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Vergleich von Bettine von Arnims "Dies Buch gehört dem König" (1843) mit Sophie von La Roches "Erscheinungen am See Oneida" (1798) und Henriette Frölichs "Virginia oder Die Kolonie von Kentucky" (1820). Die Texte werden ausgehend von der Annahme untersucht, dass Macht ein asymmetrisches Verhältnis ist, das durch Konsens entsteht (Laclau und Mouffe), und auch Geschlechterverhältnisse als Machtverhältnisse verständlich werden, da Geschlecht keine natürliche Gegebenheit, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt ist (Butler). Dementsprechend werden die Texte in einem Spannungsfeld von Anpassung und Subversion verstanden.
„Die Beiträge in diesem Band beleuchten aus verschiedenen Perspektiven die (…) Veränderungen der Sprachwissenschaft im Zuge des linguistic turn. Sie gehen zurück auf ein Festkolloquium zu Ehren des 65. Geburtstages von Joachim Gessinger, das am 25. und 26. Juni 2010 in Potsdam stattgefunden hat. Ziel des Kolloquiums war es, Ansätze, Theoriebildungen und methodische Zugriffe in der Sprachwissenschaft seit dem linguistic turn in den Blick zu nehmen. Diese Frage nach einer Standortbestimmung der sprachwissenschaftlichen Forschung in Deutschland steht auch im Mittelpunkt der nun publizierten Fassung der Beiträge, die von Vertreterinnen und Vertretern ausgewählter Teildisziplinen stammen, die die inhaltliche, theoretische und methodische Ausrichtung ihres Forschungsfeldes reflektieren.“ (Manuela Böhm, Elisabeth Berner & Jürgen Erfurt, OBST 78: S. 13)
Inhalt:
Manuela Böhm, Elisabeth Berner & Jürgen Erfurt: Nach dem Turn ist vor dem Turn. Ein Prolog;
Michael Elmentaler: Zur Pragmatisierung der Sprachgeschichte. Eine Standortbestimmung anhand neuerer Sprachgeschichten des Deutschen;
Ingrid Schröder: Dialekte im Kontakt. Individuelle Ausformungen des Sprachrepertoires;
Bernd Pompino-Marschall: Die rezente Entwicklung in der Phonetik: Vom verbrannten Zeigefinger zu Praat;
Gisbert Fanselow: Kann die Linguistik das Jahr 2024 erleben? Und die Syntax das Jahr 2014?;
Elke Nowak: Nach dem linguistic turn – die neue Wissenschaft von der Sprache und die Sprachen;
Utz Maas: Linguistische Schattenspiele: sprachwissenschaftliche Arbeiten zur Schriftkultur;
Ulrich Schmitz: Linguistica ancilla mediorum? Sprachwissenschaft und Medien 1960-2010: Von kühler Distanz zu teilnehmender Beobachtung & von Textmaterial zu multimodaler Verblendung;
Eduard Haueis: Didaktik und Linguistik: Wie die Modellierung sprachlichen Wissens und Könnens mit dem Bestehenbleiben oder dem Überwinden von Bildungsschranken zusammenhängt;
Joachim Gessinger: Vor dem linguistic turn. Ein Epilog
Diese Magisterarbeit ist dem bis heute sehr komplexen Geschlechterverhältnis gewidmet. Dieses Verhältnis werde ich analysieren, indem ich das literarische Motiv des Geschlechtertausches ausarbeite. Dabei werde ich seine kulturhistorische Entwicklung berücksichtigen. Das Thema wird interdisziplinär behandelt und zwar mithilfe anthropologischer, psychoanalytischer, literaturwissenschaftlicher sowie ideengeschichtlicher Perspektiven und Methoden – all dies um seine Komplexität zu erfassen. Zunächst wird die menschliche Geschlechtsidentität als ein naturbedingtes Phänomen einerseits und als ein kulturelles Konstrukt andererseits diskutiert. Die Psychoanalyse wird den feministischen Theorien entgegen gestellt, woraufhin sie sich als Versuch der Legitimierung der gesellschaftlichen Ordnung erweist. Die anschließende Analyse der kulturellen Repräsentationsformen des Weiblichen wird es deutlich machen, wie schwer es ist, die über mehrere Jahrhunderte tradierten Weiblichkeitsbilder zu „neutralisieren“. Die literarische Grundlage für die Untersuchung der Geschlechterbeziehungen verschaffen die drei „Geschichten über die Umwandlung der Verhältnisse“ (1980). In allen Texten vollzieht sich ein Geschlechtswandel: die Protagonistinnen schlüpfen in männliche Körper ein und auf einmal erfahren sie die Welt aus der bisher unbekannten Perspektive. Dabei empfindet jede von denen die neue Situation anders und doch so ähnlich. Anhand von Sarah Kirschs „Blitz aus dem heiterm Himmel“, Irmtraud Morgners „Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen“ und Christa Wolfs „Selbstversuch. Traktat zu einem Protokoll“ werden die regressiven patriarchalischen Strukturen aufgedeckt, in denen der Frau eine minderwertige Positionierung in einer Gesellschaft zugeschrieben wird. Da sich die Beziehungen zwischen Männern und Frauen in den gesellschaftlichen Machtverhältnissen widerspiegeln, werden die Geschichten im Kontext der sozialistischen Wirklichkeit der DDR in den 1970er Jahre analysiert. Aus diesen Untersuchungen ergeben sich klare Erkenntnisse: die Realität des „emanzipierten“ DDR-Staates hatte mit dem marxistischen Traum nichts zu tun. Diese in den Erzählungen widerspiegelte historisch-politische Wirklichkeit stellte die propagandistische Gleichberechtigung der Frauen in Frage. Die Sozialpolitik wird als eine der modernen männlichen Legitimationsstrategien für die Erhaltung der patriarchalischen Ordnung entschleiert. Damit die Frau nicht mehr über den Mann definiert wird, müsste eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Geschlechtsvorstellungen erfolgen. Alle in dieser Arbeit untersuchten Geschlechtertauschgeschichten beinhalten diverse Utopie-Entwürfe, die jedoch keine perfekte Ordnung darstellen. Ganz im Gegenteil – das sind eher negative Utopien, die fundamentale Kritik an der Ungleichheit der gesellschaftlichen Positionierung der Geschlechter zum Ziel haben. Christa Wolf, Irmtraud Morgner und Sarah Kirsch thematisierten in ihren Erzählungen die Problematik der Geschlechterverhältnisse in der DDR der 1970er Jahre und machten auf die Dringlichkeit des weiblichen Widerstandes aufmerksam. Gleichzeitig soll dieser literarische Diskurs die eigentliche Möglichkeit der Veränderung des gesellschaftlichen Status der Frauen aufzeigen. Daher sind diese imaginierten Geschlechtertauschgeschichten als Manifeste für wahre Gleichstellung der Frauen zu lesen.
Das Fremdwort im Deutschen
(2011)
Daß die Rhetorik für die Literatur und Wissenschaft der Frühen Neuzeit von größter Bedeu-tung ist, gehört seit langem zum Grundbestand der Forschung. Trotzdem ist praktisch keine der großen Rhetoriken dieser Zeit in einer neuen Ausgabe oder gar Übersetzung zugänglich. Die vorliegende Ausgabe ist ein erster Schritt, dieser unbefriedigenden Situation Abhilfe zu verschaffen, indem sie Philipp Melanchthons Elementa rhetorices zum ersten Mal in einer kritischen Ausgabe und Übersetzung zur Verfügung stellt. Neben den De copia verborum ac rerum des Erasmus sind Melanchthon Elementa rhetorices wahrscheinlich das meistgedruckte Lehrbuch des 16. Jahrhunderts. 1531 zum ersten Mal erschienen und bis 1539 mehrmals überarbeitet und erweitert, erscheinen sie bis zum Ende des Jahrhunderts in über hundert Ausgaben. An zahllosen Schulen und Universitäten im protestantischen Raum war ihre Lektüre für Generationen von Schülern Pflicht, die Dichter des 17. Jahrhunderts sind mit ihr zur Schule gegangen. Die vorliegende Ausgabe ist nicht nur die erste kritische Ausgabe des Textes, sondern auch die erste vollständige Übersetzung. Die bisher unbekannten Varianten der Ausgaben 1531, 1532 und 1536 sind in einem Variantenverzeichnis erfaßt. Der teilweise schwer zugänglichen Text wird durch einen umfangreichen Kommentar, ein Nachwort und ein Glossar erschlossen. Dabei wird nicht nur der Text selbst in der Form wiedergegeben, in der er dem Leser des 16. Jahrhunderts vorlag, sondern auch der den Elementa rhetorices ursprünglich beigegebene Anhang. Dieser Anhang umfaßt neben drei Briefen von Seneca und Plinius d. J. vor allem die "Gegensätzlichen Briefe" Giovanni Picos della Mirandola und Franz Burchards, einem Schüler Melanchthons. Burchard übernimmt hier die Verteidigung der Rhetorik gegen den über fünfzig Jahre zuvor geführten, scharfen und spöttischen Angriff Picos della Mirandola, der schnell zu einer gewissen Berühmtheit gelangt war. Melanchthon hielt die Verteidigung Burchards nicht nur der Aufnahme in sein Lehrbuch für würdig, sondern verfaßte auch umfangreiche, interpretierende Marginalien zu beiden Briefen. Indem diese Marginalien von den Herausgebern der Gesamtausgabe von Melanchthons Werken nicht aufgenommen wurden, bietet die Ausgabe mit diesen Marginalien auch die erste Edition eines bisher unbekannten Textes.
Paul Lindaus DER ANDERE
(2011)
In dieser Arbeit wird die Wirkungs- und Entstehungsgeschichte des Schauspiels „Der Andere“ (1893) von Paul Lindau (1819-1839) untersucht. Der Fokus richtet sich auf die vielfältigen intertextuellen und intermedialen Verknüpfungen des Stückes, die sich über einen Zeitraum von 40 Jahren erstrecken. „Der Andere“ inszeniert einen Fall von Bewusstseinsspaltung, in welchem der Protagonist, ein angesehener Berliner Staatsanwalt, unwissentlich ein nächtliches Doppelleben führt und infolgedessen einen Einbruch in sein eigenes Haus begeht. Hier wird insbesondere den Wechselbeziehungen von medizinischen und medialen Diskursen nachgegangen, da „Der Andere“ nicht nur von nervenmedizinischer Seite als psychiatrischer Fall aufgegriffen, sondern 1913 unter Beteiligung Lindaus als erster deutscher 'Autorenfilm' und 1930 als erster Tonfilm Robert Wienes produziert worden ist. Während filmhistorische Untersuchungen den Befund der errungenen 'Feuilletonfähigkeit' des Stummfilmes festhielten, blieb das Interesse an dem Theaterstück von Seiten der Literaturwissenschaft bislang gering. Ihm war der Status als Vorlage beschieden, die aufgrund ihrer gespaltenen Hauptfigur Verbindungen zu Robert Louis Stevensons „Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde“ und Hippolyte Taines „De l'Intelligence“ herzustellen scheint, welche bis heute undifferenziert als zentrale Prätexte tradiert worden sind. Verfolgt man hingegen die Spur von weniger prominenten Prätexten, ergibt sich ein vollständigeres Bild. Es stellt sich heraus, dass Lindau eine wesentliche Anregung aus einer unter Pseudonym verfassten französischen Novelle bezog, die er selbst ins Deutsche übersetzte, und dass das Spaltungskonzept von „Der Andere“ diesem Prätext samt seiner Anlehnung an Hippolyte Taine folgt. Auch verweist die Novelle Jeanne Weills auf einen prominenten Fall des Mediziners Adrien Proust, dem Vater Marcel Prousts, der einen straffällig gewordenen Juristen hypnotisch behandelte. Die Diagnose alternierender Bewusstseinszustände führte in diesem Fall zur Annullierung des Schuldspruchs. Durch den Wechsel in das Medium Film konnten wiederum Verbindungen etabliert werden, die den Bezug auf diese Prätexte verlagerten, überschrieben und/oder aktualisierten. So zieht der Stummfilm als wissenschaftliche Rückversicherung allein die schon damals überholte Studie Taines heran, während die spätere Tonverfilmung das psychoanalytische Konzept Freuds als Erklärungsmuster anbietet. Die Untersuchung zeigt am Beispiel von „Der Andere“, dass mediale, literarische und psychologische Diskurse fest miteinander verwoben sind. Ideen und Konzepte zirkulieren zwischen ihnen, weshalb sich die Grenzen zwischen authentischen und fiktiven Fallgeschichten als durchlässig erweisen. Im Falle von „Der Andere“ setzten diese Austauschprozesse eine besonders hohe Produktivität frei.