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Großstädte sind in den letzten Jahrzehnten einem massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt, der die städtische Sozialstruktur einmal mehr entscheidend veränderte. Basierend auf Erkenntnissen der Stadtsoziologie sowie der Arbeitsmarkt- und Migrationsforschung untersucht der vorliegende Beitrag diese Entwicklung am Beispiel Wiens. Dabei wird insbesondere der These einer zunehmenden sozialen Polarisierung in Städten nachgegangen. Es zeigt sich, dass auch in Wien die Mittelschichten im letzten Vierteljahrhundert geschrumpft sind. Ergebnisse aus multinomialen logistischen Regressionsmodellen und Dekompositionsanalysen weisen zudem darauf hin, dass Veränderungen am Arbeitsmarkt (z. B. zunehmende Verbreitung von Teilzeit) und in der Bevölkerungszusammensetzung (z. B. Herkunft von Zuwanderern) zu diesem Wandel beigetragen haben, während das steigende Bildungsniveau der Stadtbevölkerung ein noch stärkeres Schrumpfen der Mittelschicht verhindert hat.
Begriffe wie „Türken“, „Menschen mit türkischem Migrationshintergrund“, etc., die in vielen Bereichen des Lebens verwendet werden, sind Ausdruck der vorliegenden Differenzordnungen und Machtstrukturen und können diskriminierend wirken. Das ist z.B. dann der Fall, wenn bestimmte Begriffe verwendet werden, obwohl eine Kontextrelevanz nicht unbedingt vorliegt. Einige ethnische Bezeichnungen werden dabei häufiger verwendet als andere, trotz vergleichbarer Kontextrelevanz: „türkische/arabische Kinder“ aber nicht „englische/spanische Kinder“ (Wiese 2012), „Deutsch-Türke“ Mesut Özil aber nicht „Deutsch-Tunesier“ Sami Khedira. Erst die Bezeichnungen schaffen hier die Subjekte. Die besondere Auszeichnung macht es in der Folge möglich, dass ihnen Eigenschaften zugeschrieben werden (do Mar Castro Varela/Dhawan 2004). Aus Studien geht hervor, dass Ethnisierung mit Unterschichtung (Hormel 2007) in Verbindung gebracht wird und Begriffe wie „Migrant“ mit negativen Eigenschaften (Scarvagliere/Zech 2013). Durch die Auszeichnung von Abweichungen von dem von der Mehrheit definierten unmarkierten Normalfall wird eine Differenzordnung (Mecheril/Melter 2012) hergestellt, die das vermeintliche Anders-Sein ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Folgen sind Abwertung bestimmter (Erst-)Sprachen, Unterwerfung durch Beschreibungspraxen und Restriktionen auf dem Feld der Repräsentation (Broden/Mecheril 2007).
Ausgehend von diesen Überlegungen wird in der Arbeit „Ethnizität“ diskutiert, worauf viele dieser Bezeichnungen rekurrieren. Barth (1969, 1994) stellt fest, dass Ethnizität der Abgrenzung dient und Zugehörigkeit zu ethnische Gruppen durch kategoriale Selbst- und Fremdzuschreibungen bestimmt wird. Brubaker (2004) folgert daher, dass „Gruppen“ nur in Form von Vorstellungen existieren, die Individuen davon haben und diese Subjektivität zu unterschiedlichen Konstruktionen ethnischer Identität führt. Dementsprechend können auch „multiple ethnische Identitäten“ (Keupp 2002) und „Hybriditäten“ (Foroutan 2013) das Ergebnis der individuellen Konstruktion sein, ohne dass diese Formen gemeinhin akzeptierte Bezeichnungen darstellen.
Um die individuelle Entstehung ethnischer Identität nachvollziehen zu können, werden in der Arbeit Spracherwerbsgeschichten analysiert, da verschiedene Studien nahelegen, dass das Sprechen einer Sprache in engem Zusammenhang zur Ethnizität steht. Ohm (2008) zeigt, dass Zweitsprachenerwerb mit Identitätsprozessen in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis steht. Giles/Bourhis/Taylor (1977: 326) zeigen anhand von Untersuchungen in mehrsprachigen Gebieten wie Quebec und Wales, dass Sprache enger mit ethnischer Identität verbunden ist als Nationalität oder „Kultur“. Rosenberg (2015) führt am Beispiel der ehemaligen UdSSR auf, dass das Sprechen einer Sprache gleichbedeutend mit dem Zugehörigkeit zu einer ethnischen „Gruppe“ war. Sprache greift auch als Ausschlusskriterium: Nur wer eine Sprache gut spricht, darf die damit verbundene Identität in Anspruch nehmen (Schroeder/Dollnick, 2013: 104).
Mithilfe der Methode des narrativen Interviews können Spracherwerbsgeschichten produziert, und individuelle kognitive Perspektiven und gesellschaftliche Prozesse aufgedeckt werden. In der Analyse können vier Wege der Entstehung ethnischer Identität unterschieden werden: I. Ethnizität als primäre und dauerhafte Dimension, II. Multiple ethnische Identität, III. Unmarkierte ethnische Identität, IV. Selbstbestimmtheit. So kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass Ethnische Identität bei „Menschen mit türkischem Migrationshintergrund“ durch individuelle Erfahrungen entsteht, sich verändern und Mehrfachzugehörigkeiten oder Hybriditäten zulassen kann. Dieses Ergebnis widerspricht dem alltäglichen Gebrauch bestimmter Begriffe und stellt damit gängige Bezeichnungsweisen und Differenzordnungen in Frage.
Im vorliegenden Beitrag steht das Zusammenspiel von institutioneller Kompetenzverteilung im föderalen Mehrebenensystem und Funktionsfähigkeit der Verwaltung im Bereich der Integrationspolitik im Zentrum. Dieser Verwaltungsbereich gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sich für den Personenkreis der ca. 983.000 anerkannten Flüchtlinge, die länger oder dauerhaft in Deutschland bleiben werden, inzwischen neue Problemlagen ergeben, welche vor allem Fragen der Arbeitsmarktintegration, Aus- und Weiterbildung und berufsbezogenen Sprachförderung betreffen. Es wird der Leitfrage nachgegangen, welche institutionellen Strukturen und Aufgabenprofile sich im Bereich der Integrationsverwaltung im föderalen Mehrebenensystem herausgebildet haben und inwieweit diese sich als funktional und leistungsfähig oder als reformbedürftig erwiesen haben. Dabei wird auf Aspekte der Zentralisierung, Dezentralisierung und Verwaltungsverflechtung als wesentliche Institutionalisierungsoptionen eingegangen und aufgezeigt, dass in einigen Bereichen mehr Entflechtung in Form von Dezentralisierung und Aufgabenabschichtung „nach unten“ sinnvoll erscheint, während in anderen Handlungsfeldern verstärkte Bündelung und (besser funktionierende) Verwaltungsverflechtung angebracht wären.