570 Biowissenschaften; Biologie
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Aufgrund ihrer potenziell gesundheitsfördernden Wirkung sind die polyphenolischen Isoflavone für die menschliche Ernährung von großem Interesse. Eine Vielzahl an experimentellen und epidemiologischen Studien zeigen für die in Soja enthaltenen Isoflavone Daidzein und Genistein eine präventive Wirkung bezüglich hormon-abhängiger und altersbedingter Erkrankungen, wie Brust- und Prostatakrebs, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie des menopausalen Syndroms. Die Metabolisierung und Bioaktivierung dieser sekundären Pflanzenstoffe durch die humane intestinale Darmmikrobiota ist individuell unterschiedlich. Nur in einem geringen Teil der westlichen Bevölkerung wird der Daidzein-Metabolit Equol durch spezifische Darmbakterien gebildet. Ein isoliertes Equol-produzierendes Bakterium des menschlichen Darmtrakts ist Slackia isoflavoniconvertens. Anhand dieser Spezies sollten die bislang unbekannten, an der Umsetzung von Daidzein und Genistein beteiligten Enzyme identifiziert und charakterisiert werden.
Fermentationsexperimente mit S. isoflavoniconvertens zeigten, dass die Gene der Daidzein und Genistein-umsetzenden Enzyme nicht konstitutiv exprimiert werden, sondern induziert werden müssen. Mit Hilfe der zweidimensionalen differentiellen Gelelektrophorese wurden sechs Proteine detektiert, welche in einer S. isoflavoniconvertens-Kultur in Anwesenheit von Daidzein induziert wurden. Auf Grundlage einzelner Peptidsequenzen erfolgte die Sequenzierung eines Genkomplexes mit den in gleicher Orientierung angeordneten Genen der durch Daidzein induzierten Proteine. Sequenzvergleiche identifizierten zudem äquivalente Genprodukte zu den Proteinen von S. isoflavoniconvertens in anderen Equolproduzierenden Bakterien. Nach der heterologen Expression in Escherichia coli wurden drei dieser Gene durch enzymatische Aktivitätstests als Daidzein-Reduktase (DZNR), Dihydrodaidzein-Reduktase (DHDR) und Tetrahydrodaidzein-Reduktase (THDR) identifiziert. Die Kombination der E. coli-Zellextrakte führte zur vollständigen Umsetzung von Daidzein über Dihydrodaidzein zu Equol. Neben Daidzein setzte die DZNR auch Genistein zu Dihydrogenistein um. Dies erfolgte mit einer größeren Umsatzgeschwindigkeit im Vergleich zur Reduktion von Daidzein zu Dihydrodaidzein. Enzymatische Aktivitätstests mit dem Zellextrakt von S. isoflavoniconvertens zeigten ebenfalls eine schnellere Umsetzung von Genistein. Die Kombination der rekombinanten DHDR und THDR führte zur Umsetzung von Dihydrodaidzein zu Equol. Der korrespondierende Metabolit 5-Hydroxyequol konnte als Endprodukt des Genistein-Metabolismus nicht detektiert werden. Zur Reinigung der drei identifizierten Reduktasen wurden diese genetisch an ein Strep-tag fusioniert und mittels Affinitätschromatographie gereinigt. Die übrigen durch Daidzein induzierten Proteine IfcA, IfcBC und IfcE wurden ebenfalls in E. coli exprimiert und als Strep-Fusionsproteine gereinigt. Vergleichende Aktivitätstests identifizierten das induzierte Protein IfcA als Dihydrodaidzein-Racemase. Diese katalysierte die Umsetzung des (R)- und (S)-Enantiomers von Dihydrodaidzein und Dihydrogenistein zum korrespondierenden Racemat. Neben dem Elektronentransfer-Flavoprotein IfcBC wurden auch die THDR, DZNR und IfcE als FAD-haltige Flavoproteine identifiziert. Zudem handelte es sich bei IfcE um ein Eisen-Schwefel-Protein. Nach Induktion der für die Daidzein-Umsetzung kodierenden Gene wurden mehrere verschieden lange mRNA-Transkripte gebildet. Dies zeigte, dass die Transkription des durch Daidzein induzierten Genkomplexes in S. isoflavoniconvertens nicht in Form eines einzelnen Operonsystems erfolgte.
Auf Grundlage der identifizierten Daidzein-umsetzenden Enzyme kann der Mechanismus der bakteriellen Umsetzung von Isoflavonen durch S. isoflavoniconvertens eingehend erforscht werden. Die ermittelten Gensequenzen der durch Daidzein induzierten Proteine sowie die korrespondierenden Gene weiterer Equol-produzierender Bakterien bieten zudem die Möglichkeit der mikrobiellen Metagenomanalyse im humanen Darmtrakt.
Die Interaktionen von komplexen Kohlenhydraten und Proteinen sind ubiquitär. Sie spielen wichtige Rollen in vielen physiologischen Prozessen wie Zelladhäsion, Signaltransduktion sowie bei viralen Infektionen. Die molekularen Grundlagen der Interaktion sind noch nicht komplett verstanden. Ein Modellsystem für Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen besteht aus Adhäsionsproteinen (Tailspikes) von Bakteriophagen, die komplexe Kohlenhydrate auf bakteriellen Oberflächen (O-Antigen) erkennen. Das Tailspike-Protein (TSP), das in dieser Arbeit betrachtet wurde, stammt aus dem Bakteriophagen 9NA (9NATSP). 9NATSP weist eine hohe strukturelle Homologie zum gut charakterisierten TSP des Phagen P22 (P22TSP) auf, bei einer niedriger sequenzieller Ähnlichkeit. Die Substratspezifitäten beider Tailspikes sind ähnlich mit Ausnahme der Toleranz gegenüber den glucosylierten Formen des O-Antigens. Die Struktur der beiden Tailspikes ist bekannt, sodass sie ein geeignetes System für vergleichende Bindungsstudien darstellen, um die strukturellen Grundlagen für die Unterschiede der Spezifität zu untersuchen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde der ELISA-like tailspike adsorption assay (ELITA) etabliert, um Binderpaare aus TSPs und O-Antigen zu identifizieren. Dabei wurden 9NATSP und P22TSP als Sonden eingesetzt, deren Bindung an die intakten, an die Mikrotiterplatte adsorbierten Bakterien getestet wurde. Beim Test einer Sammlung aus 44 Salmonella-Stämmen wurden Stämme identifiziert, die bindendes O-Antigen exprimieren. Gleichzeitig wurden Unterschiede in der Bindung der beiden TSPs an Salmonella-Stämme mit gleichem O-Serotyp beobachtet. Die Ergebnisse der ELITA-Messung wurden qualitativ durch eine FACS-basierte Bindungsmessung bestätigt. Zusätzlich ermöglichte die FACS-Messung bei Stämmen, die teilweise modifizierte O-Antigene herstellen, den Anteil an Zellen mit und ohne Modifikation zu erfassen.
Die Oberflächenplasmonresonanz (SPR)-basierten Interaktionsmessungen wurden eingesetzt, um Bindungsaffinitäten für eine TSP-O-Antigen Kombination zu quantifizieren. Dafür wurden zwei Methoden getestet, um die Oligosaccharide auf einem SPR-Chip zu immobilisieren. Zum einen wurden die enzymatisch hergestellten O-Antigenfragmente mit einem bifunktionalen Oxaminadapter derivatisiert, der eine primäre Aminogruppe für die Immobilisierung bereitstellt. Ein Versuch, diese Oligosaccharidfragmente zu immobilisieren, war jedoch nicht erfolgreich. Dagegen wurde das nicht derivatisierte Polysaccharid, bestehend aus repetitivem O-Antigen und einem konservierten Kernsaccharid, erfolgreich auf einem SPR-Chip immobilisiert. Die Immobilisierung wurde durch Interaktionsmessungen mit P22TSP bestätigt. Durch die Immobilisierung des Polysaccharids sind somit quantitative SPR-Bindungsmessungen mit einem polydispersen Interaktionspartner möglich.
Eine Auswahl von Salmonella-Stämmen mit einer ausgeprägt unterschiedlichen Bindung von 9NATSP und P22TSP im ELITA-Testsystem wurde hinsichtlich der Zusammensetzung des O-Antigens mittels HPLC, Kapillargelelektrophorese und MALDI-MS analysiert. Dabei wurden nicht-stöchiometrische Modifikationen der O-Antigene wie Acetylierung und Glucosylierung detektiert. Das Ausmaß der Glucosylierung korrelierte negativ mit der Effizienz der Bindung und des Verdaus durch die beiden TSPs, wobei der negative Effekt bei 9NATSP weniger stark ausgeprägt war als bei P22TSP. Dies stimmt mit den Literaturdaten zu Infektivitätsstudien mit 9NA und P22 überein, die mit Stämmen mit vergleichbaren O-Antigenvarianten durchgeführt wurden. Die Korrelation zwischen der Glucosylierung und Bindungseffizienz konnte strukturell interpretiert werden.
Auf Grundlage der O-Antigenanalysen sowie der Ergebnisse der ELITA- und FACS-Bindungstests wurden die Salmonella-Stämme Brancaster und Kalamu identifiziert, die annähernd quantitativ glucosyliertes O-Antigen exprimieren. Damit eignen sich diese Stämme für weiterführende Studien, um die Zusammenhänge zwischen der Spezifität und der Organisation der Bindestellen der beiden TSPs zu untersuchen.
Aminosäuren sind lebensnotwendige Moleküle für alle Organismen. Ihre Erkennung im Körper ermöglicht eine bedarfsgerechte Regulation ihrer Aufnahme und ihrer Verwertung. Welcher Chemosensor für diese Erkennung jedoch hauptverantwortlich ist, ist bisher unklar. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der Umamigeschmacksrezeptoruntereinheit Tas1r1 jenseits ihrer gustatorischen Bedeutung für die Aminosäuredetektion in der Mundhöhle untersucht.
In der histologischen Tas1r1-Expressionsanalyse nichtgustatorischer Gewebe der Mauslinie Tas1r1-Cre/ROSA26-tdRFP wurde über die Detektion des Reporterproteins tdRFP die Expression des Tas1r1 in allen untersuchten Geweben (Speiseröhre, Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse, Leber, Niere, Muskel- und Fettgewebe, Milz, Thymus, Lymphknoten, Lunge sowie Hoden) nachgewiesen. Mit Ausnahme von Dünndarm und Hoden gelang hierbei der Nachweis erstmals spezifisch auf zellulärer Ebene. Caecum und Lymphknoten wurden zudem neu als Expressionsorte des Tas1r1 identifiziert.
Trotz der beobachteten weiten Verbreitung des Tas1r1 im Organismus – unter anderem auch in Geweben, die für den Proteinstoffwechsel besonders relevant sind – waren im Zuge der durchgeführten Untersuchung potentieller extraoraler Funktionen des Rezeptors durch phänotypische Charakterisierung der Mauslinie Tas1r1-BLiR nur schwache Auswirkungen auf Aminosäurestoffwechsel bzw. Stickstoffhaushalt im Falle eines Tas1r1-Knockouts detektierbar. Während sich Ernährungsverhalten, Gesamtphysiologie, Gewebemorphologie sowie Futterverdaulichkeit unverändert zeigten, war die renale Stickstoffausscheidung bei Tas1r1-Knockout-Mäusen auf eiweißarmer sowie auf eiweißreicher Diät signifikant verringert. Eine Überdeckung der Auswirkungen des Tas1r1-Knockouts aufgrund kompensatorischer Effekte durch den Aminosäuresensor CaSR oder den Peptidsensor Gpr93 war nicht nachweisbar. Es bleibt offen, ob andere Mechanismen oder andere Chemosensoren an einer Kompensation beteiligt sind oder aber Tas1r1 in extraoralem Gewebe andere Funktionen als die der Aminosäuredetektion übernimmt. Unterschiede im extraoralen Expressionsmuster der beiden Umamirezeptor-untereinheiten Tas1r1 und Tasr3 lassen Spekulationen über andere Partner, Liganden und Funktionen zu.
Viele klinische Schnelltestsysteme benötigen vorpräparierte oder aufgereinigte Analyte mit frisch hergestellten Lösungen. Fernab standardisierter Laborbedingungen wie z.B. in Entwicklungsländern oder Krisengebieten sind solche Voraussetzungen oft nur unter einem hohen Aufwand herstellbar.
Zusätzlich stellt die erforderliche Sensitivität die Entwicklung einfach zu handhabender Testsysteme vor große Herausforderungen.
Autokatalytische Reaktionen, die sich mit Hilfe sehr geringer Initiatorkonzentrationen auslösen lassen, können hier eine Perspektive für Signalverstärkungsprozesse bieten.
Aus diesem Grund wird im ersten Teil der vorliegenden Arbeit das Verhalten der autokatalytischen Arsenit-Jodat-Reaktion in einem mikrofluidischen Kanal untersucht. Dabei werden insbesondere die diffusiven und konvektiven Einflüsse auf die Reaktionskinetik im Vergleich zu makroskopischen Volumenmengen betrachtet.
Im zweiten Teil werden thermoresponsive Hydrogele mit einem kanalstrukturierten Papiernetzwerk zu einem neuartigen, kapillargetriebenen, extern steuerbaren Mikrofluidik-System kombiniert. Das hier vorgestellte Konzept durch Hydrogele ein papierbasiertes LOC-System zu steuern, ermöglicht zukünftig die Herstellung von komplexeren, steuerbaren Point-Of-Care Testsystemen (POCT). Durch z.B. einen thermischen Stimulus, wird das Lösungsverhalten eines Hydrogels so verändert, dass die gespeicherte Flüssigkeit freigesetzt und durch die Kapillarkraft des Papierkanals ins System transportiert wird. Die Eigenschaften dieses Gelnetzwerks können dabei so eingestellt werden, dass eine Freisetzung von Flüssigkeiten sogar bei Körpertemperatur möglich wäre und damit eine Anwendung gänzlich ohne weitere Hilfsmittel denkbar ist. Für die Anwendung notwendige Chemikalien oder Enzyme lassen sich hierbei bequem in getrocknetem Zustand im Papiersubstrat vorlagern und bei Bedarf in Lösung bringen.
Im abschließenden dritten Teil der Arbeit wird ein durch Hydrogele betriebener, Antikörper-basierter Mikroorganismenschnelltest für Escherichia coli präsentiert. Darüber hinaus wird weiterführend eine einfache Methode zur Funktionalisierung eines Hydrogels mit Biomolekülen über EDC/NHS-Kopplung vorgestellt.