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Portal Wissen = Believe
(2014)
People want to know what is real. Children enjoy listening to a story but when my children were about four years old they started asking whether the story really happened or was just invented. Likewise, only on a higher level, our academic curiosity is fuelled by our interest in knowing what is real. When we analyze poetic texts or dreams we are trying to distinguish between the facts (e.g. neurological ones or linguistic structures) and merely assumed influences. Ideally we can present results that were logically understood by others and that we can repeat empirically. But in most cases this is not possible. We cannot read every book and cannot look through every microscope, not even within our own discipline. In the world we live in we depend on trusting the information of others, like how to get to the train station or what the weather is like in Ulaanbataar. This is why we are used to believing others, our friends or the news anchors. This is not a childish behavior but a necessity. Of course, it is risky because they could all be lying to us, like in a Truman Show situation. The only time we are able to know that we are in reality is when we transcend our selfconsciousness and when we accept two propositions: first, that we are not only objects but also subjects in the consciousness of others and second that our dialogic relations are again observed by a third party that is not part of this intersubjective world.
For religious people this is “belief” - belief as the assumption that all human relations only become real, serious and beyond any doubt if they know they are under the eyes of God. Only before Him something is in itself and not only “for me” or “among us”. That is why biblical language distinguishes between three forms of belief: the relationship with the world of things (“to believe that”), the relationship to the world of subjects (“to believe somebody”) and the assumption of a subjective supernatural reality (“to believe in” or “faith”). From an academic point of view belief is a holistic hypothesis. Belief is not the opposite of knowledge but it is the attempt to save reality from doubt by comprehending the fragile empirical world as an expression of a stable transcendent world.
When I talk to students they often ask not only about what I know but what I believe. As a professor for Religious Studies and a believing Catholic I am caught in the middle. On the one hand, it is my duty as a professor to doubt everything, i.e. to attribute each religious text to its historical context and sociological functions. On the other hand, I, as a Christian, consider certain religious documents, in my case the Bible, an interpretable but nevertheless irreversible, revealed text about the origin of reality. On weekdays the New Testament is a collection of ancient writings among many others, on Sundays it is the revelation. You can make a clear distinction between these two perspectives but it is difficult to decide whether doubt or belief is more real.
This issue of “Portal Wissen” explores this dual relationship of belief. What is the attitude of science towards belief – is it a religious one? Where does science bring things to light that we can hardly believe or that make us believe (again)? What happens if research clears up erroneous assumptions or myths? Is science able to investigate things that are convincing but inexplicable? How can it maintain its credibility and develop even so?
These questions appear again and again in the contributions of this “Portal Wissen”. They form a manifold, exciting and surprising picture of the research projects and academics at the University of Potsdam. Believe me, it will be an enjoyable read.
Prof. Johann Hafner
Professor of Religious Studies with Focus on Christianity Dean of the Faculty of Arts
Portal Transfer
(2021)
Von einem „Kulturwandel“ spricht die neue Bundesregierung und will für einen „echten Innovationsschub“ Ausgründungen aus Hochschulen vorantreiben. Eine Deutsche Agentur für Transfer und Innovation soll die anwendungsorientierte Forschung stärken und mit der Wirtschaft zusammenbringen. Außerdem wünscht sie sich mehr gesellschaftliche Perspektiven in der Wissenschaft durch bürgerschaftliches Engagement.
Für die Universität Potsdam bedeutet all dies keinen Aufbruch ins Unbekannte. Im Gegenteil. Sie gehört zu den transferstärksten Hochschulen Deutschlands und belegt im nationalen Gründerradar seit Jahren vordere Plätze. Die wendebedingten Strukturprobleme in Brandenburg vor Augen, hat sie bereits in den 1990er Jahren nach Wegen und Werkzeugen gesucht, um neues Wissen und technologische Entwicklungen aus der Forschung in die Praxis überführen zu können.
Eine Erfolgsgeschichte, die sich in vielen einzelnen Erfolgsgeschichten erzählen lässt. Einige davon haben wir in diesem Magazin aufgeschrieben. So berichten wir von einem „universalen Problemlöser“, der als „KI made in Potsdam“ seinen Siegeszug um die Welt antritt. Oder von dem sehr jungen Start-up Koppla, das mit digitalem Werkzeug den Bau revolutioniert und dafür 2021 den Innovationspreis Berlin-Brandenburg erhielt. Dass nicht immer eine Firma gegründet werden muss, um Erfindungen zu verwerten, zeigt das Beispiel eines in Potsdamer Labors entwickelten Tests zur Früherkennung von Darmkrebs, der patentiert und als Lizenz an ein Unternehmen vergeben wurde.
Aber nicht nur der Transfer in die Wirtschaft zählt, sondern auch der des Wissens in die Gesellschaft. Der Gewinner des diesjährigen Better World Awards, Julian Risch, hat in seiner Doktorarbeit ein Tool entwickelt, mit dem sich Hasskommentare auf Online-Plattformen automatisch identifizieren lassen. Erste Redaktionen arbeiten damit. Wenn sich so der öffentliche Diskurs im Internet schützen und erhalten lässt, hat der junge Forscher tatsächlich dazu beigetragen, die Welt ein wenig besser zu machen.
So wie er sind viele, die in unserer zweiten Ausgabe der „Portal Transfer“ zu Wort kommen, Absolventinnen und Absolventen unserer Alma Mater. Alumni-Referentin Juliane Seip will enger als bisher mit ihnen in Kontakt bleiben und ein belastbares Netzwerk knüpfen, das gemeinsame Förderprojekte tragen kann. Gleich am Beginn dieses Magazins stellen wir sie und ihre Pläne näher vor. Zu den Ehemaligen zählt sie übrigens auch diejenigen, die zeitweise oder viele Jahre an der Universität geforscht haben, so wie der Politologe Heinz Kleger, der sich für das Neue Potsdamer Toleranzedikt engagiert hat. Oder der Wirtschaftswissenschaftler Dieter Wagner, der die Transfereinrichtungen an der Hochschule mit aufgebaut hat und heute der Universitätsgesellschaft Potsdam e.V. vorsteht. Die Vereinigung der Freunde und Förderer ist in den vergangenen Jahren auf ein Maß angewachsen, dass sie mittlerweile einzelne Fachkapitel bilden kann. Das jüngste widmet sich dem Sport, angeführt von der ehemaligen Chefin des Hochschulsports, Petra Bischoff-Krenzien. Die Entwicklung junger Athletinnen und Athleten im Studium liegt ihr besonders am Herzen.
Es gibt bestimmt viele Gründe, sich für diese Universität stark zu machen. Der wichtigste ist jedoch, dass die Allgemeinheit dabei nur gewinnen kann: durch Erfindungen und Innovationen genauso wie mithilfe kluger Ideen und neuer Erkenntnisse.
Portal Transfer
(2020)
Selten stand die Wissenschaft so stark im öffentlichen Interesse wie in der gegenwärtigen Pandemie. Alle Augen richten sich auf die Medizin, die Entwicklung eines Impfstoffs, den Schutz vor Infektionen. Mehr und mehr rückt ins Bewusstsein, dass sich ohne faktenbasierte Forschung wohl keines der globalen Probleme lösen lassen wird, mit denen wir uns jetzt und in Zukunft befassen müssen. Ob im Klima- und Umweltschutz, in der Energiepolitik, in Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder auch bei der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung – überall braucht es die Expertise aus der Wissenschaft. Umso wichtiger ist es, deren Erkenntnisse und Innovationen zügig in die Praxis zu überführen.
Wie dies aus der Universität Potsdam heraus gelingt, berichten wir in unserem neuen Magazin „Portal Transfer“. Wir erzählen von Forschenden, die etwas Neues wagen und ihre Ideen in einem eigenen Unternehmen umsetzen, wie zum Beispiel die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Ina Henkel, die Tierfutter auf Insektenbasis produziert. Wir geben lebendige Einblicke in die Arbeitsweise von Startups, porträtieren Menschen, deren Karrierewege Mut machen, und zeichnen die Motive gemeinschaftlichen Engagements nach. Nicht zuletzt erklären wir, was sich hinter dem Projekt „Inno-UP“ verbirgt, warum wir eine Universitätsschule planen und wie sich Bürgerinnen und Bürger selbst in die Forschung einbringen können.
Viele der Akteure, die wir vorstellen, sind Alumnae und Alumni der Universität, die ihr im Studium erworbenes Wissen nun im Beruf einsetzen, wie die syrische Lehrerin Wahida Alomar in einer Grundschule in Brandenburg, der Biochemiker Dr. Michael Breitenstein im Unternehmen dropnostix oder der Weltklasse-Kanute Ronald Verch im Potsdamer Zentrum für Hochschulsport. Für die besondere Leistungsstärke unserer Universität spricht, dass sie auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle und Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert zu ihren Absolventen zählt. Wie hat sich deren Perspektive auf ihre Alma Mater verändert? Wir haben sie dazu befragt.
Die Illustrationen in diesem Heft stammen übrigens ebenfalls von einer Alumna: Dr. Franziska Schwarz hat sich mit ihrer Firma SciVisTo der Wissenschaftskommunikation verschrieben. Und ist uns damit sehr nahe. Genau wie sie verstehen wir uns als Mittler zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, pflegen den Dialog, das Gespräch, die Diskussion – ob im Partnerkreis Industrie und Wirtschaft, in der Universitätsgesellschaft oder in unserer neuen Veranstaltungsreihe „Uni findet Stadt“, sobald dies die Pandemie wieder zulässt. Bis dahin laden wir Sie ein, mit uns lesend in den Gedankenaustausch zu treten. Wir freuen uns über Lob und Kritik, Ihre Anregungen und – neue Ideen!
Portal Wissen = Wandel
(2021)
Wandel macht alles anders. Seien wir ehrlich: Eigentlich ist so gut wie alles ständig in Transformation. Selbst gewaltige Bergmassive, die anmuten wie eine zu Stein gewordene Ewigkeit, werden irgendwann zu Staub zermahlen. Ist Wandel selbst also das einzig Konstante? Der griechische Philosoph Heraklit jedenfalls war dieser Ansicht. Er sagte: „Nichts ist beständiger als der Wandel.“
Wandel macht Angst. Eine Veränderung, die wir nicht erklären können, versetzt uns in Aufruhr – wie ein Zaubertrick, den wir nicht durchschauen. Viren, die mutieren, Ökosysteme, die kollabieren, Sterne, die vergehen – sie alle scheinen das fragile Gleichgewicht, das unser Dasein ermöglicht, zu gefährden. Dass wir nur zu oft selbst Stein des Anstoßes für gefährliche Verwandlungen sind, hat die Menschheit spät erkannt.
Wandel macht Hoffnung. Wandel hat Menschen schon immer fasziniert und herausgefordert, seinen Ursprung und sein Wesen zu erforschen. Durchaus mit Erfolg. Vieles verstehen wir besser als Generationen zuvor. Doch gut genug? Mitnichten. Alexander von Humboldt meinte: „Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart, lässt auf ein höheres, noch unerkanntes schließen.“ Es gibt noch viel zu tun.
Das aktuelle Heft der „Portal Wissen“ steht im Zeichen des Wandels. Wir haben mit einer Astrophysikerin gesprochen, die ihr Glück in der Erforschung der Entstehung und des Wandels der Sterne gefunden hat. Gleich mehrfach schauen wir auf den ganz irdischen Klimawandel und seine Folgen: Eine Geowissenschaftlerin hat uns erklärt, wie die Erderwärmung sich auf die Stabilität von Gebirgen auswirkt; ein Wirtschaftsforscher zeigt, warum die CO2-Steuer einen entscheidenden Beitrag zur Wirtschaftswende bedeuten könnte, und ein Jurist macht deutlich, dass der Ruf nach einem Recht auf Klimaschutz bislang noch weitgehend ungehört verhallt. Wie menschliche Landnutzung sich auf die biologische Artenvielfalt auswirkt, untersuchen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Graduiertenkolleg „BioMove“; sie haben uns Einblicke in ihre Arbeiten rund um Feldhase, Wasserfloh und Stockente gegeben. Andere Forschende nehmen Wandel eher in menschlichen Zusammenhängen in den Blick. So diskutieren ein Germanist und ein Medienwissenschaftler über die Folgen der Digitalisierung in Wissenschaft und Bildung. Eine Gruppe von Ernährungswissenschaftlern des DIfE und Sportwissenschaftlern der Uni Potsdam geht der Frage nach, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass unser Körper sich im Alter wandelt – und warum manche Menschen schneller Muskeln verlieren als andere. Und wir haben einen Blick ins KIDZ geworfen, ein Zentrum, das unkonzentrierten Kindern dabei hilft, an sich selbst zu wachsen.
Natürlich lassen wir bei all dem Wandel die Vielfalt der Forschung an der Uni Potsdam nicht aus den Augen. Ein Besuch im Labor des Projekts „OptiZeD“ lässt erahnen, welche Möglichkeiten optische Sensoren für die personalisierte Medizin von morgen bieten, während eine Bildungsforscherin erklärt, warum kulturelle Vielfalt ein Gut ist, von dem unsere Bildung profitieren kann. Außerdem berichtet eine Kulturwissenschaftlerin von der Faszination von Comics, drei junge Firmengründer von ihrer Idee einer besseren Vernetzung von Handwerkern und eine Psychologin davon, wie es ist, Gewalt in all ihren Facetten zu erforschen. Sie alle sind Teil des hoffnungsvollen Wandels, den Wissenschaft auf den Weg bringt! Viel Spaß bei der Lektüre!
Portal Transfer
(2023)
Liebe Leserinnen und Leser, kein Nachrichtentag vergeht, an dem nicht die Expertise aus der Wissenschaft gefragt ist: Ob zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine, zur UNKlimakonferenz in Ägypten, zur Flutkatastrophe in Pakistan, zum Dürresommer, zur Energiekrise, selbst zur umstrittenen Fußballweltmeisterschaft in Katar standen und stehen Expertinnen und Experten in den Medien Rede und Antwort. Auch aus der Universität Potsdam. Wir haben sie gefragt, wie sie damit umgehen, wie es ihnen gelingt, aus der laufenden Forschung heraus aktuelle Probleme zu bewerten. Und was davon bleibt, wenn das öffentliche Interesse abebbt. Für die Potsdamer Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin Sabine Kuhlmann besteht die Kunst darin, „außerhalb der Krise Ideen und Lösungsansätze zu verstetigen und sie tatsächlich in die Praxis umzusetzen“.
In unserem Alumni- und Transfermagazin berichten wir davon, was und wie die Universität Potsdam dazu beiträgt. Wir erzählen, wie Erfindungen zu Innovationen in der Wirtschaft werden und sich Start-ups auf den Weg machen, ihr Produkt selbst zu vermarkten. Das Spektrum reicht von Meeresfrüchten auf Pflanzenbasis bis zu einer App, mit der sich Frühformen der Demenz erkennen lassen. Neben neuen Technologien kommt es aber vor allem darauf an, das an der Universität erzeugte Wissen in die Praxis zu transferieren. Deshalb stellen wir ein Programm zur Bekämpfung von Hassrede in der Schule vor oder auch eine Klettertherapie zur Behandlung von Skoliose. Und wir zeigen, wie eine Studie zur sportlichen Leistungskraft von Kindern helfen kann, den Sportunterricht zu verbessern.
Den größten Teil des an der Universität produzierten Wissens tragen die Studierenden in die Welt, wenn sie nach ihrem Abschluss als Musiklehrerin in einer Schule arbeiten oder als Software-Ingenieur im eigenen Unternehmen, als Geologin nach Seltenen Erden schürfen, als Ökologe ausgelaugte Böden wieder fruchtbar machen oder als Politikerin ein Ministerium leiten. Sie alle kommen in diesem Magazin zu Wort. Oder in unserem neuen Podcast „Listen.UP“, in dem Studierende, Forschende und Alumni von ihren Transferprojekten erzählen. Von der Gründerin Ulrike Böttcher erfährt man dort zum Beispiel, wie sie mit Schnallen, Ösen und Knöpfen aus Bio- Materialien die Modeindustrie in diesem Bereich nachhaltig verändern will. Nachzulesen ist das auch in diesem Heft. Immer dort, wo das „Listen. UP“-Logo erscheint, lohnt es, zusätzlich in den Podcast hineinzuhören.
Portal Wissen = Zeichen
(2015)
Zeichen haben vielfältige Formen. Wir nutzen sie oder begegnen ihnen tagtäglich in verschiedenen Bereichen. Sie sind Stellvertreter für Wahrnehmungen und Vorstellungen: Ein Buchstabe steht für einen Laut, ein Wort oder Bild für eine Vorstellung, eine Note für einen Ton, eine chemische Formel für einen Stoff, ein Grenzstein für einen Gebietsanspruch, ein Bauwerk für eine Ideologie, eine Geste für einen Hinweis oder eine Bewertung usw.
Einerseits erschließen wir uns mit Zeichen die Welt, eignen sie uns an, richten uns in ihr ein und stellen uns in ihr mittels Zeichensetzung dar. Anderseits wird diese Bezugnahme auf Welt und uns selbst durch unsere Zeichensysteme sichtbar. Als Ausdruck eines spezifischen Umgangs mit Natur, Umwelt und Mitmensch geben sie Auskunft über Welt- und Menschenbilder einer Gesellschaft oder Epoche, über ihre sozialen Ordnungen oder ethnischen Abgrenzungen.
Als ein vom Menschen geschaffenes Netzwerk von Bedeutungen können Zeichensysteme verändert werden und mit ihnen auch Welt- und Menschenbilder. Auf sprachlicher Ebene kann dies beispielsweise durch eine wertende Vorsilbe geschehen: Kraut – Unkraut, Mensch – Unmensch, Sinn – Unsinn, oder durch hierarchisierende Begriffe wie Ober- und Unterschicht. Die Konsequenzen solcher Etikettierungen entscheiden also unter Umständen über die Daseinsberechtigung des Bezeichneten innerhalb eines Wirklichkeitsausschnitts und über die Art dieses Daseins.
Über Zeichen wird bereits seit der Antike nachgedacht, zunächst vor allem in der Philosophie. Jede Epoche hat ihre Theorien von Zeichen hervorgebracht, um sich ihrem Wesen zu nähern. Heute befasst sich insbesondere die Semiotik mit ihnen. Während sich die Linguistik auf sprachliche Zeichen konzentriert, widmet sich die Semiotik allen Zeichenarten und dem Zusammenspiel der Komponenten und Prozesse, die an ihrer Vermittlung beteiligt sind. Sie hat dafür Modelle, Methoden und Konzepte entwickelt. Mit den Konzepten der Semiose sowie der Semiosphäre beispielsweise lassen sich der Prozess der Zeichenverarbeitung, d.h. der Sinnkonstruktion, bzw. das Zusammenwirken verschiedener Zeichensysteme beleuchten. Ein eindeutiger Sinn haftet einem Zeichen nicht an, er wird kulturell und durch die jeweiligen soziökonomischen Rahmenbedingungen des entschlüsselnden Individuums mitgeprägt. Gesellschaftspolitische und soziokulturelle Entwicklungen wirken sich daher auf die Zeichenverarbeitung aus.
Sich mit Zeichen und Zeichensystemen zu befassen, mit ihrer Zirkulation und dem dabei zu beobachtenden wechselseitigen Spiel mit Formen und Deutungsmöglichkeiten, ist daher im Hinblick auf soziokulturelle Verständigungsprozesse unserer zunehmend heterogenen Gesellschaft eine dringliche und richtungsweisende Aufgabe, um Kommunikation zu optimieren und interkulturelles Verständnis zu befördern, gesellschaftliche Entwicklungen zu erkennen, zu nutzen oder aufzufangen.
Die Beiträge in diesem Heft zeigen, auf welch vielfältige Weise Wissenschaft mit Zeichen, ihrer Erforschung, Deutung und Erklärung befasst ist. So beschäftigen sich Potsdamer Sozialwissenschaftler damit, ob Eingabenstatistiken von DDR-Bürgern rückblickend als Vorzeichen der friedlichen Revolution von 1989 gelesen werden können. Kollegen vom Institut für Romanistik wiederum untersuchen, was die amerikanischen Reisetagebücher Alexander von Humboldts auszeichnet, und die Nachwuchsforscher des Graduiertenkollegs „Wicked Problems, Contested Administrations“ nehmen gezielt Probleme in den Blick, bei denen Verwaltungen vor übergroßen Fragezeichen zu stehen scheinen. Dass Wissenschaft dazu beitragen kann, Zeichen zu setzen, will ein Projekt zur Förderung nachhaltigen Konsums beweisen. Eine Initiative von Historikern, die brandenburgische Städte bei der Vermittlung der Geschichte der Reformation unterstützen zeigt, dass zwischen Wissenschaft auf der einen und Zeichen und Wundern auf der anderen Seite keine unüberbrückbare Kluft besteht.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Prof. Dr. Eva Kimminich
Professorin für Kulturen Romanischer Länder
Portal = Klima im Wandel
(2016)
Portal = Zukunft
(2023)
Haben Sie auch manchmal das Gefühl, dass die Zeit schneller verrinnt als früher? Die Tage, Wochen und Monate kommen und gehen scheinbar wie im Flug, und schon beginnt ein neues Jahr, das bereits nach einem Wimpernschlag gar nicht mehr jung ist. Vielleicht hat sich unser Zeitempfinden verändert, denn manchmal wirkt es, als würden sich die Ereignisse überschlagen. Und dabei denke ich nicht nur an die krisenhaften Veränderungen auf der Welt, die auf uns einprasseln und sich sogar überlagern. Auch unser Alltag nimmt Fahrt auf, denn wir suchen nach ständig neuen Erlebnissen und verarbeiten täglich mehr und mehr Informationen. Die Technologien um uns herum verändern sich rasant, Wissen scheint exponentiell zu wachsen und in immer kürzerer Zeit bewirken wir immer mehr auf diesem Planeten und um ihn herum. In diesem Zeitgefühl stehen wir mit einem Bein schon im Morgen: Wir sind auf das Kommende gerichtet und setzen im Hier und Jetzt alles daran, unsere Zukunft zu gestalten.
Diesem vorwärts gewandten Lebensgefühl möchten wir die aktuelle Ausgabe des Universitätsmagazins widmen und haben uns mal umgehört, was da auf uns zukommt. Auch an dieser Hochschule – so schildern Studierende, Forschende und Beschäftigte ihre Utopien der Universität der Zukunft. Und weil das nicht ohne die Vergangenheit geht, haben wir für Sie eine fotografische Zeitreise in die Geschichte der Hochschule gemacht, als heute noch morgen war. Lesen Sie, warum Literatur der Ort für Visionen des Kommenden und die digitale Literaturwissenschaft von morgen heute schon Realität ist. Erfahren Sie, wie wir künftig Musik hören werden, wie der Chemieunterricht von Morgen aussehen und der Klimawandel afrikanische Landschaften verändern wird. Haben Sie sich schon gefragt, was in zehn Jahren wohl aus ihrem Job geworden ist? Wir informieren Sie über Arbeit 4.0 und was das Homeoffice bereits jetzt mit unseren Verhandlungskompetenzen macht.
Dass ich mit den Gedanken eigentlich schon beim nächsten großen Event bin, möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Denn am 6. Mai 2023 findet der Potsdamer Tag der Wissenschaften statt, und zwar auf dem Campus Griebnitzsee. Wir freuen uns, Sie dort zu sehen!
Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Portal Wissen = Daten
(2019)
Datenassimilation? Halt! Keine Angst, treten Sie näher! Kein Zungenbrecher, keine Raketenwissenschaft. Oder doch? Wir werden sehen. Fakt ist: Datenassimilation gibt es eigentlich schon lange und (fast) überall. Doch erst im Zeitalter der Supercomputer nimmt sie Ausmaße an, die Staunen hervorruft.
Daten, kennt jeder. Assimilation jedoch ist ein schwieriger Begriff für etwas, das rings um uns die ganze Zeit stattfindet: Anpassung. Vor allem die Natur führt uns seit Millionen von Jahren vor, wie das geht mit der evolutionären Anpassung. Vom Einzeller zum Primaten, von der Alge zum Mammutbaum, vom Dino … Wer sich nicht anpassen kann, passt schnell nicht mehr ins Bild.
Und natürlich haben auch wir gelernt, uns in neuen Situationen zu orientieren und entsprechend zu handeln. Wenn wir über die Straße wollen, haben wir dafür einen Plan: an den Bordstein treten, nach links und rechts schauen und erst gehen, sobald kein Auto mehr kommt. Machen wir all dies und passen unseren Plan an den Verkehr an, den wir sehen, kommen wir nicht nur heil drüben an, sondern haben auch noch erfolgreich Datenassimilation betrieben.
Freilich klingt das anders, wenn Wissenschaftler zu erklären versuchen, wie ihnen Datenassimilation hilft. Meteorologen zum Beispiel arbeiten schon seit Jahren mit ihr. Der Deutsche Wetterdienst schreibt: „In der Numerischen Wettervorhersage versteht man unter Datenassimilation die Angleichung eines Modelllaufes an die wirkliche Entwicklung der Atmosphäre, wie sie durch die vorhandenen Beobachtungen beschrieben wird.“ Gemeint ist, dass eine Wettervorhersage nur dann genau ist, wenn das Modell, mit dem man sie berechnet, immer wieder mit neuen Messdaten aktualisiert, also assimiliert, wird.
Seit 2017 gibt es an der Universität Potsdam einen ganzen Sonderforschungsbereich, den SFB 1294, der sich mit den mathematischen Grundlagen der Datenassimilation beschäftigt. Für Portal Wissen haben wir die beiden Mathematiker und Sprecher des SFB, Prof. Sebastian Reich und Prof. Wilhelm Huisinga, gefragt, wie Datenassimilation eigentlich genau funktioniert – und in welchen Forschungsgebieten man sie künftig noch gewinnbringend einsetzen kann. Zwei Beispiele dafür haben wir uns im SFB gleich selbst angeschaut: die Analyse von Blickbewegungen und die Erforschung des Weltraumwetters.
Daneben ist die aktuelle Ausgabe des Magazins voller Forschungsprojekte, die auf verschiedenste Weise um Daten kreisen. So wirft der Atmosphärenphysiker Markus Rex einen Blick voraus auf die spektakuläre MOSAiC-Expedition, bei der der deutsche Forschungseisbrecher „Polarstern“ ab September 2019 ein Jahr lang eingefroren durch das Nordpolarmeer driften und dabei zahlreiche Daten rund um Eis, Ozean, Bio- und Atmosphäre sammeln wird. Wir haben ein Forschungskolleg besucht, dessen Doktoranden die Datensammelwut unserer neuen technologischen Alltagsbegleiter kritisch unter die Lupe nehmen. Im Projekt „TraceAge“ wollen Ernährungswissenschaftler mithilfe der Daten von Tausenden Probanden einer Langzeitstudie mehr über die Funktion von Spurenelementen in unserem Körper herausfinden. Informatiker haben eine Methode entwickelt, mit der aus der Datenflut des WWW relevante Informationen gefiltert werden, sodass Blinde leichter im Internet surfen können. Ein Biologe untersucht anhand von über Jahrzehnte hinweg erhobenen Daten, wie sich die brandenburgischen Wälder verändern. Und eine Geoforscherin arbeitet daran, aus unscheinbar wirkenden seismischen Daten ein Frühwarnsystem für Vulkanausbrüche zu entwickeln.
Außerdem haben wir uns das neue Schülerlabor der Chemiedidaktik zeigen lassen, einen Juniorprofessor für vergleichende Literaturwissenschaft nach seiner Lust am Ungewissen befragt und mit einer Verwaltungswissenschaftlerin über die Möglichkeiten der digitalen Verwaltung gesprochen. Es geht nicht zuletzt um den märkischen Eulenspiegel, personalisierte Kosmetik und die Frage, wie man Kinder für Sport und Bewegung begeistern kann. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen – und wenn Sie uns Erfahrungsdaten ihrer Lektüre zukommen lassen, werden wir unser nächstes Heft damit assimilieren. Versprochen!
Die Redaktion
Portal Wissen = Data
(2019)
Data assimilation? Stop! Don’t be afraid, please, come closer! No tongue twister, no rocket science. Or is it? Let’s see. It is a matter of fact, however, that data assimilation has been around for a long time and (almost) everywhere. But only in the age of supercomputers has it assumed amazing proportions.
Everyone knows data. Assimilation, however, is a difficult term for something that happens around us all the time: adaptation. Nature in particular has demonstrated to us for millions of years how evolutionary adaptation works. From unicellular organisms to primates, from algae to sequoias, from dinosaurs ... Anyone who cannot adapt will quickly not fit in anymore.
We of course have also learned to adapt in new situations and act accordingly. When we want to cross the street, we have a plan of how to do this: go to the curb, look left and right, and only cross the street if there’s no car (coming). If we do all this and adapt our plan to the traffic we see, we will not just safely cross the street, but we will also have successfully practiced data assimilation.
Of course, that sounds different when researchers try to explain how data assimilation helps them. Meteorologists, for example, have been working with data assimilation for years. The German Weather Service writes, “In numerical weather prediction, data assimilation is the approximation of a model run to the actual development of the atmosphere as described by existing observations.” What it means is that a weather forecast is only accurate if the model which is used for its calculation is repeatedly updated, i.e. assimilated, with new measurement data.
In 2017 an entire Collaborative Research Center was established at the University of Potsdam, CRC 1294, to deal with the mathematical basics of data assimilation. For Portal Wissen, we asked the mathematicians and speakers of the CRC Prof. Sebastian Reich and Prof. Wilhelm Huisinga how exactly data assimilation works and in which areas of research they can be used profitably in the future. We have looked at two projects at the CRC itself: the analysis of eye movements and the research on space weather.
In addition, the current issue is full of research projects that revolve around data in very different ways. Atmospheric physicist Markus Rex throws a glance at the spectacular MOSAiC expedition. Starting in September 2019, the German research icebreaker “Polarstern” will drift through the Arctic Ocean for a year and collect numerous data on ice, ocean, biosphere, and atmosphere. In the project “TraceAge”, nutritionists will use the data from thousands of subjects who participated in a long-term study to find out more about the function of trace elements in our body. Computer scientists have developed a method to filter relevant information from the flood of data on the worldwide web so as to enable visually impaired to surf the Internet more easily. And a geophysicist is working on developing an early warning system for volcanic eruptions from seemingly inconspicuous seismic data.
Not least, this issue deals with the fascination of fire and ice, the possibilities that digitization offers for administration, and the question of how to inspire children for sports and exercise. We hope you enjoy reading – and if you send us some of your reading experience, we will assimilate it into our next issue. Promised!
Portal = Mentale Gesundheit
(2023)
„Es geht mir gut!“ Wann haben Sie diesen Satz zuletzt ganz ehrlich und aus vollem Herzen gesagt? Ich hoffe, es ist nicht allzu lange her. Oft fallen uns ja auf die Frage „Wie geht es dir?“ viele Gründe ein, warum es uns nicht gut geht. Und tatsächlich können unsichere Lebensbedingungen, belastende Ereignisse, problematische soziale Beziehungen oder körperliche Erkrankungen einen großen Einfluss darauf nehmen, wie es um unsere mentale Gesundheit steht. Und doch: Es gibt immer einen Weg aus der Krise und, wie Studien zeigen, gehen viele Menschen sogar gestärkt aus ihnen hervor. Sie können das Gute in ihrem Leben besser wahrnehmen als zuvor und Dankbarkeit dafür empfinden. Letztlich ist die Frage, wie es uns geht, zentral in jeder Phase unseres Lebens – sei es in der Kindheit, in Studium und Ausbildung, im Job und im Alter. Wir widmen daher dem seelischen Wohlbefinden eine Titelgeschichte in „Portal“.
Was ist eigentlich die mentale Gesundheit? Das haben wir Prof. Dr. Petra Warschburger und Prof. Dr. Michael Rapp gefragt. Die beiden sind Expert*innen für psychische Belastungen sowohl in der Jugend als auch im Alter. Wie wirkt eigentlich Psychotherapie? Wie werden Zwangs- und soziale Störungen behandelt und warum hilft Sport bei Depressionen? Was macht Stress mit uns und wieso kann Mental Load die Psyche belasten? Welche Rolle spielt die Teamkultur für die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz und wie trainieren MINT-Studierende ihre Resilienz? In dieser Ausgabe des Universitätsmagazins finden Sie auf all diese Fragen Antworten aus der Forschung. Außerdem bieten wir Ihnen einen Überblick über die zahlreichen Anlaufstellen an Ihrer Universität, die Sie dabei unterstützen, Ihre mentale Gesundheit zu erhalten. Ob Sucht, Prokrastination und Prüfungsangst, Konflikte im Team oder Schwerbehinderung – Beschäftigte und Studierende beraten Sie und haben praktische Angebote für den Alltag im Gepäck.
Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen.
The influence of Daphnia galeata x hyalina grazing and of infochemicals released by the daphnids on the colony size and growth rate of the colonial gelatinous green alga Sphaerocystis schroeteri (Chlorococcales) was investigated in laboratory batch experiments run for 96 h. High zooplankton grazing pressure was exerted by a final concentration of 100 daphnids L-1 in the Daphnia treatments. Infochemicals were obtained by filtration (0.2 µm) of water from D. galeata x hyalina cultures (200 ind. L-1 exposed for 24 h). This filtrate was added to the S. schroeteri cultures in two concentrations corresponding to 7 and 50 daphnids L-1, respectively. The growth rate of S. schroeteri was neither affected significantly by direct Daphnia grazing nor by the presence of Daphnia infochemicals in comparison to the control. However, the portion of inedible S. schroeteri colonies (diameter > 50 µm) increased under direct grazing pressure, whereas the Daphnia infochemicals did not influence the colony size significantly. We conclude that the shift in colony size by direct zooplankton grazing denotes an effective defence mechanism against size selective feeding for colonial gelatinous green algae. This effective defence in combination with unchanged growth rates of the larger colonies (under non-limiting nutrient and light conditions) falsifies the assumption of a trade-off between minimising grazing losses and maximising growth by optimising the colony size.
Portal Wissen = small
(2016)
Let’s be honest: even science wants to make it big, at least when it comes to discovering new knowledge. Yet if one thing belongs in the annals of successful research, it is definitely small things. Scientists have long understood that their job is to explore things that they don’t see right away. Seneca once wrote, “If something is smaller than the great, this does not mean at all that it is insignificant.”
The smallest units of life, such as bacteria or viruses, can often have powerful effects. And again and again, (seemingly) large things must first be disassembled or reduced to small pieces in order to recognize their nature. One of the greatest secrets of our world – the atom, the smallest, if no longer indivisible, unit of chemical elements – revealed itself only by looking at its diminutive size. By no means is ‘small’ (German: klein) merely a counterpoint to large, at least in linguistic terms; the word comes from West Germanic klaini, which means ‘fine’ or ‘delicate,’ and is also related to the English word ‘clean.’ Fine and clean – certainly something worth striving for in scientific work. And a bit of attention to detail doesn’t hurt either.
This doesn’t mean that researchers can be smallminded; they should be ready to expect the unexpected and to adjust their work accordingly. And even if they cannot attain their goals in the short term, they need staying power to keep themselves from being talked down, from giving up.
Strictly speaking, research is like putting together a puzzle with tons of tiny pieces; you don’t want it to end. Every discovery worthy of a Nobel Prize, every major research project, has to start with a small idea, with a tiny spark, and then the planning of the minutest details can begin. What follows is work focused on minuscule details: hours of interviews searching for the secret of the cerebellum (Latin for ‘little brain’), days of field studies searching for Lilliputian forms of life, weeks of experimentation meant to render visible the microscopically tiny, months of archival research that brings odds and ends to light, or years of reading fine print. All while hunting for a big hit...
This is why we’ve assembled a few ‘little’ stories about research at the University of Potsdam, under the motto: small, but look out! Nutritional scientists are working on rescuing some of the earth’s smaller residents – mice – from the fate of ‘lab rats’ by developing alternatives to animal testing. Linguists are using innovative methods in several projects to investigate how small children learn languages. Astrophysicists in Potsdam are scanning the skies above Babelsberg for the billions of stars in the Magellan Cloud, which only seem tiny from down here. The Research Center Sanssouci, initiated by the Prussian Palaces and Gardens Foundation and the University of Potsdam, is starting small but will bring about great things for Potsdam’s cultural landscape. Biologists are drilling down to the smallest building blocks of life, looking for genes in barley so that new strains with positive characteristics can be cultivated.
Like we said: little things. Have fun reading!
The Editorial
Portal Wissen = klein
(2016)
Seien wir mal ehrlich: Auch Wissenschaft hat das Ziel, groß rauszukommen, zumindest im Namen der Erkenntnis. Dabei gilt doch: Wenn etwas ins Stammbuch erfolgreicher Forschung gehört, dann ist es wohl die Vorstellung vom Kleinen. Schließlich ist es schon immer ihr Selbstverständnis gewesen, das zu ergründen, was sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Schon Seneca war der Ansicht: „Wenn etwas kleiner ist als das Große, so ist es darum noch lange nicht unbedeutend.“
Kleinste Einheiten des Lebens wie Bakterien oder Viren bewirken Gewaltiges. Und immer wieder müssen (scheinbar) große Dinge erst ver- oder zerkleinert werden, um ihre Natur zu erkennen. Eines der größten Geheimnisse unserer Welt – das Atom als kleinste, wenn auch (nicht mehr) unteilbare Einheit der chemischen Elemente – hat sich erst beim Blick auf Winzigkeiten offenbart. Dabei war klein mitnichten immer nur das Gegenstück zu groß. Zumindest sprachlich, denn das Wort geht auf das westgermanische klaini zurück, das so viel wie „fein“ und „zierlich“ bedeutet, und ist darüber hinaus auch mit dem englischen clean, also „sauber“, verwandt. Fein und sauber – durchaus ein erstrebenswertes Credo für wissenschaftliches Arbeiten. Auch ein wenig Kleinlichkeit schadet nicht.
Dabei darf ein Forscher beileibe kein Kleingeist, sondern sollte bereit sein, das Unvermutete zu ahnen und seine Arbeit entsprechend darauf auszurichten. Und wenn das Ziel nicht kurzfristig zu erreichen ist, braucht es den namhaften langen Atem, sich nicht kleinreden zu lassen und klein beizugeben.
Genau genommen ist Forschung eigentlich ein nicht enden wollendes Klein-klein. Jede nobelpreiswürdige Entdeckung, jedes Großforschungsprojekt muss mit einer kleinen Idee, einem Fünklein beginnen, nur um anschließend bis ins Kleinste durchgeplant zu werden. Was folgt, die Niederungen der Ebene, ist Kleinarbeit: stundenlange Interviews auf der Suche nach dem Geheimnis des Kleinhirns, tagelange Feldstudien, die Kleinstlebewesen nachspüren, wochenlange Experimentreihen, die das mikroskopisch Kleine sichtbar machen sollen, monatelange Archivrecherche, die Kleinkram zutage fördert, oder jahrelange Lektüre des Kleingedruckten. All das auf der Jagd nach dem großen Wurf …
Darum haben wir Ihnen ein paar „Kleinigkeiten“ aus der Forschung an der Universität Potsdam zusammengestellt, ganz nach dem Motto: Klein, aber oho! So arbeiten Ernährungswissenschaftler daran, einigen der kleineren Erdenbewohner – den Mäusen – das Schicksal von „Laborratten“ zu ersparen, indem sie Alternativen zu Tierversuchen entwickeln. Wie Hänschen klein Sprachen lernt, untersuchen Sprachwissenschaftler gleich in mehreren Projekten und mit innovativen Methoden. Nur scheinbar klitzeklein sind dagegen die Milliarden von Sternen der Magellanschen Wolken, die Potsdamer Astrophysiker im Blick haben – vom Babelsberg aus. Die Geowissenschaftler des Graduiertenkollegs „StRATEGy“ wiederum waren vor Ort in Argentinien, um das (Klein-)„Kind“ – das Wetterphänomen El Niño – und seine Ursachen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Klein anfangen, aber (die Potsdamer Kulturlandschaft) groß rausbringen soll das Research Center Sanssouci, das die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und die Universität Potsdam gemeinsam initiiert haben. Schließlich zeigen wir, dass schon jetzt eine ganze Reihe von Projekten und Initiativen angeschoben wird, um 2019 ein Kleinod der Region neu zu entdecken: den Wanderer durch die Mark, Theodor Fontane.
Wie gesagt: Kleinigkeiten. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!
Die Redaktion
Portal Wissen = Erde
(2017)
Die Erdoberfläche wandelt sich ständig. Sie bildet den Übergang zwischen Geo-, Bio- und Klimasphäre und beeinflusst die Entwicklung unseres Planeten. Sie ist unser Lebensraum und nimmt damit eine Schlüsselrolle für das Wohlergehen der Menschheit ein. Das Gesamtsystem ist jedoch in vielerlei Hinsicht noch unverstanden.
Es ist höchste Zeit, das zu ändern, denn der Erde – und uns – bleibt nicht mehr viel Zeit. „Wir bringen in kaum mal 200 Jahren das Gleichgewicht durcheinander, das in über vier Milliarden Jahren Erdgeschichte geschaffen wurde“, mahnte der Fotograf und Filmemacher Yann Arthus-Bertrand im Jahr 2009. Nun haben sich Potsdamer und Berliner Geowissenschaftler, Biologen und Klimaforscher zusammengetan:* Gemeinsam untersuchen sie Prozesse der Erdoberfläche, um diese auf verschiedenen Raum- und Zeitskalen besser zu verstehen und Voraussagen zur Entwicklung unseres Lebensraums treffen zu können.
In der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins „Portal Wissen“ stellen wir Ihnen einige der Forschungsprojekte vor, aber auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sie vorantreiben. Dafür sind wir Forschern nach Äthiopien gefolgt, in die „Wiege der Menschheit“, wo aufwendige Bohrungen einen Blick in die Klimageschichte eröffnen. Die Analyse der mehrere Hunderttausend Jahre alten Ablagerungen bietet nicht nur Erkenntnisse für Geo- und Klimaforscher. Mithilfe modernster Genanalysen könnten Biologen sogar die Entwicklung ganzer Ökosysteme in ihrer Vielfalt über lange Zeit hinweg rekonstruieren. Dass weit blickt, wer Grenzen zwischen Disziplinen überschreitet, hat uns ein Geomikrobiologe gezeigt, dessen Forschung nicht mehr nur auf und in der Erde, sondern sogar im All stattfindet. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des Graduiertenkollegs StRATEGy wiederum zerlegen große Brocken der argentinischen Anden in dünnste Scheiben – um zu verstehen, wie das Gebirge entstanden ist. Und ein Experte für Datenanalyse erklärt, warum es nicht genügt, Unmengen an Daten zu sammeln und einen Computer damit zu füttern, sondern auch darauf ankommt, sie mit den richtigen Analyseinstrumenten lesbar zu machen.
„Die Welt ist so schön und wert, dass man um sie kämpft“, schrieb Ernest Hemnigway. Nichts anderes tun Wissenschaftler, die nach Lösungen suchen, um zu verhindern, dass die Menschheit die Erde unumkehrbar beschädigt. Wir trafen eine Wissenschaftlerin, die mit Kollegen aus ganz Europa daran arbeitet, mehr über Spurenelemente zu erfahren und Pflanzen als „Staubsauger“ für Schadstoffe einzusetzen. Und wir ließen uns erklären, wie aus der Ferne aufgenommene Satellitenbilder den Naturschutz revolutionieren.
Daneben soll die Vielfalt der Forschung an der Universität Potsdam keineswegs vergessen werden: Wir sind Verwaltungswissenschaftlern auf den Spuren erfolgreicher Reformen rund um die Welt gefolgt, haben geschaut, wie Lesen lernen besser gelingen kann, gefragt, was Nachhilfe leistet (und was nicht) und einen Blick in den vernetzten Klassenraum der Zukunft geworfen. Außerdem haben uns Germanistinnen ihre brandenburgischen Sprachschätze offenbart, Psychologinnen ihre Experimente gezeigt und eine Historikerin erklärt, warum sich das MfS in Afrika als Entwicklungshelfer betätigte. Nicht zuletzt haben wir eine Chemikerin im Labor besucht, uns in die Sprache der Klimabilder einführen lassen und einer Romanistin zugehört, die mit allen Sinnen forscht. Viel Vergnügen!
Die Redaktion
* Der Universität Potsdam (UP), des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), des Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI), des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), des Naturkundemuseums Berlin (MfN) und der Technischen Universität Berlin (TUB).
Portal Wissen = Earth
(2017)
Earth’s surface is constantly changing. It is the synergetic overlap between the geosphere, biosphere, and climatic sphere and influences the development of our planet. It is our habitat and plays a key role in maintaining the wellbeing of humanity. Many aspects of this system as a whole, however, are not yet understood.
This needs to change immediately because there is not much time left for the Earth – or for us. Photographer and filmmaker Yann Arthus- Bertrand warned in 2009, “In less than 200 years we have disturbed the balance of the Earth that has been created in over four billion years.” Potsdam and Berlin geoscientists, biologists, and climatologists have now joined forces*: They are investigating processes of the Earth's surface in order to better understand them on various spatial and time scales and to predict how our living environment will develop.
In this issue of the research magazine “Portal Wissen”, we present some of the research projects as well as the researchers who drive them. We followed researchers to Ethiopia – to the “cradle of humankind” – where elaborate drilling is offering a glimpse into climate history. Analyses of the several-hundred-thousand- year old deposits provide insights not only for geological and climate researchers. Biologists were able to reconstruct how entire ecosystems developed over long periods using state-of-the-art genetic analysis. A geomicrobiologist shows us the vast insight you get when you cross disciplinary boundaries. His research is no longer taking place on and in the earth but even in outer space. The young researchers of the research training group StRatGy cut large boulders from the Argentinean Andes into the thinnest of slices in order to understand how the mountains developed. And a data analysis expert explains why it is not enough to collect and feed a lot of data into a computer; they also have to be made readable using the right analytic tools.
“The world is a fine place and worth the fighting for,” wrote Ernest Hemingway. This is exactly what researchers are doing when they look for solutions to prevent humanity from irreversibly damaging the Earth. We met a researcher who is working with colleagues throughout Europe to learn more about trace elements and using plants as pollutant “vacuum cleaners”. And it was explained to us how satellite images taken from afar are revolutionizing nature conservation.
The diversity of research at the University of Potsdam should not be forgotten. We followed administrative scientists on the trail of successful reforms around the world and we looked at how reading can be more successful. We asked what supplementary extracurricular lessons can offer (or not offer) and looked into the networked classroom of the future. Germanists also revealed their Brandenburg linguistic treasures to us, psychologists showed us their experiments, and a historian explained to us why the MfS – the GDR state security ministry – were active as development workers. Last but not least, we visited a chemist in the lab, were introduced to the language of climate images, and listened to a romance philologist who researches with all her senses.
Enjoy your read!
The Editors
Portal = Bioökonomie
(2020)
Ein bisschen sperrig ist es schon, dieses Wort: Bioökonomie. Noch ist es vielleicht nicht in aller Munde, aber das könnte sich dieses Jahr ändern. Immerhin ist es das Thema des Wissenschaftsjahres 2020. Und selbst wenn „Bioökonomie“ dem einen oder anderen schwer über die Lippen geht – sie umgibt uns bereits. Das lässt sich auch an den zahlreichen Projekten erkennen, die sich an der Universität Potsdam mit der nachhaltigen Nutzung nachwachsender Ressourcen beschäftigen.
In dieser Ausgabe des Unimagazins Portal stellen wir Ihnen Menschen vor, die Bausteine erarbeiten für eine moderne, biobasierte Wirtschaft, die biologische Materialien, Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen umweltschonend und effizient nutzt. Eine brandenburgische Initiative zum Beispiel bringt Landwirte und Lehrer, Vertreter aus Verwaltung, Einzelhandel oder Umweltorganisationen zur bioökonomischen Wende ins Gespräch. Eine Informatikerin und eine Agrarwissenschaftlerin erklären, was die Digitalisierung in der Landwirtschaft leisten kann, und wir erfahren, wie die Universität weiter Treibhausgase einsparen wird. Ernährungswissenschaftler kultivieren Algen und Salzpflanzen, um unseren Gaumen an veränderte (land-)wirtschaftliche Bedingungen zu gewöhnen. Ob schon Alexander von Humboldt die Welt durch die Bioökonomie- Brille gesehen hat? Wie entwickeln Chemiker abbaubare Polymere? Und wie können Heilpflanzen Tropenkrankheiten bekämpfen? All dies in unserer Titelgeschichte.
Wie immer haben wir uns auch auf dem Campus umgesehen und und dabei interessante Geschichten aufgespürt. Wie studiert es sich eigentlich mit Mitte 60 – und wie ist es, als Schüler Uni-Luft zu schnuppern? Sie erfahren, wer außer Studierenden und Beschäftigten noch in den Hallen des Hochschulsports boxt und warum es so wichtig ist, sich für die Belange ausländischer Studierender einzusetzen. Botaniker zeigen uns die Flora Sansibars und zwei junge Gärtner nehmen uns mit in die Potsdamer Pflanzenwelt; wir erfahren, warum botanisches Wissen gar nicht altmodisch ist und Ernten auch Studierenden Spaß macht. Ein Spitzensportler mit Aussichten auf Olympia erklärt, warum fünf Sportarten besser sind als eine. Wir haben uns über die Gender Studies informiert und über neue Lernroboter an Schulen. Lesen Sie, wie die Universitätsschule aussehen kann und ob der Amerikanische Traum wahr geworden ist! Ob Vitamin C in der Krebstherapie eingesetzt werden könnte, warum sich ein Besuch in deutschen Geoparks lohnt und wie sich Rechtsextremismus in Deutschland entwickelt – wir haben uns schlau gemacht. 15 unverblümte Fragen hat uns ein Ernährungswissenschaftler beantwortet. Und wir wollten noch mehr wissen: Wie das Wetter eigentlich bei Shakespeare ist, warum das Lehramt der tollste Beruf der Welt ist, wie die Potsdamer Konferenz die Welt veränderte und welche optischen Schätze sich im Fotoarchiv der Uni Potsdam verbergen. Zuletzt erfreuen Sie sich doch an einigen verbalen Schätzen, die hier und da an der Universität gehoben werden.
Portal Wissen = rich
(2017)
The current Issue of Portal Wissen is entitled “reich”, a German word with several meanings. Both an adjective and a noun, it can be translated as rich, wealthy, and abundant, or realm, empire, and kingdom. It is also part of words like Reichtum (wealth, fortune), Reichweite (reach, scope), lehrreich (informative, instructive) and ruhmreich (glorious, renowned*).
Realms – a complex subject. While the worldly empires of mankind come and go, even if they often claim the opposite, and the eternal existence of the kingdom of heaven has not been credibly proven, another and much older realm has an almost inexhaustible wealth – the animal and plant kingdom.
Speaking of wealth: Some people are rich and want to stay rich at any price. Others still want to become rich and are looking for a path to wealth – some for the fastest, some for the easiest, and some for the perfect path. There are even people who want to leave nothing to chance and use a scientific approach, for example the American author Wallace D. Wattles, who published the book The Science of Getting Rich in 1903. His essay was intended for “for the men and women whose most pressing need is for money; who wish to get rich first, and philosophize afterward.” He was so convinced of his work that he even offered a guarantee of success. Anyone who followed his manual would “undoubtedly become rich because the science that is used here is an exact science, and failure is impossible.”
Wattles has been almost forgotten, but the secret of wealth – at least financial wealth – seems anything but deciphered. Some have got it, others want it. There are worlds in between – as well as envy, prejudices and ignorance. More than enough reason for us to look again at Wallace D. Wattles and his self-confidently presented alleged relationship between wealth and science, and to say: Yes! Of course, science makes us rich, but primarily rich in perception, experience and – in knowledge. Science in itself is not glorious but instructive. The great thing is: All can equally benefit from the wealth created by science at the same time. Nobody has to get rich at the expense of others, on the contrary: You can often achieve much more together with others. Everything else comes (almost) by itself. “Those who acquire knowledge are richly rewarded by God,” is the religiously informed praise of sciences by the Islamic prophet Muhammad.
The current issue of the Portal Wissen, however, focuses on facts, which is admittedly not in style at the moment. We therefore invite you to a tour of the University of Potsdam and its partners. It is about studies on the rich biodiversity of porpoises and lab mice. We present a historian who studies rich church treasures and talk with an education researcher about the secret of financial wealth. German philologists explain the rich language of literary criticism in the era of Enlightenment, and we follow a geo-scientist into the mountains where he moved large boulders to find the right stones. It is also about the cities of tomorrow, which have many high-rise buildings but are still (rich in) green, abundant water from once-in-acentury flash floods, and insects as an alternative to a rich diet of tomorrow. We take you to the border area of two disciplines where law and philosophy work hand in hand, talk with two literary scholars who are studying the astounding reach of the Schlager phenomenon of traditional German-language pop music, and learn from a sustainability researcher how to work together to achieve long-term solutions for pressing global problems.
We wish you a pleasant read!
The Editors