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Neue Wege ins Lehramt
(2023)
Bis zum Jahr 2035 fehlen nach neuesten Prognosen von Klemm (2022) in Deutschland ca. 127.000 Lehrkräfte. Diese große Lücke kann nicht mehr allein durch Lehrkräfte abge-deckt werden, die ein traditionelles Lehramtsstudium absolviert haben. Als Antwort auf den Lehrkräftemangel werden in Schulen in Deutschland daher vermehrt Personen ohne traditio-nelles Lehramtsstudium eingestellt, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten (KMK, 2022). Nicht-traditionell ausgebildete Lehrkräfte durchlaufen vor ihrer Einstellung in den Schuldienst in der Regel ein alternatives Qualifizierungsprogramm. Diese Qualifizierungs-programme sind jedoch in ihrer zeitlichen und inhaltlichen Ausgestaltung sehr heterogen und setzen unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen der Bewerber:innen voraus (Driesner & Arndt, 2020). Sie sind in der Regel jedoch deutlich kürzer als traditionelle Lehramtsstudien-gänge an Hochschulen und Universitäten, um einen schnellen Einstieg in den Schuldienst zu gewährleisten. Die kürzere Qualifizierung geht damit mit einer geringeren Anzahl an Lern- und Lehrgelegenheiten einher, wie sie in einem traditionellen Lehramtsstudium zu finden wäre. Infolgedessen kann davon ausgegangen werden, dass nicht-traditionell ausgebildete Lehrkräfte weniger gut auf die Anforderungen des Lehrberufs vorbereitet sind.
Diese Annahme wird auch oft in der Öffentlichkeit vertreten und die Kritik an alternati-ven Qualifizierungsprogrammen ist groß. So äußerte sich beispielsweise der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, im Jahr 2019 gegenüber der Zeitung „Die Welt“, dass die unzureichende Qualifizierung von Quereinsteiger:innen „ein Verbre-chen an den Kindern“ sei (Die Welt, 2019). Die Forschung im deutschsprachigen Raum, die in der Läge wäre, belastbare Befunde für die Unterstützung dieser Kritik liefern zu können, steht jedoch noch am Anfang. Erste Arbeiten weisen generell auf wenige Unterschiede zwi-schen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften hin (Kleickmann & An-ders, 2011; Kunina-Habenicht et al., 2013; Oettinghaus, Lamprecht & Korneck, 2014). Ar-beiten, die Unterschiede finden, zeigen diese vor allem im Bereich des pädagogischen Wis-sens zuungunsten der nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräfte. Die Frage nach weiteren Unterschieden, beispielsweise in der Unterrichtsqualität oder im beruflichen Wohlbefinden, ist bislang jedoch für den deutschen Kontext nicht beantwortet worden.
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, einen Teil dieser Forschungslücken zu schließen. Sie bearbeitet in diesem Zusammenhang im Rahmen von drei Teilstudien die Fragen nach Unterschieden zwischen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften hin-sichtlich ihrer professionellen Kompetenz, Berufswahlmotivation, Wohlbefinden und Unter-richtsqualität. Die übergeordnete Fragestellung wird vor dem Hintergrund des theoretischen Modells zu den Determinanten und Konsequenzen der professionellen Kompetenz (Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2011) bearbeitet. Dieses Modell wird auch für die theore-tische Aufarbeitung der bereits bestehenden nationalen und internationalen Forschungsarbei-ten zu Unterschieden zwischen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften herangezogen.
Teilstudie I untersucht zunächst Unterschiede in der professionellen Kompetenz zwi-schen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften. Nach dem Kompetenz-modell nach Baumert und Kunter (2006) werden die beiden Gruppen in den vier Aspekten professioneller Kompetenz – Professionswissen, Überzeugungen, motivationale Orientierun-gen und selbstregulative Fähigkeiten – verglichen. Im Fokus dieser Arbeit stehen traditionell ausgebildete Lehramtsanwärter:innen und die sogenannten Quereinsteiger:innen während des Vorbereitungsdiensts. Mittels multivariater Kovarianzanalysen wurde eine Sekundärdaten-analyse des Projekts COACTIV-R durchgeführt und Unterschiede analysiert.
Teilstudie II beleuchtet sowohl Determinanten als auch Konsequenzen professioneller Kompetenz. Auf Seiten der Determinanten werden Unterschiede in der Berufswahlmotivati-on zwischen Lehrkräften mit und ohne traditionellem Lehramtsstudium untersucht. Ferner erfolgt die Analyse von Unterschieden im beruflichen Wohlbefinden (emotionale Erschöp-fung, Enthusiasmus) und die Intention, im Beruf zu verbleiben, als Konsequenz professionel-ler Kompetenz. Es erfolgte eine Analyse der Daten aus der Pilotierungsstudie aus dem Jahr 2019 für den Bildungstrend des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Unterschiede zwischen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften wurden erneut mittels multivariater Kovarianzanalysen berechnet.
Abschließend erfolgte in Teilstudie III die Untersuchung von Unterschieden in der Un-terrichtsqualität zwischen traditionell und nicht-traditionell ausgebildeten Lehrkräften als Konsequenz professioneller Kompetenz. Hierzu wurden Daten des IQB-Bildungstrends 2018 im Rahmen einer Sekundäranalyse mithilfe doppelt-latenter Mehrebenenanalysen genutzt. Es wurden die Unterschiede in den Bereichen Abwesenheit von Störungen, kognitive Akti-vierung und Schüler:innenunterstützung betrachtet.
Im finalen Kapitel der vorliegenden Arbeiten werden die zentralen Befunde der drei Teilstudien zusammengefasst und diskutiert. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich traditionell und nicht-traditionell ausgebildete Lehrkräfte nur in wenigen der untersuchten Aspekte signifikant voneinander unterscheiden. Nicht-traditionell ausgebildete Lehrkräfte verfügen über weniger pädagogisches Wissen, haben bessere selbstregulative Fähigkeiten und unterscheiden sich nicht in ihren Berufswahlmotiven, ihrem Wohlbefinden und in der Unterrichtsqualität von traditionell ausgebildeten Lehrkräften. Die Ergebnisse öffnen die Tür für die Diskussion der Relevanz des traditionellen Lehramtsstudiums, bieten eine Grundlage bzgl. der Implikationen für weiterführende Forschungsarbeiten und die Bildungspolitik. Die Arbeiten werden abschließend hinsichtlich ihrer Grenzen bewertet.
Auffälliges Verhalten von Kindern und Jugendlichen im schulischen Alltag zeugt oftmals von den schwierigen Lebenssituationen, in denen sie aufwachsen. Für Lehr- und pädagogische Fachkräfte stellt der Umgang mit den daraus resultierenden Konflikten die größte Herausforderung dar. In diesem Buch werden Ansätze und Lösungen für das Verstehen und Handeln in schwierigen pädagogischen Situationen in der Schule vorgestellt. Außerdem bietet ein inklusiver Förderansatz Impulse für die Schulentwicklung zur Prävention auffälligen Verhaltens.
Befragungen von Expert*innen durch Schüler*innen sind eine im Unterricht und in den Methodenhandbüchern der allgemeinen Didaktik sowie insbesondere in der Politischen Bildung etablierte Praxis. Bei dieser Methode gelingt es jedoch nicht immer, die Schüler*innen abzuholen und im gewünschten Maße zu aktivieren. Aus der wissenschaftlichen Literatur und den gängigen Methodenhandbüchern geht hervor, dass Kommunikation zwischen Lehrkraft und Expert*in in der Vorbereitung der Befragung der entscheidende Ansatz sein kann, um die be-stehenden Probleme zu lösen. Dabei sind die konkreten Kommunikationsvorschläge in der Literatur wage und/oder widersprüchlich zueinander. Deswegen wird in dieser Arbeit untersucht, wie die Kommunikation zwischen Lehrkraft und Expert*in in Vorbereitung der Expert*innenbefragung gelingen kann.
Es werden sieben leitfadengestützte Interviews mit einer Dauer von 25 bis 60 Minuten mit Akteur*innen, die am Landtag Brandenburg mehrfach an der Durchführung von Expert*innenbefragungen beteiligt waren, geführt und mit einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei wird zum ersten Mal die Perspektive von Expert*innen auf die Unterrichtsmethode erfasst. Die Analyse ergab, dass Kommunikation in der Vorbereitung auf schulische Expert*innenbefragungen positive Auswirkungen auf die Qualität des Lernangebots für die Schüler*innen und die Bereitschaft der Expert*innen zur Teilnahme haben kann. Dazu muss sie auf Augenhöhe stattfinden, zielorientiert, bewältigbar und zuverlässig sein. Für die Zielorientierung wird in dieser Arbeit eine eigene Definition schulischer Expert*innenbefragungen vorgeschlagen, die als Überbegriff von fünf zieldifferenten Unterrichtsmethoden fungiert. Dabei wird ein konkreter Vorschlag für den Kommunikationsprozess in mit personellen Ressourcen ausgestatteten Kontexten wie dem Landtag Brandenburg sowie für den direkten Kontakt entwickelt. Außer-dem wird gezeigt, dass eine auf solche Art gelungene Kommunikation andere Inhalte transportiert als die bisher in der didaktischen Literatur empfohlenen.
Historische Schulforschung und Schulentwicklungsforschung haben an schulischen Reformprozessen zwar ein vergleichbares Forschungsinteresse, stehen aber bislang nicht im wissenschaftlichen Dialog. Gleichwohl existierten nahezu sämtliche Praxen der gegenwärtigen Schul- und Unterrichtsentwicklung bereits in den Schulreformprozessen der historischen Reformpädagogik.
Auf der Grundlage von elf bildungshistorischen und schulpädagogischen Quellenstudien wird ein Struktur- und Handlungsmodell gelingender Schulreformprozesse entwickelt, das sich aus der akteursnahen Eigenlogik pädagogisch-praktischer Reformprozesse ableitet. Die Studien analysieren fallorientiert und quellengestützt die Reformpraxen an historischen Reformschulen des 20. Jahrhunderts und geben vertiefte Einblicke in historische Schul(reform)praxis.
Bezugspunkt ist dabei jeweils die Einzelschule als pädagogische Handlungseinheit. Die historisch-empirisch entwickelte „Fünf-plus-zwei-K-Struktur gelingender Schulreformprozesse“ wurde an 100 gegenwärtigen Reformschulen überprüft und konnte im Ergebnis in einem Zeitraum von rund einhundert Jahren als wiederkehrend validiert werden. Die Befunde tragen insgesamt zum pädagogischen Verständnis von Schulreformprozessen bei und bilden eine professionsnahe Referenz für die Theoriebildung innerhalb der Schulentwicklungsforschung.
Historische Schulforschung und Schulentwicklungsforschung haben an schulischen Reformprozessen zwar ein vergleichbares Forschungsinteresse, stehen aber bislang nicht im wissenschaftlichen Dialog. Gleichwohl existierten nahezu sämtliche Praxen der gegenwärtigen Schul- und Unterrichtsentwicklung bereits in den Schulreformprozessen der historischen Reformpädagogik.
Auf der Grundlage von elf bildungshistorischen und schulpädagogischen Quellenstudien wird ein Struktur- und Handlungsmodell gelingender Schulreformprozesse entwickelt, das sich aus der akteursnahen Eigenlogik pädagogisch-praktischer Reformprozesse ableitet. Die Studien analysieren fallorientiert und quellengestützt die Reformpraxen an historischen Reformschulen des 20. Jahrhunderts und geben vertiefte Einblicke in historische Schul(reform)praxis.
Bezugspunkt ist dabei jeweils die Einzelschule als pädagogische Handlungseinheit. Die historisch-empirisch entwickelte „Fünf-plus-zwei-K-Struktur gelingender Schulreformprozesse“ wurde an 100 gegenwärtigen Reformschulen überprüft und konnte im Ergebnis in einem Zeitraum von rund einhundert Jahren als wiederkehrend validiert werden. Die Befunde tragen insgesamt zum pädagogischen Verständnis von Schulreformprozessen bei und bilden eine professionsnahe Referenz für die Theoriebildung innerhalb der Schulentwicklungsforschung.
In der Schule sollen alle Kinder und Jugendliche die Kompetenzen erwerben, die sie benötigen, um selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Dabei ist es notwendig im Unterricht auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler:innen zu reagieren, damit sie optimal beim Lernen unterstützt werden können. Häufig wird in diesem Zusammenhang vom „individualisierten Unterricht“ gesprochen, der sich dadurch auszeichnen, dass das Lernangebot bestmöglich an die einzelnen Schüler:innen angepasst wird. Eine Individualisierung des Unterrichts kann jedoch bedeuten, dass die Schüler:innen nur noch an ihren eigenen Aufgaben arbeiten, ohne sich miteinander auszutauschen. Von einigen Autor:innen wurde daher die Befürchtung geäußert, dass die Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung im Unterricht führt und die Lerngruppe als Gemeinschaft kaum noch eine Rolle spielt.
Schule soll neben fachlichen Kompetenzen jedoch auch soziale Werte und Normen vermitteln, die zu einer gesellschaftlichen Integration beitragen und Demokratie fördern. Dabei wird als zentrale Aufgabe von Schule die Vorbereitung der Kinder und Jugendliche auf ein Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft gesehen. So sollen sie lernen gemeinsame Lösungen, Solidarität und Verantwortungsübernahme über Differenzen hinweg zu entwickeln. Dies kann gelingen, indem eine Gemeinschaft im Unterricht geschaffen wird, in der alle Schüler:innen sich zugehörig und wertgeschätzt fühlen, voneinander lernen und gleichzeitig gefordert werden in Aushandlungsprozesse miteinander einzutreten.
Eine individualisierte Unterrichtsgestaltung und das Erleben einer Gemeinschaft wird von manchen Autor:innen als Spannungsfeld im Unterricht beschrieben. Es gibt jedoch bisher kaum empirische Forschungsarbeiten die den Forschungsgegenstand „Gemeinschaft im individualisierten Unterricht“ genauer betrachtet haben. Die vorliegende Studie setzt hier an und geht folgenden Fragestellungen nach: 1. „Was wird von Lehrkräften unter einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht verstanden?“, 2. „Wie wird eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht von Lehrkräften gestaltet?“, 3. „Inwiefern kann Gemeinschaft im individualisierten Unterricht über das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen erfasst werden?“ 4. „Lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen und der Individualisierung des Unterrichts feststellen?“ und 5. „Lässt sich im individualisierten Unterricht ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl und der sozialen Eingebundenheit der Schüler:innen feststellen?“.
Den Forschungsfragen wurde anhand von drei Teilstudien nachgegangen, die in einem Mixed Methods Design parallel zueinander durchgeführt und abschließend aufeinander bezogen wurden. Alle drei Studien bezogen sich auf Datenquellen aus dem Ada*Q-Projekt („Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“), bei dem neun Grundschulen, die den Deutschen Schulpreis gewonnen haben, anhand verschiedener Datenerhebungen untersucht wurden. Insgesamt wurden in der vorliegenden Studie Daten von 32 Lehrkräften und 542 Schüler:innen aus 49 Lerngruppen herangezogen. Teilstudie 1 nahm die Verständnisse und die Gestaltung von Gemeinschaft (Forschungsfrage 1 und 2) anhand von Interviews mit Lehrkräften in den Blick. In Teilstudie 2 wurde eine Fragebogenskala für Schüler:innen zur Erfassung des Gemeinschaftsgefühls entwickelt (Forschungsfrage 3) und Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität überprüft (Forschungsfrage 4). In Teilstudie 3 wurden Schüler:innen anhand der Experience-Sampling-Methode mehrfach im Unterricht zu ihrer sozialen Eingebundenheit befragt und ebenfalls Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität sowie mit dem Gemeinschaftsgefühl überprüft (Forschungsfrage 5).
In Teilstudie 1 zeigte sich mit Blick auf die Forschungsfrage 1, dass die Lehrkräfte unterschiedliche Verständnisse von Gemeinschaft hatten, die auf unterschiedliche Aspekte von Gemeinschaft fokussierten und sich ergänzten. Dabei spielte das Spannungsfeld zwischen Individualität, Heterogenität und Gemeinschaft für alle Lehrkräfte eine Rolle. In Rahmen der Forschungsfrage 2 konnten außerdem verschiedene Handlungen und Praktiken identifiziert werden, wie Lehrkräfte eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht gestalteten und dabei individualisiertes mit gemeinschaftlichem Lernen produktiv miteinander verbanden. Dabei wurde eine Gemeinschaft im Unterricht von den Lehrkräften als zentral für das soziale Lernen der Schüler:innen beschrieben. So verstanden sie den gemeinsamen Unterricht in heterogenen Lerngruppen als Vorbereitung für das Leben und Arbeiten in einer pluralen Gesellschaft.
Teilstudie 2 konnte zeigen, dass die Fragebogenskala zum Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen gute Reliabilität und Validität aufwies und damit geeignet für weitere Untersuchungen war. Im Anschluss daran zeigten sich Zusammenhänge des Gemeinschaftsgefühls mit der Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Klassenführung und konstruktive Unterstützung). Insbesondere konstruktive Unterstützung (durch die Lehrkraft) hing stark mit dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zusammen. Dieser Zusammenhang war geringer in besonders leistungsheterogenen Lerngruppen (hier erfasst über die Jahrgangsmischung). So war das Gemeinschaftsgefühl dort weniger abhängig von der Beziehungsqualität zur Lehrkraft. In weiteren Untersuchungen konnte außerdem kein Zusammenhang mit Merkmalen einer individualisierten Unterrichtsgestaltung gefunden werden, was die Befürchtung nicht bestärkte, dass eine Individualisierung des Unterrichts und eine Gemeinschaft im Unterricht sich gegenseitig ausschließen.
In Teilstudie 3 zeigte sich, dass die soziale Eingebundenheit der Schüler:innen von Situation zu Situation und von Schüler:in zu Schüler:in stark variierte. Die durchschnittlich empfundene soziale Eingebundenheit der Schüler:innen und auch das Ausmaß der Variation der sozialen Eingebundenheit hingen dabei eng mit dem Gemeinschaftsgefühl zusammen. Dieser Befund blieb auch unter Einbezug der Unterrichtsqualität bestehen, die keinen eigenen Einfluss auf die soziale Eingebundenheit zeigte. Außerdem ließen sich positive Zusammenhänge zwischen sozialer Eingebundenheit und Merkmalen der individualisierten Unterrichtsgestaltung finden. So fühlten sich Schüler:innen stärker sozial eingebunden, wenn die Aufgaben stärker differenziert waren und sie mehr Autonomie bei der Bearbeitung der Aufgaben hatten.
Zusammengefasst weisen die Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass Gemeinschaft im individualisierten Unterricht sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schüler:innen eine wichtige Rolle spielt. So sprechen die Lehrkräfte einer Gemeinschaft wichtige Funktionen in ihrem Unterricht zu und kümmern sich aktiv darum eine Gemeinschaft zu gestalten. Das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zeigte positive Zusammenhänge mit relevanten Aspekten der Unterrichtsqualität und mit sozialer Eingebundenheit. Die Befürchtung, dass eine Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung der Schüler:innen führt, konnte nicht bestätigt werden. Vielmehr scheinen Individualisierung und Gemeinschaft sich gegenseitig, als zwei Komplementäre beim Umgang mit Heterogenität zu unterstützen.
Die Herausforderung, produktiv mit Heterogenität umzugehen, wird sich auch in der Zukunft an Schulen stellen. Dabei ist nicht nur das individuelle Lernen, sondern auch der soziale Umgang der Schüler:innen miteinander in den Blick zu nehmen. Die vorliegende Studie trägt dazu bei, beides miteinander zu verknüpfen, indem die Bedeutung einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht anhand verschiedener Perspektiven herausgearbeitet wird. Abschließend werden Implikationen für Forschung und Praxis formuliert.
Im Rahmen der Lehrkräftebildung stellen hohe Selbstwirksamkeitserwartungen eine wichtige persönliche Ressource dar, um einem erhöhten Beanspruchungserleben entgegenzuwirken. Dabei gelten erfolgreiche eigene Erfahrungen im Unterrichten als Möglichkeit, die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen in der Lehrkräftebildung zu begünstigen. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen eines Schulnetzwerks ein Seminarkonzept entwickelt, um neben den obligatorischen Praktika während des Lehramtsstudiums weitere begleitete Unterrichtserfahrungen sammeln zu können. Dabei werden die Seminarkonzeption sowie der Ablauf der Kooperation im Kontext der Netzwerkarbeit dargestellt und erläutert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Seminarevaluation vorgestellt und ein Fazit aus dem Konzept des Schulnetzwerks bzw. der Seminarkonzeption gezogen und diskutiert.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem nach einer Strukturveränderung in der Sekundarstufe I entstandenen Schulmodell der Neuen Mittelschule. Untersucht wird, ob sich durch dieses Schulmodell und der damit intendierten neuen Lehr-, Lern- und Prüfungskultur Zusammenhänge zwischen gemessenen mathematischen Kompetenzen der Schüler und den durch Lehrer vergebenen Jahresnoten feststellen lassen.
Die Literaturrecherche macht deutlich, dass die Kritik an der Monokultur des leh-rerzentrierten Unterrichts zwar zu einer neuen Lehr-, Lern- und Prüfungskultur führt, deren Inhalte sind aber recht unterschiedlich, komplex und nicht eindeutig definiert. In der NMS soll die Leistungsbewertung als Lernhilfe fungieren, aber auch verlässliche Aussagen über die Leistung der Schüler treffen. Zur Wirkung der neuen Lernkultur in der NMS gibt es ebenso keine empirischen Befunde wie über die Wirkung der Leistungsbewertung.
An der empirischen Untersuchung nehmen 79 Schüler der sechsten Schulstufe aus drei Neuen Mittelschulen (dicht besiedelte, mittel besiedelte, dünn besiedelte Gemeinde) in Niederösterreich teil. In jeder Schule werden zwei Klassen untersucht. Dabei werden der Kompetenzstand in Mathematik, Schülerzentriertheit sowie Sozial- und Leistungsdruck aus Sicht der Schüler gemeinsam mit der Jah-resnote erhoben.
Für die Studie wird ein Pfadmodell entwickelt und mit einer Pfadanalyse ausge-wertet. Dabei zeigen sich zwar Zusammenhänge zwischen den gemessenen Kompetenzen in Mathematik und den Jahresnoten. Diese Jahresnoten besitzen über die Klasse bzw. die Schule hinaus aber nur eine bedingte Aussagekraft über die erbrachten Leistungen.
Von 2016 bis 2022 wurden im Rahmen des PSI-Projekts „Kompetenzerwerb in Schulpraktischen Studien – Spiralcurriculum“ N = 578 Lehramtsstudierende durch alle fünf Schulpraktischen Studien begleitet und mittels Online-Erhebung zu ihrem Kompetenzerleben in den Praxisphasen befragt. In retrospektiver Perspektive wurde der nachhaltige Einfluss der drei Bachelorpraktika auf das Kompetenzerleben der Masterstudierenden am Beginn ihres Schulpraktikums (Praxissemesters) untersucht, um konzeptionelle Schwerpunkte und intendierte Kompetenzziele des jeweiligen Praktikums im zugrundeliegenden Spiralcurriculum zu überprüfen. Die quantitativen Befunde verweisen auf die Wirkung aller drei Bachelor-Praxisphasen, wobei die Einschätzungen zum außerunterrichtlichen Praktikum in pädagogisch-psychologischen Handlungsfeldern (PppH) – hier die Skala „Erziehen“ – das Kompetenzerleben der Studierenden am stärksten aufklärt. Die qualitative Auswertung bekräftigt den Stellenwert der mit dem PppH verbundenen Handlungsfelder.