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Portal Wissen = Sprache
(2018)
Sprache ist das vielleicht universellste Werkzeug, über das wir Menschen verfügen. Mit ihr können wir uns ausdrücken und mitteilen, verständigen und verstehen, helfen und Hilfe bekommen, ein Miteinander schaffen und daran teilhaben.
Doch damit ist der Wert von Sprache keineswegs vollständig erfasst. „Die Sprache gehört zum Charakter des Menschen“, meinte der englische Philosoph Sir Francis Bacon. Und glaubt man dem Dichter Johann Gottfried von Herder, ist der Mensch gar „Mensch nur durch Sprache“. Das bedeutet letztlich, wir sind in der Welt nicht mit, sondern in Sprache. Wir beschreiben unsere Wirklichkeit nicht allein mithilfe sprachlicher Mittel, Sprache ist die Brille, durch die wir uns die Welt überhaupt erschließen. Sie ist immer schon da und prägt uns und die Weise, wie wir alles um uns herum wahrnehmen und analysieren, beschreiben und letztlich auch bestimmen.
Derart tief mit dem Wesen des Menschen verbunden, wundert es kaum, dass unsere Sprache seit jeher im Fokus wissenschaftlicher Forschung steht. Und zwar nicht nur jener, die sich dem Namen nach als Sprachwissenschaft zu erkennen gibt. Philosophie und Medienwissenschaft, Neurologie und Psychologie, Informatik und Semiotik – sie alle gehen sprachlichen Strukturen, ihren Voraussetzungen und ihren Möglichkeiten nach.
Seit Juli 2017 arbeitet an genau dieser Schnittstelle an der Universität Potsdam ein wissenschaftliches Netzwerk: der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Sonderforschungsbereich „Grenzen der Variabilität in der Sprache“ (SFB 1287). Gemeinsam untersuchen darin Linguisten, Informatiker, Psychologen und Neurologen, wo Sprache flexibel ist – und wo nicht. Dadurch hoffen sie, nicht nur mehr über einzelne Sprachen herauszufinden, sondern auch, was sie verbindet.
In der vorliegenden Ausgabe der Portal Wissen haben wir die Sprecherin des SFB Isabell Wartenburger und ihrem Stellvertreter Malte Zimmermann gebeten, mit uns ins Gespräch zu kommen – über Sprache, ihre Variabilität, deren Grenzen und wie man beides erforscht. Außerdem haben wir zwei Wissenschaftlerinnen bei der Arbeit an ihren Teilprojekten über die Schulter geschaut: Die Germanistin Heike Wiese untersucht mit ihrem Team, ob auf einem Berliner Wochenmarkt, wo Sprachen aus fast allen Teilen der Welt zu hören sind, aus einem wilden Durcheinander eine neue Sprache mit eigenen Regeln entsteht. Und die Linguistin Doreen Georgi begibt sich auf eine typologische Weltreise, bei der sie rund 30 Sprachen miteinander vergleicht, um herauszufinden, ob sie gemeinsame Grenzen haben.
Zugleich wollen wir auch auf andere Forschungsprojekte an der Universität Potsdam und die Menschen dahinter zu sprechen kommen. So ließ uns ein Mathematiker erkennen, was Fußball mit Mathematik zu tun hat und warum diese Verbindung in der Schule gut ankommt. Außerdem sprachen wir mit einer Anglistin über afroamerikanische Literatur im 19. Jahrhundert, führte uns ein Chemiker durch das Gebiet der Angewandten Analytischen Photonik und eine Juristin erklärte uns den Unterschied zwischen dem französischen und dem deutschen Strafrecht. Wir diskutierten mit zwei Medienwissenschaftlern und einem Religionswissenschaftler über Computer- und Videospiele von ihren Anfängen bis heute und lernten von den Gründern des Start-ups „visionYOU“, wie sich Unternehmertum mit sozialer Verantwortung verbinden lässt. In vielen weiteren Gesprächen ging es unter anderem um Fernsehen 4.0, Artenvielfalt und ökologische Dynamik, ein Training zum achtsamen Essen, die effektive Produktion von Antikörpern und die Frage, ob uns die Dauernutzung von Smartphones am Ende sprachlos macht. Aber keine Angst: Uns sind die Worte nicht ausgegangen – das Heft ist voll davon! Viel Vergnügen beim Lesen!
Die Redaktion
Die empirische Studie untersucht, inwieweit die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit in Berlin in den verschiedenen Beschilderungstypen der Berliner Krankenhäuser vertreten ist. Damit fügt sich die Arbeit thematisch in die Untersuchung von "Sprachlandschaften" ein, einem neu entstehenden soziolinguistisch orientierten Forschungsfeld, das Zusammenhänge zwischen sozialer Mehrsprachigkeit und ihrer öffentlichen visuellen Repräsentation untersucht und aufdeckt. Welche Sprachen sind in welchen Diskurstypen in Berliner Krankenhäusern sichtbar? Wie entwickelt sich die Entscheidungspolitik, auf deren Grundlage Mehrsprachigkeit in Krankenhäusern sichtbar wird? Für die Befragung wurde jedes Krankenhaus in jedem der zwölf Berliner Bezirke besucht und die Ergebnisse durch Bilddateien dokumentiert. Das Ergebnis dieser Studie ist ein umfassendes Korpus.
Pri ha-Pardes (Früchte des Obstgartens) ist eine Schriftenreihe der Vereinigung für Jüdische Studien e. V., welche in Verbindung mit dem Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft der Universität Potsdam publiziert wird.
Was haben eine Volkssängerin, eine Malerin, ein Linguist und ein Journalist gemeinsam? Und was ein Haus in der Bronx an der letzten Station des D-trains und ein Festival und Lernort wie der Yiddish Summer Weimar? In diesem Fall ist die Lösung des Rätsels die Liebe zur jiddischen Sprache und Musik. Hier geht es um generationenübergreifenden Jiddischismus in der Familie Beyle Schaechter-Gottesmans, zuhause (im Bronxer Haus), in der näheren Umgebung „Beynbridzhivke“ rund um Bainbridge Avenue sowie Ausstrahlungen in die (auch nichtjüdische) Welt, z. B. zum Yiddish Summer Weimar oder durch den „Yiddish Song of the Week“-Blog.
Die vorliegende Studie stellt Leben und Werk der Jiddischistin, Sängerin, Dichterin, Malerin und Pädagogin Beyle Schaechter-Gottesman vor und untersucht insbesondere die innerfamiliäre Tradierung jiddischer Kultur (von der Mutter, der Volkssängerin, über den Linguistenbruder hin zum Journalisten- und Folkloristensohn) sowie den Einfluss, den die Familie in der jiddischen Welt anerkanntermaßen ausgeübt hat.
Schaechter-Gottesman, in Wien geboren, wuchs in Czernowitz auf, überlebte das Czernowitzer Ghetto, emigrierte 1951 nach New York. Dort hielt sie weiterhin an der jiddischen Sprache und Kultur bewusst fest und wollte diese lebendig halten. Sie fing an, Kindertheaterstücke, Lieder und Gedichte auf Jiddisch zu schreiben und wurde 2005 mit dem National Endowment for the Arts Fellowship ausgezeichnet, welches in den USA als Nobelpreis der traditionellen Künste gilt.
Inwieweit wirkten entscheidende Einflüsse des Jiddischismus auf Schaechter-Gottesman? Aus welchen familiären Traditionen wurden diese gespeist und wie drücken sie sich in ihrem Werk aus? Beyle Schaechter-Gottesman bewahrte traditionelles Liedgut und brachte durch ihre eigenen Lieder einen anderen Wind in die jiddische Musikwelt. Auf welche Art und Weise trägt die aktive Tradierung jiddischer Lieder zum Jiddischismus bei bzw. welche Funktion kann Musik innerhalb des Jiddischismus einnehmen?
Geograpien des Fußballs
(2018)
Editorial
(2018)
In welcher Beziehung steht die praktische Philosophie zur Wirklichkeit der Menschenrechtsfragen in Recht und Politik? Wie kann und soll sie sich ihrem komplexen Gegenstand nähern? Inwieweit kommt ihr die Aufgabe zu, politisches Geschehen konkret zu kommentieren und Vorschläge für die Implementierung menschenrechtstheoretischer Annahmen zu machen? Wie lässt sie sich als anwendungsorientierte Disziplin denken, die jenseits reiner Begründungsdiskurse einen Beitrag zur globalen Stärkung der Menschenrechtsidee leistet?
Der vorliegende Sammelband geht diesen und verwandten Fragen in acht Beiträgen mit jeweils einem Kommentar nach und regt damit zum Nachdenken über das Selbstverständnis zeitgenössischer Menschenrechtsphilosophie an.
Die vorliegende Arbeit behandelt die Synthese und Charakterisierung von funktionalisierten Alkydharzen und die photoinduzierte Polymerisation dieser unter Einsatz einer Quecksilberdampflampe oder einer UV LED mit unterschiedlicher Lichtintensität. Der Fokus dieser Arbeit bestand in der gezielten Substitution der internalen Doppelbindungen der Fettsäureester durch reaktivere Gruppen, wie Acrylate oder Methacrylate, welche für Alkydharze in dieser Form so in der Literatur nicht beschrieben sind. Untersuchungen des Polymerisationsverhaltens dieser funktionalisierten Harze wurden mit der Photo DSC durchgeführt, wobei Bis – (4 – methoxybenzoyl) diethylgermanium als Photoinitiator diente. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Harze radikalisch polymerisiert werden können und eine geringere Abhängigkeit von der Umgebungsatmosphäre (Luftsauerstoff bzw. Stickstoff) vorliegt. Dies ist so in der Literatur für funktionalisierte Alkydharze nicht bekannt. Abmischungen von unterschiedlichen Monomeren und funktionalisierten Harzen bewirkten eine Steigerung der Viskosität sowie eine Verringerung der Sauerstoffinhibierung im Zuge der photoinduzierten Polymerisation unter Luftsauerstoff für die Quecksilberdampflampe und der UV LED.
Zur Untersuchung der sauerstoffinhibierenden Wirkung der Harze sind Synthesen unterschiedlicher, funktionalisierter Ölsäuremethylester als Modellsubstanzen durchgeführt worden. Ein verbessertes Polymerisationsverhalten und eine geringe Abhängigkeit von der Umgebungsatmosphäre konnte für die Modelle nachgewiesen werden. Zur Aufklärung des verbesserten Polymerisationsverhaltens sind gezielt Substituenten (Imidazol, Brom, Alkohol, Acetat) in den funktionalisierten Ölsäuremethylester eingebaut worden, um den Einfluss dieser aufzuzeigen. Im Rahmen dieser Synthesen sind neuartige Strukturen synthetisiert worden, welche so in der Literatur nicht beschrieben sind. Die Gegenüberstellung der Polymerisationszeit, der Umsatz der (Meth-)Acrylatgruppen sowie die Zeit zum Erreichen der maximalen Polymerisationsgeschwindigkeit unter Verwendung von unterschiedlichen UV Lichtquellen hat einen Einfluss der Substituenten auf das Polymerisationsverhalten gezeigt.
Im inklusiven Unterricht ist es von zentraler Bedeutung, das inhaltliche und pädagogische Handeln auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler_innen anzupassen. Der aktuelle Lernstand der Kinder muss daher aus deren unterrichtlichen Handeln heraus festgestellt werden. Dafür stellt die Diagnosekompetenz der Lehrkräfte eine wichtige Grundlage dar. Um diese Kompetenz zu fördern, wurde im Rahmen des Projekts „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ an der Universität Potsdam ein Seminarkonzept im Rahmen des Praxissemesters entwickelt. Die diagnostischen Kompetenzen der Studierenden werden dabei durch das Prinzip des Micro-Teachings anhand von Videovignetten gefördert.
Für den inklusiven Unterricht und die dadurch wachsende Heterogenität im Unterricht sind die Einschätzung der Lernvoraussetzungen und die Anpassung der Unterrichtsinhalte daran von großer Bedeutung. Für die Umsetzung dieser Anforderungen müssen die Lehrkräfte über diagnostische Kompetenzen verfügen. Um diese zu erfassen wurde im Rahmen des Projekts „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ an der Universität Potsdam ein Erhebungsinstrument entwickelt. Dabei werden die diagnostischen Kompetenzen im mathematischen Bereich anhand eines Fragebogens in Verbindung mit Videovignetten erfasst. Das Instrument wurde sowohl mit Lehramtsstudierenden als auch mit aktiven Lehrkräften und Sonderpädagogen evaluiert und erreicht sehr gute Reliabilitäts- und Validitätswerte. Außerdem ergeben sich durch den Einsatz von Videosequenzen authentische Praxisbeispiele und somit kann eine wichtige Kompetenz abgebildet werden.
Das Training sozioemotionaler Kompetenzen ist gerade für Menschen mit Autismus nützlich. Ein solches Training kann mithilfe einer spielbasierten Anwendung effektiv gestaltet werden. Zwei Minispiele, Mimikry und Emo-Mahjong, wurden realisiert und hinsichtlich User Experience evaluiert. Die jeweiligen Konzepte und die Evaluationsergebnisse sollen hier vorgestellt werden.
Den fünf bildungswissenschaftlichen bzw. fachdidaktischen Praktika (Schulpraktische Studien) der Potsdamer Lehrerbildung liegt das Modell eines Spiralcurriculums zugrunde. Der professionelle Kompetenzerwerb wird als längerfristiger, nicht abschließbarer Prozess in beiden Phasen der Lehrerbildung sowie im tertiären Bereich begriffen. Im Beitrag werden einige historisch-systematische Positionen des Spiralcurriculums verortet und auf die Herausforderungen der Lehrerbildung gespiegelt. Die Gesamtheit der curricularen Ziele, Inhalte und Methoden aller Schulpraktischen Studien wird im Kontext des Spiralcurriculums entlang von drei tragenden Leitlinien: der fächerspezifischen, der fächerübergreifenden Erkenntnisgewinnung sowie der individuellen Kompetenzentwicklung systematisiert und vernetzt. Als Entwicklungsaufgabe wird ein „Spiralcurriculum Lehrerbildung“ benannt, das auf der Angebotsseite ein abgestimmtes Curriculum aller beteiligten Disziplinen etabliert und zugleich den individuellen Kompetenzerwerb der Studierenden als Zielmaxime systematisch im Blick hat.
Raumwissen als Raumpolitik?
(2018)
Veröffentlicht wird die Textfassung eines Vortrages, welcher am 18. April 2018 auf dem 10. Konsortialtag des Friedrich-Althoff-Konsortium e.V. in Berlin gehalten wurde. Zentrale Aussagen zum Publikationsaufkommen und zum Publikationsfonds der Universität Potsdam sind Bestandteile des Vortrages. Weiterhin wird die Verwaltung der Article Processing Charges (APC), welche im Dezernat Medienbearbeitung der Universitätsbibliothek verankert ist, thematisiert.
Die Veränderungen im Bereich der Literaturerwerbung und -nutzung innerhalb der letzten sieben Jahre haben einen Neuentwurf des Mittelverteilungsmodells der Universitätsbibliothek Potsdam unumgänglich gemacht. Dieser gliedert sich klar in Segmente und verankert erstmals auch Open Access im Bibliotheksetat. Damit wird dem angestrebten Transformationsprozess Rechnung getragen.
Viele der mittelost- und südosteuropäischen Länder haben mit der Migration ihrer Staatsbürger nach Westeuropa zu kämpfen und beklagen den brain drain ihrer jungen und gut ausgebildeten Generation. Dieses Buch widmet sich der Migration bulgarischer Staatsbürger nach Deutschland und analysiert die positiven sowie negativen Auswirkungen der Migration auf Bulgarien als Herkunftsland selbst. Es werden die Daten, Personengruppen und Ursachen der Migration unter Berücksichtigung der Push- und Pull-Faktoren beider Länder seit dem EU-Beitritt 2007, insbesondere seit der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit 2014, analysiert. Ferner steht die Frage im Vordergrund, wie der bulgarische Staat und die Zivilgesellschaft mit dem Phänomen der Massenmigration umgehen und was zusätzlich getan werden könnte, um die Migration gezielter zu steuern und so mehr Bulgaren für eine Zukunft in der Heimat zu begeistern.
Weltweit verursachen Städte etwa 70 % der Treibhausgasemissionen und sind daher wichtige Akteure im Klimaschutz bzw. eine wichtige Zielgruppe von Klimapolitiken. Gleichzeitig sind Städte besonders stark von möglichen Auswirkungen des Klimawandels betroffen: Insbesondere extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen oder Starkregenereignisse mit Überflutungen verursachen in Städten hohe Sachschäden und wirken sich negativ auf die Gesundheit der städtischen Bevölkerung aus. Daher verfolgt das Projekt ExTrass das Ziel, die städtische Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen in enger Zusammenarbeit mit Stadtverwaltungen, Strukturen des Bevölkerungsschutzes und der Zivilgesellschaft zu stärken. Im Fokus stehen dabei (kreisfreie) Groß- und Mittelstädte mit 50.000 bis 500.000 Einwohnern, insbesondere die Fallstudienstädte Potsdam, Remscheid und Würzburg.
Der vorliegende Bericht beinhaltet die Ergebnisse der 14-monatigen Definitionsphase von ExTrass, in der vor allem die Abstimmung eines Arbeitsprogramms im Mittelpunkt stand, das in einem nachfolgenden dreijährigen Forschungsprojekt (F+E-Phase) gemeinsam von Wissenschaft und Praxispartnern umgesetzt werden soll. Begleitend wurde eine Bestandsaufnahme von Klimaanpassungs- und Klimaschutzstrategien/-plänen in 99 deutschen Groß- und Mittelstädten vorgenommen. Zudem wurden für Potsdam und Würzburg Pfadanalysen für die Klimapolitik durchgeführt. Darin wird insbesondere die Bedeutung von Schlüsselakteuren deutlich. Weiterhin wurden im Rahmen von Stakeholder-Workshops Anpassungsherausforderungen und aktuelle Handlungsbedarfe in den Fallstudienstädten identifiziert und Lösungsansätze erarbeitet, die in der F+E-Phase entwickelt und getestet werden sollen. Neben Maßnahmen auf gesamtstädtischer Ebene und auf Stadtteilebene wurden Maßnahmen angestrebt, die die Risikowahrnehmung, Vorsorge und Selbsthilfefähigkeit von Unternehmen und Bevölkerung stärken können. Daher wurde der Stand der Risikokommunikation in Deutschland für das Projekt aufgearbeitet und eine erste Evaluation von Risikokommunikationswerkzeugen durchgeführt. Der Bericht endet mit einer Kurzfassung des Arbeitsprogramms 2018-2021.
Wie klingt Motivation?
(2018)
Hintergrund/Fragestellung: Während einer erfolgreichen Psychotherapie – so Miller und Rollnick (2013) – initiiert der Therapeut ein lautes Nachdenken über Veränderung (change talk), das eine Verhaltensänderung einleitet und verschiedene Facetten der Motivation eines Patienten spiegelt. Auf den preparatory change talk (desire, ability, reasons, need) folgt der mobilizing change talk (commitment, activation, taking steps) und schließlich die Verhaltensänderung. Die vorliegende Studie ist ein erster Versuch, deutsche Begriffe und Redewendungen zu analysieren, um Therapeuten die Einschätzung der Motivation eines Patienten zu erleichtern. Methodik: Das schrittweise Vorgehen entsprach weitgehend einem in der englischsprachigen Literatur beschriebenen Verfahren zur Einschätzung von Begriffen und Redewendungen hinsichtlich der Motivation eines Sprechers (vgl. Amrhein, 2009): (1) Generierung einer Sammlung relevanter Begriffe und Redewendungen, (2) Einschätzung der Stärke einer Formulierung durch 430 Probanden, (3) Bestimmung der Retestreliabilität anhand der Einschätzungen von 63 Probanden, (4) Kategorisierung von 140 Begriffen und Redewendungen durch drei Experten. Ergebnisse: Die ausgewählten Begriffe und Phrasen lassen sich zuverlässig den von Miller und Rollnick (2013) beschriebenen Kategorien Preparatory Change Talk oder Mobilizing Change Talk zuordnen, κ = .83 (95 % CI, .80 ≤ κ≤ .85), p < .001, und spiegeln darüber hinaus verschiedene Ausprägungen der Motivation eines Sprechers wider. Die Einschätzungen der Stärke einer Formulierung sind jedoch nicht stabil (Retestreliabilität: .21 ≤ rtt ≤.70). Schlussfolgerungen: Die Beachtung typischer Schlüsselwörter kann das richtige Timing einer Intervention erleichtern und darüber hinaus Auskunft über die „Entschlossenheit“ eines Patienten geben. Im Rahmen von Forschungsprojekten könnten auf der Basis erweiterter Sammlungen relevanter Begriffe und Redewendungen Algorithmen entwickelt werden, die eine Einschätzung der Motivation und damit prognostisch bedeutsame Aussagen erlauben.
In der vorliegenden Arbeit werden Wege zur Gewinnung verschiedener phenolischer Substanzen wie Lignin, Diarylheptanoide und 4-(3-Oxobutyl)phenol (Himbeerketon) aus dem Stamm der Hängebirke (Betula pendula) aufgezeigt. Durch Methacrylierung des 4-(3-Oxobutyl)phenols wurde ein Monomer erzeugt, welches mittels freier radikalischer Masse- und Lösungspolymerisation, sowie enzymatischer Polymerisation polymerisiert werden kann.
Eine erste Isolierung von Bestandteilen wurde durch Extraktion von Innenholz bzw. Rinde mit Methanol erzielt. Die in Methanol unlöslichen Bestandteile des Innenholzes und der Rinde wurden anschließend mit ausgewählten ionischen Flüssigkeiten extrahiert. Es wurde ein Verfahren zum selektiven Trennen der mit diesen ionischen Flüssigkeiten extrahierten Bestandteile in Cellulose, Hemicellulose, Lignin und mit Ethylacetat extrahierbare Bestandteile entwickelt. Hierdurch war es möglich, sowohl die verwendeten ionischen Flüssigkeiten als auch das Innenholz und die Rinde hinsichtlich ihres Extraktionsverhaltens miteinander zu vergleichen.
Ferner wurden verschiedene Strategien aufgezeigt, um insgesamt drei Spezies an Diarylheptanoiden aus dem methanolischen Extrakt der Rinde zu isolieren. Eines der gefundenen Diarylheptanoide (5 Hydroxy-1,7-bis(4-hydroxyphenyl)-3-heptanon) wurde via Retroaldolreaktion in 4 (3 Oxobutyl)phenol (Himbeerketon) und 3 (4 Hydroxyphenyl)propanal gespalten.
Es wurde die Verwendung des 4-(3-Oxobutyl)phenol als Monomerbestandteil untersucht. Hierfür wurde 4-(3-Oxobutyl)phenylmethacrylat synthetisiert und Wege zur Reinigung mittels Säulenchromatographie und Umkristallisation aufgezeigt. Anschließend wurde Poly(4-(3-oxobutyl)phenylmethacrylat) (PObMA) und Polybenzylmethacrylats (PBzMA) aus Massen- und Lösungspolymerisation hergestellt. Die Ausbeuten an PObpMA im Vergleich zum PBzMA liegen bei gleichen Reaktionsbedingungen auf gleichem Niveau. Im Kontrast hierzu ist der Polymerisationsgrad aus freier radikalischer Polymerisation in Masse des PObpMA im Vergleich zum PBzMA um den Faktor 3,7 größer. Die Glasübergangstemperaturen des PObpMA liegen bei gleichen Reaktionsbedingungen sowohl bei freier radikalischer Polymerisation in Masse, als auch bei Lösungspolymerisation über denen des PBzMA. Darüber hinaus wurde die Polymerisation von 4-(3-Oxobutyl)phenylmethacrylat und Benzylmethacrylat mit einem Initiatorsystem bestehend aus Meerrettichperoxidase, Acetylaceton und Wasserstoffperoxid bei Raumtemperatur beschrieben. Die mit enzymatischem Initiatorsystem erzeugten Produkte zeigten starke Übereinstimmung mit Produkten aus Lösungspolymerisationen, welche mit Azobis(isobutyronitril) initiiert wurden.
Professionelle GT Langstreckenmotorsportler (Rennfahrer) müssen den hohen motorischen und kognitiven Ansprüchen ohne Verlust der Performance während eines Rennens endgegenwirken können. Sie müssen stets, bei hoher Geschwindigkeit fokussiert und konzentriert auf ihr Auto, die Rennstrecke und ihre Gegner reagieren können. Darüber hinaus sind Rennfahrer zusätzlich durch die notwendige Kommunikation im Auto mit den Ingenieuren und Mechanikern in der Boxengasse gefordert. Daten über die tatsächliche Beanspruchung und häufig auftretende Beschwerden und/oder Verletzung von Profiathleten liegen kaum vor. Für eine möglichst gute Performance im Auto während eines Rennens ist es notwendige neben der körperlichen Beanspruchung auch die häufigen Krankheitsbilder zu kennen. Auf Basis dessen kann eine optimale Prävention oder notwendige Therapie zur möglichst schnellen Reintegration in den Sport abgeleitet und entwickelt werden. Die vorliegende Arbeit befasst sich durch ein regelmäßiges Gesundheitsmonitoring mit der Erfassung häufiger Beschwerden und oder Verletzungen im GT Langestreckenmotorsport zur Ableitung eines präventiven (trainingstherapeutischen) und therapeutischen Konzeptes. Darüber hinaus, soll über die Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Athleten, auf Basis der Beanspruchung im Rennfahrzeug ein mögliches Trainingskonzept in Abhängigkeit der Saison entwickelt werden.
Insgesamt wurden über 15 Jahre (2003-2017) 37 männliche Athleten aus dem GT Langstreckenmotorsport 353mal im Rahmen eines Gesundheitsmonitorings untersucht. Dabei wurden Athleten maximal 14 Jahre und mindestens 1 Jahr sportmedizinische betreut. Diese 2x im Jahr stattfindende Untersuchung beinhaltete im Wesentlichen eine sportmedizinische Untersuchung zur Einschätzung der Tauglichkeit für den Sport und die Erfassung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Über das Gesundheitsmonitoring hinaus erfolgte die Betreuung zusätzlich an der Rennstrecke zur weiteren Erfassung der Beschwerden, Erkrankungen und Verletzungen der Athleten während ihrer sportartspezifischen Belastung. Zusammengefasst zeigen die Athleten geringe Prävalenzen und Inzidenzen der Krankheitsbilder bzw. Beschwerden. Ein Unterschied der Prävalenzen zeigt sich zwischen den Gesundheitsuntersuchungen und der Betreuung an der Rennstrecke. Die häufigsten Beschwerdebilder zeigen sich aus Orthopädie und Innerer Medizin. So sind Infekte der oberen Atemwege sowie Allergien neben Beschwerden der unteren Extremität und der Wirbelsäule am häufigsten. Demzufolge werden vorrangig physio- und trainingstherapeutische Konsequenzen abgeleitet. Eine medikamentöse Therapie erfolgt im Wesentlichen während der Rennbetreuung. Zur Reduktion der orthopädischen und internistischen Beschwerden sollten präventive Maßnahmen mehr betont werden. Die körperliche Leistungsfähigkeit zeigt im Wesentlichen über die Untersuchungsjahre eine stabile Performance für die Ausdauer-, Kraft und sensomotorische Leistungsfähigkeit. Die Ausdauerleistungsfähigkeit kann in Abhängigkeit der Sportartspezifik mit einer guten bis sehr guten Ausprägung definiert werden. Die Kraftleistungsfähigkeit und die sensomotorische Leistungsfähigkeit lassen sportartspezifische Unterschiede zu und sollte körpergewichtsbezogen betrachtet werden.
Ein sportmedizinisches und trainingstherapeutisches Konzept müsste demnach eine regelmäßige ärztlich-medizinische Untersuchung mit dem Fokus der Orthopädie, Inneren Medizin und Hals- Nasen-Ohren-Kunde beinhalten. Darüber hinaus sollte eine regelmäßige Erfassung der körperlichen Leistungsfähigkeit zur möglichst effektiven Ableitung von Trainingsinhalten oder Präventionsmaßnahmen berücksichtig werden. Auf Grundlage der hohen Reisetätigkeit und der ganzjährigen Saison könnte ein 1-2x jährlich stattfindendes Trainingslager, im Sinne eines Grundlagen- und Aufbautrainings zur Optimierung der Leistungsfähigkeit beitragen, das Konzept komplementieren. Zudem scheint eine ärztliche Rennbetreuung notwendig.
Aus dem Inhalt:
▪ Auf dem Weg zu einem menschenrechtlichen Schutz vor Abschiebung für Schwerkranke? Anmerkungen zum Paposhvili-Urteil des EGMR
▪ Der EGMR und die Derogation von Menschenrechten – Werden Notstände zu akzeptierten Dauerzuständen in Zeiten des Terrorismus?
▪ EGMR: Wolter und Sarfert ./. Deutschland – Ungleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder im Erbrecht
Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist die Untersuchung der Funktion und Wirkung von Ironie in der öffentlich-kritischen Politikrezension. Wie kann eine vermehrte Verwendung von Ironie in der deutschen Berichterstattung das Denken und Sprechen über politisches Geschehen, die freie Meinungs- und Urteilsbildung bis hin zu Entscheidungsfindungen beeinflussen? Als Resultat der qualitativen Dokumentenanalyse wird letztlich ein operationalisiertes Schema konzipiert, welches die genaue Einordnung unterschiedlicher Einsatzmöglichkeiten von Ironie in den öffentlichen Medien auf Textebene erlaubt und in ihrer argumentativen Funktion und komischen Wirkkraft den Einfluss identifiziert, den Ironie auf die jeweilige Sachdebatte nimmt.
Um die zwiespältige Rolle von Ironie im Sprachgebrauch genauer zu bestimmen, wo sie sowohl als nützliches Ausdrucksmittel für die Widersprüchlichkeiten im komplexen gesellschaftspolitischen Geschehen als auch als Ohnmachtsreaktion auf deren Unauflösbarkeit erscheinen kann, nähert sich die Arbeit der Ironie zunächst über ihre epistemologische Geschichte und rhetorische Grunddefinition an. Ironie sagt immer etwas und zugleich etwas anderes. Sie eröffnet somit ein Bedeutungsfeld in der Spannung verschiedener oder gar entgegengesetzter Pole und lässt mehrere unvereinbare Interpretationen zu. Dieses besondere Stilmittel kann also zu einer differenzierten, multiperspektivischen Betrachtung genutzt werden. Oder aber gerade dazu, klare Positionen zu vermeiden und den Rückzug in alternative Auslegungsmöglichkeit einer Aussage offen zu halten.
Im Weiteren sind drei große, epochale Strömungen zu unterscheiden, die in der Ironie eine umfassende Geisteshaltung und erkenntnistheoretische Position verstanden beziehungsweise entwickelt haben: Einzeln erörtert werden die philosophische Verstellungstechnik der sokratischen Ironie, die poetisch-ästhetischen Darstellungsverfahren der romantischen Ironie sowie die kritische Selbstbetrachtung der modernen Ironie. Diese loten aus, ob sich eine ironische Geisteshaltung als differenzierte Annäherung an die komplexe Wahrheit des Menschen oder im Gegenteil als irrationaler Flucht- oder Irrweg entpuppt.
Die zweite Säule der Analyse betrachtet die komische Wirkung von Ironie und die Bedeutung des Lachens für den Menschen, der als einziges Lebewesen zu solch einer Reaktion fähig ist. Wann lacht der Mensch und was drückt er damit aus: Hilflosigkeit an den Grenzen seines sozialen Verhaltensspektrums oder Souveränität im Umgang mit einer ungewohnten Situation? Komik muss in ihrer medialen Anwendung von Unterhaltungskultur bis seriöser Berichterstattung situiert und Ironie klar von anderen komischen Figuren wie der Satire oder dem Sarkasmus unterschieden werden. Ihrer komischen Komponente steht ihr Anteil am Tragischen gegenüber, beide spielen zuweilen zusammen.
Im Rückbezug auf den Einfluss einer ironischen Sprachwahl oder Geisteshaltung auf die Rezension und damit auf die Wahrnehmung des politischen Geschehens finden sich beide Eingangsthesen bestätigt: Ironie kann hilfreiches Ausdrucksmittel oder Symptom gesellschaftlicher Ohnmacht sein. Rhetorisch dient sie als Kampfmittel im Politikdiskurs oder zur Ridikülisierung der Gegenposition. Indem sie stets mehrere Bedeutungsebenen eröffnet und andere oder gar gegensätzliche Denk- und Seinsweisen zugleich in den Blick nimmt, hat Ironie das Potential, politische sowie kulturelle Ideale und Richtlinien neu in Frage zu stellen. In ihrer destruktiven Kraft, Widersprüche anzuzeigen, steckt somit eine aufklärerische Funktion zur Entlarvung von Irrtümern oder Erschließung alternativer Ansätze. Andererseits kann eine Ironisierung in der Betrachtung und Bewertung von Politik auch auf den Wirklichkeits- oder Identitätsverlust einer Gesellschaft hinweisen, wenn nämlich die Lebensrealität angesichts gänzlich unterschiedlicher, doch ebenso denkbarer Organisationsformen und Weltbilder ihre Überzeugungskraft einbüßt. In der modernen Ironie bietet sich wiederum die Chance, diese Relativität von Werten und Normen als Schlüsselerlebnis der eigenen Zeit konstruktiv aufzugreifen.
Das Unterfangen dieser Bachelorarbeit kulminiert darin, all jene diversen Arten und Ebenen von Ironie in einem einzigen Analyseschema nach operationalisierten Kriterien der Linguistik, Rhetorik, Literaturwissenschaft, Philosophie und Ästhetik bestimmbar zu machen. Im zweiten Schritt wendet das Schema diese Forschungsergebnisse schließlich für eine politikwissenschaftliche Einordnung der Funktion und Wirkung von Ironie bei ihrer Verwendung in der öffentlich-kritischen Politikrezension durch textbasierte Medien an. Hierin könnte ein erster Grundstein für eine politische Theorie der Ironie liegen. Das Schema wäre künftig für eine umfassende, quantitative empirische Untersuchung über den Gebrauch von Ironie in den Pressebeiträgen deutscher Medien in der politikwissenschaftlichen Forschung einsetzbar.
Im Fokus der bildungshistorischen und doppelbiografischen Dissertation steht die Darstellung des vielseitigen Reformengagements der Torhorst-Schwestern Adelheid und Marie im (Aus-) Bildungswesen der Weimarer Republik. Die Begriffe „Reform“ und „Engagement“ stellen tragende inhaltliche Signaturen der quellenbasierten Annäherung an das Geschwisterpaar dar. Thematisiert werden ihre Berufsbiografien in ihren jeweiligen bildungspolitischen sowie bildungspraktischen Wirkungskreisen – inmitten der ersten „echten“ deutschen Demokratie. Die Studie zielt insbesondere darauf ab, den Kreis der bildungshistorischen Repräsentantinnen für eine konstruktive Ausgestaltung des (Fort-)Bildungswesens im Sinne eines notwendigen, aber nicht realisierten Modernisierungs- und Demokratisierungsprozesses in jenem Zeitraum zu erweitern. Die Aufarbeitung des bisher in der bildungsgeschichtlichen Forschung weitestgehend unbekannten Schaffens vermag es, den vielschichtigen Bedeutungsebenen von Schulreform(en) und Reformpädagogik gerecht(er) zu werden. Die Arbeit intendiert zudem eine Horizonterweiterung des bildungshistorischen Blickfeldes – vor allem in Bezug auf bildungspolitische und schulpraktische Realisierungen von essenziellen Reformen in den Bereichen sekundärer (Aus-)Bildungseinrichtungen.
Die Schwestern bestimmten sowohl als kommunalpolitische als auch als schulpraktische Akteure die neue Praxis und die neuen Anforderungen der demokratischen Staatsform mit. Adelheid Torhorst kämpfte – über ihren kommunalen Verantwortungsradius hinausreichend – aktiv im Rahmen ihrer von 1924–1931 andauernden Mitgliedschaft im Bund der Freien Schulgesellschaften (BFS) für eine gesamte Weltlichkeit des deutschen Schul- und (Aus-)Bildungswesens. Beide Frauen mussten auf ihren Tätigkeitsebenen erfahren, dass ihre immer stärker werdenden sozialistisch geprägten Vorstellungen bezüglich der deutschen Bildungslandschaft Illusionen blieben. Vielmehr erkannten sie zunehmend einen Zusammenhang zwischen den etablierten Machtstrukturen; ein gesellschaftlicher Fortschritt, der sich in ihren Augen in einem sozial durchlässigen und weltlichen Bildungswesen formierte, erforderte vor allem strukturelle Veränderungen. Für diese jedoch gab es keine gesellschaftlichen und politischen Mehrheiten.
Die doppelbiografische Perspektive mit dem Fokus auf das Bleibende des Reformengagements sensibilisiert für gegenwärtige bildungspolitische Streitfragen. Der kritisch-reflexive Blick geht zunächst mit einer Würdigung der qualifizierenden deutschen (Aus-) Bildungslandschaft einher; schätzt die liberalen Errungenschaften wie die Entscheidungsfreiheit der Eltern in Bezug zum Besuch des Religionsunterrichts ihrer Kinder als ein Privileg einer demokratischen, sozial offenen Gesellschaft. Es braucht in einer herausfordernden Zukunft mehr denn je mutige Akteure mit progressivem Reformpotenzial. Das wegweisende Engagement der Torhorst-Schwestern stand im Kontext eines schulischen sowie gesellschaftlichen Fortschrittgedankens, der sowohl die Moderne positiv prägt und trägt, der aber auch für deren Krisen und Konflikte steht. Im gegenwärtigen (Aus-)Bildungswesen entstehen ebenso immer wieder neue Spannungen und Reformbedarfe, die es gilt, mit entsprechenden bildungspolitischen Richtlinien „von oben“ gesetzlich neu zu reglementieren – mit Leben gefüllt werden sie mit dem Engagement „von unten“.
Die 8. Fachtagung für Hochschuldidaktik der Informatik (HDI) fand im September 2018 zusammen mit der Deutschen E-Learning Fachtagung Informatik (DeLFI) unter dem gemeinsamen Motto „Digitalisierungswahnsinn? - Wege der Bildungstransformationen“ in Frankfurt statt.
Dabei widmet sich die HDI allen Fragen der informatischen Bildung im Hochschulbereich. Schwerpunkte bildeten in diesem Jahr u. a.:
- Analyse der Inhalte und anzustrebenden Kompetenzen in Informatikveranstaltungen
- Programmieren lernen & Einstieg in Softwareentwicklung
- Spezialthemen: Data Science, Theoretische Informatik und Wissenschaftliches Arbeiten
Die Fachtagung widmet sich ausgewählten Fragestellungen dieser Themenkomplexe, die durch Vorträge ausgewiesener Experten und durch eingereichte Beiträge intensiv behandelt werden.
In dieser Arbeit steht die Entwicklung einer Sensorplattform für biochemische Anwendungen, welche auf einem optischen Detektionsprinzips beruht, im Vordergrund. Während der Entwicklung wurden zwei komplementäre Konzeptideen behandelt, zum einen ein Sensor, der auf photonischen Kristallen und Wellenleiterstrukturen basiert und zum anderen einen faserbasierten Sensor, der chemisch modifizierte Faser-Bragg-Gitter enthält. Das optische Detektionsprinzip in beiden Sensorideen ist die resultierende Brechungsindexänderung als messbare physikochemische Kenngröße.
Das aus der Natur bekannte Phänomen der photonischen Kristalle, das u. a. bei Opalen und bei Schmetterlingen zu finden ist, wurde bereits 1887 von Lord Rayleigh beschrieben. Er beschrieb die optischen Eigenschaften von periodischen mehrschichtigen Filmen, welche als vereinfachtes Modell eines eindimensionalen photonischen Kristalls verstanden werden können. Die Periodizität der Brechungsindexänderung resultiert in einem optischen Filter für Frequenzen in einem bestimmten spektralen Bereich, weshalb dann dort keine Lichtausbreitung mehr möglich ist. Wird dieses System aber durch eine Defektstelle in der Brechungsindexperiodizität gestört, sodass daraus zwei perfekt periodische Systeme entstehen, ist die Lichtausbreitung für eine bestimmte Frequenz dennoch möglich. In der Folge resultiert daraus ein schmalbandiges Signal im Transmissionsspektrum. Die erlaubte Frequenz ist dabei u. a. abhängig vom Brechungsindexunterschied des periodischen Systems, d.h. Veränderung des Brechungsindexes einer Schicht führt zu einer spektralen Verschiebung der erlaubten Frequenz, dadurch kann dieses Sensorkonzept für biochemische Sensorik ausgenutzt werden [1]. Diese Entwicklung des auf photonischen Kristallen basierenden Sensors war eine Kooperation mit dem Industriepartner „Nanoplus GmbH“. In der Doktorarbeit wurden Simulationen und praktischen Arbeiten zur Designentwicklung des Sensors und die Arbeiten an einem ersten Modellaufbau für die biochemischen Anwendungen durchgeführt.
Für den faserbasierten Sensor wurden Faser-Bragg-Gitter in den Faserkern hineingeschrieben. Hill et al. entdeckten 1978, dass solche Gitterstrukturen genau wie photonische Kristalle als optische Filter fungieren [2]. Die Gitter bestehen dabei aus Änderungen des Brechungsindexes im Faserkern. Im Laufe der nächsten vierzig Jahren wurden verschiedene Einschreibetechniken und Gitterstrukturen entwickelt, weshalb die Eigenschaften der jeweiligen Gitterstrukturen variieren. Eine solche Gitterstruktur sind u. a. die Faser-Bragg-Gitter, deren Gitterperiode, d. h. die Abstände der Brechungsindexmodifikationen, sich im Nanometer- bis Mikrometerbereich befinden. Aufgrund der kleinen Gitterperiode wird eine rückwärtsführende Welle im Kern für eine bestimmte Frequenz bzw. Wellenlänge, der Bragg-Wellenlänge, erzeugt. Im Endeffekt resultiert daraus ein schmalbandiges Signal sowohl im Transmissionsspektrum, als auch im Reflexionsspektrum. Die Resonanzwellenlänge ist dabei proportional zu der Gitterperiode und dem effektiven Brechungsindex, welcher vom Brechungsindex des Kerns und des kernumgebenen Materials abhängig ist. Letztlich eignet sich diese Technik für physikochemische Sensorik. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Gitter mit Hilfe einer relativen neuen Herstellungsmethode in die Fasern geschrieben [3]. Anschließend stand die Entwicklung eines Biosensors im Vordergrund, wobei zunächst ein Protokoll zum Ätzen der Faser mit Flusssäure entwickelt worden ist, dass das System sensitiv zum umgebenen Brechungsindex macht. Am Ende wurde ein Modellaufbau realisiert, indem ein Modellsystem, hier die Detektion vom C-reaktiven Protein mittels spezifischen einzelsträngigen DNS-Aptameren, erfolgreich getestet und quantifiziert worden ist.
1 Mandal, S.; Erickson, D. Nanoscale Optofluidic Sensor Arrays. Opt. Express 2008, 16 (3), 1623–1631.
2 Hill, K. O.; Fujii, Y.; Johnson, D. C.; Kawasaki, B. S. Photosensitivity in Optical Fiber Waveguides: Application to Reflection Filter Fabrication. Appl. Phys. Lett. 1978, 32 (10), 647–649.
3 Martínez, A.; Dubov, M.; Khrushchev, I.; Bennion, I. Direct Writing of Fibre Bragg Gratings by Femtosecond Laser. Electron. Lett. 2004, 40 (19), 1170.
Fragestellung: Ziel war die Untersuchung des Verlaufs von Kindern mit Rechenstörungen bzw. Rechenschwächen. Neben der Persistenz wurden Auswirkungen von Rechenproblemen auf künftige Rechenleistungen sowie den Schulerfolg geprüft. Methodik: Für 2909 Schüler der 2. bis 5. Klasse liegen die Resultate standardisierter Rechen- und Intelligenztests vor. Ein Teil dieser Kinder ist nach 37 und 68 Mona-ten erneut untersucht worden. Ergebnisse: Die Prävalenz von Rechenstörungen betrug 1.4 %, Rechenschwächen traten bei 11.2 % auf. Rechen-probleme zeigten eine mittlere bis hohe Persistenz. Schüler mit Rechenschwäche blieben im Rechnen gut eine Standardabweichung hinter durchschnittlich und ca. eine halbe Standardabweichung hinter unterdurchschnittlich intelligenten Kontrollkindern zurück. Der allgemeine Schulerfolg rechenschwacher Probanden (definiert über Mathematiknote, Deutschnote und Schultyp) ähnelte dem der unterdurchschnittlich intelligenten Kontrollgruppe und blieb hinter dem Schulerfolg durchschnittlich intelligenter Kontrollkinder zurück. Eingangs ältere Probanden mit Rechenproblemen (4. bis 5. Klasse) wiesen eine schlechtere Prognose auf als Kinder, die zu Beginn die 2. oder 3. Klasse besuchten. Schluss-folgerungen: Rechenprobleme stellen ein ernsthaftes Entwicklungsrisiko dar. Längsschnittuntersuchungen, die Kinder mit streng definierter Rechenstörung bis ins Erwachsenenalter begleiten und Prädiktoren für unterschiedlich erfolgreiche Verläufe ermitteln, sind dringend notwendig.
Im historischen Zentrum der mittelalterlichen Stadt Capua hat sich mit den drei Kirchen S. Salvatore „Maggiore“ a Corte, S. Giovanni a Corte und S. Michele a Corte eine Gruppe von Sakralbauten erhalten, die nicht nur durch ihre übereinstimmende namentliche Attribution einen Zusammenhang mit dem langobardischen Fürstenhof der Stadt offenbaren, sondern auch durch die räumliche Disposition im urbanistischen Gefüge. Im vorliegenden Buch wird die überkommene Bausubstanz einer grundlegenden Analyse unterzogen, um herauszuarbeiten, welche Bestandteile den ältesten Bauphasen zuzuordnen sind und somit als langobardenzeitlich angesprochen werden können. Eine ausführliche Untersuchung der zugehörigen Bauplastik ergänzt gleichwertig diesen ersten Teil. Die Kontextualisierung der Ergebnisse hilft dabei, ein Bild von der Kunst und Architektur des in Süditalien an Monumenten eher armen 10. Jahrhunderts zu generieren und erlaubt Rückschlüsse auf den geistigen Hintergrund, vor dem die drei Hofkirchen entstanden sind.
Gesetzgebungsmehrheiten in parlamentarischen Systemen mit ihrem Dualismus aus Regierungslager und Oppositionsparteien bilden sich nicht frei. Vielmehr findet ihre Koordination in einem Spannungsfeld aus den programmatischen Positionen der Akteure und ihrem opportunistischen Wettbewerb untereinander statt. Diese Problematik bricht die Arbeit auf drei konkrete Fragestellungen herunter, im Rahmen derer sie die Konfliktmuster zwischen Akteuren bei der legislativen Mehrheitskoordination unter Mehrheitsregierungen in den deutschen Landesparlamenten untersucht: 1) Inwieweit hängt es von programmatischen Positionen oder vom opportunistischen Wettbewerb des Neuen Dualismus zwischen Regierungslager und Oppositionsparteien ab, ob Oppositionsparteien und Regierungslager bei der Bildung von Gesetzgebungsmehrheiten kooperieren oder konfligieren? 2) Inwieweit kommt es vor dem Hintergrund unterschiedlicher programmatischer Positionen und opportunistischer Überlegungen zu Konflikt statt Kooperation zwischen Koalitionsakteuren bei der Bildung gemeinsamer Gesetzgebungsmehrheiten? Letztere Fragestellung wird sodann auch in den Kontext des bundesrepublikanischen Kooperativföderalismus eingebettet: 3) Inwieweit geht die Bildung von Gesetzgebungsmehrheiten bei der Ausführung von Bundesgesetzen in Mischkoalitionen (bestehend aus Parteien, die sich auf Bundesebene in konkurrierenden Lagern gegenüberstehen) mit mehr Konflikt einher als in ebenenübergreifend kongruenten Regierungskoalitionen?
Theoretisch wird ein rationalistisches Modell der grundlegenden Handlungsanreize bei der Bildung von Gesetzgebungsmehrheiten in den deutschen Landesparlamenten erarbeitet. Auf dieser Basis beschäftigt sich die Arbeit damit, wie die Akteure strategisch programmatische und opportunistische Anreize zu Konflikt und Kooperation abwägen. Die Arbeit leitet dann konkrete Determinanten ab, die vorwiegend – aber nicht nur – mittels quantitativer Methoden getestet werden. Die Arbeit stützt sich dabei auf eine größtenteils neu zusammengestellte Gesetzgebungsdatenbank aus 3.359 Gesetzgebungsvorgängen aus 23 Legislaturperioden zwischen 1990 und 2013 in den Ländern Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.
Die Analyse der Konfliktmuster zwischen Oppositionsparteien und Regierungslager zeigt, dass programmatische Distanz einer Oppositionspartei zum Regierungslager für Oppositionsverhalten eine Rolle spielt; dies gilt jedoch auch für opportunistische Aspekte (so lässt sich beispielsweise ein kompetitiveres Oppositionsverhalten beobachten, wenn nach der letzten Wahl ein vollständiger Regierungswechsel erfolgte). Oppositionsverhalten erscheint dabei recht kleinteilig ausgeprägt. Neben Unterschieden zwischen Legislaturperioden treten solche auch innerhalb von Legislaturperioden zwischen Akteuren sowie zwischen Gesetzentwürfen auf. Die Analyse generellen Koalitionskonflikts weist darauf hin, dass ein nicht unerheblicher Teil von Koalitionskonflikt strukturell bedingt ist. Handelt es sich bei einer gebildeten Regierungskoalition um die Wunschkoalition der beteiligten Parteien, so ist dies Koalitionskonflikt abträglich. Selbiges gilt für eine größere Mehrheitsmarge des Regierungslagers. Darüber hinaus ergeben sich Hinweise, dass die Ausführung von Bundesgesetzen unter Mischkoalitionen bei bundespolitischer Abgrenzung der Koalitionspartner mit mehr Koalitionskonflikt einhergeht als eine Ausführung unter kongruenten Koalitionen.
Der Beitrag der Arbeit ist polymorph angelegt. Sie hilft zunächst, die Strategien von Akteuren im Gesetzgebungsprozess besser zu verstehen. Als normativer Beitrag tritt auf einer zweiten Ebene die bessere Erforschung etwaiger nachteiliger Effekte des Neuen Dualismus unter Mehrheitsregierungen hinzu. Gleichzeitig soll die Arbeit drittens in der Zusammenschau helfen, die Mechanik der parlamentarischen Systeme in den Ländern selbst zu erhellen und besser normativ bewerten zu können. Hintergrund sind hier die jahrzehntealten Debatten um das beste Regierungssystem und -format der deutschen Länder als subnationale Entitäten. Die dritte Fragestellung dieser Arbeit konnte diese Debatte zudem mit einem neuen Aspekt bereichern. Wissen darüber, inwieweit die Ausführung von Bundesgesetzen in den Ländern je nach ebenenübergreifendem Koalitionsmuster in unterschiedlichem Ausmaß mit einem ‚coalition governance‘-Problem verbunden ist, fügt der Forschung zum föderalen Entscheiden in der Bundesrepublik eine neue und beachtenswerte Facette hinzu. Denn dabei handelt es sich um eine föderal bedingte mechanische Beeinträchtigung der Mehrheitskoordination in den Landesparlamenten selbst, die die potenziell gegebene föderale Flexibilität bei der Ausführung von Bundesgesetzen hemmt. Dies ebnet den Weg zu neuen Debatten darüber, wie in den deutschen Ländern mehr legislative Abstimmungsflexibilität ermöglicht werden kann als unter den bisher üblichen Mehrheits-Koalitionsregierungen.
Diverse Entwicklungen der letzten Jahrzehnte zeigten die Relevanz am Diskurs um eine sogenannte „nachhaltige Entwicklung“ auf. Nachhaltiger Entwicklung wird dabei eine immer größere Bedeutung zugesprochen und zudem wird die Bildung als eine der wichtigsten Kräfte, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, angesehen. Im Rahmen der Bachelorarbeit soll deshalb untersucht werden, welches Verständnis Schülerinnen und Schüler vom Begriff Nachhaltigkeit haben. Zunächst wird der theoretische Hintergrund zu nachhaltiger Entwicklung und einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ geklärt. Auf Basis dieser theoretischen Fundierung wird dann ein leitfadengestütztes Interview entwickelt. Aus den Ergebnissen sollen unter Verwendung der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring Rückschlüsse über das Verständnis der Schüler*innen gezogen werden. Auf der Basis der Ergebnisse und Interpretationen sollen abschließend Überlegungen gemacht werden, wie das Verständnis der Schüler*innen erweitert werden kann. Im Rahmen der Untersuchung wurden schließlich sechs Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe zehn einer Gesamtschule mit einem Interview befragt. Es wurde festgestellt, dass ein Verständnis von Nachhaltigkeit nur bei vier der sechs Befragten vorhanden war und auch dort größtenteils in Bezug auf ökologische und soziale Aspekte. Dabei konnten das persönliche Interesse, der Lebensweltbezug, und auch der Unterricht als Grund für beide Seiten ausgemacht werden.
Der am 15. Juni 1875 in Frankfurt (Oder) geborene und langjährig in seiner Wahlheimat Potsdam praktizierende Allgemeinmediziner Georg Otto Schneider war einer der bedeutendsten ärztlichen Standesvertreter der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eng verknüpft mit seinem Namen sind eine geradlinige, liberale Berufspolitik sowie die Entfaltung und der Erhalt beruflicher Selbstverwaltung in der brandenburgischen und gesamtdeutschen Ärzteschaft. Als führendes Mitglied in mehreren provinzialen und reichsweiten Verbänden engagierte sich Schneider über vier historische Epochen stets im Sinne einer freien Ausübung und autonomen Verwaltung des Arztberufes.
Im Deutschen Kaiserreich war Schneiders standespolitisches Handeln zunächst noch regional begrenzt. 1912 initiierte er die Errichtung eines Schutzverbandes für die Ärzte des Bezirks Potsdam, dem er über zehn Jahre vorsaß. In der Weimarer Republik stieg Schneider sodann zu einer Schlüsselfigur der Gesundheits- und ärztlichen Berufspolitik auf. 1920 belebte er den Ärzteverband für die Provinz Brandenburg, ab 1928 leitete er dazu in Personalunion die brandenburgische Ärztekammer. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er die Geschäftsführung des Deutschen Ärztevereinsbundes übernommen. Infolge der Machtübernahme der Nationalsozialisten schied Schneider bis Mitte 1934 aus allen Ämtern aus, seine Bemühungen für den Erhalt der Berufsautonomie waren vergebens. Anders sah es zunächst nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus. In der Sowjetischen Besatzungszone saß Schneider der Fachgruppe Ärzte im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund Brandenburg vor und verteidigte die Möglichkeiten der selbstständigen Berufsverwaltung. Zudem war er von 1946 an bis zu seinem Tod am 26. Oktober 1949 Fraktionsvorsitzender der Liberal-Demokratischen Partei im brandenburgischen Landtag.
Vor dem Hintergrund des Lebens und Wirkens Georg Schneiders untersucht die Dissertation Kontinuitäten und Brüche im ärztlichen Organisationswesen, ausgehend vom Deutschen Kaiserreich über die Weimarer Epoche und den Nationalsozialismus bis hin zur Zeit der sowjetischen Besatzung. Die Arbeit stellt die Auswirkungen der jeweiligen politischen, sozioökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf den Ärztestand und die entsprechenden Reaktionen der ärztlichen Berufsvertreter, allen voran Georg Schneiders, gegenüber. Dabei hinterfragt sie, inwiefern sich die ärztlichen Organisationsstrukturen dem jeweiligen System anpassten und welchen Einfluss Schneider als einzelne Person in den größeren Institutionen entfalten konnte.
Die Kernfrage der vorliegenden Arbeit lautet: Sichert die Schuldenbremse die fiskalische Nachhaltigkeit in Deutschland? Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst untersucht, welche Vor-Wirkungen die Einführung der Schuldenbremse im Zeitraum 2010-16 auf die deutschen Bundesländer zeitigte. Dafür wurden die beobachtete Konsolidierungsleistung und der 2009 bestehende Konsolidierungsanreiz bzw. –druck der Bundesländer mit Hilfe einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Scorecard evaluiert. Mittels multipler Regressionsanalyse wurde dann analysiert, wie die Faktoren der Scorecard die Konsolidierungsleistung der Bun- desländer beeinflussen. Dabei wurde festgestellt, dass beinahe 90% der Variation, durch die unabhängigen Variablen Haushaltslage, Schuldenlast, Einnahmenwachstum und Pensionslast erklärt werden und der Schuldenbremse bei der Konsolidierungsepisode 2009-2016 eher eine untergeordnete Rolle zugefallen sein dürfte. Anschließend wurde mithilfe der in 65 Expertinneninterviews gesammelten Daten analysiert, welche Grenzen der neuen Fiskalregel in ihrem Wirken gesetzt sind, bzw. welche Risiken zukünftig die Einhaltung der Schuldenbremse erschweren oder verhindern könnten: Kommunalverschuldung, FEUs, Eventualverpflichtungen in Form von Bürgschaften für Finanzinstitute und Pensionsverpflichtungen. Die häufig geäußerten Kritikpunkte, die Schuldenbremse sei eine Konjunktur- und Investitionsbremse werden ebenfalls überprüft und zurückgewiesen. Schließlich werden potentielle zukünftige Entwicklungen hinsichtlich der Schuldenbremse und der öffentlichen Verwaltung in Deutschland sowie der Konsolidierungsbemühungen der Länder erörtert.
Mit der New Economic Geography (NEG) kann die Verteilung von Unternehmen und Arbeitskräften auf Regionen modellhaft diskutiert werden. In diesem Beitrag wird untersucht, welche räumlichen Verteilungen der mobilen Arbeitskräfte und Unternehmen in einem NEG-Modellansatz resultieren, wenn die Größe einer Region und damit der ihr zur Verfügung stehende Boden, die zu überwindende Distanz für den Gütertransport innerhalb der Regionen, sowie Bodennutzungskonkurrenzen zwischen Wohnen, Industrie und Landwirtschaft berücksichtigt werden. Auch wird der Frage nachgegangen, welche Wohlfahrtswirkungen hierbei resultieren.
Die Entstehung der modernen britischen Nachrichtendienstarchitektur fiel in die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Zeitgleich erfuhr die britische Gesellschaft eine nie dagewesene Demokratisierung. Die Arbeit versucht darzulegen, wie auch vermeintlich arkane Bereiche staatlichen Handelns in öffentliche Aushandlungsprozesse eingebettet sind und rekonstruiert deshalb erstmals systematisch öffentliche und fachöffentliche Diskurse über Nachrichtendienste Großbritanniens im Zeitalter der Weltkriege.
Schulpraktische Studien werden vermehrt als „Herzstück“ der Lehrerbildung betrachtet; zu ihren Effekten auf die Kompetenzentwicklung der Studierenden liegen bisher jedoch nur wenige Erkenntnisse vor. Auf der Grundlage des Konzepts zu Standards und Kompetenzen in Schulpraktischen Studien nimmt das PSI-Teilprojekt „Kompetenzerwerb in Schulpraktischen Studien – Spiralcurriculum“ eine erste empirische Analyse der fünf bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Praktika im Potsdamer Modell der Lehrerbildung vor. Eine ausgewählte Kohorte Lehramtsstudierender wird durch alle fünf Schulpraktischen Studien in der Bachelor- und Masterphase begleitet und anhand eines Online-Fragebogens zu ihrem Kompetenzerwerb befragt. Besonders zeichnet sich die Studie durch das quer- sowie längsschnittliche Forschungsdesign aus, das im folgenden Beitrag anhand der Skizzierung des Erhebungsinstruments – einem umfassenden, mehrteiligen Online-Fragebogen – vorgestellt wird. Vor dem Hintergrund des theoretischen Projektmodells wird die Entwicklung des Fragebogens mit Angaben zur statistischen Güte unterlegt und durch Perspektiven des Forschungsprojekts ergänzt.
Thomas Morus: Utopia
(2018)
In Thomas Morus’ Utopia wird intensiv über die in einem idealen Staat herrschenden Verhältnisse nachgedacht. Für den Lateinunterricht empfiehlt sich dieses neulateinische Werk, weil Schüler durch seine Lektüre zum einen erkennen, dass die lateinische Sprache nach dem Untergang des römischen Reiches fortlebte, und weil sie zum anderen zu allgemeinen Reflexionen über vorbildhafte Gesellschaftsordnungen angeregt und für die dabei zu berücksichtigenden Aspekte sensibilisiert werden. So entsteht in ihnen ein Bewusstsein für die Grundfesten eines harmonischen Zusammenlebens. Das vorliegende Lektüreheft bietet umfangreiches, didaktisch aufbereitetes Material, das Lateinschülern echtes Lesevergnügen bereitet und das Lehrkräfte ohne großen Aufwand im Unterricht einsetzen können. Diese Publikation schließt damit eine für die Utopia bislang bestehende Lücke und lässt hoffen, dass das Werk künftig einen festen Platz im Lateinunterricht erhält.
Kommunale Kinder- und Jugendgremien sind eine Möglichkeit, junge Menschen in der Kommune zu beteiligen. Die Masterarbeit beschäftigt sich mit den kommunalen Kinder- und Jugendgremien im Land Brandenburg, über die es in der wissenschaftlichen Literatur nur wenige Erkenntnisse gibt. Die Arbeit gibt einen Überblick über die bestehenden Gremien und zeigt, welche Kinder und Jugendliche sich beteiligen und wie der Entwicklungsstand der Gremien ist. Ausgehend von der Partizipationsleiter von Hart geht die Arbeit zudem in zwei Fallstudien in Senftenberg und Oranienburg der Frage nach, ob es sich bei den Kinder- und Jugendgremien um ernstgemeinte Partizipation handelt.
Innerhalb dieser Doktorarbeit wurde eine neuartige Mikromanipulationstechnik für die lokale Flüssigkeitsabgabe am komplexen Drüsengewebe der Schabe P. americana charakterisiert und für die damit verbundene gezielte Manipulation von einzelnen Zellen in einem Zellkomplex (Gewebe) angewandt. Bei dieser Mikromanipulationstechnik handelt es sich um die seit 2009 bekannte nanofluidische Rasterkraftmikroskopie (FluidFM = fluidic force microscopy). Dabei werden sehr kleine mikrokanälige Rasterkraftspitzen bzw. Mikro-/Nanopipetten mit einer Öffnung zwischen 300 nm und 2 µm verwendet, mit denen es möglich ist, sehr kleine Volumina im Pikoliter- bis Femtoliter-Bereich (10-12 L – 10-15 L) gezielt und ortsgenau abzugeben. Das Ziel dieser Arbeit war die Analyse zellulärer Prozesse, wie z. B. Zell-Zell-Kommunikation oder Signalweiterleitung, zwischen benachbarten Zellen unter Zuhilfenahme der Fluoreszenzmikroskopie. Mit dieser Methode können die Zellen und ihre Bestandteile mittels vorheriger Farbstoffbeladung unter einem Mikroskop mit hohem Kontrast optisch dargestellt werden. Mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie sollten schlussendlich die zellulären Reaktionen innerhalb des Gewebes nach der lokalen Manipulation visualisiert werden.
Zunächst wurde die Anwendung des Systems an Luft und wässriger Umgebung beschrieben. In diesem Zusammenhang wurde eine Reinigungs- und Beladungsmethode entwickelt, mit der es möglich war, die kostspieligen Mikro-/Nanopipetten zu reinigen und anschließend mehrmals wiederzuverwenden. Hierzu wurde eine alternative Methode getestet, mit der das Diffusionsverhalten von Farbstoffmolekülen in unterschiedlichen Medien untersucht werden kann. Des Weiteren wurden die Systemparameter optimiert, welche nötig sind, um zwischen der Probenoberfläche und der Pipette einen guten Pipettenöffnungs-abschluss zu erhalten. Dieser Abschluss ist essentiell, damit die abgegebene Flüssigkeit ausschließlich in der Abgaberegion mit der Probe wechselwirkt und die darauffolgenden Reaktionen nur innerhalb des Gewebes erfolgen, da ansonsten die Zell-Zell-Signalweiterleitung zwischen den Zellen nicht eindeutig nachvollzogen werden kann. Diese interzelluläre Kommunikation wurde anhand zweier sekundärer Botenstoffe (Ca2+ und NO) untersucht. Hierbei war es möglich einzelne lokale Reaktionen zu detektieren, welche sich über weitere Zellen ausbreiteten. Schlussendlich wurde die Fertigung einer speziellen Injektionspipette beschrieben, welche an zwei biologischen Systemen getestet wurde.
Zwei fachwissenschaftliche Mathematik-Lehrveranstaltungen der Lehramtsstudiengänge für die Primarstufe wurden im Rahmen des Schwerpunkts 1 des PSIProjekts weiterentwickelt, indem der Fokus auf das berufsfeldbezogene Fachwissen gelegt wurde. Vier Strukturelemente kennzeichnen die Konzeption: (1) fundamentale Ideen verfolgen: vertikal durch das Curriculum vom Elementarbereich bis zur Hochschule und horizontal durch verschiedene Gebiete der Mathematik, (2) Wissen über Konzepte und Zusammenhänge explizit machen, (3) Studierende in die Lernsituation von Schüler_innen bringen und sie anregen, ihre Erfahrungen in Hinblick auf die zukünftige Tätigkeit als Lehrkräfte zu reflektieren, (4) das Prozesshafte an der Mathematik verdeutlichen. Diese Strukturelemente vermitteln unterschiedliche Facetten des erweiterten Fachwissens im schulischen Kontext und machen den Studierenden die Sinnhaftigkeit des fachwissenschaftlichen Studiums für den zukünftigen Beruf einsichtig.
Die Interpretation von Menschenrechtsnormen durch die Vertragsausschüsse der Vereinten Nationen
(2018)
In diesem Beitrag wird dargestellt, wie die Methode der sozialen Netzwerkanalyse (SNA) im Rahmen der Projektevaluation des Projekts PSI-Potsdam angewendet und durchgeführt wurde. Mit Hilfe der SNA wurde die Vernetzung zwischen den Projektbeteiligten operationalisiert, quantifiziert und anschließend visualisiert. Darüber hinaus machte die Methode es möglich, das Projekt in seinen Substrukturen zu betrachten. Die Untersuchung umfasste drei Messzeitpunkte (Anfang, Mitte und Ende des Projektes), wodurch auch die Entwicklung des Netzwerks über die Zeit abbildbar war und die Ergebnisse im Sinne einer formativen Evaluation nutzbar wurden. Vorgestellt wird das eigens dafür entwickelte Instrument, die Datengewinnung und -verarbeitung sowie Herausforderungen, die bei der Durchführung auftraten. Auf eine Ergebnisdarstellung wird aufgrund der Deanonymisierungsgefahr der Projektbeteiligten verzichtet.
Während seiner Italienreise 1805 gelangte Humboldt erstmals nach Neapel, das mit dem Vesuv als idealer Ort für Studien über Vulkanismus und vulkanische Gesteine galt. Die Fragestellungen, die ihn ein Jahr nach seiner Amerikareise beschäftigten, lassen sich anhand von unveröffentlichten Texten (insbesondere aus seinem Italienischen Tagebuch) sowie von Objektbeispielen aus dem Museum für Naturkunde Berlin prüfen. In Neapel stand Humboldt in intensivem Gedankenaustausch mit Leopold von Buch. Dabei ging es vorrangig um eine Neuorientierung in der großen Wissenschaftsdebatte zwischen Neptunisten und Plutonisten. Diese Kontroverse prägte auch die Kontakte, die beide in Neapel zu Gelehrten und Sammlern aufbauten. Der wissenschaftshistorische Rahmen dieses Beitrags ist eine Rekonstruktion zeitgenössischer Kommunikationsformen, bei denen privaten Sammlungen eine wichtige Funktion für die Begegnung zwischen Forschern unterschiedlicher Provenienz und Orientierung zukam.
Veränderungen im thermalen Regime des Permafrosts verursachen Störungen der Erdoberfläche. Diese Veränderungen werden durch die in der Arktis seit Jahrzehnten ansteigenden Temperaturen verstärkt. Thermokarst ist ein Prozess, welcher die Erdoberfläche durch Schmelzen von Grundeis, oder Auftauen von Permafrost absacken lässt, wodurch charakteristische Landformen entstehen. Thermokarst ist vor allem entlang von Hängen weit verbreitet und die Anzahl der damit verbundenen Landformen in der Arktis steigt stetig an. Dieser Prozess mobilisiert große Mengen an Material, welche in Richtung Meer transportiert oder entlang von Hängen akkumuliert werden. Während entlang von Hängen auftretender Thermokarst terrestrische sowie aquatische Ökosysteme stark verändert, ist dessen Einfluss auf regionaler Skala zurzeit noch Gegenstand der Forschung.
In dieser Arbeit quantifizieren wir die Auswirkungen von Thermokarstprozessen entlang von Hängen auf die umliegenden Ökosysteme der küstennahen Täler und Nahküstenbereiche entlang der Yukon Küste in Kanada. Mittels überwachtem maschinellen Lernen haben wir geomorphische Faktoren identifiziert, welche die Entwicklung von retrogressiven Auftaurutschungen (RTS) begünstigen. RTS sind eine Erscheinungsform von Thermokarst entlang von Hängen. Die Küstengeomorphologie, sowie der Grundeistyp und -inhalt sind die wesentlichen bestimmenden Faktoren für das Auftreten von RTS. Wir haben Luftbildaufnahmen und Satellitenbilder genutzt, um die Evolution von RTS im Zeitraum von 1952 bis 2011 zu verfolgen. Während dieser Zeit ist die Anzahl und Ausdehnung von RTS linear angestiegen. Wir zeigen, dass 56% der RTS welche entlang der Küste in 2011 identifiziert wurden, 16.6 × 106 m3 an Material erodiert haben. Hiervon wurden 45% durch Küstenprozesse entlang der Küste transportiert. RTS tragen wesentlich zu dem Kohlenstoff-Budget des Nahküstenbereiches bei: 17% der in 2011 identifizierten RTS, haben 0.6% des organischen Kohlenstoffes transportiert, welcher durch Küstenerosion entlang der Yukon Küste jährlich freigesetzt wird. Um den Einfluss von Thermokarst entlang von Hängen auf das terrestrische Ökosystem zu beurteilen, haben wir die räumliche Verteilung von organischem Bodenkohlenstoff und Stickstoff (SOC, TN) entlang von Hangprofilen in drei arktischen Tälern analysiert.Wir weisen auf eine hohe räumliche Variabilität in der Verteilung von SOC und TN hin, welche auf komplexe Bodenprozesse zurückzuführen ist, welche entlang von Hängen auftreten. Thermokarst entlang von Hängen hat einen großen Einfluss auf die Degradierung von organischem Material und die Speicherung von SOC und TN.
Inhalt:
-Ulrich Päßler: Die edition humboldt digital. Dokumente zur Neuausgabe der Ideen zu einer Geographie der Pflanzen (1825–1826)
-Reinhard Andress: Eduard Dorsch and his unpublished poem on the occasion of Humboldt’s 100th birthday
-Vicente Durán Casas: Immanuel Kant, Alexander von Humboldt and the Tequendama Fall. Two Prussians linked by Geography
-Ottmar Ette: Languages about Languages: Two Brothers and one Humboldtian Science
-Dagmar Hülsenberg: Alexander von Humboldts Erläuterungen zu Öfen
für die Herstellung von Keramik- und Glaserzeugnissen
-Thomas Schmuck: Missglückte Begegnung. Der kurze Briefwechsel zwischen Leopold von Buch und Goethe
-Werner Sundermann: Alexander von Humboldt und das Persische
Diese Arbeit besteht aus drei Aufsätzen. Der erste Aufsatz („Die Arbeitsmarktpolitik in Südosteuropa: Von der Transformation bis zur EU-Integration“) erörtert die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Südosteuropa und die damit einhergehenden Entwicklungen auf den jeweiligen Arbeitsmärkten seit 1991. Im Fokus steht dabei der Einfluss der Arbeitslosigkeit (als systemunabhängiges Problem) auf den EU-Integrationsprozess in den jugoslawischen Nachfolgestaaten und Albanien.
Welchen Einfluss haben der qualifikatorische und regionale Mismatch auf die Arbeitslosigkeit in Kroatien? Um diese Frage zu beantworten, wird im zweiten Kapitel dieser Arbeit („Arbeitslosigkeit im Transformationsprozess: Qualifikatorischer und regionaler Mismatch in Kroatien“) der Mismatch sowohl statisch mit Mismatch-Indikatoren als auch dynamisch im Rahmen der Matching-Funktion erörtert. Unter Anwendung von Paneldaten für neun Berufsgruppen und 21 Regionen im Zeitraum zwischen Januar 2004 und Juni 2015 wird in diesem Kapitel mithilfe von Fixed-Effects-Modellen dieser Einfluss geschätzt.
Führt die Anpassung der Arbeitslosenversicherungsgesetze an die EU-Standards zu einer Verbesserung der Arbeitsmarktergebnisse in den Staaten Südosteuropas? Mit Hilfe von Paneldaten für den Zeitraum 1996–2014 wird für fünf südosteuropäische Staaten (Albanien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Serbien) dieser Einfluss im Rahmen eines Differenz-in-Differenzen-Modells im dritten Aufsatz („Unvollständige Integration: Eine Differenz-in-Differenzen-Analyse der südosteuropäischen Arbeitsmärkte“) geschätzt.
Der Beitrag beschreibt nach einer kurzen Klärung des Begriffs Reflexion und der Klärung der Bedeutung dieses Prozesses für das Lehrkrafthandeln eine spezielle Lerngelegenheit für diesen Prozess im Rahmen des Praxissemesters für Lehramtsstudierende. Um die Reflexionen der Studierenden theoriegeleitet analysieren zu können, wurde ein Modell des Reflexionsprozesses entwickelt, welches kurz vorgestellt wird. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt in der Schilderung des (idealtypischen) Ablaufs der Lernsituation. Auf der Basis mehrerer Abläufe mit Lehramtsstudierenden werden am Ende Erfahrungen mit verschiedenen Ausprägungen des Reflexionsprozesses dargestellt. Eine Weiterentwicklung dieses Formats und sein über das Praxissemester hinausgehender Einsatz werden empfohlen.
Abgeleitet von der Frage, seit wann sich die Menschheit auf dem Weg der Gleichstellung befindet, untersucht die Arbeit Handlungsspielräume von athenischen und spartanischen Frauen zur Zeit der klassischen Antike. Die Forschungslage vermittelt den Eindruck, dass sowohl athenische als auch spartanische Frauen in ihren Rechten stark eingeschränkt waren. Damit einher geht die Forschungsmeinung, spartanische Frauen seien rechtlich gesehen besser gestellt gewesen als ihre athenischen Zeitgenossinnen. Bezugnehmend auf wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse von Elke Hartmann, Christine Schnurr-Redford sowie Beate Wagner-Hasel untersucht die Bachelorarbeit die Frage, in welchem Umfang die Bürgerinnen Athens und Spartas am gesellschaftlichen, politischen und familialen Leben teilhaben konnten. Darüber hinaus wird nach der Bedeutung von Frauen, ihren Tätigkeiten und Beziehungen in den sozialen sowie politischen Lebensräumen gefragt. Hierzu werden die antiken Schriftquellen –durchweg von Männern verfasst – kritisch gelesen und miteinander verglichen.
Für jede der beiden Poleis Athen und Sparta liegen zwei Schwerpunkte der Analyse zugrunde. Exemplarisch werden die Denkmuster antiker Philosophen wie Aristoteles und Platon herausgearbeitet. Vor diesem ideologischen Hintergrund werden die weiblichen Lebenswelten athenischer sowie spartanischer Bürgerinnen diskutiert. Für Analyse und Vergleich richtungsweisend ist die im populären und wissenschaftlichen Diskurs verankerte vermeintlichen Bipolarität zwischen Athen und Sparta, die im Verlauf der Arbeit methodische hinterfragt und relativiert wird.
Allgemein gesagt, nahmen Frauen in der griechischen Poliswelt eine eher untergeordnete Rolle ein. Athen stellt sich bei der Betrachtung der Quellen antiker Autoren als besonders rückschrittlich und konservativ hinsichtlich der gesellschaftlichen sowie politischen Integration von Frauen dar. Die Schattenseiten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Macht Athens werden in den Schriften der männlichen Bildungselite bildhaft dargestellt. Mit der Geburt war die Zukunft der athenischen Bürgerinnen vorbestimmt. Ihnen blieb lediglich ein zurückgezogenes Leben unter der Vormundschaft eines Mannes ohne jegliche eigene politische Teilhabe. Die Abhängigkeit vom männlichen Geschlecht war dabei nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich abgesichert.
Dennoch herrschte, entgegen der Schriften Aristoteles’ auch in Sparta keine „Weiberherrschaft“. Spartanischen Frauen hatten, ebensowenig wie ihre athenischen Zeitgenossinnen, ein Teilnahme- bzw. Rederecht in der Volksversammlung. Auch das spartanische Ideal war einem konservativen Frauenbild verpflichtet.
Spartanische Frauen waren sich unterordnende Ehefrauen, deren Anteil an der Erhaltung des familiären Oikos größer und selbständiger war, als derjenige ihre athenischen Geschlechtsgenossinnen. In ihrem spezifischen Lebensmodell ging damit einher die Sorge um Nachkommen für die Familie und den spartanischen Staat.
Unterschieden haben sich die beiden Poleis lediglich in ihrer Haltung zu den weiblichen Pflichten. Die Wertschätzung der Athenerinnen litt massiv unter der Annahme, die weibliche Physis sei zu schwach für Tätigkeiten außerhalb des Haushalts. Athen schränkte daher die weiblichen Handlungsspielräume erheblich ein, es blieben Hausarbeit und Kindererziehung. Sparta dagegen privilegierte die eigenen Bürgerinnen und verpflichtete sie als Gegenleistung dazu, die nächste Generation von Spartanern auf die Welt zu bringen. Der Erfahrung, dass das Gebären von Kindern für Mutter und Kind eine lebensgefährliche Situation war, trugen die Spartaner Rechnung, indem sie Frauen sportliche Betätigung zur physischen Stärkung verordneten. Hinsichtlich des Erziehungsmodells unterschieden sich Athen und Sparta. Während in Athen die Erziehung der Nachkommen eine Privatsache und bis ins Jugendalter Angelegenheit der Mütter war, wuchsen spartanische Jungen seit dem siebten Lebensjahr gemeinsam und außerhalb der Familie auf.
Einleitung
(2018)
Dieses Promotionsvorhaben wird versuchen den Begriff der Due-Diligence im Rahmen des Menschenrechts- und Umweltschutzes weiterzuentwickeln. Dieser Terminus verweist auf einen vernünftigen Verhaltensstandard und wird öfters zum Schädigungsverbot in Verbindung gebracht. Ein bekanntes Synonym dafür ist die „Sorgfaltspflicht“. Nach dieser Norm müssen alle voraussehbaren Verletzungsrisiken (Personen-, Sach- und Umwelt) durch die Ergreifung von allen nötigen und angemessenen Maßnahmen vorgebeugt werden (s. z.B. Trail-Smelter und Korfu-Kanal Entscheidung). Dieser Begriff wird gegenwärtig weltweit verwendet um Globalisierungsprobleme zu adressieren, wie z.B. der mangelnde Klimaschutz oder die mangelnde Reglementierung von Transnationalen Unternehmen. Die Emergenz dieser offenen und allgemeinen Norm ist eindeutig und wird durch die Tatsache erleichtert, dass sie in viele Rechtssysteme vorhanden ist. Zum Beispiel, in dem bekannten Urgenda v. Holland Fall, fordert der Gerichtshof von Den Haag vom Staat eine angemessenere Aufsicht im Klimaschutz, da die ursprünglichen Reduktionsziele von Treibhausgasemissionen nicht die wissenschaftlichen Anforderungen entsprachen. Dieser Fall hat viele andere Klagen inspiriert. Der französische Gesetzgeber verpflichtet darüber hinaus seit kurzem mit dem Gesetz zur „devoir de vigilance“ herrschende Unternehmen zur Veröffentlichung eines ‚Sorgfaltsplans‘, so dass die Auswirkungen des gesamten Unternehmens auf die Menschenrechte und die Umwelt effektiv vorgebeugt werden. Dieses Gesetz hat auch die letzten UN-Vertragsverhandlungen bzgl. Multinationalen Unternehmen geprägt. In Anbetracht dessen, wird diese rechtsvergleichende Studie die Verrechtlichung der Norm und ihre Verbreitung in anderen Rechtssysteme untersuchen, so dass der Menschenrechts- und Umweltschutz effektiv gewährleistet werden kann, auch wenn die Politik und Unternehmen es verhindern wollen.
Fragestellung: Ziel der Studie war die Überprüfung der Wirksamkeit einer vorschulischen Förderung der phonologischen Bewusstheit und der Buchstaben-Laut-Verknüpfung bei Kindern mit einem Risiko für die Entwicklung einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) unter Bedingungen, die sich am Alltag der Kindertagesstätten orientierten und somit auch bei einem breiten Einsatz des Programms eine relativ ökonomische Variante darstellen. Methodik: Die Risikokinder der Trainingsgruppe (n = 20) wurden über 11 Wochen mit den Programmen Hören, Lauschen, Lernen 1 und 2 (Küspert & Schneider, 2008; Plume & Schneider, 2004) von Erzieherinnen gefördert. Sie wurden einer nicht-geförderten Risiko-Kontrollgruppe (n = 43) hinsichtlich ihrer Lese- und Rechtschreibleistungen sowie der Häufigkeit von LRS von der 1. bis zur 3. Klasse gegenübergestellt. Dabei wurden neben den Daten regulär eingeschulter Kinder auch jene in die Analyse inkludiert, die vom Schulbesuch zurückgestellt wurden. Ergebnisse: Im 1. und 2. Grundschuljahr zeigten die trainierten Risikokinder im Lesen und Rechtschreiben einen mindestens tendenziellen Leistungsvorsprung gegenüber nicht-geförderten Risikokindern. Trainingseffekte zeigten sich ebenfalls in einer Reduktion der Anzahl von Kindern mit LRS bis Klasse 2, tendenziell auch in Klasse 3. Schlussfolgerung: Insgesamt sprechen die Befunde für die Wirksamkeit des Trainings in der primären Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten bei Risikokindern unter alltagsnahen Bedingungen.
Ziel ist die Überprüfung der kurz- und mittelfristigen Wirksamkeit einer vorschulischen Förderung des Mengen- und Zahlenverständnisses bei Kindern mit einem Risiko für die Entwicklung einer Rechenstörung. Es wurden 32 Risikokinder mit einer Kombination aus den Förderprogrammen Mathematik im Vorschulalter und Mengen, zählen, Zahlen im letzten Kindergartenjahr von den Erzieherinnen trainiert und mit 38 untrainierten Risikokindern verglichen. Hinsichtlich der kurzfristigen Wirksamkeit zeigten sich positive Trainingseffekte auf die numerischen Leistungen im letzten Kindergartenjahr. Es ließen sich keine signifikanten mittelfristigen Trainingseffekte auf die Rechenleistungen im zweiten Halbjahr der 1. Klasse finden. Das eingesetzte vorschulische Präventionsprogramm leistete danach einen wichtigen Beitrag zur kurzfristigen Verbesserung der mathematischen Basiskompetenzen.
NIHIL NISI VERITAS
(2018)
Im Rahmen des Berliner Projekts „Sprachen-Bilden-Chancen. Innovationen für das Berliner Lehramt“ wurde unter anderem das „Instrument zur sprachbildenden Analyse von Aufgaben im Fach (isaf)“ entwickelt, welches eine Hilfestellung bei der Analyse sprachlicher Anforderungen von (Lern-)Aufgaben darstellt. Ziel des Instruments ist die Förderung der Analyse- und Planungskompetenzen von (angehenden) Lehrkräften. Im Rahmen des Teilprojekts „Sprachliche Heterogenität als Herausforderung für die Lehrerbildung“ des Projekts „PSI (Professionalisierung, Schulpraktische Studien und Inklusion)“ an der Universität Potsdam wurde isaf in der Didaktik der Physik erprobt. Auf Basis der Erprobungsergebnisse sowie der Ergebnisse eines fächerübergreifenden Workshops wurde die hier vorliegende Adaption entwickelt, die um Begriffserläuterungen und Literaturhinweise ergänzt wurde.
Die Arbeit untersucht die Anglizismen im gruppenspezifischen Wortschaft der russischsprachigen Brettspielergemeinschaft, welche, wegen einer Konstellation von objektiven Faktoren, einem intensiven Kontakt mit der englischen Sprache ausgesetzt ist.
Das erste Kapitel bereitet die theoretische Basis der Studie vor; es geht auf die innersprachlichen und außersprachlichen Ursachen der Änderungs- und Entwicklungsprozesse im Wortschatz ein, mit dem Schwerpunkt auf den Faktoren, die insbesondere für die informelle Kommunikation relevant sind wie Sprachökonomie und Bedarf an Mitteln der emotionellen Expressivität. Analysiert werden auch konkrete Prozesse der Wortschatzreorganisation und -expansion mit dem Focus auf der Entlehnung und den damit verbundenen Verfahren wie Konversion und Derivation. Als Einzelfall wird der Zustrom von Anglizismen in die russische Sprache ab Ende des 20. Jh. thematisiert.
Das zweite Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die Geschichte von Brettspielen im Allgemeinen und insbesondere über den Werdegang der modernen Hobbybrettspielen als Kulturfernomen.
Das dritte Kapitel präsentiert nämlich die Ergebnisse der Analyse von Texten (Rezensionen, Kommentaren etc.) auf der Web-Seite https://tesera.ru (größtes Internet-Portal über Brettspiele im russischsprachigen Raum, etwa 30.000 registrierte Nutzer). Zuerst wird, anhand von konkreten Beispielen, in die Motivation hinter Entlehnung eingegangen, vom Sachzwang zur emotionellen Anziehungskraft des Englischen. Danach wird die Struktur des Lehngutes im Zielkorpus analysiert, wobei auf der traditionellen Gliederung ins evidente und latente Lehngut gebaut wird. Ein interessanter Aspekt, der in diesem Zusammenhang thematisiert wird, ist das Entstehen von neuen Paaren von Homonymen infolge der rezenten Entlehnungen.
Die letzte Dimension der Analyse umfasst den Verlauf der Integration von den neuen Entlehnungen in das phonetische und grammatische System des Russischen wie auch deren Einbezug in Derivationsprozesse. Endlicht werden die Schlussfolgerungen zusammengefasst und die Linien für eventuelle weitere Studien definiert.
Die im Korpus entdeckten Entlehnungen sind in einem Anhang zur Masterarbeit aufgelistet.
PaRDeS. Zeitschrift der Vereinigung für Jüdische Studien e.V., möchte die fruchtbare und facettenreiche Kultur des Judentums sowie seine Berührungspunkte zur Umwelt in den unterschiedlichen Bereichen dokumentieren. Daneben dient die Zeitschrift als Forum zur Positionierung der Fächer Jüdische Studien und Judaistik innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses sowie zur Diskussion ihrer historischen und gesellschaftlichen Verantwortung.
Grußwort
(2018)
Die Mehrzahl der Schlaganfallpatienten leidet unter Störungen der Gehfähigkeit. Die Behandlung der Folgen des Schlaganfalls stellt eine der häufigsten Indikationen für die neurologische Rehabilitation dar. Dabei steht die Wiederherstellung von sensomotorischen Funktionen, insbesondere der Gehfähigkeit, und der gesellschaftlichen Teilhabe im Vordergrund.
In Deutschland wird in der Gangrehabilitation nach Schlaganfall oft das Neurophysiologische Gangtraining nach Bobath (NGB) angewandt, das jedoch in seiner Effektivität kritisch gesehen wird. In Behandlungsleitlinien wird zuerst das Laufbandtraining (LT) empfohlen. Für diese Therapie liegen Wirknachweise für Verbesserungen in Gehgeschwindigkeit und Gehausdauer vor. Auch für die Rhythmisch-auditive Stimulation (RAS), dem ebenerdigen Gangtraining mit akustischer Stimulation liegt vergleichbare Evidenz für Schlaganfallpatienten vor.
Ziel der durchgeführten Studie war es, zu klären ob der Einsatz von RAS die Effektivität von LT verbessert. Es wurden die Auswirkungen eines 4-wöchigen musikgestützten Laufbandtrainings auf die Gangrehabilitation von Schlaganfallpatienten untersucht.
Für die Kombinationstherapie RAS mit Laufbandtraining (RAS-LT) wurde spezielle Trainingsmusik entwickelt. Diese wurde an die individuelle Laufbandkadenz des Patienten angepasst und in Abstimmung mit der Bandgeschwindigkeit systematisch gesteigert. Untersucht wurde, ob RAS-LT zu stärkeren Verbesserungen der Gehfähigkeit bei Schlaganfallpatienten führt als die Standardtherapien NGB und LT. Dazu wurde eine klinische Evaluation im prospektiven randomisierten und kontrollierten Parallelgruppendesign mit 45 Patienten nach Schlaganfall durchgeführt. 45 Patienten mit Hemiparese der unteren Extremität oder unsicherem und asymmetrischem Gangbild wurden in der Akutphase nach Schlaganfall eingeschlossen. Bei 10 Patienten wurde die Studie während der Interventionsphase abgebrochen, davon 1 Patient mit unerwünschter Nebenwirkung in Folge des LT.
Die verwendete Testbatterie umfasste neben Verfahren zur Bestimmung der Gehfunktion wie Fast Gait Speed Test, 3-min-Walking-Time-Test und der apparativen Ganganalyse mit dem Lokometer nach Bessou eine statische Posturographie und eine kinematische 2D-Ganganalyse auf dem Laufband. Diese Methode wurde in Erweiterung der bisherigen Studienlage in dieser Form erstmals für diese Fragestellung und dieses Patientenkollektiv konzipiert und eingesetzt. Sie ermöglichte eine differenzierte und seitenbezogene Beurteilung der Bewegungsqualität.
Die primären Endpunkte der Studie waren die longitudinalen Gangparameter Kadenz, Gehgeschwindigkeit und Schrittlänge. Als sekundäre Endpunkte dienten die Schrittsymmetrie, die Gehausdauer, das statische Gleichgewicht und die Bewegungsqualität des Gehens.
Prä-Post-Effekte wurden für die gesamte Stichprobe und für jede Gruppe durch T-Tests und wenn Normalverteilung nicht gegeben war mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest errechnet. Für die Ermittlung der Wirkungsunterschiede der 3 Interventionen wurde eine Kovarianzanalyse mit zwei Kovariaten durchgeführt: (1) der jeweilige Prä-Interventionsparameter und (2) die Zeit zwischen Akutereignis und Studienbeginn. Für einzelne Messparameter waren die Vorbedingungen der Kovarianzanalyse nicht erfüllt, sodass stattdessen ein Kruskal-Wallis H Test durchgeführt wurde. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0,05 und für gruppenspezifische Prä-Post-Effekte auf p > 0,016 gesetzt. Effektstärken wurden mit Cohens d berechnet.
Es wurden die Datensätze von 35 Patienten (RAS-LT: N = 11, LT: N = 13, NGB: N = 11) mit einem Alter von 63.6 ±8.6 Jahren, und mit einer Zeit zwischen Akutereignis und Beginn der Studie von 42.1 ±23.7 Tagen ausgewertet. In der statistischen Auswertung zeigten sich in der Nachuntersuchung stärkere Verbesserungen durch RAS-LT in der Kadenz (F(2,34) = 7.656, p = 0.002; partielles η2 = 0.338), wobei auch die Gruppenkontraste signifikante Unterschiede zugunsten von RAS-LT aufwiesen und eine Tendenz zu stärkerer Verbesserung in der Gehgeschwindigkeit (F(2,34) = 3.864, p = 0.032; partielles η2 = 0.205). Auch die Ergebnisse zur Schrittsymmetrie und zur Bewegungsqualität deuteten auf eine Überlegenheit des neuen Therapieansatzes RAS-LT hin, obgleich dort keine statistischen Signifikanzen im Gruppenvergleich erreicht wurden. Die Parameter Schrittlänge, Gehausdauer und die Werte zum statischen Gleichgewicht zeigten keine spezifischen Effekte von RAS-LT.
Die Studie liefert erstmals Anhaltspunkte für eine klinische Überlegenheit von RAS-LT gegenüber den Standardtherapien. Die weitere Entwicklung und Beforschung dieses innovativen Therapieansatzes können in Zukunft zu einer verbesserten Gangrehabilitation von Patienten nach Schlaganfall beitragen.
Studien zum Bildungserfolg in Deutschland weisen auf verschiedene Ungleichheitsdimensionen hin. So wurde wiederholt ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem schulischen Bildungserfolg dokumentiert. Des Weiteren stellen auch Geschlechterunterschiede im Bildungserfolg einen vielfach berichteten und sowohl wissenschaftlich als auch gesellschaftlich diskutierten Befund dar. Der großen Anzahl an Studien, die sich jeweils einer dieser Ungleichheitsdimensionen widmen, steht jedoch ein Forschungsbedarf bezüglich des systematischen Wissens über die Wechselwirkung von Geschlecht und sozialer Herkunft im Bildungserfolg gegenüber. Vor diesem Hintergrund hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, das Zusammenspiel von Geschlecht und sozialer Herkunft zu untersuchen, wobei sie von zwei übergeordneten Fragestellungen geleitet wird, die im Rahmen von vier Teilstudien untersucht werden.Erstens wurde das Zusammenspiel von Geschlecht und sozioökonomischem Status (SES) in unterschiedlichen Facetten des Bildungserfolges sowie in den Berufsaspirationen analysiert (Teilstudien 1-3). Zweitens wurde untersucht, inwiefern die elterlichen Geschlechterrollenvorstellungen mit den Schulleistungen ihres Kindes assoziiert sind. Vor diesem Hintergrund wurde ebenso der Zusammenhang zwischen den elterlichen Geschlechterrollenvorstellungen und Merkmalen des familiären Hintergrundes analysiert (Teilstudie 4). Zusammenfassend betrachtet weisen die Ergebnisse der Teilstudien auf eine Wechselwirkung von Geschlechtszugehörigkeit und sozialer Herkunft im Bildungserfolg sowie in den beruflichen Aspirationen hin, auch wenn die entsprechenden Effekte eher klein ausfallen. Entgegen der gesellschaftlichen Konnotation von Mathematik als „Jungenfach“ stellen die Befunde damit beispielsweise einen Hinweis darauf dar, dass die vielfach zitierten Geschlechterunterschiede in den mathematischen Kompetenzen nicht als „naturgegeben“ sondern beeinflussbar verstanden werden können. Damit untermauern die Ergebnisse die unter anderem im Rahmen verschiedener Theorien herausgestellte Bedeutsamkeit des Sozialisationskontextes für die Entwicklung der Fähigkeiten und Ziele von Jungen und Mädchen sowie die im internationalen Vergleich gezeigte Variabilität von Geschlechterunterschieden in Schulleistungen.
d.art
(2018)
Der Konzeptband dokumentiert den Aufbau und die Durchführung der pädagogischen Weiterbildung „d.art“. Der Band richtet sich an zukünftige Weiterbildungsanbietende und Weiterbildende, die ähnliche pädagogische Weiterbildungen durchführen wollen. Das vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderte Projekt umfasste zwei Teilprojekte: erstens die Entwicklung eines Konzepts für die pädagogische Weiterbildung von Kunstschaffenden und zweitens die Evaluation der Bildungs- und Lernprozesse, welche die Kunstschaffenden im Verlauf der Weiterbildung durchliefen. Es werden Anregungen und Begründungen für eine pädagogische Weiterbildung von Kunstschaffenden geboten, mit der die Qualität ästhetischer Bildungsprojekte steigt. Die Professur für Erwachsenenbildung an der Universität Potsdam (Prof. Dr. Joachim Ludwig) hat mit insgesamt 41 Brandenburger und Berliner Künstler*innen (KuK) aller Kunstsparten in drei Weiterbildungsdurchgängen (2014-2017) dieses Konzept erprobt und entwickelt. Die KuK planen im Rahmen der Weiterbildung außerunterrichtliche Angebote ästhetischer Bildung an Ganztagsschulen, führen zwei Praxisprojekte durch und reflektieren in den Workshops ihre Erfahrungen. Eine Didaktik vom Standpunkt der Lernenden ist die Leitidee der Weiterbildung. Die Selbstbildungsprozesse der KuK werden in dieser Weiterbildung zum Ausgangspunkt gemacht, unterstützt und begleitet. Aus der Perspektive der Weiterbildungsanbietenden standen vier Themenfelder im Vordergrund, die mit den Anliegen der KuK gekoppelt wurden. Dabei fällt auf, dass methodische Fragen weitgehend ausgespart wurden. Dies war möglich, weil KuK eigene ästhetische Weltzugänge anbieten können. Stattdessen wurde die pädagogische Beziehung mit ihren grundlegenden Spannungsverhältnissen in den Vordergrund gestellt. Im ersten Teil des Bandes werden der Weiterbildungsverlauf, die Inhalte der vier Themenfelder (künstlerisches Selbstverständnis, ästhetische Bildung, didaktische Herausforderungen, Schule als Projektraum) und die Lernbegleitungsformate detailliert vorgestellt. Im zweiten Teil werden ausführliche bildungs- und lerntheoretische Grundlagen beschrieben, auf denen das Konzept aufbaut.
Frühe mathematische Bildung
(2018)
Im vorliegenden Beitrag werden aktuelle Forschungstrends im Bereich der frühen mathematischen Bildung im Kontext jüngst formulierter Zieldimensionen für die frühe mathematische Bildung (siehe Benz et al., 2017) dargestellt. Es wird auf spielbasierte Fördermaßnahmen, Kompetenzen im Bereich „Raum und Form“, den Einfluss sprachlicher Parameter auf die Entwicklung mathematischer Kompetenzen sowie auf mathematikbezogene Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte eingegangen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse einer aktuellen Feldstudie zur Förderung früher mathematischer Kompetenzen (siehe Dillon, Kannan, Dean, Spelke & Duflo, 2017) vorgestellt. Abschließend wird die Entwicklung und Implementierung anschlussfähiger Bildungskonzepte als eine der zentralen Herausforderungen zukünftiger Forschungs- und Bildungsbemühungen diskutiert
Das strukturierte Promotionsprogramm in PSI Potsdam diente der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Lehrerbildung an der Universität Potsdam. Als fakultätsübergreifende Struktur vereinte es Forschungsprojekte verschiedener Disziplinen aus den Bereichen Lehrerbildung und Bildungsforschung. Das Promotionsprogramm richtete sich an Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums oder einer lehramtsrelevanten Bezugswissenschaft, die mit gezielten (über-)fachlichen und methodischen Angeboten in ihrer Promotion unterstützt wurden. Eine seit Beginn laufende Evaluation des Programms passt dadurch nachhaltig die Qualität der Angebote an die Bedürfnisse aller Beteiligten an. Der vorliegende Beitrag unterstreicht die Notwendigkeit dieses Programms und stellt die erste Umsetzungsphase (2015 – 2018) an der Universität Potsdam vor.
Das umfassende Thema Klassenmanagement ist nicht nur fachübergreifend ein wichtiger Bestandteil der Unterrichtsqualität, sondern trägt somit auch wesentlich zu den Lernleistungen der SchülerInnen bei. Doch wie lässt sich Klassenmanagement angehenden Lehrkräften während der ersten Phase der Lehrerbildung realitätsnah beibringen? Dieser Beitrag zeigt anhand von zwei Seminarkonzeptionen aus dem Bereich der Bildungswissenschaft und der Fachdidaktik Sport auf, wie Klassenmanagement im Praxissemester durch eine kriterienorientierte Reflexion eigener Videovignetten thematisiert und darauf aufbauend Handlungsalternativen für das individuelle zukünftige Lehrerhandeln abgeleitet werden können.
Praxisphasen im Lehramtsstudium sind von erheblicher Bedeutung für die Entwicklung selbsteingeschätzter Kompetenzen sowie für die berufliche Orientierung. Am Arbeitsbereich Schulpädagogik der Universität Potsdam wurde im Rahmen des Projektes „Campusschulen“ ein Seminarkonzept entwickelt, das die Verzahnung von Theorie und Praxis durch Vernetzung von Schule und Universität zum Ziel hat. Um dieses Ziel zu erreichen, fördert das Seminarkonzept unterrichtsbezogene Praxiserfahrungen im Lehramtsstudium und legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Reflexion dieser Praxiserfahrungen. Der vorliegende Beitrag stellt die theoretischen Grundlagen des Seminarkonzeptes sowie die Konzeption, den idealtypischen Verlauf und erste empirische Ergebnisse aus den qualitativen Fokusgruppen zur Evaluierung des Seminarkonzepts vor. Die Teilnehmenden betonen die zentrale Rolle der Praxiserfahrungen für die Selbsterprobung sowie für die berufliche Orientierung der Lehramtsstudierenden.
Aktuelle Studien zeigen die Komplexität und Vielseitigkeit bildungswissenschaftlichen Wissens und deren Bedeutung für die professionelle Kompetenz von Lehrpersonen. In diesem Rahmen steckt die Ausformulierung einer professionellen soziologischen Kompetenz noch in den Anfängen. Der Beitrag beschreibt deshalb die Funktion und Inhalte einer soziologisch schulbezogenen Bildungsforschung im bildungswissenschaftlichen Teilstudiengang der universitären Lehrerbildung. Das Ziel ebendieser ist es, einen konzeptuellen Blick auf Aggregate und Strukturen des Bildungssystems zu vermitteln. In Gruppendiskussionen mit Studierenden wurden zusätzlich ihre Vorstellungen darüber ermittelt, in welchen schulischen Situationen sie soziologische Inhalte in ihrem professionellen Handeln anwenden können. Die Erkenntnisse, z. B. zur Bedeutung von Laufbahnempfehlungen, der zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft oder dem Wissen über die Struktur des Bildungssystems liefern Anknüpfungspunkte für Verbesserungen der Lehrerbildung.
Die vorliegende Studie befasst sich mit der Entwicklung und Validierung einer Skala zur Erfassung der Beratungskompetenz bei Lehramtsstudierenden im Praxissemester. Befragt wurden insgesamt 200 Studierende unterschiedlicher Lehramtsstudiengänge der Universität Potsdam. Faktoranalysen zeigten, dass das Konstrukt der Beratungskompetenz in vier Subskalen differenziert werden kann (Personale Ressourcen, Kooperation und Perspektivüberahme, Berater-Skills sowie Ressourcen- und Lösungsorientierung). Bezüglich der internen Konsistenz ergaben sich für die Subskalen Werte, die insgesamt als akzeptabel bis gut einzuschätzen sind. Die Subskalen waren erwartungsgemäß positiv korreliert. Für alle vier Subskalen der Beratungskompetenz ergaben sich Zusammenhänge schwacher bis mittlerer Stärke mit den Validierungsvariablen (Selbstwirksamkeit in Beratungen, Beratungsmotivation sowie Pädagogische Vorerfahrungen). Die Ergebnisse werden bezüglich ihrer Implikationen für die Lehrkräftebildung diskutiert.
WISSEN MACHT… ?!
(2018)
Verbindungen etablieren
(2018)
Ausgangslage dieses Beitrags ist, dass sich Lehrkräfte für den Vorbereitungs- und Schuldienst wechselseitig aus Brandenburg und Berlin rekrutieren. Dazu widmen sich die Projekte im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung der Universität Potsdam und der Humboldt-Universität zu Berlin den Herausforderungen einer Lehrkräftebildung für ein inklusives Schulsystem. Dies bot Anlass, eine Vernetzung aus drei Perspektiven zu initiieren: der Projekte, der phasenübergreifenden Lehrkräftebildung und – ausblickhaft – der Verknüpfung von wissenschaftlichen und praktischen Anliegen. Auf Basis von Fokusgruppengesprächen mit Expert_innen der zweiten Ausbildungsphase aus Berlin und Brandenburg sucht dieser Beitrag explorativ Erfahrungen und Erwartungen aus Perspektive der zweiten Phase zu kategorisieren. Die gewonnenen Kategorien werden knapp dargestellt und diskutiert. Dies soll auch den Dialog zwischen QLB-Projekten sowie erster und zweiter Phase der Lehrkräftebildung erweitern.
Intertextualität in deutschen Rap-Texten und ihr didaktischer Nutzen für den Deutschunterricht
(2018)
Der Fokus der Arbeit liegt auf Texten des Genres Deutschrap. Untersucht werden diese Primärquellen in Hinblick auf Formen und Funktionen von Intertextualität und wie diese für die Vermittlung von Unterrichtsinhalten im Deutschunterricht eingesetzt werden können. Zu diesem Zweck ist die Arbeit in einen literaturtheoretischen Teil und einen didaktischen Teil gegliedert. Zunächst erfolgt ein Überblick zum Begriff der Intertextualität und der verwendeten Terminologie. Danach wird erklärt, inwiefern Rap sich als literarische Gattung begreifen lässt, bevor die spezielle Beschaffenheit und der Stellenwert intertextueller Referenzen in deutschen Rap-Texten untersucht werden. Im Anschluss werden intertextuelle Phänomene in Rap-Texten kategorisiert, erläutert und anhand exemplarischer Rap-Zeilen belegt. Im didaktischen Teil der Arbeit münden die Ergebnisse schließlich im Entwurf einer Unterrichtssequenz zu dem Thema Intertextualität.
Die Dissertation untersucht die Sexualmetaphorik im Nürnberger Fastnachtspiel des 15. Jahrhunderts und wählt als Textgrundlage die Ausgabe der Nürnberger Fastnachtspiele von Adelbert von Keller als einzig vollständige Sammlung. Anliegen der Dissertation ist es, die Einzigartigkeit des Wortschatzes des Fastnachtspiels herauszuarbeiten, indem mit Fokus auf die Bildhaftigkeit und die Metaphorik der obszönen Redeweise über deren Aussage- und Wirkkraft im historischen Fastnachtspielkontext reflektiert wird. Wie die Metapher gezielt tabuisierte, intime Inhalte zum Zwecke der Komik legitimiert, wird erst theoretisch ergründet und dann in einer Interpretation der sprachlichen Gestaltung von Sexualität und Obszönität mit Blick auf den soziokulturellen Hintergrund des Nürnberger Fastnachtspiels kritisch reflektiert.
In einer interdisziplinären Annäherung werden zunächst sowohl Erkenntnisse und Theorien aus der Fastnachtspiel- und Mittelalterforschung als auch theoretische Ansätze aus der Metaphorologie und der Komikforschung zusammengetragen und diskutiert. Im Rahmen des breitgefächerten, wissenschaftlichen Diskurses zu den Fastnachtspielen wird das Nürnberger Fastnachtspiel aus inhaltlicher, funktionaler, genderbezogener, kulturgeschichtlicher und sprachlicher Perspektive beleuchtet, um ein besseres Verständnis der Sprache des Fastnachtspiels zu erlangen. Im nächsten Schritt werden das mittelalterliche Ehe- und Familienleben und die soziale und rechtliche Stellung von Mann und Frau analysiert, indem theologisch-normativer und literarischer Ehediskurs einander gegenübergestellt und gattungsspezifisch untersucht werden. So können Logiken und Verfahrensweisen in der mittelalterlichen Alltags-, Glaubens- und Rechtspraxis aufgedeckt werden. Dadurch ist es möglich, die Inszenierungen des Körpers im Fastnachtspiel einzuschätzen, die die mittelalterliche Sexualmoral verhandeln und so mannigfaltige Bilder und Vorstellungen von Mann und Frau entwerfen. Anschließend wird in der Diskussion relevanter Metapherntheorien ergründet, wie die metaphorische Sprache dabei den obszönen Inhalten gleichzeitig die Tür öffnet und sie auf Distanz hält. Bei der Betrachtung poststrukturalistischer, erkenntnistheoretischer, kognitiver, semantischer und philosophischer Theorien zur Beschreibung der Arbeits- und Wirkweise der Metapher erweisen sich insbesondere analogieorientierte und funktionale Ansätze als gewinnbringend, weil sie die Kontextualisierung der Metapher als bindend voraussetzen und sie als komplexes, metakognitives Phänomen diskutieren, das auf Interaktions- und Übertragungsprozessen beruht. Sodann werden die vielfältigen Anlässe, sozialen Formen und Funktionen des Lachens in der mittelalterlichen Gesellschaft näher in den Blick genommen, um den komisch-derbsinnlichen Duktus der Fastnachtspiele nachvollziehen zu können. Mit der Bewusstmachung wiederkehrender Elemente und Muster des Komischen kann der Unterhaltungswert der Fastnachtspielsprache exemplarisch verdeutlicht werden.
Die sich anschließende umfassende Interpretation der Fastnachtspiele wird methodisch angeleitet durch die Theorie der bildlichen Rede von Hans Georg Coenen. Er bleibt mit seinen Analogiedefinitionen der klassischen Rhetorik verpflichtet und unterscheidet unter anderem „kreative“, „konventionalisierte“ und „lexikalisierte“ Metaphern. Bei der außerordentlichen Vielfalt sexualmetaphorischer Ausdrucksweisen liegt der Fokus auf den Darstellungen der Geschlechtsorgane von Mann und Frau und dem Koitus.
Die Verfasserin gelangt zu folgenden Ergebnissen: Die Metapher sorgt durch ihre bildgestaltende Vermittlung jeweils dafür, dass der sexuelle Inhalt darstellbar wird, ohne jedoch in unmissverständlicher Direktheit auf den Betrachter zu treffen. Ob sie mit ihren alltäglichen, meist bäuerlichen Bildmotiven für die Schamsphäre über- oder untertreibt, abwertet oder aufwertet, verhüllt oder entlarvt - in jedweder Form und Gestalt kann die Metapher den sexuellen Inhalt ästhetisieren. Weil sie ihn unter neuer oder anderer Perspektive betrachtet, entrückt sie ihn formal. Damit erscheint das Sprechen über Sexualität in der metaphorischen Rede wie auf Abstand gerechtfertigt und das Ausmaß bzw. Übermaß der Inszenierung von Sexualität im Fastnachtspiel überhaupt erst möglich. Häufig werden Bilder vom Penis als Esel, von der Vagina als Wiese und vom Koitus als Speerkampf entworfen. Die Metapher stellt damit gewohnte Vorstellungen von Mann und Frau mitsamt den normativ gesetzten Erwartungen und Strukturen im Eheleben auf den Kopf. Das kann als obszön und unanständig, aber auch als amüsant empfunden worden sein und heute noch empfunden werden. Immer bleibt die Metapher dabei ambigue. In ihrer mehrkanaligen Wirkweise, ihrer innovativen Kraft und auch in ihrer Widersprüchlichkeit liegen ihre dichterische Begabung und ihre Qualität zur Komisierung. Damit stellt sich die kunstfertige Sprache des Fastnachtspiels der Körperlichkeit der Spielinhalte entgegen.
Die Dissertation demonstriert das innovative, normkritische Potenzial der Fastnachtspielsprache, die sie als eine Poetik der Ambiguität lesbar und als einen Schatz an vielfältigen und differenzierten Ausdrucksweisen für die Schamsphäre wertschätzbar macht. Damit leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur sprach- und literaturwissenschaftlichen Analyse des Nürnberger Fastnachtsspiels und zu einem differenzierteren Verständnis von dessen kulturgeschichtlicher Bedeutung.
Rechtschreibung von Konsonantenclustern und morphologische Bewusstheit bei Grundschüler_innen
(2018)
Die vorliegenden Studien untersuchen die Entwicklung der Rechtschreibfähigkeit für finale Konsonantencluster im Deutschen und die ihr zugrundeliegenden Strategien bei Erst- bis Drittklässler_innen (N = 209). Dazu wurde der Einfluss der morphologischen Komplexität (poly- vs. monomorphematische Cluster) auf die Rechtschreibung qualitativ und quantitativ analysiert, sowie mit einer Messung zur morphologischen Bewusstheit korreliert. Von der ersten Klasse an zeigt sich eine hohe Korrektheit in der Schreibung und somit eine sprachspezifisch schnelle Entwicklung der alphabetischen Rechtschreibstrategie für finale Konsonantencluster. Der Einfluss morphologischer Verarbeitungsprozesse wurde allerdings erst für die Drittklässler_innen gefunden. Obwohl bereits die Erstklässler_innen gut entwickelte morphologische Bewusstheit zeigten, scheinen sie noch nicht in der Lage zu sein, diese bei der Rechtschreibung anzuwenden. Die Ergebnisse werden im Kontrast zu den umfangreicher vorliegenden Befunden für die englische Sprache diskutiert.
Der neueste Geist des Kapitalismus beschreibt das heutige Mobilisierungs- und Rechtfertigungsregime, welches uns immer wieder dazu bringt, unsere Arbeitskraft zu verwerten und uns täglich ins kapitalistische Hamsterrad zu begeben. Der alte Geist des Kapitalismus, nach dem Fleiß, Disziplin und Sparsamkeit zum gesellschaftlichen Aufstieg führen, trägt längst nicht mehr. Auch reine Selbstverwirklichung, der Anspruch auf Flexibilität und flache Hierarchien reicht nicht mehr aus, um insbesondere gut qualifizierte Menschen zur Arbeit zu motivieren. Der neueste Geist des Kapitalismus hingegen ist das Produkt der tiefen Subjektivierung und Verinnerlichung des Neoliberalismus.
Es geht um beständige berufliche und private Optimierung sowie ein umfassendes Nutzendenken. Glücklich zu sein, ist nicht mehr nur eine Option, sondern es gibt den normativen Anspruch, glücklich sein zu sollen. Das Leistungsprinzip wird aktiv bejaht und Leistungsgerechtigkeit eingefordert. Die Bewältigung von Komplexität wird zum Metathema. Der Anspruch auf Distinktion, insbesondere auch gegenüber „Minderleisten“ nimmt zu. Die Welt wird zunehmend durch die Brille von Zahlen und Statistiken betrachtet, und Key Performance Indicators werden zu ständigen Wegbegleitern. Das Leben wird, verstärkt durch die sozialen Netzwerke, zunehmend zu einer performativen Bühne, die zugleich dem Networking dient. In der Konsequenz der beständigen Optimierung wird es jedoch immer schwerer, zur Ruhe zu kommen.
Dieser neueste Geist des Kapitalismus, dieser umfassende Optimierungsanspruch, hat jedoch gravierende Konsequenzen. Zu den manifesten Pathologien des neuesten Geistes gehören gestiegene Raten von Depressionen, Burn-out und Angststörungen. Gesellschaftlich spreizt sich die soziale Schere immer mehr anhand der Fähigkeit, Komplexität bewältigen zu können, was viele Verlierer und prekäre Gewinner produziert. Daher wird dieser neueste Geist des Kapitalismus sozialkritisch, künstlerkritisch und ideologiekritisch hinterfragt. Die Rolle der Gewerkschaften als der Zentralinstitution der Sozialkritik, die ein tatsächliches Gegengewicht zum neuesten Geist des Kapitalismus bieten kann, wird kontrovers diskutiert. Und es wird aufgezeigt: chillen ist die neue Subversion.
Aus dem Inhalt:
▪ Die Interpretation von Menschenrechtsnormen durch die Vertragsausschüsse der Vereinten Nationen
▪ Kinderrechtliche Aspekte zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 104 Abs. 13 AufenthG
▪ 25 Jahre nach dem „Asylkompromiss“ – die neopragmatische Entwicklung der Menschenrechte von Asylsuchenden
▪ Zur Historie und Zukunft der Meinungsfreiheit. Der dauernde Kampf um ein bewegtes Gut
Geographien des Fußballs
(2018)
In Deutschland erscheint Fußball als omnipräsent: Fußballprofis gelten als Vorbilder und Werbeträger, Fußballvereine fungieren als regionale und teilweise als globale Wirtschaftsunternehmen, Fußballspiele als gesellschaftliche Ereignisse und Fußballmannschaften – sowohl auf regionaler als auch auf nationaler Ebene – als identitätsstiftend. Unbestritten weist das Phänomen Fußball eine große Gesellschaftsrelevanz auf, und so verwundert es nicht, dass es als Gegenstand wissenschaftlicher und eben auch geographischer Abhandlungen fungiert.
Der vorliegende Band richtet sich nun an Geographiestudenten und Fußballinteressierte, die sich verwundert fragen mögen, was Geographien des Fußballs bedeuten könnte. Der Band veranschaulicht exemplarisch, was geographische Perspektiven auf den Forschungsgegenstand Fußball auszeichnen und welche Themenfelder und Fragestellungen sich für eine Erforschung anbieten. Dabei reicht das in diesem Band vorgestellte Themenspektrum von raumbezogenen Sprachcodierungen in Spielanalysen über Stadionatmosphäre und Fanidentitäten bis hin zu medial erzeugten Unsicherheitsräumen.
„Auf engstem Raum“
(2018)
E-Learning Symposium 2018
(2018)
In den vergangenen Jahren sind viele E-Learning-Innovationen entstanden. Einige davon wurden auf den vergangenen E-Learning Symposien der Universität Potsdam präsentiert: Das erste E-Learning Symposium im Jahr 2012 konzentrierte sich auf unterschiedliche Möglichkeiten der Studierendenaktivierung und Lehrgestaltung. Das Symposium 2014 rückte vor allem die Studierenden ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Im Jahr 2016 kam es durch das Zusammengehen des Symposiums mit der DeLFI-Tagung zu einer Fokussierung auf technische Innovationen. Doch was ist aus den Leuchttürmen von gestern geworden, und brauchen wir überhaupt noch neue Leuchttürme? Das Symposium setzt sich in diesem Jahr unter dem Motto „Innovation und Nachhaltigkeit – (k)ein Gegensatz?“ mit mediengestützten Lehr- und Lernprozessen im universitären Kontext auseinander und reflektiert aktuelle technische sowie didaktische Entwicklungen mit Blick auf deren mittel- bis langfristigen Einsatz in der Praxis.
Dieser Tagungsband zum E-Learning Symposium 2018 an der Universität Potsdam beinhaltet eine Mischung von Forschungs- und Praxisbeiträgen aus verschiedenen Fachdisziplinen und eröffnet vielschichtige Perspektiven auf das Thema E-Learning. Dabei werden die Vielfalt der didaktischen Einsatzszenarien als auch die Potentiale von Werk-zeugen und Methoden der Informatik in ihrem Zusammenspiel beleuchtet.
In seiner Keynote widmet sich Reinhard Keil dem Motto des Symposiums und geht der Nachhaltigkeit bei E-Learning-Projekten auf den Grund. Dabei analysiert und beleuchtet er anhand seiner über 15-jährigen Forschungspraxis die wichtigsten Wirkfaktoren und formuliert Empfehlungen zur Konzeption von E-Learning-Projekten. Im Gegensatz zu rein auf Kostenersparnis ausgerichteten (hochschul-)politischen Forderungen proklamiert er den Ansatz der hypothesengeleiteten Technikgestaltung, in der Nachhaltigkeit als Leitfrage oder Forschungsstrategie verstanden werden kann. In eine ähnliche Richtung geht der Beitrag von Iris Braun et al., die über Erfolgsfaktoren beim Einsatz von Audience Response Systemen in der universitären Lehre berichten.
Ein weiteres aktuelles Thema, sowohl für die Bildungstechnologie als auch in den Bildungswissenschaften allgemein, ist die Kompetenzorientierung und –modellierung. Hier geht es darum (Problemlöse-)Fähigkeiten gezielt zu beschreiben und in den Mittelpunkt der Lehre zu stellen. Johannes Konert stellt in einem eingeladenen Vortrag zwei Projekte vor, die den Prozess beginnend bei der Definition von Kompetenzen, deren Modellierung in einem semantischen maschinenlesbaren Format bis hin zur Erarbeitung von Methoden zur Kompetenzmessung und der elektronischen Zertifizierung aufzeigen. Dabei geht er auf technische Möglichkeiten, aber auch Grenzen ein. Auf einer spezifischeren Ebene beschäftigt sich Sarah Stumpf mit digitalen bzw. mediendidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium und stellt ein Framework für die Förderung ebensolcher Kompetenzen bei angehenden Lehrkräften vor.
Der Einsatz von E-Learning birgt noch einige Herausforderungen. Dabei geht es oft um die Verbindung von Didaktik und Technik, den Erhalt von Aufmerksamkeit oder den Aufwand für das Erstellen von interaktiven Lehr- und Lerninhalten. Drei Beiträge in diesem Tagungsband beschäftigen sich mit dieser Thematik in unterschiedlichen Kontexten und zeigen Best-Practices und Lösungsansätze auf: Der Beitrag von Martina Wahl und Michael Hölscher behandelt den besonderen Kontext von Blended Learning-Szenarien in berufsbegleitenden Studiengängen. Um die Veröffentlichung eines global frei verfügbaren Onlinekurses abseits der großen MOOC Plattformen und den didaktischen Herausforderungen auch hinsichtlich der Motivation geht es im Beitrag von Ennio Marani und Isabel Jaisli. Schließlich schlagen Gregor Damnik et al. die automatische Erzeugung von Aufgaben zur Erhöhung von Interaktivität und Adaptivität in digitalen Lernressourcen vor, um den teilweise erheblichen Erstellungsaufwand zu reduzieren.
Zum Thema E-Learning zählen auch immer mobile Apps bzw. Spiele. Gleich zwei Beiträge beschäftigen sich mit dem Einsatz von E-Learning-Tools im Gesundheitskontext: Anna Tscherejkina und Anna Morgiel stellen in ihrem Beitrag Minispiele zum Training von sozio-emotionalen Kompetenzen für Menschen mit Autismus vor, und Stephanie Herbstreit et al. berichten vom Einsatz einer mobilen Lern-App zur Verbesserung von klinisch-praktischem Unterricht.
Sprachbildung findet nicht nur im neuen Rahmenlehrplan für Berlin und Brandenburg explizit in allen Fächern Berücksichtigung, Sprachbildung ist gegenwärtig zugleich bundesweit eines der zentralen Themen der Lehrkräftebildung. In vorliegendem Beitrag werden zunächst Hintergründe sowie Ziele einer Verankerung von Sprachbildung in der Lehrkräftebildung präsentiert. Hieran anknüpfend werden die Grundzüge eines Konzepts für die Universität Potsdam präsentiert, an der Sprachbildung bislang noch nicht in den Studiengängen für das Lehramt für die Sekundarstufen verankert ist. Der Beitrag schließt mit Erfahrungen aus Lehrveranstaltungen zu Sprachbildung im Fach, die im Rahmen des Projekts „Sprachliche Heterogenität als Herausforderung in der Lehrkräftebildung“ gemacht wurden und in die zukünftige Entwicklung einfließen werden.
Die Zusammenarbeit von Universität, Lehramtsstudierenden und Schulen gelingt, wenn die besonderen Bedürfnisse der drei Partner beachtet werden. So wünschen sich Schulen Entlastung und Unterstützung bei ihrer Weiterentwicklung, Studierende wollen ihr zukünftiges Tätigkeitsfeld näher kennenlernen und sich ausprobieren, während Wissenschaftler_innen eigene Forschungsinteressen vertreten. Um eine gute Netzwerkarbeit sicherzustellen, sind insbesondere gegenseitiges Vertrauen, gute Kommunikation und gemeinsame Ziele von besonderer Bedeutung. Im Beitrag wird der Ansatz des Projekts „Campusschulen“ vorgestellt, welches die Vernetzung von Lehrkräften, Lehramtsstudierenden und Wissenschaftler_ innen zu allerseitigem Vorteil ermöglichen soll. Es wird die konkrete Netzwerkarbeit an einem Beispiel vorgestellt sowie die übergeordneten Aufgaben der Projektkoordination, die das Gelingen der Vernetzung unterstützt, erläutert und diskutiert.
Ludus impudentiae!
(2018)