320 Politikwissenschaft
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Für die polnische Geschichtswahrnehmung stellt die Westerplatte – eine kleine Halbinsel bei Gdańsk – ein Symbol des heldenhaften Widerstandes und des aussichtslosen Kampfes gegen Nazi-Deutschland dar. Zu der Gedenkfeier anlässlich des 70. Jahrestags des Kriegsbeginns haben sich am 1. September 2009 auf der Westerplatte rund 20 europäischen Staats- und Regierungschefs versammelt. Die Inhalte, die in den Reden der zentralen Akteure der Gedenkfeier signalisiert wurden, bilden wichtige Referenzpunkte in der nationalen wie supranationalen Aufarbeitung der tragischen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts. Im Mittelpunkt des Papers steht das Problem der Wahrnehmung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges, das hier an den Auslegungsprozessen in Hinblick auf die Figur Westerplatte an den vier zentralen Reden der Spitzenpolitiker verfolgt und diskursanalytisch ausgewertet wird.
In vielen Ländern ist Wassermangel ein zentrales Problem. Die Politikwissenschaftlerin Julia Bar ist der Ansicht, dass diese Krise in politischem und gesellschaftlichem Unvermögen der beteiligten Akteure begründet ist. Am Beispiel Zentralasiens analysiert die Autorin das Konfliktpotenzial der Ressource Wasser anhand der zwischen- und innerstaatlichen Dimension. Es werden die Nutzungs- und Verteilungskonflikte um das Wasser in der Region sowie die Faktoren zur Verbesserung der nachhaltigen Wassernutzung untersucht. Als zentraler Lösungsansatz wird das Konzept des Integrierten Wasserressourcen-Managements behandelt und seine Anwendbarkeit in Bezug auf Zentralasien diskutiert. Die Autorin kommt zu dem Schluss, dass für die Etablierung eines nachhaltigen Ressourcennutzungssystems Kooperation und Konsensfindung der Akteure entscheidend sind.
In den WT-Thesis Nr. 1 analysiert die Politikwissenschaftlerin Nina Kolleck die Ursachen für das Scheitern der panamerikanischen Freihandelszone ALCA. Obwohl nach der dominanten Wirtschaftstheorie alle Beteiligten von der ALCA profitieren, wurde die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens am 1. Januar 2005 abgelehnt. Doch nicht nur das ALCA-Projekt wurde bisher nicht verwirklicht. Trotz weltweit zunehmender Handelsverflechtungen stößt das Ziel der multilateralen Handelsliberalisierung auf fundamentale Probleme. Nina Kolleck analysiert in ihrer Abschlussarbeit das Scheitern der ALCA nicht nur aus ökonomischer Sicht, sondern sie zieht Konzepte hegemonialer Stabilität sowie neogramscianische Perspektiven heran. Empirisch stützt sich die Arbeit auf Dokumentenanalyse, Interviews sowie auf die Auswertung von Datenmaterial. Das Scheitern der Freihandelszone führt Nina Kolleck auf Machtkonflikte zurück. Eine rein ökonomische Analyse des Prozesses sei ungenügend. Die ALCA wurde vor allem deshalb nicht unterzeichnet, weil es an der Durchsetzungskraft einer Hegemonie fehlte. Diese legitimieren sich nicht nur materiell, sondern auch politisch, ideologisch und über gesellschaftliche Akzeptanz.
Die nachfolgende Länderstudie ist während eines längeren Arbeitsaufenthaltes im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in Kamerun entstanden. Mit ihr versuchen wir, unsere persönlichen Eindrücke und täglichen Beobachtungen in einem Land zu verarbeiten, in dem offenbar alle Hoffnung darauf beruht, dass der alternde Staatspräsident Paul Biya seinen Abschied von der politischen Bühne nimmt und damit ein autokratisches, korruptes Regime sein Ende findet. Diese Hoffnung scheint mit der Erwartung von Francis Fukuyama verbunden zu werden, der 1992 nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums das „Ende der Geschichte“ erklärte, in der Überzeugung, dass das demokratische Gesellschaftsmodell bald überall Einzug halten würde. Bekanntlich hat sich diese Erwartung als zu optimistisch erwiesen. Mit unserer Untersuchung versuchen wir aufzuzeigen, warum sich die Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft trotz langjähriger Bemühungen westlicher Geber um die Stärkung der Zivilgesellschaft und die Dezentralisierung staatlicher Aufgaben auch in Kamerun kaum erfüllen wird. Ein „Ende der Geschichte“ lässt sich auch für die Zeit nach Paul Biya nicht prognostizieren.
Der vierte Band der Potsdamer Textbücher bringt erstmals den klassischen Text der Politikwissenschaft zum Thema diktatorische Herrschaftssysteme in deutscher Sprache. Juan Linz reflektiert darin die Debatten um Totalitarismus und Demokratie und beschreibt die autoritäre Herrschaft als eigenständige Form politischer Machtausübung. Es ist eine exzellente Auseinandersetzung mit den politischen Phänomenen des 20. Jahrhunderts, die sich durch theoretische Tiefe, empirische Fülle und methodische Klarheit auszeichnet.
“The UN Peacebuilding Commission – Lessons from Sierra Leone” by political scientist Andrea Iro is an assessment of the United Nations Peacebuilding Commission (PBC) and the United Nations Peacebuilding Fund (PBF) by analysing their performance over the last two years in Sierra Leone, one of the first PBC focus countries. The paper explores the key question of how the PBC/PBF’s mandate has been translated into operational practice in the field. It concludes that though the overall impact has been mainly positive and welcomed by the country, translating the general mandate into concrete activities remains a real challenge at the country level.
Deutschland hat sich innerhalb kurzer Zeit zu einem bedeutenden sicherheitspolitischen Akteur im Weltraum entwickelt. Am 1. Dezember 2010 stellte die Bundesregierung die deutsche Raumfahrtstrategie vor. Immer wieder ist die Rede von der strategischen Bedeutung des Weltraums für die deutsche Sicherheitspolitik. Eine fundierte und überprüfbare Begründung für diese Behauptung fehlt indes. Der Politikwissenschaftler Cornelius Vogt analysiert die strategischen Aspekte deutscher Weltraumsicherheitspolitik. Seine Untersuchung des strategischen Umfeldes, der nationalen Interessen, des sicherheitspolitischen Nutzens des Weltraums und der wichtigsten Anwendungsfelder zeigt, dass der Weltraum zum unverzichtbaren Bestandteil der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge avanciert ist.
Soft Power ist zu einem einflussreichen Konzept avanciert – in der Politikwissenschaft, aber auch in der Politik selbst. Dabei bleibt es sowohl theoretisch als auch praktisch umstritten. In der Praxis wird das Konzept instrumentalisiert, um außenpolitisches Handeln von militärischem und wirtschaftlichem Druck positiv abzugrenzen. Unklar ist, wie Soft Power in militärischen Kontexten, in denen Hard Power im Vordergrund steht, funktionieren kann. Anhand des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr wird dieses Verhältnis analysiert und eine eigene Definition von Soft Power entwickelt.
Aufbauend auf neuen Zugängen zu der Ende der 1970er Jahren entstandenen Regulationstheorie, die die Strukturen und Prozesse kapitalistischer Funktionsweise mit Elementen von Akkumulationsregimen, Regulation und Krise erklärt, werden von der Autorin sowohl der klassische Zugang als auch dessen Adaptionen auf verschiedene andere sozialwissenschaftliche Theorieansätze - wie z. B. dem Neo-Gramscianismus - kritisch hinterfragt. Aus dem Blickwinkel der Entwicklungsforschung und unter Hinzuziehung verschiedener Beispiele gegenwärtiger gesellschaftlicher Transformationsprozesse und emanzipatorischer Experimente in Lateinamerika wird aufgezeigt, dass die Regulationstheorie nach wie vor eine wertvolle Analysegrundlage für den gegenwärtigen Kapitalismus darstellt, jedoch einer Schwerpunktverlagerung bedarf.
In der vorliegenden Arbeit analysiert Maciej Chinalski den Regional Governance Ansatz und seine praktische Umsetzung in den Europäischen Grenzregionen zwischen Deutschland und Polen (Oder-Partnerschaft) sowie im Vierländereck von Österreich, Ungarn, Tschechien und Slowakei (Centrope-Region). Regional Governance gilt als eine Kooperationsform unterschiedlicher regionaler Akteure, die nach neuen Synergien suchen, um ihre Zusammenarbeit voranzutreiben. Eine Region wird dabei als Raum verstärkter Interaktionen zwischen Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft verstanden.
Das momentane Urteil fällt ambivalent aus: Das Projekt einer EU-Verfassung ist erfolgreich gescheitert. Das heißt: Das Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft, eine substantielle Einigung über die Inhalte einer neuen Vertragsreform unter Beibehaltung der Grundzüge des Konventsentwurfs herbeizuführen, ist geglückt. Der europäische Verfassungsprozess wurde hingegen auf einen Reformprozess der bestehenden Verträge reduziert. Wir kritisieren den mangelnden Einbezug der Unionsbürgerschaft in das Ratifizierungsverfahren sowie die Uneinheitlichkeit dieser Verfahren (einmal Referendum, einmal nicht).
Diese Publikation einer Masterarbeit leistet einen Beitrag, die bestehende Forschungslücke hinsichtlich der Rolle rechtspopulistischer Parteien in Regierungsbildungsprozessen zu füllen. Warum haben sich etablierte Parteien und Rechtspopulisten für eine bestimmte Konstellation entschieden? Welche Probleme traten durch den spezifisch rechtspopulistischen Charakter bei der Regierungsbildung auf? Welche Alternativen gibt es? Mittels eines vergleichenden Ansatzes werden dabei als Fallbeispiele die Regierungsbildungsprozesse nach drei Wahlen zu nationalen Parlamenten im Jahr 2010 in Belgien, den Niederlanden und Schweden analysiert.
Im vorliegenden Lehrtext werden die politischen Systeme von Ägypten, Iran, Jemen, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten beleuchtet. Kurze historische Angaben leiten den jeweiligen Länderteil ein. Anschließend werden Verfassung und Parlament, Staatsoberhaupt, Gesetzgebung, Wahlsystem, Partizipation und kommunale/lokale Strukturen vorgestellt. Hierzu wird oft auf Grafiken, Karten und Statistiken zurückgegriffen, die einen allgemeinen Überblick ermöglichen. Ebenso erfährt der Leser interessante Besonderheiten einiger Länder.
Welche Rolle hat die politische Opposition in autoritären Regimen? Das vorliegende Arbeitspapier formuliert generelle Überlegungen zum Phänomen des Autoritarismus im 21. Jahrhundert und entwickelt ein Konzept, mit dem regionenübergreifend das politische Agieren der Opposition in autoritären Regimen analysiert werden kann.
Viele haben sie schon aufgegeben - eine gemeinsame Verfassung für die Europäische Union. Aber Heinz Kleger, Politologe an der Universität Potsdam und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, plädiert vehement für eine EU-Verfassung. Er nennt 18 Gründe, warum eine gemeinsame Verfassung immer noch eine gute Idee ist und wie sie wieder belebt werden kann.
Nachhaltige Grundsicherung
(2015)
Wie lässt sich Armut weltweit überwinden, ohne dabei auf einen Fortschritt zu setzen, der die Biosphäre überlastet und die Lebensgrundlagen der Menschheit zerstört? Die Autorinnen und Autoren haben im interdisziplinären Gespräch nach Antworten auf diese Frage gesucht und je eigene, teils überraschende Schlussfolgerungen formuliert. Ihren Ansatz nennen sie „Nachhaltige Grundsicherung“. Dabei handelt es sich weniger um ein isoliertes sozialpolitisches Instrument, sondern vielmehr um ein Geflecht von Maßnahmen, die als Grundelemente einer Großen Transformation unserer Produktions-, Konsum- und Lebensweisen und einer Post-2015-Agenda dienen könnten.
Seit dem UN-Gipfel 1992 in Rio de Janeiro ist die Aufmerksamkeit in Politik und Öffentlichkeit für das Thema „Nachhaltigkeit“ gestiegen. In fast allen Ländern dieser Welt wurden Programme und Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der Umwelt und der sozialen Lebensbedingungen umgesetzt. Trotz beachtenswerter Fortschritte sind die bisherigen Effekte jedoch völlig unzureichend. Umso interessanter ist daher der Blick auf einen erfolgreichen Akteur im Bereich der Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik: Kuba. Über diese Erfahrungen des Karibik-Staates wird im deutschen Sprachraum kaum berichtet. Die Autoren leisten hierzu mit ihrer Studie einen Beitrag und analysieren die entsprechenden Politiken, Strategien und Maßnahmen, die in Kuba trotz vielfältiger Probleme zu einer gelungenen Nachhaltigkeitspolitik geführt haben.
Militärmacht Deutschland - kann man das formulieren? Darf man das fragen? Wo der Zivilmacht-Diskurs dominant ist, werden solche Formulierungen zur Provokation. Aber die Debatte über das Militär, über unser Militär, ist im Gange; ja verschärft sich. Es rumort im politischen Berlin. Ein Durchwinken der Beschlüsse über Auslandseinsätze wird zunehmend schwieriger. Die wachsende Zahl von deutschen Toten beim “militärischen Engagement” und die zweifelhaften Ergebnisse bei der “Wiederherstellung der Demokratie” führen in allen Parteien zu Diskussionen, Fragen und Zweifeln. Die gebotenen Antworten sind widersprüchlich: von der eher taktisch begründeten Bündelung von Mandaten über die Forderung nach neuen Einsätzen, wie z.B. in Darfur, bis hin zum generellen Rückzug unserer Streitkräfte. Die Vorschläge treffen auf eine Bevölkerung, deren “freundliches Desinteresse” für die Bundeswehr, so Bundespräsident Köhler, sich allmählich in ein “kritisches Interesse” wandelt und die mehrheitlich für eine Beendigung des militärischen Engagements am Hindukusch ist.
Siebzehn Beiträge aus drei Schwerpunktbereichen der soziologischen und historischen Forschungen des polnischen Soziologen Andrzej Sakson, Direktor des Instytut Zachodni in Posen, sind in diesem zehnten PTB zusammengefasst: zu deutsch-polnischen Beziehungen, zu den Minderheiten in Polen und Deutschland sowie zur Migration in Europas Geschichte und Gegenwart. Der Band bietet zugleich einen spannenden Einblick in das zeitgenössische Denken eines der führenden Soziologen Polens.