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Der israelische Autor und Journalist Noah Klieger ist in der deutschsprachigen Forschung zur Holocaustliteratur, in deren Kontext theoretische Konzepte und Interpretationen zahlreicher Autoren (u.a. Ruth Klüger, Primo Levi) dieser Gattung vorliegen, bisher kaum beachtet worden. In der vorliegenden Arbeit steht seine 2010 erschienene Autobiographie „Zwölf Brötchen zum Frühstück“ im Zentrum. Innerhalb der Textanalyse wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung das Schreiben für Klieger hat und inwieweit seine als Reportage angelegte Autobiographie, die den sehr faktenbezogenen und dokumentarischen Stil des Journalisten widerspiegelt, den Rezipienten in der Interpretation lenkt und Authentizität erzeugt. Ausgehend von dieser Fragestellung werden für die Arbeit geführte Interviews mit Noah Klieger (oral history) einbezogen und der Erlebnisbericht „Ich habe den Todesengel überlebt“ von Eva Mozes-Kor, die das Konzept des Erlebnisberichtes mit all seinen Eigenschaften konstant bewahrt, zum Vergleich hinzugezogen. Im Fokus der Arbeit steht die Analyse der Autobiographie Kliegers, wobei auf das Genre Reportage, relevante Stilmittel, zentrale Begrifflichkeiten und Veröffentlichungskontexte sowie auf die Gedächtnistheorie von Maurice Halbwachs eingegangen werden. Abschließend wird die Thematik des Vergebens bei Klieger und Mozes-Kor erörtert. Die Forschungsergebnisse stellen den israelischen Holocaustüberlebenden Noah Klieger als Autor vor und verdeutlichen, dass die innerhalb der Gattung Holocaustliteratur gewählten Darstellungsweisen unterschiedliche Formen von Authentizität evozieren.
Fünfundsiebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs steht die heutige Erinnerungskultur vor großen Herausforderungen. Immer weniger Überlebende können persönliches Zeugnis des Erlebten ablegen. Während sich seit den 1980er Jahren hat in der westlichen Welt eine gesellschaftliche und staatliche Erinnerungskultur etabliert hat, die sowohl in der Bildung, als auch im öffentlichen Raum ihren Platz gefunden hat. Jenseits des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“ ist diese Erinnerungskultur keineswegs selbstverständlich, bis nicht erwünscht.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der besonderen Situation Belarus, welches heute immer noch stark postsowjetisch geprägt ist und als Land mit dem zweithöchsten Partisanenwiderstand gegen die deutsche Besatzung gilt. Aufgrund der besonderen geschichtlichen Situation geht der von der jüdischen Bevölkerung mitgetragene Widerstand im staatlich geprägten Heldennarrativ der siegreichen sowjetischen Armee unter. Gepaart wird der Sieg der Sowjetarmee mit einem Opfernarrativ, welches in der Folge in allgemeiner Ansprache fast ausschließlich nur verstorbenen Sowjetbürgern gedenkt, aber nicht explizit die jüdischen Mitbürger benennt. Somit geht sowohl die Erinnerung an den jüdischen Widerstand, als auch an die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in der Memorialkultur Belarus bis auf wenige Ausnahmen verloren. Tragischerweise war Widerstand jedoch oftmals die einzige Möglichkeit für Jüdinnen und Juden überhaupt zu überleben. Darüber hinaus muss ein staatlich getragener und geförderter Antisemitismus innerhalb der ehemaligen Sowjetunion mitgedacht werden, der die jüdische Bevölkerung weiterhin diskriminierte und verfolgte.
In einem geschichtlichen Abriss ab 1941 bis zur Gründung der Republik Belarus und ihrer aktuellen staatlichen Doktrin wird einleitend der jüdische Widerstand dargestellt, der in der Folge stattfindende offizielle Umgang mit dem Holocaust und heutige Orte des Erinnerns, sowohl staatlicherseits, als auch privater Initiativen. Einzelne konkrete Beispiele veranschaulichen die angesprochenen Themenbereiche.
Bis heute hat das Gedenken an die jüdischen Opfer, geschweige denn an deren Widerstand, einen sehr geringen Stellenwert in Belarus. Es bleibt zu befürchten, dass mit den letzten Zeitzeugen diese Erinnerung aus dem kollektiven Gedächtnis verschwindet.