570 Biowissenschaften; Biologie
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The impact of collagen modifications by methylglyoxal on fibroblast function and the role in aging
(2016)
Die Phyllosphäre
(2015)
Aminosäuren sind lebensnotwendige Moleküle für alle Organismen. Ihre Erkennung im Körper ermöglicht eine bedarfsgerechte Regulation ihrer Aufnahme und ihrer Verwertung. Welcher Chemosensor für diese Erkennung jedoch hauptverantwortlich ist, ist bisher unklar. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der Umamigeschmacksrezeptoruntereinheit Tas1r1 jenseits ihrer gustatorischen Bedeutung für die Aminosäuredetektion in der Mundhöhle untersucht.
In der histologischen Tas1r1-Expressionsanalyse nichtgustatorischer Gewebe der Mauslinie Tas1r1-Cre/ROSA26-tdRFP wurde über die Detektion des Reporterproteins tdRFP die Expression des Tas1r1 in allen untersuchten Geweben (Speiseröhre, Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse, Leber, Niere, Muskel- und Fettgewebe, Milz, Thymus, Lymphknoten, Lunge sowie Hoden) nachgewiesen. Mit Ausnahme von Dünndarm und Hoden gelang hierbei der Nachweis erstmals spezifisch auf zellulärer Ebene. Caecum und Lymphknoten wurden zudem neu als Expressionsorte des Tas1r1 identifiziert.
Trotz der beobachteten weiten Verbreitung des Tas1r1 im Organismus – unter anderem auch in Geweben, die für den Proteinstoffwechsel besonders relevant sind – waren im Zuge der durchgeführten Untersuchung potentieller extraoraler Funktionen des Rezeptors durch phänotypische Charakterisierung der Mauslinie Tas1r1-BLiR nur schwache Auswirkungen auf Aminosäurestoffwechsel bzw. Stickstoffhaushalt im Falle eines Tas1r1-Knockouts detektierbar. Während sich Ernährungsverhalten, Gesamtphysiologie, Gewebemorphologie sowie Futterverdaulichkeit unverändert zeigten, war die renale Stickstoffausscheidung bei Tas1r1-Knockout-Mäusen auf eiweißarmer sowie auf eiweißreicher Diät signifikant verringert. Eine Überdeckung der Auswirkungen des Tas1r1-Knockouts aufgrund kompensatorischer Effekte durch den Aminosäuresensor CaSR oder den Peptidsensor Gpr93 war nicht nachweisbar. Es bleibt offen, ob andere Mechanismen oder andere Chemosensoren an einer Kompensation beteiligt sind oder aber Tas1r1 in extraoralem Gewebe andere Funktionen als die der Aminosäuredetektion übernimmt. Unterschiede im extraoralen Expressionsmuster der beiden Umamirezeptor-untereinheiten Tas1r1 und Tasr3 lassen Spekulationen über andere Partner, Liganden und Funktionen zu.
Zellbasierte heterologe Expressionssysteme bieten ein einfaches und schnelles Verfahren, um neue Süßstoffe oder Süßverstärker zu finden. Unter Verwendung eines solchen Testsystems, konnte ich in Zusammenarbeit mit der Symrise AG, Holzminden und dem Institut für Pflanzenbiochemie in Halle/Saale die vietnamesische Pflanze Mycetia balansae als Quelle eines neuen Süßstoffs identifizieren. Deren Hauptkomponenten, genannt Balansine, aktivieren spezifisch den humanen Süßrezeptor. Chimäre Rezeptoren zeigten, dass die amino-terminalen Domänen der Süßrezeptoruntereinheiten, welche ein Großteil der Liganden des Süßrezeptors binden, für dessen Aktivierung durch Balansin A nicht notwendig sind.
Voraussetzung für die Anwendung zellbasierter Testsysteme zum Auffinden neuer Süßstoffe ist jedoch, dass süße Substanzen gesichert identifiziert werden, während nicht süße Substanzen zuverlässig keine Rezeptoraktivierung aufweisen. Während in HEK293 TAS1R2 TAS1R3To Galpha15i3-Zellen Süßrezeptoraktivierung gegenüber nicht süß schmeckenden Substanzen beobachtet wurde, konnte mit den HEK293PEAKrapid Galpha15-Zellen ein zuverlässiges Testsystem identifiziert, welches den Süßgeschmack der untersuchten Substanzen widerspiegelte.
Es fanden sich keine Hinweise, dass akzessorische Proteine oder verwandte Rezeptoren des Süßrezeptors das unterschiedliche Verhalten der Zellen verursachen. Es konnte gezeigt werden, dass die Verwendung unterschiedlicher G-Proteine die Signalamplituden des Süßrezeptors beeinflusst, die Unterschiede zwischen den Zellsystemen jedoch nicht vollständig erklärt. Keine der untersuchten Galpha-Proteinchimären spiegelte die intrinsische Süße der Substanzen wider.
Wenn auch nicht ursächlich für die Diskrepanz zwischen Süßrezeptoraktivierung in vitro und Süßgeschmack in vivo, so weisen die Ergebnisse dieser Arbeit auf eine Interaktion der Süßrezeptoruntereinheiten mit dem humanen Calcium-sensing Rezeptor hin. Vanillin und Ethylvanillin konnten als neue Agonisten des Calcium-sensing Rezeptors identifiziert werden.
Wie die vorliegende Arbeit zeigt, können sich kleine Unterschiede im Zellhintergrund deutlich auf die Funktionsweise heterolog exprimierter Rezeptoren auswirken. Dies zeigt wie wichtig die Wahl der Zellen für solche Screeningsysteme ist.
Der Na⁺-K⁺-2Cl⁻-Kotransporter (NKCC2) wird im distalen Nephron der Niere exprimiert. Seine Verteilung umfasst die Epithelien der medullären und kortikalen Teile der dicken aufsteigenden Henle-Schleife (Thick ascending limb, TAL) und die Macula densa. Resorptiver NaCl-Transport über den NKCC2 dient dem renalen Konzentrierungsmechanismus und reguliert systemisch auch Volumenstatus und Blutdruck. Die Aktivität des NKCC2 ist mit der Phosphorylierung seiner N-terminalen Aminosäurereste Serin 126 und Threonin 96/101 verbunden. Vermittelt wird diese durch die homologen Kinasen SPAK (SPS-related proline/alanine-rich kinase) und OSR1 (Oxidative stress responsive kinase 1), die hierzu ihrerseits phosphoryliert werden müssen. Der regulatorische Kontext dieser Kinasen ist mittlerweile gut charakterisiert. Über Mechanismen und Produkte, die den NKCC2 deaktivieren, war hingegen weniger bekannt. Ziel der Arbeit war daher zu untersuchen, welche Wege zur Deaktivierung des Transporters führen. Der intrazelluläre Sortierungsrezeptor SORLA (Sorting-protein-related receptor with A-type repeats) war zuvor in seiner Bedeutung für das Nephron charakterisiert worden. Ein SORLA-defizientes Mausmodell weist unter anderem eine stark verringerte NKCC2-Phosphorylierung auf. Unter osmotischem Stress können SORLA-defiziente Mäuse ihren Urin weniger effizient konzentrieren. Meine Resultate zeigen mit hochauflösender Technik, dass SORLA apikal im TAL lokalisiert ist und dass mit NKCC2 eine anteilige Kolokalisation besteht. Unter SORLA Defizienz war die für die NKCC2 Aktivität maßgebliche SPAK/OSR1-Phosphorylierung gegenüber dem Wildtyp nicht verändert. Jedoch war die ebenfalls im TAL exprimierte Phosphatase Calcineurin Aβ (CnAβ) per Western blot um das zweifache gesteigert. Parallel hierzu wurde immunhistochemisch die Kolokalisation von verstärktem CnAβ-Signal und NKCC2 bestätigt. Beide Befunde geben zusammen den Hinweis auf einen Bezug zwischen der reduzierten NKCC2-Phosphorylierung und der gesteigerten Präsenz von CnAβ bei SORLA Defizienz. Die parallel induzierte Überexpression von SORLA in HEK-Zellen zeigte entsprechend eine Halbierung der CnAβ Proteinmenge. SORLA steuert demzufolge sowohl die Abundanz als auch die zelluläre Verteilung der Phosphatase. Weiterhin ließ sich die Interaktion zwischen CnAβ und SORLA (intrazelluläre Domäne) mittels Co-Immunpräzipitation bzw. GST-pulldown assay nachweisen. Auch die Interaktion zwischen CnAβ und NKCC2 wurde auf diesem Weg belegt. Da allerdings weder SORLA noch NKCC2 ein spezifisches Bindungsmuster für CnAβ aufweisen, sind vermutlich intermediäre Adapterproteine bei ihrer Bindung involviert. Die pharmakologische Inhibition von CnAβ mittels Cyclosporin A (CsA; 1 h) führte bei SORLA Defizienz zur Normalisierung der NKCC2-Phosphorylierung. Entsprechend führte in vitro die Gabe von CsA bei TAL Zellen zu einer 7-fach gesteigerten NKCC2-Phosphorylierung. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Phosphatase CnAβ über ihre Assoziation mit NKCC2 diesen im adluminalen Zellkompartiment deaktivieren kann. Gesteuert wird dieser Vorgang durch die Eigenschaft von SORLA, CnAβ apikal zu reduzieren und damit die adluminale Phosphorylierung und Aktivität von NKCC2 zu unterstützen. Da Calcineurin-Inhibitoren derzeit die Grundlage der immunsupprimierenden Therapie darstellen, haben die Ergebnisse eine klinische Relevanz. Angesichts der Co-Expression von SORLA und CnAβ in verschiedenen anderen Organen können die Ergebnisse auch über die Niere hinaus Bedeutung erlangen.
Viele klinische Schnelltestsysteme benötigen vorpräparierte oder aufgereinigte Analyte mit frisch hergestellten Lösungen. Fernab standardisierter Laborbedingungen wie z.B. in Entwicklungsländern oder Krisengebieten sind solche Voraussetzungen oft nur unter einem hohen Aufwand herstellbar.
Zusätzlich stellt die erforderliche Sensitivität die Entwicklung einfach zu handhabender Testsysteme vor große Herausforderungen.
Autokatalytische Reaktionen, die sich mit Hilfe sehr geringer Initiatorkonzentrationen auslösen lassen, können hier eine Perspektive für Signalverstärkungsprozesse bieten.
Aus diesem Grund wird im ersten Teil der vorliegenden Arbeit das Verhalten der autokatalytischen Arsenit-Jodat-Reaktion in einem mikrofluidischen Kanal untersucht. Dabei werden insbesondere die diffusiven und konvektiven Einflüsse auf die Reaktionskinetik im Vergleich zu makroskopischen Volumenmengen betrachtet.
Im zweiten Teil werden thermoresponsive Hydrogele mit einem kanalstrukturierten Papiernetzwerk zu einem neuartigen, kapillargetriebenen, extern steuerbaren Mikrofluidik-System kombiniert. Das hier vorgestellte Konzept durch Hydrogele ein papierbasiertes LOC-System zu steuern, ermöglicht zukünftig die Herstellung von komplexeren, steuerbaren Point-Of-Care Testsystemen (POCT). Durch z.B. einen thermischen Stimulus, wird das Lösungsverhalten eines Hydrogels so verändert, dass die gespeicherte Flüssigkeit freigesetzt und durch die Kapillarkraft des Papierkanals ins System transportiert wird. Die Eigenschaften dieses Gelnetzwerks können dabei so eingestellt werden, dass eine Freisetzung von Flüssigkeiten sogar bei Körpertemperatur möglich wäre und damit eine Anwendung gänzlich ohne weitere Hilfsmittel denkbar ist. Für die Anwendung notwendige Chemikalien oder Enzyme lassen sich hierbei bequem in getrocknetem Zustand im Papiersubstrat vorlagern und bei Bedarf in Lösung bringen.
Im abschließenden dritten Teil der Arbeit wird ein durch Hydrogele betriebener, Antikörper-basierter Mikroorganismenschnelltest für Escherichia coli präsentiert. Darüber hinaus wird weiterführend eine einfache Methode zur Funktionalisierung eines Hydrogels mit Biomolekülen über EDC/NHS-Kopplung vorgestellt.
Aufgrund ihrer potenziell gesundheitsfördernden Wirkung sind die polyphenolischen Isoflavone für die menschliche Ernährung von großem Interesse. Eine Vielzahl an experimentellen und epidemiologischen Studien zeigen für die in Soja enthaltenen Isoflavone Daidzein und Genistein eine präventive Wirkung bezüglich hormon-abhängiger und altersbedingter Erkrankungen, wie Brust- und Prostatakrebs, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie des menopausalen Syndroms. Die Metabolisierung und Bioaktivierung dieser sekundären Pflanzenstoffe durch die humane intestinale Darmmikrobiota ist individuell unterschiedlich. Nur in einem geringen Teil der westlichen Bevölkerung wird der Daidzein-Metabolit Equol durch spezifische Darmbakterien gebildet. Ein isoliertes Equol-produzierendes Bakterium des menschlichen Darmtrakts ist Slackia isoflavoniconvertens. Anhand dieser Spezies sollten die bislang unbekannten, an der Umsetzung von Daidzein und Genistein beteiligten Enzyme identifiziert und charakterisiert werden.
Fermentationsexperimente mit S. isoflavoniconvertens zeigten, dass die Gene der Daidzein und Genistein-umsetzenden Enzyme nicht konstitutiv exprimiert werden, sondern induziert werden müssen. Mit Hilfe der zweidimensionalen differentiellen Gelelektrophorese wurden sechs Proteine detektiert, welche in einer S. isoflavoniconvertens-Kultur in Anwesenheit von Daidzein induziert wurden. Auf Grundlage einzelner Peptidsequenzen erfolgte die Sequenzierung eines Genkomplexes mit den in gleicher Orientierung angeordneten Genen der durch Daidzein induzierten Proteine. Sequenzvergleiche identifizierten zudem äquivalente Genprodukte zu den Proteinen von S. isoflavoniconvertens in anderen Equolproduzierenden Bakterien. Nach der heterologen Expression in Escherichia coli wurden drei dieser Gene durch enzymatische Aktivitätstests als Daidzein-Reduktase (DZNR), Dihydrodaidzein-Reduktase (DHDR) und Tetrahydrodaidzein-Reduktase (THDR) identifiziert. Die Kombination der E. coli-Zellextrakte führte zur vollständigen Umsetzung von Daidzein über Dihydrodaidzein zu Equol. Neben Daidzein setzte die DZNR auch Genistein zu Dihydrogenistein um. Dies erfolgte mit einer größeren Umsatzgeschwindigkeit im Vergleich zur Reduktion von Daidzein zu Dihydrodaidzein. Enzymatische Aktivitätstests mit dem Zellextrakt von S. isoflavoniconvertens zeigten ebenfalls eine schnellere Umsetzung von Genistein. Die Kombination der rekombinanten DHDR und THDR führte zur Umsetzung von Dihydrodaidzein zu Equol. Der korrespondierende Metabolit 5-Hydroxyequol konnte als Endprodukt des Genistein-Metabolismus nicht detektiert werden. Zur Reinigung der drei identifizierten Reduktasen wurden diese genetisch an ein Strep-tag fusioniert und mittels Affinitätschromatographie gereinigt. Die übrigen durch Daidzein induzierten Proteine IfcA, IfcBC und IfcE wurden ebenfalls in E. coli exprimiert und als Strep-Fusionsproteine gereinigt. Vergleichende Aktivitätstests identifizierten das induzierte Protein IfcA als Dihydrodaidzein-Racemase. Diese katalysierte die Umsetzung des (R)- und (S)-Enantiomers von Dihydrodaidzein und Dihydrogenistein zum korrespondierenden Racemat. Neben dem Elektronentransfer-Flavoprotein IfcBC wurden auch die THDR, DZNR und IfcE als FAD-haltige Flavoproteine identifiziert. Zudem handelte es sich bei IfcE um ein Eisen-Schwefel-Protein. Nach Induktion der für die Daidzein-Umsetzung kodierenden Gene wurden mehrere verschieden lange mRNA-Transkripte gebildet. Dies zeigte, dass die Transkription des durch Daidzein induzierten Genkomplexes in S. isoflavoniconvertens nicht in Form eines einzelnen Operonsystems erfolgte.
Auf Grundlage der identifizierten Daidzein-umsetzenden Enzyme kann der Mechanismus der bakteriellen Umsetzung von Isoflavonen durch S. isoflavoniconvertens eingehend erforscht werden. Die ermittelten Gensequenzen der durch Daidzein induzierten Proteine sowie die korrespondierenden Gene weiterer Equol-produzierender Bakterien bieten zudem die Möglichkeit der mikrobiellen Metagenomanalyse im humanen Darmtrakt.
Im Hinblick auf die Problematik der Umweltverschmutzung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe ist es nötig, eine langfristig stabile und umweltfreundliche Energieversorgung zu gewährleisten. Eine Möglichkeit, den Energiebedarf CO2-neutral zu decken, ist die Nutzung von Biogas. Hierbei spielt der Einsatz von biogenen Reststoffen, die durch einen hohen Anteil an Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen gekennzeichnet sind und daher ein hohes Biogaspotential besitzen, eine wichtige Rolle. Voraussetzung für die Effizienz und Rentabilität solcher Anlagen ist u. a. ein stabiler Gasbildungsprozess. Da bisher noch nicht alle Aspekte der Biogasbildung vollständig verstanden sind, werden die Anlagen oft nicht optimal ausgelastet, um Prozessstörungen wie z. B. Übersäuerung zu vermeiden.
Um dennoch auftretende Prozessstörungen zu beheben, können unterschiedliche Maßnahmen durchgeführt werden. Neben der Senkung der Raumbelastung, ist es möglich, den pH-Wert durch die Zugabe von Natronlauge oder Calciumoxid anzuheben.
In der vorliegenden Arbeit wurden sowohl Prozessstörungen als auch Prozessregenerierungen an einer großtechnischen Biogasanlage und in Laborversuchen untersucht. Dabei galt es, neben den physikalischen und chemischen Parametern, die mikrobielle Biozönose mit Hilfe des genetischen Fingerprintings zu charakterisieren und Änderungen zu detektieren.
Während der Prozessregenerierungen wurden nach der Zugabe von CaO Veränderungen des Gärrestes beobachtet. Es bildeten sich Pellets, die im Hinblick auf ihre Funktion für die Prozessregenerierung und die Prozessstabilität molekularbiologisch und mikroskopisch untersucht wurden. Es wurde weiterhin der Frage nachgegangen, welche Rolle die Mikroorganismen bei der Entstehung der Pellets spielen.
Die vor allem aus Calcium und Fettsäuren bestehenden Pellets dienten als Aufwuchsflächen für verschiedene Mikroorganismen. Die Bildung von Biofilmen, wie sie auf und in den Pellets nachgewiesen wurde, bot für Mikroorganismen einen Schutz vor negativen Umwelteinflüssen wie z. B. hohe Propionsäurekonzentrationen. Unter diesen günstigen Bedingungen war die Bildung von Biogas auch unter hohen Wasserstoffpartialdrücken, die den Abbau von Propionsäure hemmten, möglich. Als Indikator für bessere Lebensbedingungen wurde im Laborversuch ein Methanoculleus receptaculi-verwandter Organismus identifiziert. Dieses methanogene Archaeon wurde im Pellet nachgewiesen, während es im Gärrest erst nach der Prozessregenerierung detektiert wurde. Der Nachweis eines im Vergleich zum umgebenden Gärrest höheren Anteils an Archaeen im Kern der Pellets sowie von Biofilmen/EPS, verschiedenen Phosphatsalzen und schwerlöslichen Calciumsalzen zeigte, dass sowohl Präzipitation und Adsorption als auch Degradation von LCFA dazu führen, dass deren Konzentration im flüssigen Gärrest gesenkt wird. Dadurch nimmt die Hemmung auf die Biozönose ab und die Biogasbildungsrate steigt. Daher ist der Abbau der Fettsäuren auch bei einem niedrigen pH-Wert und unter hohen Wasserstoffpartialdrücken möglich und der Biogasbildungsprozess ist langfristig stabil. Die Bildung von Pellets unterstützt die Prozessstabilität, sofern diese nicht zu groß werden und dann u. a. die Durchmischung behindern und den Ablauf verstopfen.
Nach erfolgreicher Prozessstabilisierung wurden keine Pellets im Gärrest beobachtet. Der Abbau des organischen Materials wurde sowohl durch die steigende Calciumkonzentration als auch die steigende Gasproduktion angezeigt.
Die Honigbiene Apis mellifera zeigt innerhalb einer Kolonie eine an das Alter gekoppelte Arbeitsteilung. Junge Honigbienen versorgen die Brut (Ammenbienen), während ältere Honigbienen (Sammlerinnen) außerhalb des Stocks Pollen und Nektar eintragen. Die biogenen Amine Octopamin und Tyramin sind an der Steuerung der Arbeitsteilung maßgeblich beteiligt. Sie interagieren mit Zielzellen über die Bindung an G Protein gekoppelte Rezeptoren. A. mellifera besitzt fünf charakterisierte Octopaminrezeptoren (AmOctαR1, AmOctβR1-4), einen charakterisierten Tyraminrezeptor (AmTyr1) sowie einen weiteren putativen Tyraminrezeptor.
In der vorliegenden Arbeit wurde dieser putative Aminrezeptor als zweiter Tyraminrezeptor (AmTyr2) identifiziert, lokalisiert und pharmakologisch charakterisiert.
Die von der cDNA abgeleitete Aminosäuresequenz weist strukturelle Eigenschaften und konservierte Motive von G Protein gekoppelten Rezeptoren auf. Phylogenetisch ordnet sich der AmTyr2 Rezeptor bei den Tyramin 2 Rezeptoren anderer Insekten ein. Die funktionelle und pharmakologische Charakterisierung des putativen Tyraminrezeptors erfolgte in modifizierten HEK293 Zellen, die mit der Rezeptor cDNA transfiziert wurden. Die Applikation von Tyramin aktiviert Adenylylcyclasen in diesen Zellen und resultiert in einem Anstieg des intrazellulären cAMP Gehalts. Der AmTyr2 Rezeptor kann durch Tyramin in nanomolaren Konzentrationen halbmaximal aktiviert werden. Während es sich bei Octopamin um einen wirkungsvollen Agonisten des Rezeptors handelt, sind Mianserin und Yohimbin effektive Antagonisten. Für die Lokalisierung des Rezeptorproteins wurde ein polyklonaler Antikörper generiert. Eine AmTyr2-ähnliche Immunreaktivität zeigt sich im Gehirn in den optischen Loben, den Antennalloben, dem Zentralkomplex und in den Kenyon Zellen der Pilzkörper.
Des Weiteren wurde die Rolle der Octopamin- und Tyraminrezeptoren bei der Steuerung der altersabhängigen Arbeitsteilung analysiert.
Die Genexpression des AmOctαR1 in verschiedenen Gehirnteilen korreliert unabhängig vom Alter mit der sozialen Rolle, während sich die Genexpression von AmOctβR3/4 und den Tyraminrezeptoren AmTyr1 und AmTyr2 maximal mit dem Alter aber nicht der sozialen Rolle ändert. Sammlerinnen weisen einen höheren Octopamingehalt im Gesamtgehirn auf als Ammenbienen; bei Tyramin zeigen sich keine Unterschiede. Während Tyramin offensichtlich keine direkte Rolle spielt, werden durch Octopamin gesteuerte Prozesse der altersabhängigen Arbeitsteilung bei der Honigbiene vermutlich über den AmOctαR1 vermittelt.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen die wichtige Rolle von biogenen Aminen, insbesondere Octopamin bei der sozialen Organisation von Insektenstaaten.
Die Interaktionen von komplexen Kohlenhydraten und Proteinen sind ubiquitär. Sie spielen wichtige Rollen in vielen physiologischen Prozessen wie Zelladhäsion, Signaltransduktion sowie bei viralen Infektionen. Die molekularen Grundlagen der Interaktion sind noch nicht komplett verstanden. Ein Modellsystem für Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen besteht aus Adhäsionsproteinen (Tailspikes) von Bakteriophagen, die komplexe Kohlenhydrate auf bakteriellen Oberflächen (O-Antigen) erkennen. Das Tailspike-Protein (TSP), das in dieser Arbeit betrachtet wurde, stammt aus dem Bakteriophagen 9NA (9NATSP). 9NATSP weist eine hohe strukturelle Homologie zum gut charakterisierten TSP des Phagen P22 (P22TSP) auf, bei einer niedriger sequenzieller Ähnlichkeit. Die Substratspezifitäten beider Tailspikes sind ähnlich mit Ausnahme der Toleranz gegenüber den glucosylierten Formen des O-Antigens. Die Struktur der beiden Tailspikes ist bekannt, sodass sie ein geeignetes System für vergleichende Bindungsstudien darstellen, um die strukturellen Grundlagen für die Unterschiede der Spezifität zu untersuchen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde der ELISA-like tailspike adsorption assay (ELITA) etabliert, um Binderpaare aus TSPs und O-Antigen zu identifizieren. Dabei wurden 9NATSP und P22TSP als Sonden eingesetzt, deren Bindung an die intakten, an die Mikrotiterplatte adsorbierten Bakterien getestet wurde. Beim Test einer Sammlung aus 44 Salmonella-Stämmen wurden Stämme identifiziert, die bindendes O-Antigen exprimieren. Gleichzeitig wurden Unterschiede in der Bindung der beiden TSPs an Salmonella-Stämme mit gleichem O-Serotyp beobachtet. Die Ergebnisse der ELITA-Messung wurden qualitativ durch eine FACS-basierte Bindungsmessung bestätigt. Zusätzlich ermöglichte die FACS-Messung bei Stämmen, die teilweise modifizierte O-Antigene herstellen, den Anteil an Zellen mit und ohne Modifikation zu erfassen.
Die Oberflächenplasmonresonanz (SPR)-basierten Interaktionsmessungen wurden eingesetzt, um Bindungsaffinitäten für eine TSP-O-Antigen Kombination zu quantifizieren. Dafür wurden zwei Methoden getestet, um die Oligosaccharide auf einem SPR-Chip zu immobilisieren. Zum einen wurden die enzymatisch hergestellten O-Antigenfragmente mit einem bifunktionalen Oxaminadapter derivatisiert, der eine primäre Aminogruppe für die Immobilisierung bereitstellt. Ein Versuch, diese Oligosaccharidfragmente zu immobilisieren, war jedoch nicht erfolgreich. Dagegen wurde das nicht derivatisierte Polysaccharid, bestehend aus repetitivem O-Antigen und einem konservierten Kernsaccharid, erfolgreich auf einem SPR-Chip immobilisiert. Die Immobilisierung wurde durch Interaktionsmessungen mit P22TSP bestätigt. Durch die Immobilisierung des Polysaccharids sind somit quantitative SPR-Bindungsmessungen mit einem polydispersen Interaktionspartner möglich.
Eine Auswahl von Salmonella-Stämmen mit einer ausgeprägt unterschiedlichen Bindung von 9NATSP und P22TSP im ELITA-Testsystem wurde hinsichtlich der Zusammensetzung des O-Antigens mittels HPLC, Kapillargelelektrophorese und MALDI-MS analysiert. Dabei wurden nicht-stöchiometrische Modifikationen der O-Antigene wie Acetylierung und Glucosylierung detektiert. Das Ausmaß der Glucosylierung korrelierte negativ mit der Effizienz der Bindung und des Verdaus durch die beiden TSPs, wobei der negative Effekt bei 9NATSP weniger stark ausgeprägt war als bei P22TSP. Dies stimmt mit den Literaturdaten zu Infektivitätsstudien mit 9NA und P22 überein, die mit Stämmen mit vergleichbaren O-Antigenvarianten durchgeführt wurden. Die Korrelation zwischen der Glucosylierung und Bindungseffizienz konnte strukturell interpretiert werden.
Auf Grundlage der O-Antigenanalysen sowie der Ergebnisse der ELITA- und FACS-Bindungstests wurden die Salmonella-Stämme Brancaster und Kalamu identifiziert, die annähernd quantitativ glucosyliertes O-Antigen exprimieren. Damit eignen sich diese Stämme für weiterführende Studien, um die Zusammenhänge zwischen der Spezifität und der Organisation der Bindestellen der beiden TSPs zu untersuchen.
Erucasäure ist eine einfach ungesättigte Fettsäure, die sich in großer Menge im Samen von Raps und anderen Kreuzblütlern findet. Ernährungsphysiologisch gilt sie als problematisch, da sie eine nachweislich schädliche Wirkung auf die Herzmuskulatur hat. Daher wurde sie im Laufe des 20. Jahrhunderts zum größten Teil aus dem Deutschen Winterraps durch Züchtung fast vollständig eliminiert. In einigen Zweigen der Industrie ist sie jedoch weiterhin ein bedeutender Rohstoff. In dieser Arbeit wird die Papierchromatographie als kostengünstige Methode zur Trennung von Fettsäuren vorgestellt, welche auch im Schulunterricht angewendet werden kann. Diese veraltete Methode wurde reaktiviert und für die vorliegenden Zwecke optimiert. Mit Hilfe der hier beschriebenen Papierchromatographie lassen sich sowohl Rapssamen auf ihren qualitativen Gehalt an Erucasäure untersuchen, als auch eine Vielzahl von ungesättigten Fettsäuren in Raps- und auch Leinsamen qualitativ nachweisen. Es ist so möglich erucasäurefreie und erucasäurehaltige Rapssamen auf dem Papier zu unterscheiden. Der Gehalt an Erucasäure, welcher von nur zwei additiv wirkenden Genen gesteuert wird, kann im Schulunterricht z.B. im Themenbereich „Errungenschaften der Pflanzenzüchtung“ als praktisches Beispiels herangezogen werden. Durch die hier beschriebene Methode können die Mendelschen Regeln anhand dieses phänotypischen Merkmals erarbeitet oder vertieft werden. Zudem ermöglicht die praktische Untersuchung von Erucasäure themenübergreifendes Arbeiten im Biologieunterricht, da sie klassische Genetik mit moderner Pflanzenzüchtung verbindet.
Tierische und menschliche Fäkalien aus Landwirtschaft und Haushalten enthalten zahlreiche obligat und opportunistisch pathogene Mikroorganismen, deren Konzentration u. a. je nach Gesundheitszustand der betrachteten Gruppe schwankt. Neben den Krankheitserregern enthalten Fäkalien aber auch essentielle Pflanzennährstoffe (276) und dienen seit Jahrtausenden (63) als Dünger für Feldfrüchte. Mit der unbedarften Verwendung von pathogenbelastetem Fäkaldünger steigt jedoch auch das Risiko einer Infektion von Mensch und Tier. Diese Gefahr erhöht sich mit der globalen Vernetzung der Landwirtschaft, z. B. durch den Import von kontaminierten Futter- bzw. Lebensmitteln (29).
Die vorliegende Arbeit stellt die milchsaure Fermentation von Rindergülle und Klärschlamm als alternative Hygienisierungsmethode gegenüber der Pasteurisation in Biogasanlagen bzw. gebräuchlichen Kompostierung vor.
Dabei wird ein Abfall der Gram-negativen Bakterienflora sowie der Enterokokken, Schimmel- und Hefepilze unter die Nachweisgrenze von 3 log10KbE/g beobachtet, gleichzeitig steigt die Konzentration der Lactobacillaceae um das Tausendfache. Darüber hinaus wird gezeigt, dass pathogene Bakterien wie Staphylococcus aureus, Salmonella spp., Listeria monocytogenes, EHEC O:157 und vegetative Clostridum perfringens-Zellen innerhalb von 3 Tagen inaktiviert werden. Die Inaktivierung von ECBO-Viren und Spulwurmeiern erfolgt innerhalb von 7 bzw. 56 Tagen. Zur Aufklärung der Ursache der beobachteten Hygienisierung wurde das fermentierte Material auf flüchtige Fettsäuren sowie pH-Wertänderungen untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass die gemessenen Werte nicht die alleinige Ursache für das Absterben der Erreger sind, vielmehr wird eine zusätzliche bakterizide Wirkung durch eine mutmaßliche Bildung von Bakteriozinen in Betracht gezogen. Die parasitizide Wirkung wird auf die physikalischen Bedingungen der Fermentation zurückgeführt.
Die methodischen Grundlagen basieren auf Analysen mittels zahlreicher klassisch-kultureller Verfahren, wie z. B. der Lebendkeimzahlbestimmung. Darüber hinaus findet die MALDI-TOF-Massenspektrometrie und die klassische PCR in Kombination mit der Gradienten-Gelelektrophorese Anwendung, um kultivierbare Bakterienfloren zu beschreiben bzw. nicht kultivierbare Bakterienfloren stichprobenartig zu erfassen.
Neben den Aspekten der Hygienisierung wird zudem die Eignung der Methode für die landwirtschaftliche Nutzung berücksichtigt. Dies findet sich insbesondere in der Komposition des zu fermentierenden Materials wieder, welches für die verstärkte Humusakkumulation im Ackerboden optimiert wurde. Darüber hinaus wird die Masseverlustbilanz während der milchsauren Fermentation mit denen der Kompostierung sowie der Verarbeitung in der Biogasanlage verglichen und als positiv bewertet, da sie mit insgesamt 2,45 % sehr deutlich unter den bisherigen Alternativen liegt (73, 138, 458). Weniger Verluste an organischem Material während der Hygienisierung führen zu einer größeren verwendbaren Düngermenge, die auf Grund ihres organischen Ursprungs zu einer Verstärkung des Humusanteiles im Ackerboden beitragen kann (56, 132).
Weltweit streben Anti-Doping Institute danach jene Sportler zu überführen, welche sich unerlaubter Mittel oder Methoden bedienen. Die hierfür notwendigen Testsysteme werden kontinuierlich weiterentwickelt und neue Methoden aufgrund neuer Wirkstoffe der Pharmaindustrie etabliert. Gegenstand dieser Arbeit war es, eine parallele Mehrkomponentenanalyse auf Basis von Antigen-Antikörper Reaktionen zu entwickeln, bei dem es primär um Verringerung des benötigten Probevolumens und der Versuchszeit im Vergleich zu einem Standard Nachweis-Verfahren ging. Neben der Verwendung eines Multiplex Ansatzes und der Mikroarraytechnologie stellten ebenfalls die Genauigkeit aller Messparameter, die Stabilität des Versuchsaufbaus sowie die Performance über einen Einfach-Blind-Ansatz Herausforderungen dar. Die Anforderung an den Multiplex Ansatz, keine falschen Signale trotz ähnlicher Strukturen zu messen, konnte durch die gezielte Kombination von spezifischen Antikörpern realisiert werden. Hierfür wurden neben Kreuzreaktivitätstests auf dem Mikroarray parallel erfolgreich Western Blot Versuche durchgeführt. Jene Antikörper, welche in diesen Versuchen die gesetzten Anforderungen erfüllten, wurden für das Ermitteln der kleinsten nachweisbaren Konzentration verwendet. Über das Optimieren der Versuchsbedingungen konnte unter Verwendung von Tween in der Waschlösung sowohl auf Glas als auch auf Kunststoff die Hintergrundfluoreszenz reduziert und somit eine Steigerung des Signal/Hintergrundverhältnisses erreicht werden. In den Versuchen zu Ermittlung der Bestimmungsgrenze wurde für das humane Choriongonadotropin (hCG-i) eine Konzentration von 10 mU/ml, für dessen beta-Untereinheit (hCG-beta) eine Konzentration von 3,6 mU/ml und für das luteinisierende Hormon (LH) eine Konzentration von 10 mU/ml bestimmt. Den ermittelten Wert im Serum für das hCG-i entspricht dem von der Welt-Anti-Dopin-Agentur (WADA) geforderten Wert in Urin von 5 mU/ml. Neben der Ermittlung von Bestimmungsgrenzen wurden diese hinsichtlich auftretender Matrixeffekte in Serum und Blut gemessen. Wie aus den Versuchen zur Ermittlung von Kreuzreaktivitäten auf dem Mikroarray zu entnehmen ist, lassen sich das LH, das hCG-i und hCG-β ebenfalls in Serum und Blut messen. Die Durchführung einer Performance-Analyse über einem Einfach-Blind-Ansatz mit 130 Serum Proben, wurde ebenfalls über dieses System realisiert. Die ausgewerteten Proben wurden anschließend über eine Grenzwertoptimierungskurve analysiert und die diagnostische Spezifität ermittelt. Für die Messungen des LH konnte eine Sensitivität und Spezifität von 100% erreicht werden. Demnach wurden alle negativen und positiven Proben eindeutig interpretiert. Für das hCG-β konnte ebenfalls eine Spezifität von 100% und eine Sensitivität von 97% erreicht werden. Die hCG-i Proben wurden mit einer Spezifität von 100% und eine Sensitivität von 97,5% gemessen. Um den Nachweis zu erbringen, dass dieser Versuchsaufbau über mehrere Wochen stabile Signale bei Vermessen von identischen Proben liefert, wurde ein über zwölf Wochen angesetzter Stabilitätstest für alle Parameter erfolgreich in Serum und Blut durchgeführt. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit erfolgreich eine Mehrkomponentenanalyse als Multiplex Ansatz auf einem Mikroarray entwickelt werden. Die Durchführung der Performance-Analyse und des Stabilitätstests zeigen bereits die mögliche Einsatzfähigkeit dieses Tests im Kontext einer Dopinganalyse.
Der Bittergeschmack dient Säugern vermutlich zur Wahrnehmung und Vermeidung toxischer Substanzen. Bitterstoffe können jedoch auch gesund sein oder werden oft bereitwillig mit der Nahrung aufgenommen. Ob sie geschmacklich unterschieden werden können, ist allerdings umstritten. Detektiert werden Bitterstoffe von oralen Bittergeschmacksrezeptoren, den TAS2R (human) bzw. Tas2r (murin). In der Literatur gibt es aber immer mehr Hinweise darauf, dass überdies Tas2r nicht nur in extragustatorischen Organen exprimiert werden, sondern dort auch wichtige Aufgaben erfüllen könnten, was wiederum die Aufklärung ihrer noch nicht vollständig entschlüsselten Funktionsweisen erfordert. So ist noch unbekannt, ob alle bisher als funktionell identifizierten Tas2r wirklich gustatorische Funktionen erfüllen.
Im Rahmen der Charakterisierung neu generierter, im Locus des Bittergeschmacksrezeptors Tas2r131 genetisch modifizierter Mauslinien, wurde in vorliegender Arbeit die gustatorische sowie extragustatorische Expression von Tas2r131 untersucht. Dass Tas2r131 nicht nur in Pilzpapillen, Wall- und Blätterpapillen (VP+FoP), Gaumen, Ductus nasopalatinus, Vomeronasalorgan und Kehldeckel, sondern auch in Thymus, Testes und Nebenhodenkopf, in Gehirnarealen sowie im Ganglion geniculatum nachgewiesen wurde, bildete die Grundlage für weiterführende Studien. Die vorliegende Arbeit zeigt außerdem, dass Tas2r108, Tas2r126, Tas2r135, Tas2r137 und Tas2r143 in Blut exprimiert werden, was auf eine heterogene Funktion der Tas2r hindeutet. Dass zusätzlich erstmals die Expression aller 35 als funktionell beschriebenen Tas2r im gustatorischen VP+FoP-Epithel von C57BL/6-Mäusen nachgewiesen wurde, verweist auf deren Relevanz als funktionelle Geschmacksrezeptoren.
Weiter zeigten Untersuchungen zur Aufklärung eines möglichen Bitter-Unterscheidungsvermögens in Geschmackspapillen von Mäusen mit fluoreszenzmarkierten oder ablatierten Tas2r131-Zellen, dass Tas2r131 exprimierende Zellen eine Tas2r-Zellsubpopulation bilden. Darüber hinaus existieren innerhalb der Bitterzellen geordnete Tas2r-Expressionsmuster, die sich nach der chromosomalen Lage ihrer Gene richten. Isolierte Bitterzellen reagieren heterogen auf bekannte Bitterstoffe. Und Mäuse mit ablatierter Tas2r131-Zellpopulation besitzen noch andere Tas2r-Zellen und schmecken damit einige Bitterstoffe kaum noch, andere aber noch sehr gut. Diese Befunde belegen die Existenz verschiedener gustatorischer Tas2r-Zellpopulationen, welche die Voraussetzung bilden, Bitterstoffe heterogen zu detektieren. Ob dies die Grundlage für ein divergierendes Verhalten gegenüber unverträglichen und harmlosen oder gar nützlichen Bitterstoffen darstellt, kann mit Hilfe der dargelegten Tas2r-Expressionsmuster künftig in Verhaltensexperimenten geprüft werden.
Die Bittergeschmackswahrnehmung in Säugetieren stellt sich als ein hochkomplexer Mechanismus dar, dessen Vielschichtigkeit durch die hier neu aufgezeigten heterogenen Tas2r-Expressions- und Funktionsmuster erneut verdeutlicht wird.
Die Häufung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebsarten, deren Entstehung auf Übergewicht und Bewegungsmangel zurückzuführen sind, ist ein aktuelles Problem unserer Gesellschaft. Insbesondere mit fortschreitendem Alter nehmen die damit einhergehenden Komplikationen zu. Umso bedeutender ist das Verständnis der pathologischen Mechanismen in Folge von Adipositas, Bewegungsmangel, des Alterungsprozesses und den Einfluss-nehmenden Faktoren.
Ziel dieser Arbeit war die Entstehung metabolischer Erkrankungen beim Menschen zu untersuchen. Die Auswertung von Verlaufsdaten anthropometrischer und metabolischer Parameter der 584 Teilnehmern der prospektiven ‚Metabolisches Syndrom Berlin Potsdam Follow-up Studie‘ wies für die gesamte Kohorte einen Anstieg an Übergewicht, ebenso eine Verschlechterung des Blutdrucks und des Glukosestoffwechsels auf. Wir untersuchten, ob das Hormon FGF21 Einfluss an dem Auftreten eines Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) oder des Metabolischen Syndroms (MetS) hat. Wir konnten zeigen, dass Personen, die später ein MetS entwickeln, bereits zu Studienbeginn einen erhöhten FGF21-Spiegel, einen höheren BMI, WHR, Hb1Ac und diastolischen Blutdruck aufwiesen. Neben FGF21 wurde auch Vaspin in diesem Zusammenhang untersucht. Es zeigte sich, dass Personen, die später einen T2DM entwickeln, neben einer Erhöhung klinischer Parameter tendenziell erhöhte Spiegel des Hormons aufwiesen. Mit FGF21 und Vaspin wurden hier zwei neue Faktoren für die Vorhersage des Metabolischen Syndroms bzw. Diabetes mellitus Typ 2 identifiziert.
Der langfristige Effekt einer Gewichtsreduktion wurde in einer Subkohorte von 60 Personen untersucht. Der überwiegende Teil der Probanden mit Gewichtsabnahme-Intervention nahm in der ersten sechsmonatigen Phase erfolgreich ab. Jedoch zeigte sich ein deutlicher Trend zur Wiederzunahme des verlorenen Gewichts über den Beobachtungszeitraum von fünf Jahren. Von besonderem Interesse war die Abschätzung des kardiovaskulären Risikos über den Framingham Score. Es wurde deutlich, dass für Personen mit konstanter Gewichtsabnahme ein deutlich geringeres kardiovaskuläres Risiko bestand. Hingegen zeigten Personen mit konstanter Wiederzunahme oder starken Gewichtsschwankungen ein hohes kardiovaskuläres Risiko. Unsere Daten legten nahe, dass eine erfolgreiche dauerhafte Gewichtsreduktion statistisch mit einem erniedrigten kardiovaskulären Risiko assoziiert ist, während Probanden mit starken Gewichtsschwankungen oder einer Gewichtszunahme ein gesteigertes Risiko haben könnten.
Um die Interaktion der molekularen Vorgänge hinsichtlich der Gewichtsreduktion und Lebensspanne untersuchen zu können, nutzen wir den Modellorganismus C.elegans. Eine kontinuierliche Restriktion wirkte sich verlängernd, eine Überversorgung verkürzend auf die Lebensspanne des Rundwurms aus. Der Einfluss eines zeitlich eingeschränkten, intermittierenden Nahrungsregimes, analog zum Weight-Cycling im Menschen, auf die Lebensspanne war von großem Interesse. Dieser regelmäßige Wechsel zwischen ad libitum Fütterung und Restriktion hatte in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Restriktion einen unterschiedlich starken lebensverlängernden Effekt. Phänomene, wie Gewichtswiederzunahmen, sind in C.elegans nicht zu beobachten und beruhen vermutlich auf einem Mechanismus ist, der evolutionär jünger und in C.elegans noch nicht angelegt ist.
Um neue Stoffwechselwege zu identifizieren, die die Lebensspanne beeinflussen, wurden Metabolitenprofile genetischer als auch diätetischer Langlebigkeitsmodelle analysiert. Diese Analysen wiesen den Tryptophan-Stoffwechsel als einen neuen, bisher noch nicht im Fokus stehenden Stoffwechselweg aus, der mit Langlebigkeit in Verbindung steht.
Intensive Forschung hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer sehr detaillierten Charakterisierung des Geschmackssystems der Säugetiere geführt. Dennoch sind mit den bislang eingesetzten Methoden wichtige Fragestellungen unbeantwortet geblieben. Eine dieser Fragen gilt der Unterscheidung von Bitterstoffen. Die Zahl der Substanzen, die für den Menschen bitter schmecken und in Tieren angeborenes Aversionsverhalten auslösen, geht in die Tausende. Diese Substanzen sind sowohl von der chemischen Struktur als auch von ihrer Wirkung auf den Organismus sehr verschieden. Während viele Bitterstoffe potente Gifte darstellen, sind andere in den Mengen, die mit der Nahrung aufgenommen werden, harmlos oder haben sogar positive Effekte auf den Körper. Zwischen diesen Gruppen unterscheiden zu können, wäre für ein Tier von Vorteil. Ein solcher Mechanismus ist jedoch bei Säugetieren nicht bekannt. Das Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Verarbeitung von Geschmacksinformation in der ersten Station der Geschmacksbahn im Mausgehirn, dem Nucleus tractus solitarii (NTS), mit besonderem Augenmerk auf der Frage nach der Diskriminierung verschiedener Bitterstoffe. Zu diesem Zweck wurde eine neue Untersuchungsmethode für das Geschmackssystem etabliert, die die Nachteile bereits verfügbarer Methoden umgeht und ihre Vorteile kombiniert. Die Arc-catFISH-Methode (cellular compartment analysis of temporal activity by fluorescent in situ hybridization), die die Charakterisierung der Antwort großer Neuronengruppen auf zwei Stimuli erlaubt, wurde zur Untersuchung geschmacksverarbeitender Zellen im NTS angewandt. Im Zuge dieses Projekts wurde erstmals eine stimulusinduzierte Arc-Expression im NTS gezeigt. Die ersten Ergebnisse offenbarten, dass die Arc-Expression im NTS spezifisch nach Stimulation mit Bitterstoffen auftritt und sich die Arc exprimierenden Neurone vornehmlich im gustatorischen Teil des NTS befinden. Dies weist darauf hin, dass Arc-Expression ein Marker für bitterverarbeitende gustatorische Neurone im NTS ist. Nach zweimaliger Stimulation mit Bittersubstanzen konnten überlappende, aber verschiedene Populationen von Neuronen beobachtet werden, die unterschiedlich auf die drei verwendeten Bittersubstanzen Cycloheximid, Chininhydrochlorid und Cucurbitacin I reagierten. Diese Neurone sind vermutlich an der Steuerung von Abwehrreflexen beteiligt und könnten so die Grundlage für divergentes Verhalten gegenüber verschiedenen Bitterstoffen bilden.
Korrelation zwischen der genetischen und der funktionellen Diversität humaner Bitterrezeptoren
(2013)
Der Mensch besitzt ~25 funktionelle Bitterrezeptoren (TAS2R), die für die Wahrnehmung potenziell toxischer Substanzen in der Nahrung verantwortlich sind. Aufgrund der großen genetischen Variabilität der TAS2R-Gene könnte es eine Vielzahl funktionell unterschiedlicher TAS2R-Haplotypen geben, die zu Unterschieden der Bitterwahrnehmung führen. Dies konnte bereits in funktionellen Analysen und sensorischen Studien für einzelne Bitterrezeptoren gezeigt werden. In dieser Arbeit wurden die häufigsten Haplotypen aller 25 Bitterrezeptoren verschiedener Ethnien funktionell charakterisiert. Das Ziel war eine umfassende Aussage über die funktionelle Diversität der TAS2Rs, die die molekulare Grundlage für individuelle Bitterwahrnehmung bildet, treffen zu können. Fehlende Varianten wurden aus genomischer DNA kloniert oder durch gezielte Mutagenese bereits vorhandener TAS2R-Konstrukte generiert. Die funktionelle Analyse erfolgte mittels Expression der TAS2R-Haplotypen in HEK293TG16gust44 Zellen und anschließenden Calcium-Imaging-Experimenten mit zwei bekannten Agonisten. Die Haplotypen der fünf orphanen TAS2Rs wurden mit über hundert Bitterstoffen stimuliert. Durch die gelungene Deorphanisierung des TAS2R41 in dieser Arbeit, wurden für die 21 aktivierbaren TAS2Rs 36 funktionell-unterschiedliche Haplotypen identifiziert. Die tatsächliche funktionelle Vielfalt blieb jedoch deutlich hinter der genetischen Variabilität der TAS2Rs zurück. Neun Bitterrezeptoren wiesen funktionell homogene Haplotypen auf oder besaßen nur eine weltweit vorherrschende Variante. Funktionell heterogene Haplotypen wurden für zwölf TAS2Rs identifiziert. Inaktive Varianten der Rezeptoren TAS2R9, TAS2R38 und TAS2R46 sollten die Wahrnehmung von Bitterstoffen wie Ofloxacin, Cnicin, Hydrocortison, Limonin, Parthenolid oder Strychnin beeinflussen. Unterschiedlich sensitive Varianten, besonders der Rezeptoren TAS2R47 und TAS2R49, sollten für Agonisten wie Absinthin, Amarogentin oder Cromolyn ebenfalls zu phänotypischen Unterschieden führen. Wie für den TAS2R16 bereits gezeigt, traten Haplotypen des funktionell heterogenen TAS2R7 und TAS2R41 ethnien-spezifisch auf, was auf lokale Anpassung und verschiedene Phänotypen hinweisen könnte. Weiterführend muss nun eine Analyse der funktionell-variablen TAS2Rs in sensorischen Tests erfolgen, um ihre phänotypische Relevanz zu prüfen. Die Analyse der funktionsmodulierenden Aminosäurepositionen, z.Bsp. des TAS2R44, TAS2R47 oder TAS2R49, könnte weiterführend zum besseren Verständnis der Rezeptor-Ligand- und Rezeptor-G-Protein-Interaktion beitragen.
Das Selenoprotein Glutathionperoxidase 2 (GPx2) ist ein epithelzellspezifisches, Hydroperoxide-reduzierendes Enzym, welches im Darmepithel, vor allem in den proliferierenden Zellen des Kryptengrundes, exprimiert wird. Die Aufrechterhaltung der GPx2-Expression im Kryptengrund auch bei subadäquatem Selenstatus könnte darauf hinweisen, dass sie hier besonders wichtige Funktionen wahrnimmt. Tatsächlich weisen GPx2 knockout (KO)-Mäuse eine erhöhte Apoptoserate im Kryptengrund auf. Ein Ziel dieser Arbeit war es deshalb, die physiologische Funktion der GPx2 näher zu untersuchen. In Kryptengrundepithelzellen aus dem Colon selenarmer GPx2 KO-Mäuse wurde eine erhöhte Caspase 3/7-Aktivität im Vergleich zum Wildtyp (WT) festgestellt. Zudem wiesen diese Zellen eine erhöhte Suszeptibilität für oxidativen Stress auf. Die GPx2 gewährleistet also den Schutz der proliferierenden Zellen des Kryptengrundes auch bei subadäquater Selenversorgung. Des Weiteren wurde im Colon selenarmer (-Se) und -adäquater (+Se) GPx2 KO-Mäuse im Vergleich zum WT eine erhöhte Tumornekrosefaktor α-Expression und eine erhöhte Infiltration von Makrophagen festgestellt. Durch Fütterung einer selensupplementierten Diät (++Se) konnte dies verhindert werden. In GPx2 KO-Mäusen liegt demnach bereits basal eine niedriggradige Entzündung vor. Dies unterstreicht, dass GPx2 vor allem eine wichtige antiinflammatorische Funktion im Darmepithel besitzt. Dem Mikronährstoff Selen werden protektive Funktionen in der Colonkanzerogenese zugeschrieben. In einem Mausmodell der Colitis-assoziierten Colonkanzerogenese wirkte GPx2 antiinflammatorisch und hemmte so die Tumorentstehung. Auf der anderen Seite wurden jedoch auch prokanzerogene Eigenschaften der GPx2 aufgedeckt. Deshalb sollte in dieser Arbeit untersucht werden, welchen Effekt ein GPx2 knockout in einem Modell der sporadischen, durch Azoxymethan (AOM) induzierten, Colonkanzerogenese hat. Im WT kam es in präneoplastischen Läsionen häufig zu einer erhöhten GPx2-Expression im Vergleich zur normalen Darmmucosa. Eine derartige Steigerung der GPx2-Expression wurde auch in der humanen Colonkanzerogenese beschrieben. Das Fehlen der GPx2 resultierte in einer verminderten Entstehung von Tumoren (-Se und ++Se) und präneoplastischen Läsionen (-Se und +Se). Somit förderte GPx2 die Tumorentstehung im AOM-Modell. Acht Stunden nach AOM-Gabe war im GPx2 KO-Colon im Vergleich zum WT eine erhöhte Apoptoserate in der Kryptenmitte (-Se, +Se), nicht jedoch im Kryptengrund oder in der ++Se-Gruppe zu beobachten. Möglicherweise wirkte GPx2 prokanzerogen, indem sie die effiziente Elimination geschädigter Zellen in der Tumorinitiationsphase verhinderte. Eine ähnliche Wirkung wäre auch durch die erhöhte GPx2-Expression in der Promotionsphase denkbar. So könnte GPx2 proliferierende präneoplastische Zellen vor oxidativem Stress, Apoptosen, oder auch der Antitumorimmunität schützen. Dies könnte durch ein Zusammenwirken mit anderen Selenoproteinen wie GPx1 und Thioredoxinreduktasen, für die ebenfalls auch prokanzerogene Funktionen beschrieben wurden, verstärkt werden. Eine wichtige Rolle könnte hier die Modulation des Redoxstatus in Tumorzellen spielen. Die Variation des Selengehalts der Diät hatte im WT einen eher U-förmigen Effekt. So traten in der –Se und ++Se-Gruppe tendenziell mehr und größere Tumore auf, als in der +Se Gruppe. Zusammenfassend schützt GPx2 also die proliferierenden Zellen des Kryptengrundes. Sie könnte jedoch auch proliferierende transformierte Zellen schützen und so die sporadische, AOM-induzierte Colonkanzerogenese fördern. In einem Modell der Colitis-assoziierten Colonkanzerogenese hatte GPx2 auf Grund ihrer antiinflammatorischen Wirkung einen gegenteiligen Effekt und hemmte die Tumorentstehung. Die Rolle der GPx2 in der Colonkanzerogenese ist also abhängig vom zugrunde liegenden Mechanismus und wird maßgeblich von der Beteiligung einer Entzündung bestimmt.
Escherichia (E.) coli ist als kommensales Bakterium ein wichtiger Bestandteil des Mikrobioms von Säugern, jedoch zudem der häufigste Infektionserreger des Menschen. Entsprechend des Infektionsortes werden intestinal (InPEC) und extraintestinal pathogene E. coli (ExPEC) unterschieden. Die Pathogenese von E. coli-Infektionen ist durch Virulenzfaktoren determiniert, welche von jeweils spezifischen virulenzassoziierten Genen (inVAGs und exVAGs) kodiert werden. Häufig werden exVAGs auch in E. coli-Isolaten aus dem Darm gesunder Wirte nachgewiesen. Dies führte zu der Vermutung, dass exVAGs die intestinale Kolonisierung des Wirtes durch E. coli unterstützen. Das Hauptziel dieser Arbeit bestand darin, das Wissen über den Einfluss von exVAGs auf die Besiedlung und damit die Adhäsion von E. coli an Epithelzellen des Darmtraktes zu erweitern. Die Durchführung einer solch umfassenden E. coli-Populationsstudie erforderte die Etablierung neuer Screeningmethoden. Für die genotypische Charakterisierung wurden mikropartikelbasierte Multiplex-PCR-Assays zum Nachweis von 44 VAGs und der Phylogenie etabliert. Für die phänotypische Charakterisierung wurden Adhäsions- und Zytotoxizitätsassays etabliert. Die Screeningmethoden basieren auf der VideoScan-Technologie, einem automatisierten bildbasierten Multifluoreszenzdetektionssystem. Es wurden 398 E. coli-Isolate aus 13 Wildsäugerarten und 5 Wildvogelarten sowie aus gesunden und harnwegserkrankten Menschen und Hausschweinen charakterisiert. Die Adhäsionsassays hatten zum Ziel, sowohl die Adhäsionsraten als auch die Adhäsionsmuster der 317 nicht hämolytischen Isolate auf 5 Epithelzelllinien zu bestimmen. Die Zytotoxizität der 81 hämolytischen Isolate wurde in Abhängigkeit der Inkubationszeit auf 4 Epithelzelllinien geprüft. In den E. coli-Isolaten wurde eine Reihe von VAGs nachgewiesen. Potentielle InPEC, insbesondere shigatoxinproduzierende und enteropathogene E. coli wurden aus Menschen, Hausschweinen und Wildtieren, vor allem aus Rehen und Feldhasen isoliert. exVAGs wurden mit stark variierender Prävalenz in Isolaten aus allen Arten detektiert. Die größte Anzahl und das breiteste Spektrum an exVAGs wurde in Isolaten aus Urin harnwegserkrankter Menschen, gefolgt von Isolaten aus Dachsen und Rehen nachgewiesen. In Isolaten der phylogenetischen Gruppe B2 wurden mehr exVAGs detektiert als in den Isolaten der phylogenetischen Gruppen A, B1 und D. Die Ergebnisse der Adhäsionsassays zeigten, dass die meisten Isolate zelllinien-, gewebe- oder wirtsspezifisch adhärierten. Ein Drittel der Isolate adhärierte an keiner Zelllinie und nur zwei Isolate adhärierten stark an allen Zelllinien. Grundsätzlich adhärierten mehr Isolate an humanen sowie an intestinalen Zelllinien. Besonders Isolate aus Eichhörnchen und Amseln sowie aus Urin harnwegserkrankter Menschen und Hausschweine waren in der Lage, stark zu adhärieren. Hierbei bildeten die Isolate als Adhäsionsmuster diffuse Adhäsion, Mikrokolonien, Ketten und Agglomerationen. Mittels statistischer Analysen wurden Assoziationen zwischen exVAGs und einer hohen Adhäsionsrate ersichtlich. So war beispielsweise das Vorkommen von afa/dra mit einer höheren Adhäsionsrate auf Caco-2- und 5637-Zellen und von sfa/foc auf IPEC-J2-Zellen assoziiert. Die Ergebnisse der Zytotoxizitätsassays zeigten eine sehr starke und zeitabhängige Zerstörung der Monolayer aller Epithelzelllinien durch die α-Hämolysin-positiven Isolate. Auffallend war die hohe Toxizität hämolytischer Isolate aus Wildtieren gegenüber den humanen Zelllinien. Mit den innerhalb dieser Arbeit entwickelten Screeningmethoden war es möglich, große Mengen an Bakterien zu charakterisieren. Es konnte ein Überblick über die Verbreitung von VAGs in E. coli aus unterschiedlichen Wirten gewonnen werden. Besonders Wildtiere wurden sowohl durch den Nachweis von VAGs in den entsprechenden Isolaten, verbunden mit deren Adhäsionsfähigkeit und ausgeprägter Zytotoxizität als Reservoire pathogener E. coli identifiziert. Ebenso wurde eine zelllinienspezifische Adhäsion von Isolaten mit bestimmten exVAGs deutlich. Damit konnte der mögliche Einfluss von exVAGs auf die intestinale Kolonisierung bestätigt werden. In weiterführenden Arbeiten sind jedoch Expressions- und Funktionsanalysen der entsprechenden Proteine unerlässlich. Es wird anhand der Mikrokoloniebildung durch kommensale E. coli vermutet, dass Adhäsionsmuster und demzufolge Kolonisierungsstrategien, die bisher pathogenen E. coli zugeschrieben wurden, eher als generelle Kolonisierungsstrategien zu betrachten sind. Das E. coli-α-Hämolysin wirkt im Allgemeinen zytotoxisch auf Epithelzellen. Ein in der Fachliteratur diskutierter adhäsionsunterstützender Mechanismus dieses Toxins ist demnach fragwürdig. Innerhalb dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die entwickelten Screeningmethoden umfassende Analysen einer großen Anzahl an E. coli-Isolaten ermöglichen.
Internalin J (InlJ) gehört zu der Klasse der bakteriellen, cysteinhaltigen (leucine-rich repeat) LRR Proteine. Bei den Internalinen handelt es sich um meist invasions-assoziierte Proteine der Listerien. Die LRR-Domäne von InlJ ist aus 15 regelmäßig wiederkehrenden, stark konservierten Sequenzeinheiten (repeats, 21 Aminosäuren) aufgebaut. Ein interessantes Detail dieses Internalins ist das stark konservierte Cystein innerhalb der repeats. Daraus ergibt sich eine ungewöhnliche Anordnung von 12 Cysteinen in einem Stapel. Die Häufigkeit von Cysteinen in InlJ ist für ein extrazelluläres Protein von L. monocytogenes außergewöhnlich, und die Frage nach ihrer Funktion daher umso brennender. Im Vergleich zum ubiquitären Vorkommen der sogenannten repeat-Proteine in der Natur sind Studien zu ihrer Stabilität und Faltung nicht äquivalent vertreten. Die zentrale Eigenschaft der repeat-Proteine ist ihr modularer Aufbau, der durch einfache Topologie gekennzeichnet ist und auf kurzreichenden Wechselwirkungen basiert. Diese Topologie macht repeat-Proteine zu idealen Modellproteinen, um die stabilitätsrelevanten Wechselwirkungen zu separieren und zuzuordnen. In der vorliegenden Arbeit wurde die Faltung und Entfaltung von InlJ umfassend charakterisiert und die Relevanz der Cysteine näher beleuchtet. Die spektroskopische Charakterisierung von InlJ zeigte, dass dessen Faltungszustand durch zwei Tryptophane im N- und C-Terminus fluoreszenzspektroskopisch gut zugänglich ist. Die thermodynamische Stabilität wurde mittels fluoreszenz-detektierten, Guanidiniumchlorid-induzierten Gleichgewichtsexperimenten bestimmt. Um die kinetischen Eigenschaften von InlJ zu erfassen, wurden die Faltungs- sowie die Entfaltungsreaktion spektroskopisch untersucht. Die Identifizierung der produktiven Faltungsreaktion war lediglich durch die Anwendung des reversen Doppelsprungexperiments möglich. Die Auswertung erfolgte nach dem Zweizustandsmodell, wonach die Faltung dem „Alles-oder-Nichts“ Prinzip folgt. Die Gültigkeit dieser Annahme wurde durch die kinetische Charakterisierung bestätigt. Es wurde sowohl in den Gleichgewichtsexperimenten als auch in den kinetisch erhaltenen Daten eine hohe freie Stabilisierungsenthalpie festgestellt. Die hohe Stabilität von InlJ geht mit hoher Kooperativität einher. Die kinetischen Daten zeigen zudem, dass die hohe Kooperativität hauptsächlich der Faltungsreaktion entstammt. Der Tanford-Wert von 0.93 impliziert, dass die Oberflächenänderung während der Faltung bereits zum größten Teil erfolgt ist, bevor der Übergangszustand ausgebildet wurde. Direkte strukturelle Informationen über den Übergangszustand wurden mit Hilfe von Mutationsstudien erhalten. Zu diesem Zweck wurden 12 der 14 Cysteine gegen ein Alanin ausgetauscht. Die repeats 1 bis 11 von InlJ beinhalten jeweils ein Cystein, deren Anordnung eine Leiter ergibt. Deren Substitutionen haben einen vergleichbar destabilisierenden Effekt auf InlJ von durchschnittlich 4.8 kJ/mol. Die Verlangsamung der Faltung deutet daraufhin, dass die Interaktionen der repeats 5 bis 11 im Übergangszustand bereits voll ausgebildet sind. Demnach liegt bei InlJ ein zentraler Faltungsnukleus vor. Im Rahmen dieser Promotionsarbeit wurde eine hohe Stabilität und ein stark-kooperatives Verhalten für das extrazelluläre Protein InlJ beobachtet. Diese Erkenntnisse könnten wichtige Beiträge zur Entwicklung artifizieller repeat-Proteine leisten, deren Verwendung sich stetig ausweitet.
Die Bittergeschmacksrezeptoren stellen in der Superfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren eine besondere Gruppe dar. Im Menschen können die 25 Rezeptoren eine große Anzahl unterschiedlichster Bittergeschmacksstoffe detektieren. Diese Substanzen können sowohl schädlich, wie etwa Strychnin, als auch der Gesundheit förderliche Arzneistoffe, wie etwa Chloramphenicol sein. Unter den Bittergeschmacksrezeptoren des Menschen gibt es eine Gruppe von drei Rezeptoren, die besonders viele Bitterstoffe detektieren können. Einer von ihnen ist der Rezeptor hTAS2R10. In dieser Arbeit konnte sowohl experimentell als auch durch computergestützte Modellierung gezeigt werden, dass der hTAS2R10 nur eine Bindungstasche besitzt. Das stimmt mit den bisher ausführlich experimentell und in silico untersuchten Rezeptoren hTAS2R1, -R16, -R38 und -R46 überein. Die für die Agonisteninteraktionen nachweislich wichtigen Transmembrandomänen sind in den bisher untersuchten Bittergeschmacksrezeptoren, wie auch im hTAS2R10, die Transmembrandomänen 3, 5, 6 und 7. Die Untersuchungen zeigten, dass die Bindungstasche des hTAS2R10 in der oberen Hälfte des zum extrazellulären Raum gerichteten Bereichs lokalisiert ist. Insbesondere konnte für die untersuchten Agonisten Strychnin, Parthenolid und Denatoniumbenzoat gezeigt werden, dass die Seitenketten der Aminosäuren in Position 3.29 und 5.40 ausgeprägte agonistenselektive Wechselwirkungen eingehen. Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass das weitgefächerte Agonistenspektrum des hTAS2R10 zu Lasten der Sensitivität für einzelne Bitterstoffe geht. Der Vergleich wichtiger Positionen im hTAS2R10, hTAS2R46 und mTas2r105 hat deutlich gemacht, dass sich die Bindungsmodi zwischen diesen Rezeptoren unterscheiden. Dies deutet auf eine getrennte evolutionäre Entwicklung der Bindungseigenschaften dieser Rezeptoren hin. Gleichfalls zeigten die Untersuchungen, dass einige Positionen wie z.B. 7.39 die Funktion aller untersuchten Bittergeschmacksrezeptoren prägen, sich jedoch die genaue Bedeutung im jeweiligen Rezeptor unterscheiden kann. Einzelne dieser Positionen konnten auch bei der Agonisteninteraktion des Rhodopsins und des β2-adrenergen Rezeptors beobachtet werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit helfen dabei die Wechselwirkungen zwischen Bitterstoffen und den Bittergeschmacksrezeptoren zu verstehen und geben erste Einblicke in die Entwicklung der Rezeptoren in Hinblick auf ihren Funktionsmechanismus. Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um Inhibitoren zu entwickeln, die sowohl ein wichtiges Werkzeug in der Rezeptoranalytik wären, als auch dazu genutzt werden könnten, den unerwünschten bitteren Geschmack von Medikamenten oder gesundheitsfördernden sekundären Pflanzenstoffen zu mindern. Damit könnte ein Beitrag zur Gesundheit der Menschen geleistet werden.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Auswirkungen von Glucose- und Lipidtoxizität auf die Funktion der β-Zellen von Langerhans-Inseln in einem diabetesresistenten (B6.V-Lepob/ob, ob/ob) sowie diabetessuszeptiblen (New Zealand Obese, NZO) Mausmodell zu untersuchen. Es sollten molekulare Mechanismen identifiziert werden, die zum Untergang der β-Zellen in der NZO-Maus führen bzw. zum Schutz der β-Zellen der ob/ob-Maus beitragen. Zunächst wurde durch ein geeignetes diätetisches Regime in beiden Modellen durch kohlenhydratrestriktive Ernährung eine Adipositas(Lipidtoxizität) induziert und anschließend durch Fütterung einer kohlenhydrathaltigen Diät ein Zustand von Glucolipotoxizität erzeugt. Dieses Vorgehen erlaubte es, in der NZO-Maus in einem kurzen Zeitfenster eine Hyperglykämie sowie einen β-Zelluntergang durch Apoptose auszulösen. Im Vergleich dazu blieben ob/ob-Mäuse längerfristig normoglykämisch und wiesen keinen β-Zelluntergang auf. Die Ursache für den β-Zellverlust war die Inaktivierung des Insulin/IGF-1-Rezeptor-Signalwegs, wie durch Abnahme von phospho-AKT, phospho-FoxO1 sowie des β-zellspezifischen Transkriptionsfaktors PDX1 gezeigt wurde. Mit Ausnahme des Effekts einer Dephosphorylierung von FoxO1, konnten ob/ob-Mäuse diesen Signalweg aufrechterhalten und dadurch einen Verlust von β-Zellen abwenden. Die glucolipotoxischen Effekte wurden in vitro an isolierten Inseln beider Stämme und der β-Zelllinie MIN6 bestätigt und zeigten, dass ausschließlich die Kombination hoher Glucose und Palmitatkonzentrationen (Glucolipotoxizität) negative Auswirkungen auf die NZO-Inseln und MIN6-Zellen hatte, während ob/ob-Inseln davor geschützt blieben. Die Untersuchung isolierter Inseln ergab, dass beide Stämme unter glucolipotoxischen Bedingungen keine Steigerung der Insulinexpression aufweisen und sich bezüglich ihrer Glucose-stimulierten Insulinsekretion nicht unterscheiden. Mit Hilfe von Microarray- sowie immunhistologischen Untersuchungen wurde gezeigt, dass ausschließlich ob/ob-Mäuse nach Kohlenhydratfütterung eine kompensatorische transiente Induktion der β-Zellproliferation aufwiesen, die in einer nahezu Verdreifachung der Inselmasse nach 32 Tagen mündete. Die hier erzielten Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass der β-Zelluntergang der NZO-Maus auf eine Beeinträchtigung des Insulin/IGF-1-Rezeptor-Signalwegs sowie auf die Unfähigkeit zur β- Zellproliferation zurückgeführt werden kann. Umgekehrt ermöglichen der Erhalt des Insulin/IGF-1-Rezeptor-Signalwegs und die Induktion der β-Zellproliferation in der ob/ob-Maus den Schutz vor einer Hyperglykämie und einem Diabetes.
Die Restenose stellt ein zentrales Problem der interventionellen Kardiologie dar und ist häufigste Komplikation nach perkutanen Angioplastieverfahren. Hauptursache dieser Wiederverengung des Gefäßes ist die Bildung einer Neointima durch die Proliferation transdifferenzierter vaskulärer glatter Muskelzellen und die Sekretion extrazellulärer Matrix. Die Entstehung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und die Entzündungsreaktion nach der Gefäßverletzung werden als frühe, die Neointimabildung induzierende Prozesse diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden mehrere Projekte bearbeitet, die Aufschluss über die während der Neointimabildung statt findenden Prozesse geben sollen. Mit Hilfe eines Verletzungsmodells der murinen Femoralarterie wurde der Einfluss der Entzündung und der ROS-Bildung auf die Neointimabildung in der Maus untersucht. Die Behandlung mit dem mitochondrialen Superoxiddismutase-Mimetikum MitoTEMPO verminderte die Bildung der Neointima besser, als die Behandlung mit dem globalen ROS-Fänger N-Acetylcystein. Die stärkste Hemmung der Neointimabildung wurde jedoch durch die Immunsuppression mit Rapamycin erreicht. Interferon-γ (INFγ) ist ein wichtiges Zytokin der Th1-Immunantwort, das in Folge der Gefäßverletzung freigesetzt wird und die proinflammatorischen Chemokine CXCL9 (MIG, Monokine Induced by INF), CXCL10 (IP-10, INF inducible Protein of 10 kDa) und CXCL11 (I-TAC, Interferon inducible T cell-Chemoattractant) induziert. CXCL9, CXCL10 und CXCL11 sind Liganden des CXC-Chemokinrezeptors 3 (CXCR3) und locken chemotaktisch CXCR3 positive Entzündungszellen zum Ort der Gefäßverletzung. Daher wurde die spezielle Bedeutung des Chemokins CXCL10 in der Restenose untersucht. Dazu wurden CXCL10-defiziente Mäuse dem Femoralisverletzungsmodell unterzogen und die Gefäße nach 14 Tagen morphometrisch und immunhistologisch untersucht. CXCL10-Defizienz führte in Mäusen zu einer verminderten Neointimabildung, die mit einer verringerten Inflammation, Apoptose und Proliferation im verletzten Gefäß korrelierte. Neben der Inflammation beeinflusst aber auch die Reendothelialisierung der verletzten Gefäßwand die Restenose. Interessanterweise war im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen in den CXCL10-Knockout-Mäusen auch die Reendothelialisierung erheblich verbessert. Offensichtlich ist das CXCR3-Chemokinsystem also in völlig unterschiedliche biologische Prozesse involviert und beeinflusst nicht nur die Bildung der Neoimtima durch die Förderung der Entzündung, sondern auch die Unterdrückung der Reendothelialisierung der verletzten Gefäßwand. Tatsächlich wird der CXCR3 nicht nur auf Entzündungszellen, sondern auch auf Endothelzellen exprimiert. Zur separaten Untersuchung der Rolle des CXCR3 in der Inflammation und der Reendothelialisierung wurde im Rahmen dieser Arbeit damit begonnen konditionelle CXCR3-Knockout-Mäuse zu generieren, in denen der CXCR3 entweder in Entzündungszellen oder in Endothelzellen ausgeschaltet ist. Zum besseren Verständnis der molekularen Mechanismen, mit denen der CXCR3 seine Funktionen vermittelt, wurde zudem untersucht ob dieser mit anderen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) interagiert. Die Analyse von Coimmunpräzipitaten deutet auf eine Homodimerisierung der beiden CXCR3 Splicevarianten CXCR3A und CXCR3B, sowie auf die Heterodimerbildung von CXCR3A und CXCR3B mit sich, sowie jeweils mit CCR2, CCR3, CCR5 und den Opioidrezeptoren MOR und KOR hin. Die getestete Methode des Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfers (FRET) erwies sich jedoch als ungeeignet zur Untersuchung von CXCR3, da dieser in HEK293T-Zellen nicht korrekt transient exprimiert wurde. Insgesamt deuten die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass das CXCR3-Chemokinsystem eine zentrale Rolle in unterschiedlichen, die Neointimabildung beeinflussenden Prozessen spielt. Damit könnten der CXCR3 und insbesondere das Chemokin CXCL10 interessante Zielmoleküle in der Entwicklung neuer verbesserter Therapien zur Verhinderung der Restenose darstellen.
Im Fokus dieser Arbeit stand der Aufbau einer auf DNA basierenden Nanostruktur. Der universelle Vier-Buchstaben-Code der DNA ermöglicht es, Bindungen auf molekularer Ebene zu adressieren. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften der DNA prädestinieren dieses Makromolekül für den Einsatz und die Verwendung als Konstruktionselement zum Aufbau von Nanostrukturen. Das Ziel dieser Arbeit war das Aufspannen eines DNA-Stranges zwischen zwei Fixpunkten. Hierfür war es notwendig, eine Methode zu entwickeln, welche es ermöglicht, Funktionsmoleküle als Ankerelemente ortsaufgelöst auf eine Oberfläche zu deponieren. Das Deponieren dieser Moleküle sollte dabei im unteren Mikrometermaßstab erfolgen, um den Abmaßen der DNA und der angestrebten Nanostruktur gerecht zu werden. Das eigens für diese Aufgabe entwickelte Verfahren zum ortsaufgelösten Deponieren von Funktionsmolekülen nutzt das Bindungspaar Biotin-Neutravidin. Mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops (AFM) wurde eine zu einem „Stift“ umfunktionierte Rasterkraftmikroskopspitze so mit der zu deponierenden „Tinte“ beladen, dass das Absetzen von Neutravidin im unteren Mikrometermaßstab möglich war. Dieses Neutravidinmolekül übernahm die Funktion als Bindeglied zwischen der biotinylierten Glasoberfläche und dem eigentlichen Adressmolekül. Das somit generierte Neutravidin-Feld konnte dann mit einem biotinylierten Adressmolekül durch Inkubation funktionalisiert werden. Namensgebend für dieses Verfahren war die Möglichkeit, Neutravidin mehrmals zu deponieren und zu adressieren. Somit ließ sich sequenziell ein Mehrkomponenten-Feld aufbauen. Die Einschränkung, mit einem AFM nur eine Substanz deponieren zu können, wurde so umgangen. Ferner mußten Ankerelemente geschaffen werden, um die DNA an definierten Punkten immobilisieren zu können. Die Bearbeitung der DNA erfolgte mit molekularbiologischen Methoden und zielte darauf ab, einen DNA-Strang zu generieren, welcher an seinen beiden Enden komplementäre Adressequenzen enthält, um gezielt mit den oberflächenständigen Ankerelementen binden zu können. Entsprechend der Geometrie der mit dem AFM erzeugten Fixpunkte und den oligonukleotidvermittelten Adressen kommt es zur Ausbildung einer definierten DNA-Struktur. Mit Hilfe von fluoreszenzmikroskopischen Methoden wurde die aufgebaute DNA-Nanostruktur nachgewiesen. Der Nachweis der nanoskaligen Interaktion von DNA-bindenden Molekülen mit der generierten DNA-Struktur wurde durch die Bindung von PNA (peptide nucleic acid) an den DNA-Doppelstrang erbracht. Diese PNA-Bindung stellt ihrerseits ein funktionales Strukturelement im Nanometermaßstab dar und wird als Nanostrukturbaustein verstanden.
Die Fähigkeit, mit anderen Zellen zu kommunizieren, ist eine grundlegende Eigenschaft aller lebenden Zellen und essentiell für die normale Funktionsweise vielzelliger Organismen. Die Speicheldrüsen der Schmeißfliege Calliphora vicina bilden ein ausgezeichnetes physiologisches Modellsystem um zelluläre Signaltransduktionsprozesse an einem intakten Organ zu untersuchen. Die Speichelsekretion wird dabei hormonell durch das biogene Amin Serotonin (5-Hydroxytryptamin; 5-HT) reguliert. 5-HT aktiviert in den sekretorischen Zellen der Drüsen über die Bindung an mindestens zwei membranständige G-Protein gekoppelte Rezeptoren (GPCR) zwei separate Signalwege, den IP3/Ca2+- und den cAMP-Signalweg. Zur Identifizierung und Charakterisierung der 5-HT-Rezeptoren in den Speicheldrüsen von Calliphora wurden unter Anwendung verschiedener Klonierungsstrategien zwei cDNAs (Cv5-ht2α und Cv5-ht7) isoliert, die große Ähnlichkeit zu 5-HT2- und 5-HT7-Rezeptoren aus Säugetieren aufweisen. Die Hydropathieprofile der abgeleiteten Aminosäuresequenzen postulieren die für GPCRs charakteristische heptahelikale Architektur. Alle Aminosäuremotive, die für die Ligandenbindung, die Rezeptoraktivierung und die Kopplung an G-Proteine essentiell sind, liegen konserviert vor. Interessanterweise wurde für den Cv5-HT7-Rezeptor eine zusätzliche hydrophobe Domäne im N Terminus vorhergesagt. Die Cv5-HT2α-mRNA liegt in zwei alternativ gespleißten Varianten vor. Mittels RT-PCR-Experimenten konnte die Expression beider Rezeptoren in Gehirn und Speicheldrüsen adulter Fliegen nachgewiesen werden. Ein Antiserum gegen den Cv5-HT7 Rezeptor markiert in den Speicheldrüsen die basolaterale Plasmamembran. Die Expression der Rezeptoren in einem heterologen System (HEK 293-Zellen) bestätigte diese als funktionelle 5-HT Rezeptoren. So führte die Stimulation mit Serotonin für den Cv5-HT2α zu einer dosis-abhängigen Erhöhung der intrazellulären Ca2+ Konzentration ([Ca2+]i, EC50 = 24 nM). In Cv5-HT7-exprimierenden Zellen löste 5-HT dosisabhängig (EC50 = 4,1 nM) einen Anstieg der intrazellulären cAMP Konzentration ([cAMP]i) aus. Für beide heterolog exprimierten Rezeptoren wurden pharmakologische Profile erstellt. Liganden, die eine Rezeptorsubtyp-spezifische Wirkung vermuten ließen, wurden daraufhin auf ihre Wirkung auf das transepitheliale Potential (TEP) intakter Speicheldrüsenpräparate getestet. Drei 5-HT-Rezeptoragonisten: AS 19, R-(+)-Lisurid und 5-Carboxamidotryptamin führten zu einer cAMP-abhängigen Positivierung des TEP durch eine selektive Aktivierung der 5 HT7-Rezeptoren. Eine selektive Aktivierung des Ca2+-Signalweges durch den Cv5-HT2 Rezeptor ist mit Hilfe von 5-Methoxytryptamin möglich. Dagegen konnte Clozapin im TEP als selektiver Cv5-HT7-Rezeptorantagonist bestätigt werden. Die Kombination eines molekularen Ansatzes mit physiologischen Messungen ermöglichte somit die Identifikation selektiver Liganden für 5-HT2- bzw. 5-HT7-Rezeptoren aus Calliphora vicina. Dies ermöglicht zukünftig eine separate Aktivierung der 5-HT-gesteuerten Signalwege und erleichtert dadurch die weitere Erforschung der intrazellulären Signalwege und ihrer Wechselwirkungen.
Der Einfluss unterschiedlich aggressiver Fusarium culmorum- und F. graminearum-Isolate auf die Schadbildausprägung bei Winterweizen sowie die Möglichkeit der Befallskontrolle mit Mykorrhiza Die durch Pilzarten der Gattung Fusarium spp. hervorgerufene partielle Taubährigkeit ist ein ernstes Problem im weltweiten Weizenanbau. Eine für die Schaderreger günstige feuchte Witterung zum Zeitpunkt der Weizenblüte in Kombination mit befallsfördernden agrotechnischen Maßnahmen löst immer wieder Epidemien aus. Hauptsächlich verursacht durch F. culmorum und F. graminearum führt eine Erkrankung zu Ertrags- und Qualitätseinbußen sowie zu einer Belastung des Ernteguts mit Mykotoxinen, die bereits in niedrigen Konzentrationen toxisch auf den tierischen und menschlichen Organismus wirken. Die am häufigsten vorkommenden Fusarium-Toxine in Weizen sind Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA). Isolate von F. graminearum- und F. culmorum können in ihrem DON- und ZEA-Bildungsvermögen und ihrem Potential, Nekrosen zu verursachen, stark variieren. In Laborversuchen (in vitro) wurden F. graminearum- und F. culmorum-Isolate hinsichtlich dieser Eigenschaften (hier als Aggressivität bezeichnet) charakterisiert und anschließend wurde im Feldversuch überprüft, ob die in vitro-ermittelte Aggressivität die Schadbildausprägung bei Weizenpflanzen beeinflusst. Nur im ersten Versuchsjahr, das durch hohe Niederschläge gekennzeichnet war, konnte ein Einfluss der Aggressivität und einer zusätzlichen Beregnung im Feldversuch nachgewiesen werden. Die als hoch-aggressiv eingestuften Fusarium-Isolate reduzierten unter dem Einfluss der Beregnung den Ertrag und das Tausendkorngewicht. Die Beregnung führte zu einer Erhöhung des Pilzwachstums und der DON- und ZEA-Produktion. Ein extrem trockener Sommer verhinderte die Infektion der Weizenpflanzen durch die beimpften Fusarium-Isolate und ein anschließendes Pilzwachstum in den Ähren im zweiten Versuchsjahr. Um den Befall von Weizenpflanzen mit Fusarium spp. vorzubeugen, stehen verschiedene pflanzenbauliche Maßnahmen zur Verfügung. Eine Möglichkeit stellen in diesem Zusammenhang die symbiotischen Mykorrhizapilze (MP) dar. Die Pilze sind in der Lage, Pflanzen zu stärken und antagonistisch auf pilzliche Schaderreger zu wirken. Um zu überprüfen, ob MP dazu beitragen könnten, den Befall von Weizenpflanzen mit Fusarium spp. niedrig zu halten, wurden Weizenpflanzen mit MP und Fusarium spp. beimpft und die Auswirkungen der Interaktionen auf die Weizenpflanzen in einem Klimakammer- und einem Feldversuch getestet. In der Klimakammer wurde eine Reduzierung des Fusarium-Befalls nachgewiesen. Die mykorrhizierten Weizenpflanzen wiesen außerdem höhere Photosyntheseraten, höhere Sprosstrockenmassen und mehr Ähren im Vergleich zu den nicht-mykorrhizierten und mit Fusarium-beimpften Weizenpflanzen auf. Insgesamt wurde durch die Mykorrhizierung der negative Einfluss von Fusarium spp. kompensiert. Im Freiland konnte kein Einfluss der MP auf Fusarium spp. beobachtet werden. Im ersten Versuchsjahr führte das Beimpfen der Weizenpflanzen mit MP zu höheren Wurzel- und Sprosstrockenmassen sowie zu höheren Tausendkorngewichten im Vergleich zu den mit Fusarium spp.-beimpften Weizenpflanzen. Im zweiten Versuchsjahr konnte dieses Ergebnis nicht wiederholt werden.
Die Strahlentherapie ist neben der Chemotherapie und einer operativen Entfernung die stärkste Waffe für die Bekämpfung bösartiger Tumore in der Krebsmedizin. Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Krebs die zweithäufigste Todesursache in der westlichen Welt, wobei Prostatakrebs heutzutage die häufigste, männliche Krebserkrankung darstellt. Trotz technologischer Fortschritte der radiologischen Verfahren kann es noch viele Jahre nach einer Radiotherapie zu einem Rezidiv kommen, was zum Teil auf die hohe Resistenzfähigkeit einzelner, entarteter Zellen des lokal vorkommenden Tumors zurückgeführt werden kann. Obwohl die moderne Strahlenbiologie viele Aspekte der Resistenzmechanismen näher beleuchtet hat, bleiben Fragestellungen, speziell über das zeitliche Ansprechen eines Tumors auf ionisierende Strahlung, größtenteils unbeantwortet, da systemweite Untersuchungen nur begrenzt vorliegen. Als Zellmodelle wurden vier Prostata-Krebszelllinien (PC3, DuCaP, DU-145, RWPE-1) mit unterschiedlichen Strahlungsempfindlichkeiten kultiviert und auf ihre Überlebensfähigkeit nach ionisierender Bestrahlung durch einen Trypanblau- und MTT-Vitalitätstest geprüft. Die proliferative Kapazität wurde mit einem Koloniebildungstest bestimmt. Die PC3 Zelllinie, als Strahlungsresistente, und die DuCaP Zelllinie, als Strahlungssensitive, zeigten dabei die größten Differenzen bezüglich der Strahlungsempfindlichkeit. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden die beiden Zelllinien ausgewählt, um anhand ihrer transkriptomweiten Genexpressionen, eine Identifizierung potentieller Marker für die Prognose der Effizienz einer Strahlentherapie zu ermöglichen. Weiterhin wurde mit der PC3 Zelllinie ein Zeitreihenexperiment durchgeführt, wobei zu 8 verschiedenen Zeitpunkten nach Bestrahlung mit 1 Gy die mRNA mittels einer Hochdurchsatz-Sequenzierung quantifiziert wurde, um das dynamisch zeitversetzte Genexpressionsverhalten auf Resistenzmechanismen untersuchen zu können. Durch das Setzen eines Fold Change Grenzwertes in Verbindung mit einem P-Wert < 0,01 konnten aus 10.966 aktiven Genen 730 signifikant differentiell exprimierte Gene bestimmt werden, von denen 305 stärker in der PC3 und 425 stärker in der DuCaP Zelllinie exprimiert werden. Innerhalb dieser 730 Gene sind viele stressassoziierte Gene wiederzufinden, wie bspw. die beiden Transmembranproteingene CA9 und CA12. Durch Berechnung eines Netzwerk-Scores konnten aus den GO- und KEGG-Datenbanken interessante Kategorien und Netzwerke abgeleitet werden, wobei insbesondere die GO-Kategorien Aldehyd-Dehydrogenase [NAD(P)+] Aktivität (GO:0004030) und der KEGG-Stoffwechselweg der O-Glykan Biosynthese (hsa00512) als relevante Netzwerke auffällig wurden. Durch eine weitere Interaktionsanalyse konnten zwei vielversprechende Netzwerke mit den Transkriptionsfaktoren JUN und FOS als zentrale Elemente identifiziert werden. Zum besseren Verständnis des dynamisch zeitversetzten Ansprechens der strahlungsresistenten PC3 Zelllinie auf ionisierende Strahlung, konnten anhand der 10.840 exprimierten Gene und ihrer Expressionsprofile über 8 Zeitpunkte interessante Einblicke erzielt werden. Während es innerhalb von 30 min (00:00 - 00:30) nach Bestrahlung zu einer schnellen Runterregulierung der globalen Genexpression kommt, folgen in den drei darauffolgenden Zeitabschnitten (00:30 - 01:03; 01:03 - 02:12; 02:12 - 04:38) spezifische Expressionserhöhungen, die eine Aktivierung schützender Netzwerke, wie die Hochregulierung der DNA-Reparatursysteme oder die Arretierung des Zellzyklus, auslösen. In den abschließenden drei Zeitbereichen (04:38 - 09:43; 09:43 - 20:25; 20:25 - 42:35) liegt wiederum eine Ausgewogenheit zwischen Induzierung und Supprimierung vor, wobei die absoluten Genexpressionsveränderungen ansteigen. Beim Vergleich der Genexpressionen kurz vor der Bestrahlung mit dem letzten Zeitpunkt (00:00 - 42:53) liegen mit 2.670 die meisten verändert exprimierten Gene vor, was einer massiven, systemweiten Genexpressionsänderung entspricht. Signalwege wie die ATM-Regulierung des Zellzyklus und der Apoptose, des NRF2-Signalwegs nach oxidativer Stresseinwirkung und die DNA-Reparaturmechanismen der homologen Rekombination, des nicht-homologen End Joinings, der MisMatch-, der Basen-Exzision- und der Strang-Exzision-Reparatur spielen bei der zellulären Antwort eine tragende Rolle. Äußerst interessant sind weiterhin die hohen Aktivitäten RNA-gesteuerter Ereignisse, insbesondere von small nucleolar RNAs und Pseudouridin-Prozessen. Demnach scheinen diese RNA-modifizierenden Netzwerke einen bisher unbekannten funktionalen und schützenden Einfluss auf das Zellüberleben nach ionisierender Bestrahlung zu haben. All diese schützenden Netzwerke mit ihren zeitspezifischen Interaktionen sind essentiell für das Zellüberleben nach Einwirkung von oxidativem Stress und zeigen ein komplexes aber im Einklang befindliches Zusammenspiel vieler Einzelkomponenten zu einem systemweit ablaufenden Programm.
Gewässer werden traditionellerweise als abgeschlossene Ökosysteme gesehen, und insbeson¬dere das Zirkulieren von Wasser und Nährstoffen im Pelagial von Seen wird als Beispiel dafür angeführt. Allerdings wurden in der jüngeren Vergangenheit wichtige Verknüpfungen des Freiwasserkörpers von Gewässern aufgezeigt, die einerseits mit dem Benthal und andererseits mit dem Litoral, der terrestrischen Uferzone und ihrem Einzugsgebiet bestehen. Dadurch hat in den vergangen Jahren die horizontale und vertikale Konnektivität der Gewässerökosysteme erhöhtes wissenschaftliches Interesse auf sich gezogen, und damit auch die ökologischen Funktionen des Gewässergrunds (Benthal) und der Uferzonen (Litoral). Aus der neu beschriebenen Konnektivität innerhalb und zwischen diesen Lebensräumen ergeben sich weitreichende Konsequenzen für unser Bild von der Funktionalität der Gewässer. In der vorliegenden Habilitationsschrift wird am Beispiel von Fließgewässern und Seen des nordostdeutschen Flachlandes eine Reihe von internen und externen funktionalen Verknüpfungen in den horizontalen und vertikalen räumlichen Dimensionen aufgezeigt. Die zugrunde liegenden Untersuchungen umfassten zumeist sowohl abiotische als auch biologische Variablen, und umfassten thematisch, methodisch und hinsichtlich der Untersuchungsgewässer ein breites Spektrum. Dabei wurden in Labor- und Feldexperimenten sowie durch quantitative Feldmes¬sungen ökologischer Schlüsselprozesse wie Nährstoffretention, Kohlenstoffumsatz, extrazellu¬läre Enzymaktivität und Ressourcenweitergabe in Nahrungsnetzen (mittels Stabilisotopen¬methode) untersucht. In Bezug auf Fließgewässer wurden dadurch wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich der Wirkung einer durch Konnekticität geprägten Hydromorphologie auf die die aquatische Biodiversität und die benthisch-pelagische Kopplung erbracht, die wiederum einen Schlüsselprozess darstellt für die Retention von in der fließenden Welle transportierten Stoffen, und damit letztlich für die Produktivität eines Flussabschnitts. Das Litoral von Seen wurde in Mitteleuropa jahrzehntelang kaum untersucht, so dass die durchgeführten Untersuchungen zur Gemeinschaftsstruktur, Habitatpräferenzen und Nahrungs¬netzverknüpfungen des eulitoralen Makrozoobenthos grundlegend neue Erkenntnisse erbrach¬ten, die auch unmittelbar in Ansätze zur ökologischen Bewertung von Seeufern gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie eingehen. Es konnte somit gezeigt werden, dass die Intensität sowohl die internen als auch der externen ökologischen Konnektivität durch die Hydrologie und Morphologie der Gewässer sowie durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen wesentlich beeinflusst wird, die auf diese Weise vielfach die ökologische Funktionalität der Gewässer prägen. Dabei trägt die vertikale oder horizontale Konnektivität zur Stabilisierung der beteiligten Ökosysteme bei, indem sie den Austausch ermöglicht von Pflanzennährstoffen, von Biomasse sowie von migrierenden Organismen, wodurch Phasen des Ressourcenmangels überbrückt werden. Diese Ergebnisse können im Rahmen der Bewirtschaftung von Gewässern dahingehend genutzt werden, dass die Gewährleistung horizontaler und vertikaler Konnektivität in der Regel mit räumlich komplexeren, diverseren, zeitlich und strukturell resilienteren sowie leistungsfähi¬geren Ökosystemen einhergeht, die somit intensiver und sicherer nachhaltig genutzt werden können. Die Nutzung einer kleinen Auswahl von Ökosystemleistungen der Flüsse und Seen durch den Menschen hat oftmals zu einer starken Reduktion der ökologischen Konnektivität, und in der Folge zu starken Verlusten bei anderen Ökosystemleistungen geführt. Die Ergebnisse der dargestellten Forschungen zeigen auch, dass die Entwicklung und Implementierung von Strategien zum integrierten Management von komplexen sozial-ökologischen Systemen wesentlich unterstützt werden kann, wenn die horizontale und vertikale Konnektivität gezielt entwickelt wird.
Mikroorganismen in geothermischen Aquiferen : Einfluss mikrobieller Prozesse auf den Anlagenbetrieb
(2012)
In Fluid-, Filter- und Sedimentproben von vier geothermischen Anlagen des Norddeutschen Beckens wurden mit molekulargenetischen Verfahren unterschiedliche mikrobielle Gemeinschaften nachgewiesen. Die mikrobielle Zusammensetzung in den Prozesswässern wurde dabei durch die Aquiferteufe, die Salinität, die Temperatur und den verfügbaren Elektronendonatoren und -akzeptoren beeinflusst. Die in den anoxischen Prozesswässern identifizierten Organismen zeichneten sich durch einen chemoheterotrophen oder chemoautotrophen Stoffwechsel aus, wobei Nitrat, Sulfat, Eisen (III) oder Bikarbonat als terminale Elektronenakzeptoren fungierten. Mikroorganismen beeinflussten den Betrieb von zwei Anlagen negativ. So reduzierten im Prozesswasser des Kältespeichers am Berliner Reichstag vorhandene Eisenoxidierer, nahe verwandt zu der Gattung Gallionella, die Injektivität der Bohrungen durch Eisenhydroxidausfällungen in den Filterschlitzen. Biofilme, die von schwefeloxidierenden Bakterien der Gattung Thiothrix in den Filtern der obertägigen Anlage gebildet wurden, führten ebenfalls zu Betriebsstörungen, indem sie die Injektion des Fluids in den Aquifer behinderten. Beim Wärmespeicher in Neubrandenburg waren Sulfatreduzierer vermutlich an der Bildung von Eisensulfidausfällungen in den obertägigen Filtern und im bohrlochnahen Bereich beteiligt und verstärkten Korrosionsprozesse an der Pumpe im Bohrloch der kalten Aquiferseite. Organische Säuren in den Fluiden sowie mineralische Ausfällungen in den Filtern der obertägigen Anlagen waren Belege für die Aktivität der in den verschiedenen Anlagen vorhandenen Mikroorganismen. Es wurde zudem deutlich, dass Mikroorganismen auf Grund der hohen Durchflussraten in den Anlagen chemische Veränderungen in den Prozesswässern deutlich sensitiver anzeigen als chemische Analyseverfahren. So deuteten Änderungen in der Zusammensetzung der mikrobiellen Biozönosen und speziell die Identifikation von Indikatororganismen wie Eisen- und Schwefeloxidierern, fermentativen Bakterien und Sulfatreduzierern auf eine erhöhte Verfügbarkeit von Elektronendonatoren oder akzeptoren in den Prozesswässern hin. Die Ursachen für die an den Geothermieanlagen auftretenden Betriebsstörungen konnten dadurch erkannt werden.
Die Mykorrhiza (griechisch: mýkēs für „Pilz”; rhiza für „Wurzel”) stellt eine Symbiose zwischen Pilzen und einem Großteil der Landpflanzen dar. Der Pilz verbessert durch die Symbiose die Versorgung der Pflanze mit Nährstoffen, während die Pflanze den Pilz mit Kohlenhydraten versorgt. Die arbuskuläre Mykorrhiza (AM) stellt dabei einen beson-dere Form der Mykorrhiza dar. Der AM-Pilz bildet dabei während der Symbiose die namensgebenden Arbuskeln innerhalb der Wurzelzellen als Ort des primären Nährstoff- austausches aus. Die AM-Symbiose (AMS) ist der Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit. Als Modellorganismen wurden Medicago truncatula und Glomus intraradices verwendet. Es wurden Transkriptionsanalysen durchgeführt um u.a. AMS regulierte Transkriptions- faktoren (TFs) zu identifizieren. Die Aktivität der Promotoren von drei der so identifizier-ten AMS-regulierten TFs (MtOFTN, MtNTS, MtDES) wurde mit Hilfe eine Reportergens visualisiert. Der Bereich der größten Promotoraktivität waren in einem Fall nur die ar- buskelhaltigen Zellen (MtOFTN). Im zweiten Fall war der Promotor auch aktiv in nicht arbuskelhaltigen Zellen, jedoch am stärksten aktiv in den arbuskelhaltigen Zellen (MtNTS). Ein weiterer Promotor war in arbuskelhaltigen Zellen und den diesen benach-barten Zellen gleich aktiv (MtDES). Zusätzlich wurden weitere Gene als AMS-reguliert identifiziert und es wurde für drei dieser Gene (MtPPK, MtAmT, MtMDRL) ebenfalls eine Promotor::Reporter-Aktivitäts- studie durchgeführt. Die Promotoren der Kinase (MtPPK) und des Ammoniumtrans-porters (MtAmt) waren dabei ausschließlich in arbuskelhaltigen Zellen aktiv, während die Aktivität des ABC-Transporters (MtMDRL) keinem bestimmten Zelltyp zuzuordnen war. Für zwei weitere identifizierte Gene, ein Kupfertransporter (MtCoT) und ein Zucker- bzw. Inositoltransporter (MtSuT), wurden RNA-Interferenz (RNAi)-Untersuchungen durchgeführt. Dabei stellte sich in beiden Fällen heraus, dass, sobald ein RNAi-Effekt in den transformierten Wurzeln vorlag, diese in einem deutlich geringerem Ausmaß wie in der Wurzelkontrolle von G. intraradices kolonisiert worden sind. Im Falle von MtCoT könnte das aus dem selben Grund geschehen, wie im Falle von MtPt4. Welche Rolle MtSuT genau in der Ausbildung der AMS spielt und welche Rolle Inositol in der Aus- bildung der AMS spielt müsste durch weitere Untersuchungen am Protein untersucht werden. Weitere Untersuchen an den in dieser Arbeit als spezifisch für arbuskelhaltige Zellen gezeigten Genen MtAmT, MtPPK und MtOFTN könnten ebenfalls aufschlussreich für das weitere Verständnis der AMS sein. Dies trifft auch auf die TFs MtNTS und MtDES zu, die zwar nicht ausschließlich arbuskelspezifisch transkribiert werden, aber auch eine Rolle in der Regulation der AMS innerhalb von M. truncatula Wurzeln zu spielen scheinen.
Charakterisierung der neuen centrosomalen Proteine CP148 und CP55 in Dictyostelium discoideum
(2012)
Das im Cytosol liegende Dictyostelium Centrosom ist aus einer geschichteten Core-Region aufgebaut, die von einer Mikrotubuli-nukleierenden Corona umgeben ist. Zudem ist es über eine spezifische Verbindung eng an den Kern geknüpft und durch die Kernmembran hindurch mit den geclusterten Centromeren verbunden. Beim G2/M Übergang dissoziiert die Corona vom Centrosom und der Core verdoppelt sich so dass zwei Spindelpole entstehen. CP55 und CP148 wurden in einer Proteom-Analyse des Centrosoms identifiziert. CP148 ist ein neues coiled-coil Protein der centrosomalen Corona. Es zeigt eine zellzyklusabhängige An- und Abwesenheit am Centrosom, die mit der Dissoziation der Corona in der Prophase und ihrer Neubildung in der Telophase korreliert. Während der Telophase erschienen in GFP-CP148 exprimierenden Zellen viele, kleine GFP-CP148-Foci im Cytoplasma, die zum Teil miteinander fusionierten und zum Centrosom wanderten. Daraus resultierte eine hypertrophe Corona in Zellen mit starker GFP-CP148 Überexpression. Ein Knockdown von CP148 durch RNAi führte zu einem Verlust der Corona und einem ungeordneten Interphase Mikrotubuli-Cytoskelett. Die Bildung der mitotischen Spindel und der astralen Mikrotubuli blieb davon unbeeinflusst. Das bedeutet, dass die Mikrotubuli-Nukleationskomplexe während der Interphase und Mitose über verschiedene Wege mit dem Core assoziiert sind. Des Weiteren bewirkte der Knockdown eine Dispersion der Centromere sowie eine veränderte Sun1 Lokalisation in der Kernhülle. Somit spielt CP148 ebenso eine Rolle in der Centrosomen-Centromer-Verbindung. Zusammengefasst ist CP148 ein essentielles Protein für die Bildung und Organisation der Corona, welche wiederum für die Centrosom/Centromer Verbindung benötigt wird. CP55 wurde als Protein der Core-Region identifiziert und verbleibt während des Zellzyklus am Centrosom. Dort besitzt es strukturelle Aufgaben, da die Mehrheit der GFP-CP55 Moleküle in der Interphase keine Mobilität zeigten. Die GFP-CP55 Überexpression führte zur Bildung von überzähligen Centrosomen mit der üblichen Ausstattung an Markerproteinen der Corona und des Cores. CP55 Knockout-Zellen waren durch eine erhöhte Ploidie, eine weniger strukturierte und leicht vergrößerte Corona sowie zusätzliche cytosolische Mikrotubuli-organisierende Zentren charakterisiert. Letztere entstanden in der Telophase und enthielten nur Corona- aber keine Core-Proteine. In CP55 k/o Zellen erfolgte die Rekrutierung des Corona-Organisators CP148 an den Spindelpol bereits in der frühen Metaphase anstatt, wie üblich, erst in der Telophase. Außerdem zeigten die Knockout-Zellen Wachstumsdefekte, deren Grund vermutlich Schwierigkeiten bei der Centrosomenverdopplung in der Prophase durch das Fehlen von CP55 waren. Darüber hinaus konnten die Knockout-Zellen phagozytiertes Material nicht verwerten, obwohl der Vorgang der Phagozytose nicht beeinträchtigt war. Dieser Defekt kann dem im CP55 k/o auftretenden dispergierten Golgi-Apparat zugeschrieben werden.
Chemische und physikalische Eigenschaften von Polymeren können verschiedene Zelltypen unterschiedlich, z. B. hinsichtlich Adhärenz oder Funktionalität, beeinflussen. Die Elastizität eines Polymers beeinflusst vor allem, welche Zugkräfte eine Zelle gegenüber ihrem Substrat entwickeln kann. Das Zellverhalten wird dann über intrazelluläre Rückkopplungsmechanismen reguliert. Die Oberflächenladung und/oder Hydrophilie eines Polymers beeinflusst zunächst die Adsorption von Ionen, Proteinen und anderen Molekülen. Vor allem über die Zusammensetzung, Dichte und Konformation der adsorbierten Komponenten werden anschließend die Wechselwirkungen mit den Zellen vermittelt. Des Weiteren können verschiedene Zelltypen unterschiedliche membranassoziierte Proteine, Zucker und Lipide aufweisen, so dass Polymereigenschaften zellspezifische Effekte bewirken können. Für biotechnologische Anwendungen und für den Einsatz in der regenerativen Medizin gewinnen Polymere, die spezifische Zellreaktionen regulieren können, immer weiter an Bedeutung. Die Isolierung und Kultur von primären Keratinozyten ist noch immer anspruchsvoll und die adäquate Heilung von Hautwunden stellt eine fortwährende medizinische Herausforderung dar. Ein Polymer, das eine bevorzugte Adhärenz von Keratinozyten bei gleichzeitig verminderter Anheftung dermaler Fibroblasten ermöglicht, würde erhebliche Vorteile für den Einsatz in der Keratinozyten-Zellkultur und als Wundauflage bieten. Um den potentiell spezifischen Einfluss bestimmter Polymereigenschaften auf primäre humane Keratinozyten und dermale Fibroblasten zu untersuchen, wurde in der vorliegenden Arbeit ein Zellkultursystem für die Mono- und Cokultur beider Zelltypen entwickelt. Das Testsystem wurde als Screening konzipiert, um den Einfluss unterschiedlicher Polymereigenschaften in mehreren Abstufungen auf die Zellen zu untersuchen. Folgende Parameter wurden untersucht: 1. Vitalität und Dichte adhärenter und nicht-adhärierter Zellen, 2. Schädigung der Zellmembran, 3. selektive Adhärenz von Keratinozyten in Cokultur durch die spezifische immunzytochemische Färbung von Keratin14 und Vimentin. Für die Polymere mit variabler Elastizität wurden zusätzlich die Ablagerung extrazellulärer Matrixkomponenten und die Sekretion löslicher Faktoren durch die Zellen untersucht. Als Modellpolymere für die Variation der Elastizität wurden vernetzte Poly(n-butylacrylate) (cPnBA) verwendet, da deren Elastizität durch den Anteil des Vernetzers eingestellt werden kann. Auf dem weniger elastischen cPnBA zeigte sich in der Cokultur ein doppelt so hohes Verhältnis von Keratinozyten zu Fibroblasten wie auf dem elastischeren cPnBA, so dass ein leichter zellselektiver Effekt angenommen werden kann. Acrylnitril-basierte Copolymere wurden als Modellpolymere für die Variation der Oberflächenladung und Hydrophilie verwendet, da die Eigenschaften durch Art und molaren Anteil des Comonomers eingestellt werden können. Durch Variation des molaren Anteils der Comonomere mit positiver bzw. negativer Ladung, Methacrylsäure-2-aminoethylester-hydrochhlorid (AEMA) und N-3-Aminopropyl-methacrylamid-hydro-chlorid (APMA) bzw. Natriumsalz der 2-Methyl-2-propen-1-sulfonsäure (NaMAS), wurde der Anteil der positiven bzw. negativen Ladung im Copolymer variiert. Durch die Erhöhung des molaren Anteils des hydrophilen Comonomers N-Vinylpyrrolidon (NVP) wurde die Hydrophilie des Copolymers gesteigert. Die Erhöhung des molaren Anteils an positiv geladenem Comonomer AEMA im Copolymer führte tendenziell zu einer höheren Keratinozytendichte, wobei die Fibroblastendichte unverändert blieb. Durch die Erhöhung des molaren Anteils des positiv geladenen Comonomers APMA ergaben sich keine deutlichen Unterschiede in Dichte, Vitalität oder Selektivität der Zellen. Durch die stufenweise Erhöhung des molaren Anteils des negativ geladenen Comonomers NaMAS konnte, wie im Falle von AEMA, eine Tendenz zur verbesserten Keratinozytenadhärenz beobachtet werden. Die Steigerung der Hydrophilie der Copolymere führte sowohl für Keratinozyten als auch für Fibroblasten zu einer reduzierten Adhärenz und Vitalität. In der vorliegenden Doktorarbeit wurde ein Testverfahren etabliert, das die Untersuchung von primären humanen Keratinozyten und primären humanen Fibroblasten in Monokultur und Cokultur auf verschiedenen Polymeren ermöglicht. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich durch die gezielte Modifizierung verschiedener Polymereigenschaften die Adhärenz und Vitalität beider Zelltypen beeinflussen lässt. Die Reduktion der Elastizität sowie die Erhöhung des molaren Anteils geladener Comonomere führten zu einer Zunahme der Keratinozytenadhärenz. Da die Fibroblasten unbeeinflusst blieben, zeigte sich für einige der untersuchten Polymere eine leichte Zellselektivität. Diese könnte durch die weitere Erhöhung der Steifigkeit oder des Anteils geladener Comonomere möglicherweise weiter gesteigert werden.
Die Erkennung komplexer Kohlenhydrate durch das Tailspike Protein aus dem Bakteriophagen HK620
(2012)
Kohlenhydrate stellen aufgrund der strukturellen Vielfalt und ihrer oft exponierten Lage auf Zelloberflächen wichtige Erkennungsstrukturen dar. Die Wechselwirkungen von Proteinen mit diesen Kohlenhydraten vermitteln einen spezifischen Informationsaustausch. Protein-Kohlenhydrat-Interaktionen und ihre Triebkräfte sind bislang nur teilweise verstanden, da nur wenig strukturelle Daten von Proteinen im Komplex mit vorwiegend kleinen Kohlenhydraten erhältlich sind. Mit der vorliegenden Promotionsarbeit soll ein Beitrag zum Verständnis von Protein-Kohlenhydrat-Wechselwirkungen durch Analysen struktureller Thermodynamik geleistet werden, um zukünftig Vorhersagen mit zuverlässigen Algorithmen zu erlauben. Als Modellsystem zur Erkennung komplexer Kohlenhydrate diente dabei das Tailspike Protein (TSP) aus dem Bakteriophagen HK620. Dieser Phage erkennt spezifisch seinen E. coli-Wirt anhand der Oberflächenzucker, der sogenannten O-Antigene. Dabei binden die TSP des Phagen das O-Antigen des Lipopolysaccharids (LPS) und weisen zudem eine hydrolytische Aktivität gegenüber dem Polysaccharid (PS) auf. Anhand von isolierten Oligosacchariden des Antigens (Typ O18A1) wurde die Bindung an HK620TSP und verschiedener Varianten davon systematisch analysiert. Die Bindung der komplexen Kohlenhydrate durch HK620TSP zeichnet sich durch große Interaktionsflächen aus. Durch einzelne Aminosäureaustausche im aktiven Zentrum wurden Varianten generiert, die eine tausendfach erhöhte Affinität (KD ~ 100 nM) im Vergleich zum Wildtyp-Protein (KD ~ 130 μM) aufweisen. Dabei zeichnet sich das System dadurch aus, dass die Bindung bei Raumtemperatur nicht nur enthalpisch, sondern auch entropisch getrieben wird. Ursache für den günstigen Entropiebeitrag ist die große Anzahl an Wassermolekülen, die bei der Bindung des Hexasaccharids verdrängt werden. Röntgenstrukturanalysen zeigten für alle TSP-Komplexe außer für Variante D339N unabhängig von der Hexasaccharid-Affinität analoge Protein- und Kohlenhydrat-Konformationen. Dabei kann die Bindestelle in zwei Regionen unterteilt werden: Zum einen befindet sich am reduzierenden Ende eine hydrophobe Tasche mit geringen Beiträgen zur Affinitätsgenerierung. Der Zugang zu dieser Tasche kann ohne große Affinitätseinbuße durch einen einzelnen Aminosäureaustausch (D339N) blockiert werden. In der zweiten Region kann durch den Austausch eines Glutamats durch ein Glutamin (E372Q) eine Bindestelle für ein zusätzliches Wassermolekül generiert werden. Die Rotation einiger Aminosäuren bei Kohlenhydratbindung führt zur Desolvatisierung und zur Ausbildung von zusätzlichen Wasserstoffbrücken, wodurch ein starker Affinitätsgewinn erzielt wird. HK620TSP ist nicht nur spezifisch für das O18A1-Antigen, sondern erkennt zudem das um eine Glucose verkürzte Oligosaccharid des Typs O18A und hydrolysiert polymere Strukturen davon. Studien zur Bindung von O18A-Pentasaccharid zeigten, dass sich die Triebkräfte der Bindung im Vergleich zu dem zuvor beschriebenen O18A1-Hexasaccharid verschoben haben. Durch Fehlen der Seitenkettenglucose ist die Bindung im Vergleich zu dem O18A1-Hexasaccharid weniger stark entropisch getrieben (Δ(-TΔS) ~ 10 kJ/mol), während der Enthalpiebeitrag zu der Bindung günstiger ist (ΔΔH ~ -10 kJ/mol). Insgesamt gleichen sich diese Effekte aus, wodurch sehr ähnliche Affinitäten der TSP-Varianten zu O18A1-Hexasaccharid und O18A-Pentasaccharid gemessen wurden. Durch die Bindung der Glucose werden aus einer hydrophoben Tasche vier Wassermoleküle verdrängt, was entropisch stark begünstigt ist. Unter enthalpischen Aspekten ist dies ebenso wie einige Kontakte zwischen der Glucose und einigen Resten in der Tasche eher ungünstig. Die Bindung der Glucose in die hydrophobe Tasche an HK620TSP trägt somit nicht zur Affinitätsgenerierung bei und es bleibt zu vermuten, dass sich das O18A1-Antigen-bindende HK620TSP aus einem O18A-Antigen-bindenden TSP evolutionär herleitet. In dem dritten Teilprojekt der Dissertation wurde der Infektionsmechanismus des Phagen HK620 untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass analog zu dem verwandten Phagen P22 die Ejektion der DNA aus HK620 allein durch das Lipopolysaccharid (LPS) des Wirts in vitro induziert werden kann. Die Morphologie und Kettenlänge des LPS sowie die Aktivität von HK620TSP gegenüber dem LPS erwiesen sich dabei als essentiell. So konnte die DNA-Ejektion in vitro auch durch LPS aus Bakterien der Serogruppe O18A induziert werden, welches ebenfalls von dem TSP des Phagen gebunden und hydrolysiert wird. Diese Ergebnisse betonen die Rolle von TSP für die Erkennung der LPS-Rezeptoren als wichtigen Schritt für die Infektion durch die Podoviren HK620 und P22.
Darmkrebs ist die zweithäufigste malignombedingte Todesursache in den westlichen Industrieländern. Durch eine frühzeitige Diagnose besteht jedoch eine hohe Chance auf Heilung. Der Goldstandard zur Darmkrebsfrüherkennung ist gegenwärtig die Koloskopie. Eine Darmspiegelung ist jedoch invasiv und mit Unannehmlichkeiten für den Patienten verbunden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist daher gering. Ziel des BMBF- Projektes „Entwicklung eines nichtinvasiven Nachweissystems zur Früherkennung von humanem Darmkrebs“, in dessen Rahmen diese Arbeit entstand, ist die Bereitstellung eines nichtinvasiven Nachweisverfahrens zur Darmkrebsfrüherkennung. Der Nachweis soll über die Detektion von aus neoplastischen Zellen stammender DNA in Stuhl erfolgen. Die Entartung dieser Zellen beruht auf Veränderungen im Erbgut, welches unter anderem Mutationen sind. Im ersten Teil des BMBF-Projektes wurde ein Set von Mutationen zusammengestellt, welches eine hohe Sensitivität für Vorstufen von Darmkrebs aufweist. Ziel dieser Arbeit war es, eine Nachweismethode für die zuvor identifizierten Punktmutationen zu entwickeln. Das Nachweisverfahren musste dabei unempfindlich gegen einen hohen Hintergrund nichtmutierter DNA sein, da im Stuhl geringe Mengen DNA aus neoplastischen Zellen bei einem hohen Hintergrund von DNA aus gesunden Zellen vorliegen. Hierzu wurden Plasmidmodellsysteme für die aus dem Marker-Set stammenden Genfragmente BRAF und dessen Mutante V600E, CTNNB1 und T41I, T41A, S45P und K-ras G12C hergestellt. Mit Hilfe dieser Plasmidmodellsysteme wurde dann das Nachweissystem entwickelt. Der entscheidende Schritt für die Detektion von Punktmutationen bei hohem Wildtypüberschuss ist eine vorhergehende Anreicherung. In der vorliegenden Arbeit wurde dazu die Methode der LNA-clamp-PCR (locked nucleic acid) etabliert. Die Bewertung der erzielten Anreicherung erfolgte über das relative Detektionslimit. Zur Bestimmung des Detektionslimits wurde die Schmelzkurvenanalyse von Hybridisierungssonden eingesetzt; diese wurde im Rahmen dieser Arbeit für die drei oben genannten Genfragmente und ihre Mutanten entwickelt. Die LNA-clamp-PCR wird in Anwesenheit eines LNA-Blockers durchgeführt. Das Nukleotidanalogon LNA weist im Vergleich zu DNA eine erhöhte Affinität zu komplementären DNA-Strängen auf. Gleichzeitig kommt es bei Anwesenheit einer Basenfehlpaarung zu einer größeren Destabilisierung der Bindung. Als Blocker werden kurze LNA-DNA-Hybridoligonukleotide eingesetzt, die den mutierten Sequenzbereich überspannen und selbst der Wildtypsequenz entsprechen. Durch Bindung an die Wildtypsequenz wird deren Amplifikation während der PCR verhindert (clamp = arretieren, festklemmen). Der Blocker selbst wird dabei nicht verlängert. Der Blocker bindet unter optimalen Bedingungen jedoch nicht an die mutierte Sequenz. Die Mutante wird daher ungehindert amplifiziert und somit gegenüber dem Wildtyp-Fragment angereichert. Die Position des Blockers kann im Bindungsbereich eines der Primer sein und hier dessen Hybridisierung an dem Wildtyp-Fragment verhindern oder zwischen den beiden Primern liegen und so die Synthese durch die Polymerase inhibieren. Die Anwendbarkeit beider Systeme wurde in dieser Arbeit gezeigt. Die LNA-clamp-PCR mit Primerblocker wurde für BRAF etabliert. Es wurde ein Detektionslimit von mindestens 1:100 erzielt. Die LNA-clamp-PCR mit Amplifikationsblocker wurde erfolgreich für BRAF, K-ras und CTNNB1: T41I, T41A mit einem Detektionslimit von 1:1000 bis 1:10 000 entwickelt. In Stuhlproben liegt DNA aus neoplastischen Zellen nach Literaturangaben zu einem Anteil von 1% bis 0,1% vor. Die LNA-clamp-PCR weist also mit Amplifikationsblockern ein ausreichend hohes Detektionslimit für die Analyse von Stuhlproben auf. Durch die erfolgreiche Etablierung der Methode auf drei verschiedenen Genfragmenten und vier unterschiedlichen Punktmutationen konnte deren universelle Einsetzbarkeit gezeigt werden. Für die Ausweitung der LNA-clamp-PCR auf die übrigen Mutationen des Marker-Sets wurden Richtlinien ausgearbeitet und die Blockereffizienz als Kennzahl eingeführt. Die LNA-clamp-PCR ist ein schnelles, kostengünstiges Verfahren, welches einen geringen Arbeitsaufwand erfordert und wenig fehleranfällig ist. Sie ist somit ein geeignetes Anreicherungsverfahren für Punktmutationen in einem diagnostischen System zur Darmkrebsfrüherkennung. Darüber hinaus kann die LNA-clamp-PCR auch in anderen Bereichen, in denen die Detektion von Punktmutationen in einem hohen Wildtyphintergrund erforderlich ist, eingesetzt werden.
Die Wahrnehmung von Geschmacksempfindungen beruht auf dem Zusammenspiel verschiedener Sinneseindrücke wie Schmecken, Riechen und Tasten. Diese Komplexität der gustatorischen Wahrnehmung erschwert die Beantwortung der Frage wie Geschmacksinformationen vom Mund ins Gehirn weitergeleitet, prozessiert und kodiert werden. Die Analysen zur neuronalen Prozessierung von Geschmacksinformationen erfolgten zumeist mit Bitterstimuli am Mausmodell. Zwar ist bekannt, dass das Genom der Maus für 35 funktionelle Bitterrezeptoren kodiert, jedoch war nur für zwei unter ihnen ein Ligand ermittelt worden. Um eine bessere Grundlage für tierexperimentelle Arbeiten zu schaffen, wurden 16 der 35 Bitterrezeptoren der Maus heterolog in HEK293T-Zellen exprimiert und in Calcium-Imaging-Experimenten funktionell charakterisiert. Die Daten belegen, dass das Funktionsspektrum der Bitterrezeptoren der Maus im Vergleich zum Menschen enger ist und widerlegen damit die Aussage, dass humane und murine orthologe Rezeptoren durch das gleiche Ligandenspektrum angesprochen werden. Die Interpretation von tierexperimentellen Daten und die Übertragbarkeit auf den Menschen werden folglich nicht nur durch die Komplexität des Geschmacks, sondern auch durch Speziesunterschiede verkompliziert. Die Komplexität des Geschmacks beruht u. a. auf der Tatsache, dass Geschmacksstoffe selten isoliert auftreten und daher eine Vielzahl an Informationen kodiert werden muss. Um solche geschmacksstoffassoziierten Stimuli in der Analyse der gustatorischen Kommunikationsbahnen auszuschließen, sollten Opsine, die durch Licht spezifischer Wellenlänge angeregt werden können, für die selektive Ersetzung von Geschmacksrezeptoren genutzt werden. Um die Funktionalität dieser angestrebten Knockout-Knockin-Modelle zu evaluieren, die eine Kopplung von Opsinen mit dem geschmacksspezifischen G-Protein Gustducin voraussetzte, wurden Oozyten vom Krallenfrosch Xenopus laevis mit dem Zwei-Elektroden-Spannungsklemm-Verfahren hinsichtlich dieser Interaktion analysiert. Der positiven Bewertung dieser Kopplung folgte die Erzeugung von drei Mauslinien, die in der kodierenden Region eines spezifischen Geschmacksrezeptors (Tas1r1, Tas1r2, Tas2r114) Photorezeptoren exprimierten. Durch RT-PCR-, In-situ-Hybridisierungs- und immunhistochemische Experimente konnte der erfolgreiche Knockout der Rezeptorgene und der Knockin der Opsine belegt werden. Der Nachweis der Funktionalität der Opsine im gustatorischen System wird Gegenstand zukünftiger Analysen sein. Bei erfolgreichem Beleg der Lichtempfindlichkeit von Geschmacksrezeptorzellen dieser Mausmodelle wäre ein System geschaffen, dass es ermöglichen würde, gustatorische neuronale Netzwerke und Hirnareale zu identifizieren, die auf einen reinen geschmacks- und qualitätsspezifischen Stimulus zurückzuführen wären.
Bei der Entdeckung der Glutathionperoxidase-2 (GPx2) wurde zunächst davon ausgegangen, dass die Funktion dieses Enzyms im Kryptengrund des Colons einzig in der Reduktion von H2O2 besteht. Im Laufe der weiteren Erforschung zeigte sich, dass GPx2 auch in verschiedenen Tumorgeweben vermehrt exprimiert wird. Dabei wird diskutiert, ob die Wirkung von GPx2 im Tumor eher als pro- oder als antikarzinogen einzustufen ist. Mehrere Experimente in vitro und in vivo zeigten antiinflammatorische Eigenschaften der GPx2. Aufgrund dieser Befunde wird derzeit über weitere Funktionen der GPx2 spekuliert. In dieser Arbeit wurde die physiologische Funktion von GPx2 näher erforscht, dazu wurden Wildtyp- und GPx2-Knockout-Mäuse in Hinblick auf Veränderungen der Enzymexpression und der Colonmorphologie untersucht. Es wurden drei verschiedene Selendiäten verfüttert: selenarmes, selenadäquates und selensupplementiertes Futter. Unter physiologischen Bedingungen ist am Kryptengrund des Colons, innerhalb der proliferierenden Zone, die Mitoserate am höchsten. Der Großteil der apoptotischen Zellen ist hingegen an der Kryptenspitze vorzufinden. Durch den Knockout von GPx2 kam es zu einer signifikanten Erhöhung der Apoptoserate am Kryptengrund. Dabei war der größte Effekt auf selenarmem Futter zu verzeichnen. Hierbei wurde sogar eine Veränderung der Colonmorphologie dokumentiert, da die Verschiebung der Proliferationszone in Richtung Kryptenspitze eine Verlängerung der Krypten nach sich zog. Im Wildtyp wurden keine Apoptosen im Kryptengrund detektiert. GPx1 wird unter physiologischen Bedingungen im Gegensatz zur GPx2 in der Kryptenspitze exprimiert und ist im Selenmangel nicht mehr detektierbar. Der Knockout von GPx2 erhöhte die GPx1-Expression im Kryptengrund auf allen drei Selendiäten. Diese Überexpression von GPx1 am Kryptengrund soll vermutlich den Verlust von GPx2 an dieser Stelle kompensieren. Da jedoch dort die massive Apoptoserate detektiert wurde, kann die GPx1 nicht die komplette Funktion von GPx2 kompensieren. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Funktion von GPx2 nicht nur in der Reduktion von H2O2 liegt. Vielmehr kann eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase von Zellen postuliert werden. Ein weiterer Bestandteil dieser Arbeit war die Klärung der Frage, welchen Einfluss GPx2 auf die entzündungsassoziierte Colonkarzinogenese ausübt. In dem hierfür verwendeten AOM/DSS-Model wird der karzinogene Prozess durch Entzündung vorangetrieben. Es erfolgte sowohl im Wildtyp als auch im GPx2-Knockout zum einen die Bewertung des Entzündungsstatus des Colons und zum anderen wurde die Anzahl von ACF und Tumoren verglichen. Das Colon im GPx2-Knockout war wesentlich stärker entzündet als im Wildtyp. Diese Ergebnisse bestätigen die für die GPx2 postulierte antiinflammatorische Funktion. Normalerweise führt eine Erhöhung der Mitoseanzahl zur Regeneration des entzündeten Gewebes. Jedoch beeinflusst der Verlust von GPx2 vermutlich den Ablauf der Entzündung, indem beispielsweise die Regeneration des Gewebes durch die enorm hohe Apoptoserate am Kryptengrund verlangsamt wird. Des Weiteren hatten sich im GPx2-Knockout tendenziell mehr Tumore entwickelt. Somit korrelierte die Entzündung des Colons mit der Entwicklung von Tumoren. Der Verlust von GPx2 begünstigte vermutlich sowohl die Tumorinitiation als auch die Tumorprogression. Allerdings stimulierte die Expression von GPx2 ebenfalls das Tumorwachstum. Es kann geschlussfolgert werden, dass eine adäquate GPx2-Expression vor Entzündung schützt und somit das Risiko für Colonkrebs senkt. Ob GPx2 aber insgesamt pro- oder antikarzinogen wirkt, hängt vermutlich vom Stadium des Colonkarzinogenese ab.
Lamine bilden zusammen mit laminassoziierten Proteinen die nukleäre Lamina. Diese ist notwendig für die mechanische Stabilität von Zellen, die Organisation des Chromatins, der Genexpression, dem Fortgang des Zellzyklus und der Zellmigration. Die vielfältigen Funktionen der Lamine werden durch die Pathogenese von Laminopathien belegt. Zu diesen Erkrankungen, welche ihre Ursache in Mutationen innerhalb der laminkodierenden Gene, oder der Gene laminassoziierter bzw. laminprozessierender Proteine haben, zählen unter anderem das „Hutchinson-Gilford Progerie Syndrom“, die „Emery-Dreifuss“ Muskeldystrophie und die dilatierte Kardiomyopathie. Trotz der fundamentalen Bedeutung der Lamine, wurden diese bisher nur in Metazoen und nicht in einzelligen Organismen detektiert. Der amöbide Organismus Dictyostelium discoideum ist ein haploider Eukaryot, der häufig als Modellorganismus in den verschiedensten Bereichen der Zellbiologie eingesetzt wird. Mit der Entdeckung von NE81, einem Protein das mit der inneren Kernhülle von Dictyostelium discoideum assoziiert ist, wurde erstmals ein Protein identifiziert, dass man aufgrund seiner Eigenschaften als laminähnliches Protein in einem niederen Eukaryoten bezeichnen kann. Diese Merkmale umfassen die Existenz lamintypischer Sequenzen, wie die CDK1-Phosphorylierungsstelle, direkt gefolgt von einer zentralen „Rod“-Domäne, sowie eine typische NLS und die hoch konservierte CaaX-Box. Für die Etablierung des NE81 als „primitives“ Lamin, wurden im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Experimente durchgeführt, die strukturelle und funktionelle Gemeinsamkeiten zu den Laminen in anderen Organismen aufzeigen konnten. Die Herstellung eines polyklonalen Antikörpers ermöglichte die Verifizierung der subzellulären Lokalisation des NE81 durch Elektronenmikroskopie und gab Einblicke in das Verhalten des endogenen Proteins innerhalb des Zellzyklus. Mit der Generierung von NE81-Nullmutanten konnte demonstriert werden, dass NE81 eine wichtige Rolle bei der nukleären Integrität und der Chromatinorganisation von Zellen spielt. Des Weiteren führte die Expression von zwei CaaX-Box deletierten NE81 - Varianten dazu, den Einfluss des Proteins auf die mechanische Stabilität der Zellen nachweisen zu können. Auch die Bedeutung der hochkonservierten CaaX-Box für die Lokalisation des Proteins wurde durch die erhaltenen Ergebnisse deutlich. Mit der Durchführung von FRAP-Experimente konnte außerdem die strukturgebende Funktion von NE81 innerhalb des Zellkerns bekräftigt werden. Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit damit begonnen, den Einfluss der Isoprenylcysteincarboxylmethyltransferase auf die Lokalisation des Proteins aufzuklären. Die Entdeckung eines laminähnlichen Proteins in einem einzelligen Organismus, der an der Schwelle zu den Metazoen steht, ist für die evolutionäre Betrachtung der Entwicklung der sozialen Amöbe und für die Erforschung der molekularen Basis von Laminopathien in einem einfachen Modellorganismus sehr interessant. Die Arbeit mit Dictyostelium discoideum könnte daher Wege aufzeigen, dass Studium der Laminopathien am Tiermodell drastisch zu reduzieren. In den letzten Jahren hat die Erforschung unbekannter Bestandteile des Centrosoms in Dictyostelium discoideum große Fortschritte gemacht. Eine zu diesem Zwecke von unserer Arbeitsgruppe durchgeführte Proteomstudie, führte zur Identifizierung weiterer, potentiell centrosomaler Kandidatenproteine. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Charakterisierung eines solchen Kandidatenproteins, dem CP75. Es konnte gezeigt werden, dass CP75 einen echten, centrosomalen Bestandteil darstellt, der mikrotubuli-unabhängig mit der Core Struktur des Zellorganells assoziiert ist. Weiterhin wurde deutlich, dass die Lokalisation am Centrosom in Abhängigkeit vom Zellzyklus erfolgt und CP75 vermutlich mit CP39, einem weiteren centrosomalen Core Protein, interagiert.
Die Natur unterliegt ständigen Veränderungen und befindet sich nur vermeintlich in einem Gleichgewicht. Umweltparameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung schwanken auf einer Zeitskala von Sekunden bis Jahrmillionen und beinhalten teils beträchtliche Unterschiede. Mit diesen Umweltveränderungen müssen sich Arten als Teil eines Ökosystems auseinandersetzen. Für Ökologen ist interessant, wie sich individuelle Reaktionen auf die Umweltveränderungen im dynamischen Verhalten einer ganzen Population bemerkbar machen und ob deren Verhalten vorhersagbar ist. Der Demografie einer Population kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu, da sie das Resultat von Wachstums- und Sterbeprozessen darstellt. Eben jene Prozesse werden von der Umwelt maßgeblich beeinflusst. Doch wie genau beeinflussen Umweltveränderungen das Verhalten ganzer Populationen? Wie sieht das vorübergehende, transiente Verhalten aus? Als Resultat von Umwelteinflüssen bilden sich in Populationen sogenannte Kohorten, hinsichtlich der Zahl an Individuen überproportional stark vertretene Alters- oder Größenklassen. Sterben z.B. aufgrund eines außergewöhnlich harten Winters, die alten und jungen Individuen einer Population, so besteht diese anschließend hauptsächlich aus Individuen mittleren Alters. Sie wurde sozusagen synchronisiert. Eine solche Populationen neigt zu regelmäßigen Schwankungen (Oszillationen) in ihrer Dichte, da die sich abwechselnden Phasen der individuellen Entwicklung und der Reproduktion nun von einem Großteil der Individuen synchron durchschritten werden. D.h., mal wächst die Population und mal nimmt sie entsprechend der Sterblichkeit ab. In Experimenten mit Phytoplankton-Populationen konnte ich zeigen, dass dieses oszillierende Verhalten mit dem in der Physik gebräuchlichen Konzept der Synchronisation beschrieben werden kann. Synchrones Verhalten ist eines der verbreitetsten Phänomene in der Natur und kann z.B. in synchron schwingenden Brücken, als auch bei der Erzeugung von Lasern oder in Form von rhythmischem Applaus auf einem Konzert beobachtet werden. Wie stark die Schwankungen sind, hängt dabei sowohl von der Stärke der Umweltveränderung als auch vom demografischen Zustand der Population vor der Veränderung ab. Zwei Populationen, die sich in verschiedenen Habitaten aufhalten, können zwar gleich stark von einer Umweltveränderung beeinflusst werden. Die Reaktionen im anschließenden Verhalten können jedoch äußerst unterschiedlich ausfallen, wenn sich die Populationen zuvor in stark unterschiedlichen demografischen Zuständen befanden. Darüber hinaus treten bestimmte, für das Verhalten einer Population relevante Mechanismen überhaupt erst in Erscheinung, wenn sich die Umweltbedingungen ändern. So fiel in Experimenten beispielsweise die Populationsdichte um rund 50 Prozent ab nachdem sich die Ressourcenverfügbarkeit verdoppelte. Der Grund für dieses gegenintuitive Verhalten konnte mit der erhöhten Aufnahme von Ressourcen erklärt werden. Damit verbessert eine Algenzelle zwar die eigene Konstitution, jedoch verzögert sich dadurch die auch die Reproduktion und die Populationsdichte nimmt gemäß ihrer Verluste bzw. Sterblichkeit ab. Zwei oder mehr räumlich getrennte Populationen können darüber hinaus durch Umwelteinflüsse synchronisiert werden. Dies wird als Moran-Effekt bezeichnet. Angenommen auf zwei weit voneinander entfernten Inseln lebt jeweils eine Population. Zwischen beiden findet kein Austausch statt – und doch zeigt sich beim Vergleich ihrer Zeitreihen eine große Ähnlichkeit. Das überregionale Klima synchronisiert hierbei die lokalen Umwelteinflüsse. Diese wiederum bestimmen das Verhalten der jeweiligen Population. Der Moran-Effekt besagt nun, dass die Ähnlichkeit zwischen den Populationen jener zwischen den Umwelteinflüssen entspricht, oder geringer ist. Meine Ergebnisse bestätigen dies und zeigen darüber hinaus, dass sich die Populationen sogar ähnlicher sein können als die Umwelteinflüsse, wenn man von unterschiedlich stark schwankenden Einflüssen ausgeht.
Das ITC SFN und der Mikronährstoff Se sind bekannt als chemopräventive Inhaltsstoffe von Gemüse der Brassica-Familie, welcher auch Brokkoli angehört. Die Wirkungen von sowohl SFN als auch Se beruhen auf zahlreichen verschiedenen Mechanismen. Es existieren jedoch Schnittstellen, an welchen Interaktionen beider Substanzen möglich sind. Basierend auf diesem Wissen wurden in dieser Arbeit Wechselwirkungen zwischen SFN und Se auf die Aktivität sowie Expression von Phase II Enzymen und Selenoproteinen untersucht. Der Einfluss der Kombination von SFN und Se auf die unter physiologischen Bedingungen stattfindende Proliferation und Apoptose war ebenso Gegenstand der Arbeit wie die Modulation von Entzündungsprozessen sowie der Tumorentstehung während der entzündungsverstärkten Colonkanzerogenese im Mausmodell. Das hinsichtlich seiner Wirksamkeit mit aus GRA hydrolysiertem SFN zunächst als vergleichbar befundene synthetische SFN wurde für die Untersuchung im AOM/DSS-induzierten Colontumormodell gewählt und in Kombination mit 3 verschiedenen Selendiäten verabreicht. Der Einfluss von SFN und Se auf Phase II Enzyme und Selenoproteine entlang des GIT war organabhängig und nach 4 Wochen geringer als nach 7 Tagen. Die schwächere Induktion deutet auf eine Anpassung des Organismus hin. Ein SFN-vermittelter Effekt auf NQO1 war im Selenmangel am deutlichsten. Die Aktivität des Selenoproteins TrxR wurde hingegen erst bei ausreichender Selenversorgung durch SFN beeinflusst. Die als Nrf2-Zielgen bekannte und in der Hierarchie der Selenoproteine einen hohen Rang einnehmende GPx2 konnte in bestimmten Organen bereits unter selenarmen Bedingungen durch SFN induziert werden. Eine Überexpression des Enzyms war jedoch nicht möglich. SFN steigerte, unabhängig vom Selenstatus, im oberen Abschnitt des GIT und im Colon die Aktivität der GST. Eine Induktion des eigenen Metabolismus wäre somit denkbar. Im Falle eines Mangels an GPx2 wurde GPx1 bei hinreichender Selenversorgung stärker exprimiert, allerdings konnte sie die Funktion von GPx2 nicht völlig erset-zen. Im Selenmangel kann die Aktivitätssteigerung der TrxR im Dünndarm, dem Ab-schnitt der Selenabsorption, als ein Versuch der GPx2-Kompensation angesehen werden. SFN war nicht in der Lage, über eine Aktivierung des Nrf2/ARE-Signalweges kompensatorische Effekte zu induzieren. Apoptotische Prozesse wurden unter physiologischen Bedingungen nur marginal durch SFN und Se moduliert. Das elektrophile ITC konnte lediglich im Selenmangel Apoptose im luminalen Bereich der Colonkrypten induzieren. Die durch supranutritive Selenkonzentration induzierte Apoptose im Kryptengrund wurde nicht durch SFN beeinflusst. Einer bei Abwesenheit der GPx2 erhöhten Apoptoserate im Kryptengrund wirkte SFN bei adäquater Selenversorgung entgegen, war indessen proapoptotisch unter selendefizienten Konditionen. Der Einfluss von SFN auf die Entzündung war deutlich abhängig vom Selenstatus. Während SFN im Selenmangel anscheinend prooxidative Prozesse induzierte und die Entzündungssymptome verschlimmerte, wirkte es unter adäquatem Selenstatus an-tiinflammatorisch. Den vergleichsweise milden Grad der Entzündung im selensupplementierten Status konnte SFN nicht zusätzlich beeinflussen. SFN veränderte die Inzi-denz colorektaler Tumore nicht. Ein, die Tumorinitiation blockierender SFN-Effekt durch direkte Hemmung der metabolischen Aktivierung des Prokanzerogens im selenadäquaten Zustand scheint offensichtlich. Eine Überversorgung mit Se kann protektiv im Hinblick auf Entzündung oder Colonkanzerogenese sein, jedoch bewirkt SFN keinen zusätzlichen Schutz. Kombinationseffekte von SFN und Se in Bezug auf Phase II Enzyme, Selenoproteine und Apoptose sowie die entzündungsverstärkte Colonkanzerogenese sind nicht eindeutiger Natur und können, abhängig vom Endpunkt, synergistische oder antagonistische Züge aufweisen. Eine bei Selendefizienz deutlichere Wirkung von SFN kann mit Hilfe der gesteigerten Aktivierung von Nrf2 erklärt werden, dies muss jedoch nicht von Vorteil sein. Bei adäquater Selenversorgung kann SFN kurzfristig antiinflammatorische und antikanzerogene Prozesse induzieren. Von einer längerfristigen ständigen SFN-Aufnahme in Form von GRA-reichen Brassicacea ist jedoch abzuraten, da von einer Adaptation auszugehen ist. Die Wirkung von SFN innerhalb der komplexen Pflanzenmatrix bleibt Gegenstand zukünftiger Untersuchungen.
Die Qualität von Nutzpflanzen ist von zahlreichen Einflussfaktoren wie beispielsweise Lagerbedingungen und Sorteneigenschaften abhängig. Um Qualitätsmängel zu minimieren und Absatzchancen von Nutzpflanzen zu steigern sind umfangreiche Analysen hinsichtlich ihrer stofflichen Zusammensetzung notwendig. Chromatographische Techniken gekoppelt an ein Massenspektrometer und die Kernspinresonanzspektroskopie wurden dafür bislang verwendet. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Gaschromatograph an ein Flugzeitmassenspektrometer (GC-TOF-MS) gekoppelt, um physiologische Prozesse bzw. Eigenschaften (die Schwarzfleckigkeit, die Chipsbräunung, das Physiologische Alter und die Keimhemmung) von Nutzpflanzen aufzuklären. Als Pflanzenmodell wurde dafür die Kartoffelknolle verwendet. Dazu wurden neue analytische Lösungsansätze entwickelt, die eine zielgerichtete Auswertung einer Vielzahl von Proben, die Etablierung einer umfangreichen Referenzspektrenbibliothek und die sichere Archivierung aller experimentellen Daten umfassen. Das Verfahren der Probenvorbereitung wurde soweit modifiziert, dass gering konzentrierte Substanzen mittels GC-TOF-MS analysiert werden können. Dadurch wurde das durch die Probenvorbereitung limitierte Substanzspektrum erweitert. Anhand dieser Lösungsansätze wurden physiologisch relevante Stoffwechselprodukte identifiziert, welche indikativ (klassifizierend) bzw. prädiktiv (vorhersagend) für die physiologischen Prozesse sind. Für die Schwarzfleckigkeitsneigung und die Chipseignung wurde jeweils ein biochemisches Modell zur Vorhersage dieser Prozesse aufgestellt und auf eine Züchtungspopulation übertragen. Ferner wurden für die Schwarzfleckigkeit Stoffwechselprodukte des Respirationsstoffwechsels identifiziert sowie Aminosäuren, Glycerollipide und Phenylpropanoide für das Physiologische Alter als relevant erachtet. Das physiologische Altern konnte durch die Anwendung höherer Temperaturen beschleunigt werden. Durch Anwendung von Keimhemmern (Kümmelöl, Chlorpropham) wurde eine Verzögerung des physiologischen Alterns beobachtet. Die Applikation von Kümmelöl erwies sich dabei als besonders vorteilhaft. Kümmelöl behandelte Knollen wiesen im Vergleich zu unbehandelten Knollen nur Veränderungen im Aminosäure-, Zucker- und Sekundärstoffwechsel auf. Chlorpropham behandelte Knollen wiesen einen ähnlichen Stoffwechsel wie die unbehandelten Knollen auf. Für die bislang noch nicht identifizierten Stoffwechselprodukte wurden im Rahmen dieser Arbeit das Verfahren der „gezielten An-/Abreicherung“, der „gepaarten NMR/GC-TOF-MS Analyse“ und das „Entscheidungsbaumverfahren“ entwickelt. Diese ermöglichen eine Klassifizierung von GC-MS Signalen im Hinblick auf ihre chemische Funktionalität. Das Verfahren der gekoppelten NMR/GC-TOF-MS Analyse erwies sich dabei als besonders erfolgversprechend, da es eine Aufklärung bislang unbekannter gaschromatographischer Signale ermöglicht. In der vorliegenden Arbeit wurden neue Stoffwechselprodukte in der Kartoffelknolle identifiziert, wodurch ein wertvoller Beitrag zur Analytik der Metabolomik geleistet wurde.
Die gesundheitsfördernden Eigenschaften von grünem Tee sind weitgehend akzeptiert. Den Teecatechinen, insbesondere dem Epigallocatechin-3-gallat (EGCG), werden zahlreiche positive Effekte zugesprochen (z. B. antioxidativ, antikanzerogen, antiinflammatorisch, Blutdruck und Cholesterinspiegel senkend). Die Mechanismen, die zu einer Reduktion der in Tierversuchen beschriebenen Körper- und Fettmasse führen, sind nicht ausreichend geklärt. Ziel dieser Arbeit bestand darin, die kurz- und mittelfristigen Wirkungen einer TEAVIGO®-Applikation (mind. 94 % EGCG) am Mausmodell im Hinblick auf den Energie- und Fettstoffwechsel sowie die Expression daran beteiligter Gene in wichtigen Organen und Geweben zu untersuchen. In verschiedenen Tierversuchen wurde männlichen C57BL/6-Mäusen eine Hochfettdiät (HFD) mit und ohne Supplementation (oral, diätetisch) des entkoffeinierten Grüntee-Extraktes TEAVIGO® in unterschiedlichen Dosierungen gefüttert. Es wurden sowohl kurz- als auch mittelfristige Wirkungen des EGCG auf die Energiebilanz (u. a. indirekte Tierkalorimetrie) und Körperzusammensetzung (NMR) sowie die exogene Substratoxidation (Stabilisotopentechnik: Atemtests, Inkorporation natürlicher 13C-angereicherter Triglyceride aus Maiskeimöl in diverse Organe/Gewebe) und Gen-expression (quantitative real-time PCR) untersucht. Die Applikationsform und ihre Dauer riefen unterschiedliche Wirkungen hervor. Mäuse mit diätetischer Supplementation zeigten bereits nach kurzer Zeit eine verminderte Körperfettmasse, die bei weiterer Verabreichung auch zu einer Reduktion der Körpermasse führte. Beide Applikationsformen resultieren, unabhängig von der Dauer der Intervention, in einer erhöhten Energieausscheidung, während die Futter- und Energieaufnahme durch EGCG nicht beeinflusst wurden. Der Energieverlust war von einer erhöhten Fett- und Stickstoffausscheidung begleitet, deren Ursache die in der Literatur beschriebene Interaktion und Hemmung digestiver Enzyme sein könnte. Besonders unter postprandialen Bedingungen wiesen EGCG-Mäuse erniedrigte Triglycerid- und Glycogengehalte in der Leber auf, was auf eine eingeschränkte intestinale Absorption der Nährstoffe hindeutet. Transkriptanalysen ergaben im Darm eine verminderte Expression von Fettsäuretransportern, während die Expression von Glucosetransportern durch EGCG erhöht wurde. Weiterhin reduzierte EGCG, nach Umstellung von Standard- auf eine maiskeimölhaltige Hochfettdiät, die Inkorporation natürlicher 13C-angereicherter Triglyceride in diverse Organe und Gewebe – insbesondere Leber, viszerales und braunes Fettgewebe sowie Skelettmuskel. Die Analyse der 13C-Anreicherung im Atem der Mäuse und die Energieumsatzmessungen ergaben nach kurzer Applikation eine erhöhte Fettoxidation, die im weiteren Verlauf der Intervention auf eine erhöhte Kohlenhydratoxidation umgeschaltet wurde. Weiterhin war die orale Applikation von EGCG bei gleichzeitiger Fütterung einer Hochfettdiät von makroskopischen und mikroskopischen degenerativen Veränderungen der Leber begleitet. Diese Effekte wurden nach diätetischer Supplementation der Hochfettdiät mit EGCG nicht beobachtet. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Körpergewichts- und Fettgewebs-abnahme durch diätetisches EGCG sich durch eine herabgesetzte Verdaulichkeit der Nahrung erklären lässt. Dies führte zu verschiedenen kurz- und mittelfristigen Veränderungen in der Fettverteilung und im Fettmetabolismus.
Die adipositasbedingte Insulinresistenz geht mit einer unterschwelligen Entzündungsreaktion einher. Als Antwort auf dieses Entzündungsgeschehen wird PGE2 unter anderem von Kupffer Zellen der Leber freigesetzt und kann seine Wirkung über vier PGE2-Rezeptorsubtypen (EP1-EP4) vermitteln. In vorangegangenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass PGE2 in Rattenhepatozyten über den EP3 R ERK1/2-abhängig die intrazelluläre Weiterleitung des Insulinsignals hemmt. Über die Modulation der Insulinrezeptorsignalkette durch andere EP-Rezeptoren war bisher nichts bekannt. Daher sollte in stabil transfizierten Zelllinien, die jeweils nur einen der vier EP-Rezeptorsubtypen exprimierten, der Einfluss von PGE2 auf die Insulinrezeptorsignalkette untersucht werden. Es wurden HepG2-Zellen, die keinen funktionalen EP-Rezeptor aufwiesen, sowie HepG2-Zellen, die stabil den EP1-R (HepG2-EP1), den EP3β-R (HepG2 EP3β) oder den EP4-R (HepG2 EP4) exprimierten, sowie die humane fötale Hepatozytenzelllinie, Fh hTert, die den EP2- und den EP4-R exprimierte, für die Untersuchungen verwendet. Die Zellen wurden für 330 min mit PGE2 (10 µM) vorinkubiert, um die pathophysiologische Situation nachzustellen und anschließend mit Insulin (10 nM) für 15 min stimuliert. Die insulinabhängige Akt- und ERK1/2-Phosphorylierung wurde im Western-Blot bestimmt. In allen Hepatomzelllinien die EP-R exprimierten, nicht aber in der Zelllinie, die keinen EP R exprimierte, hemmte PGE2 die insulinstimulierte Akt-Phosphorylierung. In allen drei stabil transfizierten Zelllinien, nicht jedoch in den Fh-hTert-Zellen, steigerte PGE2 die basale und insulinstimulierte Phosphorylierung der Serin/Threoninkinase ERK1/2. In den HepG2 EP1- und den HepG2-EP3β-Zellen steigerte PGE2 mutmaßlich über die ERK1/2-Aktivierung die Serinphosphorylierung des IRS, welche die Weiterleitung des Insulinsignals blockiert. Die Hemmung der Aktivierung von ERK1/2 hob in EP3 R-exprimierenden Zellen die Abschwächung der Insulinsignalübertragung teilweise auf. In diesen Zellen scheint die ERK1/2-Aktivierung die größte Bedeutung für die Hemmung der insulinstimulierten Akt-Phosphorylierung zu haben. Da durch die Hemmstoffe die PGE2-abhängige Modulation nicht vollständig aufgehoben wurde, scheinen darüber hinaus aber noch andere Mechanismen zur Modulation beizutragen. In den Fh hTert-Zellen wurde die Insulinrezeptorsignalkette offensichtlich über einen ERK1/2-unabhängigen, bisher nicht identifizierten Weg unterbrochen. Eine gesteigerte PGE2-Bildung im Rahmen der Adipositas ist nicht auf die peripheren Gewebe beschränkt. Auch im Hypothalamus können bei Adipositas Zeichen einer Entzündung nachgewiesen werden, die mit einer gesteigerten PGE2-Bildung einhergehen. Daher wurde das EP R-Profil von primären hypothalamischen Neuronen und neuronalen Modellzelllinien charakterisiert, um zu prüfen, ob PGE2 in hypothalamischen Neuronen die Insulinsignalkette in ähnlicher Weise unterbricht wie in Hepatozyten. In allen neuronalen Zellen hemmte die Vorinkubation mit PGE2 die insulinstimulierte Akt-Phosphorylierung nicht. In der neuronalen hypothalamischen Zelllinie N 41 wirkte PGE2 eher synergistisch mit Insulin. In durch Retinsäure ausdifferenzierten SH SY5Y-Zellen waren die Ergebnisse allerdings widersprüchlich. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Expression der EP Rezeptoren im Verlauf der Kultur stark schwankte und somit die EP R-Ausstattung der Zellen zwischen den Zellversuchen variierte. Auch in den primären hypothalamischen Neuronen variierte die EP R-Expression abhängig vom Differenzierungszustand und PGE2 beeinflusste die insulinstimulierte Akt-Phosphorylierung nicht. Obwohl in allen neuronalen Zellen die Akt-Phosphorylierung durch Insulin gesteigert wurde, konnte in keiner der Zellen eine insulinabhängige Regulation der Expression von Insulinzielgenen (POMC und AgRP) nachgewiesen werden. Das liegt wahrscheinlich an dem niedrigen Differenzierungsgrad der untersuchten Zellen. Im Rahmen der Adipositas kommt es zu einer Überaktivierung des Endocannabinoidsystems. Endocannabinoidrezeptoren sind mit den EP Rezeptoren verwandt. Daher wurde geprüft, ob Endocannabinoide die Insulinsignalweiterleitung in ähnlicher Weise beeinflussen können wie PGE2. Die Vorinkubation der N 41-Zellen für 330 min mit einem Endocannabinoidrezeptoragonisten steigerte die insulinstimulierte Akt-Phosphorylierung, was auf einen insulinsensitiven Effekt von Endocannabinoiden hindeutet. Dies steht im Widerspruch zu der in der Literatur beschriebenen endocannabinoidabhängigen Insulinresistenz, die aber auf indirekte, durch Endocannabinoide ausgelöste Veränderungen zurückzuführen sein könnte.
Untersuchungen PEG-basierter thermo-responsiver Polymeroberflächen zur Steuerung der Zelladhäsion
(2010)
Moderne Methoden für die Einzelzellanalyse werden dank der fortschreitenden Weiterentwicklung immer sensitiver. Dabei steigen jedoch auch die Anforderungen an das Probenmaterial. Viele Aufbereitungsprotokolle adhärenter Zellen beinhalten eine enzymatische Spaltung der Oberflächenproteine, um die Ablösung vom Zellkultursubstrat zu ermöglichen. Verschiedene Methoden, wie die Patch-Clamp-Technik oder eine auf der Markierung extrazellulärer Domänen von Membranproteinen basierende Durchflusszytometrie können dann nur noch eingeschränkt eingesetzt werden. Daher ist die Etablierung neuer Zellablösemethoden dringend notwendig. In der vorliegenden Arbeit werden erstmals PEG-basierte thermo-responsive Oberflächen erfolgreich für die Zellkultur eingesetzt. Dabei wird das zerstörungsfreie Ablösen verschiedener Zelllinien von den Oberflächen durch Temperatursenkung realisiert. Die Funktionalität der Oberflächen wird durch Variation der Polymerstruktur, sowie der Konzentration der Beschichtungslösung, durch Beschichtung der Oberflächen mit einem zelladhäsionsfördernden Protein (Fibronektin) und durch Adsorption zelladhäsionsvermittelnder Peptide (RGD) optimiert. Um den Zellablösungsprozess detaillierter zu untersuchen, wird hier zum ersten Mal der direkte Zellkontakt mit thermo-responsiven Oberflächen mittels oberflächensensitiver Mikroskopie (TIRAF) sichtbar gemacht. Mit dieser Technik sind die exakte Quantifizierung und die Analyse der Reduktion der Zelladhäsionsfläche während des Abkühlens möglich. Hierbei werden in Abhängigkeit von der Zelllinie Unterschiede im Zellverhalten während des Ablösens festgestellt: Zellen, wie eine Brustkrebszelllinie und eine Ovarzelllinie, die bekanntermaßen stärker mit ihrer Umgebung in Kontakt treten, vergrößern im Verlauf des Beobachtungszeitraumes den Abstand zwischen Zellmembran und Oberfläche, reduzieren jedoch ihre Zell-Substratkontaktfläche kaum. Mausfibroblasten hingegen verkleinern drastisch die Zelladhäsionsfläche. Der Ablösungsprozess wird vermutlich aktiv von den Zellen gesteuert. Diese Annahme wird durch zwei Beobachtungen gestützt: Erstens verläuft die Reduktion der Zelladhäsionsfläche bei Einschränkung des Zellmetabolismus durch eine Temperatursenkung auf 4 °C verzögert. Zweitens hinterlassen die Zellen Spuren, die nach dem Ablösen der Zellen auf den Oberflächen zurückbleiben. Mittels Kombination von TIRAF- und TIRF-Mikroskopie werden die Zelladhäsionsfläche und die Aktinstruktur gleichzeitig beobachtet. Die Verknüpfung beider Methoden stellt eine neue Möglichkeit dar, intrazelluläre Prozesse mit der Zellablösung von thermo-responsiven Oberflächen zu korrelieren.