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1. Der Staat ist nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Grundgesetz zur funktionsgerechten Finanzierung der in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen (Plan-)Krankenhäuser verpflichtet. Um die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung sicherzustellen, müssen die Länder sämtliche bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Investitionskosten der Plankrankenhäuser decken (§ 1 Abs. 1, § 4 Nr. 1, § 9 Abs. 5 KHG, Art. 12 Abs. 1 GG). Es gilt das Kostendeckungsprinzip. Die Sozialleistungsträger müssen Krankenhäuser durch leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen wirtschaftlich sichern (§ 1 Abs. 1, § 4 Nr. 2 KHG, Art. 12 Abs. 1 GG).
2. Die Vergütung der Krankenhäuser durch die Sozialleistungsträger ist unzureichend. Die Fallpauschalen des DRG-Systems bleiben hinter dem zur Betriebskostenfinanzierung erforderlichen Maß zurück, weil die anhaltenden Preissteigerungen in den Landesbasisfallwerten nicht ausreichend berücksichtigt sind.
3. Die Länder kommen ihrer gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Investitionskosten der Plankrankenhäuser seit vielen Jahren ungenügend nach.
4. Vor allem Kommunen, aber auch Länder gewähren staatlichen Krankenhäusern Ausgleichsleistungen wie Jahresfehlbetragsdeckungen, Investitions- und Betriebskostenzuschüsse, Eigenkapitalerhöhungen, zinsvergünstigte Darlehen, kostenfreie Bürgschaften und Liquiditätshilfen (sog. Defizitausgleich). Eine weitere Form des selektiven Defizitausgleichs ist die Übernahme der Kosten von Entlastungstarifverträgen staatlicher Kliniken durch Länder. Freigemeinnützige und private Krankenhäuser erhalten bislang keinen solchen Defizitausgleich.
5. Der selektive Defizitausgleich eines Landes nur für staatliche Krankenhäuser verstößt gegen das gesetzliche (§ 1 Abs. 2 S. 1 und 2 KHG) und verfassungsrechtliche (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) Gebot der Gleichbehandlung der Plankrankenhäuser (Prinzip der Trägervielfalt). Er ist des halb rechts- und verfassungswidrig.
6. Ein selektiver Defizitausgleich von Kommunen nur für eigene (kommunale) Krankenhäuser verstößt gegen das landesgesetzliche Prinzip der Trägervielfalt und das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG und ist somit unzulässig.
7. Auf eigene Krankenhäuser beschränkte Ausgleichsleistungen von Kommunen oder Ländern sind eine unzulässige Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV und deshalb unvereinbar mit dem EU-Beihilferecht. Das gilt sowohl, wenn staatliche Krankenhäuser Ausgleichsleistungen für die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung (s. § 109 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 2 SGB V) erhalten, als auch, wenn der Ausgleich „Gegenleistung“ für eine hoheitlich auferlegte Betriebspflicht ist. Eine wirksame Durchsetzung des EU-Beihilferechts und effektiver Rechtsschutz für nicht begünstigte freigemeinnützige und private Krankenhäuser erfordern Transparenz und eine entsprechende Veröffentlichung der Betrauungsakte der Länder und Kommunen.
8. Ein Defizitausgleich für alle in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen (Plan-)Krankenhäuser ist beihilferechtlich zulässig. Da sämtliche Plankrankenhäuser Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) erbringen (gesetzliche Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung), müssen sie nach dem EU-Beihilferecht bei staatlichen Ausgleichsleistungen für die Erfüllung der Versorgungspflicht gleichbehandelt werden. Art. 107 Abs. 1 AEUV ist entsprochen, wenn entweder ein selektiver Defizitausgleich für staatliche Plankrankenhäuser unterbleibt bzw. aufgehoben und rückabgewickelt wird oder alle – staatlichen, freigemeinnützigen und privaten Plankrankenhäuser – gleichgefördert werden.
9. Diese nach dem EU-Beihilferecht bestehende Wahlmöglichkeit kann den Ländern nach nationalem Recht verschlossen sein. Ein Ausgleich der Länder für Investitionskosten ist prinzipiell erforderlich, um der gesetzlichen Verpflichtung aus § 1 Abs. 1, § 4 Nr. 1, § 9 Abs. 5 KHG nachzukommen und die notwendigen Investitionskosten der Plankrankenhäuser unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze zu decken. Freigemeinnützige und private Krankenhäuser haben Anspruch auf Ausgleichsleistungen zur Investitionskostendeckung bereits wegen des gesetzlichen Gebots funktionsgerechter Finanzierung (§ 8 Abs. 1 S. 1 KHG) und aus ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Ihnen kann dieser Anspruch aber auch wegen des gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichbehandlung zustehen. Gewähren die Länder staatlichen Plankrankenhäusern bei wirtschaftlicher Betriebsführung Ausgleichsleistungen, um ihrer Verpflichtung zur Übernahme notwendiger Investitionskosten nachzukommen, müssen sie freigemeinnützigen und privaten Plankrankenhäusern nach dem Gleichbehandlungsgebot einen entsprechenden Ausgleich zahlen (§ 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 KHG, Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). Einer nach nationalem Recht gebotenen, gleichen Förderung aller Plankrankenhäuser steht das EU-Beihilferecht nicht entgegen.
10. Die Kommunen sind dagegen nach nationalem Recht (über die Krankenhausumlage hinaus) nicht zur Krankenhausfinanzierung verpflichtet. Sie entscheiden gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (Gemeinden) bzw. gem. Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. Landeskrankenhausrecht (Gemeindeverbände) eigenverantwortlich, ob und in welchem Umfang sie Plankrankenhäuser unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots finanziell unterstützen (Investitions- und Betriebskosten). Dementsprechend engt das nationale Recht die nach EU-Beihilferecht bestehende Wahlmöglichkeit für Kommunen nicht ein, selektive Ausgleichsleistungen für kommunale Krankenhäuser zu unterlassen bzw. aufzuheben und rückabzuwickeln oder sie so umzugestalten, dass freigemeinnützige und private Plankrankenhäuser die gleiche Förderung erhalten. Scheidet allerdings eine Rückzahlung der von Kommunen an ihre Krankenhäuser gezahlten Finanzmittel wegen tatsächlicher Unmöglichkeit aus, wird dem EU-Beihilferecht nur entsprochen, wenn die Kommunen freigemeinnützige und private Plankrankenhäuser gleichermaßen fördern.
11. Ohne eine Nachzahlung der in den letzten Jahren unterbliebenen Förderung durch die Sozialleistungsträger und die Länder ist die anstehende Krankenhausreform für die Krankenhäuser nicht zu bewältigen. Um die geplante Umstellung auf neue Versorgungslevel und Leistungsgruppen vornehmen und die hiermit verbundenen kostenintensiven Umstrukturierungsprozesse leisten zu können, muss die infolge unzureichender Krankenhausfinanzierung entstandene Unterfinanzierung der Krankenhäuser vor der Reform behoben werden. Die Forderungen nach „Vorschaltgesetzen“ sind daher berechtigt.
Care work 4.0
(2022)
Care-Berufe verändern sich durch demographische, technologische und wirtschaftliche Entwicklungen. Zuletzt erhöhen auch gesundheitspolitische Herausforderungen und die COVID-19 Maßnahmenpolitik den Druck auf das Sozial- und Gesundheitssystem. Dadurch befindet sich die bezahlte Care-Arbeit im berufsstrukturellen Wandel, d. h. es entstehen neue Bedingungen für und Anforderungen an diese Tätigkeiten, die in Österreich mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden.
Filbert, Alfred
(2022)
Bibliographie-Eintrag: Der Jurist Alfred Filbert gehörte von 1935 bis 1945 zu den Funktionseliten im Hauptamt des Sicherheitsdienstes des Reichsführers-SS und im Reichssicherheitshauptamt. 1941 verantwortete er als Leiter des SS-Einsatzkommandos 9 die Ermordung von rund 18 000 Juden. 1945 untergetaucht, wurde er 1959 verhaftet, 1962 zu lebenslanger Haft verurteilt und 1975 vorzeitig entlassen.
Frauenfeind, aber kein Incel
(2020)
Der Attentater von Hanau war, das verrät sein Manifest, ein Frauenfeind – aber kein Incel. Warum die Einschätzung als Incel bequem und gefährlich ist, erläutert dieser Gastbeitrag der Wissenschaftlerinnen Megan Kelly, Ann-Kathrin Rothermel und Greta Jasser, Fellows am Institute for Research on Male Supremacism (IRMS).
Die DDR im Plural
(2023)
Rechts nur noch die Wand?
(2023)
Die Macht der Sonntagsfrage
(2023)
Für das Jahr 2024 sind entscheidende Wahlen geplant – unter ihnen die
US-Präsidentschaftswahl und die Wahlen zum Europäischen Parlament. In
Deutschland werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen die Landtage
gewählt. Wahlumfragen, insbesondere die Sonntagsfrage, sind zu einem
integralen Bestandteil von Wahlkämpfen geworden; gleichzeitig steht auch
deren Zuverlässigkeit im Zentrum medialer Aufmerksamkeit. Eine Debatte über
die Kommunikation und Darstellung von Meinungsumfragen ist in Deutschland
dringend notwendig. Eine bindende Selbstverpflichtung der Umfrageinstitute und
Medienhäuser wäre eine vielversprechende Lösung.
Steigende Mieten?
(2022)
Vor dem Hintergrund rasant steigender Mieten in deutschen Großstädten untersuchen wir in einer neuen Studie die Auswirkungen von Gentrifizierung sowie von politischen Gegenmaßnahmen auf unterschiedliche Einkommensgruppen anhand eines quantitativen Modells für Berlin. Wir finden, dass eine Mietpreisbindung (wie der „Mietendeckel“) allen Haushalten, vor allem aber den ärmeren Haushalten, schadet. Andere Maßnahmen wie Neubau oder direkte Subventionen schneiden besser ab.
Factory Innovation Award
(2023)
Einmal mehr brachte die Hannover Messe die Spitzen der Industrie zusammen, um die wegweisenden Innovationen des Jahres mit dem begehrten Factory Innovation Award 2023 zu ehren. Dieser renommierte Preis, der erstmals auf der Industrial Transformation Stage verliehen wurde, markierte den Höhepunkt einer spannungsgeladenen Veranstaltung.
Leitfaden für die Erstellung von kommunalen Aktionsplänen zur Steigerung der urbanen Klimaresilienz
(2024)
Die durch Klimaveränderungen hervorgerufenen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt werden immer offensichtlicher: Neben der gesundheitlichen Gefährdung durch Hitzewellen, die deutschlandweit seit einigen Jahren eine steigende Rate an Todes- und Krankheitsfällen zur Folge hat sind in den letzten Jahren zunehmend Starkniederschläge und daraus resultierenden Überschwemmungen bzw. Sturzfluten aufgetreten. Diese ziehen zum Teil immensen wirtschaftlichen Schäden, aber auch Beeinträchtigungen für die menschliche Gesundheit – sowohl physisch als auch psychisch – sowie gar Todesopfer nach sich. Es ist davon auszugehen, dass diese Extremwetterereignisse zukünftiger noch häufiger auftreten werden.
Um die Bevölkerung besser vor den Folgen dieser Wetterextreme zu schützen, sind neben Klimaschutzmaßnahmen auch Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen zur Steigerung der kommunalen Klimaresilienz dringend notwendig. Dazu bedarf es einerseits einer Auseinandersetzung mit den eigenen kommunalen Risiken und daraus resultierenden Handlungsbedarfen, und andererseits eines interdisziplinären, querschnittsorientierten und prozessorientierten Planens und Handelns. Aktionspläne sollen diese beiden Aspekte bündeln.
In den letzten Jahren sind einige kommunale und kommunenübergreifende (Hitze-) aufgestellt worden. Diese unterscheiden sich jedoch in ihrem Inhalt und Umfang zum Teil erheblich. Mit dem vorliegenden Leitfaden soll eine effektive Hilfestellung geschaffen werden, um Kommunen bzw. die kommunale Verwaltung auf dem Weg zum eigenen Aktionsplan zu unterstützt. Dabei fokussiert der Leitfaden auf die Herausforderungen, die sich durch vermehrte Hitze- und Starkregenereignisse ergeben. Er stützt sich auf schon vorhandene Arbeitshilfen, Handlungsempfehlungen, Leitfäden und weitere Hinweise und verweist an vielen Stellen auch darauf. So soll ein praxistauglicher Leitfaden entstehen, der flexibel anwendbar ist. Mit Hilfe des vorliegenden Leitfadens können Kommunen ihre Aktivitäten auf Hitze oder Starkregen fokussieren oder einen umfassenden Aktionsplan für beide Themenbereiche erstellen.
Editorial
(2021)
Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) ist (nicht nur) für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ein komplexes, anregendes Forschungsfeld. Zugleich stellt sie für die Lehrer:innenbildung eine herausfordernde Orientierungsaufgabe dar. Dabei kann eine Transdisziplinarität als Basis gemeinsamer Forschungs- und Erkenntnisprozesse der Berufs- und Wirtschaftspädagogik und der Praxis als unumgängliche Voraussetzung zur Annäherung an eine BBNE angesehen werden. Ein Weg, der zukünftigen Berufsschullehrkräften einen praxisorientierten Zugang zur BBNE eröffnen kann, wird in dieser Ausgabe der bwp-Schriften aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben.
Das Projekt beschäftigt sich mit der visuellen Wirkungsdimension von Lyrik und der Möglichkeit ihrer analytischen Beschreibung. Dafür werden die Anordnung von Versen und Wörtern, Auszeichnungen und andere typographische Strukturen von nicht experimentellen Gedichten seit Ende des 18. Jahrhunderts im Rahmen von Modellanalysen untersucht.
Von Koscher bis Frutarismus
(2024)
Kochbücher à la religion
(2024)
Vergangenheit ist vergangen, Geschichte wird gemacht. An diesem Konstruktionsprozess sind nicht nur die historischen Akteur:innen und deren Quellen, sondern in besonderem Maße auch die Historiker:innen, die sich mit diesen auseinandersetzen, beteiligt. Sie sind es, die die Quellen erst zum Sprudeln bringen. Was dabei zutage tritt, ist somit in hohem Maße von den Forschenden selbst, von ihren Vorannahmen und Methoden aber auch von ihren sozialen, kulturellen und biografischen Prägungen abhängig. Das hier vorgestellte Prozessmodell versucht, diese als Einflussfaktoren zu fassen und sichtbar zu machen, um auf dieser Basis eine erweiterte wissenschaftliche (Selbst-)Reflexion zu ermöglichen.