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Während des Ersten Weltkrieges kam der deutsche Dramatiker und Erzähler Alfred Brust mit dem chassidischen Judentum im litauischen Kowno und Wilna in Berührung. So wie Sammy Gronemann, Arnold Zweig und andere Autoren, die in der Zensur- Abteilung von ‚Ober Ost‘ beschäftigt waren, war Brust tief beeindruckt von dessen archaischer Kultur. Diese schien ihm im Gegensatz zur Dekadenz der modernen Welt zu stehen. Beeinflusst vom expressionistischen Topos einer inneren Wandlung des Menschen entwickelte er in den folgenden Jahren die Idee einer Translation spiritueller und moralischer Werte von den osteuropäischen Juden auf die (deutschen) Ostpreußen. Für ihn galt: Die „Juden sind der Adel der Bewegung“. Brust stand in Kontakt mit Richard Dehmel, Hugo von Hofmannsthal, Florens Christian Rang und Martin Buber, selbst Walter Benjamin war zeitweise an ihm interessiert.
Die Worte „entjuden“ und „Entjudung“ sind sprachlicher Ausdruck zumeist judenfeindlicher Haltungen und Taten in der deutschen Geschichte. Der Beitrag zeichnet die Entwicklung des Begriffs anhand seiner Verwendungszusammenhänge nach. Im Kontext der Assimilation des beginnenden 19. Jahrhunderts meinte der Terminus, dass man sich jener jüdischen „Eigenheit“ zu entkleiden habe, welche als Postulat gemeinhin Konsens war. Innerhalb der innerjüdischen Diskussion wird „Entjudung“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum diagnostischen Ausdruck des Identitätsverlustes. Als politischer Kampfbegriff der Nationalsozialisten ist er wiederum zum Synonym für die Entrechtung und Vernichtung jüdischer Menschen geworden. Protestantische Theologen verwendeten diesen Begriff in der Debatte um die Erneuerung des Christentums, was durch die Entfernung jüdischer Einflüsse geschehen sollte. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts formuliert, findet diese Forderung in der 1939 erfolgten Gründung des Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben seine programmatische Umsetzung.
Eine übliche Erzählung verknüpft lange Studienzeiten und hohe Abbrecherquoten im Informatikstudium zum einen mit der sehr gut bezahlten Nebentätigkeit von Studierenden in der Informatikbranche, die deutlich studienzeitverlängernd sei; zum anderen werde wegen des hohen Bedarfs an Informatikern ein formeller Studienabschluss von den Studierenden häufig als entbehrlich betrachtet und eine Karriere in der Informatikbranche ohne abgeschlossenes Studium begonnen. In dieser Studie, durchgeführt an der Universität Potsdam, untersuchen wir, wie viele Informatikstudierende neben dem Studium innerhalb und außerhalb der Informatikbranche arbeiten, welche Erwartungen sie neben der Bezahlung damit verbinden und wie sich die Tätigkeit auf ihr Studium und ihre spätere berufliche Perspektive auswirkt. Aus aktuellem Anlass interessieren uns auch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Arbeitstätigkeiten der Informatikstudierenden.
Über kaum ein Thema werden so hitzige Debatten geführt wie über Geschlechtsidentität. Das Wissen darum, dass Gender sozial konstruiert ist, wird von Anti-Gender Aktivist*innen häufig als ‚Gender-Ideologie‘ bezeichnet und ruft heftige Gegenreaktionen hervor. Dies gilt nicht nur in Deutschland – sondern länderübergreifend. Auffällig viele der transnationalen Anti- Gender Mobilisierungen der letzten 20 Jahre finden bezogen auf Bildungseinrichtungen statt. Dieser Beitrag widmet sich der besonderen Rolle der Universität und der Wissenschaft für transnationale Anti-Gender Diskurse. Anhand verschiedener Beispiele zeige ich auf, dass das Verhältnis zwischen Anti-Gender Bewegungen und Wissenschaft geprägt ist von widersprüchlichen Dynamiken, von Abgrenzung aber auch Imitation. In ihrem Zusammenspiel wirken beide Dynamiken mobilisierend und tragen zum Erstarken regressiver Rollenbilder und antidemokratischer rechter Bewegungen in der breiteren Gesellschaft bei. Der letzte Teil des Beitrags ruft daher zu mehr Selbstreflexion der wissenschaftlichen Praxis auf Grundlage feministischer und intersektionaler Ansätze auf.
Gleichstellungspolitik als „Querschnittspolitik“ ist eine der oft genannten politische Metapher unserer Zeit. Ob in der Arbeitsmarkt-, Steuer-, Familien- oder Bildungspolitik, Gleichstellung ist in allen diesen Bereichen von hoher Relevanz. Der „Querschnittscharakter“ der Gleichstellungspolitik trägt dazu bei, dass in diesem Politikbereich viele unterschiedliche Akteure mit ebenso unterschiedlichen Handlungslogiken sowie Zielen aufeinandertreffen. Um Gleichstellungprogramme planen und darüber Gleichstellungspolitiken gestalten zu können, müssen die Handlungen dieser Akteure koordiniert werden.
In dieser Arbeit wird unter Verwendung des Governance-Ansatzes der Frage nachgegangen, wie die Handlungskoordination zwischen unterschiedlichen Akteuren im System der deutschen Gleichstellungspolitik erfolgt. Analysiert und rekonstruiert werden die gleichstellungspolitischen Entwicklungen in der BRD seit den 1990er Jahren, anhand der Auswertung relevanter Regierungsdokumente und wissenschaftlicher Sekundärliteratur. Hierarchien, Netzwerke und Verhandlungen – Ausprägungen der Governance-Formen – stehen bei der Rekonstruktion und Analyse der Akteurskonstellationen im Mittelpunkt.
Im Ergebnis konnten im Falle Deutschlands zwei verschiedene „Gleichstellungsgovernance-Regime“ identifiziert werden. Diese sind gekennzeichnet durch die in den Regimen je dominierenden Handlugskoordinationsmechanismen der „wirtschaftlichen-Selbstkoordination“ (2001) und der „wechselseitigen-Beobachtung“ (2003-2012). Der Vergleich dieser beiden Regime zeigt, dass sie sich vor allem in Hinblick auf ihre Akteurskonstellationen unterscheiden. In ihnen herrschen je eigene Handlungslogiken und als Folge daraus unterschiedliche gleichstellungspolitische Ergebnisse.
„Gelobt seist du, Ewiger!“
(2017)