konflikten die größte Herausforderung dar. In diesem Buch werden Ansätze und Lösungen für das Verstehen und Handeln in schwierigen pädagogischen Situationen in der Schule vorgestellt. Außerdem bietet ein inklusiver Förderansatz Impulse für die Schulentwicklung zur Prävention auffälligen Verhaltens.
er vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Publikationen, die in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (ZfE) in den Jahren 1998–2017 veröffentlicht wurden. Angesichts der Veränderungen in der erziehungswissenschaftlichen Forschungslandschaft in der jüngeren Vergangenheit untersuchen wir, inwiefern sich eine veränderte Schwerpunktsetzung auch in den Beiträgen der ZfE nachweisen lassen. Dazu führen wir zunächst eine quantitative Textanalyse durch und identifizieren die häufigsten sowie die charakteristischen Bigramme (Zweiwortsequenzen) in vier aufeinanderfolgenden Fünfjahres-Abschnitten (1998–2002, 2003–2007, 2008–2012, 2013–2017). Zudem prüfen wir, inwiefern bestimmte Wortstämme (bspw. „erziehungswissenschaft“, „bildungsforsch“, „didakt“) über die Jahre hinweg häufiger auftreten. Schließlich erstellen wir mit dem Textmining Tool Leximancer™ concept maps, die Hinweise auf die semantische Struktur der Themengebiete und Schlüsselkonzepte geben. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass im gesamten Zeitraum mehrheitlich Beiträge mit empirischem Fokus publiziert wurden, ein inhaltlicher Fokus auf sozialen Aspekten von Bildung lag und die Beschäftigung mit der allgemeinen Erziehungswissenschaft abnahm.
Befragungen von Expert*innen durch Schüler*innen sind eine im Unterricht und in den Methodenhandbüchern der allgemeinen Didaktik sowie insbesondere in der Politischen Bildung etablierte Praxis. Bei dieser Methode gelingt es jedoch nicht immer, die Schüler*innen abzuholen und im gewünschten Maße zu aktivieren. Aus der wissenschaftlichen Literatur und den gängigen Methodenhandbüchern geht hervor, dass Kommunikation zwischen Lehrkraft und Expert*in in der Vorbereitung der Befragung der entscheidende Ansatz sein kann, um die be-stehenden Probleme zu lösen. Dabei sind die konkreten Kommunikationsvorschläge in der Literatur wage und/oder widersprüchlich zueinander. Deswegen wird in dieser Arbeit untersucht, wie die Kommunikation zwischen Lehrkraft und Expert*in in Vorbereitung der Expert*innenbefragung gelingen kann.
Es werden sieben leitfadengestützte Interviews mit einer Dauer von 25 bis 60 Minuten mit Akteur*innen, die am Landtag Brandenburg mehrfach an der Durchführung von Expert*innenbefragungen beteiligt waren, geführt und mit einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei wird zum ersten Mal die Perspektive von Expert*innen auf die Unterrichtsmethode erfasst. Die Analyse ergab, dass Kommunikation in der Vorbereitung auf schulische Expert*innenbefragungen positive Auswirkungen auf die Qualität des Lernangebots für die Schüler*innen und die Bereitschaft der Expert*innen zur Teilnahme haben kann. Dazu muss sie auf Augenhöhe stattfinden, zielorientiert, bewältigbar und zuverlässig sein. Für die Zielorientierung wird in dieser Arbeit eine eigene Definition schulischer Expert*innenbefragungen vorgeschlagen, die als Überbegriff von fünf zieldifferenten Unterrichtsmethoden fungiert. Dabei wird ein konkreter Vorschlag für den Kommunikationsprozess in mit personellen Ressourcen ausgestatteten Kontexten wie dem Landtag Brandenburg sowie für den direkten Kontakt entwickelt. Außer-dem wird gezeigt, dass eine auf solche Art gelungene Kommunikation andere Inhalte transportiert als die bisher in der didaktischen Literatur empfohlenen.
In der Schule sollen alle Kinder und Jugendliche die Kompetenzen erwerben, die sie benötigen, um selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Dabei ist es notwendig im Unterricht auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler:innen zu reagieren, damit sie optimal beim Lernen unterstützt werden können. Häufig wird in diesem Zusammenhang vom „individualisierten Unterricht“ gesprochen, der sich dadurch auszeichnen, dass das Lernangebot bestmöglich an die einzelnen Schüler:innen angepasst wird. Eine Individualisierung des Unterrichts kann jedoch bedeuten, dass die Schüler:innen nur noch an ihren eigenen Aufgaben arbeiten, ohne sich miteinander auszutauschen. Von einigen Autor:innen wurde daher die Befürchtung geäußert, dass die Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung im Unterricht führt und die Lerngruppe als Gemeinschaft kaum noch eine Rolle spielt.
Schule soll neben fachlichen Kompetenzen jedoch auch soziale Werte und Normen vermitteln, die zu einer gesellschaftlichen Integration beitragen und Demokratie fördern. Dabei wird als zentrale Aufgabe von Schule die Vorbereitung der Kinder und Jugendliche auf ein Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft gesehen. So sollen sie lernen gemeinsame Lösungen, Solidarität und Verantwortungsübernahme über Differenzen hinweg zu entwickeln. Dies kann gelingen, indem eine Gemeinschaft im Unterricht geschaffen wird, in der alle Schüler:innen sich zugehörig und wertgeschätzt fühlen, voneinander lernen und gleichzeitig gefordert werden in Aushandlungsprozesse miteinander einzutreten.
Eine individualisierte Unterrichtsgestaltung und das Erleben einer Gemeinschaft wird von manchen Autor:innen als Spannungsfeld im Unterricht beschrieben. Es gibt jedoch bisher kaum empirische Forschungsarbeiten die den Forschungsgegenstand „Gemeinschaft im individualisierten Unterricht“ genauer betrachtet haben. Die vorliegende Studie setzt hier an und geht folgenden Fragestellungen nach: 1. „Was wird von Lehrkräften unter einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht verstanden?“, 2. „Wie wird eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht von Lehrkräften gestaltet?“, 3. „Inwiefern kann Gemeinschaft im individualisierten Unterricht über das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen erfasst werden?“ 4. „Lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen und der Individualisierung des Unterrichts feststellen?“ und 5. „Lässt sich im individualisierten Unterricht ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl und der sozialen Eingebundenheit der Schüler:innen feststellen?“.
Den Forschungsfragen wurde anhand von drei Teilstudien nachgegangen, die in einem Mixed Methods Design parallel zueinander durchgeführt und abschließend aufeinander bezogen wurden. Alle drei Studien bezogen sich auf Datenquellen aus dem Ada*Q-Projekt („Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“), bei dem neun Grundschulen, die den Deutschen Schulpreis gewonnen haben, anhand verschiedener Datenerhebungen untersucht wurden. Insgesamt wurden in der vorliegenden Studie Daten von 32 Lehrkräften und 542 Schüler:innen aus 49 Lerngruppen herangezogen. Teilstudie 1 nahm die Verständnisse und die Gestaltung von Gemeinschaft (Forschungsfrage 1 und 2) anhand von Interviews mit Lehrkräften in den Blick. In Teilstudie 2 wurde eine Fragebogenskala für Schüler:innen zur Erfassung des Gemeinschaftsgefühls entwickelt (Forschungsfrage 3) und Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität überprüft (Forschungsfrage 4). In Teilstudie 3 wurden Schüler:innen anhand der Experience-Sampling-Methode mehrfach im Unterricht zu ihrer sozialen Eingebundenheit befragt und ebenfalls Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität sowie mit dem Gemeinschaftsgefühl überprüft (Forschungsfrage 5).
In Teilstudie 1 zeigte sich mit Blick auf die Forschungsfrage 1, dass die Lehrkräfte unterschiedliche Verständnisse von Gemeinschaft hatten, die auf unterschiedliche Aspekte von Gemeinschaft fokussierten und sich ergänzten. Dabei spielte das Spannungsfeld zwischen Individualität, Heterogenität und Gemeinschaft für alle Lehrkräfte eine Rolle. In Rahmen der Forschungsfrage 2 konnten außerdem verschiedene Handlungen und Praktiken identifiziert werden, wie Lehrkräfte eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht gestalteten und dabei individualisiertes mit gemeinschaftlichem Lernen produktiv miteinander verbanden. Dabei wurde eine Gemeinschaft im Unterricht von den Lehrkräften als zentral für das soziale Lernen der Schüler:innen beschrieben. So verstanden sie den gemeinsamen Unterricht in heterogenen Lerngruppen als Vorbereitung für das Leben und Arbeiten in einer pluralen Gesellschaft.
Teilstudie 2 konnte zeigen, dass die Fragebogenskala zum Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen gute Reliabilität und Validität aufwies und damit geeignet für weitere Untersuchungen war. Im Anschluss daran zeigten sich Zusammenhänge des Gemeinschaftsgefühls mit der Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Klassenführung und konstruktive Unterstützung). Insbesondere konstruktive Unterstützung (durch die Lehrkraft) hing stark mit dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zusammen. Dieser Zusammenhang war geringer in besonders leistungsheterogenen Lerngruppen (hier erfasst über die Jahrgangsmischung). So war das Gemeinschaftsgefühl dort weniger abhängig von der Beziehungsqualität zur Lehrkraft. In weiteren Untersuchungen konnte außerdem kein Zusammenhang mit Merkmalen einer individualisierten Unterrichtsgestaltung gefunden werden, was die Befürchtung nicht bestärkte, dass eine Individualisierung des Unterrichts und eine Gemeinschaft im Unterricht sich gegenseitig ausschließen.
In Teilstudie 3 zeigte sich, dass die soziale Eingebundenheit der Schüler:innen von Situation zu Situation und von Schüler:in zu Schüler:in stark variierte. Die durchschnittlich empfundene soziale Eingebundenheit der Schüler:innen und auch das Ausmaß der Variation der sozialen Eingebundenheit hingen dabei eng mit dem Gemeinschaftsgefühl zusammen. Dieser Befund blieb auch unter Einbezug der Unterrichtsqualität bestehen, die keinen eigenen Einfluss auf die soziale Eingebundenheit zeigte. Außerdem ließen sich positive Zusammenhänge zwischen sozialer Eingebundenheit und Merkmalen der individualisierten Unterrichtsgestaltung finden. So fühlten sich Schüler:innen stärker sozial eingebunden, wenn die Aufgaben stärker differenziert waren und sie mehr Autonomie bei der Bearbeitung der Aufgaben hatten.
Zusammengefasst weisen die Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass Gemeinschaft im individualisierten Unterricht sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schüler:innen eine wichtige Rolle spielt. So sprechen die Lehrkräfte einer Gemeinschaft wichtige Funktionen in ihrem Unterricht zu und kümmern sich aktiv darum eine Gemeinschaft zu gestalten. Das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zeigte positive Zusammenhänge mit relevanten Aspekten der Unterrichtsqualität und mit sozialer Eingebundenheit. Die Befürchtung, dass eine Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung der Schüler:innen führt, konnte nicht bestätigt werden. Vielmehr scheinen Individualisierung und Gemeinschaft sich gegenseitig, als zwei Komplementäre beim Umgang mit Heterogenität zu unterstützen.
Die Herausforderung, produktiv mit Heterogenität umzugehen, wird sich auch in der Zukunft an Schulen stellen. Dabei ist nicht nur das individuelle Lernen, sondern auch der soziale Umgang der Schüler:innen miteinander in den Blick zu nehmen. Die vorliegende Studie trägt dazu bei, beides miteinander zu verknüpfen, indem die Bedeutung einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht anhand verschiedener Perspektiven herausgearbeitet wird. Abschließend werden Implikationen für Forschung und Praxis formuliert.