370 Bildung und Erziehung
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Analphabetismus und Teilhabe
(2015)
Aus bildungstheoretisch-gesellschaftskritischer Perspektive stellt sich Lernen als soziales Handeln in gesellschaftlich-vermittelten Verhältnissen – Möglichkeiten wie auch Begrenzungen – dar. Funktionaler Analphabetismus ist mit einem bundesweiten Anteil von 14% der erwerbsfähigen Bevölkerung oder 7,5 Millionen Analphabeten in Deutschland nicht nur ein bildungspolitisches und -praktisches, sondern auch ein wissenschaftlich zu untersuchendes Phänomen. Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen und Anknüpfungspunkte für die vorliegende Studie bieten. Aus der Zielgruppenforschung beispielsweise ist bekannt, dass die Hauptadressaten der Männer, der Älteren und der Bildungsfernen nicht adäquat erreicht bzw. als Teilnehmende gewonnen werden. Aus der Teilnehmendenforschung sind Abbrüche und Drop-Outs bekannt.
Warum Analphabeten im Erwachsenenalter, also nach der Aneignung vielfältigster Bewältigungsstrategien, durch das sich das Phänomen einer direkten Sichtbarkeit entzieht, dennoch beginnen das Lesen und Schreiben (wieder) zu lernen, wird bislang weder bildungs- noch lerntheoretisch untersucht. Im Rahmen der vorliegenden Erwachsenenbildungsstudie werden genau diese Lernanlässe empirisch herausgearbeitet.
Als Heuristik wird auf eine subjekttheoretische Theoriefolie rekurriert, die sich in besonderer Weise eignet Lernbegründungen im Kontext gesellschaftlich verhafteter Biografien sichtbar zu machen. Lernforschung im Begründungsmodell muss dabei auf eine Methodik zurückgreifen, die die Perspektive des Subjekts, Bedeutungszusammenhänge und typische Sinnstrukturen hervorbringen kann. Daher wird ein auf Einzelfallstudien basierendes, qualitatives Forschungsdesign gewählt, das Daten aus der Erhebung mittels problemzentrierter Interviews bereitstellt, die eine Auswertung innerhalb der Forschungsstrategie der Grounded Theory erfahren und in einer empirisch begründeten Typenbildung münden. Dieses Design ermöglicht die Rekonstruktion typischer Lernanlässe und im Ergebnis die Entwicklung einer gegenstandsbezogene Theorie mittlerer Reichweite.
Aus der vorliegenden Bedeutungs-Begründungsanalyse konnten empirisch fünf Lernbegründungstypen ausdifferenziert werden, die sich im Spannungsverhältnis von Teilhabeausrichtung und Widersprüchlichkeit bewegen und in ihrer Komplexität mittels der drei Schlüsselkategorien Bedeutungsraum, Reflexion der sozialen Eingebundenheit und Kompetenzen sowie Lernen bzw. dem Erleben der Diskrepanzerfahrung zwischen Lesen-Wollen und Lesen-Können dargestellt werden. Das Spektrum der Lernbegründungstypen reicht von teilhabesicherndem resignierten Lernen, bei dem die Sicherung des bedrohten Status quo im Vordergrund steht und die Welt als nicht gestaltbar erlebt wird, bis hin zu vielschichtigem teilhabeerweiternden Lernen, das auf die Erweiterung der eigenen Handlungsmöglichkeiten zielt und die umfangreichste Reflexion der sozialen Eingebundenheit und Kompetenzen aufweist. Funktionale Analphabeten begründen ihr Lernen und Nicht-Lernen vor dem Hintergrund ihrer sozialen Situation, ihrer Begrenzungen und Möglichkeiten: Schriftsprachlernen erhält erst im Kontext gesellschaftlicher Teilhabe und dessen Reflexion eine Bedeutung.
Mit der Einordnung der Lernbegründungen funktionaler Analphabeten in: erstens, Diskurse der Bildungsbenachteiligung durch Exklusionsprozesse; zweitens, die lerntheoretische Bedeutung von Inklusionsprozessen und drittens, den internationalen Theorieansatz transformativen Lernens durch die Integration der Reflexionskategorie, erfolgt eine Erweiterung bildungs- und lerntheoretischer Ansätze. In dieser Arbeit werden Alphabetisierungs- und Erwachsenen-bildungsforschung verbunden und in den jeweiligen Diskurs integriert. Weitere Anschluss- und Verwertungsmöglichkeiten in der Bildungsforschung wären denkbar. Die Untersuchung von Lernbegründungen im Längsschnitt beispielsweise kann Transformationsprozesse rekonstruierbar machen und somit Erträge für eine Bildungsprozessforschung liefern. Bildungspraktisch können die Lernbegründungstypen einerseits der Teilnehmergewinnung dienen, andererseits Ausgangspunkt für reflexive Lernbegleitungskonzepte sein, die Lernbegründungen zur Sprache bringen und die soziale Eingebundenheit thematisieren und damit Lernprozesse unterstützen.
Welche mobilen internetfähigen Geräte Studierende der Universität Potsdam nutzen und in welchem Rahmen dies geschieht, soll die hiermit vorgelegte Untersuchung aufzeigen.
Im Sommersemester 2014 hat die AG eLEARNiNG der Universität Potsdam unter 290 Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen eine Umfrage zum Umgang mobilen, internetfähigen Endgeräten durchgeführt, um das E-Learning-Angebot den Bedürfnissen der Studierenden entsprechend anpassen und weiterentwickeln zu können. Um einen Vergleich zwischen verschiedenen Studiengängen und -standorten ziehen zu können, wurde die Befragung mit Studierenden in Veranstaltungen mit konträren Parametern (Studienfach, Semesterzahl, Universitätsstandort) durchgeführt.
Einführung
(2015)
Mit forschendem Lernen werden unterschiedliche didaktische Ansätze assoziiert, um Forschung und Lehre miteinander in Verbindung zu bringen. Bei der Entwicklung eines Lehrhandelns, das forschendes Lernen anregen soll, kommt es nicht nur auf die Kenntnis vorhandener Möglichkeiten, sondern auch auf eine reflektierende Auseinandersetzung mit den Zielen von Hochschullehre, den fachlichen und organisatorischen Gegebenheiten und didaktischen Leitbildern an.
Weiterbildungsveranstaltungen für interessierte Lehrende sollten einen begleitenden Rahmen für die systematische Entwicklung und Erprobung von eigenen Konzepten herstellen und das Bilden (überfachlicher) kollegialer Netzwerke anregen.
Editorial (Dr. Roswitha Lohwaßer) ; Erwartungen und Ziele. Fragen der kentron-Redaktion an die Mitglieder der Versammlung des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung (Prof. Dr. Bernd Meier, Prof. Dr. Agi Schründer, Prof. Dr. Andreas Borowski, Prof. Dr. Erin Gerlach, Matthias Schall, Prof. Dr. Martin Leubner, Prof. Dr. Bernd Schmidt) ; PSI - Potsdam. Professionalisierung - Schulpraktische Studien - Inklusion: Potsdamer Modell der Lehrerbildung (Dr. Jolanda Hermanns) ; Professionalisierung. Verbesserung des Professionswissens von Lehramtsstudierenden durch Integration von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Ausbildungsanteilen (Dr. Ingrid Glowinksi) ; Schulpraktische Studien. Stärkung des Kompetenzerwerbs bei der Integration schulpraktischer Elemente (Prof. Dr. Andreas Borowski) ; Inklusion und Heterogenität (Prof. Dr. Antje Ehlert)
Editorial (Dr. Roswitha Lohwaßer) ; Inklusion braucht Struktur. Impulse aus dem Response-to-Intervention-Modell für die Gestaltung eines inklusiven Wandels (Prof. Dr. Christian Huber) ; MoBas-TaPir-FeSch. Heterogenität und Inklusion an der Humanwissenschaftlichen Fakultät (Prof. Dr. Barbara Höhle und Dr. Julia Festman) ; Kinder mit Lernstörungen professionell begleiten. Was gebraucht und wer gebraucht wird (Beatrice Trüeb, Marina Rottig) ; Sprachliches Denken und seine Bedeutung beim mathematischen Lernen (Dr. Jörg Kwapis) ; Konzeptionelle Veränderungen der schulpraktischen Studien im Rahmen des IEP. Status quo der Umsetzung und Ausblick (Jörn Simon) ; Meine Ausrichtung des Sachunterrichts (Prof. Dr. Hartmut Giest) ; Mehr Medienkompetenz in der Lehramtsausbildung (Christian Bleek und Cornelia Brückner) ; Phoniatrisches Gutachten. Sprecherziehung für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer
hat an der Universität Tradition (Katharina Paulke) ; Satzung für das Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Potsdam
Gut ausgebildete Schreibkompetenzen gelten als zentrale Voraussetzung für den schulischen Erfolg. Wenngleich die schriftliche Textproduktion unbestritten fester Bestandteil des Deutschunterrichts ist, wird vielfach beklagt, dass die vorhandenen Schreibkompetenzen unzureichend sind. Blickt man auf die fachdidaktische Forschung so zeigt sich, dass Schreibkompetenz ein schwer zu definierendes Phänomen bleibt und innerhalb der schreibdidaktischen Forschung strittig ist, wie Schreibkompetenz – insbesondere nach Erwerb der grundlegenden Schreibfertigkeiten – am Besten entwickelt werden kann. Zudem gilt für das Fach Deutsch, insbesondere den Aufgabenbereich „Texte verfassen“, das eine empirische Fundierung der Fachdidaktik bisher kaum realisiert wurde.
Vor diesem Hintergrund wurde in der vorgelegten Arbeit ein Programm zu Förderung der schriftlichen Erzählfähigkeit von Fünftklässlern entwickelt und anschließend in der regulären Unterrichtspraxis eingesetzt und begleitend evaluiert. Methodisch orientiert sich die Arbeit dabei im Hinblick auf die Konzeption, Umsetzung und Evaluation des Förderprogramms an den von Einsiedler postulierten „Standards der (didaktischen) Entwicklungsforschung“.
Bei der im ersten Schritt erfolgten Konzeption des Förderprogramms ging es darum eine spezifische, didaktische Konzeption, die Kombination sprachstruktur- und (lern)prozessbezogenener Elemente, sprachwissenschaftlich basiert und pädagogisch-didaktisch begründet zu entwickeln. Bei der hierzu notwendigen Integration verschiedener theoretischer Zugänge unterschiedlicher Fachdisziplinen galt es vorhandene Ansätze im Hinblick auf interne Anschlussmöglichkeiten auszuloten und auf diesem Wege einen sich gegenseitig ergänzenden, umfassenden Bezugsrahmen zu schaffen. Dabei gelang - unter Einbeziehung von Modellen und Befunden aus der Schreibentwicklungsforschung - die innerhalb der Schreibforschung vielfach geforderte, jedoch bisher fehlende Integration von strukturellen Ansätzen aus der linguistischen Schreibforschung mit den innerhalb der Kognitionspsychologie favorisierten prozessuellen Ansätzen.
Auf dieser Grundlage wurde ein aufgabenbasiertes Programm mit insgesamt acht verschiedenen Fördermodulen entwickelt, aufgabenbasiert deshalb, weil dies nicht nur einen lehrergesteuerten aber schülerzentrierten Unterricht ermöglicht, sondern auch einen adaptiven Unterricht, somit den spezifischen Anforderungen des Unterrichts in heterogenen Lerngruppen gerecht wird, was angesichts der zunehmenden (sprachlich-kulturellen) Heterogenität in regulären Schulklassen sinnvoll scheint.
In einem zweiten Schritt wurde innerhalb einer Pilotstudie die Umsetzbarkeit des Förderprogramms im schulischen Kontext erprobt. Unter Kontrolle seiner praktischen Umsetzbarkeit (Machbarkeitshypothese) wurde im Anschluss daran die Wirksamkeit des Förderprogramms im Hinblick auf eine Steigerung in den produktbezogenen Schreibmaßen (Wortschatzvarianz, Satzkomplexität, lexikalische Dichte, Kohäsionsgrade, Textlänge) und die Stabilität der Fördereffekte untersucht. Dies geschah mittels eines quasiexperimentellen Untersuchungsplans, genauer eines Zweigruppen-Pretest-Posttest-Follow-up-Plans mit Kontrollvariablen.
Grundlage hierfür war eine möglichst heterogene Stichprobe von knapp 200 Schüler/innen. Denn angesichts der angesprochenen zunehmenden Heterogenität in regulären Schulklassen galt es neben der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des Förderprogramms auch dessen Eignung für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Prüfung sprechen dafür, dass es gelungen ist ein entsprechendes Förderprogramm zu entwickeln.
Trotz dem Auftreten von forschungsmethodischen Schwierigkeiten, die innerhalb der vorgelegten Arbeit ausführlich im Hinblick auf Ursachen und Wirkungen diskutiert werden, können, unter Berücksichtigung des explorativen Charakters der Studie, die Ergebnisse insbesondere zur Wortschatzvarianz und zur Satzkomplexität ebenfalls als Indizien für die Effektivität des Förderprogramms gelten.
Understanding a sentence and integrating it into the discourse depends upon the identification of its focus, which, in spoken German, is marked by accentuation. In the case of written language, which lacks explicit cues to accent, readers have to draw on other kinds of information to determine the focus. We study the joint or interactive
effects of two kinds of information that have no direct representation in print but have each been shown to be influential in the reader’s text comprehension: (i) the (low-level)rhythmic-prosodic structure that is based on the distribution of lexically stressed syllables, and (ii) the (high-level) discourse context that is grounded in the memory of previous linguistic content. Systematically manipulating these factors, we examine the way readers resolve a syntactic ambiguity involving the scopally ambiguous focus operator auch (engl. “too”) in both oral (Experiment 1) and silent reading (Experiment 2). The results of both experiments attest that discourse context and local linguistic rhythm conspire to guide the syntactic and, oncomitantly, the focus-structural analysis of ambiguous sentences. We argue that reading comprehension requires the (implicit) assignment of accents according to the focus structure and that, by establishing a prominence profile, the implicit prosodic rhythm directly affects accent assignment.