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"Vorübergehende" Leiharbeit
(2018)
Leiharbeit ist aus dem modernen Arbeitsleben nicht mehr wegzudenken. Von besonderer Bedeutung für Entleiher und Leiharbeitnehmer waren und sind seit jeher die zeitliche Limitierung von Leiharbeit. Die Unbestimmtheit des durch die Leiharbeitsrichtlinie eingeführten Merkmals der »vorübergehenden« Dauer von Leiharbeit hat in Literatur und Rechtsprechung viele Meinungen hervorgerufen. Rechtssicherheit haben all diese nicht gebracht. Der Autor widmet sich der Herkunft und Bedeutung des Begriffs der vorübergehenden Dauer und bietet ein grundrechts- und unionsrechtskonformes Lösungsmodell zum Verständnis und Umgang mit diesem Merkmal. Die gefundenen Ergebnisse überträgt er auf die AÜG-Novelle von 2017.
Anhand des religiösen Selbstverständnisses der Kirchen und des darauf beruhenden Begriffs der »Dienstgemeinschaft« untersucht der Autor Zulässigkeit und Grenzen der Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen. Er empfiehlt die Schaffung von Regelwerken zur Einhaltung kirchlicher Loyalitätspflichten.
Die landesgeschichtliche Forschung hat den Werdegang des märkischen Zweiges der Familie von Trott und seiner einzelnen Mitglieder bisher weitestgehend ignoriert. Mit der nun vorliegenden Arbeit soll der defizitären Informationslage abgeholfen und vor allem die Etablierung des Geschlechts in brandenburgischen Landen in den Fokus gerückt werden. Woher kamen dessen frühen Vertreter, wann und wo konnten sie in der Mark Fuß fassen? Welche reichs- und territorialpolitischen Prozesse liefen zeitgleich ab, und wie beeinflussten diese eventuell den Werdegang dieser Familie? Konnte die Familie im Gegenzug eine Einflussnahme auf die Geschicke der Reichs- und Territorialpolitik entwickeln? Welche Spuren hinterließ sie in der märkischen Region?
Während eines umfangreichen Literatur- und Quellenstudiums kristallisierte sich bei dem Versuch, diese Fragen eingehend zu beantworten, die Persönlichkeit Adam von Trott des Älteren († 1564) heraus. Um das Jahr 1500 in der Landgrafschaft Hessen geboren, führten ihn sein Ehrgeiz und seine Zielstrebigkeit in den wechselhaften geschichtlichen Zeitläufen der Reformation bald an den Hof des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., wo er eine nahezu beispiellose Karriere absolvierte. Nebenher akkumulierte er durch die Übernahme weitläufiger Ländereien der säkularisierten Mönchszisterze Himmelpfort enormen Erblehnsbesitz in der Uckermark, dessen Konsolidierung sich die nachfolgende Generation der märkischen Trott verschrieb. Welche Schwierigkeiten und Fährnisse Adam und seine Nachkommen dabei zu bewältigen hatten, möchte der vorliegende Band klären.
Anne-Katrin Wolf beschäftigt sich mit der Aktivlegitimation im Individualbeschwerdeverfahren der UN-Menschenrechtskonventionen. Sie gibt einerseits eine leitfadenartige Übersicht zum Zulässigkeitskriterium der Aktivlegitimation. Andererseits zeigt sie, dass die Auslegungspraxis der UN-Ausschüsse zu dessen Voraussetzungen derzeit an einigen Stellen zu eng gefasst ist, um einen effektiven Menschenrechtsschutz zu gewährleisten. Im Zentrum steht dabei die Kategorisierung der UN-Menschenrechtskonventionen anhand der jeweiligen Regelungsmaterie und die daran anknüpfende, unterschiedlich weit reichenden Beschwerdemöglichkeiten von Individuen und Kollektiven wie Verbänden oder Nichtregierungsorganisationen. Sofern eine Ausgestaltung durch die Ausschüsse selbst noch nicht erfolgt ist oder die Autorin bisher angewendeten Kriterien als defizitär bewertet, entwickelt sie Vorschläge zu einer möglichen Ausformung des Kriteriums der Aktivlegitimation in der Zusammenschau mit dem jeweiligen Schutzgehalt der Konvention.
Die Klangeigenschaften von Musikinstrumenten werden durch das Zusammenwirken der auf ihnen anregbaren akustischen Schwingungsmoden bestimmt, welche sich wiederum aus der geometrischen Struktur des Resonators in Kombination mit den verwendeten Materialien ergeben. In dieser Arbeit wurde das Schwingungsverhalten von Streichinstrumenten durch den Einsatz minimal-invasiver piezoelektrischer Polymerfilmsensoren untersucht. Die studierten Kopplungsphänomene umfassen den sogenannten Wolfton und Schwingungstilger, die zu dessen Abschwächung verwendet werden, sowie die gegenseitige Beeinflussung von Bogen und Instrument beim Spielvorgang. An Dielektrischen Elastomeraktormembranen wurde dagegen der Einfluss der elastischen Eigenschaften des Membranmaterials auf das akustische und elektromechanische Schwingungsverhalten gezeigt. Die Dissertation gliedert sich in drei Teile, deren wesentliche Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden.
In Teil I wurde die Funktionsweise eines abstimmbaren Schwingungstilgers zur Dämpfung von Wolftönen auf Streichinstrumenten untersucht. Durch Abstimmung der Resonanzfrequenz des Schwingungstilgers auf die Wolftonfrequenz kann ein Teil der Saitenschwingungen absorbiert werden, so dass die zu starke Anregung der Korpusresonanz vermieden wird, die den Wolfton verursacht. Der Schwingungstilger besteht aus einem „Wolftöter“, einem Massestück, welches auf der Nachlänge der betroffenen Saite (zwischen Steg und Saitenhalter) installiert wird. Hier wurde gezeigt, wie die Resonanzen dieses Schwingungstilgers von der Masse des Wolftöters und von dessen Position auf der Nachlänge abhängen. Aber auch die Geometrie des Wolftöters stellte sich als ausschlaggebend heraus, insbesondere bei einem nicht-rotationssymmetrischen Wolftöter: In diesem Fall entsteht – basierend auf den zu erwartenden nicht-harmonischen Moden einer massebelasteten Saite – eine zusätzliche Mode, die von der Polarisationsrichtung der Saitenschwingung abhängt.
Teil II der Dissertation befasst sich mit Elastomermembranen, die als Basis von Dielektrischen Elastomeraktoren dienen, und die wegen der Membranspannung auch akustische Resonanzen aufweisen. Die Ansprache von Elastomeraktoren hängt unter anderem von der Geschwindigkeit der elektrischen Anregung ab. Die damit zusammenhängenden viskoelastischen Eigenschaften der hier verwendeten Elastomere, Silikon und Acrylat, wurden einerseits in einer frequenzabhängigen dynamisch-mechanischen Analyse des Elastomers erfasst, andererseits auch optisch an vollständigen Aktoren selbst gemessen. Die höhere Viskosität des Acrylats, das bei tieferen Frequenzen höhere Aktuationsdehnungen als das Silikon zeigt, führt zu einer Verminderung der Dehnungen bei höheren Frequenzen, so dass über etwa 40 Hertz mit Silikon größere Aktuationsdehnungen erreicht werden. Mit den untersuchten Aktoren konnte die Gitterkonstante weicher optischer Beugungsgitter kontrolliert werden, die als zusätzlicher Film auf der Membran installiert wurden. Über eine Messung der akustischen Resonanzfrequenz von Elastomermebranen aus Acrylat in 1Abhängigkeit von ihrer Vorstreckung konnte in Verbindung mit einer Modellierung des hyperelastischen Verhaltens des Elastomers (Ogden-Modell) der Schermodul bestimmt werden.
Schließlich wird in Teil III die Untersuchung von Geigen und ihrer Streichanregung mit Hilfe minimal-invasiver piezoelektrischer Polymerfilme geschildert. Es konnten am Bogen und am Steg von Geigen – unter den beiden Füßen des Stegs – jeweils zwei Filmsensoren installiert werden. Mit den beiden Sensoren am Steg wurden Frequenzgänge von Geigen gemessen, welche eine Bestimmung der frequenzabhängigen Stegbewegung erlaubten. Diese Methode ermöglicht damit auch eine umfassende Charakterisierung der Signaturmoden in Bezug auf die Stegdynamik. Die Ergebnisse der komplementären Methoden von Impulsanregung und natürlichem Spielen der Geigen konnten dank der Sensoren verglichen werden. Für die Nutzung der Sensoren am Bogen – insbesondere für eine Messung des Bogendrucks – wurde eine Kalibrierung des Bogen-Sensor-Systems mit Hilfe einer Materialprüfmaschine durchgeführt. Bei einer Messung während des natürlichen Spielens wurde mit den Sensoren am Bogen einerseits die Übertragung der Saitenschwingung auf den Bogen festgestellt. Dabei konnten außerdem longitudinale Bogenhaarresonanzen identifiziert werden, die von der Position der Saite auf dem Bogen abhängen. Aus der Analyse dieses Phänomens konnte die longitudinale Wellengeschwindigkeit der Bogenhaare bestimmt werden, die eine wichtige Größe für die Kopplung zwischen Saite und Bogen ist. Mit Hilfe des Systems aus Sensoren an Bogen und Steg werden auf Grundlage der vorliegenden Arbeit Studien an Streichinstrumenten vorgeschlagen, in denen die Bespielbarkeit der Instrumente zu den jeweils angeregten Steg- und Bogenschwingungen in Beziehung gesetzt werden kann. Damit könnte nicht zuletzt auch die bisher nicht vollständig geklärte Rolle des Bogens für Klang und Bespielbarkeit besser beurteilt werden
Anhand einer inhaltlichen Untersuchung der französischen fünfbändigen Oktavausgabe seines Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (1811), unter besonderer Berücksichtigung der intertextuellen Bezüge, wird Alexander von Humboldt auf multiplen Ebenen als Denker zwischen Europa und Amerika ausgewiesen. In seinem Werk über Neuspanien durchbricht er die Inferiorisierung amerikanischer bzw. kreolischer Wissenschaftler und schafft ein Bewusstsein fernab eurozentrischer Denkmuster. Dies äußert sich unter anderem in Humboldts unvoreingenommener intertextueller Einbeziehung von Vertretern verschiedener Strömungen der Aufklärung, insbesondere des kreolischen aufklärerischen Denkens.
Alte Kämpfer der NSDAP
(2018)
Als „Alte Kämpfer“ galten im Nationalsozialismus alle Personen, die bereits weit vor 1933 der NSDAP beigetreten waren. Sie wurden bislang überwiegend als soziale Randexistenzen und Verlierer der Machtergreifung beschrieben. Anja Stanciu zeigt in ihrer Studie am Beispiel der Berliner NSDAP-Stadtverordneten und –Kreisleiter nun, dass etliche Altparteimitglieder nicht nur Wegbereiter, sondern auch wichtige Mitgestalter der NS-Diktatur waren und zur lokalen NS-Funktionselite gehörten. Untersucht werden die Lebensläufe und Netzwerke dieser Männer zwischen 1926 und 1949. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Karrieren der „Alten Kämpfer“ und die politische Mobilisierung der Stadtgesellschaft einander bedingten.
Am 14. August 1980 begannen die Arbeiter*innen auf der Danziger Leninwerft einen Besetzungsstreik, in deren Folge die erste unabhängige Gewerkschaft Solidarność gegründet wurde. Einen Monat später am 17. September 1980 gingen auf der anderen Seite des „Eisernen Vorhangs“ die Arbeiter*innen der „AG Weser“ Werft in Bremen auf die Straße, um gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze zu protestieren. Die vorliegende Studie zeigt aus einer Perspektive „von unten“, wie seit den 1970er Jahren Betriebe in zwei unterschiedlichen politisch-ökonomischen Systeme auf technische Veränderungen und die verschärfte Konkurrenz auf dem Weltmarkt reagierten und verweist darauf, dass die Krisen in Ost und West Ende der 1970er Jahre eng miteinander verbunden waren.
Diese Arbeit besteht aus drei Aufsätzen. Der erste Aufsatz („Die Arbeitsmarktpolitik in Südosteuropa: Von der Transformation bis zur EU-Integration“) erörtert die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Südosteuropa und die damit einhergehenden Entwicklungen auf den jeweiligen Arbeitsmärkten seit 1991. Im Fokus steht dabei der Einfluss der Arbeitslosigkeit (als systemunabhängiges Problem) auf den EU-Integrationsprozess in den jugoslawischen Nachfolgestaaten und Albanien.
Welchen Einfluss haben der qualifikatorische und regionale Mismatch auf die Arbeitslosigkeit in Kroatien? Um diese Frage zu beantworten, wird im zweiten Kapitel dieser Arbeit („Arbeitslosigkeit im Transformationsprozess: Qualifikatorischer und regionaler Mismatch in Kroatien“) der Mismatch sowohl statisch mit Mismatch-Indikatoren als auch dynamisch im Rahmen der Matching-Funktion erörtert. Unter Anwendung von Paneldaten für neun Berufsgruppen und 21 Regionen im Zeitraum zwischen Januar 2004 und Juni 2015 wird in diesem Kapitel mithilfe von Fixed-Effects-Modellen dieser Einfluss geschätzt.
Führt die Anpassung der Arbeitslosenversicherungsgesetze an die EU-Standards zu einer Verbesserung der Arbeitsmarktergebnisse in den Staaten Südosteuropas? Mit Hilfe von Paneldaten für den Zeitraum 1996–2014 wird für fünf südosteuropäische Staaten (Albanien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Serbien) dieser Einfluss im Rahmen eines Differenz-in-Differenzen-Modells im dritten Aufsatz („Unvollständige Integration: Eine Differenz-in-Differenzen-Analyse der südosteuropäischen Arbeitsmärkte“) geschätzt.
Arnold und Stefan Zweig sahen sich als „geistige Führer", gelten aber, bis auf ihr Interesse an der Psychoanalyse, als sehr verschieden. Die Auswertung ihrer Publizistik – darunter viele unbekannte Texte – zeigt erstmals systematisch, wie sie sich an Debatten der Zwischenkriegszeit beteiligten. Die Autorin prüft Aussagen über Demokratie, Sozialismus, Nationalismus, Europa, Pazifismus, die UdSSR, ihr jüdisches Erbe, Zionismus und Antisemitismus. Die Zweigs erscheinen als unabhängige Zeitkritiker, die oft übereinstimmend und wegweisend urteilten. Ihre unveröffentlichten Briefe (1919–1940) bieten Einblick in diese kaum bekannte Beziehung. Die Studie stellt in der Germanistik verbreitete Zweig-Bilder infrage, die wesentlich durch den Kalten Krieg beeinflusst wurden.
Berliner Kunstmatronage
(2018)
Um 1900 sammelten und förderten zahlreiche Berlinerinnen bildende Kunst. Mit ihrer Betrachtung dieser Kunstmatronage lässt Anna-Carolin Augustin eine kaum noch bekannte Facette der Kunststadtmetropole Berlin aufscheinen.
Um 1900 legten zahlreiche Frauen in Berlin Kunstsammlungen an, förderten Kunstschaffende und verschiedene Kunststile. Das Repertoire reichte von
Van-Gogh-Gemälden über japanische Farbholzschnitte bis hin zu Volkskunst-Objekten. Damit leisteten die Frauen einen wichtigen und heute nahezu unbekannten Beitrag zur Genese der Kunstmetropole Berlin.
Anna-Carolin Augustin widmet sich diesem Thema an der Schnittstelle von Kunstgeschichte, Elitengeschichte, Geschlechtergeschichte und Jüdischer Geschichte. Anhand von Archivalien, Zeitschriften, Briefwechseln und Tagebüchern breitet sie ein Panorama von Berliner Frauenbiographien, Kunstsammlungen und -stiftungen aus und analysiert die Motive und Funktionen der Kunstmatronage sozial- und kulturhistorisch. So werden parallel die Geschichten von Protagonistinnen mit ganz unterschiedlichen Interessen erzählt; ihre Kunstmatronage war etwa vom Glauben an Emanzipation durch Kunst getragen, stand im Dienst der kulturellen Interessen des imperialistischen Kaiserreiches oder war von individuellem Distinktionsstreben geprägt. Zeitgenossen betrachteten diese Frauen als Mitstreiterinnen oder lukrative Konsumentinnen, häufiger jedoch begegneten sie ihnen mit Abwehr, die mitunter antifeministische und antisemitische Stereotype vereinte.
Die Dissertation untersucht die Sexualmetaphorik im Nürnberger Fastnachtspiel des 15. Jahrhunderts und wählt als Textgrundlage die Ausgabe der Nürnberger Fastnachtspiele von Adelbert von Keller als einzig vollständige Sammlung. Anliegen der Dissertation ist es, die Einzigartigkeit des Wortschatzes des Fastnachtspiels herauszuarbeiten, indem mit Fokus auf die Bildhaftigkeit und die Metaphorik der obszönen Redeweise über deren Aussage- und Wirkkraft im historischen Fastnachtspielkontext reflektiert wird. Wie die Metapher gezielt tabuisierte, intime Inhalte zum Zwecke der Komik legitimiert, wird erst theoretisch ergründet und dann in einer Interpretation der sprachlichen Gestaltung von Sexualität und Obszönität mit Blick auf den soziokulturellen Hintergrund des Nürnberger Fastnachtspiels kritisch reflektiert.
In einer interdisziplinären Annäherung werden zunächst sowohl Erkenntnisse und Theorien aus der Fastnachtspiel- und Mittelalterforschung als auch theoretische Ansätze aus der Metaphorologie und der Komikforschung zusammengetragen und diskutiert. Im Rahmen des breitgefächerten, wissenschaftlichen Diskurses zu den Fastnachtspielen wird das Nürnberger Fastnachtspiel aus inhaltlicher, funktionaler, genderbezogener, kulturgeschichtlicher und sprachlicher Perspektive beleuchtet, um ein besseres Verständnis der Sprache des Fastnachtspiels zu erlangen. Im nächsten Schritt werden das mittelalterliche Ehe- und Familienleben und die soziale und rechtliche Stellung von Mann und Frau analysiert, indem theologisch-normativer und literarischer Ehediskurs einander gegenübergestellt und gattungsspezifisch untersucht werden. So können Logiken und Verfahrensweisen in der mittelalterlichen Alltags-, Glaubens- und Rechtspraxis aufgedeckt werden. Dadurch ist es möglich, die Inszenierungen des Körpers im Fastnachtspiel einzuschätzen, die die mittelalterliche Sexualmoral verhandeln und so mannigfaltige Bilder und Vorstellungen von Mann und Frau entwerfen. Anschließend wird in der Diskussion relevanter Metapherntheorien ergründet, wie die metaphorische Sprache dabei den obszönen Inhalten gleichzeitig die Tür öffnet und sie auf Distanz hält. Bei der Betrachtung poststrukturalistischer, erkenntnistheoretischer, kognitiver, semantischer und philosophischer Theorien zur Beschreibung der Arbeits- und Wirkweise der Metapher erweisen sich insbesondere analogieorientierte und funktionale Ansätze als gewinnbringend, weil sie die Kontextualisierung der Metapher als bindend voraussetzen und sie als komplexes, metakognitives Phänomen diskutieren, das auf Interaktions- und Übertragungsprozessen beruht. Sodann werden die vielfältigen Anlässe, sozialen Formen und Funktionen des Lachens in der mittelalterlichen Gesellschaft näher in den Blick genommen, um den komisch-derbsinnlichen Duktus der Fastnachtspiele nachvollziehen zu können. Mit der Bewusstmachung wiederkehrender Elemente und Muster des Komischen kann der Unterhaltungswert der Fastnachtspielsprache exemplarisch verdeutlicht werden.
Die sich anschließende umfassende Interpretation der Fastnachtspiele wird methodisch angeleitet durch die Theorie der bildlichen Rede von Hans Georg Coenen. Er bleibt mit seinen Analogiedefinitionen der klassischen Rhetorik verpflichtet und unterscheidet unter anderem „kreative“, „konventionalisierte“ und „lexikalisierte“ Metaphern. Bei der außerordentlichen Vielfalt sexualmetaphorischer Ausdrucksweisen liegt der Fokus auf den Darstellungen der Geschlechtsorgane von Mann und Frau und dem Koitus.
Die Verfasserin gelangt zu folgenden Ergebnissen: Die Metapher sorgt durch ihre bildgestaltende Vermittlung jeweils dafür, dass der sexuelle Inhalt darstellbar wird, ohne jedoch in unmissverständlicher Direktheit auf den Betrachter zu treffen. Ob sie mit ihren alltäglichen, meist bäuerlichen Bildmotiven für die Schamsphäre über- oder untertreibt, abwertet oder aufwertet, verhüllt oder entlarvt - in jedweder Form und Gestalt kann die Metapher den sexuellen Inhalt ästhetisieren. Weil sie ihn unter neuer oder anderer Perspektive betrachtet, entrückt sie ihn formal. Damit erscheint das Sprechen über Sexualität in der metaphorischen Rede wie auf Abstand gerechtfertigt und das Ausmaß bzw. Übermaß der Inszenierung von Sexualität im Fastnachtspiel überhaupt erst möglich. Häufig werden Bilder vom Penis als Esel, von der Vagina als Wiese und vom Koitus als Speerkampf entworfen. Die Metapher stellt damit gewohnte Vorstellungen von Mann und Frau mitsamt den normativ gesetzten Erwartungen und Strukturen im Eheleben auf den Kopf. Das kann als obszön und unanständig, aber auch als amüsant empfunden worden sein und heute noch empfunden werden. Immer bleibt die Metapher dabei ambigue. In ihrer mehrkanaligen Wirkweise, ihrer innovativen Kraft und auch in ihrer Widersprüchlichkeit liegen ihre dichterische Begabung und ihre Qualität zur Komisierung. Damit stellt sich die kunstfertige Sprache des Fastnachtspiels der Körperlichkeit der Spielinhalte entgegen.
Die Dissertation demonstriert das innovative, normkritische Potenzial der Fastnachtspielsprache, die sie als eine Poetik der Ambiguität lesbar und als einen Schatz an vielfältigen und differenzierten Ausdrucksweisen für die Schamsphäre wertschätzbar macht. Damit leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur sprach- und literaturwissenschaftlichen Analyse des Nürnberger Fastnachtsspiels und zu einem differenzierteren Verständnis von dessen kulturgeschichtlicher Bedeutung.
Magnetische Eisenoxidnanopartikel werden bereits seit geraumer Zeit erfolgreich als MRT-Kontrastmittel in der klinischen Bildgebung eingesetzt. Durch Optimierung der magnetischen Eigenschaften der Nanopartikel kann die Aussagekraft von MR-Aufnahmen verbessert und somit der diagnostische Wert einer MR-Anwendung weiter erhöht werden. Neben der Verbesserung bestehender Verfahren wird die bildgebende Diagnostik ebenso durch die Entwicklung neuer Verfahren, wie dem Magnetic Particle Imaging, vorangetrieben. Da hierbei das Messsignal von den magnetischen Nanopartikeln selbst erzeugt wird, birgt das MPI einen enormen Vorteil hinsichtlich der Sensitivität bei gleichzeitig hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung. Da es aktuell jedoch keinen kommerziell vertriebenen in vivo-tauglichen MPI-Tracer gibt, besteht ein dringender Bedarf an geeigneten innovativen Tracermaterialien. Daraus resultierte die Motivation dieser Arbeit biokompatible und superparamagnetische Eisenoxidnanopartikel für den Einsatz als in vivo-Diagnostikum insbesondere im Magnetic Particle Imaging zu entwickeln. Auch wenn der Fokus auf der Tracerentwicklung für das MPI lag, wurde ebenso die MR-Performance bewertet, da geeignete Partikel somit alternativ oder zusätzlich als MR-Kontrastmittel mit verbesserten Kontrasteigenschaften eingesetzt werden könnten.
Die Synthese der Eisenoxidnanopartikel erfolgte über die partielle Oxidation von gefälltem Eisen(II)-hydroxid und Green Rust sowie eine diffusionskontrollierte Kopräzipitation in einem Hydrogel.
Mit der partiellen Oxidation von Eisen(II)-hydroxid und Green Rust konnten erfolgreich biokompatible und über lange Zeit stabile Eisenoxidnanopartikel synthetisiert werden. Zudem wurden geeignete Methoden zur Formulierung und Sterilisierung etabliert, wodurch zahlreiche Voraussetzungen für eine Anwendung als in vivo-Diagnostikum geschaffen wurden. Weiterhin ist auf Grundlage der MPS-Performance eine hervorragende Eignung dieser Partikel als MPI-Tracer zu erwarten, wodurch die Weiterentwicklung der MPI-Technologie maßgeblich vorangetrieben werden könnte. Die Bestimmung der NMR-Relaxivitäten sowie ein initialer in vivo-Versuch zeigten zudem das große Potential der formulierten Nanopartikelsuspensionen als MRT-Kontrastmittel. Die Modifizierung der Partikeloberfläche ermöglicht ferner die Herstellung zielgerichteter Nanopartikel sowie die Markierung von Zellen, wodurch das mögliche Anwendungsspektrum maßgeblich erweitert wurde.
Im zweiten Teil wurden Partikel durch eine diffusionskontrollierte Kopräzipitation im Hydrogel, wobei es sich um eine bioinspirierte Modifikation der klassischen Kopräzipitation handelt, synthetisiert, wodurch Partikel mit einer durchschnittlichen Kristallitgröße von 24 nm generiert werden konnten. Die Bestimmung der MPS- und MR-Performance elektrostatisch stabilisierter Partikel ergab vielversprechende Resultate. In Vorbereitung auf die Entwicklung eines in vivo-Diagnostikums wurden die Partikel anschließend erfolgreich sterisch stabilisiert, wodurch der kolloidale Zustand in MilliQ-Wasser über lange Zeit aufrechterhalten werden konnte. Durch Zentrifugation konnten die Partikel zudem erfolgreich in verschiedene Größenfraktionen aufgetrennt werden. Dies ermöglichte die Bestimmung der idealen Aggregatgröße dieses Partikelsystems in Bezug auf die MPS-Performance.
Bleiben in Breslau
(2018)
Der Breslauer Jude Willy Cohn musste nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erleben, wie die deutschen Juden in immer größerem Umfang entrechtet, ausgegrenzt und existenziell bedroht werden. Trotzdem kam eine Auswanderung aus Deutschland als seiner Heimat für ihn letztlich nicht in Betracht. Im Winter 1941 wurde Willy Cohn mit seiner Familie aus Breslau deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.
Ausgehend von Cohns Entscheidung, in Breslau zu bleiben, betrachtet die Untersuchung das Bleiben als Aushandlungsprozess und macht so exemplarisch das Bleiben im NS-Deutschland als Akt der Selbstbehauptung sichtbar. Hierfür wurde der rund 10.000 Seiten umfassende Tagebuchnachlass Willy Cohns aus den Jahren zwischen 1899 und 1941 erstmals in seiner Gesamtheit systematisch gesichtet und ausgewertet.
Mit der New Economic Geography (NEG) kann die Verteilung von Unternehmen und Arbeitskräften auf Regionen modellhaft diskutiert werden. In diesem Beitrag wird untersucht, welche räumlichen Verteilungen der mobilen Arbeitskräfte und Unternehmen in einem NEG-Modellansatz resultieren, wenn die Größe einer Region und damit der ihr zur Verfügung stehende Boden, die zu überwindende Distanz für den Gütertransport innerhalb der Regionen, sowie Bodennutzungskonkurrenzen zwischen Wohnen, Industrie und Landwirtschaft berücksichtigt werden. Auch wird der Frage nachgegangen, welche Wohlfahrtswirkungen hierbei resultieren.
Bürgerwindparks
(2018)
In Deutschland stößt der Ausbau der Windenergie mit dem zunehmenden Heranrücken an Wohnbebauungen immer häufiger auf Widerstand bei der lokalen Bevölkerung. Die Stärkung von Bürgerwindparks gegenüber dem alleinigen Betrieb durch große Energiekonzerne bildet die Chance wieder mehr Akzeptanz für die Windenergie zu schaffen. Das Werk widmet sich in diesem Zusammenhang einer Reihe von Fragestellungen, die verschiedene Rechtsgebiete berühren. Angesichts nur noch begrenzt zur Verfügung stehender Windenergieflächen wird untersucht, ob und mit welchen Mitteln, beispielsweise des Raumordnungs- und Bauplanungsrechts sowie vertraglicher Instrumente, Flächen speziell für Bürgerwindparks gesichert werden können.
Daneben erfährt der Leser in welchem Rahmen die Regelungen des Kommunalwirtschaftsrechts Gemeinden eine Beteiligung an Bürgerwindparks erlauben. Schließlich werden verschiedenste Gesellschaftsformen daraufhin analysiert, ob sie sich als Organisationsform eines Bürgerwindparks eignen.
Ceauşescus Polizei
(2018)
Das Buch behandelt die gesellschaftliche Wirkung der sozialistischen Volkspolizei, indem es offizielle Bilder derselben in den Jahren vor dem Ceaușescu-Regime und während desselben mit Vorstellungen vergleicht, die in der Bevölkerung von der Polizei bestanden. Damit enthüllt das Buch zugleich das Verhältnis zwischen dem staatlichen Ordnungsdiskurs und einem Gegendiskurs, der ansatzweise sogar vor 1989 stattgefunden hat. Vorrangiges Ziel ist ein klareres Verständnis des (De-)Legitimierungsprozesses des Regimes. Eine Interdependenz der beiden Diskurse, so die Grundaussage des Buches, diente zunächst der Stabilitätsphase des politischen Regimes, bedingte später dann aber zum Teil den schrittweisen Kollaps seiner Herrschaft in Rumänien. In einem weiteren Sinne untermauern die Erkenntnisse über die Entzauberung des sozialistischen "Ordnungshüters" das bessere Verstehen der allgemeinen sozialpolitischen Ernüchterung in Mittelost- und Südosteuropa gegen 1989 hin. Zahlreiche Widersprüche auf der Ebene der Repräsentation untermauern die Hypothese einer De-Legitimation der Volkspolizei als Institution und nicht zuletzt deshalb im Weiteren des politischen Regimes im Allgemeinen.
Das Nonaffektationsprinzip
(2018)
Die Arbeit beschäftigt sich mit den aktuellen Regelungen des deutschen Aufenthaltsrechts in Bezug auf die Möglichkeiten des Familiennachzuges. Es werden Schwachstellen der aktuellen Regelungen aufgezeigt, Ursachen, Rechtfertigungsgründe und mögliche Lösungsansätze betrachtet.
Schwerpunkt der Betrachtung sind die Konflikte, welche sich unter dem Begriff der Inländerdiskriminierung zusammenfassen lassen. Hierzu wird das Phänomen der Inländerdiskriminierung untersucht und die im Kontext des Familiennachzuges hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH betrachtet. Dabei gilt das Hauptaugenmerk der Figur des grenzüberschreitenden Bezuges, welche der EuGH im Ergebnis mittlerweile aufgelöst hat. Als Ergebnis dieses Abschnittes der Arbeit wird festgestellt, dass eine Unterscheidung von Nachzug zu Deutschen oder zu Unionsbürgern gegen Gleichheitssätze verstößt und aufzuheben ist.
Weiterhin betrachtet die Arbeit verschiedene alternative Lebensmodelle neben der klassischen verschiedengeschlechtlichen Ehe. In Bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften werden auch nach Einführung der „Ehe für alle“ weitere Schwachstellen verortet, die vor allem darauf fußen, dass Nachzugsrechte vom Bestehen eines Instituts abhängen, welches in großen Teilen der Welt nicht gibt. In Hinblick auf nichtehelichen Lebensgemeinschaften wird hingegen die geltende Rechtslage als ausreichend betrachtet. Zuletzt betrachtet die Arbeit Ehemodelle, welche im deutschen Recht nicht vorgesehen und anerkannt sind. Dies sind die Zwangs-, Kinder- und Mehrehe. Es wird beleuchtet, wie das deutsche Recht und insbesondere das Aufenthaltsrecht mit diesen Ehen umgeht und welcher Zweck mit den bestehenden Regelungen verfolgt wird. Während der Gesetzgeber den Schutz der Opfer solcher Eheschließungen vor Augen hatte, kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass vielmehr eine weitere Gefährdung eintritt, welche nur zu vermeiden wäre, wenn auch diese Ehemodelle zunächst anerkannt würden und den Opfern im Inland sodann Hilfe angeboten würde.
Insgesamt stellt die Arbeit gravierende Mängel in menschenrechtlicher Hinsicht im bestehenden Recht des Familiennachzugs fest und schlägt eine generelle Neuordnung vor.
Die betrachteten Regelungen entsprechen dem Regelungsstand im Juli 2018.
Studien zum Bildungserfolg in Deutschland weisen auf verschiedene Ungleichheitsdimensionen hin. So wurde wiederholt ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem schulischen Bildungserfolg dokumentiert. Des Weiteren stellen auch Geschlechterunterschiede im Bildungserfolg einen vielfach berichteten und sowohl wissenschaftlich als auch gesellschaftlich diskutierten Befund dar. Der großen Anzahl an Studien, die sich jeweils einer dieser Ungleichheitsdimensionen widmen, steht jedoch ein Forschungsbedarf bezüglich des systematischen Wissens über die Wechselwirkung von Geschlecht und sozialer Herkunft im Bildungserfolg gegenüber. Vor diesem Hintergrund hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, das Zusammenspiel von Geschlecht und sozialer Herkunft zu untersuchen, wobei sie von zwei übergeordneten Fragestellungen geleitet wird, die im Rahmen von vier Teilstudien untersucht werden.Erstens wurde das Zusammenspiel von Geschlecht und sozioökonomischem Status (SES) in unterschiedlichen Facetten des Bildungserfolges sowie in den Berufsaspirationen analysiert (Teilstudien 1-3). Zweitens wurde untersucht, inwiefern die elterlichen Geschlechterrollenvorstellungen mit den Schulleistungen ihres Kindes assoziiert sind. Vor diesem Hintergrund wurde ebenso der Zusammenhang zwischen den elterlichen Geschlechterrollenvorstellungen und Merkmalen des familiären Hintergrundes analysiert (Teilstudie 4). Zusammenfassend betrachtet weisen die Ergebnisse der Teilstudien auf eine Wechselwirkung von Geschlechtszugehörigkeit und sozialer Herkunft im Bildungserfolg sowie in den beruflichen Aspirationen hin, auch wenn die entsprechenden Effekte eher klein ausfallen. Entgegen der gesellschaftlichen Konnotation von Mathematik als „Jungenfach“ stellen die Befunde damit beispielsweise einen Hinweis darauf dar, dass die vielfach zitierten Geschlechterunterschiede in den mathematischen Kompetenzen nicht als „naturgegeben“ sondern beeinflussbar verstanden werden können. Damit untermauern die Ergebnisse die unter anderem im Rahmen verschiedener Theorien herausgestellte Bedeutsamkeit des Sozialisationskontextes für die Entwicklung der Fähigkeiten und Ziele von Jungen und Mädchen sowie die im internationalen Vergleich gezeigte Variabilität von Geschlechterunterschieden in Schulleistungen.
Delay
(2018)
Das Sinnbild »Diabolisches Spiel mit den Zeitmaschinen« spiegelt eine Sicht auf den Musikeffekt »Delay« und seine wechselseitige Beziehung zwischen Technik, Musikproduktion und Rezeption wider. Der durch die beabsichtigte Verzögerung eines akustischen Signals erzeugte und häufig als »Echo« beschriebene Effekt kann nicht nur als echoähnliche Verzögerung, sondern auch in anderen Weisen eingesetzt und vernommen werden. Dies zeigt die Dub-Musik, in der das Delay von der ersten Stunde bis in seine gegenwärtige Ausprägung zum Stilmerkmal wurde. Lee »Scratch« Perry ist Zeitzeuge und Exponent dieser Entwicklung. Sein Schaffen bildet den geeigneten Anlass, den Zeitgeist des Delay und seine Wahrnehmung als psychoakustischen Effekt zu erforschen. Damit führt dieses Buch von einer allgemeinen Beschreibung und Neuverortung des Delays in den prominenten Verwendungskontext der Dub-Musik und die Erkundung eines vielschichtigen Bezugskosmos aus Natur, Technik, Religion, Okkultismus und (Musik-)Kultur.
Dass sich die repräsentative Demokratie in Deutschland im Wandel befindet, ist nicht neu und kaum umstritten. Herausforderungen im Kontext der Partizipation und Repräsentation rufen ihrerseits Probleme auf Seiten der Input-Legitimation hervor. Demgemäß ist das grundlegende demokratiepolitische Anliegen dieser Arbeit, am Beispiel der Bundes- und Berliner Landesebene darzustellen, wie der repräsentative Politikprozess partizipativer und dennoch effektiv gestaltet werden kann. Basierend auf der philosophischen Strömung des Pragmatismus verfolgt und diskutiert die Arbeit die Synthese aus der pragmatistischen Demokratiekonzeption von Archon Fung und dem empirischen Forschungsprogramm der kriterienbasierten Evaluation demokratischer Innovationen. Dabei wird das analytische Vorgehen Archon Fungs kritisch erweitert, um dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Konzept einer komplexen Bürgergesellschaft – als normativer und praktischer Bezugspunkt – gerecht zu werden. Fungs Konzept wird demnach um die liberale Sphäre der Öffentlichkeit, mithin um die zivilgesellschaftlichen Handlungszusammenhänge ergänzt. Auf Grundlage der Diskussion von demokratischen Innovationen werden schließlich demokratie- und engagementpolitische Handlungsempfehlungen in der Dimension der Partizipation und in der Dimension der Repräsentation formuliert. Mithin verfolgt die Arbeit eine problem- und lösungsorientierte Ergänzung der repräsentativen Demokratie. Gleichwohl ist die Arbeit als eine pragmatistisch angeleitete Konzeptstudie für die Entwicklung einer beteiligungsorientierten Praxis in der repräsentativen Demokratie zu verstehen, die trotz ihres theoretischen Charakters ganz im Sinne des Pragmatismus die notwendige empirische Orientierung aufweist. Damit wird das zuweilen problematische Verhältnis zwischen Politischer Theorie und empirischer Demokratieforschung überwunden.
Mit dieser Arbeit zeigt der Autor die vielfältigen Wege der politischen Willensbildung im Bundestag einschließlich außerparlamentarischer Einflussnahmen auf und misst sie speziell am Grundgesetz.
Aufgrund der Fülle der im Parlament behandelten Thematiken kann nicht jeder Abgeordnete auf jedem Gebiet über ausreichende Sachkenntnisse verfügen. Dies zieht eine Zusammenarbeit der Abgeordneten in Fraktionen und Ausschüssen sowie Kontakte zu außerparlamentarischen Dritten nach sich. Beides dient auch dazu, fremde Wissensressourcen zu erschließen. Wenngleich dies nicht die einzige Ursache für außerparlamentarische Zusammenarbeit ist, zeigt sich hieran, dass Praktiken der Kooperation nicht grundsätzlich unlauter sein können. Der Autor zeigt die Grenzen/Bedingungen der Zulässigkeit auf.
Obwohl der sozioökonomische Status (SES) eine in der Sozialepidemiologie häufig gebrauchte Variable darstellt, ist seine Verwendung mit methodischen Problemen verknüpft: Seine latente Struktur führt dazu, dass sich verschiedene Möglichkeiten der Operationalisierung eröffnen. Diese reichen von klassischen Ungleichheitsindikatoren wie Bildung, Einkommen oder Berufsposition, über multidimensionale oder über Nachbarschaftsmerkmale konstruierte Indizes, bis hin zu subjektiven Statuseinschätzungen. Problematisch ist dies insofern, als verschiedene Indikatoren auf unterschiedlichen theoretischen Konstrukten beruhen und unterschiedliche Schlussfolgerungen erlauben.
In dieser Arbeit wird deshalb in einem ersten Schritt anhand eines systematischen Reviews zum Zusammenhang von SES und Rückenschmerzen überprüft, welche Indikatoren in wissenschaftlichen Publikationen eingesetzt werden und wie die Auswahl begründet wird. Das Ergebnis zeigt eine klare Präferenz für klassische Indikatoren (Bildung, Einkommen und Berufsposition). Erläutert wurde die jeweilige Auswahl allerdings nur in einem geringen Prozentsatz der untersuchten Artikel, obwohl die unterschiedlichen Studienergebnisse nahelegen, dass der gewählte Indikator einen Einfluss auf den gefundenen Zusammenhang ausüben könnte.
Deshalb wurde in einem weiteren Schritt überprüft, wie unterschiedliche SES-Indikatoren mit der Verbesserung von Rückenschmerzen nach einer Rehabilitation (Studie 1) und der Neuentstehung von Rückenschmerzen (Studie 2) zusammenhängen. Außerdem wurde untersucht, ob ein einfaches Modell den Zusammenhang von SES und Gesundheit so darstellen kann, dass a priori abzuschätzen ist, wie hoch der Einfluss unterschiedlicher Indikatoren auf einen bestimmten Gesundheitsoutput sein könnte.
Es zeigt sich, dass sich der errechnete Zusammenhang zwischen den verschiedenen Indikatoren und chronischen Rückenschmerzen erheblich unterscheidet: Für Menschen, die bereits wegen Rückenschmerzen in Rehabilitation waren, erwiesen sich Bildung und Berufsposition als ähnlich einflussreiche Einflussfaktoren, während für das Einkommen kein bedeutender Zusammenhang festgestellt werden konnte. Für die Neuentstehung chronischer Rückenschmerzen zeigte sich die Berufsposition als wichtigster Indikator, gefolgt von Bildung, während für Einkommen kein signifikanter Zusammenhang gefunden werden konnte.
Folglich bestimmt die Wahl des Indikators die Höhe des festgestellten Zusammenhangs stark mit. Unterschiedliche Indikatoren dürfen deshalb nicht als austauschbar betrachtet werden und es muss bei jeder Forschungsfrage genau überlegt werden, welcher Indikator für die jeweilige Fragestellung am besten verwendet werden kann. Das vorgeschlagene theoretische Modell kann dabei als Unterstützung dienen.
Die Republik Kosovo stellt einen Beitrittskandidaten sui generis in der Erweiterungsgeschichte der Europäischen Union dar. Die besonderen Beziehungen zwischen der EU und dem "potenziellen" Kandidaten resultieren aus dem ungelösten Territorialkonflikt mit Serbien, dem unvollendeten Staatsaufbau sowie der eingeschränkten Souveränität Kosovos. Diese Einzelfallstudie untersucht Kosovos Integrationsprozess in den Staatenverbund im Kontext der Spezifika des Beitrittsaspiranten, der stockenden EU-Südosterweiterung und der multiplen EU-Krise. Davon ausgehend werden vier Zukunftsszenarien für Kosovos Integrationsverlauf, auch mit Blick auf differenzierte Integrationsoptionen, entwickelt.
Der neueste Geist des Kapitalismus beschreibt das heutige Mobilisierungs- und Rechtfertigungsregime, welches uns immer wieder dazu bringt, unsere Arbeitskraft zu verwerten und uns täglich ins kapitalistische Hamsterrad zu begeben. Der alte Geist des Kapitalismus, nach dem Fleiß, Disziplin und Sparsamkeit zum gesellschaftlichen Aufstieg führen, trägt längst nicht mehr. Auch reine Selbstverwirklichung, der Anspruch auf Flexibilität und flache Hierarchien reicht nicht mehr aus, um insbesondere gut qualifizierte Menschen zur Arbeit zu motivieren. Der neueste Geist des Kapitalismus hingegen ist das Produkt der tiefen Subjektivierung und Verinnerlichung des Neoliberalismus.
Es geht um beständige berufliche und private Optimierung sowie ein umfassendes Nutzendenken. Glücklich zu sein, ist nicht mehr nur eine Option, sondern es gibt den normativen Anspruch, glücklich sein zu sollen. Das Leistungsprinzip wird aktiv bejaht und Leistungsgerechtigkeit eingefordert. Die Bewältigung von Komplexität wird zum Metathema. Der Anspruch auf Distinktion, insbesondere auch gegenüber „Minderleisten“ nimmt zu. Die Welt wird zunehmend durch die Brille von Zahlen und Statistiken betrachtet, und Key Performance Indicators werden zu ständigen Wegbegleitern. Das Leben wird, verstärkt durch die sozialen Netzwerke, zunehmend zu einer performativen Bühne, die zugleich dem Networking dient. In der Konsequenz der beständigen Optimierung wird es jedoch immer schwerer, zur Ruhe zu kommen.
Dieser neueste Geist des Kapitalismus, dieser umfassende Optimierungsanspruch, hat jedoch gravierende Konsequenzen. Zu den manifesten Pathologien des neuesten Geistes gehören gestiegene Raten von Depressionen, Burn-out und Angststörungen. Gesellschaftlich spreizt sich die soziale Schere immer mehr anhand der Fähigkeit, Komplexität bewältigen zu können, was viele Verlierer und prekäre Gewinner produziert. Daher wird dieser neueste Geist des Kapitalismus sozialkritisch, künstlerkritisch und ideologiekritisch hinterfragt. Die Rolle der Gewerkschaften als der Zentralinstitution der Sozialkritik, die ein tatsächliches Gegengewicht zum neuesten Geist des Kapitalismus bieten kann, wird kontrovers diskutiert. Und es wird aufgezeigt: chillen ist die neue Subversion.
Der organisierte Fall
(2018)
Stefanie Büchner untersucht in ihrer qualitativ-explorativen Studie die Fallbearbeitung in drei Jugendämtern. Sie zeigt, dass sich die Bearbeitung von Fällen nur unzureichend verstehen lässt, wenn man Organisationen primär als Rahmen begreift oder auf ihre formale Logik reduziert. Vielmehr strukturieren Organisationen als soziale Systeme Fallbearbeitung modular. Fünf Module der Strukturierung stehen im Zentrum der Untersuchung: Wie werden Fälle arbeitsteilig bearbeitet und wie schlägt sich Organisation in der Zusammenarbeit mit Klientinnen und Klienten nieder? Wie lässt sich die unterschiedliche Relevanz von Standards beschreiben? Worin besteht die Herausforderung für Jugendämter, Hilfe und Eingriff zu verantworten und was dokumentiert sich in Dokumentation? Für die Beantwortung dieser Fragen plädiert die Autorin für ein komplexes, allgemeines und spezifisches Verständnis von Organisationen im Feld sozialer Hilfe.
August Boeckh (1785–1867) verfügte über eine umfangreiche private Büchersammlung mit einem beeindruckenden Facettenreichtum. Diese spiegelt Boeckhs Philologiebegriff wider, der sämtliche Lebensbereiche umfasste, und ermöglicht durch die in seinen Büchern hinterlassenen Marginalien einen gut nachvollziehbaren Einblick in den wissenschaftlichen Arbeitsprozess des Philologen.
Aufbauend auf der rekonstruierten Boeckhschen Bibliothek blickt Julia Doborosky auf die Auseinandersetzung zwischen Boeckh und seinem Kritiker Gottfried Hermann um die Ausgestaltung der philologischen Disziplin, das wissenschaftliche Werk Boeckhs selbst und auf seine Interaktion innerhalb eines wissenschaftlich-institutionellen Netzwerks. Anhand dieser drei Säulen zeigt sie die unterschiedlichen Modalitäten auf, in denen Boeckh seinen Philologiebegriff entwickelte, darlegte und zur Anwendung brachte – und wie hierbei seine Büchersammlung als greifbares Zeugnis einer geisteswissenschaftlichen Ideen- und Disziplingeschichte stets präsent ist.
Ausgangspunkt meiner Forschungsarbeit war der Umstand, dass Forschungsbezüge, die im subjektwissenschaftlichen Sinne dezidiert vom Standpunkt der Lernenden ausgehen, bis dato im Rahmen der Schulentwicklungsforschung erheblich unterrepräsentiert waren und sind. Im Wesentlichen waren es zu Beginn der Forschungstätigkeit Untersuchungen, die die Schülerperspektive im Rahmen eines vorbestimmten schulorganisatorischen Settings als erkenntnisleitendes Interesse verfolgten. Zinnecker (2005) sprach von einer Schulentwicklung "ohne Schüler". Forschungsanlagen, die gewählten Forschungsmethoden, Muster, mit denen die Forschenden die gewonnen Daten interpretierten, waren etwa weitgehend von Funktionalität mit Bezug auf die institutionellen Erwartungen bzw. Anforderungen geprägt.
Die hier vorgelegte Dissertation basiert auf 12 Texten, die ich aus meinen bisherigen Veröffentlichungen ausgewählt und im Rahmen eines einführenden Textes, als ein aufeinander aufbauendes Forschungsprogramm dargestellt habe. Im Kern ging und geht es mir darum, mit dem Subjektstandpunkt als Forschungsperspektive, die Schulentwicklungsforschung substantiell zu ergänzen. Mein Forschungsansatz zielt auf verschiedene Ebenen der Forschung: auf eine kategoriale Ebene, auf eine konzeptionelle Ebene und auf die Ebene praxisrelevanter Fragestellungen.
Wie stark eine Person in ihrer alltäglichen Umgebung auf Anzahlen achtet (Spontane Fokussierung auf Anzahligkeit, kurz SFON) ist individuell sehr unterschiedlich. Zwar liegen bereits hinreichende Belege für einen Zusammenhang zwischen SFON und Zählfertigkeiten, Subitizing und basalen sowie höheren arithmetischen Fertigkeiten im Kindergarten und der frühen Grundschulzeit vor, die Einordnung der relativen Bedeutsamkeit von SFON gegenüber bereits bekannten und gut belegten Prädiktoren fehlt jedoch. Daneben lag der bisherige Schwerpunkt vorrangig auf Zählfertigkeiten. Offen bleiben die Kompetenzen des Kindes in der Mengenerfassung und -verarbeitung sowie die bereits im Vorschulalter vorhandene Kenntnis arabischer Ziffern.
Die Daten dieser Arbeit wurden im Rahmen einer großen epidemiologischen Studie (SCHUES) erhoben. Eine Stichprobe von 1868 Kindergartenkindern (964 Jungen und 904 Mädchen) konnte zwölf Monate vor ihrem Schuleintritt erstmalig untersucht werden. Die Kinder waren hier im Mittel 63 Monate alt. 1704 Kinder konnten erneut rund neun Monate später (im Mittel drei Monate vor Schulbeginn) getestet werden. Das mittlere Alter der Kinder lag bei 72 Monaten. Die erfassten numerisch-mathematischen Fertigkeiten lassen sich in drei Teilbereiche gliedern: Zählfertigkeiten, Ziffernkenntnis und Rechnen/Mengenerfassung. Daneben wurden SFON, die nonverbale und verbale Intelligenz, die phonologische Schleife, der visuell-räumliche Notizblock sowie die zentrale Exekutive und die Aufmerksamkeit zu beiden Messzeitpunkten erhoben.
Die SFON-Tendenz zeigte eine mäßige, numerisch-mathematische Fertigkeiten eine mäßige bis hohe Stabilität über die Zeit. Der an bisher deutlich kleineren Stichproben gefundene Zusammenhang zwischen der SFON-Tendenz und den numerisch-mathematischen Fertigkeiten konnte in der vorliegenden Arbeit repliziert werden. Eine Vorhersage auffälliger als auch sehr guter numerisch-mathematischer Leistungen gelang jedoch weder quer- noch längsschnittlich mit ausreichend hoher Genauigkeit. Auch der bereits in der Literatur beschriebene reziproke Zusammenhang zwischen SFON und numerisch-mathematischen Fertigkeiten konnte durch die vorliegende Arbeit an einer großen Stichprobe repliziert werden. Darüber hinaus wurden Hinweise auf die kausale Struktur des Zusammenhangs gewonnen: Die Ergebnisse zeigten, dass numerisch-mathematische Fertigkeiten SFON besser vorhersagen konnten als andersherum. Die Ergebnisse der Pfadanalysen zeigten weiterhin, dass SFON neben den bedeutsamen Konstrukten des Arbeitsgedächtnisses, der Intelligenz und der Aufmerksamkeit einen eigenständigen Beitrag für die Entwicklung numerischer als auch mathematischer Fertigkeiten leistet. Auch auf die weitere numerische und mathematische Entwicklung bis kurz vor Schuleintritt hat SFON einen bedeutsamen Einfluss. Dieser vollzieht sich jedoch indirekt über das numerisch-mathematische Vorwissen.
Im historischen Zentrum der mittelalterlichen Stadt Capua hat sich mit den drei Kirchen S. Salvatore „Maggiore“ a Corte, S. Giovanni a Corte und S. Michele a Corte eine Gruppe von Sakralbauten erhalten, die nicht nur durch ihre übereinstimmende namentliche Attribution einen Zusammenhang mit dem langobardischen Fürstenhof der Stadt offenbaren, sondern auch durch die räumliche Disposition im urbanistischen Gefüge. Im vorliegenden Buch wird die überkommene Bausubstanz einer grundlegenden Analyse unterzogen, um herauszuarbeiten, welche Bestandteile den ältesten Bauphasen zuzuordnen sind und somit als langobardenzeitlich angesprochen werden können. Eine ausführliche Untersuchung der zugehörigen Bauplastik ergänzt gleichwertig diesen ersten Teil. Die Kontextualisierung der Ergebnisse hilft dabei, ein Bild von der Kunst und Architektur des in Süditalien an Monumenten eher armen 10. Jahrhunderts zu generieren und erlaubt Rückschlüsse auf den geistigen Hintergrund, vor dem die drei Hofkirchen entstanden sind.
Die Norminterdependenzen des Grunderwerbsteuergesetzes bei Umstrukturierungen inländischer Konzerne
(2018)
Die Präsenz der Dinge
(2018)
Menschenähnliche Dinge fordern uns in besonderem Maße heraus. Sie lösen Gefühle und Imaginationen aus, sie beeinflussen unsere Körperhaltung und unsere Mimik. Woher rühren unsere bisweilen starken Reaktionen auf anthropomorphe Artefakte? Warum neigen wir dazu, sie wider besseres Wissen zu verlebendigen? Jana Scholz fragt erstmals gezielt nach der Agency künstlerischer Artefakte in menschlicher Gestalt. Anhand dreier Beispiele aus Fotografie, Mode und Literatur lotet sie das Verhältnis zwischen materiell-visueller Inszenierung und ästhetischer Wahrnehmung aus. Dabei werden neue Sichtweisen auf die Beziehungen von Dingen und Menschen eröffnet – in einer Zeit, in der diese zunehmend undurchdringlich scheinen.
Junge Menschen werden im Ordnungswidrigkeitenrecht in erster Linie wie Erwachsene behandelt. Begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit, so erhalten sie einen Bußgeldbescheid und werden mit Geldbuße geahndet. Dies verwundert zunächst, denkt man an das ausdifferenzierte System der jugendstrafrechtlichen Sanktionen. Dahinter steckt jedoch die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsanwendung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Bei näherem Hinsehen entdeckt man aber, dass der Gesetzgeber dem Rechtsanwender durch die Hintertür des Vollstreckungsrechts doch jugendgemäße Sanktionen an die Hand gibt. Ausgehend von diesen Eigentümlichkeiten des Ordnungswidrigkeitenrechts arbeitet die Untersuchung umfassend auf, mit welchen Sanktionen junge Menschen im Ordnungswidrigkeitenrecht konfrontiert werden und ob dies verfassungsrechtlich beanstandungsfrei ist. Die Arbeit plädiert schließlich dafür, das Ordnungswidrigkeitenrecht jugendgemäß weiterzuentwickeln und zeigt hierfür Ansätze auf.
Die Gesundheit unserer Jugend ist seit je ein gesellschaftspolitisches Primat und verdient die grösstmögliche Beachtung. Ein Teilbereich, nämlich Bewegung und Sport, ist in der Schweiz auch aus diesem Grund verfassungsmässig geregelt. Sämtliche Volksschulen müssen bis ins neunte Schuljahr pro Woche drei Lektionen Bewegung und Sport anbieten.. Als einziges Schulfach geniesst Bewegung und Sport diesen bundesgesetzlichen Support im sonst streng föderalistisch organisierten Bildungssystem der Schweiz. Trotz diesen drei verordneten Sportlektionen ist die physische Leistungsfähigkeit unserer Jugend einhergehend mit gesundheitlichen Parametern seit 1985 rückläufig und seit ein paar Jahren auf tiefem Niveau stagnierend. Zudem berichten Lehrpersonen über sinkende Konzentrationsfähigkeit in den letzten Jahren. Um eine flächendeckende Verbesserung der Situation zu bewirken, bietet sich die Schule als zentraler Ort der Einflussnahme an. Dies gilt im Besonderen für den Bereich Bewegung und Sport. Im Jahr 2005 wurde das Programm einer täglichen Bewegungs- und Sportstunde an der Primarschule in Luzern/Schweiz gestartet. Nach einem kontinuierlichen Ausbau kamen ab 2011 etwas über 1300 Kinder von der ersten bis zur sechsten Klasse in den Genuss dieser täglichen Bewegungslektion. Die wissenschaftlichen Untersuchungen in den drei gesellschaftlich hoch relevanten Bereichen der Konzentrationsfähigkeit, des Übergewichts und der Gleichgewichtsfähigkeit ergaben positive Resultate. So konnte die Konzentrationsfähigkeit – die Basis für erfolgreiches Lernen – signifikant gesteigert werden und teilweise signifikant war die Verbesserung des statischen Gleichgewichts. Ein positiver Trend zeigte sich auch bei der Senkung des Body-Mass-Indexes bei Knaben. Dies konnte bei den Mädchen nicht nachgewiesen werden. Auch wenn nicht alle Hypothesen vollumfänglich bestätigt werden konnten, gilt es festzuhalten, dass das Projekt der täglichen Sport- und Bewegungsstunde die Erwartungen in allen drei Messbereichen erfüllt hat und die Verbesserungen hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit, des Übergewichts und der Gleichgewichtsfähigkeit mehrheitlich ausgewiesen werden können. Es lohnt sich also, die tägliche Sport- und Bewegungsstunde an der Primarschule einzuführen und den Präventionsgedanken auch Taten folgen zu lassen.
Das Werk unternimmt eine erstmalige zusammenfassende Darstellung der Umsatzbesteuerung von Energieleistungen sowie deren mehrwertsteuerrechtlichen Beurteilung unter besonderer Berücksichtigung aktueller Probleme und Zweifelsfragen. Hierfür werden Problembereiche grundlegend und rechtsdogmatisch beleuchtet. Ziel der Arbeit ist es, die wesentlichen Geschäftspraktiken im Energiesektor einer mehrwertsteuerrechtlichen Analyse zu unterwerfen, die stets das unionsrechtliche Mehrwertsteuerrecht und das nationale Umsatzsteuerrecht betrachtet. Es wird untersucht, ob und inwieweit die gegenwärtigen Vorschriften zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Energieleistungen mit dem europäischen Unionsrecht vereinbar, praxistauglich und angemessen sind. Im Lichte der unaufhaltsam voranschreitenden Energiewende will die vorliegende Untersuchung einen systemimmanenten Überblick der energierechtlichen Implikationen auf das Mehrwertsteuerrecht in einem einheitlichen mehrwertsteuerrechtlichen Gesamtkontext geben.
Eine Vergabesperre ist der längerfristige Ausschluss eines Unternehmens von der öffentlichen Auftragsvergabe. Sie geht damit in ihrer Intensität deutlich über den Einzelfallausschluss hinaus und kann für die betroffenen Unternehmen gegebenenfalls sogar existenzbedrohend sein. Obwohl die Verhängung von Vergabesperren seit langem praktiziert wird, hat sie auch im Zuge der Vergaberechtsreform im Jahr 2016 keine eindeutige Regelung erfahren. Diese Arbeit untersucht daher die rechtliche Zulässigkeit solcher Vergabesperren.
Die öffentliche Auftragsvergabe, die originär lediglich Beschaffungszwecken dient, wird seit einigen Jahren verstärkt zur Verfolgung anderer, häufig politischer Ziele eingesetzt. Schwerpunkt der Arbeit ist daher die Frage, ob eine Vergabesperre zur Verfolgung solcher öffentlicher Zwecke verhängt werden darf, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zur Auftragsvergabe aufweisen. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Einsatz der Vergabesperre als Sanktionsmittel.
Die Nutzung sozialer Netzwerke ist für viele Menschen nicht mehr aus ihrem Alltag wegzudenken. Dies zeigt sich insbesondere an den Nutzerzahlen. Facebook hat beispielsweise mittlerweile mehr als 2,2 Milliarden Nutzer. Zu den wesentlichen Funktionen der sozialen Netzwerke gehört das Teilen von nutzergenerierten Inhalten, die beispielsweise als Fotos oder Videos dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes unterfallen können.
Um diese geschützten Inhalte darstellen und verbreiten zu können, benötigen die sozialen Netzwerke die entsprechenden Nutzungsrechte ihrer Nutzer. Daher finden sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschiedene Regelungen über die Einräumung der Rechte, die von den Nutzern in den allermeisten Fällen jedoch im Zuge der Registrierung ungelesen akzeptiert werden.
Im Rahmen der Untersuchung wird geprüft, ob eine Nutzungsrechtseinräumung an den urheberrechtlich geschützten Inhalten der Nutzer durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der sozialen Netzwerke wirksam ist. Hierfür ist insbesondere entscheidend, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum fehlenden Leitbildcharakter des Übertragungszweckgrundsatzes einer Inhaltskontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der sozialen Netzwerke entgegensteht, oder, ob dieser als Maßstab für die Inhaltskontrolle herangezogen werden kann.
Um die gegenwärtige Transformation der Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter erfassen zu können, ist in der Öffentlichkeitstheorie eine erweiterte Perspektive notwendig, die nicht nur den massenmedialen Diskurs, sondern auch die Veränderung sozialer Praktiken und institutioneller Strukturen in den Blick nimmt. Das Ziel dieses Buches besteht darin, die Grundlagen einer solchen Perspektive auf die Theorie digitaler Öffentlichkeiten zu entwickeln. Im vorgeschlagenen Ansatz wird Öffentlichkeit im Anschluss an John Dewey als Prozess verstanden. In seiner prozessualen und funktionalen Bestimmung von Öffentlichkeit liegt eine besondere Originalität, die seinen Ansatz von anderen Öffentlichkeitskonzeptionen unterscheidet. Das Buch liefert sowohl eine systematische Rekonstruktion und Interpretation der Philosophie John Deweys als auch einen Vorschlag zur gesellschaftstheoretischen Deutung des digitalen Wandels.
Grenzüberschreitende, internetbasierte Dienstleistungen werfen zahlreiche steuerrechtliche Probleme auf. Die Grundfrage lautet, wie im digitalen Zeitalter das Besteuerungssubstrat zwischen den beteiligten Staaten idealerweise aufzuteilen ist. Die Umsatzsteuer ist strukturell geeignet, die fortschreitende Digitalisierung rechtlich in den Griff zu bekommen. Bislang fehlen jedoch technische Lösungsansätze, um den Ansässigkeitsort von Dienstleistungsempfängern zweifelsfrei feststellen zu können. Für die Ertragsteuer sind betriebsstättengebundene und betriebsstättenlose Lösungskonzepte zu analysieren. Die betriebsstättengebundenen Optionen knüpfen an einen digitalen Nexus an, z.B. Webseitenklicks. Zu den betriebsstättenlosen Entwürfen zählt u.a. eine Quellensteuer auf digitale Transaktionen. Durchsetzen dürfte sich die formelhafte Gewinnaufteilung. Ihr gelingt durch eine starre Aufteilung der Gewinne eine realitätsnahe Abbildung der grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten.
Direkte Arylierung
(2018)
Wandlungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Systems, proaktiv oder reaktiv Maßnahmen für die Modifikation seiner Eigenschaften schnell und effizient zu entwickeln, umzusetzen und anzuwenden sowie sich proaktiv darauf vorzubereiten, inaktiv zu sein und passiv Einwirkungen aus der Umwelt zu tolerieren. Die Eigenschaften wandlungsfähiger Systeme werden häufig als Indikatoren (z.B. Modularität, Wissen) verwendet. Dabei existiert eine Vielzahl potenzieller Indikatoren, deren jeweilige Relevanz jedoch ungeklärt ist. Hier setzt die Zielstellung der vorliegenden Arbeit an. Das Erkenntnisziel ist die Erklärung der Wandlungsfähigkeit sozio-technischer Systeme. Zu diesem Zweck wird ein Erklärungsmodell der indikatorbasierten Wandlungsfähigkeit erstellt, das zum Nachweis von Wandlungsfähigkeit, zur Bewertung dieser sowie zur Systemanalyse genutzt werden kann. Weiterhin wird exemplarisch eine positive Korrelation von Wandlungsfähigkeit und Schnelligkeit sowie Effizienz bei Veränderungsprojekten nachgewiesen.