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Üblicherweise vermeiden deutsche Parteien Kampfkandidaturen um den Vorsitz. Dennoch kam es auf dem Mannheimer SPD-Parteitag 1995 zu einer unerwarteten offenen Konkurrenz um das Spitzenamt. Das unbeabsichtigte Scheitern der Inszenierung der „Geschlossenheit“ der Partei führte zum Ausbruch der bis dahin unterdrückten Kämpfe um den Parteivorsitz. Der Mannheimer Parteitag steht exemplarisch für den Zusammenhang zwischen Inszenierung, Disziplin und den informellen Regeln innerparteilicher Machtkonstruktion. Am Beispiel dieses Parteitages zeigt die vorliegende Arbeit, wie umstrittenen Parteivorsitzenden sich gegen Widerstände im Amt behaupten können bzw. woran diese Strategie scheitern kann. Aus figurationstheoretischer Perspektive wird die Inszenierung als Notwendigkeit medienvermittelter Parteienkonkurrenz um Wählerstimmen gefasst. Inszenierung erfordert Selbstdisziplin und das koordinierte Handeln der Parteimitglieder. Innerparteilich wird so wechselseitige Abhängigkeit erzeugt. Diese wird gesteigert durch die Medien-Konzentration auf wenige Spitzenpolitiker. Die Mehrheit der Mandatsträger und Funktionäre ist angewiesen auf das medienwirksame Auftreten der Führung. Für den Medienerfolg braucht die Führung ihrerseits die Unterstützung der Mitglieder. Diese wechselseitige Abhängigkeit erzeugt sowohl typische Relevanzen als auch Möglichkeiten, die jeweils andere Interessengruppe unter Zugzwang zu setzen. Imageprobleme des Vorsitzenden sind als verletzte Erwartungen Anlass für innerparteiliche Machtkämpfe, in denen die Parteiführung insbesondere die Inszenierung der „Geschlossenheit“ nutzen kann, um offene Personaldiskussionen zu verhindern. Da Handlungsoptionen und -grenzen durch das Handeln der Akteure immer wieder neu geschaffen werden, besteht stets das Risiko des Scheiterns innerparteilicher Disziplinierung. Mit dem Nachvollzug von Disziplinierung und den Gründen ihrer Kontingenz versteht sich die vorliegende Arbeit als Beitrag zu einer Theorie informeller Machtregeln in Organisationen mit schwach ausgeprägten Herrschaftsstrukturen. Im ersten Teil der Arbeit wird der Zusammenhang zwischen Inszenierung und Macht durch die Konzepte Theatralität und Figuration entwickelt. Im zweiten Teil werden typische Konstellationen der gegenwärtigen parlamentarischen Demokratie auf typische beziehungsvermittelte Situationsdeutungen, Handlungsmöglichkeiten und -grenzen untersucht. Im dritten Teil wird der kontingente Prozess des innerparteilichen Machtkampfes am Beispiel des Mannheimer Parteitages 1995 nachvollzogen.
Aufstiege aus der Mittelschicht : soziale Aufstiegsmobilität von Haushalten zwischen 1984 und 2010
(2012)
Die Dissertation widmet sich den intragenerationalen Aufstiegsprozessen von Haushalten aus der Mittelschicht zu den Wohlhabenden. Intragenerationale Mobilitätsforschung wird bislang vor allem als arbeitsmarktbezogene Inidivualmobilität angesehen. Diese Dissertation erweitert den Ansatz auf die Ebene des Haushaltes. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die soziale Position eines Individuums nicht allein durch sein Erwerbseinkommen determiniert wird. Ebenso entscheidend ist der Kontext des Haushaltes. Dieser bestimmt darüber, wie viele Personen zum Einkommen beitragen können und wie viele daran partizipieren. Weiterhin kommt der Haushaltsebene in Paar-Haushalten die Rolle des Aushandlungsortes zu. Hier wird über Familienplanung, Kinderwunsch und damit in Zusammenhang stehend auch über die Erwerbsbeteiligung der Partner entscheiden. Die vorliegende Dissertation untersucht diese Annahmen mithilfe von Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) der Jahre 1984 bis 2010. Der Fokus liegt auf der Erwerbsbeteiligung und dem Bildungsniveau des Haushaltes, seiner Struktur, sowie dem Beruf des Haushaltsvorstandes. Es wird davon ausgegangen, dass dies die Hauptfaktoren sind, die über die finanziellen Möglichkeiten eines Haushaltes entscheiden. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Berücksichtigung des historischen Kontextes, da anzunehmen ist, dass die oben benannten Faktoren sich und ihren Einfluss auf die Aufstiegsmöglichkeiten von Haushalten im historischen Verlauf verändert haben.
Die vorliegende Arbeit enthält eine statistische Analyse der Gesamtheit öffentlicher Unternehmen in Deutschland und ihrer wirtschaftlichen Lage. Für diese Untersuchung stand eine Datenbank für etwa 9000 öffentliche Unternehmen mit knapp 500 Merkmalen zur Verfügung, die im Wesentlichen den Posten der Jahresabschlüsse und verschiedenen Identifikationsmerkmalen (wie u. a. Unternehmenssitz, Wirtschaftszweig und Rechtsform) entsprechen. Die Analyse umfasst den Zeitraum von 1998 bis 2006. Die extrem umfangreiche Datengrundlage – Jahresabschlussstatistiken öffentlicher Unternehmen – ist für einen Statistiker eine große Versuchung. In der Arbeit wurden Methoden der beschreibenden Statistik und der Jahresabschlussanalyse mit Bilanzkennzahlen angewandt. Vor allem in den letzten zwanzig Jahren wurde die Entwicklung der Gesamtheit öffentlicher Unternehmen durch Wandelprozesse geprägt und von Diskussionen über ihre Leistungsfähigkeit begleitet. Die Dynamik der Gesamtheit öffentlicher Unternehmen zeigt sich v. a. an der Vielfalt ihrer Aufgabenbereiche und Organisationsformen. Daher wurde in dieser Arbeit versucht, zunächst eine Bestandsaufnahme des öffentlichen Unternehmensbereichs durchzuführen. Ein weiteres Ziel war die Beschreibung der Wirtschaftslage öffentlicher Unternehmen im letzten Jahrzehnt, wobei ihre Leistungsfähigkeit in den Vordergrund gestellt wird. Die Leistungsfähigkeit öffentlicher Unternehmen nur über die betriebswirtschaftliche Effizienz zu messen, ist gewiss einseitig und nicht ausreichend. Diese ließ sich aber im Vergleich zur volkswirtschaftlichen oder sozialen Effizienz leichter operationalisieren: Die betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien können gut aus den Jahresabschlüssen abgeleitet werden. Dadurch wird auch ein Vergleich mit privaten Unternehmen in gewissen Grenzen möglich. Die Beschreibung der Wirtschaftslage öffentlicher Unternehmen wurde als Analyse ihrer einzelnen Teillagen (Vermögens-, Finanz- und Ertragslage) strukturiert. Insgesamt unterstreicht die Analyse der Teillagen die enge Verflechtung zwischen öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Haushalten. Die vorliegende Untersuchung soll die Forschung auf dem Gebiet der datengetriebenen Statistik, die im Universitätsbereich in letzten Jahren im Vergleich zur modellgetriebenen Statistik oft vernachlässigt wurde, ausweiten.