370 Bildung und Erziehung
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Portal Transfer
(2021)
Von einem „Kulturwandel“ spricht die neue Bundesregierung und will für einen „echten Innovationsschub“ Ausgründungen aus Hochschulen vorantreiben. Eine Deutsche Agentur für Transfer und Innovation soll die anwendungsorientierte Forschung stärken und mit der Wirtschaft zusammenbringen. Außerdem wünscht sie sich mehr gesellschaftliche Perspektiven in der Wissenschaft durch bürgerschaftliches Engagement.
Für die Universität Potsdam bedeutet all dies keinen Aufbruch ins Unbekannte. Im Gegenteil. Sie gehört zu den transferstärksten Hochschulen Deutschlands und belegt im nationalen Gründerradar seit Jahren vordere Plätze. Die wendebedingten Strukturprobleme in Brandenburg vor Augen, hat sie bereits in den 1990er Jahren nach Wegen und Werkzeugen gesucht, um neues Wissen und technologische Entwicklungen aus der Forschung in die Praxis überführen zu können.
Eine Erfolgsgeschichte, die sich in vielen einzelnen Erfolgsgeschichten erzählen lässt. Einige davon haben wir in diesem Magazin aufgeschrieben. So berichten wir von einem „universalen Problemlöser“, der als „KI made in Potsdam“ seinen Siegeszug um die Welt antritt. Oder von dem sehr jungen Start-up Koppla, das mit digitalem Werkzeug den Bau revolutioniert und dafür 2021 den Innovationspreis Berlin-Brandenburg erhielt. Dass nicht immer eine Firma gegründet werden muss, um Erfindungen zu verwerten, zeigt das Beispiel eines in Potsdamer Labors entwickelten Tests zur Früherkennung von Darmkrebs, der patentiert und als Lizenz an ein Unternehmen vergeben wurde.
Aber nicht nur der Transfer in die Wirtschaft zählt, sondern auch der des Wissens in die Gesellschaft. Der Gewinner des diesjährigen Better World Awards, Julian Risch, hat in seiner Doktorarbeit ein Tool entwickelt, mit dem sich Hasskommentare auf Online-Plattformen automatisch identifizieren lassen. Erste Redaktionen arbeiten damit. Wenn sich so der öffentliche Diskurs im Internet schützen und erhalten lässt, hat der junge Forscher tatsächlich dazu beigetragen, die Welt ein wenig besser zu machen.
So wie er sind viele, die in unserer zweiten Ausgabe der „Portal Transfer“ zu Wort kommen, Absolventinnen und Absolventen unserer Alma Mater. Alumni-Referentin Juliane Seip will enger als bisher mit ihnen in Kontakt bleiben und ein belastbares Netzwerk knüpfen, das gemeinsame Förderprojekte tragen kann. Gleich am Beginn dieses Magazins stellen wir sie und ihre Pläne näher vor. Zu den Ehemaligen zählt sie übrigens auch diejenigen, die zeitweise oder viele Jahre an der Universität geforscht haben, so wie der Politologe Heinz Kleger, der sich für das Neue Potsdamer Toleranzedikt engagiert hat. Oder der Wirtschaftswissenschaftler Dieter Wagner, der die Transfereinrichtungen an der Hochschule mit aufgebaut hat und heute der Universitätsgesellschaft Potsdam e.V. vorsteht. Die Vereinigung der Freunde und Förderer ist in den vergangenen Jahren auf ein Maß angewachsen, dass sie mittlerweile einzelne Fachkapitel bilden kann. Das jüngste widmet sich dem Sport, angeführt von der ehemaligen Chefin des Hochschulsports, Petra Bischoff-Krenzien. Die Entwicklung junger Athletinnen und Athleten im Studium liegt ihr besonders am Herzen.
Es gibt bestimmt viele Gründe, sich für diese Universität stark zu machen. Der wichtigste ist jedoch, dass die Allgemeinheit dabei nur gewinnen kann: durch Erfindungen und Innovationen genauso wie mithilfe kluger Ideen und neuer Erkenntnisse.
Dreidimensionales Lernen
(2021)
Im Mittelpunkt dieser Dissertation steht die Wiederentdeckung, Analyse und bildungshistorische Einordnung des reformpädagogischen Schulprojekts von Eugenie SCHWARZWALD (1872-1940) in Wien im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Die Genese der Schulentwicklung offenbart die reformpädagogischen Verflechtungen eines überregional bedeutsamen Schulprojekts, die maßgeblich das Profil, die inhaltliche sowie didaktisch-methodische Ausgestaltung von Schule, Schulleben und Unterricht geprägt haben. In der Einleitung (Kap. 1) werden das Erkenntnisinteresse, die zentralen Fragestellungen, die ausgewerteten Quellenbestände und die methodische Vorgehensweise der Arbeit als historisch kritische Analyse der herangezogenen Quellen aufgezeigt. Die systematische Entfaltung des Themas erfolgt entlang von drei zentralen Kapiteln. Dabei rücken die gesellschaftliche und bildungshistorische Einordnung des Schulprojekts in die Ideenwelt und sozialstrukturelle Wirklichkeit Wiens (Kap. 2), biographische Zugänge der Schulgründerin, die Gründung, Genese, Ausformung sowie Beendigung des Schulprojekts, die strukturellen und pädagogischen Charakteristika, die reformpädagogischen Merkmale im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts (Kap. 3) in den Mittelpunkt der Analyse. Zugleich werden exemplarische Verflechtungen zu den zeitgenössischen reformpädagogischen Strömungen ebenso sichtbar gemacht wie die damit verbundene Impulsgebung des SCHWARZWALD-Schulprojekts auf das Schulwesen Wiens und Österreichs. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet die Analyse der mannigfachen Vernetzungen der SCHWARZWALDschule im Hinblick auf die Künstlerische Avantgarde (Kap. 4). In der thesenhaften Zusammenfassung (Kap. 5) werden SCHWARZWALDs Leistungen für das österreichische Schul- und Bildungswesen, u. a. für die höhere Mädchenbildung, gewürdigt. Die Arbeit fragt schließlich nach der Reichweite der mit dem Schulprojekt verbundenen reformpädagogischen Impulse und systematisiert Gelingens- und Nichtgelingens-Bedingungen für den Schulreformprozess. Das macht die Arbeit – mit Blick auf Transferüberlegungen – für aktuelle Fragestellungen der Schulentwicklung anschlussfähig.
Rehabilitationspädagogik
(2021)
Die Rehabilitationspädagogik ist eine jüngere eigenständige Hybridwissenschaft im Feld der Humanwissenschaften. Sie setzt theoriebildend im Sinne des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) an den längerfristigen Folgen einer Krankheit oder eines biologischen Mangels an. Dabei orientiert sie sich konzeptionell zum Beispiel an der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und an der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF). Des Weiteren an den Konzepten der Humanontogenetik von K.-F. Wessel, insbesondere: dem ganzen Menschen, der Hierarchie der Kompetenzen, den sensiblen Phasen und der Souveränität.
Die Rehabilitationspädagogik ist Bestandteil der komplexen gesundheitlichen Rehabilitation und eine Tochterdisziplin der allgemeinen Pädagogik. Bei ihrem rehabilitationspädagogischen Prozess gilt das Richtziel, die umfassende Teilhabe des Menschen an individuellen Lebensbereichen durch rehabilitationspädagogische Mittel, Methoden und Organisationsformen zu unterstützen.
Die Dissertation setzt sich mittels Methoden der Hermeneutik mit der DDR-Rehabilitationspädagogik von K.- P. Becker und Autorenkollektiv kritisch-konstruktiv auseinander. Sie legt eine aktuelle fortführende Theorie der Rehabilitationspädagogik unter der Berücksichtigung der UN-BRK, der ICF und des SGB IX vor und liefert eine neue Sichtweise auf die Rehabilitationspädagogik aus historischer und aktueller Perspektive.
Welche Eigenschaften machen das Computerspiel zum geeigneten Medium, das den pädagogischen Einsatz im Unterricht bereichern kann? Welche Computerspiele bieten welche Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit welchen Themen? Wie kann das Computerspiel auch im schulischen Umfeld den für den Lernprozess so wichtigen Lebensweltbezug herstellen?
Diese und viele weitere Fragen beantworten die Autor*innen des Bandes „Didaktik des digitalen Spielens“. Dafür begeben sie sich in einen Dialog der Wissenschaftsdisziplinen, leiten Möglichkeiten zum Einsatz von Computerspielen ab und werten Erfahrungen mit dem Einsatz von Computerspielen – auch in der Lehrendenbildung – aus. Mit ihren verschiedenen Zugängen zu Fragestellungen rund um eine „Didaktik des digitalen Spielens“ liefern sie einen Beitrag zu einem Diskurs, der besonders in Zeiten von Distanzunterricht notwendig und folgerichtig geführt werden muss. Die im Rahmen der gleichnamigen interdisziplinären Ringvorlesung im Wintersemester 2018/19 an der Universität Potsdam gehaltenen Vorträge sind durch die Diskussionen mit Studierenden geprägt und ausgewertet worden, so dass sie in der nun veröffentlichten Form auf mehreren Ebenen einen mehrperspektivischen Blick auf den Gegenstand „Computerspiel im Unterricht“ legen.