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Was bewegt Menschen dazu, freiwillig in einem Krieg zu kämpfen, obwohl ihr Heimatland nicht involviert ist? Warum riskieren sie in Konflikten weltweit ihr Leben für eine fremde Sache? Bedeutet das Fehlen institutioneller Strukturen, die den Akteuren klare Regeln und Verhaltensweisen vorgeben würden, immer eine Eskalation von Gewalt? Diese Studie hilft, das Phänomen freiwilliger Kombattanten zu verstehen. Am Fallbeispiel internationaler Kriegsfreiwilliger, die in den Jugoslawienkriegen der 1990er Jahre auf Seiten Kroatiens kämpften, macht Julia Ludwig zudem den Mehrwert einer Analyse kultureller Faktoren in der Gewaltforschung deutlich.
Die aktuelle COVID-19-Pandemie zeigt deutlich, wie sich Infektionskrankheiten weltweit verbreiten können. Neben Viruserkrankungen breiten sich auch multiresistente bakterielle Erreger weltweit aus. Dementsprechend besteht ein hoher Bedarf, durch frühzeitige Erkennung Erkrankte zu finden und Infektionswege zu unterbrechen.
Herkömmliche kulturelle Verfahren benötigen minimalinvasive bzw. invasive Proben und dauern für Screeningmaßnahmen zu lange. Deshalb werden schnelle, nichtinvasive Verfahren benötigt.
Im klassischen Griechenland verließen sich die Ärzte unter anderem auf ihren Geruchssinn, um Infektionen und andere Krankheiten zu differenzieren. Diese charakteristischen Gerüche sind flüchtige organische Substanzen (VOC), die im Rahmen des Metabolismus eines Organismus entstehen. Tiere, die einen besseren Geruchssinn haben, werden trainiert, bestimmte Krankheitserreger am Geruch zu unterscheiden. Allerdings ist der Einsatz von Tieren im klinischen Alltag nicht praktikabel. Es bietet sich an, auf technischem Weg diese VOCs zu analysieren.
Ein technisches Verfahren, diese VOCs zu unterscheiden, ist die Ionenmobilitätsspektrometrie gekoppelt mit einer multikapillaren Gaschromatographiesäule (MCC-IMS). Hier zeigte sich, dass es sich bei dem Verfahren um eine schnelle, sensitive und verlässliche Methode handelt.
Es ist bekannt, dass verschiedene Bakterien aufgrund des Metabolismus unterschiedliche VOCs und damit eigene spezifische Gerüche produzieren. Im ersten Schritt dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die verschiedenen Bakterien in-vitro nach einer kurzen Inkubationszeitzeit von 90 Minuten anhand der VOCs differenziert werden können. Hier konnte analog zur Diagnose in biochemischen Testreihen eine hierarchische Klassifikation der Bakterien erfolgen.
Im Gegensatz zu Bakterien haben Viren keinen eigenen Stoffwechsel. Ob virusinfizierte Zellen andere VOCs als nicht-infizierte Zellen freisetzen, wurde an Zellkulturen überprüft. Hier konnte gezeigt werden, dass sich die Fingerprints der VOCs in Zellkulturen infizierter Zellen mit Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) von nicht-infizierten Zellen unterscheiden.
Virusinfektionen im intakten Organismus unterscheiden sich von den Zellkulturen dadurch, dass hier neben Veränderungen im Zellstoffwechsel auch durch Abwehrmechanismen VOCs freigesetzt werden können.
Zur Überprüfung, inwiefern sich Infektionen im intakten Organismus ebenfalls anhand VOCs unterscheiden lassen, wurde bei Patienten mit und ohne Nachweis einer Influenza A Infektion als auch bei Patienten mit Verdacht auf SARS-CoV-2 (Schweres-akutes-Atemwegssyndrom-Coronavirus Typ 2) Infektion die Atemluft untersucht. Sowohl Influenza-infizierte als auch SARS-CoV-2 infizierte Patienten konnten untereinander und von nicht-infizierten Patienten mittels MCC-IMS Analyse der Atemluft unterschieden werden.
Zusammenfassend erbringt die MCC-IMS ermutigende Resultate in der schnellen nichtinvasiven Erkennung von Infektionen sowohl in vitro als auch in vivo.
Abzug unter Beobachtung
(2022)
Mehr als vier Jahrzehnte lang beobachteten die Streitkräfte und Militärnachrichtendienste der NATO-Staaten die sowjetischen Truppen in der DDR. Hierfür übernahm in der Bundesrepublik Deutschland der Bundesnachrichtendienst (BND) die militärische Auslandsaufklärung unter Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden. Die Bundeswehr betrieb dagegen taktische Fernmelde- und elektronische Aufklärung und hörte vor allem den Funkverkehr der „Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“ (GSSD) ab. Mit der Aufstellung einer zentralen Dienststelle für das militärische Nachrichtenwesen, dem Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr, bündelte und erweiterte zugleich das Bundesministerium für Verteidigung in den 1980er Jahren seine analytischen Kapazitäten. Das Monopol des BND in der militärischen Auslandsaufklärung wurde von der Bundeswehr dadurch zunehmend infrage gestellt.
Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 befanden sich immer noch mehr als 300.000 sowjetische Soldaten auf deutschem Territorium. Die 1989 in Westgruppe der Truppen (WGT) umbenannte GSSD sollte – so der Zwei-plus-Vier-Vertrag – bis 1994 vollständig abziehen. Der Vertrag verbot auch den drei Westmächten, in den neuen Bundesländern militärisch tätig zu sein. Die für die Militäraufklärung bis dahin unverzichtbaren Militärverbindungsmissionen der Westmächte mussten ihre Dienste einstellen. Doch was geschah mit diesem „alliierten Erbe“? Wer übernahm auf deutscher Seite die Aufklärung der sowjetischen Truppen und wer kontrollierte den Truppenabzug?
Die Studie untersucht die Rolle von Bundeswehr und BND beim Abzug der WGT zwischen 1990 und 1994 und fragt dabei nach Kooperation und Konkurrenz zwischen Streitkräften und Nachrichtendiensten. Welche militärischen und nachrichtendienstlichen Mittel und Fähigkeiten stellte die Bundesregierung zur Bewältigung des Truppenabzugs zur Verfügung, nachdem die westlichen Militärverbindungsmissionen aufgelöst wurden? Wie veränderten sich die Anforderungen an die militärische Auslandsaufklärung des BND? Inwieweit setzten sich Konkurrenz und Kooperation von Bundeswehr und BNDbeim Truppenabzug fort? Welche Rolle spielten dabei die einstigen Westmächte? Die Arbeit versteht sich nicht nur als Beitrag zur Militärgeschichte, sondern auch zur deutschen Nachrichtendienstgeschichte.
Ein schonender Umgang mit den Ressourcen und der Umwelt ist wesentlicher Bestandteil des modernen Bergbaus sowie der zukünftigen Versorgung unserer Gesellschaft mit essentiellen Rohstoffen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung analytischer Strategien, die durch eine exakte und schnelle Vor-Ort-Analyse den technisch-praktischen Anforderungen des Bergbauprozesses gerecht werden und somit zu einer gezielten und nachhaltigen Nutzung von Rohstofflagerstätten beitragen. Die Analysen basieren auf den spektroskopischen Daten, die mittels der laserinduzierten Breakdownspektroskopie (LIBS) erhalten und mittels multivariater Datenanalyse ausgewertet werden. Die LIB-Spektroskopie ist eine vielversprechende Technik für diese Aufgabe. Ihre Attraktivität machen insbesondere die Möglichkeiten aus, Feldproben vor Ort ohne Probennahme oder ‑vorbereitung messen zu können, aber auch die Detektierbarkeit sämtlicher Elemente des Periodensystems und die Unabhängigkeit vom Aggregatzustand. In Kombination mit multivariater Datenanalyse kann eine schnelle Datenverarbeitung erfolgen, die Aussagen zur qualitativen Elementzusammensetzung der untersuchten Proben erlaubt. Mit dem Ziel die Verteilung der Elementgehalte in einer Lagerstätte zu ermitteln, werden in dieser Arbeit Kalibrierungs- und Quantifizierungsstrategien evaluiert. Für die Charakterisierung von Matrixeffekten und zur Klassifizierung von Mineralen werden explorative Datenanalysemethoden angewendet. Die spektroskopischen Untersuchungen erfolgen an Böden und Gesteinen sowie an Mineralen, die Kupfer oder Seltene Erdelemente beinhalten und aus verschiedenen Lagerstätten bzw. von unterschiedlichen Agrarflächen stammen.
Für die Entwicklung einer Kalibrierungsstrategie wurden sowohl synthetische als auch Feldproben von zwei verschiedenen Agrarflächen mittels LIBS analysiert. Anhand der Beispielanalyten Calcium, Eisen und Magnesium erfolgte die auf uni- und multivariaten Methoden beruhende Evaluierung verschiedener Kalibrierungsmethoden. Grundlagen der Quantifizierungsstrategien sind die multivariaten Analysemethoden der partiellen Regression der kleinsten Quadrate (PLSR, von engl.: partial least squares regression) und der Intervall PLSR (iPLSR, von engl.: interval PLSR), die das gesamte detektierte Spektrum oder Teilspektren in der Analyse berücksichtigen. Der Untersuchung liegen synthetische sowie Feldproben von Kupfermineralen zugrunde als auch solche die Seltene Erdelemente beinhalten. Die Proben stammen aus verschiedenen Lagerstätten und weisen unterschiedliche Begleitmatrices auf. Mittels der explorativen Datenanalyse erfolgte die Charakterisierung dieser Begleitmatrices. Die dafür angewendete Hauptkomponentenanalyse gruppiert Daten anhand von Unterschieden und Regelmäßigkeiten. Dies erlaubt Aussagen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der untersuchten Proben im Bezug auf ihre Herkunft, chemische Zusammensetzung oder lokal bedingte Ausprägungen. Abschließend erfolgte die Klassifizierung kupferhaltiger Minerale auf Basis der nicht-negativen Tensorfaktorisierung. Diese Methode wurde mit dem Ziel verwendet, unbekannte Proben aufgrund ihrer Eigenschaften in Klassen einzuteilen.
Die Verknüpfung von LIBS und multivariater Datenanalyse bietet die Möglichkeit durch eine Analyse vor Ort auf eine Probennahme und die entsprechende Laboranalytik weitestgehend zu verzichten und kann somit zum Umweltschutz sowie einer Schonung der natürlichen Ressourcen bei der Prospektion und Exploration von neuen Erzgängen und Lagerstätten beitragen. Die Verteilung von Elementgehalten der untersuchten Gebiete ermöglicht zudem einen gezielten Abbau und damit eine effiziente Nutzung der mineralischen Rohstoffe.
Das kolonisierte Heiligtum
(2022)
Während der Zeit des historischen Kolonialismus wurden in Völkerkundemuseen komplexe Formen rassistischer und religiöser Diskriminierung institutionalisiert, z.B. in den dort gültigen Ästhetik- und Kunstbegriffen. Viele der heutigen Museumsangestellten erklären sich deswegen zu Reformen bereit. Doch können sie sich tatsächlich vom Kolonialismus trennen? Ist eine Dekolonisation ethnologischer Museen mit kolonialer Beute je abschließend möglich? Am Beispiel umstrittener Heiligtümer lebender Kulturen untersucht Christoph Balzar das Verfahren der Musealisierung durch die Linse der Diskriminierungskritik. Im Fokus stehen dabei die Sammlungen der »Staatlichen Museen zu Berlin«.
Zu Seiner Majestät allerhöchstem Interesse als titelgebendem Zitat bekannten sich die zeitgenössischen Amtsträger in ihrer Beeidigung als grundlegende Maxime des durch den König verkörperten werdenden preussischen Staates.Die Domänenpolitik Friedrich Wilhelms I., dem zweiten preussischen König, war die wesentliche Voraussetzung für die folgende Entwicklung Preussens von einer Regionalmacht im Heiligen Römischen Reich zu einer europäischen Grossmacht. Ohne nennenswerte Rohstoffe und handwerkliche Traditionen, agrarisch geprägt und ganz dem merkantilistischen Wirtschaftsmodell und seiner kameralistischen Methodik verhaftet, war der Ausbau und die Intensivierung der landesherrlichen Gutswirtschaft der für Preussen verheissungsvollste Weg zur Erwirtschaftung der Mittel, die es zum Schuldenabbau, dem Aufbau einer starken Militärmacht und Anhäufung eines Staatsschatzes befähigte. Erreicht wurde dies durch konsequente Einnahmen- und Ausgabenkontrolle und die Schaffung eines effizienten Verwaltungsapparates mit detaillierten Vorschriften, was knapp einhundert Jahre Bestand behalten sollte und bis zu nahezu 50 Prozent der Staatseinnahmen hervorbrachte. Das friderizianische Preussen wäre ohne die Leistungen Friedrich Wilhelms I. nicht möglich gewesen.Der vorliegende Band stellt diese Entwicklung mit einer Fülle von Quellenmaterial und dessen Auswertungen sowie einem umfangreichen Anhang unter Beweis. Der allein 22seitige Personenindex mit über 1.300 Verweisen und 103 Kurzbiogra-fien der kurmärkischen Kammerräte machen deutlich, wer hinter den Leistungen dieser Epoche stand.
Der Jüdische Friedhof in Potsdam am Pfingstberg wurde 1743 angelegt und kontinuierlich bis in die NS-Zeit belegt. Bis Anfang des 21. Jahrhunderts gab es vereinzelte Begräbnisse mit Bezug zur alten Jüdischen Gemeinde Potsdams; mehrere Gedenkanlagen wurden errichtet. Mit mehr als 500 historischen Grabanlagen, seinem Ensemble aus Friedhofsbauten sowie aufgrund seiner Landschaftsarchitektur gehört dieser Ort heute zum UNESCO-Welterbe.
Teil 1 von Anke Geißler-Grünbergs Studie ist der Geschichte des Friedhofs gewidmet. Nach einem Blick auf die Rolle der Jüdischen Gemeinde Potsdams als Eigentümerin des Friedhofs erfolgt unter Auswertung von umfangreichem Archivmaterial eine detaillierte Darstellung der Geschichte des „Guten Ortes“. Eine Untersuchung sämtlicher Grabmale auf unterschiedliche Gestaltungsmerkmale visualisiert und rekonstruiert die Veränderungen in der erhaltenen Sepulkralkultur. Abschließend richtet sich der Fokus auf den Umgang mit dem Friedhof als Ort der Erinnerung.
Teil 2 bietet die Dokumentation von 370 Grabanlagen. Um den Friedhof in seiner Gesamtheit abzubilden, wurde die 1992 erfolgte Teildokumentation der 158 Grabsteine des gesamten ältesten Begräbnisfeldes ergänzend hinzugenommen. Mit mehr als 1.000 Fotos wird hier ein einmaliges Zeugnis der Brandenburger Juden dokumentiert.
Der Jüdische Friedhof in Potsdam am Pfingstberg wurde 1743 angelegt und kontinuierlich bis in die NS-Zeit belegt. Bis Anfang des 21. Jahrhunderts gab es vereinzelte Begräbnisse mit Bezug zur alten Jüdischen Gemeinde Potsdams; mehrere Gedenkanlagen wurden errichtet. Mit mehr als 500 historischen Grabanlagen, seinem Ensemble aus Friedhofsbauten sowie aufgrund seiner Landschaftsarchitektur gehört dieser Ort heute zum UNESCO-Welterbe.
Teil 1 von Anke Geißler-Grünbergs Studie ist der Geschichte des Friedhofs gewidmet. Nach einem Blick auf die Rolle der Jüdischen Gemeinde Potsdams als Eigentümerin des Friedhofs erfolgt unter Auswertung von umfangreichem Archivmaterial eine detaillierte Darstellung der Geschichte des „Guten Ortes“. Eine Untersuchung sämtlicher Grabmale auf unterschiedliche Gestaltungsmerkmale visualisiert und rekonstruiert die Veränderungen in der erhaltenen Sepulkralkultur. Abschließend richtet sich der Fokus auf den Umgang mit dem Friedhof als Ort der Erinnerung.
Teil 2 bietet die Dokumentation von 370 Grabanlagen. Um den Friedhof in seiner Gesamtheit abzubilden, wurde die 1992 erfolgte Teildokumentation der 158 Grabsteine des gesamten ältesten Begräbnisfeldes ergänzend hinzugenommen. Mit mehr als 1.000 Fotos wird hier ein einmaliges Zeugnis der Brandenburger Juden dokumentiert.
Die betriebliche oder „arbeitsplatzorientierte Grundbildung (AoG)“ ist ein noch junges Forschungsgebiet der wissenschaftlichen Erwachsenenbildung. Neuerdings wenden sich auch betriebliche Kursangebote an die „Bildungsverlierer“ unseres Schulsystems, die mit z.T. massiven Problemen die Haupt- oder Sonderschule verlassen. Diese qualitative Studie ist dem Bereich der subjektwissenschaftlichen Lernforschung zuzuordnen. Sie rekonstruiert die subjektiven Lernbegründungen der formal gering literalisierten Beschäftigten, wenn sie an Grundbildungskursen am Arbeitsplatz teilnehmen. Die Studie zeigt auf, dass erhebliche lernbiografisch begründete Widerstände überwunden werden müssen, um – eingebettet in Anerkennungsverhältnisse im Kurs – zu persönlich bedeutsamem produktivem Lernen vorzudringen. Zunächst sind Freiwilligkeit und Teilnehmendenorientierung in Kursen häufig in Frage gestellt. Mehr oder weniger reflektierte Lernwiderstände mit defensiven Lerngründen werden insofern vom Autor als subjektiv sinnvolle Handlungsstrategien verstanden. Als lebenslang tätiger Praktiker erläutert der Autor, wie die Resultate der Studie für eine gute Praxis betrieblicher Grundbildung genutzt werden können.
Queer Curating
(2022)
Dieses Buch ist für alle, die mutig genug sind, sich selbst und das Zeigen von Kunst zu stören. Beatrice Miersch entwirft radikal-relationale Alternativen zu zeitgenössischen Ausstellungspraktiken. Um sich der gesellschaftlichen Verantwortung im Rahmen des Ausstellens von Kunst zu stellen, erprobt sie queer-feministische, kulturwissenschaftliche und selbstreflektierende Methoden in der Praxis und Theorie des Kuratierens. Momente kuratorischer Störung werden zu produktiv-schöpferischen Momenten der Unterbrechung, mit denen sie reflektierte, offene, engagierte und vulnerable Perspektiven auf das Ausstellen eröffnet und tradierte Strukturen durchbricht.
Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden im Kontext von schulpraktischen Erfahrungen
(2022)
Selbstwirksamkeitserwartungen spielen eine wichtige Rolle für das professionelle Verhalten von Lehrkräften im Unterricht (Tschannen-Moran et al., 1998) sowie für die Leistungen und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler (Mojavezi & Tamiz, 2012). Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehrkräften sind definiert als die Überzeugung von Lehrkräften, dass sie in der Lage sind, bestimmte Ziele in einer spezifischen Situation zu erreichen (Dellinger et al., 2008; Tschannen-Moran & Hoy, 2001). Aufgrund der bedeutenden Rolle der Lehrkräfte im Bildungssystem und in der Gesellschaft ist es wichtig, das Wohlbefinden, die Produktivität und die Wirksamkeit von Lehrkräften zu fördern (Kasalak & Dagyar, 2020). Empirische Befunde unterstreichen die positiven Effekte von Selbstwirksamkeitserwartungen bei Lehrkräften auf ihr Wohlbefinden (Perera & John, 2020) und auf das Lernen sowie die Leistungen der Schülerinnen und Schüler (Zee & Koomen, 2016). Dabei mangelt es jedoch an empirischer Forschung, die die Bedeutung von Selbstwirksamkeitserwartungen bei Lehramtsstudierende in der Lehrkräftebildung untersucht (Yurekli et al., 2020), insbesondere während schulpraktischen Ausbildungsphasen. Ausgehend von der Bedeutung eigener Unterrichtserfahrungen, die als mastery experience, d.h. als stärkste Quelle von Selbstwirksamkeit für Lehramtsstudierende, beschrieben wurden (Pfitzner-Eden, 2016b), werden in dieser Dissertation Praxiserfahrungen als Quelle von Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden und die Veränderung der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden während der Lehrkräfteausbildung untersucht. Studie 1 konzentriert sich daher auf die Veränderung der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden während kurzer praktischer Unterrichtserfahrungen im Vergleich zur Online-Lehre ohne Unterrichtserfahrung. Aufgrund inkonsistenter Befunde zu den wechselseitigen Beziehungen zwischen den Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehrkräften und ihrem Unterrichtsverhalten (Holzberger et al., 2013; Lazarides et al., 2022) wurde in Studie 2 der Zusammenhang zwischen der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden und ihrem Unterrichtsverhalten während des Lehramtsstudiums untersucht. Da Feedback als verbale Überzeugung (verbal persuasion) dienen kann und somit eine wichtige Quelle für Selbstwirksamkeitserwartungen ist, die das Gefühl der Kompetenz stärkt (Pfitzner-Eden, 2016b), fokussiert Studie 2 den Zusammenhang zwischen der Veränderung der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden und der wahrgenommenen Qualität des Peer-Feedbacks im Kontext kurzer schulpraktischer Erfahrungen während des Lehramtsstudiums. Darüber hinaus ist es für die Untersuchung der Veränderung von Selbstwirksamkeit bei Lehramtsstudierenden wichtig, individuelle Persönlichkeitsaspekte und spezifische Bedingungen der Lernumgebung in der Lehrkräftebildung zu untersuchen (Bach, 2022). Ausgehend von der Annahme, dass die Unterstützung von Reflexionsprozessen in der Lehrkräftebildung (Menon & Azam, 2021) und der Einsatz innovativer Lernsettings wie VR-Videos (Nissim & Weissblueth, 2017) die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden fördern, werden in Studie 3 und Studie 4 Reflexionsprozesse bei Lehramtsstudierenden in Bezug auf ihre eigenen Unterrichtserfahrungen bzw. stellvertretenden Unterrichtserfahrungen anderer untersucht. Vor dem Hintergrund inkonsistenter Befunde und fehlender empirischer Forschung zu den Zusammenhängen zwischen Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden und verschiedenen Faktoren, die das Lernumfeld oder persönliche Merkmale betreffen, sind weitere empirische Studien erforderlich, die verschiedene Quellen und Zusammenhänge der Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden während des Lehramtsstudiums untersuchen. In diesem Zusammenhang wird in der vorliegenden Dissertation der Frage nachgegangen, welche individuellen Merkmale und Lernumgebungen die Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden – insbesondere während kurzer schulpraktischer Phasen im Lehramtsstudium fördern können. Darüber hinaus schließt die Dissertation mit der Diskussion der Ergebnisse aus den vier Teilstudien ab, indem Stärken und Schwächen jeder Studie gesamtheitlich in den Blick genommen werden. Abschließend werden Limitationen und Implikationen für die weitere Forschung und die Praxis diskutiert.
Die Conversos
(2022)
Das 15. Jahrhundert ist das Zeitalter der letzten Massenkonversionen zum Christentum auf der Iberischen Halbinsel. Unter starkem Druck und zum Teil mit Gewalt wurde die zuvor große jüdische Bevölkerung gedrängt, sich taufen zu lassen. Gleichwohl akzeptierten große Teile der christlichen Mehrheit die Neubekehrten nicht als gleichwertig und bezweifelten ihre Rechtgläubigkeit. Gegen diese Diskriminierung wandten sich immer wieder Geistliche und Gelehrte mit Predigten, Briefen und Denkschriften. Die vorliegende Studie zeichnet erstmals detailliert die wesentlichen Inhalte ihrer Theologie nach, ihre spezielle Auslegung der Bibel und deren Wurzeln in Recht und Tradition der lateinischen Kirche.
Die Arbeit ist ein Beitrag zu einer grundlegenden Diskussion der Kapitalmarktforschung, dem messbaren Erfolg „aktiver vs. passiver“ Investmentstrategien. Der Autor setzt sich kritisch mit den wesentlichen Anlagestrategien und Modellen für Indexprodukte auseinander und beleuchtet zugleich Closet Indexing bei aktiv gemanagten Investmentfonds. Das Ergebnis zeigt, dass Closet Indexing nicht nur sporadisch auftritt, sondern eine weit verbreitete Anlagestrategie in vielen vermeintlich aktiv gemanagten Aktieninvestmentfonds ist.
Die Arbeit gibt einen Einblick in die Verständigungspraxen bei Stadtführungen mit (ehemaligen) Obdachlosen, die in ihrem Selbstverständnis auf die Herstellung von Verständnis, Toleranz und Anerkennung für von Obdachlosigkeit betroffene Personen zielen. Zunächst wird in den Diskurs des Slumtourismus eingeführt und, angesichts der Vielfalt der damit verbundenen Erscheinungsformen, Slumming als organisierte Begegnung mit sozialer Ungleichheit definiert. Die zentralen Diskurslinien und die darin eingewobenen moralischen Positionen werden nachvollzogen und im Rahmen der eigenommenen wissenssoziologischen Perspektive als Ausdruck einer per se polykontexturalen Praxis re-interpretiert. Slumming erscheint dann als eine organisierte Begegnung von Lebensformen, die sich in einer Weise fremd sind, als dass ein unmittelbares Verstehen unwahrscheinlich erscheint und genau aus diesem Grund auf der Basis von gängigen Interpretationen des Common Sense ausgehandelt werden muss. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit, wie sich Teilnehmer und Stadtführer über die Erfahrung der Obdachlosigkeit praktisch verständigen und welcher Art das hierüber erzeugte Verständnis für die im öffentlichen Diskurs mit vielfältigen stigmatisierenden Zuschreibungen versehenen Obdachlosen ist. Dabei interessiert besonders, in Bezug auf welche Aspekte der Erfahrung von Obdachlosigkeit ein gemeinsames Verständnis möglich wird und an welchen Stellen dieses an Grenzen gerät. Dazu wurden die Gesprächsverläufe auf neun Stadtführungen mit (ehemaligen) obdachlosen Stadtführern unterschiedlicher Anbieter im deutschsprachigen Raum verschriftlicht und mit dem Verfahren der Dokumentarischen Methode ausgewertet. Die vergleichende Betrachtung der Verständigungspraxen eröffnet nicht zuletzt eine differenzierte Perspektive auf die in den Prozessen der Verständigung immer schon eingewobenen Anerkennungspraktiken. Mit Blick auf die moralische Debatte um organisierte Begegnungen mit sozialer Ungleichheit wird dadurch eine ethische Perspektive angeregt, in deren Zentrum Fragen zur Vermittlungsarbeit stehen.
Lehrkräftefortbildungen bieten in Deutschland im Rahmen der dritten Phase der Lehrkräftebildung eine zentrale Lerngelegenheit für die Kompetenzentwicklung der Lehr-kräfte (Avalos, 2011; Guskey & Yoon, 2009). In dieser Phase können Lehrkräfte aus einem Angebot an berufsbegleitenden Lerngelegenheiten wählen, die auf die Anpassung und Weiterentwicklung ihrer professionellen Kompetenzen abzielen. Im Rahmen dieser Professionalisierungsmaßnahmen haben Lehrkräfte Gelegenheit zur Reflexion und Weiterentwicklung ihrer Unterrichtspraxis. Deshalb sind Lehrkräftefortbildungen auch für die Entwicklung von Unterrichtsqualität und das Lernen der Schüler:innen bedeutsam (Lipowsky, 2014).
Ergebnisse der Nutzungsforschung zeigen jedoch, dass das Fortbildungsangebot nicht von allen Lehrkräften im vollen Umfang genutzt wird und sich Lehrkräfte in dem Nutzungsumfang dieser beruflichen Lerngelegenheiten unterscheiden (Hoffmann & Richter, 2016). Das hat zur Folge, dass das Wirkpotenzial des Fortbildungsangebots nicht voll ausgeschöpft werden kann. Um die Nutzung von Lehrkräftefortbildungen zu fördern, werden auf unterschiedlichen Ebenen verschiedene Steuerungsinstrumente von Akteuren eingesetzt. Die Frage nach der Steuerungsmöglichkeit im Rahmen der dritten Phase der Lehrkräftebildung ist bislang jedoch weitestgehend unbearbeitet geblieben.
Die vorliegende Arbeit knüpft an die bestehende Forschung zur Lehrkräftefortbildung an und nutzt die theoretische Perspektive der Educational Governance, um im Rahmen von vier Teilstudien der Frage nachzugehen, welche Instrumente und Potenziale der Steue-rung auf den unterschiedlichen Ebenen des Lehrkräftefortbildungssystems bestehen und wie diese durch die verschiedenen politischen und schulischen Akteure umgesetzt werden. Außerdem soll der Frage nachgegangen werden, wie wirksam die genutzten Steuerungsinstrumente im Hinblick auf die Nutzung von Lehrkräftefortbildungen sind. Die übergeordnete Fragestellung wird vor dem Hintergrund eines für das Lehrkräftefortbildungssystem abgelei-teten theoretischen Rahmenmodells in Form eines Mehrebenenmodells bearbeitet, welches als Grundlage für die theoretische Verortung der nachfolgenden empirischen Untersuchungen zur Fortbildungsnutzung und der Wirksamkeit verschiedener Steuerungsinstrumente dient.
Studie I nimmt vor diesem Hintergrund die Ebene der politischen Akteure in den Blick und geht der Frage nach, wie bedeutsam die gesetzliche Fortbildungspflicht für die Fortbildungsbeteiligung von Lehrkräften ist. Hierzu wurde untersucht, inwiefern Zusammenhänge zwischen der Fortbildungsteilnahme von Lehrkräften und der Zugehörigkeit zu Bundesländern mit und ohne konkreter Fortbildungsverpflichtung sowie zu Bundesländern mit und ohne Nachweispflicht absolvierter Fortbildungen bestehen. Dazu wurden Daten aus dem IQB-Ländervergleich 2011 und 2012 sowie dem IQB-Bildungstrend 2015 mittels logistischer und linearer Regressionsmodelle analysiert.
Studie II und Studie III widmen sich den Rahmenbedingungen für schulinterne Fortbildungen. Studie II befasst sich zunächst mit schulformspezifischen Unterschieden bei der Wahl der Fortbildungsthemen. Studie III untersucht das schulinterne Fortbildungsangebot hinsichtlich des Nutzungsumfangs und des Zusammenhangs zwischen Schulmerkmalen und der Nutzung unterschiedlicher Fortbildungsthemen. Darüber hinaus wird ein Vergleich zwi-schen den beiden Angebotsformaten hinsichtlich des jeweiligen Anteils an thematischen Fortbildungsveranstaltungen vorgenommen. Hierzu wurden Daten der Fortbildungsdatenbank des Landes Brandenburg ausgewertet.
Neben der Untersuchung der Fortbildungsteilnahme im Zusammenhang mit administrativen Vorgaben und der Nutzung des schulinternen Fortbildungsangebots auf Schulebene wurde zur Bearbeitung der übergeordneten Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit in der Studie IV darüber hinaus eine Untersuchung des Einsatzes von Professionalisierungsmaßnahmen im Rahmen schulischer Personalentwicklung durchgeführt. Durch die qualitative Studie IV wurde ein vertiefender Einblick in die schulische Praxis ermöglicht, um die Kenntnisse aus den quantitativen Studien I bis III zu ergänzen. Im Rahmen einer qualitati-ven Interviewstudie wurde der Frage nachgegangen werden, wie Schulleitungen ausgezeichneter Schulen Personalentwicklung auffassen, welche Informationsquellen sie hierbei mit einbeziehen und welche Maßnahmen sie nutzen und in diesem Sinne Personalentwicklung als ein Instrument für Organisationsentwicklung einsetzen.
Im abschließenden Kapitel der vorliegenden Arbeit werden die zentralen Ergebnisse der durchgeführten Studien zusammenfassend diskutiert. Die Ergebnisse der Arbeit deuten insgesamt darauf hin, dass Akteure auf den jeweiligen Ebenen direkte und indirekete Steuerungsinstrumente mit dem Ziel einsetzen, die Nutzung des zur Verfügung stehenden Angebots zu erhöhen, allerdings erzielen sie mit den genutzten Instrumenten nicht die gewünschte Steuerungswirkung. Da sie weder mit beruflichen Sanktionen noch mit Anreizen verknüpft sind, fehlt es den bestehenden Steuerungsinstrumenten an Durchsetzungsmacht. Außerdem wird das Repertoire an möglichen Steuerungsinstrumenten von den beteiligten Akteuren nicht ausgeschöpft. Die Ergebnisse dieser Arbeit bieten somit die Grundlage für anknüpfende Forschungsarbeiten und geben Anreize für mögliche Implikationen in der Praxis des Fortbildungssystems und der Bildungspolitik.
Respiratorische Erkrankungen stellen zunehmend eine relevante globale Problematik dar. Die Erweiterung bzw. Modifizierung von Applikationswegen möglicher Arzneimittel für gezielte topische Anwendungen ist dabei von größter Bedeutung. Die Variation eines bekannten Applikationsweges durch unterschiedliche technologische Umsetzungen kann die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten, aber auch die Patienten-Compliance erhöhen. Die einfache und flexible Verfahrensweise durch schnelle Verfügbarkeit und eine handliche Technologie sind heutzutage wichtige Eigenschaften im Entwicklungsprozess eines Produktes. Eine direkte topische Behandlung von Atemwegserkrankungen am Wirkort in Form einer inhalativen Applikation bietet dabei viele Vorteile gegenüber einer systemischen Therapie. Die medizinische Inhalation von Wirkstoffen über die Lunge ist jedoch eine komplexe Herausforderung. Inhalatoren gehören zu den erklärungsbedürftigen Applikationsformen, die zur Erhöhung der konsequenten Einhaltung der Verordnung so einfach, wie möglich gestaltet werden müssen. Parallel besitzen und nutzen weltweit annähernd 68 Millionen Menschen die Technologie eines inhalativen Applikators zur bewussten Schädigung ihrer Gesundheit in Form einer elektronischen Zigarette. Diese bekannte Anwendung bietet die potentielle Möglichkeit einer verfügbaren, kostengünstigen und qualitätsgeprüften Gesundheitsmaßnahme zur Kontrolle, Prävention und Heilung von Atemwegserkrankungen. Sie erzeugt ein Aerosol durch elektrothermische Erwärmung eines sogenannten Liquids, das durch Kapillarkräfte eines Trägermaterials an ein Heizelement gelangt und verdampft. Ihr Bekanntheitsgrad zeigt, dass eine beabsichtigte Wirkung in den Atemwegen eintritt. Diese Wirkung könnte jedoch auch auf potentielle pharmazeutische Einsatzgebiete übertragbar sein. Die Vorteile der pulmonalen Verabreichung sind dabei vielfältig. Im Vergleich zur peroralen Applikation gelangt der Wirkstoff gezielt zum Wirkort. Wenn eine systemische Applikation zu Arzneimittelkonzentrationen unterhalb der therapeutischen Wirksamkeit in der Lunge führt, könnte eine inhalative Darreichung bereits bei niedriger Dosierung die gewünschten höheren Konzentrationen am Wirkort hervorrufen. Aufgrund der großen Resorptionsfläche der Lunge sind eine höhere Bioverfügbarkeit und ein schnellerer Wirkungseintritt infolge des fehlenden First-Pass-Effektes möglich. Es kommt ebenfalls zu minimalen systemischen Nebenwirkungen. Die elektronische Zigarette erzeugt wie die medizinischen Inhalatoren lungengängige Partikel. Die atemzuggesteuerte Technik ermöglicht eine unkomplizierte und intuitive Anwendung. Der prinzipielle Aufbau besteht aus einer elektrisch beheizten Wendel und einem Akku. Die Heizwendel ist von einem sogenannten Liquid in einem Tank umgeben und erzeugt das Aerosol. Das Liquid beinhaltet eine Basismischung bestehend aus Propylenglycol, Glycerin und reinem Wasser in unterschiedlichen prozentualen Anteilen. Es besteht die Annahme, dass das Basisliquid auch mit pharmazeutischen Wirkstoffen für die pulmonale Applikation beladen werden kann. Aufgrund der thermischen Belastung durch die e-Zigarette müssen potentielle Wirkstoffe sowie das Vehikel eine thermische Stabilität aufweisen.
Die potentielle medizinische Anwendung der Technologie einer handelsüblichen e-Zigarette wurde anhand von drei Schwerpunkten an vier Wirkstoffen untersucht. Die drei ätherischen Öle Eucalyptusöl, Minzöl und Nelkenöl wurden aufgrund ihrer leichten Flüchtigkeit und der historischen pharmazeutischen Anwendung anhand von Inhalationen bei Erkältungssymptomen bzw. im zahnmedizinischen Bereich gewählt. Das eingesetzte Cannabinoid Cannabidiol (CBD) hat einen aktuellen Bezug zu dem pharmazeutischen Markt Deutschlands zur Legalisierung von cannabishaltigen Produkten und der medizinischen Forschung zum inhalativen Konsum. Es wurden relevante wirkstoffhaltige Flüssigformulierungen entwickelt und hinsichtlich ihrer Verdampfbarkeit zu Aerosolen bewertet. In den quantitativen und qualitativen chromatographischen Untersuchungen konnten spezifische Verdampfungsprofile der Wirkstoffe erfasst und bewertet werden. Dabei stieg die verdampfte Masse der Leitsubstanzen 1,8-Cineol (Eucalyptusöl), Menthol (Minzöl) und Eugenol (Nelkenöl) zwischen 33,6 µg und 156,2 µg pro Zug proportional zur Konzentration im Liquid im Bereich zwischen 0,5% und 1,5% bei einer Leistung von 20 Watt. Die Freisetzungsrate von Cannabidiol hingegen schien unabhängig von der Konzentration im Liquid im Mittelwert bei 13,3 µg pro Zug zu liegen. Dieses konnte an fünf CBD-haltigen Liquids im Konzentrationsbereich zwischen 31 µg/g und 5120 µg/g Liquid gezeigt werden. Außerdem konnte eine Steigerung der verdampften Massen mit Zunahme der Leistung der e-Zigarette festgestellt werden. Die Interaktion der Liquids bzw. Aerosole mit den Bestandteilen des Speichels sowie weiterer gastrointestinaler Flüssigkeiten wurde über die Anwendung von zugehörigen in vitro Modellen und Einsatz von Enzymaktivitäts-Assays geprüft. In den Untersuchungen wurden Änderungen von Enzymaktivitäten anhand des oralen Schlüsselenzyms α-Amylase sowie von Proteasen ermittelt. Damit sollte exemplarisch ein möglicher Einfluss auf physiologische bzw. metabolische Prozesse im humanen Organismus geprüft werden. Das Bedampfen von biologischen Suspensionen führte bei niedriger Leistung der e-Zigarette (20 Watt) zu keiner bzw. einer leichten Änderung der Enzymaktivität. Die Anwendung einer hohen Leistung (80 Watt) bewirkte tendenziell das Herabsetzen der Enzymaktivitäten. Die Erhöhung der Enzymaktivitäten könnte zu einem enzymatischen Abbau von Schleimstoffen wie Mucinen führen, was wiederum die effektive, mechanische Abwehr gegenüber bakteriellen Infektionen zur Folge hätte. Da eine Anwendung der Applikation insbesondere bei bakteriellen Atemwegserkrankungen denkbar wäre, folgten abschließend Untersuchungen der antibakteriellen Eigenschaften der Liquids bzw. Aerosole in vitro. Es wurden sechs klinisch relevante bakterielle Krankheitserreger ausgewählt, die nach zwei Charakteristika gruppiert werden können. Die drei multiresistenten Bakterien Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella pneumoniae und Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus können mithilfe von üblichen Therapien mit Antibiotika nicht abgetötet werden und haben vor allem eine nosokomiale Relevanz. Die zweite Gruppe weist Eigenschaften auf, die vordergründig assoziiert sind mit respiratorischen Erkrankungen. Die Bakterien Streptococcus pneumoniae, Moraxella catarrhalis und Haemophilus influenzae sind repräsentativ beteiligt an Atemwegserkrankungen mit diverser Symptomatik. Die Bakterienarten wurden mit den jeweiligen Liquids behandelt bzw. bedampft und deren grundlegende Dosis-Wirkungsbeziehung charakterisiert. Dabei konnte eine antibakterielle Aktivität der Formulierungen ermittelt werden, die durch Zugabe eines Wirkstoffes die bereits antibakterielle Wirkung der Bestandteile Glycerin und Propylenglycol verstärkte. Die hygroskopischen Eigenschaften dieser Substanzen sind vermutlich für eine Wirkung in aerosolierter Form verantwortlich. Sie entziehen die Feuchtigkeit aus der Luft und haben einen austrocknenden Effekt auf die Bakterien. Das Bedampfen der Bakterienarten Streptococcus pneumoniae, Moraxella catarrhalis und Haemophilus influenzae hatte einen antibakteriellen Effekt, der zeitlich abhängig von der Leistung der e-Zigarette war.
Die Ergebnisse der Untersuchungen führen zu dem Schluss, dass jeder Wirkstoff bzw. jede Substanzklasse individuell zu bewerten ist und somit Inhalator und Formulierung aufeinander abgestimmt werden müssen. Der Einsatz der e-Zigarette als Medizinprodukt zur Applikation von Arzneimitteln setzt stets Prüfungen nach Europäischem Arzneibuch voraus. Durch Modifizierungen könnte eine Dosierung gut kontrollierbar gemacht werden, aber auch die Partikelgrößenverteilung kann insoweit reguliert werden, dass die Wirkstoffe je nach Partikelgröße zu einem geeigneten Applikationsort wie Mund, Rachen oder Bronchien transportiert werden. Der Vergleich mit den Eigenschaften anderer medizinischer Inhalatoren führt zu dem Schluss, dass die Technologie der e-Zigarette durchaus eine gleichartige oder bessere Performance für thermisch stabile Wirkstoffe bieten könnte. Dieses fiktive Medizinprodukt könnte aus einer hersteller-unspezifisch produzierten, wieder aufladbaren Energiequelle mit Universalgewinde zum mehrfachen Gebrauch und einer hersteller- und wirkstoffspezifisch produzierten Einheit aus Verdampfer und Arzneimittel bestehen. Das Arzneimittel, ein medizinisches Liquid (Vehikel und Wirkstoff) kann in dem Tank des Verdampfers mit konstanten, nicht variablen Parametern patientenindividuell produziert werden. Inhalative Anwendungen werden perspektivisch wohl nicht zuletzt aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie eine zunehmende Rolle spielen. Der Bedarf nach alternativen Therapieoptionen wird weiter ansteigen. Diese Arbeit liefert einen Beitrag zum Einsatz der Technologie der elektronischen Zigarette als electronic nicotin delivery system (ENDS) nach Modifizierung zu einem potentiellen pulmonalen Applikationssystem als electronic drug delivery system (EDDS) von inhalativen, thermisch stabilen Arzneimitteln in Form eines Medizinproduktes.
Das Totenfürsorgerecht
(2022)
Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit den allgegenwärtigen Fragen, welches rechtliche Schicksal der menschliche Körper nach dem Tod nimmt, ob der Leichnam vererbt wird und wer in welchem Umfang über ihn bestimmen darf. Die Autorin gelangt zu dem Ergebnis, dass das Totenfürsorgerecht als wesentlicher Bestandteil des - im Grundgesetz als Staatszielbestimmung zu verankernden - sog. postmortalen Persönlichkeitsschutzes auf die Wahrung der Pietät ziele und zuvörderst dem Willen des Verstorbenen verpflichtet sei. Bei unbekanntem Verstorbenenwillen dürfe der Totenfürsorgeberechtigte aber in einigen wenigen Bereichen auch eigene Entscheidungen über den ihm anvertrauten Leichnam treffen. Der Umgang mit dem Leichnam lasse sich bislang keinem bekannten Rechtsinstitut zuordnen und stelle Gewohnheitsrecht dar. Gegenwärtig herrsche Rechtsunsicherheit. Zur Behebung des gesetzgeberischen Defizits schlägt die Autorin ein Bundesgesetz vor und unterbreitet hierfür einen Gesetzesvorschlag.
Die allergische Kontaktdermatitis ist eine immunologisch bedingte Hauterkrankung mit insbesondere in den westlichen Industrienationen hoher und weiter ansteigender Prävalenz. Es handelt sich hierbei um eine Hypersensitivitätsreaktion vom Typ IV, die sich nach Allergenkontakt durch Juckreiz, Rötung, Bläschenbildung und Abschälung der Haut äußert. Zahlreiche Xenobiotika besitzen das Potenzial, Kontaktallergien auszulösen, darunter Konservierungsstoffe, Medikamente, Duftstoffe und Chemikalien. Die wirksamste Maßnahme zur Eindämmung der Erkrankung ist die Expositionsprophylaxe, also die Vermeidung des Kontakts mit den entsprechenden Substanzen. Dies wiederum setzt die Kenntnis des jeweiligen sensibilisierenden Potenzials einer Substanz voraus, dessen Bestimmung aus diesem Grund eine hohe toxikologische Relevanz besitzt. Zu diesem Zweck existieren von der OECD veröffentlichte Testleitlinien, welche auf entsprechend validierten Testmethoden basieren. Goldstandard bei der Prüfung auf hautsensibilisierendes Potenzial war über lange Zeit der murine Lokale Lymphknotentest. Seit der 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie, welche Tierversuche für Kosmetika und deren Inhaltsstoffe untersagt, wurden vermehrt Alternativmethoden in die OECD-Testleitlinien implementiert.. Die bestehenden in vitro Methoden sind jedoch alleinstehend nur begrenzt aussagekräftig, da sie lediglich singuläre Mechanismen bei der Entstehung einer Kontaktallergie abbilden. Die Entwicklung von Testmethoden, welche mehrere dieser Schlüsselereignisse berücksichtigen, erscheint daher richtungsweisend. Einen vielversprechenden Ansatz liefert hierbei der Loose-fit coculture-based sensitisation assay (LCSA), welcher eine Kokultur aus primären Keratinozyten und PBMC darstellt. Bei der Kokultivierung von Immunzellen mit anderen Zelltypen stellt sich allerdings die Frage, inwiefern die Nutzung von Zellen derselben Spender*innen (autologe Kokultur) bzw. verschiedener Spender*innen (allogene Kokultur) einen Einfluss nimmt. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen dieser Arbeit Hautzellen spenderspezifisch aus gezupften Haarfollikeln isoliert und der LCSA mit den generierten HFDK in autologen und allogenen Ansätzen verglichen. Zusätzlich wurde auch ein Vergleich zwischen der Nutzung von HFDK und NHK, welche aus humaner Vorhaut isoliert wurden, im LCSA durchgeführt. Dabei ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen autologen und allogenen Kokulturen bzw. zwischen der Verwendung von HFDK und NHK. Die Verwendung allogener Zellen aus anonymem Spendermaterial sowie die Nutzung von Keratinozyten aus unterschiedlichen Quellen scheint im Rahmen des LCSA problemlos möglich. Einige der getesteten Kontaktallergene, darunter DNCB und NiCl2, erwiesen sich im LCSA jedoch als problematisch und konnten nicht zufriedenstellend als sensibilisierend detektiert werden. Daher wurde eine Optimierung der Kokultur durch Verwendung ex vivo differenzierter Langerhans Zellen (MoLC) angestrebt, welche ein besseres Modell primärer epidermaler Langerhans Zellen darstellen als die dendritischen Zellen aus dem LCSA. Zusätzlich wurden weitere, den Erfolg der Kokultur beeinflussende Faktoren, wie die Art und Zusammensetzung des Mediums und die Kokultivierungsdauer, untersucht und angepasst. Das schlussendlich etablierte Kokultivierungsprotokoll führte zu einer maßgeblich verstärkten Expression von CD207 (Langerin) auf den MoLC, was auf eine wirkungsvolle Interaktion zwischen Haut- und Immunzellen in der Kokultur hindeutete. Des Weiteren konnten DNCB und NiCl2 im Gegensatz zum LCSA durch Verwendung des kostimulatorischen Moleküls CD86 sowie des Reifungsmarkers CD83 als Ausleseparameter eindeutig als Kontaktallergene identifiziert werden. Die Untersuchungen zur Kokultur von MoLC und HFDK wurden jeweils vergleichend in autologen und allogenen Ansätzen durchgeführt. Ähnlich wie beim LCSA kam es aber auch hier zu keinen signifikanten Unterschieden, weder hinsichtlich der Expression von Charakterisierungs- und Aktivierungsmarkern auf MoLC noch hinsichtlich der Zytokinsekretion in den Zellkulturüberstand. Die Hinweise aus zahlreichen Studien im Mausmodell, dass Zellen des angeborenen Immunsystems zur Erkennung von und Aktivierung durch allogene Zellen bzw. Gewebe in der Lage sind, bestätigten sich im Rahmen dieser Arbeit dementsprechend nicht. Aus diesem Grund wurden abschließend CD4+ T-Lymphozyten, die Effektorzellen des adaptiven Immunsystems, in die Kokultur aus MoLC und autologen bzw. allogenen HFDK integriert. Überraschenderweise traten auch hier keine verstärkten Aktivierungen in allogener Kokultur im Vergleich zur autologen Kokultur auf. Die Nutzung autologer Primärzellen scheint im Rahmen der hier getesteten Methoden nicht notwendig zu sein, was die Validierung von Kokulturen und deren Implementierung in die OECD-Testleitlinien erleichtern dürfte. Zuletzt wurde eine Kokultivierung primärer Haut- und Immunzellen auch im 3D-Vollhautmodell durchgeführt, wobei autologe MoLC in die Epidermisäquivalente entsprechender Modelle integriert werden sollten. Obwohl die erstellten Hautmodelle unter Verwendung autologer Haarfollikel-generierter Keratinozyten und Fibroblasten eine zufriedenstellende Differenzierung und Stratifizierung aufwiesen, gestaltete sich die Inkorporation der MoLC als problematisch und konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht erreicht werden.