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„Was ist Migration?“
(2016)
Auch wenn die Appelle, die Bedeutung von Migration für Erwachsenenbildung deutlicher wahrzunehmen, unüberhörbar sind, bleiben sie bezüglich kategorialer Arbeit bemerkenswert wenig beachtet. Grundlagentheoretisch motivierte Arbeit am Begriff „Migration“ ist in der Erwachsenenbildung noch lange nicht hinreichend ausgeschöpft. Auch wenn sich einzelne Studien mit ihm auseinandersetzen, besteht dennoch der Eindruck, dass kategoriale Klärungsversuche singulär bleiben. Die nicht einfache Aufgabe, den Begriff Migration vor seiner kategorialen Stilllegung zu bewahren, bleibt eine ernsthafte Herausforderung für erwachsenenpädagogische Migrationsforschung, sofern sie daran interessiert ist, die Risiken eines bisher essentialistischen Kurses ernsthaft ins Visier zu nehmen.
Bildungsort Familie
(2019)
In der Bildungs- und Familienforschung wird die intergenerationale Weitergabe von Bildung innerhalb der Familie hauptsächlich unter dem Blickwinkel des schulischen Erfolges der nachwachsenden Generation thematisiert. „Wie“ aber bildungsbezogene Transferprozesse innerhalb der Familie konkret ablaufen, bleibt jedoch in der deutschen Forschungslandschaft weitestgehend unbearbeitet. An dieser Stelle setzt diese qualitativ angelegte Arbeit an. Ziel dieser Arbeit ist, bildungsbezogene Transferprozesse innerhalb von russischen Dreigenerationenfamilien, die aus der ehemaligen Sowjetunion nach Berlin seit 1989 ausgewandert sind und zwischen der Großeltern-, Elterngeneration und der Enkelgeneration ablaufen, zu untersuchen. Hinter diesen Transferprozessen verbergen sich im Sinne Bourdieus bewusste und unbewusste Bildungsstrategien der interviewten Familienmitglieder. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Spätaussiedlerfamilien – zu diesen zählen Familie Hoffmann und Familie Popow, sowie zwei russisch-jüdische Familien – zu diesen zählen Familie Rosenthal und Familie Buchbinder, interviewt. Es wurden mit den einzelnen Mitgliedern der vier untersuchten Dreigenerationenfamilien Gruppendiskussionen sowie mit je einem Vertreter einer Generation leitfadengestützte Einzelinterviews geführt. Die Erhebungsphase fand in Berlin im Zeitraum von 2010 bis 2012 statt. Das auf diese Weise gewonnene empirische Material wurde mithilfe der dokumentarischen Methode nach Bohnsack ausgewertet. Hierdurch wurde es möglich die implizite Selbstverständlichkeit, mit der sich Bildung in Familien nach Bourdieu habituell vollzieht, einzufangen und rekonstruierbar zu machen. In der Arbeit wurden eine habitustheoretische Interpretation der russischen Dreigenerationenfamilien und die entsprechende Feldanalyse nach Bourdieu vorgenommen. In diesem Zusammenhang wurde der soziale Raum der untersuchten Familien in der Ankunftsgesellschaft bezüglich ihres Vergleichshorizontes der Herkunftsgesellschaft rekonstruiert. Weiter wurde der Bildungstransfer vor dem jeweiligen Erlebnishintergrund der einzelnen Familien untersucht und diesbezüglich eine Typisierung vorgenommen.
Im Rahmen dieser Untersuchung konnten neue Erkenntnisse zum bisher unerforschten Feld des Bildungstransfers russischer Dreigenerationenfamilien in Berlin gewonnen werden. Ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit ist, dass die Anwendung von Bourdieus Klassentheorie auch auf Gruppen, die in einer sozialistischen Gesellschaft sozialisiert wurden und in eine kapitalistisch orientierte Gesellschaft ausgewandert sind, produktiv sein kann. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist, dass bei zwei der vier untersuchten Familien die Migration den intergenerationalen Bildungstransfer beeinflusste. In diesem Zusammenhang weist Familie Rosenthal durch die Migration einen „gespaltenen“ Habitus auf. Dieser ist darauf zurückzuführen, dass diese Familie bei der Planung des Berufes für die Enkelin in Berlin sich am Praktischen und Notwendigen orientierte. Während die bewusste Bildungsstrategie der Großeltern- und Elterngeneration für die Enkelgeneration im Ankunftsland dem Habitus der Notwendigkeit, den Bourdieu der Arbeiterklasse zuschreibt, zugeordnet werden kann, lässt sich hingegen das Freizeitverhalten der Familie Rosenthal dem Habitus der Distinktion zuordnen, der typisch für die herrschende Klasse ist. Ein weiterer Befund dieser Untersuchung ist, dass im Vergleich zur Enkelin Rosenthal bei der Enkelin Popow eine sogenannte Sphärendiskrepanz rekonstruiert wurde. So ist die Enkelin Popow in der äußeren Sphäre der Schule auf sich gestellt, da die Großeltern- und Elterngeneration zum deutschen Schulsystem nur über einen geringen Informationsstand verfügen. Die Enkelin grenzt sich einerseits von ihrer Familie (innere Sphäre) und deutschen Schulabbrechern (äußere Sphäre) ab, orientiert sich aber andererseits beim Versuch sozial aufzusteigen an russischsprachigen Peers, die die gymnasiale Oberstufe besuchen (dritte Sphäre). Bei Enkelin Popow fungiert demzufolge die Peergruppe und nicht die Familie als zentraler Bildungsort. An dieser Stelle sei angemerkt, dass sowohl bei einer russisch-jüdischen Familie als auch bei einer Spätaussiedlerfamilie der intergenerationale Bildungstransfer durch die Migration beeinflusst wurde. Während Familie Rosenthal in der Herkunftsgesellschaft der Intelligenzija zuzuordnen ist, gehört Familie Popow der Arbeiterschaft an. Daraus folgt, dass der intergenerationale Bildungstransfer der untersuchten Familien sowohl unabhängig vom Spätaussiedler- und Kontingentflüchtlingsstatus als auch vom herkunftsortspezifischen sozialen Status abläuft. Demnach kann geschlussfolgert werden, dass im Rahmen dieser Studie die Migration ein zentraler Faktor für den intergenerationalen Bildungstransfer ist.
Begriffe wie „Türken“, „Menschen mit türkischem Migrationshintergrund“, etc., die in vielen Bereichen des Lebens verwendet werden, sind Ausdruck der vorliegenden Differenzordnungen und Machtstrukturen und können diskriminierend wirken. Das ist z.B. dann der Fall, wenn bestimmte Begriffe verwendet werden, obwohl eine Kontextrelevanz nicht unbedingt vorliegt. Einige ethnische Bezeichnungen werden dabei häufiger verwendet als andere, trotz vergleichbarer Kontextrelevanz: „türkische/arabische Kinder“ aber nicht „englische/spanische Kinder“ (Wiese 2012), „Deutsch-Türke“ Mesut Özil aber nicht „Deutsch-Tunesier“ Sami Khedira. Erst die Bezeichnungen schaffen hier die Subjekte. Die besondere Auszeichnung macht es in der Folge möglich, dass ihnen Eigenschaften zugeschrieben werden (do Mar Castro Varela/Dhawan 2004). Aus Studien geht hervor, dass Ethnisierung mit Unterschichtung (Hormel 2007) in Verbindung gebracht wird und Begriffe wie „Migrant“ mit negativen Eigenschaften (Scarvagliere/Zech 2013). Durch die Auszeichnung von Abweichungen von dem von der Mehrheit definierten unmarkierten Normalfall wird eine Differenzordnung (Mecheril/Melter 2012) hergestellt, die das vermeintliche Anders-Sein ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Folgen sind Abwertung bestimmter (Erst-)Sprachen, Unterwerfung durch Beschreibungspraxen und Restriktionen auf dem Feld der Repräsentation (Broden/Mecheril 2007).
Ausgehend von diesen Überlegungen wird in der Arbeit „Ethnizität“ diskutiert, worauf viele dieser Bezeichnungen rekurrieren. Barth (1969, 1994) stellt fest, dass Ethnizität der Abgrenzung dient und Zugehörigkeit zu ethnische Gruppen durch kategoriale Selbst- und Fremdzuschreibungen bestimmt wird. Brubaker (2004) folgert daher, dass „Gruppen“ nur in Form von Vorstellungen existieren, die Individuen davon haben und diese Subjektivität zu unterschiedlichen Konstruktionen ethnischer Identität führt. Dementsprechend können auch „multiple ethnische Identitäten“ (Keupp 2002) und „Hybriditäten“ (Foroutan 2013) das Ergebnis der individuellen Konstruktion sein, ohne dass diese Formen gemeinhin akzeptierte Bezeichnungen darstellen.
Um die individuelle Entstehung ethnischer Identität nachvollziehen zu können, werden in der Arbeit Spracherwerbsgeschichten analysiert, da verschiedene Studien nahelegen, dass das Sprechen einer Sprache in engem Zusammenhang zur Ethnizität steht. Ohm (2008) zeigt, dass Zweitsprachenerwerb mit Identitätsprozessen in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis steht. Giles/Bourhis/Taylor (1977: 326) zeigen anhand von Untersuchungen in mehrsprachigen Gebieten wie Quebec und Wales, dass Sprache enger mit ethnischer Identität verbunden ist als Nationalität oder „Kultur“. Rosenberg (2015) führt am Beispiel der ehemaligen UdSSR auf, dass das Sprechen einer Sprache gleichbedeutend mit dem Zugehörigkeit zu einer ethnischen „Gruppe“ war. Sprache greift auch als Ausschlusskriterium: Nur wer eine Sprache gut spricht, darf die damit verbundene Identität in Anspruch nehmen (Schroeder/Dollnick, 2013: 104).
Mithilfe der Methode des narrativen Interviews können Spracherwerbsgeschichten produziert, und individuelle kognitive Perspektiven und gesellschaftliche Prozesse aufgedeckt werden. In der Analyse können vier Wege der Entstehung ethnischer Identität unterschieden werden: I. Ethnizität als primäre und dauerhafte Dimension, II. Multiple ethnische Identität, III. Unmarkierte ethnische Identität, IV. Selbstbestimmtheit. So kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass Ethnische Identität bei „Menschen mit türkischem Migrationshintergrund“ durch individuelle Erfahrungen entsteht, sich verändern und Mehrfachzugehörigkeiten oder Hybriditäten zulassen kann. Dieses Ergebnis widerspricht dem alltäglichen Gebrauch bestimmter Begriffe und stellt damit gängige Bezeichnungsweisen und Differenzordnungen in Frage.
The consumption of media violence and aggressive behavior were assessed three times in a sample of N=1,052 German adolescents with and without migration background over a period of two years with 12-month intervals. The adolescents in the two groups, who were in grades 7 and 8 at T1, were matched by gender, age, type of school, and academic achievement. Students in the migrant group reported higher consumption of violent media. At T3, they showed more physical but less relational aggression than their peers of German background. Cross-lagged panel analyses showed parallel associations between media violence use and aggression in both groups: Media violence consumption at T1 and T2 predicted physical aggression at T2 and T3 independent of ethnic background. The reverse path from physical aggression to media violence consumption was nonsignificant. No link was found between media violence use and relational aggression over time.
Herzenswärme
(2016)
Ruhetag
(2016)
Gute Brücke
(2016)
Achtet alles Existierende
(2016)
Zigaretten und Honig
(2016)
Regen
(2016)
Verlaufen
(2016)
Eine Sqwisa für Yasha
(2016)
Sagen dürfen
(2016)
Zu Hause
(2016)
Ankommen
(2016)
Jaro und Malia sind endlich wieder mit ihren Kindern Juna, Nenad und Yasha zusammen. Endlich! Vor den klimatischen Veränderungen und den dadurch ausgelösten bürgerkriegsähnlichen Zuständen flohen sie. Der Vater ging mit der ältesten Tochter Juna zuerst, so hatten sie es beschlossen. Die Mutter folgte später mit den Kindern Nenad und Yasha. Nun wohnen sie in der winzigen Wohnung von Avron und versuchen, in Deutschland anzukommen. Dabei stellen sich ihnen nicht nur deutsche Wortmonster in den Weg. Alles ist neu: Die Stadt, in der sich Nenad noch nach Wochen verläuft; der Schnee, der zu Hause nicht fiel; die Formulare, die auf Ämtern auszufüllen sind und die Supermärkte, in denen es keine ganzen Hähne zu kaufen gibt. Nur die Zahlen und Zeichen der Mathematik sind überall gleich und geben zumindest Nenad Sicherheit. Noch mehr Geborgenheit erfährt die Familie jedoch durch ihre Religion. Wie in ihrem alten Zuhause gibt es auch hier Menschen, die sich versammeln um zu beten, zu feiern und zu singen. Aber sie treffen sich nicht in einer heiligen Grotte wie die Ahaqu. Besonders Malia, die Mutter, vermisst ihre Religion mit ihren naturverbundenen Bräuchen sehr.
„Ankommen“ thematisiert unaufdringlich das Verhältnis zwischen Religion und Migration anhand einer Familie, die aus einem unbekannten und nicht näher bezeichneten Land nach Deutschland kommt und einer fiktiven Religion angehört. Hier treffen sie nicht nur auf andere naturräumliche Gegebenheiten, sondern auch auf völlig andere gesellschaftlich-kulturell-religiöse Traditionen, wodurch es zu Irritationen und Missverständnissen kommt. Die elf Geschichten des Buches stehen jeweils für sich und thematisieren ein Element religiösen Lebens bzw. der Religion unter den Bedingungen des Ankommens in einem fremden Land. Zugleich sind alle Texte inhaltlich-thematisch miteinander verwoben. Dadurch ist es möglich, die Geschichten einzeln zu lesen oder das Buch als Ganzschrift. Für den Einsatz im wertebildenden und religionskundlichen Unterricht bietet das Buch am Ende jeder Geschichte ein didaktisches Setting an.
Exil oder Heimat?
(2013)
Die Volksrepublik Polen befand sich Ende der 1960er Jahre in einer wirtschaftlichen und innenpolitischen Krise. Das Regime in Warschau nahm den Sechs-Tage-Krieg zwischen Israel und den arabischen Staaten des Jahres 1967 zum Anlass, ein Exempel an den wenigen Zehntausend nach der Schoah im Land verbliebenen Juden zu statuieren und sie als politische Sündenböcke zu brandmarken. Über 3000 polnische Juden wählten in Folge der offiziell lancierten „Antizionistischen Kampagne“ Israel als neues Heimatland. Dort trafen sie auf eine Gesellschaft, die in zahllose Konflikte verstrickt war: den Krieg gegen die benachbarten arabischen Staaten, der Okkupation der Palästinensergebiete und den innenpolitischen Spannungen zwischen europäischen und orientalischen, religiösen und säkularen Juden. Neben einer historischen Einordnung der Migration nimmt der Autor auch deren Analyse unter migrationspsychologischen Aspekten vor. Die beschriebenen Erfahrungen werden im beiliegenden Dokumentarfilm „There Is No Return To Egypt“ veranschaulicht, in dem Zeitzeugen dieser sogenannten 1968er-Migration in ihrem heutigen Lebensumfeld in Israel zu Wort kommen.
Diese von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam angenommene Dissertation thematisiert die Selbstorganisation von Migranten in eigenen Sportvereinen und auf anderen Ebenen des Vereinssports. Sie beruht auf den Ergebnissen eines vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Forschungsprojekts der Universität Potsdam. Mit mehreren hundert Migrantensportvereinen in ganz Deutschland stellt der Sport einen der wichtigsten Gesellschaftsbereiche für die Selbstorganisation von Zuwanderern dar. Doch obwohl sich Migranten in der Bundesrepublik schon seit den 1960er Jahren in eigenen Sportvereinen zusammenschließen, ist das Thema zuvor noch nicht umfassend untersucht worden. Um diese Forschungslücke zu schließen, stellt die Arbeit Basisinformationen über verschiedene Organisationsformen, typische Entstehungszusammenhänge, spezifische Problemfelder sowie wiederkehrende Konfliktmuster bereit und präsentiert darauf aufbauende Annahmen über die Wirkungen der sportbezogenen Selbstorganisation auf das Verhältnis von Einheimischen und Zuwanderern im Sport, auf die allgemeinen interethnischen Beziehungen und auf den gesamtgesellschaftlichen Integrationsprozess. Daran anknüpfend werden mögliche Konsequenzen aufgezeigt, die die verschiedenen Akteure des Sportsystems aus den dargestellten Forschungsbefunden ziehen können. Die Arbeit basiert auf den Befunden einer in den Jahren 2006 bis 2009 durchgeführten empirischen Untersuchung, in der verschiedene qualitative Methoden eingesetzt wurden, um das Forschungsfeld explorativ, ergebnisoffen und in einer möglichst weiten Perspektive zu beleuchten. In erster Linie bestand diese Feldstudie in einer Interviewreihe, für die 25 Vertreter von Migrantensportvereinen sowie 15 Feldexperten aus verschiedenen Berufsgruppen und Organisationen in Leitfaden-Interviews befragt wurden. Ergänzt wurde die Interviewstudie durch eine Zeitungsanalyse, für die sieben Tages- und Wochenzeitungen nach Artikeln zum Thema durchsucht wurden, sowie gezielte Feldbeobachtungen, etwa beim Besuch von Fußballspielen, bei Versammlungen und Festen sowie in Vereinsheimen. Darüber hinaus wurde eine umfangreiche Internetrecherche durchgeführt, bei der vor allem die Webseiten von über 65 Migrantensportvereinen in Augenschein genommen wurden. In allen Untersuchungsteilen war das Vorgehen des Verfassers stark an der Grounded-Theory-Methode orientiert. Die so gewonnenen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eigenständige Migrantensportvereine, die als vorherrschende Form der sportbezogenen Selbstorganisation von Zuwanderern im Mittelpunkt der Arbeit stehen, aus komplexen gesellschaftlichen Inklusions-, Schließungs- sowie Segmentationsprozessen resultieren und interindividuell unterschiedliche Beteiligungsmotive ihrer Mitglieder aufnehmen. Sie stellen typischerweise multifunktionale Hybridorganisationen dar und erbringen für die beteiligten Migranten und deren lokale Gemeinschaften spezifische Integrations-, Repräsentations- und Solidarleistungen, durch die sie sich signifikant von deutschen Sportvereinen und Migrantenorganisationen in anderen Sektoren abheben. Zugleich unterscheiden sich die Migrantensportvereine untereinander hinsichtlich Vereinstätigkeit, Selbstverständnis und Konfliktbeteiligung sehr stark. Ihre Rückwirkung auf den Vereinssport als organisationales Feld, auf die interethnischen Beziehungen in anderen Gesellschaftsbereichen und auf den gesamtgesellschaftlichen Integrationsprozess ist den präsentierten Forschungsergebnissen zufolge gleichfalls sehr ambivalent. Einerseits erbringen Migrantenvereine nicht nur die gleichen gemeinnützigen Leistungen im Bereich der sozialen Integration wie andere Sportvereine auch, sondern entfalten darüber hinaus, indem sie die Integrationsfähigkeit ihrer Mitglieder erhöhen und Personen in den organisierten Sport einbeziehen, die sonst gar keinem Sportverein beitreten würden, spezifische Integrationswirkungen, die andere Sportvereine nicht aufweisen. Andererseits erhöht die Selbstorganisation von Migranten in eigenen Sportvereinen soziale Distanzen und Spannungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern, zumal Migrantensportvereine vor allem an den manchmal gewaltvollen Konflikten im Amateurfußball überproportional häufig beteiligt sind. Darüber hinaus stellt ein relativ kleiner Teil der Migrantensportvereine wegen Organisationsdefiziten eine ernste Belastung für die Tätigkeit der Sportverbände dar. Pauschalisierende Negativbewertungen der Vereine werden vom Verfasser jedoch als ungerechtfertigt und nicht sachangemessen zurückgewiesen.
Der Anstieg der Energiepreise kann zu einer länger anhaltenden Verteuerung von Gütertransporten führen. Welche Auswirkungen haben steigende Transportkosten auf die Entwicklung von Städtesystemen? Ein solcher Transportkostenanstieg hat in der Russischen Föderation nach der Preisliberalisierung 1992 real, d.h. in Relation zu den Preisen anderer Gütergruppen stattgefunden. Gleichzeitig stellt die Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation Daten bereit, mit deren Hilfe Hypothesen zur Entwicklung von Städtesystemen unter dem Einfluss steigender Transportkosten geprüft werden können. Diese Daten werden in der vorliegenden Arbeit umfassend ausgewertet. Den theoretischen Hintergrund liefert die Modellierung eines Städtesystems mit linearer Raumstruktur im Rahmen der Neuen Ökonomischen Geographie. Damit wird ein Werkzeug geschaffen, das auch auf weiträumige Städtesysteme mit ausgeprägter Bandstruktur angewendet werden kann. Die hier erstmals erfolgte ausführliche Erläuterung des zu Grunde liegenden Theorieansatzes versteht sich als Ergänzung der Standardlehrbücher der Raumwirtschaftstheorie. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung bestätigen die Prognose des Modells, dass in großflächigen Ländern bzw. Regionen mit Ähnlichkeit zur unterstellten Raumstruktur ein Anstieg der Transportkosten Konzentrationstendenzen in den Zentren befördert, während die peripheren Regionen zunehmend abgekoppelt werden.
Selektive Grenzen
(2010)
Die Grenze - historisches Auslaufmodell? Moralische Zumutung? Unabdingbare Tatsache? Meist ist sie eine Art Limes: Durchlässig für den Austausch bestimmter Waren und Personen, zugleich Schutz gegen das Eindringen unerwünschter Fremder. Vielfach erklärtes Ziel ist ein "grenzenloses Europa". Im Innern der EU sind Schlagbäume verschwunden, an den Rändern wird vielerorts abgeschottet. Die Grenzsortierungen der EU sind Thema der aktuellen WeltTrends. Afghanistan und kein Ende? Die Londoner Konferenz verspricht trotz "neuer Strategie" keinen erfolgreichen Neuanfang. "Es wird zunächst schlimmer", so ein hoher deutscher Militär. Alternativen müssen diskutiert werden: WeltTrends bietet den Raum.
Im Februar und März 2007 wurde vom Geographischen Institut der Universität eine Exkursion nach Neuseeland durchgeführt. Der hier vorliegende Bericht bezieht sich auf diese Exkursion. Im ersten Teil wird durch 17 Protokolle der Exkursionsverlauf wiedergegeben. Im zweiten Teil befassen sich sechs Texte näher mit je einem thematischen Aspekt der Exkursion. Autoren der Protokolle und der thematischen Texte sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion. Zum ersten Teil des Berichts – der Exkursionsverlauf Im ersten Teil dieses Berichtes wird der Verlauf der Exkursion Neuseeland 2007 des Geographischen Instituts der Universität Potsdam durch Tagesprotokolle dargestellt. Die Exkursion begann am 14. Februar 2007 in Auckland und endete am 4. März 2007 in Christchurch. Während dieser 19 Tage wurden verschiedene Orte auf der neuseeländischen Nord- und Südinsel aufgesucht, wobei die Exkursionsgruppe verschiedene Aspekte der neuseeländischen Gesellschaft aus einer humangeographischen Perspektive studierte. Im Mittelpunkt standen die Themen historische und jüngere Migration nach Neuseeland, Maori, Milchwirtschaft, Holzwirtschaft und Tourismus in Neuseeland. Die Tagesprotokolle machen deutlich, dass die Exkursion weniger in einer thematisch-systematischen Art und Weise durchgeführt wurde. Statt dessen erfolgte das Aufsuchen exemplarischer Orte, an denen Beobachtungen und darüber hinausgehende Erkundungen stattfanden. Die entsprechenden Aussagen sind in den Protokollen wiedergegeben, schwerpunktmäßig wird dabei folgendes angesprochen: Der erste Exkursionstag, das war der 14. Februar 2007, wurde für den Besuch des Geographischen Institutes der Auckland University genutzt. Dort wurde zum Beispiel eine Diskussionsrunde mit den beiden Humangeographen Richard Le Heron und Gordon Winder veranstaltet. Auch die folgenden zwei Tage verbrachten die Exkursionsgruppe in Auckland, wobei sie sich im »Auckland Museum« über die neuseeländische Geschichte und insbesondere über die Kultur der Maori informierte. Mit einem Maori-Guide unternahmen die Teilnehmer eine Stadtführung durch Auckland, wobei ebenfalls das Leben der Maori im Fokus stand. Außerdem besuchten sie eine private Einwanderungsagentur und führten in Kleingruppen Expertengespräche zum Thema »Migration und Integration in Neuseeland« durch. Am 17. Februar erkundeten die Exkursionsteilnehmer drei Orte in der näheren Umgebung Aucklands. Zunächst begaben sie sich zum Otara Market, einem Wochenmarkt der Pacific Islanders, der immer samstags in Otara abgehalten wird. Anschließend ging es weiter an die westliche Küste, wo sie unter Führung einer Rangerin durch den Muriwai-Regionalpark wanderten. Auf der Rückfahrt nach Auckland machten sie Halt in Soljan’s Winzerei, wo der Betrieb vorgestellt wurde und Wein verkosten werden konnte. Am 18. Februar verließ die Exkursionsgruppe Auckland in Richtung Norden, um zum Ort Puhoi zu gelangen. Dort beschäftigten sich die Teilnehmer mit den sogenannten Bohemians, die einst aus Böhmen nach Neuseeland auswanderten und deren Traditionen dort auch heute noch (zumindest teilweise) gepflegt werden. Am nächsten Tag fuhren sie weiter nach Pahia, dem nördlichsten Aufenthaltsort während der Exkursion. Auf dem Weg dorthin machten sie einen Umweg über Matakohe, wo das Kauri-Museum und der Tane Mahuta, der größte Kauribaum Neuseelands, besichtigt wurden. Am 20. Februar stand vormittags die Beschäftigung mit der Geschichte Neuseelands auf dem Tagesplan. Hierfür besuchte die Exkursionsgruppe die Waitangi Treaty Grounds. Dort informierten sich die Teilnehmer über den Vertrag von Waitangi und darüber, welche Folgen dieser für das Leben der Maori hatte. Am Nachmittag stand das Thema Tourismus im Mittelpunkt. Die Exkursionsteilnehmer machten sich mit einem Teil des touristischen Angebots vertraut, indem sie eine Bootstour durch die Bay of Islands unternahmen. Am 21. Februar fuhr die Gruppe in die Hamilton-Region, wo sie sich auch die folgenden zwei Tage aufhielt. Auf dem Weg dorthin wurde ein Zwischenstopp in Kawakawa und an den Whangarei Falls eingelegt. In Hamilton war die Exkursionsgruppe Gast im Geographischen Institut der Waikato University und im Waikato Migrant Resource Centre. Außerdem stand das Thema Milchwirtschaft auf dem Programm. Hierfür besichtigten die Teilnehmer das Unternehmen AmBreed, welches die Grundlage für die Aufzucht von Hochleistungsmilchkühen bereitstellt – nämlich das Bullensperma. Außerdem konnten sie sich über die Organisation und Probleme einer Milchfarm informieren. Darüber hinaus gestalteten in der Waikato-Region wohnende Nachfahren der böhmischen Einwanderer ein Abendprogramm für die Exkursionsgruppe. Den 24. Februar verbrachten die Teilnehmer im Gebiet von Rotorua. Dort durchkreuzten sie das Thermal Wonderland, in dem heiße Quellen und Geysire sowie die dadurch geschaffenen Oberflächengegebenheiten studiert werden können. Die heißen Quellen werden hier auch zur Energiegewinnung herangezogen, wovon sich die Exkursionsteilnehmer bei einer Besichtigung der Geothermal Power Station of Warakei überzeugen konnten. Auf der Fahrt zum Tongariro Nationalpark bewunderten sie die Huka Falls und machten Halt am Lake Taupo, dem größten See Neuseelands. Im Nationalpark unternahmen sie am 26. Februar eine Wanderung. Tags darauf fuhren sie weiter über Marton nach Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Dort war nachmittags sowie am 28. Februar Gelegenheit, die Stadt zu erkunden, unter anderem auf einer Stadtführung mit Prof. Bredlich. Daneben erfuhr man bei einem Besuch des neuseeländischen Nationalmuseums Te Papa viel Wissenswertes über Gesellschaft und Geschichte Neuseelands. Am 1. März überquerten sie mit der Fähre die Cookstraße, um zur Südinsel zu gelangen. Den Nachmittag dieses Tages verbrachte die Exkursionsgruppe in Upper Moutere, wo sie sich mit der Einwanderung Deutscher in der Region Nelson befasste Am Tag darauf fuhren die Teilnehmer zur Westküste und beschäftigten sich mit den Landschaftsformen der Südalpen und der Küste sowie mit der Frage, welche wirtschaftliche Rolle diese Region einst spielte und welche sie heute einnimmt. Am 3. März überquerten sie die Südalpen über den Athur’s Pass und kamen am Nachmittag in Christchurch an. Am nächsten Tag erlebten sie eine Besichtigungstour durch die größte Stadt der Südinsel unter Leitung von Prof. Parson vom Institut für Geographie der Universität von Canterbury. Dabei standen insbesondere Fragen des städtischen Wandels im Mittelpunkt, welcher mit den ökonomischen Reformen seit Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts einherging. Damit endete am 4. März die Exkursion in Christchurch. Zum zweiten Teil des Berichts – die thematischen Texte Neben dem Gewinn eines ersten Eindrucks vor Ort bietet eine Exkursion als Form der Erkundung eines Landes durchaus auch die Gelegenheit, kritisch über gesellschaftliche Vorgänge zu reflektieren. Über solche Reflexionen geben die Darstellungen im zweiten Teil dieses Exkursionsberichtes Aufschluss. Das Spektrum der in den Texten aufgegriffenen Themen reicht dabei von physisch-geographischen Gegebenheiten, über Land- und Forstwirtschaft, die Maori bis zu bevölkerungsgeographischen Fragestellungen zur Migration und Integration in Neuseeland. Dem zu Grunde liegt ein – in der Geographie lange verwurzeltes – holistisches Verständnis der Disziplin. In den Berichten findet die zentrale Debatte in der Geographie um die Bedeutung und das Zusammenspiel von globalen, regionsunabhängigen und lokalen, regionsspezifischen Faktoren (»Glokalisierung«) an vielen Stellen ihren Ausdruck. Da während der Exkursion Einblick in verschiedenste Bereiche des Lebens in Neuseeland gewonnen werden konnten, ist es im thematischen zweiten Teil des Berichts vorrangiges Ziel, einen guten Überblick über Neuseeland und seine Bevölkerung zu geben. Dabei überwiegt ein beschreibender Charakter der Texte, gleichzeitig sollen aber auch zentrale Veränderungen und Herausforderungen für die neuseeländische Gesellschaft angesprochen, Erklärungsansätze gegeben und Lösungsstrategien aufgewiesen werden. Im Einzelnen ist der thematische Teil folgendermaßen aufgebaut: Zu Beginn widmet sich Anja Lehmann den Maori und beleuchtet Geschichte, Kultur und heutige Situation der indigenen Bevölkerung Neuseelands. Anschließend gehen Katharina Popig und Manuel Hundt in ihrem Text auf die frühe europäische Einwanderung nach Neuseeland, insbesondere auf die Rolle der deutschen bzw. böhmischen Einwanderer, ein. Im darauf folgenden Text zeigt Manuel Hundt die sich verändernden Muster in der jüngeren Migration auf und beleuchtet Fragen der Integration in Neuseeland, wobei insbesondere auf die Rolle der Pacific Islanders eingegangen wird. Dann folgt der Text von Lilli Maier. Sie beschäftigt sich mit Fragen des Tourismus und schildert die Gestalt des Fremdenverkehrs und seine Bedeutung für die neuseeländische Wirtschaft. Natalia Kiselgof gibt einen Überblick sowohl über physisch-geographische Aspekte und den Naturraum Neuseelands als auch über die Struktur der neuseeländischen Landwirtschaft, bevor Sören Sturm die Forstwirtschaft Neuseelands einer kritischen Analyse unterzieht.