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Zellbasierte heterologe Expressionssysteme bieten ein einfaches und schnelles Verfahren, um neue Süßstoffe oder Süßverstärker zu finden. Unter Verwendung eines solchen Testsystems, konnte ich in Zusammenarbeit mit der Symrise AG, Holzminden und dem Institut für Pflanzenbiochemie in Halle/Saale die vietnamesische Pflanze Mycetia balansae als Quelle eines neuen Süßstoffs identifizieren. Deren Hauptkomponenten, genannt Balansine, aktivieren spezifisch den humanen Süßrezeptor. Chimäre Rezeptoren zeigten, dass die amino-terminalen Domänen der Süßrezeptoruntereinheiten, welche ein Großteil der Liganden des Süßrezeptors binden, für dessen Aktivierung durch Balansin A nicht notwendig sind.
Voraussetzung für die Anwendung zellbasierter Testsysteme zum Auffinden neuer Süßstoffe ist jedoch, dass süße Substanzen gesichert identifiziert werden, während nicht süße Substanzen zuverlässig keine Rezeptoraktivierung aufweisen. Während in HEK293 TAS1R2 TAS1R3To Galpha15i3-Zellen Süßrezeptoraktivierung gegenüber nicht süß schmeckenden Substanzen beobachtet wurde, konnte mit den HEK293PEAKrapid Galpha15-Zellen ein zuverlässiges Testsystem identifiziert, welches den Süßgeschmack der untersuchten Substanzen widerspiegelte.
Es fanden sich keine Hinweise, dass akzessorische Proteine oder verwandte Rezeptoren des Süßrezeptors das unterschiedliche Verhalten der Zellen verursachen. Es konnte gezeigt werden, dass die Verwendung unterschiedlicher G-Proteine die Signalamplituden des Süßrezeptors beeinflusst, die Unterschiede zwischen den Zellsystemen jedoch nicht vollständig erklärt. Keine der untersuchten Galpha-Proteinchimären spiegelte die intrinsische Süße der Substanzen wider.
Wenn auch nicht ursächlich für die Diskrepanz zwischen Süßrezeptoraktivierung in vitro und Süßgeschmack in vivo, so weisen die Ergebnisse dieser Arbeit auf eine Interaktion der Süßrezeptoruntereinheiten mit dem humanen Calcium-sensing Rezeptor hin. Vanillin und Ethylvanillin konnten als neue Agonisten des Calcium-sensing Rezeptors identifiziert werden.
Wie die vorliegende Arbeit zeigt, können sich kleine Unterschiede im Zellhintergrund deutlich auf die Funktionsweise heterolog exprimierter Rezeptoren auswirken. Dies zeigt wie wichtig die Wahl der Zellen für solche Screeningsysteme ist.
Das Metabolische Syndrom stellt eine Kombination verschiedener metabolischer Anomalien in einem Individuum dar. Starkes Übergewicht gilt als maßgebende Größe in der Genese des Syndroms, welches mit einem enormen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einhergeht. Um die stark steigende Prävalenz des Metabolischen Syndroms einzudämmen, sind dringend Konzepte für die Behandlung, vor allem jedoch für die Prävention von Übergewicht erforderlich. Einen wichtigen Beitrag leisten diesbezüglich Ballaststoffe in der Ernährung. Sie tragen auf unterschiedlichen Wegen zur Gewichtskontrolle bei und beeinflussen zudem verschiedene mit dem Metabolischen Syndrom assoziierte Blutparameter. Ebenso werden protektive Effekte von Polyphenolen, welche zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe zählen, beschrieben. Diese wirken u. a. auf den Glukose- sowie den Insulinhaushalt und greifen darüber hinaus in die Regulation der Fettverbrennung sowie des Energieverbrauches ein. Die Kombination beider Substanzgruppen verspricht bedeutendes gesundheitsförderndes Potential; dieses wurde gegenwärtig jedoch kaum untersucht. Carobballaststoff ist ein polyphenolreicher und vorwiegend unlöslicher Extrakt der Frucht des Johannisbrotbaumes (Ceratonia siliqua L). Bislang publizierte Studien zur physiologischen Wirksamkeit dieses Ballaststoffpräparates weisen sowohl beim Tier als auch beim Menschen bemerkenswerte hypocholesterinämische Eigenschaften nach. Inwiefern sich der Verzehr des Carobballaststoffes ebenso auf die Entwicklung von Übergewicht sowie anderen Messgrößen des Metabolischen Syndroms auswirkt, ist allerdings nicht bekannt. Die Zielstellung der Promotionsarbeit bestand darin, die postprandialen Wirkungen des Carobballaststoffverzehrs mit Hilfe einer Humanstudie aufzuzeigen. In die randomisierten, einfach verblindeten Untersuchungen im cross-over-Design wurden 20 gesunde Erwachsene im Alter zwischen 22 und 62 Jahren eingeschlossen. Unter Verwendung variierender Begleitmahlzeiten wurden die postprandialen Effekte verschiedener Mengen des Carobballaststoffes untersucht. Hierbei standen die Veränderungen der Plasmakonzentrationen von Glukose, Triglyceriden (TG), totalem und acyliertem Ghrelin sowie der Serumkonzentrationen von Insulin und nicht-veresterten Fettsäuren (NEFA) im Mittelpunkt der Betrachtungen. Der Verzehr des Carobballaststoffes in Kombination mit 200 ml Wasser und 50 g Glukose erhöhte die postprandialen Glukose- und Insulinkonzentrationen gegenüber der Glukoselösung ohne Ballaststoffzusatz. In Kombination mit 400 ml einer Flüssigmahlzeit verzehrt, senkte Carobballaststoff die postprandialen TG-, NEFA- und Ghrelin- (acyliert) Antworten. Die Untersuchung des respiratorischen Quotienten nach Zusatz von Carobballaststoff zur Flüssigmahlzeit mittels indirekter Respirationskalorimetrie bekräftigte die bereits bekannten Effekte auf den Lipidmetabolismus und wies zudem eine Steigerung der Fettverwertung unter Verminderung der Glukoseoxidation nach. Wurde Carobballaststoff schließlich in Lebensmittel eingebracht, sanken nach dem Verzehr dieser Lebensmittel erneut die postprandialen Konzentrationen an TG und NEFA. Gleichzeitig erhöhten sich die Glukose-, Insulin- sowie Ghrelin- (acyliert) Antworten. Carobballaststoff löst in Abhängigkeit von der jeweils verzehrten Begleitmatrix unterschiedliche Effekte aus. Das Präparat weist beachtliche Wirkungen auf die Blutlipide sowie den Energieverbrauch auf, hat indes ungünstige Wirkungen auf die Blutglukose, sofern er in Kombination mit einer veränderten Nährstoffmatrix aufgenommen wird. Carobballaststoff besitzt starkes gesundheitsförderndes Potential; jedoch sind weitere Studien notwendig, um seine Wirkungen sowie deren Voraussetzungen besser zu verstehen. Ferner sollten Untersuchungen über einen längeren Zeitraum vorgenommen werden, um die langfristige Relevanz der gewonnenen Ergebnisse darzulegen. Danach stellt die Anreicherung spezieller Lebensmittel mit Carobballaststoff einen geeigneten Weg dar, um von den viel versprechenden protektiven Wirkungen des Präparates zu profitieren.
Die allergische Kontaktdermatitis ist eine immunologisch bedingte Hauterkrankung mit insbesondere in den westlichen Industrienationen hoher und weiter ansteigender Prävalenz. Es handelt sich hierbei um eine Hypersensitivitätsreaktion vom Typ IV, die sich nach Allergenkontakt durch Juckreiz, Rötung, Bläschenbildung und Abschälung der Haut äußert. Zahlreiche Xenobiotika besitzen das Potenzial, Kontaktallergien auszulösen, darunter Konservierungsstoffe, Medikamente, Duftstoffe und Chemikalien. Die wirksamste Maßnahme zur Eindämmung der Erkrankung ist die Expositionsprophylaxe, also die Vermeidung des Kontakts mit den entsprechenden Substanzen. Dies wiederum setzt die Kenntnis des jeweiligen sensibilisierenden Potenzials einer Substanz voraus, dessen Bestimmung aus diesem Grund eine hohe toxikologische Relevanz besitzt. Zu diesem Zweck existieren von der OECD veröffentlichte Testleitlinien, welche auf entsprechend validierten Testmethoden basieren. Goldstandard bei der Prüfung auf hautsensibilisierendes Potenzial war über lange Zeit der murine Lokale Lymphknotentest. Seit der 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie, welche Tierversuche für Kosmetika und deren Inhaltsstoffe untersagt, wurden vermehrt Alternativmethoden in die OECD-Testleitlinien implementiert.. Die bestehenden in vitro Methoden sind jedoch alleinstehend nur begrenzt aussagekräftig, da sie lediglich singuläre Mechanismen bei der Entstehung einer Kontaktallergie abbilden. Die Entwicklung von Testmethoden, welche mehrere dieser Schlüsselereignisse berücksichtigen, erscheint daher richtungsweisend. Einen vielversprechenden Ansatz liefert hierbei der Loose-fit coculture-based sensitisation assay (LCSA), welcher eine Kokultur aus primären Keratinozyten und PBMC darstellt. Bei der Kokultivierung von Immunzellen mit anderen Zelltypen stellt sich allerdings die Frage, inwiefern die Nutzung von Zellen derselben Spender*innen (autologe Kokultur) bzw. verschiedener Spender*innen (allogene Kokultur) einen Einfluss nimmt. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen dieser Arbeit Hautzellen spenderspezifisch aus gezupften Haarfollikeln isoliert und der LCSA mit den generierten HFDK in autologen und allogenen Ansätzen verglichen. Zusätzlich wurde auch ein Vergleich zwischen der Nutzung von HFDK und NHK, welche aus humaner Vorhaut isoliert wurden, im LCSA durchgeführt. Dabei ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen autologen und allogenen Kokulturen bzw. zwischen der Verwendung von HFDK und NHK. Die Verwendung allogener Zellen aus anonymem Spendermaterial sowie die Nutzung von Keratinozyten aus unterschiedlichen Quellen scheint im Rahmen des LCSA problemlos möglich. Einige der getesteten Kontaktallergene, darunter DNCB und NiCl2, erwiesen sich im LCSA jedoch als problematisch und konnten nicht zufriedenstellend als sensibilisierend detektiert werden. Daher wurde eine Optimierung der Kokultur durch Verwendung ex vivo differenzierter Langerhans Zellen (MoLC) angestrebt, welche ein besseres Modell primärer epidermaler Langerhans Zellen darstellen als die dendritischen Zellen aus dem LCSA. Zusätzlich wurden weitere, den Erfolg der Kokultur beeinflussende Faktoren, wie die Art und Zusammensetzung des Mediums und die Kokultivierungsdauer, untersucht und angepasst. Das schlussendlich etablierte Kokultivierungsprotokoll führte zu einer maßgeblich verstärkten Expression von CD207 (Langerin) auf den MoLC, was auf eine wirkungsvolle Interaktion zwischen Haut- und Immunzellen in der Kokultur hindeutete. Des Weiteren konnten DNCB und NiCl2 im Gegensatz zum LCSA durch Verwendung des kostimulatorischen Moleküls CD86 sowie des Reifungsmarkers CD83 als Ausleseparameter eindeutig als Kontaktallergene identifiziert werden. Die Untersuchungen zur Kokultur von MoLC und HFDK wurden jeweils vergleichend in autologen und allogenen Ansätzen durchgeführt. Ähnlich wie beim LCSA kam es aber auch hier zu keinen signifikanten Unterschieden, weder hinsichtlich der Expression von Charakterisierungs- und Aktivierungsmarkern auf MoLC noch hinsichtlich der Zytokinsekretion in den Zellkulturüberstand. Die Hinweise aus zahlreichen Studien im Mausmodell, dass Zellen des angeborenen Immunsystems zur Erkennung von und Aktivierung durch allogene Zellen bzw. Gewebe in der Lage sind, bestätigten sich im Rahmen dieser Arbeit dementsprechend nicht. Aus diesem Grund wurden abschließend CD4+ T-Lymphozyten, die Effektorzellen des adaptiven Immunsystems, in die Kokultur aus MoLC und autologen bzw. allogenen HFDK integriert. Überraschenderweise traten auch hier keine verstärkten Aktivierungen in allogener Kokultur im Vergleich zur autologen Kokultur auf. Die Nutzung autologer Primärzellen scheint im Rahmen der hier getesteten Methoden nicht notwendig zu sein, was die Validierung von Kokulturen und deren Implementierung in die OECD-Testleitlinien erleichtern dürfte. Zuletzt wurde eine Kokultivierung primärer Haut- und Immunzellen auch im 3D-Vollhautmodell durchgeführt, wobei autologe MoLC in die Epidermisäquivalente entsprechender Modelle integriert werden sollten. Obwohl die erstellten Hautmodelle unter Verwendung autologer Haarfollikel-generierter Keratinozyten und Fibroblasten eine zufriedenstellende Differenzierung und Stratifizierung aufwiesen, gestaltete sich die Inkorporation der MoLC als problematisch und konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht erreicht werden.
Bildung, Verteilung und DNA-Bindung des reaktiven Sulfatesters 1-Sulfooxymethylpyren in der Ratte
(2001)
Durch die Zunahme metabolischer Stoffwechselstörungen und Erkrankungen in der Weltbevölkerung wird in der Medizin und den Lebenswissenschaften vermehrt nach Präventionsstrategien und Ansatzpunkten gesucht, die die Gesundheit fördern, Erkrankungen verhindern helfen und damit auch die Gesamtlast auf die Gesundheitssysteme erleichtern. Ein Ansatzpunkt wird dabei in der Ernährung gesehen, da insbesondere der Konsum von gesättigten Fetten die Gesundheit nachträglich zu beeinflussen scheint. Dabei wird übersehen, dass in vielen Studien Hochfettdiäten nicht ausreichend von den Einflüssen einer zum Bedarf hyperkalorischen Energiezufuhr getrennt werden, sodass die Datenlage zu dem Einfluss von (gesättigten) Fetten auf den Metabolismus bei gleichbleibender Energieaufnahme noch immer unzureichend ist.
In der NUtriGenomic Analysis in Twins-Studie wurden 46 Zwillingspaare (34 monozygot, 12 dizygot) über einen Zeitraum von sechs Wochen mittels einer kohlenhydratreichen, fettarmen Diät nach Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für ihr Ernährungsverhalten standardisiert, ehe sie zu einer kohlenhydratarmen, fettreichen Diät, die insbesondere gesättigte Fette enthielt, für weitere sechs Wochen wechselten. Beide Diäten waren dem individuellen Energiebedarf der Probanden angepasst, um so sowohl akut nach einerWoche als auch längerfristig nach sechs Wochen Änderungen des Metabolismus beobachten zu können, die sich in der vermehrten Aufnahme von (gesättigten) Fetten begründeten.
Die über die detaillierte Charakterisierung der Probanden an den klinischen Untersuchungstagen generierten Datensätze wurden mit statistischen und mathematischen Methoden (z.B. lineare gemischte Modellierung) analysiert, die der Größe der Datensätze und damit ihrem Informationsvolumen angepasst waren.
Es konnte gezeigt werden, dass die metabolisch gesunden und relativ jungen Probanden, die eine gute Compliance zeigten, im Hinblick auf ihren Glukosestoffwechsel adaptieren konnten, indem die Akutantwort nach einer Woche im Nüchterninsulin und dem Index für Insulinresistenz in den weiteren fünf Wochen ausgeglichen wurde.
Der Lipidstoffwechsel in Form der klassischen Marker wie Gesamtcholesterin, LDL und HDL war dagegen stärker beeinflusst und auch nach insgesamt sechs Wochen deutlich erhöht.
Letzteres unterstützt die Beobachtung im Transkriptom des weißen, subkutanen Fettgewebes, bei der eine Aktivierung der über die Toll-like receptors und das Inflammasom vermittelten subklinischen Inflammation beobachtet werden konnte.
Die auftretenden Veränderungen in Konzentration und Komposition des Plasmalipidoms zeigte ebenfalls nur eine teilweise und auf bestimmte Spezies begrenzte Gegenregulation.
Diesbezüglich kann also geschlussfolgert werden, dass auch die isokalorische Aufnahme von (gesättigten) Fetten zu Veränderungen im Metabolismus führt, wobei die Auswirkungen in weiteren (Langzeit-)Studien und Experimenten noch genauer untersucht werden müssen. Insbesondere wäre dabei ein längerer Zeitraum unter isokalorischen Bedingungen von Interesse und die Untersuchung von Probanden mit metabolischer Vorbelastung (z.B. Insulinresistenz).
Darüber hinaus konnte in NUGAT aber ebenfalls gezeigt werden, dass die Nutrigenetik und Nutrigenomik zwei nicht zu vernachlässigende Faktoren darstellen. So zeigten unter anderem die Konzentrationen einiger Lipidspezies eine starke Erblichkeit und Abhängigkeit der Diät.
Zudem legen die Ergebnisse nahe, dass laufende wie geplante Präventionsstrategien und medizinische Behandlungen deutlich stärker den Patienten als Individuum mit einbeziehen müssen, da die Datenanalyse interindividuelle Unterschiede identifizierte und Hinweise lieferte, dass einige Probanden die nachteiligen, metabolischen Auswirkungen einer Hochfettdiät besser ausgleichen konnten als andere.
Der Bittergeschmack warnt den Organismus vor potentiell verdorbener oder giftiger Nahrung und ist somit ein wichtiger Kontrollmechanismus. Die initiale Detektion der zahlreich vorkommenden Bitterstoffe erfolgt bei der Maus durch 35 Bitterrezeptoren (Tas2rs), die sich im Zungengewebe befinden. Die Geschmacksinformation wird anschließend von der Zunge über das periphere (PNS) ins zentrale Nervensystem (ZNS) geleitet, wo deren Verarbeitung stattfindet. Die Verarbeitung der Geschmacksinformation konnte bislang nicht gänzlich aufgeklärt werden. Neue Studien deuten auf eine Expression von Tas2rs auch im PNS und ZNS entlang der Geschmacksbahn hin. Über Vorkommen und Aufgaben dieser Rezeptoren bzw. Rezeptorzellen im Nervensystem ist bislang wenig bekannt.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Tas2r-Expression in verschiedenen Mausmodellen untersucht, Tas2r-exprimierende Zellen identifiziert und deren Funktionen bei der Übertragung der Geschmacksinformationen analysiert. Im Zuge der Expressionsanalysen mittels qRT-PCR konnte die Expression von 25 der 35 bekannten Bittergeschmacksrezeptoren im zentralen Nervensystem der Maus nachgewiesen werden. Die Expressionsmuster im PNS sowie im ZNS lassen darüber hinaus Vermutungen zu Funktionen in verschiedenen Bereichen des Nervensystems zu. Basierend auf den Ergebnissen der Expressionsanalysen war es möglich, stark exprimierte Tas2rs mittels In-situ-Hybridisierung in verschiedenen Zelltypen zu visualisieren. Des Weiteren konnten immunhistochemische Färbungen unter Verwendung eines genetisch modifizierten Mausmodells die Ergebnisse der Expressionsanalysen bestätigen. Sie zeigten eine Expression von Tas2rs, am Beispiel des Tas2r131-Rezeptors, in cholinergen, dopaminergen, GABAergen, noradrenergen und glycinerg-angesteuerten Projektionsneuronen sowie in Interneuronen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen daher erstmals das Vorkommen von Tas2rs in verschiedenen neuronalen Zelltypen in weiten Teilen des ZNS. Dies lässt den Schluss zu, dass Tas2r-exprimierende Zellen potentiell multiple Funktionen innehaben. Anhand von Verhaltensexperimenten in genetisch modifizierten Mäusen wurde die mögliche Funktion von Tas2r131-exprimierenden Neuronen (Tas2r131-Neurone) bei der Geschmackswahrnehmung untersucht. Die Ergebnisse weisen auf eine Beteiligung von Tas2r131-Neuronen an der Signalweiterleitung bzw. -verarbeitung der Geschmacksinformation für eine Auswahl von Bittersubstanzen hin. Die Analysen zeigen darüber hinaus, dass Tas2r131-Neuronen nicht an der Geschmackswahrnehmung anderer Bitterstoffe sowie Geschmacksstimuli anderer Qualitäten (süß, umami, sauer, salzig), beteiligt sind. Eine spezifische „Tas2r131-Bittergeschmacksbahn“, die mit anderen potentiellen „Bitterbahnen“ teils unabhängige, teils überlappende Signalwege bzw. Verarbeitungsbereiche besitzt, bildet eine mögliche zelluläre Grundlage zur Unterscheidung von Bitterstoffen. Die im Rahmen dieser Arbeit entstandene Hypothese einer potentiellen Diskriminierung von Bitterstoffen soll daher in weiterführenden Studien durch die Etablierung eines Verhaltenstest mit Mäusen geprüft werden.
Im Sinne des Refinements von Tierversuchen sollen alle Bedingungen während der Zucht, der Haltung und des Transports von zu Versuchszwecken gehaltenen Tieren und alle Methoden während des Versuchs so verbessert werden, dass die verwendeten Tiere ein minimales Maß an potentiellem Distress, Schmerzen oder Leiden erfahren. Zudem soll ihr Wohlbefinden durch die Möglichkeit des Auslebens speziesspezifischer Verhaltensweisen und die Anwendung tierschonender Verfahren maximal gefördert werden. Zur Etablierung von Grundsätzen des Refinements sind grundlegende Kenntnisse über die physiologischen Bedürfnisse und Verhaltensansprüche der jeweiligen Spezies unabdingbar. Die Experimentatoren sollten das Normalverhalten der Tiere kennen, um potentielle Verhaltensabweichungen, wie Stereotypien, zu verstehen und interpretieren zu können. Standardisierte Haltungsbedingungen von zu Versuchszwecken gehaltenen Mäusen weichen in diversen Aspekten von der natürlichen Umgebung ab und erfordern eine gewisse Adaptation. Ist ein Tier über einen längeren Zeitraum unfähig, sich an die gegebenen Umstände anzupassen, können abnormale Verhaltensweisen, wie Stereotypien auftreten. Stereotypien werden definiert als Abweichungen vom Normalverhalten, die repetitiv und ohne Abweichungen im Ablauf ausgeführt werden, scheinbar keiner Funktion dienen und der konkreten Umweltsituation nicht immer entsprechen.
Bisher war unklar, in welchem Ausmaß stereotypes Verhalten den metabolischen Phänotyp eines Individuums beeinflusst. Ziel dieser Arbeit war es daher, das stereotype Verhalten der FVB/NJ-Maus erstmals detailliert zu charakterisieren, systematisch zusammenzutragen, welche metabolischen Konsequenzen dieses Verhalten bedingt und wie sich diese auf das Wohlbefinden der Tiere und die Verwendung stereotyper Tiere in Studien mit tierexperimentellem Schwerpunkt auswirken.
Der Versuch begann mit der Charakterisierung der mütterlichen Fürsorge in der Parentalgeneration. Insgesamt wurden 35 Jungtiere der F1-Generation vom Absatz an, über einen Zeitraum von 11 Wochen einzeln gehalten, kontinuierlich beobachtet, bis zum Versuchsende wöchentlich Kotproben gesammelt und das Körpergewicht bestimmt. Zusätzlich erfolgten begleitende Untersuchungen wie Verhaltenstests und die Erfassung der physischen Aktivität und metabolischer Parameter. Anschließend wurden u.a. die zerebralen Serotonin- und Dopamingehalte, fäkale Glucocorticoidlevels, hepatisches Glykogen und muskuläre Glykogen- und Triglyceridlevels bestimmt.
Nahezu unabhängig von der mütterlichen Herkunft entwickelte sich bei mehr als der Hälfte der 35 Jungtiere in der F1-Generation stereotypes Verhalten. Diese Daten deuten darauf hin, dass es keine Anzeichen für das Erlernen oder eine direkte genetische Transmission stereotypen Verhaltens bei der FVB/NJ-Maus gibt. Über den gesamten Beobachtungszeitraum zeichneten sich die stereotypen FVB/NJ-Mäuse durch ein eingeschränktes Verhaltensrepertoire aus. Zu Gunsten der erhöhten Aktivität und des Ausübens stereotypen Verhaltens lebten sie insgesamt weniger andere Verhaltensweisen (Klettern, Graben, Nagen) aus. Darüber hinaus waren Stereotypien sowohl im 24-Stunden Open Field Test als auch in der Messeinrichtung der indirekten Tierkalorimetrie mit einer erhöhten Aktivität und Motilität assoziiert, während die circadiane Rhythmik nicht divergierte. Diese erhöhte körperliche Betätigung spiegelte sich in den niedrigeren Körpergewichtsentwicklungen der stereotypen Tiere wieder. Außerdem unterschieden sich die Körperfett- und Körpermuskelanteile.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ausüben stereotypen Verhaltens zu Differenzen im metabolischen Phänotyp nicht-stereotyper und stereotyper FVB/NJ-Mäuse führt. Im Sinne der „Guten Wissenschaftlichen Praxis“ sollte das zentrale Ziel jedes Wissenschaftlers sein, aussagekräftige und reproduzierbare Daten hervorzubringen. Jedoch können keine validen Resultate von Tieren erzeugt werden, die in Aspekten variieren, die für den vorgesehenen Zweck der Studie nicht berücksichtigt wurden. Deshalb sollten nicht-stereotype und stereotype Individuen nicht innerhalb einer Versuchsgruppe randomisiert werden. Stereotype Tiere demzufolge von geplanten Studien auszuschließen, würde allerdings dem Gebot des zweiten R’s – der Reduction – widersprechen. Um Refinement zu garantieren, sollte der Fokus auf der maximal erreichbaren Prävention stereotypen Verhaltens liegen. Diverse Studien haben bereits gezeigt, dass die Anreicherung der Haltungsumwelt (environmental enrichment) zu einer Senkung der Prävalenz von Stereotypien bei Mäusen führt, dennoch kommen sie weiterhin vor. Daher sollte environmental enrichment zukünftig weniger ein „Kann“, sondern ein „Muss“ sein – oder vielmehr: der Goldstandard. Zudem würde eine profunde phänotypische Charakterisierung dazu beitragen, Mausstämme zu erkennen, die zu Stereotypien neigen und den für den spezifischen Zweck am besten geeigneten Mausstamm zu identifizieren, bevor ein Experiment geplant wird.
Die Ausstattung der gastrointestinalen Mukosa des Menschen und der Ratte mit Sulfotransferasen wurde mit Hilfe von Immunodetektion und Enzymaktivitätsmessungen untersucht. In Proben aus Colon und Rektum von 39 Personen wurden die Formen h1A1, h1A3 und h1B1 identifiziert, wobei in einer weiteren Probe, die als einzige von einem an Colitis Ulcerosa erkrankten Patienten stammte, keine Sulfotransferasen nachgewiesen werden konnten. Bei der Immunblot-Analyse war das Expressionsmuster der einzelnen Formen in allen Proben ähnlich. In wenigen Proben waren die relativen Signalintensitäten der h1A1 und der h1B1 um die Hälfte erniedrigt. Der Gehalt von SULT an zytosolischem Protein zeigte einen bis zu 8 - 10fachen Unterschied, er betrug jedoch bei zwei Dritteln der Proben zwischen 0,15 und 0,3 (h1A1 und h1A3) bzw. 0,6 und 0,8 Promille (h1B1). Die Variation konnte nicht auf Alter, Geschlecht oder Krankheitsbild der Patienten zurückgeführt werden. Auch der für die allelischen Varianten der h1A1 beschriebene Effekt auf die Enzymaktiviät bzw. Stabilität konnte in der Menge an immunreaktivem Protein nicht in diesem Ausmaß detektiert werden. Die Allelhäufigkeit von h1A1*R und h1A1*H war gegenüber der gesunden Bevölkerung nicht verändert. In den sieben Proben aus dem Dünndarm (Coecum, viermal Ileum, Jejunum) konnten zusätzlich die Formen h1E1 und h2A1 identifiziert werden. Ein möglicherweise der Form h1C1 entsprechendes Protein wurde im Magen detektiert. Im Vergleich zum Menschen war die Expression in der Ratte stärker auf die Leber konzentriert. Während beim Menschen in allen untersuchten Abschnitten Sulfotransferasen in Mengen detektiert wurden, die in zwei Fällen (h1B1 und h1A3) sogar den Gehalt in der Leber überstiegen, beschränkte sich die Expression in der Ratte auf im Vergleich zur Leber geringe Mengen im Magen und Dickdarm. Nachgewiesen wurden die r1B1, r1A1 sowie eine nicht identifizierte Form von 35kD, bei der es sich vermutlich um die r1C2 handelt. Im Vergleich zur Leber enthielt der Dickdarm der Ratte 20 - 30 % an r1B1 und 3 % an r1A1, während im Dickdarm des Menschen die 3 - 5fache Menge an h1B1 und 25 - 50 % an h1A1 gefunden wurden. Die nicht identifizierte Form verhielt sich wie die r1B1. Die für die Leber der Ratte bekannte geschlechtsabhängige Expression wurde im Gastrointestinaltrakt nicht beobachtet. Die Verteilung der Sulfotransferasen im Colon und Ileum des Menschen wurde immunhistochemisch untersucht; für die Gewebe der Ratte war die Spezifität der zur Verfügung stehenden Antiseren nicht ausreichend. Im Colon traten h1B1-spezifische Färbungen in den differenzierten Enterozyten am oberen Ende der Krypten auf, im Dünndarm wurden die Epithelzellen der Zotten gefärbt. Die Färbung konzentrierte sich auf das Zytoplasma. Eine ähnliche Verteilung zeigte sich für h1A1 und h1A3, außer daß zusätzlich eine intensive Färbung der Endothelzellen der Kapillaren in der Submukosa des Ileums auftrat. Im Dickdarm war dies nur bei den Kapillaren in den Lymphfollikeln zu erkennen. Die h2A1 war lediglich im Zytoplasma der Epithelzellen der Zotten des Ileums nachzuweisen, während im Colon keine Farbreaktion auftrat. Durch die Verwendung der rekombinanten Indikatorstämme TA1538-h1A1, -h1A3 und -h1B1 und des Ausgangsstammes Salmonella typhimurium TA1538 im Ames-Test wurde gezeigt, daß verschiedene benzylische und allylische Alkohole durch im humanen Colon exprimierte Sulfotransferasen zu Mutagenen aktiviert werden. In den meisten Fällen erwies sich eine der drei Sulfotransferasen als besonders effizient in der Bioaktivierung, während durch die anderen Formen kein oder nur ein schwacher Effekt verursacht wurde. Die Bioaktivierung von Promutagenen durch Sulfotransferasen im Colon muß im Zusammenhang mit der Lokalisation diskutiert werden. Die Zellen im Darm, in denen immunhistochemisch Sulfotransferasen detektiert wurden, haben mit Ausnahme des Endothels je nach Abschnitt eine Lebensdauer von maximal fünf Tagen und machen keine weiteren Zellteilungen mehr durch. Daher sind DNA-Schäden in diesen Zellen ein sehr geringes Risiko für den Organismus. Soweit die reaktiven Metabolite in diesen Zellen gefangen bleiben, kann die Bioaktivierung in diesen Zellen und die Bildung von Addukten als protektiv betrachten werden, da letztere nach wenigen Tagen mit den toten Zellen in das Darmlumen abgegeben werden. Für den Vergleich der Bioaktiverung von Promutagenen durch die Form 1B1 des Menschen und der Ratte wurden aus V79 Lungenfibroblasten des Chinesischen Hamsters abgeleitete Zellinien hergestellt, die je eine der beiden Formen stabil exprimieren. Damit standen 1B1-profiziente Indikatorzellen für den HPRT-Genmutationstest zur Verfügung, und die 1B1-abhängige Bioaktivierung konnte in einem System untersucht werden, die dem eukaryontischen Organismus näher steht als die für die Ames-Tests verwendeten Bakterien. So war z.B. die Sulfotransferase wie im Gewebe im Zytoplasma lokalisiert. Als Modellsubstanzen wurden hierbei die bereits in TA1538-h1B1 mutagen wirkenden benzylischen Alkohole 6-Hydroxymethylbenzo[a]pyren und 4-Hydroxycyclopenta-[def]chrysen getestet. Da die Sensitivität einer Sulfotransferase-exprimierenden V79-Zellinie sowohl durch die Menge an Sulfotransferase als auch durch die Verfügbarkeit des Sulfodonors limitiert sein könnte, wurden die Mutagenitätsexperimente mit V79-r1B1-Zellinien durchgeführt, die sich in ihrer Enzymaktivität um das Zwanzigfache unterschieden: V79-r1B1/A und -/B. Eine starke Erhöhung der Mutantenfrequenz wurde nur in der hoch exprimierenden Zellinie V79-r1B1/A (1019 ± 224 pmol/mg/min) beobachtet, so daß eine gravierende Beeinträchtigung der Sensitivität durch einen Mangel an Kosubstrat ausgeschlossen wurde. In der niedriger exprimierenden Zellinie V79-r1B1/B (57 ± 9 pmol/mg/min) war nur mit 6-Hydroxymethylbenzo[a]pyren ein schwacher Anstieg der Mutantenfrequenz zu erkennen, der mit 0,3 µM bei einer in etwa 100fach höheren Konzentration begann als bei V79-r1B1/A. Die zytosolische Fraktion aus V79-r1B1/B-Zellen enthielt in etwa die dreifache Menge an r1B1-Protein wie die aus Colonmucosa der Ratte. Da zumindest für die humane Mukosa gezeigt wurde, daß die 1B1 nur im einschichtigen Epithel, nicht aber in allen Zellen der Mukosa exprimiert wird, repräsentiert die zytosolische Fraktion aus der Mukosa nur bedingt die Expression in den Epithelzellen und der Vergleich mit den V79-1B1-Zellen ist grob. Im Gegensatz zu V79-r1B1/B war die Zellinie V79-h1B1, die ebenfalls nur mit Darm und Leber vergleichbare Mengen an h1B1 exprimierte, in der Lage, beide benzylischen Alkohole zu aktivieren. Der Erhöhung der Mutantenfrequenz im Vergleich zur KontrollZellinie war ähnlich wie bei der stark exprimierenden Zellinie V79-r1B1/A, erforderte aber 10fach höhere Konzentrationen. Somit unterscheiden sich Mensch und Ratte nicht nur insgesamt in ihrer Ausstattung des Gastrointestinaltrakts mit Sulfotransferasen, auch bei Betrachtung einer einzelnen Form zeigten sich deutliche Unterschiede in der Aktivierung von zwei Promutagenen. Die Ratte ist daher ein ungeeignetes Modell, um die Rolle von Sulfotransferasen bei tumorinitiierenden Prozessen im Darm zu untersuchen. Dies unterstreicht die Bedeutung von rekombinanten in-vitro-Systemen für die Erfassung des humanen Metabolismus von Fremdstoffen. Insgesamt kennt man nur eine geringe Anzahl von Substanzen, die im Tierexperiment Colontumore erzeugen, und mit Ausnahme der heterozyklischen aromatischen Amine sind diese lediglich von experimenteller Bedeutung. Dies spricht für effiziente Schutzmechanismen der Darmmukosa gegenüber Mutagenen und läßt die Frage nach der hohen Inzidenz des Kolorektalkarzinoms offen.
Im Rahmen der EU-weiten REACH-Verordnung haben Alternativmethoden zum Tierversuch in der Toxikologie an Bedeutung gewonnen. Die Alternativmethoden gliedern sich auf in In-vitro- und In-silico-Methoden. In dieser Dissertation wurden verschiedene Konzepte der In-silico-Toxikologie behandelt.
Die bearbeiteten Themen reichen von quantitativen Strukturaktivitätsbeziehungen (QSAR) über eine neue Herangehensweise an das gängige Konzept zur Festlegung von Grenzwerten bis hin zu computerbasierten Modellierungen zum Alkohol- und Bisphenol-A-Stoffwechsel.
Das Kapitel über QSAR befasst sich im Wesentlichen mit der Erstellung und Analyse einer Datenbank mit 878 Substanzen, die sich aus Tierversuchsstudien aus dem Archiv des Bundesinstituts für Risikobewertung zusammensetzt. Das Design wurde dabei an eine bereits bestehende Datenbank angepasst, um so einen möglichst großen Datenpool zu generieren. In der Analyse konnte u.a. gezeigt werden, dass Stoffe mit niedrigerem Molekulargewicht ein erhöhtes Potential für toxikologische Schäden aufwiesen als größere Moleküle.
Mit Hilfe des sogenannten TTC-Konzepts können Grenzwerte für Stoffe geringer Exposition festgelegt werden, zu denen keine toxikologischen Daten zur Verfügung stehen. In dieser Arbeit wurden für die Stoffe dreier Datenbanken entsprechende Grenzwerte festgelegt. Es erfolgte zunächst eine gängige strukturbasierte Aufteilung der Substanzen in die Kategorien "nicht toxisch", "möglicherweise toxisch" und "eindeutig toxisch". Substanzen, die aufgrund ihrer Struktur in eine der drei Klassen eingeordnet werden, erhalten den entsprechenden Grenzwert. Da in die dritte Klasse auch Stoffe eingeordnet werden, deren Toxizität nicht bestimmbar ist, ist sie sehr groß. Daher wurden in dieser Arbeit die ersten beiden Klassen zusammengelgt, um einen größeren Datenpool zu ermöglichen. Eine weitere Neuerung umfasst die Erstellung eines internen Grenzwerts. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass der Expositionsweg herausgerechnet wird und somit beispielsweise Studien mit oraler Verabreichung mit Studien dermaler Verabreichung verglichen werden können.
Mittels physiologisch basiertem kinetischem Modelling ist es möglich, Vorgänge im menschlichen Körper mit Hilfe spezieller Software nachzuvollziehen. Durch diese Vorgehensweise können Expositionen von Chemikalien simuliert werden. In einem Teil der Arbeit wurden Alkoholexpositionen von gestillten Neugeborenen simuliert, deren Mütter unmittelbar zuvor alkoholische Getränke konsumiert hatten. Mit dem Modell konnte gezeigt werden, dass die Expositionen des Kindes durchweg gering waren. Nach einem Glas Wein wurden Spitzenkonzentrationen im Blut von Neugeborenen von 0,0034 Promille ermittelt. Zum Vergleich wurde die Exposition durch ein für Säuglinge zugelassenes alkoholhaltiges pflanzliches Arzneimittel simuliert. Hier wurden Spitzenkonzentrationen von 0,0141 Promille erreicht. Daher scheinen Empfehlungen wie gelegentlicher Konsum ohne schädigende Wirkung auf das Kind wissenschaftlich fundiert zu sein.
Ein weiteres Kinetik-Modell befasste sich mit dem Stoffwechsel von Bisphenol A. Teils widersprüchliche Daten zur Belastung mit BPA in der wissenschaftlichen Literatur führen wiederholt zu Anregungen, den Grenzwert der Chemikalie anzupassen. Die Funktionalität der am Metabolismus beteiligten Enzyme kann je nach Individuum unterschiedlich ausgeprägt sein. Mittels Modellings konnte hier gezeigt werden, dass dies maßgeblich dazu führt, dass sich berechnete Plasmaspiegel von Individuen bis zu 4,7-fach unterscheiden.
Die Arbeit konnte somit einen Beitrag zur Nutzung und Weiterentwicklung von In-silico-Modellen für diverse toxikologische Fragestellungen leisten.
Homocystein (tHcy) gilt als unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor und korreliert eng mit einer endothelialen Dysfunktion, welche nichtinvasiv mittels der flussinduzierten Vasodilatation (FMD) messbar ist. Experimentelle Hyperhomocysteinämie ist mit einer reduzierten Bioverfügbarkeit von endothelialen Stickstoffmonoxid (NO) bei gleichzeitig erhöhten Spiegeln des kompetetiven Inhibitors der NO-Biosynthese asymmetrisches Dimethylarginin (ADMA) assoziiert. In-vivo senkt eine Östrogenbehandlung neben tHcy auch die ADMA-Spiegel und verbessert signifikant die Endothelfunktion. Hinsichtlich ihrer Wirkung als selektive Östrogenrezeptormodulatoren wird angenommen, dass Phytoöstrogene, speziell Sojaisoflavone, ähnliche Effekte hervorrufen. Innerhalb einer europäischen, multizentrischen, doppelblinden Interventionsstudie an 89 gesunden, postmenopausalen Frauen wurde der Einfluss von Sojaisoflavonen auf den Homocysteinmetabolismus, den Blutdruck und die in-vivo Endothelfunktion untersucht. Die cross-over Studie umfasste zwei achtwöchige Interventionsperioden, die von einer gleichlangen Wash-out-Phase unterbrochen waren. Die Zuteilung zum Isoflavon- (50 mg/d) oder Plazeboregime für die erste Interventionsphase erfolgte randomisiert. Endpunkterhebungen fanden jeweils in den Wochen 0 und 8 der Interventionsperioden statt. Die renale Ausscheidung von Genistein, Daidzein und Equol war während der Isoflavonintervention signifikant erhöht (P>0,001). Die Phyoöstrogene hatten weder einen Effekt auf die tHcy-Konzentration (P=0,286), noch auf ADMA, Erythrozytenfolat und Vitamin B-12 (P>0,05) im Plasma. Während die Summe aus Nitrat und Nitrit (NOx), welche die NO-Bioverfügbarkeit reflektiert, im Verlaufe der Plazebobehandlung abfiel, wurde ein leichter Anstieg bei der Isoflavonsupplementation beobachtet (Delta Wo8-Wo0: -2,60 [-8,75; 2,25] vs. 1,00 [-6,65; 7,85] µmol/L P<0,001), was zu einem signifikanten Behandlungseffekt führte. Weiterhin wurde eine positive Korrelation zwischen ADMA und Vitamin B-12 gefunden (R=0,252; P=0,018). Die flussinduzierte Vasodilatation (P=0,716), ein Maß für die Endothelfunktion, blieb durch die Isoflavonbehandlung unbeeinflusst, obwohl sich diese über die Zeit insgesamt verbesserte (P>0,001). Bis auf einen marginalen Anstieg des systolischen Wertes (P=0,032) im Vergleich zur Plazebobehandlung blieb der Blutdruck während der Isoflavonintervention unverändert. Im Gegensatz zu Östrogen übten Sojaisoflavone weder einen Einfluss auf die in-vivo Endothelfunktion noch auf die traditionellen und neuen kardiovaskulären Risikofaktoren den Blutdruck, tHcy und ADMA aus. Demzufolge ist der gesundheitliche Nutzen isolierter Isoflavone hinsichtlich einer Prävention hormonmangelbedingter Erkrankungen in gesunden postmenopausalen Frauen fraglich.
Vitamin E ist der Überbegriff für 4 Tocopherole (α, β, γ und δ) sowie 4 Tocotrienole (α, β, γ und δ), die als gemeinsames Merkmal ein Chromanolringsystem sowie eine gesättigte (Tocopherole) bzw. ungesättigte (Tocotrienole) Seitenkette aufweisen. Neben ihrer antioxidativen Wirkung (Schutz von Membranen vor Lipidperoxidaton) konnten für einige Vitamin E - Formen auch eine Reihe von hochspezifischen, nicht-antioxidativen Wirkungen in vitro nachgewiesen werden. Meist bleibt jedoch unklar, ob ein solcher Effekt auch in vivo, also im Tiermodel oder direkt im Menschen, gefunden werden kann. In erster Linie müsste hierbei geklärt werden, ob die jeweilige Vitamin E - Form auch bioverfügbar, also in für eine Wirkung ausreichender Konzentration im Organismus vorhanden ist, oder aber vorher eliminiert und ausgeschieden wird. In dieser Doktorarbeit wurden deshalb wichtige Grundlagen zum Abbau der Tocopherole und Tocotrienole erarbeitet. • In HepG2-Zellen konnte der Abbau der Tocotrienole mit Hilfe flüssig- sowie gaschromatographischer Analysemethoden vollständig aufgeklärt werden. Wie sich hierbei ergab, verläuft der Abbau weitgehend in Analogie zum Abbau der Tocopherole über eine durch Cytochrom P450 katalysierte initiale ω-Hydroxylierung mit 5 nachfolgenden β-Oxidationsschritten. • In vitro konnten in HepG2 – Zellen die Abbauraten der verschiedenen Vitamin E - Formen bestimmt werden. Dies nahmen in folgender Reihenfolge zu: α-Tocopherol < γ-Tocopherol < α-Tocotrienol < γ-Tocotrienol. • Wie sich mit Hilfe eines mit Cytochrom P450 hochangereicherten Homogenats aus Rattenlebern ergab, stellt die initiale ω-Hydroxylierung einen geschwindigkeitsbestimmenden Schritt des Abbaus dar: α-Tocopherol wurde weit langsamer hydroxyliert als alle anderen Vitamin E – Formen. • Der unterschiedliche Abbau von α-Tocopherol und γ-Tocotrienol konnte auch im Mäuseversuch in vivo bestätigt werden. Nach Fütterung von Mäusen mit α-Tocopherol wurden nur geringe Mengen von α-Tocopherolmetaboliten im Urin der Mäuse gefunden, während nach Applikation von γ-Tocotrienol hohe Konzentrationen der γ-Tocotrienolmetabolite nachgewiesen wurden. In Plasma und Leber wiederum wurden (dem Futtergehalt entsprechende) hohe α-Tocopherolkonzentrationen entdeckt, während γ-Tocotrienol selbst nach hoher Gabe nicht oder nur in Spuren nachweisbar war. In HepG2 – Zellen konnte gezeigt werden, dass γ-Tocotrienol eine cytotoxische Wirkung auf die Hepatocarcinoma-Zelllinie HepG2 entfalten kann, indem durch die Aktivierung der proteolytischen Caspase 3 die Induktion des programmierten Zelltodes (Apoptose) ausgelöst wird. Abschliessend lässt sich festhalten, dass der Körper lediglich das natürliche α-Tocopherol vor dem Abbau bewahrt, die anderen Vitamin E – Formen jedoch als Fremdstoffe behandelt und rapide ausscheidet. Als doppelter Schutz vor Verlust des “wertvollen” α-Tocopherol dienen hierbei das α-Tocopherol Transfer Protein sowie die in dieser Arbeit gefundenen Unterschiede im ersten Schritt des Abbaus, der Cytochrom P450 - katalysierten ω-Hydroxylierung. Beides erklärt die bevorzugte Retention von α-Tocopherol im Organsimus und seine hohe Bioaktivität. Will man deshalb in vitro Ergebnisse anderer Vitamin E – Formen auf die in vivo Situation übertragen, muss man die geringe Bioverfügbarkeit dieser Substanzen berücksichtigen.
Die Abbaubarkeit hochmolekularer Inhaltsstoffe des Kaffeegetränks durch die humane Darmmikrobiota
(2008)
Die Bedeutung Eisen-Schwefel-Cluster-assoziierter Mechanismen für Mutagenese und Kanzerogenese
(2009)
Die Restenose stellt ein zentrales Problem der interventionellen Kardiologie dar und ist häufigste Komplikation nach perkutanen Angioplastieverfahren. Hauptursache dieser Wiederverengung des Gefäßes ist die Bildung einer Neointima durch die Proliferation transdifferenzierter vaskulärer glatter Muskelzellen und die Sekretion extrazellulärer Matrix. Die Entstehung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und die Entzündungsreaktion nach der Gefäßverletzung werden als frühe, die Neointimabildung induzierende Prozesse diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden mehrere Projekte bearbeitet, die Aufschluss über die während der Neointimabildung statt findenden Prozesse geben sollen. Mit Hilfe eines Verletzungsmodells der murinen Femoralarterie wurde der Einfluss der Entzündung und der ROS-Bildung auf die Neointimabildung in der Maus untersucht. Die Behandlung mit dem mitochondrialen Superoxiddismutase-Mimetikum MitoTEMPO verminderte die Bildung der Neointima besser, als die Behandlung mit dem globalen ROS-Fänger N-Acetylcystein. Die stärkste Hemmung der Neointimabildung wurde jedoch durch die Immunsuppression mit Rapamycin erreicht. Interferon-γ (INFγ) ist ein wichtiges Zytokin der Th1-Immunantwort, das in Folge der Gefäßverletzung freigesetzt wird und die proinflammatorischen Chemokine CXCL9 (MIG, Monokine Induced by INF), CXCL10 (IP-10, INF inducible Protein of 10 kDa) und CXCL11 (I-TAC, Interferon inducible T cell-Chemoattractant) induziert. CXCL9, CXCL10 und CXCL11 sind Liganden des CXC-Chemokinrezeptors 3 (CXCR3) und locken chemotaktisch CXCR3 positive Entzündungszellen zum Ort der Gefäßverletzung. Daher wurde die spezielle Bedeutung des Chemokins CXCL10 in der Restenose untersucht. Dazu wurden CXCL10-defiziente Mäuse dem Femoralisverletzungsmodell unterzogen und die Gefäße nach 14 Tagen morphometrisch und immunhistologisch untersucht. CXCL10-Defizienz führte in Mäusen zu einer verminderten Neointimabildung, die mit einer verringerten Inflammation, Apoptose und Proliferation im verletzten Gefäß korrelierte. Neben der Inflammation beeinflusst aber auch die Reendothelialisierung der verletzten Gefäßwand die Restenose. Interessanterweise war im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen in den CXCL10-Knockout-Mäusen auch die Reendothelialisierung erheblich verbessert. Offensichtlich ist das CXCR3-Chemokinsystem also in völlig unterschiedliche biologische Prozesse involviert und beeinflusst nicht nur die Bildung der Neoimtima durch die Förderung der Entzündung, sondern auch die Unterdrückung der Reendothelialisierung der verletzten Gefäßwand. Tatsächlich wird der CXCR3 nicht nur auf Entzündungszellen, sondern auch auf Endothelzellen exprimiert. Zur separaten Untersuchung der Rolle des CXCR3 in der Inflammation und der Reendothelialisierung wurde im Rahmen dieser Arbeit damit begonnen konditionelle CXCR3-Knockout-Mäuse zu generieren, in denen der CXCR3 entweder in Entzündungszellen oder in Endothelzellen ausgeschaltet ist. Zum besseren Verständnis der molekularen Mechanismen, mit denen der CXCR3 seine Funktionen vermittelt, wurde zudem untersucht ob dieser mit anderen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) interagiert. Die Analyse von Coimmunpräzipitaten deutet auf eine Homodimerisierung der beiden CXCR3 Splicevarianten CXCR3A und CXCR3B, sowie auf die Heterodimerbildung von CXCR3A und CXCR3B mit sich, sowie jeweils mit CCR2, CCR3, CCR5 und den Opioidrezeptoren MOR und KOR hin. Die getestete Methode des Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfers (FRET) erwies sich jedoch als ungeeignet zur Untersuchung von CXCR3, da dieser in HEK293T-Zellen nicht korrekt transient exprimiert wurde. Insgesamt deuten die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass das CXCR3-Chemokinsystem eine zentrale Rolle in unterschiedlichen, die Neointimabildung beeinflussenden Prozessen spielt. Damit könnten der CXCR3 und insbesondere das Chemokin CXCL10 interessante Zielmoleküle in der Entwicklung neuer verbesserter Therapien zur Verhinderung der Restenose darstellen.
Die funktionelle Bedeutung des Coxsackie- und Adenovirus Rezeptors (CAR) im kolorektalen Karzinom
(2009)
Der Coxsackie- und Adenovirus Rezeptor (CAR) ist als Bestandteil von Tight Junctions (TJ) an interzellulären Adhäsionsprozessen beteiligt und scheint eine wichtige Rolle in der Karzinogenese zu spielen. Diese ist jedoch insbesondere bei Entstehung von Darmkrebs weitgehend unklar. Ziel der Arbeit war es daher, die funktionelle Bedeutung, mögliche Interaktionspartner sowie die Expressionsregulation von CAR im kolorektalen Karzinom zu analysieren. In den Zelllinien CaCo2, Colo205, DLD1, HCT116, HT29, SW480 und T84 konnte die Expression von CAR (mRNA und Protein) nachgewiesen werden. Nach stabiler CAR-Überexpression durch Transfektion von CARcDNA in DLD1, HCT116 und SW480 wurde das Zellwachstum gehemmt und eine Abnahme von Migration und Invasion induziert. Eine stabile CAR-Inhibition nach Transfektion von CARsiRNA führte in diesen Zelllinien zum Anstieg der Proliferation sowie zu verstärkter Migrations- und Invasionsaktivität, die in DLD1 mit morphologischen Änderungen einhergingen. Eine Genexpressionsanalyse der Zelllinie DLD1 mit CAR-Inhibition identifizierte α-Catenin als das am stärksten regulierte Gen. Obwohl keine direkte Interaktion beider Proteine detektiert werden konnte, führte eine stabile Re-Expression von α-Catenin in DLD1 mit stabiler CAR-Inhibition zu einer deutlichen Reduktion von Proliferation, Migration und Invasion sowie zu einem Rückgang der zellmorphologischen Änderungen. Um den Einfluss von Differenzierung auf die Regulation der CAR-Expression zu untersuchen, erfolgte eine Behandlung aller Zelllinien mit Natriumbutyrat. Dies führte in fünf der sieben Zelllinien zu einer Aktivierung des CAR-Promotors sowie zu einer gesteigerten Expression und Immunoreaktivität von CAR an der Zelloberfläche. Die Zelllinie CaCo2 zeigte nach spontaner Differenzierung durch 21-tägiges Wachstum post Konfluenz ebenfalls eine verstärkte CAR-mRNA-Expression sowie eine erhöhte CAR-Präsenz an der Zelloberfläche. Die gewonnenen Daten konnten die funktionelle Bedeutung von CAR für die Kolonkarzinogenese sowie den Einfluss von α-Catenin auf diese Funktion deutlich machen. Es wurde gezeigt, dass die Expressionsregulation sowie die subzelluläre Verteilung von CAR durch den zellulären Differenzierungsstatus beeinflusst werden kann.
Das Selenoprotein Glutathionperoxidase 2 (GPx2) ist ein epithelzellspezifisches, Hydroperoxide-reduzierendes Enzym, welches im Darmepithel, vor allem in den proliferierenden Zellen des Kryptengrundes, exprimiert wird. Die Aufrechterhaltung der GPx2-Expression im Kryptengrund auch bei subadäquatem Selenstatus könnte darauf hinweisen, dass sie hier besonders wichtige Funktionen wahrnimmt. Tatsächlich weisen GPx2 knockout (KO)-Mäuse eine erhöhte Apoptoserate im Kryptengrund auf. Ein Ziel dieser Arbeit war es deshalb, die physiologische Funktion der GPx2 näher zu untersuchen. In Kryptengrundepithelzellen aus dem Colon selenarmer GPx2 KO-Mäuse wurde eine erhöhte Caspase 3/7-Aktivität im Vergleich zum Wildtyp (WT) festgestellt. Zudem wiesen diese Zellen eine erhöhte Suszeptibilität für oxidativen Stress auf. Die GPx2 gewährleistet also den Schutz der proliferierenden Zellen des Kryptengrundes auch bei subadäquater Selenversorgung. Des Weiteren wurde im Colon selenarmer (-Se) und -adäquater (+Se) GPx2 KO-Mäuse im Vergleich zum WT eine erhöhte Tumornekrosefaktor α-Expression und eine erhöhte Infiltration von Makrophagen festgestellt. Durch Fütterung einer selensupplementierten Diät (++Se) konnte dies verhindert werden. In GPx2 KO-Mäusen liegt demnach bereits basal eine niedriggradige Entzündung vor. Dies unterstreicht, dass GPx2 vor allem eine wichtige antiinflammatorische Funktion im Darmepithel besitzt. Dem Mikronährstoff Selen werden protektive Funktionen in der Colonkanzerogenese zugeschrieben. In einem Mausmodell der Colitis-assoziierten Colonkanzerogenese wirkte GPx2 antiinflammatorisch und hemmte so die Tumorentstehung. Auf der anderen Seite wurden jedoch auch prokanzerogene Eigenschaften der GPx2 aufgedeckt. Deshalb sollte in dieser Arbeit untersucht werden, welchen Effekt ein GPx2 knockout in einem Modell der sporadischen, durch Azoxymethan (AOM) induzierten, Colonkanzerogenese hat. Im WT kam es in präneoplastischen Läsionen häufig zu einer erhöhten GPx2-Expression im Vergleich zur normalen Darmmucosa. Eine derartige Steigerung der GPx2-Expression wurde auch in der humanen Colonkanzerogenese beschrieben. Das Fehlen der GPx2 resultierte in einer verminderten Entstehung von Tumoren (-Se und ++Se) und präneoplastischen Läsionen (-Se und +Se). Somit förderte GPx2 die Tumorentstehung im AOM-Modell. Acht Stunden nach AOM-Gabe war im GPx2 KO-Colon im Vergleich zum WT eine erhöhte Apoptoserate in der Kryptenmitte (-Se, +Se), nicht jedoch im Kryptengrund oder in der ++Se-Gruppe zu beobachten. Möglicherweise wirkte GPx2 prokanzerogen, indem sie die effiziente Elimination geschädigter Zellen in der Tumorinitiationsphase verhinderte. Eine ähnliche Wirkung wäre auch durch die erhöhte GPx2-Expression in der Promotionsphase denkbar. So könnte GPx2 proliferierende präneoplastische Zellen vor oxidativem Stress, Apoptosen, oder auch der Antitumorimmunität schützen. Dies könnte durch ein Zusammenwirken mit anderen Selenoproteinen wie GPx1 und Thioredoxinreduktasen, für die ebenfalls auch prokanzerogene Funktionen beschrieben wurden, verstärkt werden. Eine wichtige Rolle könnte hier die Modulation des Redoxstatus in Tumorzellen spielen. Die Variation des Selengehalts der Diät hatte im WT einen eher U-förmigen Effekt. So traten in der –Se und ++Se-Gruppe tendenziell mehr und größere Tumore auf, als in der +Se Gruppe. Zusammenfassend schützt GPx2 also die proliferierenden Zellen des Kryptengrundes. Sie könnte jedoch auch proliferierende transformierte Zellen schützen und so die sporadische, AOM-induzierte Colonkanzerogenese fördern. In einem Modell der Colitis-assoziierten Colonkanzerogenese hatte GPx2 auf Grund ihrer antiinflammatorischen Wirkung einen gegenteiligen Effekt und hemmte die Tumorentstehung. Die Rolle der GPx2 in der Colonkanzerogenese ist also abhängig vom zugrunde liegenden Mechanismus und wird maßgeblich von der Beteiligung einer Entzündung bestimmt.
Das proinflammatorische Zytokin Interleukin-1 (IL-1) spielt eine zentrale Rolle bei Entzündungen und Infektionen. Die zellulären Antworten von IL-1 werden über den IL-1-Rezeptor Typ I (IL-1RI) vermittelt. Adapterproteine und die IL-1RI-assoziierte Kinase IRAK werden nach Ligandenbindung an den Rezeptor rekrutiert. Nach ihrer Phosphorylierung dissoziiert die IRAK vom IL-1RI-Komplex und aktiviert weitere Kinasen, was letztendlich zur Aktivierung von NF-κB und zur Induktion der Transkription von Genen führt. Für eine adäquate Immunantwort ist ein intrazellulärer reduzierter Status von Proteinthiolen essentiell. Vorausgegangene Untersuchungen an der murinen Thymomzelllinie EL-4 zeigten, dass die IL-1-Signalkaskade durch thiolmodifizierende Substanzen wie Menadion (MD) oder Phenylarsinoxid (PAO) gehemmt wird. Eine IL-1-abhängige Aktivierung von IL-1RI-assoziierte Kinasen oder NF-κB fand nicht mehr statt. Ziele dieser Arbeit waren: (i) mögliche Proteine, die für den Angriff von thiolmodifizierenden Agenzien ein Ziel sein könnten, zu identifizieren und (ii) den Einfluss nahrungsrelevanter und redoxaktiver Substanzen auf frühe Ereignisse der IL-1-Signaltransduktion wie der Bildung des IL-1RI-Komplexes zu untersuchen. Als Zellmodell wurden EL-4-Zellen mit stabil überexprimierter IRAK (EL-4<sup>IRAK) verwendet. Um die Bildung des IL-1RI-Komplexes, anschließende Phosphorylierungsereignisse und somit Kinase-Aktivitäten nachzuweisen, wurden Co-Präzipitations-Experimente und in vitro Kinase Tests durchgeführt. Die Markierung von Proteinthiolen erfolgte mit dem thiolspezifischen Reagenz Iodoacetyl-[<sup>125I]-Iodotyrosin ([<sup>125I]-IAIT). Die Vorbehandlung von EL-4<sup>IRAK-Zellen mit MD oder PAO führte zu einer Hemmung der Rekrutierung der IRAK an den IL-1RI und der anschließenden Phosphorylierungen. Zur Identifikation weiterer IL-1RI-assoziierter Proteine wurden IL-1RI-Immunpräzipitate zweidimensional aufgetrennt, Colloidal-Coomassie gefärbte Proteinspots ausgeschnitten und anschließend massenspektrometrisch mittels ESI-Q-TOF analysiert. Bei der Analyse wurden Proteine des Cytoskeletts wie z. B. Actin identifiziert. In Analogie zu den synthetischen Substanzen MD und PAO wurden nahrungsrelevante und redoxaktive Substanzen wie Curcumin (Gelbwurz) und Sulforaphan (Broccoli) eingesetzt, um zu untersuchen, ob sie bereits früh die IL-1-Signaltransduktion beeinflussen. Bislang sind antiinflammatorische Effekte dieser beiden Nahrungsinhaltsstoffe nur auf der Ebene der Zytokin-vermittelten Aktivierung von NF-κB beschrieben. Sowohl Curcumin als auch Sulforaphan blockierten konzentrationsabhängig die Assoziation der IRAK an den IL-1RI in EL-4<sup>IRAK-Zellen, wobei beide Substanzen unterschiedlich wirkten. Curcumin beeinflusste die IRAK-Aktivierung durch direkte Modifikation von Thiolen der IRAK ohne die Bindung von IL-1 mit dem IL-1RI zu beeinträchtigen. Sulforaphan hingegen induzierte auf mRNA- und Proteinebene die Expression von Tollip, welches durch PCR bzw. Western Blot nachgewiesen wurde. Tollip, ein negativer Regulator in TLR/IL-1RI-Signalkaskaden, könnte somit nach Induktion die IRAK-Aktivierung unterdrücken. Die Sulforaphan-abhängige Induktion der Tollip-Expression erfolgte jedoch nicht über Nrf2 und "antioxidant response element" (ARE)-regulierte Transkription, obwohl Sulforaphan ein bekannter Nrf2-Aktivator ist. Diese Ergebnisse veranschaulichen, dass die IRAK ein redoxsensitives Protein ist und für die Bildung des IL-1RI-Komplexes reduzierte Proteinthiole eine Voraussetzung sind. Der Angriffspunkt für die antiinflammatorische Wirkung der beiden Nahrungsbestandteile Curcumin und Sulforaphan ist die Bildung des IL-1RI-Komplexes als ein frühes Ereignis in der IL-1-Signalkaskade. Die Hemmung dieses Prozesses würde die in der Literatur beobachteten Inhibitionen der abwärts liegenden Signale wie die Aktivierung von NF-κB und die Induktion proinflammatorischer Proteine erklären.
Die Phyllosphäre
(2015)
Aminosäuren sind lebensnotwendige Moleküle für alle Organismen. Ihre Erkennung im Körper ermöglicht eine bedarfsgerechte Regulation ihrer Aufnahme und ihrer Verwertung. Welcher Chemosensor für diese Erkennung jedoch hauptverantwortlich ist, ist bisher unklar. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der Umamigeschmacksrezeptoruntereinheit Tas1r1 jenseits ihrer gustatorischen Bedeutung für die Aminosäuredetektion in der Mundhöhle untersucht.
In der histologischen Tas1r1-Expressionsanalyse nichtgustatorischer Gewebe der Mauslinie Tas1r1-Cre/ROSA26-tdRFP wurde über die Detektion des Reporterproteins tdRFP die Expression des Tas1r1 in allen untersuchten Geweben (Speiseröhre, Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse, Leber, Niere, Muskel- und Fettgewebe, Milz, Thymus, Lymphknoten, Lunge sowie Hoden) nachgewiesen. Mit Ausnahme von Dünndarm und Hoden gelang hierbei der Nachweis erstmals spezifisch auf zellulärer Ebene. Caecum und Lymphknoten wurden zudem neu als Expressionsorte des Tas1r1 identifiziert.
Trotz der beobachteten weiten Verbreitung des Tas1r1 im Organismus – unter anderem auch in Geweben, die für den Proteinstoffwechsel besonders relevant sind – waren im Zuge der durchgeführten Untersuchung potentieller extraoraler Funktionen des Rezeptors durch phänotypische Charakterisierung der Mauslinie Tas1r1-BLiR nur schwache Auswirkungen auf Aminosäurestoffwechsel bzw. Stickstoffhaushalt im Falle eines Tas1r1-Knockouts detektierbar. Während sich Ernährungsverhalten, Gesamtphysiologie, Gewebemorphologie sowie Futterverdaulichkeit unverändert zeigten, war die renale Stickstoffausscheidung bei Tas1r1-Knockout-Mäusen auf eiweißarmer sowie auf eiweißreicher Diät signifikant verringert. Eine Überdeckung der Auswirkungen des Tas1r1-Knockouts aufgrund kompensatorischer Effekte durch den Aminosäuresensor CaSR oder den Peptidsensor Gpr93 war nicht nachweisbar. Es bleibt offen, ob andere Mechanismen oder andere Chemosensoren an einer Kompensation beteiligt sind oder aber Tas1r1 in extraoralem Gewebe andere Funktionen als die der Aminosäuredetektion übernimmt. Unterschiede im extraoralen Expressionsmuster der beiden Umamirezeptor-untereinheiten Tas1r1 und Tasr3 lassen Spekulationen über andere Partner, Liganden und Funktionen zu.
Der ubiquitär exprimierte, multifunktionale Glucosetransporter GLUT8 gehört zur Klasse III der Familie der passiven Glucosetransporter, die aus insgesamt 14 Proteinen besteht. Die fünf Mitglieder der Klasse IIII unterscheiden sich strukturell leicht von den Mitgliedern der Klasse I und II (Joost und Thorens, 2001). GLUT8 besitzt ein N-terminales Dileucin-Motiv, das Teil eines [DE]XXXL[LI] Motivs ist, welches für die Sortierung des Transporters in späte Endosomen und Lysosomen verantwortlich ist (Augustin et al., 2005). Da bis heute kein Signal identifiziert wurde, das eine Translokation des Transporters zur Plasmamembran auslöst, wird eine intrazelluläre Funktion von GLUT8 vermutet (Widmer et al., 2005). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die intrazelluläre Funktion des Transporters in der Regulation der Glucosehomöostase des Körpers durch Analyse einer Slc2a8-knockout-Maus untersucht. Die homozygote Deletion des Transporters erbrachte lebensfähige Nachkommen, die sich augenscheinlich nicht von ihren Wildtyp-Geschwistern unterschieden. Allerdings wurde bei Verpaarungen heterozygoter Mäuse eine verminderte Anzahl an Slc2a8-/--Nachkommen beobachtet, die signifikant von der erwarteten Mendel’schen Verteilung abwich. Da Slc2a8 die höchste mRNA-Expression in den Testes aufwies und die Überprüfung der Fertilität mittels verschiedener homozygoter Verpaarungen eine Störung der weiblichen Fortpflanzungsfähigkeit ausschloss, wurden die Spermatozoen der Slc2a8-/--Mäuse eingehender untersucht. Als Ursache für die verringerte Anzahl von Slc2a8-/--Geburten wurde eine verminderte Prozentzahl motiler Slc2a8-/--Spermien ermittelt, die durch eine unzureichende mitochondriale Kondensation in den Spermien bedingt war. Diese Veränderung war mit einem reduzierten mitochondrialen Membranpotential assoziiert, was eine verminderte ATP-Produktion nach sich zog. Somit scheint GLUT8 in den Spermien an einem intrazellulären Transportprozess beteiligt zu sein, der einen Einfluss auf die oxidative Phosphorylierung der Mitochondrien ausübt. Im Gehirn wurde Slc2a8 besonders stark im Hippocampus exprimiert, der in der Regulation von körperlicher Aktivität, Explorationsverhalten, Erinnerungs- und Lernprozessen sowie Angst- und Stressreaktionen eine Rolle spielt. Außerdem wurde GLUT8 im Hypothalamus nachgewiesen, der unter anderem an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt ist. Die Slc2a8-/--Mäuse zeigten im Vergleich zu ihren Slc2a8+/+-Geschwistern eine signifikant gesteigerte körperliche Aktivität, die zusammen mit der von Membrez et al. (2006) publizierten erhöhten Zellproliferation im Hippocampus auf eine Nährstoffunterversorgung dieses Areals hindeutet. Die Nahrungsaufnahme war in Abwesenheit von GLUT8 nicht verändert, was zusammen mit dem nur geringfügig niedrigeren Körpergewicht der Slc2a8-/--Mäuse eine Funktion von GLUT8 im Glucose-sensing der Glucose-sensitiven Neurone des Gehirns ausschließt. Das leicht reduzierte Körpergewicht der Slc2a8-/--Mäuse ließ sich keinem bestimmten Organ- oder Gewebetyp zuordnen, sondern schien durch eine marginale Gewichtsreduktion aller untersuchten Gewebe bedingt zu sein. Zusammen mit den erniedrigten Blutglucosespiegeln und der anscheinend gesteigerten Lebenserwartung zeigten die Slc2a8-/--Mäuse Symptome einer leichten Nährstoffunterversorgung. GLUT8 scheint daher am Transport von Zuckerderivaten, die während des lysosomalen/endosomalen Abbaus von Glykoproteinen anfallen, beteiligt zu sein. Die so wiederaufbereiteten Zucker dienen dem Körper offenbar als zusätzliche Energiequelle.
Die Rolle von Glucosetransportern der GLUT-Familie für die Glucosehomöostase und als Glucosesensor
(2007)
In der randomisierten, multizentrischen DASH-Studie (Dietary Approaches to Stop Hy-pertension), die unter kontrollierten Bedingungen stattfand, führte eine fettreduzierte Mischkost, reich an Obst, Gemüse und Milchprodukten, bei Borderline-Hypertonikern zu einer signifikanten Blutdrucksenkung. Während der Studienphase wurden Körpermasse, Natrium-Aufnahme sowie Alkoholzufuhr aufgrund der bekannten Einflussnahme auf den Blutdruck konstant gehalten. In der eigenen Pilot-Studie sollte untersucht werden, ob das Ergebnis der DASH-Studie (i) mit deutschen Hypertonikern und (ii) unter habituellen Ernährungs- und Lebensbedingungen mit regelmäßig durchgeführter Ernährungsberatung und ad libitum Verzehr anstelle des streng kontrollierten Studienansatzes bestätigt werden kann. Eine Konstanz der Körpermasse, der Natrium-Urinausscheidung (unter diesem Studienansatz valider als die Aufnahme) und des Alkoholkonsums wurde vorausgesetzt. Die Studienpopulation setzte sich aus 53 übergewichtigen Probanden mit einer nicht medikamentös therapierten Borderline-Hypertonie und ohne Stoffwechselerkrankungen zusammen. Die Studienteilnehmer wurden randomisiert entweder der Idealgruppe mit einer fettarmen Kost reich an Milchprodukten, Obst und Gemüse (ähnlich der DASH-Idealgruppe) oder der Kontrollgruppe mit habitueller Ernährungsweise zugeteilt. Über einen Zeitraum von fünf Wochen wurde den Probanden etwa 50% ihres täglichen Lebensmittelbedarfes entsprechend ihrer Gruppenzugehörigkeit kostenfrei zur Verfügung gestellt. Gelegenheitsblutdruckmessungen und 24h-Blutdruckmessungen, Ernährungs- und Aktivitätsprotokolle, Blut- und Urinproben sowie anthropometrische Messungen wurden vor, während und fünf Wochen nach der Interventionsphase durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass in der Idealgruppe keine signifikante Blutdrucksenkung beobachtet werden konnte. Dies lässt sich durch die Tatsache erklären, dass die Lebens-mittel- und Nährstoffaufnahme der deutschen Kontrollgruppe eher der amerikanischen Idealgruppe entsprach. In der Pilot-Studie waren die Unterschiede in der Nährstoffzufuhr zwischen den beiden Gruppen viel geringer als in der DASH-Studie; für eine blutdrucksenkende Ernährungsumstellung bestand somit nur ein geringer Spielraum. Eine weitere Erklärung besteht in der unterschiedlichen Zusammensetzung der Studienpopulation. Bei DASH wurden vorwiegend farbige Probanden (40% höhere Hypertonieprävalenz) untersucht. Die Studienergebnisse lassen also den Schluss zu, dass Ernährungs- und Lebensstilgewohnheiten sowie der genetische Hintergrund der entsprechenden Bevölkerungsgruppe bei der Formulierung von nährstoff- oder lebensmittelbezogenen Empfehlungen zur Senkung des Bluthochdruckes Berücksichtigung finden müssen.