509 Histor., geogr., personenbezogene Behandlung
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Noch vor seinem Studium in Freiberg bei A. G. Werner betrieb Alexander von Humboldt umfangreiche geognostische und salinistische Studien, die schließlich Eingang in die 1790 erschienene Abhandlung „Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein“ und in „Versuch über einige physikalische und chemische Grundsätze der Salzwerkskunde“ (1792) gefunden haben. Wesentlichen Einfluss auf diese frühen geognostischen Arbeiten, die bis 1795 rund 31 % der wissenschaftlichen Tätigkeit Humboldts ausfüllten, hatten seine ersten Geognosielehrer J. F. Blumenbach und H. F. Link. Auf Grund der zeitlichen Einordnung der Rheinreise von 1789 und der umfassenden Kenntniss der geognostischen Literatur durch Humboldt kann mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die in diesem Aufsatz zitierten geognostischen Passagen aus dem Tagebuch von Steven Jan van Geuns unter dem direkten Einfluss Humboldts während der Reise entstanden sind. Die zitierten Texte aus dem Tagebuch dürften somit als die frühesten Äußerungen Humboldts zum Vulkanismus, zur Geognosie der Basalte und zur Salinistik gelten.
Alexander von Humboldt hat im Verlauf eines langen Gelehrtenlebens geduldig an der Ausformulierung und Gestaltung einer Wissenschaft von der Welt gearbeitet, an der Vision von jenem Kosmos, dem er während der letzten Jahrzehnte seines Lebens seinen bis heute faszinierenden Entwurf einer physischen Weltbeschreibung widmete. Dabei bildete die selbstkritische Hinterfragung eigener, kulturell geprägter Forschungsansätze im Kontext jeweils spezifischer Kulturen des Wissens ein entscheidendes Kriterium seines wissenschaftlichen Handelns. Wissenschaft von der Welt ist bei Humboldt verbunden mit dem Anspruch, die Welt in ihren komplexen Zusammenhängen neu zu denken: transdisziplinär, interkulturell, kosmopolitisch. So verstanden ist Humboldt keineswegs der "letzte Universalgelehrte", sondern vielmehr Pionier und Vertreter einer neuen Wissenschaftskonzeption, deren Potentiale bis heute noch nicht ausgeschöpft sind.
- Ulrike Leitner: Aus dem Humboldt-Nachlaß: Juan José de Oteyzas Beschreibung der Pyramiden von Teotihuacán
- Ottmar Ette: Alexander von Humboldt, die Humboldtsche Wissenschaft und ihre Relevanz im Netzzeitalter
- Bernd Kölbel, Martin Sauerwein, Katrin Sauerwein, Steffen Kölbel und Lucie Terken: Alexander von Humboldt und seine geognostischen Studien in Göttingen
- Nicolaas A. Rupke: A Metabiography of Alexander von Humboldt
- Franz-J. Weihrauch: Nachrichten aus Amerika oder wie man in Koblenz von Humboldts Reise nach Amerika erfuhr
- Petra Werner Himmelsblau. Bemerkungen zum Thema „Farben“ in Humboldts Alterswerk Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung
- Robert Hoffmann: Die Entstehung einer Legende. Alexander von Humboldts angeblicher Ausspruch über Salzburg.
Editorial
(2005)
Die Forschung über Alexander von Humboldt hat - wie sein Schaffen selbst - eine weltweite Dimension angenommen. Die Vielsprachigkeit und Multidisziplinarität der Humboldt-Forschung am Beginn des 21. Jahrhunderts ist beeindruckend und anläßlich des 200. Jahrestages des Beginns seiner amerikanischen Forschungsreise in aller Deutlichkeit ins Bewußtsein getreten. Dies erfordert neue Anstrengungen, eine für alle Disziplinen und Arbeitsgebiete offene wissenschaftliche Plattform der Alexander von Humboldt gewidmeten Studien zu schaffen. Das Projekt »Alexander von Humboldt im Netz« bietet den notwendigen Rahmen für eine derartige Plattform, die wissenschaftliche Zeitschrift »HiN« soll nun dem internationalen und interdisziplinären Austausch im wissenschaftlichen Bereich wesentliche neue Impulse geben. Für ein Netzwerk, wie es das Humboldtsche Œuvre darstellt, bietet das Medium des Internet eine ausgezeichnete Grundlage, um eine internationale Vernetzung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Alexander von Humboldt voranzutreiben. HiN versteht sich als eine transdisziplinär ausgerichtete internationale Zeitschrift im Internet. HiN ist ein halbjährlich erscheinendes wissenschaftliches Periodikum im Netz, das den Austausch innerhalb der Humboldt-Forschung ausbauen will. HiN stellt neue Forschungen über Alexander von Humboldt vor mit dem Ziel, unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen, Forschungstraditionen und Sprachen im Bereich der Humboldt-Forschung zusammenzuführen. Mit HiN wollen wir einen Beitrag zur Vertiefung und Internationalisierung der Forschung über Alexander von Humboldt leisten und zugleich jene Vermittlung an eine breitere interessierte Öffentlichkeit verwirklichen, die für den Autor des Kosmos stets eine ethische Grundforderung war.
El Proyecto Humboldt
(2005)
El Proyecto Humboldt ofrece desde 2002 una creciente biblioteca digital para la investigación de las expediciones europeas a las Islas Canarias entre 1700 y 1900. La idea de Open Access guia el trabajo de la biblioteca que se dirige a la comunidad cientifica tambien como al público. En este texto se presenta algunos de los resultados del trabajo cientifico de los ultimos años. A continuación se habla de ideas generales que se refieren a bibliotecas digitales y a desarrollos futuros en este campo. Al final se discute la relación dificil de las humanidades con el ordenador y se va a criticar la situación actual.
Ausgehend von O. Ettes Analyse des Begriffs Humboltian writing wird unter Betonung des bibliographischen Hintergrunds die vernetzte Struktur des amerikanischen Reisewerks Alexander von Humboldts dargestellt. Die Komplexität seines Schreibens zeigt sich in mehreren Dimensionen: disziplinäre Aufsplittung, Hypertextstruktur der einzelnen Texte selbst, Multilingualität, Vernetzung mit anderen Werken Humboldts und seinem epistolarischen Nachlaß, sein wissenschaftliches Netzwerk in der scientific community. Diese Struktur wird bei einer rein linearen Lesart (die ein normales Buch nur zuläßt) nicht vollständig wahrgenommen, zumal es bisher keine mit Registern versehene Neuedition seines Reisewerks gibt, so daß eine digitale Bibliothek ein adäquates Medium für die Darstellung des Humboldtschen Schreibstils und gleichzeitig der für ihn typischen Organisation des Wissens sein könnte.
Alexander von Humboldt hatte entgegen landläufiger Ansicht kaum Gelegenheit, sich auf sein spezielles Reiseziel, die spanischen Kolonien in Mittel- und Südamerika, eingehend vorzubereiten. Die Mehrzahl der Berichte seiner Vorgänger konnte er darum erst nach der Rückkehr lesen und verarbeiten. Neben der Frage nach der Art, wie Humboldt das in vieljähriger Arbeit zusammengetragene Faktenmaterial umgesetzt und sich dabei zugleich in den Forschungskontext eingeschrieben hat, ist diese spezielle Art der nachträglichen Rezeption von entscheidender Bedeutung für die Funktion der Umkreisquellen im Werk Humboldts. Als Vorarbeiten für eine dringend erforderliche detaillierte Untersuchung werden die im Rahmen des Projektes einer »Humboldt Digital Library« für einen begrenzten Abschnitt von Humboldts Reise – das Flußsystem des Orinoco – gesammelten Quellen im folgenden genauer vorgestellt.
The Humboldt Digital Library
(2005)
Alexander von Humboldt’s maps, graphs and illustrations contain a great deal of detail, but in the available rare editions they are hardly visible to the naked eye. In many editions they have been reduced. In a digital library, they will become accessible in their entirety, and Internet technology will reproduce them in a form that overcomes the limitations of the original printing. The user will be able to enlarge the images and see details that might have been overlooked in the past. The Humboldt’s digital library will adhere to the standards for digital libraries established by the Open Archives Initiative (OAI) and the tools EPRINTS and DSPACE to provide the Web services and determine the most effective way to establish dynamic linking and knowledge based searching of information within the archive.
Alexander von Humboldt’s descriptions of volcanic mountains in his travel journals (Reise auf dem Río Magdalena, durch die Anden und Mexico) show both his reliance on and impatience with literary conventions and travel narratives. Using Goethe’s Italienische Reise and Bürger’s Münchhausen as points of comparison for literary treatments of the volcano ascent, Humboldt’s process of writing is examined. Humboldt shows the failure of the existing discourse and begins to experiment with narratives which fragment and recombine personal and historical modes of writing with, in this case, images from new technical inventions which visualize landscape according to fundamental scientific principles. While the inclusion of scientific prose is relevant, Humboldt’s link to modernity is based on experimental narrative techniques which draw upon changing sets of discourse practices to describe complex realities.
Stephen Jay Gould wrote recently that “when Church began to paint his great canvases, Alexander von Humboldt may well have been the world’s most famous and influential intellectual.” Humboldt’s influence in the case of the landscape artist Church is especially interesting. If we examine the precise relationship between the German explorer and his American admirer, we gain an insight into how Humboldt transformed Church’s life and signaled a new phase in the career of the artist. Church retraced Humboldt’s travels in Ecuador and in Mexico. If we compare the texts available to Church and the comparison of Church’s paintings and the texts and images of Humboldt’s works we can arrive at new perspectives on Humboldt’s extraordinary influence on American landscape painting in the nineteenth century.