943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
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Bleiben in Breslau
(2018)
Der Breslauer Jude Willy Cohn musste nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erleben, wie die deutschen Juden in immer größerem Umfang entrechtet, ausgegrenzt und existenziell bedroht werden. Trotzdem kam eine Auswanderung aus Deutschland als seiner Heimat für ihn letztlich nicht in Betracht. Im Winter 1941 wurde Willy Cohn mit seiner Familie aus Breslau deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.
Ausgehend von Cohns Entscheidung, in Breslau zu bleiben, betrachtet die Untersuchung das Bleiben als Aushandlungsprozess und macht so exemplarisch das Bleiben im NS-Deutschland als Akt der Selbstbehauptung sichtbar. Hierfür wurde der rund 10.000 Seiten umfassende Tagebuchnachlass Willy Cohns aus den Jahren zwischen 1899 und 1941 erstmals in seiner Gesamtheit systematisch gesichtet und ausgewertet.
Alte Kämpfer der NSDAP
(2018)
Als „Alte Kämpfer“ galten im Nationalsozialismus alle Personen, die bereits weit vor 1933 der NSDAP beigetreten waren. Sie wurden bislang überwiegend als soziale Randexistenzen und Verlierer der Machtergreifung beschrieben. Anja Stanciu zeigt in ihrer Studie am Beispiel der Berliner NSDAP-Stadtverordneten und –Kreisleiter nun, dass etliche Altparteimitglieder nicht nur Wegbereiter, sondern auch wichtige Mitgestalter der NS-Diktatur waren und zur lokalen NS-Funktionselite gehörten. Untersucht werden die Lebensläufe und Netzwerke dieser Männer zwischen 1926 und 1949. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Karrieren der „Alten Kämpfer“ und die politische Mobilisierung der Stadtgesellschaft einander bedingten.
Was und von wem wurde mit wissenschaftlichem Anspruch während des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts über Antisemitismus in Deutschland gearbeitet und geschrieben? Welche Ansätze bot die frühe Antisemitismusforschung? Das sind die Leitfragen dieser Studie, die ein Stück Kulturund Wissenschaftsgeschichte zugleich bietet. Darüber hinaus schlägt das Buch einen Bogen zur Geschichte des Abwehrkampfs gegen den Antisemitismus bis 1933. Das Fazit: Bereits in der Weimarer Republik existierte ein tiefergehendes Wissen über den Antisemitismus, das jedoch für den Abwehrkampf gegen antisemitische und völkische Bewegungen wenig Perspektiven bieten konnte.
Vor 120 Jahren wurde das Gelände südlich des damaligen Bahnhofs Neubabelsberg erstmals bebaut. Aus dem 1896 errichteten Depot für Lazarett-Baracken entwickelte sich bis 1938 die logistische Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes, das ab 1939 auch sein Präsidium nach Babelsberg verlegte. Nach einer Zwischennutzung ab 1945 durch die sowjetische Besatzungsarmee war von 1952 bis zur Wende die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften als „Kaderschmiede“ der Hausherr des nun im Grenzgebiet zu Westberlin liegenden Areals. Heute nutzen die Universität Potsdam und das Hasso-Plattner-Institut für Software-Systemtechnik den Campus, dessen Geschichte mit dieser Publikation erstmals umfassend dokumentiert wird.
Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel, kulturelle und religiöse Aspekte der Erneuerung jüdischen Lebens in Berlin seit 1989 zu erforschen. Die Entwicklungen der jüdischen Gemeinschaft in der Hauptstadt seit dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der Sowjetunion führen zur Wiederannäherung eines Teils der jüdischen Bevölkerung in Deutschland an die eigene Kultur, Religion und Geschichte. Dabei kommt die Pluralität der kulturellen, literarischen und religiösen Ausdrucksformen der jüdischen Identitäten zum Vorschein. Die Arbeit verdeutlicht diese in Berlin nach 1989 einsetzende kulturelle und religiöse „Renaissance“. Vier wichtige Punkte kennzeichnen das jüdische Leben in Berlin nach 1989. Erstens gewinnt Deutschland seit der Wiedervereinigung eine neue Rolle als mögliches Einwanderungsland für Juden. Vor allem mit der massiven jüdischen Einwanderung aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion seit den 1990er Jahren wird Deutschland allmählich als wichtiges Zentrum in der europäischen Diaspora anerkannt. Zweitens bleibt zwar die Shoah tief verankert im Gedächtnis der jüdischen Gemeinschaft; die meisten Kinder oder Enkelkinder von Überlebenden der Shoah weigern sich jedoch, ihre jüdische Identität exklusiv durch die Shoah zu definieren. Sie gründen zur Wiederentdeckung und Forderung ihres kulturellen, religiösen und historischen Erbes jüdische Gruppen und Einrichtungen in Berlin, die in den meisten Fällen alternativ zur Jüdischen Gemeinde entstehen: Künstlergruppen, jüdische Kulturvereine, Konferenzen und Podiumsdiskussionen, religiöse Kongregationen und Lernhäuser. Damit – und dies ist der dritte Punkt – verliert zwar die offizielle Jüdische Gemeinde an Bedeutung als einzige Vertreterin der jüdischen Gemeinschaft Berlins; diese kulturelle und religiöse „Renaissance“ außerhalb der offiziellen Strukturen der Gemeinde bedeutet aber auch eine wachsende Pluralität und Diversifizierung der jüdischen Gemeinschaft in Berlin. Viertens spielt Berlin die Hauptrolle in diesem Prozess. Heute werden viele ehemalige jüdische Orte neu belebt: Synagogen werden wiederentdeckt und renoviert, Denk- und Mahnmale gebaut, Stadtführungen auf der Spur des „jüdischen Berlins“ organisiert, Rabbinerseminare neu gegründet. Die Topographie Berlins bildet auch eine Inspirationsquelle für jüdische (und nichtjüdische) Schriftsteller und Künstler. Die Analyse dieser nach 1989 entstandenen religiösen Initiativen, literarischen Werke und kulturellen Produktionen dient dazu, Aspekte der kulturellen und religiösen „Renaissance“ in Berlin näher zu verdeutlichen.
Nach dem Staatsstreich
(2014)