800 Literatur und Rhetorik
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Institute
Public Character
(2021)
Deutschunterricht planen
(2021)
Die beiden hier vorgelegten Unterrichtseinheiten behandeln Kurzprosa-Texte zum Thema Liebesbeziehungen. Sie weisen dabei je eigene Schwerpunkte auf: In der ersten Einheit wird die Erschließung der ausgewählten Erzählungen mit einer literatur-historischen Kontextualisierung verbunden, während in der zweiten Einheit die Erschließung der Erzählungen mit einer Einführung in das Schreiben von Interpretationsaufsätzen verbunden wird.
Die Planung der beiden Unterrichtseinheiten ist exemplarisch angelegt: Sie demonstriert die Anwendung von fünf grundlegenden, systematisch aufeinander folgenden Stufen sowohl für die Planung von Unterrichtseinheiten als auf für die Planung von Einzelstunden.
Die senegalesische Autorin Mariama Bâ verfasste zwei Romane: Une si longue lettre und Un chant écarlate. In diesen Romanen thematisiert sie die gesellschaftlichen Missstände in der senegalesischen Bevölkerung. Als erste weibliche Autorin verschafft sie der Weiblichkeit einen Sprung aus dem Schatten der männlichen Führung. Mit den Themen der Polygamie und der Gleichstellung der Frau verfasst sie zwei allgegenwärtig bedeutsame Romane. Die Arbeit fokussiert drei Motive für eine inhaltliche Literaturanalyse, um sich den Lebensumständen der fiktiven Figuren anzunähern. Es wird nachgewiesen, welchen Einfluss die gewählten Faktoren: Leid, Erinnerung und kulturelle Landschaften auf die Figuren haben und wie sie mit ihrem individuellen Lebensweg umgehen.
Language portraits are useful instruments to elicit speakers' reflections on the languages in their repertoires. In this study, we implement a "portrait-corpus approach" (Peters and Coetzee-Van Rooy 2020) to investigate the conceptualisations of the languages Afrikaans and English in 105 language portraits. In this approach, we use participants' reflections about their placement of the two languages on a human silhouette as a linguistic corpus. Relying on quantitative and qualitative analyses using WordSmith, Statistica and Atlas.ti, our study shows that Afrikaans is mainly conceptualised as a language that is located in more peripheral areas of the body (for example, the hands and feet) and, hence, is perceived as less important in participants' repertoires. The central location of English in the head reveals its status as an important language in the participants' multilingual repertoires. We argue that these conceptualisations of Afrikaans and English provide additional insight into the attitudes towards these languages in South Africa.
Der vorliegende Beitrag interpretiert Herders Alte Volkslieder (1773-1775) als paradigmatische Konstellation des Nationaldiskurses im 18. Jahrhundert. Blickleitend ist dabei die These einer Gleichursprünglichkeit von nationalpoetischem Begründungs- und kulturanthropologischem Forschungsdiskurs in Herders Volksliedprojekt.
So entwickelt das Erste Buch der Alten Volkslieder zunächst das Projekt, durch die Sammlung und Edition muttersprachlicher Liedquellen zur Formierung und Kultivierung der deutschen Nationalkultur beizutragen. Die folgende Untersuchung arbeitet die diskursiven Voraussetzungen und Ziele dieser Konstruktion des Volkslieds als Paradigma ,nationaler‘ Poesie heraus.
Deutlich wird dabei erstens, wie Herder sein Projekt in kritisch-polemischer Abgrenzung von philologisch-gelehrten Ansätzen zur Erschließung von Quellen alter deutscher Poesie profiliert. Es zeigt sich, dass Herder mit seinem Projekt einer Nationsbildung im Medium des Volkslieds einen starken Innovationsanspruch äußert: In der deutschen Liedkultur, deren Idealbild Herder entwirft, soll die Differenz von Volk und gelehrtem Stand aufgehoben sein (sozialkritische Dimension); analog dazu soll das Verhältnis von unterem und oberem Erkenntnisvermögen neu konstelliert werden (wirkungsästhetische Perspektive). ,Nationallieder‘ erscheinen mithin als revolutionäre Verheißungsformel, um Restriktionen der ständischen Gesellschaft und Konventionen ihres Geschmacks infrage zu stellen.
Die Aufklärung als Epoche und Denkbewegung ist eng an einen neuen Gebrauch der Medien gebunden. Erwerb, Vermittlung und Vertrieb von Wissen mögen zunächst nur das Privileg weniger gelehrter Köpfe gewesen sein, im Kern intendierte die Aufklärung jedoch eine Öffnung der respublica litteraria für alle Menschen. Diese Ausformung der Medien fand nicht nur in den Zentren der Aufklärung statt, sondern auch in deren Peripherien, wie etwa dem Baltikum. Auch dort entstanden und etablierten sich Medien der Aufklärung. Welches waren die wirkmächtigsten Medienpraktiken? Wer waren die wichtigsten Träger und an wen richtete sich die Aufklärung in Estland, Livland und Kurland? Welche Funktionen hatten die unterschiedlichen Sprachen? Das Buch stellt das Baltikum als eine exemplarische europäische Aufklärungsregion vor und zeigt durch verschiedene disziplinäre Zugriffe (Germanistik, Geschichte, Komparatistik, Kunstgeschichte, Theologie) die Wirksamkeit aufklärerischer Medienformate in dieser Region.
Berühren Denken
(2021)
›Theorie‹ geht etymologisch auf ›Anschauen‹ zurück. Der Theoretiker gilt gemeinhin als distanzierter Zuschauer. Diese distanzierte Position wird hier hinterfragt. Die Beiträge stützen sich dabei auf eine theoretische Tradition, die sich am Tastsinn als Korrektiv des Sehsinns orientiert. Taktilen Erfahrungsdimensionen wie dem Berühren wird schon lange eine idealisierte ›unmittelbare Wahrnehmung‹ jenseits von begrifflicher Abstraktion zugeschrieben. Die Autorinnen und Autoren beleuchten dagegen die komplizierte Verwandtschaft von Berühren und Denken und die begrifflichen Verwicklungen und Potenziale des Berührens. Es werden nicht nur unterschiedliche Konzepte von Berührung in Philosophie und Kunst betrachtet, sondern auch theoretische Denk- und Schreibformen erkundet, die selbst ›Berührungen‹ mit sich bringen.
Berühren Lesen
(2021)
Berühren changiert zwischen Buchstäblichkeit und Metaphorik. Gegenüber dem Distanzsinn des Sehens wird mit dem Berühren eine größere Unmittelbarkeit assoziiert. Doch die Möglichkeit des Kontaktes ist von Beginn an prekär. Das Berühren kann sich selbst nicht berühren. In das Berühren schiebt sich ein Dazwischen, das den Entzug dieser ambivalenten Figur bedingt. Diese aporetische Bestimmung des Berührens begründet das Unternehmen des Bandes. Jeder Eintrag wiederholt eine Bewegung des Berührens: In einzelnen Text- oder Bildlektüren werden Spuren verfolgt, die das Berühren im stetigen Sich-Entziehen in seinen mannigfaltigen Nachbarschaften hinterlässt. Die einzelnen Einträge generieren sich aus diesen Lektüren. Dabei spielt die Nachbarschaft der Einträge selbst eine tragende Rolle. So wird das Berühren zum produktiven Prinzip von Philologie als einer kollektiven
Lektüre- und Schreibform.
„Now is the winter of our discontent | Made glorious summer by this son of York“ – mit diesen Worten öffnet Shakespeares Richard III. Ein einziger Schau- spieler hat die Bühne betreten, beginnt zu reden und setzt so, alleine, das Stück in Gang – ein Novum für Shakespeare. Die frühneuzeitliche Bühne ist (fast) leer, die Zuschauer*innen hängen an den Lippen des Protagonisten, um durch seine Worte in die fiktive Welt des Dramas eingeführt zu werden.
Gleich mit dem ersten Wort versetzt Richard die Zuschauer*innen in eine andere Gegenwart: Fast wie eine hypnotische Anweisung konstituiert dieses „Now“ das Zeit-Raum-Gefüge der englischen Rosenkriege. Sich diesem thea- tralen „Now“ hinzugeben ist die Aufgabe der Zuschauer*innen. Sie sind auf- gerufen, „to forget (however briefly) everything they have experienced before. What matters is this ‚now‘, the hic et nunc of the theatre.“