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Der Beitrag führt die Berichterstattung des MenschenRechtsZentrums über die Arbeit des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen fort. Er thematisiert insbesondere die im Jahr 2022 erfolgten obligatorischen Staatenberichtsverfahren nach Art. 40 des Zivilpakts. Im Staatenbericht wird dargelegt, welche Maßnahmen die Vertragsstaaten zur Gewährleistung der Rechte des Zivilpaktes getroffen haben. Im anschließenden Verfahren werden im Rahmen eines konstruktiven Dialogs mit dem betreffenden Staat Fragen zu Problemen (List of Issues) erörtert. Die Ergebnisse des Berichtsverfahrens fasst der Ausschuss in seinen Abschließenden Bemerkungen (Concluding Observations) zusammen. Am Ende seiner Abschließenden Bemerkungen stellt der Ausschuss einige Punkte heraus und fordert den Staat dazu auf, über Fortschritte in diesem Bereich nunmehr innerhalb von drei Jahren zu berichten (sog. Follow-up-Verfahren). Im Berichtszeitraum 2022 setzte sich der Ausschuss während seiner drei Sitzungen mit der Menschenrechtslage in 17 Vertragsstaaten auseinander. Thematische Schwerpunkte, die Gegenstand des Follow-up-Verfahrens wurden, bildeten Fälle von Gewalt gegen Frauen, insbesondere ein Anstieg an Fällen häuslicher Gewalt, die Einschränkungen der Meinungs- sowie der Versammlungsfreiheit und rechtsstaatliche Versäumnisse. Darüber hinaus wurden vielerorts die Bedingungen in Hafteinrichtungen und die Situation von Arbeitsmigrant:innen thematisiert.
Das Vorsorgeprinzip ist ein mittlerweile weit verbreiteter und etablierter Grundsatz des internationalen und europäischen Umweltrechts. Demnach sollen auch in Situationen wissenschaftlicher Unsicherheit präventive Maßnahmen ergriffen werden, um schwerwiegende Umweltschäden zu vermeiden. Dieser Beitrag untersucht die Rolle des Vorsorgeprinzips im Zusammenhang mit menschenrechtlichen Klimaklagen, die aufgrund langsamer politischer Fortschritte und erfolgreicher Gerichtsentscheidungen zunehmend an Popularität gewinnen.
Zunächst wird ein Überblick über die Entwicklung und den materiellen Gehalt des Vorsorgeprinzips im internationalen und europäischen Recht gegeben. Obwohl das Vorsorgeprinzip seit den 1980er Jahren ein fixer Bestandteil des internationalen Umweltrechts ist, bestehen über dessen genauen Inhalt und Rechtsnatur nach wie vor Kontroversen. Im Unionsrecht wurde das Vorsorgeprinzip insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH konkretisiert.
Im nächsten Teil des Beitrags wird beleuchtet, welche Bedeutung der EGMR dem Vorsorgeprinzip in umweltrechtlichen Fällen bisher zugemessen hat. Hierbei steht die Entscheidung Tǎtar gegen Rumänien im Mittelpunkt. Gegenstand dieser Entscheidung war der Goldabbau in der rumänischen Stadt Baia Mare, der unter anderem unter dem Einsatz von Natriumzyanid erfolgte und zu wesentlichen Schadstoffbelastungen führte. Der EGMR bejahte unter Verweis auf das Vorsorgeprinzip eine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl der Beschwerdeführer die Kausalität zwischen der Schadstoffbelastung und der behaupteten Schädigung nicht nachweisen konnte. Eine Analyse der nachfolgenden Entscheidungen veranschaulicht jedoch, dass sich das Vorsorgeprinzip noch nicht als fixer Bestandteil in der Rechtsprechung des EGMR etablieren konnte.
Abschließend wird gezeigt, welchen Beitrag das Vorsorgeprinzip zu der bisher wohl erfolgreichsten Klimaklage „Urgenda“ leistete. Das Vorsorgeprinzip wurde vom niederländischen Höchstgericht in diesem Fall insbesondere herangezogen, um Schutzpflichten aus Art. 2 und Art. 8 EMRK abzuleiten und den staatlichen Ermessenspielraum einzuschränken.
In Vorbereitung der Allgemeinen Bemerkung Nr. 36 zum Recht auf Leben vollzieht der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen eine begriffliche Wendung: Fortan wird der Ausschuss nicht mehr von “vulnerable persons”, sondern von “persons in situations of vulnerability” sprechen. Zugleich scheint in der Wendung ein geändertes Verständnis von Vulnerabilität zu liegen, welches strukturelle Ungleichheiten und äußere Umstände, die Verwundbarkeit erzeugen, begrifflich erfasst. Das neue Verständnis scheint damit auch die Problematik der Zuschreibung von Verwundbarkeit zu entschärfen, die ihrerseits zu Marginalisierung betroffener Individuen führen kann. Der Beitrag vollzieht die Debatte um das neue Verständnis von Vulnerabilität im Menschenrechtsausschuss nach, und kontextualisiert diese innerhalb der aktuellen Spruchpraxis des Ausschusses. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Klimafällen, welche, so wird argumentiert, in besonderer Weise äußere, vulnerabilitätsproduzierende Umstände adressieren. Schließlich werden die potenziellen Stärken und Schwächen der begrifflichen Wendung reflektiert.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einer problematischen Seite der Samen- und Eizellenspende. Konkret konzentriert er sich auf die Anonymität im Rahmen dieses Verfahrens, die in manchen europäischen Staaten als eine gesetzliche Bedingung festgelegt ist. Es geht um eine Konsequenz der unklaren Regulierung auf EU-Ebene, die es ermöglicht, nationale Vorschriften nach individuellen Präferenzen des Gesetzgebers zu konzipieren. Trotzdem muss auch der menschenrechtliche Kontext berücksichtigt werden, weil die Anonymität des:der Spender:in dazu führt, dass das Kind de facto keine Chancen hat, seine (genetischen oder biologischen) Eltern zu kennen. Im Prinzip verletzt ein solcher Ansatz das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, das in entsprechenden Menschenrechtskonventionen verankert und in der Judikatur des EGMR interpretiert wurde.
Schutz und Schaden
(2023)
Der Bereich der grenzüberschreitenden Daseinsvorsorge ist eines der zentralen Potentialfelder in der Grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Grenzüberschreitende Daseinsvorsorge kann ein wesentliches Element zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in Grenzregionen sein.
Bei der Umsetzung von Projekten im diesem Bereich sind – sofern der politische Wille hierfür vorhanden ist – erhebliche rechtliche Hürden zu überwinden: Zwar existieren passend ausgerichtete europäische Fördermittelprogramme als Anreiz, andererseits scheinen die europarechtlichen und nationalrechtlichen Rahmenbedingungen vielfach hochgradig komplex und können auch mit europarechtlichen Instrumenten, etwa dem Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), kaum überwunden werden.
Der vorliegende Text analysiert am Beispiel der deutsch-polnischen die rechtlichen Schwierigkeiten, aber auch die Möglichkeiten zur Umsetzung grenzüberschreitender Projekte in diesem Bereich.
In der Schule sollen alle Kinder und Jugendliche die Kompetenzen erwerben, die sie benötigen, um selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Dabei ist es notwendig im Unterricht auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler:innen zu reagieren, damit sie optimal beim Lernen unterstützt werden können. Häufig wird in diesem Zusammenhang vom „individualisierten Unterricht“ gesprochen, der sich dadurch auszeichnen, dass das Lernangebot bestmöglich an die einzelnen Schüler:innen angepasst wird. Eine Individualisierung des Unterrichts kann jedoch bedeuten, dass die Schüler:innen nur noch an ihren eigenen Aufgaben arbeiten, ohne sich miteinander auszutauschen. Von einigen Autor:innen wurde daher die Befürchtung geäußert, dass die Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung im Unterricht führt und die Lerngruppe als Gemeinschaft kaum noch eine Rolle spielt.
Schule soll neben fachlichen Kompetenzen jedoch auch soziale Werte und Normen vermitteln, die zu einer gesellschaftlichen Integration beitragen und Demokratie fördern. Dabei wird als zentrale Aufgabe von Schule die Vorbereitung der Kinder und Jugendliche auf ein Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft gesehen. So sollen sie lernen gemeinsame Lösungen, Solidarität und Verantwortungsübernahme über Differenzen hinweg zu entwickeln. Dies kann gelingen, indem eine Gemeinschaft im Unterricht geschaffen wird, in der alle Schüler:innen sich zugehörig und wertgeschätzt fühlen, voneinander lernen und gleichzeitig gefordert werden in Aushandlungsprozesse miteinander einzutreten.
Eine individualisierte Unterrichtsgestaltung und das Erleben einer Gemeinschaft wird von manchen Autor:innen als Spannungsfeld im Unterricht beschrieben. Es gibt jedoch bisher kaum empirische Forschungsarbeiten die den Forschungsgegenstand „Gemeinschaft im individualisierten Unterricht“ genauer betrachtet haben. Die vorliegende Studie setzt hier an und geht folgenden Fragestellungen nach: 1. „Was wird von Lehrkräften unter einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht verstanden?“, 2. „Wie wird eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht von Lehrkräften gestaltet?“, 3. „Inwiefern kann Gemeinschaft im individualisierten Unterricht über das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen erfasst werden?“ 4. „Lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen und der Individualisierung des Unterrichts feststellen?“ und 5. „Lässt sich im individualisierten Unterricht ein Zusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsgefühl und der sozialen Eingebundenheit der Schüler:innen feststellen?“.
Den Forschungsfragen wurde anhand von drei Teilstudien nachgegangen, die in einem Mixed Methods Design parallel zueinander durchgeführt und abschließend aufeinander bezogen wurden. Alle drei Studien bezogen sich auf Datenquellen aus dem Ada*Q-Projekt („Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“), bei dem neun Grundschulen, die den Deutschen Schulpreis gewonnen haben, anhand verschiedener Datenerhebungen untersucht wurden. Insgesamt wurden in der vorliegenden Studie Daten von 32 Lehrkräften und 542 Schüler:innen aus 49 Lerngruppen herangezogen. Teilstudie 1 nahm die Verständnisse und die Gestaltung von Gemeinschaft (Forschungsfrage 1 und 2) anhand von Interviews mit Lehrkräften in den Blick. In Teilstudie 2 wurde eine Fragebogenskala für Schüler:innen zur Erfassung des Gemeinschaftsgefühls entwickelt (Forschungsfrage 3) und Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität überprüft (Forschungsfrage 4). In Teilstudie 3 wurden Schüler:innen anhand der Experience-Sampling-Methode mehrfach im Unterricht zu ihrer sozialen Eingebundenheit befragt und ebenfalls Zusammenhänge mit einer individualisierten Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsqualität sowie mit dem Gemeinschaftsgefühl überprüft (Forschungsfrage 5).
In Teilstudie 1 zeigte sich mit Blick auf die Forschungsfrage 1, dass die Lehrkräfte unterschiedliche Verständnisse von Gemeinschaft hatten, die auf unterschiedliche Aspekte von Gemeinschaft fokussierten und sich ergänzten. Dabei spielte das Spannungsfeld zwischen Individualität, Heterogenität und Gemeinschaft für alle Lehrkräfte eine Rolle. In Rahmen der Forschungsfrage 2 konnten außerdem verschiedene Handlungen und Praktiken identifiziert werden, wie Lehrkräfte eine Gemeinschaft im individualisierten Unterricht gestalteten und dabei individualisiertes mit gemeinschaftlichem Lernen produktiv miteinander verbanden. Dabei wurde eine Gemeinschaft im Unterricht von den Lehrkräften als zentral für das soziale Lernen der Schüler:innen beschrieben. So verstanden sie den gemeinsamen Unterricht in heterogenen Lerngruppen als Vorbereitung für das Leben und Arbeiten in einer pluralen Gesellschaft.
Teilstudie 2 konnte zeigen, dass die Fragebogenskala zum Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen gute Reliabilität und Validität aufwies und damit geeignet für weitere Untersuchungen war. Im Anschluss daran zeigten sich Zusammenhänge des Gemeinschaftsgefühls mit der Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Klassenführung und konstruktive Unterstützung). Insbesondere konstruktive Unterstützung (durch die Lehrkraft) hing stark mit dem Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zusammen. Dieser Zusammenhang war geringer in besonders leistungsheterogenen Lerngruppen (hier erfasst über die Jahrgangsmischung). So war das Gemeinschaftsgefühl dort weniger abhängig von der Beziehungsqualität zur Lehrkraft. In weiteren Untersuchungen konnte außerdem kein Zusammenhang mit Merkmalen einer individualisierten Unterrichtsgestaltung gefunden werden, was die Befürchtung nicht bestärkte, dass eine Individualisierung des Unterrichts und eine Gemeinschaft im Unterricht sich gegenseitig ausschließen.
In Teilstudie 3 zeigte sich, dass die soziale Eingebundenheit der Schüler:innen von Situation zu Situation und von Schüler:in zu Schüler:in stark variierte. Die durchschnittlich empfundene soziale Eingebundenheit der Schüler:innen und auch das Ausmaß der Variation der sozialen Eingebundenheit hingen dabei eng mit dem Gemeinschaftsgefühl zusammen. Dieser Befund blieb auch unter Einbezug der Unterrichtsqualität bestehen, die keinen eigenen Einfluss auf die soziale Eingebundenheit zeigte. Außerdem ließen sich positive Zusammenhänge zwischen sozialer Eingebundenheit und Merkmalen der individualisierten Unterrichtsgestaltung finden. So fühlten sich Schüler:innen stärker sozial eingebunden, wenn die Aufgaben stärker differenziert waren und sie mehr Autonomie bei der Bearbeitung der Aufgaben hatten.
Zusammengefasst weisen die Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass Gemeinschaft im individualisierten Unterricht sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schüler:innen eine wichtige Rolle spielt. So sprechen die Lehrkräfte einer Gemeinschaft wichtige Funktionen in ihrem Unterricht zu und kümmern sich aktiv darum eine Gemeinschaft zu gestalten. Das Gemeinschaftsgefühl der Schüler:innen zeigte positive Zusammenhänge mit relevanten Aspekten der Unterrichtsqualität und mit sozialer Eingebundenheit. Die Befürchtung, dass eine Individualisierung des Unterrichts zu einer Vereinzelung der Schüler:innen führt, konnte nicht bestätigt werden. Vielmehr scheinen Individualisierung und Gemeinschaft sich gegenseitig, als zwei Komplementäre beim Umgang mit Heterogenität zu unterstützen.
Die Herausforderung, produktiv mit Heterogenität umzugehen, wird sich auch in der Zukunft an Schulen stellen. Dabei ist nicht nur das individuelle Lernen, sondern auch der soziale Umgang der Schüler:innen miteinander in den Blick zu nehmen. Die vorliegende Studie trägt dazu bei, beides miteinander zu verknüpfen, indem die Bedeutung einer Gemeinschaft im individualisierten Unterricht anhand verschiedener Perspektiven herausgearbeitet wird. Abschließend werden Implikationen für Forschung und Praxis formuliert.
Im Rahmen der Lehrkräftebildung stellen hohe Selbstwirksamkeitserwartungen eine wichtige persönliche Ressource dar, um einem erhöhten Beanspruchungserleben entgegenzuwirken. Dabei gelten erfolgreiche eigene Erfahrungen im Unterrichten als Möglichkeit, die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen in der Lehrkräftebildung zu begünstigen. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen eines Schulnetzwerks ein Seminarkonzept entwickelt, um neben den obligatorischen Praktika während des Lehramtsstudiums weitere begleitete Unterrichtserfahrungen sammeln zu können. Dabei werden die Seminarkonzeption sowie der Ablauf der Kooperation im Kontext der Netzwerkarbeit dargestellt und erläutert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Seminarevaluation vorgestellt und ein Fazit aus dem Konzept des Schulnetzwerks bzw. der Seminarkonzeption gezogen und diskutiert.
PSI-Potsdam
(2023)
An der Universität Potsdam wird seit 2015 im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ das Projekt „Professionalisierung – Schulpraktische Studien – Inklusion“ (PSI-Potsdam) durchgeführt und am Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) koordiniert. Zur ersten Projektförderphase (2015-2018) erschien der Band „PSI-Potsdam – Ergebnisbericht zu den Aktivitäten im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (2015-2018)“ zum Auftakt der Reihe „Potsdamer Beiträge zur Lehrerbildung und Bildungsforschung“.
Der vorliegende Band aus der gleichen Reihe gibt in den Kapiteln „Erhebungen“, „Lehrkonzepte“ und „Vernetzungen“ einen Überblick über alle Teilprojekte der zweiten Projektförderphase (2019-2023). Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Fachdidaktiken, Fachwissenschaften sowie aus den Bildungswissenschaften und der Inklusionspädagogik haben im Rahmen des Projektes kooperiert. Sowohl praxisnahe Forschung als auch die Entwicklung neuer Lehrkonzepte sowie Strategien zur Vernetzung innerhalb der Lehrkräftebildung stehen im Fokus dieses Bandes. Die Praxisphasen, die im Rahmen des „Potsdamer Modells der Lehrerbildung“ eine zentrale Rolle spielen, wurden in einer großen Studie über alle Praxisphasen untersucht.
Der Band gibt interessante Einblicke in die Ergebnisse der Teilprojekte und Anregungen sowohl für die eigene Forschung als auch für Entwicklungsarbeit wie zum Beispiel die Entwicklung neuer Lehrkonzepte. Herausgegeben wird dieser Band von PD Dr. Jolanda Hermanns (Gesamtkoordinatorin PSI-Potsdam und Chemiedidaktikerin).
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem nach einer Strukturveränderung in der Sekundarstufe I entstandenen Schulmodell der Neuen Mittelschule. Untersucht wird, ob sich durch dieses Schulmodell und der damit intendierten neuen Lehr-, Lern- und Prüfungskultur Zusammenhänge zwischen gemessenen mathematischen Kompetenzen der Schüler und den durch Lehrer vergebenen Jahresnoten feststellen lassen.
Die Literaturrecherche macht deutlich, dass die Kritik an der Monokultur des leh-rerzentrierten Unterrichts zwar zu einer neuen Lehr-, Lern- und Prüfungskultur führt, deren Inhalte sind aber recht unterschiedlich, komplex und nicht eindeutig definiert. In der NMS soll die Leistungsbewertung als Lernhilfe fungieren, aber auch verlässliche Aussagen über die Leistung der Schüler treffen. Zur Wirkung der neuen Lernkultur in der NMS gibt es ebenso keine empirischen Befunde wie über die Wirkung der Leistungsbewertung.
An der empirischen Untersuchung nehmen 79 Schüler der sechsten Schulstufe aus drei Neuen Mittelschulen (dicht besiedelte, mittel besiedelte, dünn besiedelte Gemeinde) in Niederösterreich teil. In jeder Schule werden zwei Klassen untersucht. Dabei werden der Kompetenzstand in Mathematik, Schülerzentriertheit sowie Sozial- und Leistungsdruck aus Sicht der Schüler gemeinsam mit der Jah-resnote erhoben.
Für die Studie wird ein Pfadmodell entwickelt und mit einer Pfadanalyse ausge-wertet. Dabei zeigen sich zwar Zusammenhänge zwischen den gemessenen Kompetenzen in Mathematik und den Jahresnoten. Diese Jahresnoten besitzen über die Klasse bzw. die Schule hinaus aber nur eine bedingte Aussagekraft über die erbrachten Leistungen.
Um der großen und zunehmenden sprachlichen Heterogenität der Lernenden gerecht werden zu können, müssen Lehrkräfte schulische Lerngelegenheiten sprachbildend und sprachsensibel gestalten. Sprachliche Unterstützungsangebote müssen hierfür diagnostisch basiert sein und sollten alle relevanten Facetten von Sprache in den Blick nehmen. Im PSI-Teilprojekt „MeWis“ wurde untersucht, welche Vorstellungen Lehramtsstudierende bezüglich der komplexen und facettenreichen Struktur sprachlicher Kompetenzen haben. Im Rahmen ihrer Lehramtsausbildung (Primarstufe sowie Inklusionspädagogik) wurden n = 196 Bachelorstudierende gebeten, ihre Vorstellungen zur Struktur sprachlicher Kompetenzen in Concept Maps (CMs) zu dokumentieren. Die Analysen der CMs zeigen, dass sich in den Vorstellungen der Studierenden ein ausgeprägtes Ungleichgewicht zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit findet, wobei die Studierenden die schriftsprachlichen Kompetenzen Lesen und Schreiben deutlich höher gewichten und das Zuhören als rezeptive mündliche Kompetenz kaum Erwähnung findet. Ergänzend greifen die Studierenden in ihren CMs häufig die in der Sprachbildung intensiv thematisierte Unterscheidung von Alltags-, Fach- und Bildungssprache auf. Erkenntnisse des MeWis-Projekts sind in die Arbeit der AG Sprachbildung der Universität Potsdam eingeflossen und auf diese Weise in der Lehramtsausbildung verstetigt worden.
Morbus Parkinson (MP) ist in Europa die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und durch das Störungsbild der Dysarthrie logopädisch relevant. Die Behandlung einer Dysarthrie erfordert ein hochfrequentes Therapieangebot für eine nachhaltige Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten. Trotz der hohen Prävalenz von Sprechstörungen bei MP nehmen in Deutschland nur etwa 4 % der Betroffenen eine ambulante logopädische Therapie in Anspruch. Die veränderte Selbstwahrnehmung der Patient*innen ist ein zentrales Symptom der Erkrankung, das ein wirksames Eigentraining einschränkt.
Neue Technologien mit integrierter Spracherkennung ermöglichen ein individuelles Training. Im Rahmen des Verbundprojektes HUMAINE (human centered AI network) wird der Prototyp eines auf künstlicher Intelligenz (KI) basierendem Sprechassistenzsystems in einem klinischen Versorgungssetting erprobt und evaluiert. Das Ziel ist, das digitale System in die Regelversorgung zu integrieren. Eine nutzer*innenzentrierte Implementierung ist im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geplant, dabei wird der Prototyp ISi-Speech in die bestehende Parkinson-Komplex-Therapie integriert. Im Anschluss an die stationäre Behandlung erfolgt eine zweiwöchige Eigentrainingsphase im häuslichen Setting. Durch Interviews soll die Usability sowie die Anwender*innenakzeptanz aus der therapeutischen Sicht und Patient*innenperspektive erhoben werden. Ziel ist die Entwicklung von Implementierungsstrategien, die zur Entwicklung von nachhaltigen Kompetenzmodellen beitragen.
Durch die erhöhte Therapiefrequenz können verbesserte klinische Ergebnisgrößen wie Sprechverständlichkeit, Lebensqualität und individuell wahrgenommene Kommunikationserfolge erreicht werden. Nur durch die Evaluation digitaler Technologien kann eine dauerhafte Implementierung in die Praxis erfolgen. Neue Technologien können eine sinnvolle Ergänzung zur etablierten Therapie sein und eine Strategie gegen die Unterversorgung durch Heilmittel darstellen.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie gingen mit Schulschließungen und variablen Unterrichtsformen einher, was laut Studienlage zum Thema viele Schüler:innen vor große Herausforderungen gestellt hat und noch immer stellt. Es werden Leistungsabfälle und negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit diskutiert. Da besonders die Lesekompetenz eine grundlegende Ressource für schulische Leistungssituationen ist, soll sie im Fokus dieser Studie stehen.
Die Daten der längsschnittlich angelegten BLab-Studie, die den Erwerbsverlauf von Lese- und Rechtschreibleistungen über die Klassenstufen 1 bis 10 untersucht, wurden dazu genutzt, Unterschiede zwischen den Leseleistungen (operationalisiert aus den normierten und standardisierten Untertests zur Lesekompetenz aus ELFE 1 – 6 und SLRT-II) und vier Skalen des Fragebogens zur Erfassung von schulrelevanten Einstellungen und Sichtweisen von Grundschüler:innen FEESS 3 – 4 (Schuleinstellung, Anstrengungsbereitschaft, Lernfreude und Selbstkonzept) statistisch zu analysieren. Dazu wurden die Testergebnisse von N = 174 Viertklässler:innen zweier Kohorten ausgewertet, von denen eine vom variablen Unterrichtsmodus während der COVID-19-Pandemie betroffen war.
Die Ergebnisse der Gruppenvergleiche stellen sich heterogen dar und müssen differenziert betrachtet werden. Insgesamt scheinen die hier einbezogenen Schüler:innen mit den schulbezogenen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie gut zurechtgekommen zu sein.
Fontanes Medien
(2023)
Theodor Fontane war, im durchaus modernen Sinne, ein Medienarbeiter: Als Presse-Agent in London lernte er die innovativste Presselandschaft seiner Zeit kennen; als Redakteur in Berlin leistete er journalistische Kärrnerarbeit; er schrieb Kritiken über das Theater, die bildende Kunst und die Literatur – und auch seine Romane wie seine Reisebücher sind stets Medienprodukte, als Serien in in Zeitungen und Zeitschriften platziert, bevor sie auf dem Buchmarkt erschienen.
Der vorliegende Band dokumentiert die Ergebnisse eines internationalen Kongresses, veranstaltet 2019 vom Theodor-Fontane-Archiv in Potsdam. Die ebenso rasante wie umfassende Medialisierung und Vernetzung der Gesellschaft im Laufe des 19. Jahrhunderts wird dabei als produktive Voraussetzung der schriftstellerischen Tätigkeit Fontanes begriffen. Eingebettet in ein weit verzweigtes Netz der Korrespondenz und der postalischen Textzirkulation, vertraut mit den Routinen und Publika der periodischen Massenpresse, für die er sein Leben lang schrieb, und auf vielfältige Weise geprägt von der visuellen Kultur seiner Zeit wird Theodor Fontane als gleichermaßen journalistisch versierter wie ästhetisch sensibler Grenzgänger erkennbar.
Übungsbuch zur Stochastik
(2023)
Dieses Buch stellt Übungen zu den Grundbegriffen und Grundsätzen der Stochastik und ihre Lösungen zur Verfügung. So wie man Tonleitern in der Musik trainiert, so berechnet man Übungsaufgaben in der Mathematik. In diesem Sinne soll dieses Übungsbuch vor allem als Vorlage dienen für das eigenständige, eigenverantwortliche Lernen und Üben.
Die Schönheit und Einzigartigkeit der Wahrscheinlichkeitstheorie besteht darin, dass sie eine Vielzahl von realen Phänomenen modellieren kann. Daher findet man hier Aufgaben mit Verbindungen zur Geometrie, zu Glücksspielen, zur Versicherungsmathematik, zur Demographie und vielen anderen Themen.
Kein anderer Akteur prägte die ersten Dezennien der Preußischen Seehandlung so sehr wie Carl August von Struensee. Als deren Direktor und dann als preußischer Finanzminister initiierte er zwischen 1782 und seinem Tod im Jahr 1804 bereits maßgeblich den langen Transformationsprozess der Seehandlung vom königlichen Wachs- und Salzmonopol hin zu einer Staatsbank, der erst im 20. Jahrhundert zum Abschluss kommen sollte. In dem Beitrag wird Struensee sowohl als Wirtschaftstheoretiker in den ökonomischen Diskursen der Aufklärung zwischen Physiokratie und Frühliberalismus situiert als auch als ein Finanzpolitiker mit konsequent europäischem Handlungshorizont vor dem Hintergrund einer beschleunigten globalen und kolonialen Mächtekonkurrenz porträtiert.
Der Beitrag widmet sich der Baugeschichte des Gebäudes der Preußischen Seehandlung bis zu seinem Abriss und dem Neubau in den Jahren 1901–1903, um dann die Veränderungen dieses Bauwerkes bis in die Gegenwart zu verfolgen. In einem zweiten Schritt wird versucht, die Stellung dieser Gebäude im urbanen Kontext zu verorten. Der dritte Teil rekonstruiert an Beispielen, welch markanten Beitrag die Preußische Seehandlung für die Berliner Museen und insbesondere für die im Berliner Schloss lozierte Kunstkammer wie auch für das Museum für Naturkunde geleistet hat, indem seine Großsegler Meteor und Princess Louise von ihren Weltreisen jeweils reich beladen mit naturkundlichen und völkerkundlichen Exponaten zurückkamen, die durch Austausch oder Kauf oder auch als Geschenk erworben worden waren.
Das Jahr 1772
(2023)
Im Jahr 1772 beschäftigten drei Dinge, die lange Zeit ihre Bedeutung behalten sollten, den preußischen König Friedrich den Großen. Zunächst war dies die Adelsrepublik Polen. Polen beabsichtigte er zusammen mit der Zarin Katharina II. von Russland und Kaiserin Maria Theresia zu zerteilen. Dies geschah am 5. August des Jahres. Der geraubte Landgewinn führte bei Friedrich II. zu wirtschaftlichen Überlegungen. Mit und in den annektierten Gebieten wollte er den preußischen Handel intensivieren, zuvörderst den Salzhandel, und zwar am liebsten mit Spanien, einem Land, mit dem er schon seit geraumer Zeit versuchte, einen Handelsvertrag abzuschließen. Dazu gründete er u. a. die Preußische Seehandlungs-Gesellschaft, die, um sich zu behaupten, verschiedene weitreichende Privilegien erhielt. Ein schneller Erfolg der Bemühungen blieb jedoch aus. Trotz aller gewährten Privilegien florierten die Geschäfte der Seehandlungs-Gesellschaft in den ersten Jahren nach ihrer Gründung nicht in dem erhofften Maß. Zu Lebzeiten des Königs kam auch kein Handelsvertrag mit Spanien zustande. Bis die Seehandlung durch die Vorteile, die sie aus dem annektierten Polen ziehen konnte, profitierte, dauerte es noch einige Jahre.
Vorwort
(2023)
Die Königlich Preußische Seehandlung, nach der heute die „Stiftung Preußische Seehandlung“ benannt ist, besitzt eine lange und vielseitige Geschichte. Der anlässlich des Stiftungsjubiläums erscheinende Band wirft einen Blick auf die Gründungskonstellation 1772, als König Friedrich II. die Gewerbe in Preußen fördern wollte. Er zeichnet die Aktivitäten von Männern an der Spitze der Seehandlung nach, wie Finanzminister Carl August von Struensee und dem unter- nehmerisch denkenden Karrierebeamten Christian Rother.
Das Gebäude der Seehandlung wurde nach 1900 neu erbaut und ist heute in der Berlin-Brandenburgischen Akademie am Gendarmenmarkt lebendige Gegenwart. Die Seehand- lung erhielt von ihren Zeitgenossen im 19. Jahr- hundert ambivalente Urteile. Ein Ausblick auf die Geschichte der Stiftung Preußische Seehandlung seit 1983 zeigt das Bemühen um Kunst- und Kul- turförderung als zentrale Aufgabe.
Dieser theoretisch ausgerichtete Beitrag schlägt eine weltbeziehungssoziologische Ergänzung des strukturtheoretischen Verständnisses von Reflexion als Befremdung des eigenen Blicks vor und diskutiert die Frage, inwiefern weltbeziehungssoziologische Annahmen das Konzept der Reflexion durch das Einfangen seiner Ambivalenz schärfen können. Hierzu wird ein empirisches Fallbeispiel herangezogen, in welchem eine reflexive Umgangsweise mit widersprüchlichen Anforderungen an die schulische Praxis – das doppelte Distanzieren – sichtbar wird. Mit Bezug auf die Weltbeziehungssoziologie wird die rekonstruierte Umgangsweise als situative Entfremdung theoretisiert. Ausblickhaft werden Konsequenzen für Forschung und Lehre skizziert.
Umweltschutz und nachhaltige Lebensweise sind die globalen Herausforderungen der heutigen Zeit. Diese Arbeit wird zu den derzeit geführten Debatten einen Beitrag aus altsprachlicher Perspektive leisten, indem sie das Thema Holzwirtschaft in den Blick nimmt und dem Lateinunterricht zugänglich macht. Dabei geht die Autorin auf die antike Forstwirtschaft ein, beleuchtet den vielfältigen Einsatz der Ressource Holz und vergleicht die damals herrschenden Vorstellungen vom Nachwachsen natürlicher Rohstoffe mit dem heutigen Kenntnisstand.
Dieser Beitrag geht der Frage nach Möglichkeiten einer systematischen Vernetzung von germanistischer Literaturwissenschaft und -didaktik in der Hochschullehre nach. Dazu sind im Rahmen eines Projekts insgesamt zwölf Seminarkooperationen durchgeführt worden, in denen jeweils ein fachwissenschaftliches mit einem fachdidaktischen Seminar kooperiert hat. Die Auswertung dieser Kooperationsseminare, die auf der Grundlage einer Auseinandersetzung mit in der Forschungsliteratur skizzierten bestehenden Problemlagen im Lehramts-Studium Deutsch und aktuellen vergleichbaren Projekten erfolgt, ist qualitativ-analytisch angelegt und erfolgt auf der Basis leitfadengestützter Interviews mit den betreffenden Dozentinnen und Dozenten. Diese ausführliche Reflexion der Kooperationsseminare zeigt zum einen Probleme der Kooperation zwischen Fachwissenschaft und -didaktik auf, zum anderen werden auf dieser Basis aber auch mögliche Gelingensbedingungen effektiver Kooperation(en) auf den Ebenen der Planung, Durchführung und Reflexion von Kooperationsseminaren eruiert. Die Befunde haben darüber hinaus auch Implikationen für die Studienordnung im Lehramt Deutsch und wurden bereits mit ersten Änderungen berücksichtigt.
Ecce figura
(2023)
Worüber wir reden, wenn wir von Figuren reden, ist eine komplexe Fragestellung, die unterschiedliche Disziplinen berührt. Mit Erich Auerbachs figura/Mimesis-Projekt wurde die interdiszplinäre Forschung dieses Begriffs initiiert. Ob Literatur-, Bild- oder Wissensgeschichte – die Präsenz und Aktualität von figura in der romanistischen und komparatistischen Forschung bezeugt ein anhaltendes Interesse an der Theoriearbeit zwischen Theologie, Philosophie, Literatur- und Kunstwissenschaft. Allerdings fehlt bislang eine grundlegende methodologische Reflexion, die die interdisziplinären Aspekte gleichrangig berücksichtigt und zu einer gemeinsamen Arbeit am Begriff vereinigt.
Dieses Versäumnis zu beheben, ist Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Ausgehend von Erich Auerbach, Walter Benjamin und Hannah Arendt verfolgt die Monographie in vergleichenden Konstellationen von der Antike bis in die Moderne die literatur- und kunsthistorischen, theologischen und philosophischen Spuren von figura, die zu einer Methode der literaturphilosophischen Figuralogie ausgebaut werden.
Ecce figura versteht sich als ein Kompendium interdisziplinärer Begriffsgeschichte zwischen Literatur, Philosophie und Theologie, das dazu einlädt, in neuen Konstellationen gelesen und erweitert zu werden.
-Eberhard Knobloch: Alexander von Humboldts unbekannter Briefwechsel mit Ludwig August von Buch
-Tobias Kraft und Ulrich Päßler: Das Ganze erfassen. Dem Alexander-von-Humboldt-Forscher Eberhard Knobloch zum 80. Geburtstag
-Ottmar Ette: Vor und nach der „glücklichen Revolution“. Langsdorff, die Berliner Debatte um die Neue Welt und ihre Folgen für die wissenschaftlichen Expeditionen
-Carmen Götz: Die (Un-)Ordnung des Schreibens. Der Index général und die Amerikanischen Reisetagebücher
-Ingo Schwarz: „Jedes ernste wissenschaftliche Streben ist ehrenwert.“ Carl Friedrich von Klödens Rezension des Kosmos von Alexander von Humboldt (1845)
-Tobias Kraft und Ulrich Päßler: Schriftenverzeichnis: Publikationen von Eberhard Knobloch zu Alexander von Humboldt
-Eberhard Knobloch: Alexander von Humboldts Naturgemälde der Anden
Aus dem Inhalt:
- Dimensionen von Macht – Unter Betrachtung des ethischen Berufskodex, der professionellen Haltung und systemimmanenten Dilemmata im ungarischen Kinderschutzsystem
– Das 12. Zusatzprotokoll zur EMRK – Chancen und Potenziale eines allgemeinen und umfassenden Diskriminierungsverbots
- Zum aktuellen Stand und zu aktuellen Fragen des Menschenrechtsschutzes von LGBTQI+-Personen
- Fragen nach gerechter Verteilung – eine menschenrechtliche Analyse der Allokation am Beispiel von COVID-19-Impfstoffen für Ältere
- Extraterritorial Constitutional Rights: A Comparative Case Study of the United States and Germany*
- Bericht über die Tätigkeit des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen im Jahre 2022 – Teil II: Individualbeschwerden
Digitale Technologien bieten erhebliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Chancen. Zugleich ist der Begriff digitale Souveränität zu einem Leitmotiv im deutschen Diskurs über digitale Technologien geworden: das heißt, die Fähigkeit des Staates, seine Verantwortung wahrzunehmen und die Befähigung der Gesellschaft – und des Einzelnen – sicherzustellen, die digitale Transformation selbstbestimmt zu gestalten. Exemplarisch für die Herausforderung in Deutschland und Europa, die Vorteile digitaler Technologien zu nutzen und gleichzeitig Souveränitätsbedenken zu berücksichtigen, steht der Bildungssektor. Er umfasst Bildung als zentrales öffentliches Gut, ein schnell aufkommendes Geschäftsfeld und wachsende Bestände an hochsensiblen personenbezogenen Daten. Davon ausgehend beschreibt der Bericht Wege zur Entschärfung des Spannungsverhältnisses zwischen Digitalisierung und Souveränität auf drei verschiedenen Ebenen – Staat, Wirtschaft und Individuum – anhand konkreter technischer Projekte im Bildungsbereich: die HPI Schul-Cloud (staatliche Souveränität), die MERLOT-Datenräume (wirtschaftliche Souveränität) und die openHPI-Plattform (individuelle Souveränität).
Abgelegte Musik
(2023)
Portal Transfer
(2023)
Liebe Leserinnen und Leser, kein Nachrichtentag vergeht, an dem nicht die Expertise aus der Wissenschaft gefragt ist: Ob zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine, zur UNKlimakonferenz in Ägypten, zur Flutkatastrophe in Pakistan, zum Dürresommer, zur Energiekrise, selbst zur umstrittenen Fußballweltmeisterschaft in Katar standen und stehen Expertinnen und Experten in den Medien Rede und Antwort. Auch aus der Universität Potsdam. Wir haben sie gefragt, wie sie damit umgehen, wie es ihnen gelingt, aus der laufenden Forschung heraus aktuelle Probleme zu bewerten. Und was davon bleibt, wenn das öffentliche Interesse abebbt. Für die Potsdamer Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin Sabine Kuhlmann besteht die Kunst darin, „außerhalb der Krise Ideen und Lösungsansätze zu verstetigen und sie tatsächlich in die Praxis umzusetzen“.
In unserem Alumni- und Transfermagazin berichten wir davon, was und wie die Universität Potsdam dazu beiträgt. Wir erzählen, wie Erfindungen zu Innovationen in der Wirtschaft werden und sich Start-ups auf den Weg machen, ihr Produkt selbst zu vermarkten. Das Spektrum reicht von Meeresfrüchten auf Pflanzenbasis bis zu einer App, mit der sich Frühformen der Demenz erkennen lassen. Neben neuen Technologien kommt es aber vor allem darauf an, das an der Universität erzeugte Wissen in die Praxis zu transferieren. Deshalb stellen wir ein Programm zur Bekämpfung von Hassrede in der Schule vor oder auch eine Klettertherapie zur Behandlung von Skoliose. Und wir zeigen, wie eine Studie zur sportlichen Leistungskraft von Kindern helfen kann, den Sportunterricht zu verbessern.
Den größten Teil des an der Universität produzierten Wissens tragen die Studierenden in die Welt, wenn sie nach ihrem Abschluss als Musiklehrerin in einer Schule arbeiten oder als Software-Ingenieur im eigenen Unternehmen, als Geologin nach Seltenen Erden schürfen, als Ökologe ausgelaugte Böden wieder fruchtbar machen oder als Politikerin ein Ministerium leiten. Sie alle kommen in diesem Magazin zu Wort. Oder in unserem neuen Podcast „Listen.UP“, in dem Studierende, Forschende und Alumni von ihren Transferprojekten erzählen. Von der Gründerin Ulrike Böttcher erfährt man dort zum Beispiel, wie sie mit Schnallen, Ösen und Knöpfen aus Bio- Materialien die Modeindustrie in diesem Bereich nachhaltig verändern will. Nachzulesen ist das auch in diesem Heft. Immer dort, wo das „Listen. UP“-Logo erscheint, lohnt es, zusätzlich in den Podcast hineinzuhören.
Portal Wissen = Lernen
(2023)
Uns lernend zu verändern, ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die wir Menschen haben. Wir werden geboren und können – scheinbar – nichts, müssen uns alles erst erschließen, abschauen, aneignen: greifen und laufen, essen und sprechen. Natürlich auch lesen und rechnen. Inzwischen wissen wir: Damit werden wir nie fertig. Im besten Fall lernen wir ein Leben lang. Hören wir damit auf, schadet es uns. „Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen“, meinte vor über 2.400 Jahren schon der griechische Philosoph Platon.
Auch als Menschheit sind wir lernfähig, gelangten dank immer mehr Wissen über die Welt um uns herum aus der Steinzeit ins digitale Zeitalter. Dass auch dieser Fortschritt keine Ziellinie ist, sondern wir nach wie vor einen weiten Weg vor uns haben, zeigen der menschengemachte Klimawandel – und vor allem die Unfähigkeit, als globale Gemeinschaft das, was uns die Forschung lehrt, in entsprechendes Handeln zu übersetzen. Bleibt zu hoffen, dass wir das auch noch begreifen.
Was wir in der intensiven Diskussion über die vielschichtigen Ebenen des Lernens gern übersehen: Wir sind keineswegs die einzig Lernenden. Viele, wenn nicht alle Lebewesen auf der Erde lernen, manche zielstrebiger und komplexer, kognitiver, als andere. Und seit einiger Zeit sind auch Maschinen in der Lage, mehr oder weniger selbstständig zu lernen. Künstliche Intelligenz lässt grüßen.
Lernen kann in seiner Bedeutung für den Menschen kaum überschätzt werden. Das hat auch die Wissenschaft begriffen und die Lernprozesse und -bedingungen in nahezu allen Zusammenhängen für sich entdeckt, egal, ob es um unsere eigenen geht oder solche um uns herum. Einigen davon sind wir für die aktuelle Ausgabe der „Portal Wissen“ nachgegangen.
So erforscht die Neurowissenschaftlerin Milena Rabovsky, wie unser Hirn gesprochene Sprache vorhersagt – und dabei aus seinen Fehlern lernt –, während die Psycholinguistin Natalie Boll-Avetisyan eine Box entwickelt hat, mit der sich schon bei kleinen Kindern Störungen beim Sprachenlernen entdecken lassen. Die Verhaltensbiologinnen Jana Eccard und Valeria Mazza haben das Verhalten von kleinen Nagetieren untersucht und dabei nicht nur festgestellt, dass sie sehr unterschiedliche Persönlichkeiten ausbilden, sondern auch beschrieben, wie sie lernen, diese an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen. Die Bildungsforscherin Katharina Scheiter erklärt, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung unser Lernen verändern – und wie nicht. Der Politikwissenschaftler Fabian Schuppert und die Verwaltungsexpertin Sabine Kuhlmann wiederum analysieren die Klimapolitiken von Millionenstädten überall auf der Welt – und dabei vor allem die Art und Weise, wie die Bevölkerung einbezogen wird –, damit die Metropolregion Berlin von diesen Strategien profitieren kann. Und der Computerlinguist David Schlangen geht der Frage nach, was Maschinen lernen müssen, damit unsere Kommunikation mit ihnen noch besser funktioniert.
Da Forschung letztlich immer ein Lernprozess ist, der danach strebt, etwas zu verstehen, was bislang noch unbekannt ist, stehen dieses Mal ohnehin alle Texte irgendwie unter dem „Stern“ des Titelthemas: Es geht darum, wie wir Millionen Jahre alte Korallen als Klimaarchive lesen können, was die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte uns über „Militärische Gewaltkulturen“ verrät und die Frage, welche Lehren wir aus Naturgefahren für die Zukunft ziehen sollten.
Wir haben mit einer Juristin gesprochen, die über den Tellerrand der Universität blickt und Recht für jedermann verständlich machen will, und mit einem Philosophen, der untersucht, warum „eine Meinung haben“ heute etwas anderes bedeutet als vor 100 Jahren. Wir berichten von „smarter DNA“ und der KIgestützten Genomanalyse, die beide die Gesundheitsversorgung nachhaltig verändern können. Außerdem geht es um das Berufsbild „YouTuber*in“, ein Start-up, das eine App entwickelt hat, dank der Paare spielerisch ihre Liebe vertiefen können, und die Frage, wie sich unser mentales Lexikon erforschen lässt. Wir sprechen über minor cosmopolitanisms, Wildtiermanagement in Afrika und Wasserstoff als Energiequelle der Zukunft. Wenn Sie hier fertig sind, haben Sie was gelernt. Versprochen! Viel Vergnügen!
Über kaum ein Thema werden so hitzige Debatten geführt wie über Geschlechtsidentität. Das Wissen darum, dass Gender sozial konstruiert ist, wird von Anti-Gender Aktivist*innen häufig als ‚Gender-Ideologie‘ bezeichnet und ruft heftige Gegenreaktionen hervor. Dies gilt nicht nur in Deutschland – sondern länderübergreifend. Auffällig viele der transnationalen Anti- Gender Mobilisierungen der letzten 20 Jahre finden bezogen auf Bildungseinrichtungen statt. Dieser Beitrag widmet sich der besonderen Rolle der Universität und der Wissenschaft für transnationale Anti-Gender Diskurse. Anhand verschiedener Beispiele zeige ich auf, dass das Verhältnis zwischen Anti-Gender Bewegungen und Wissenschaft geprägt ist von widersprüchlichen Dynamiken, von Abgrenzung aber auch Imitation. In ihrem Zusammenspiel wirken beide Dynamiken mobilisierend und tragen zum Erstarken regressiver Rollenbilder und antidemokratischer rechter Bewegungen in der breiteren Gesellschaft bei. Der letzte Teil des Beitrags ruft daher zu mehr Selbstreflexion der wissenschaftlichen Praxis auf Grundlage feministischer und intersektionaler Ansätze auf.
Genisa-Blätter IV
(2023)
Auch wenn Genisot – jüdische Ablagen nicht mehr verwendeter Bücher und Kultgegenstände – in der bisherigen historischen Forschung selten beachtet werden, sind sie als Quellen aus originär jüdischer Hand von hoher Bedeutung und können unser Verständnis der Umsetzung von Ritualen im Kontext der lokalen Gemeinde vertiefen.
Der Schwerpunkt der ‚Genisa-Blätter IV‘ liegt auf Fragen nach jüdisch-rituellen Praktiken und ihrer Bedeutung, ihren Objekten und Akteuren. Acht wissenschaftliche und ein essayistischer Beitrag nähern sich diesen Themen über konkrete Funde aus Genisot mitteleuropäischer jüdischer Gemeinden, von religiösen Texten wie dem Fragment einer Torarolle und einem Minhagim-Buch über Personaldokumente bis hin zu Musiknoten und Kleidungsstücken.
Sardinien
(2023)
Die antike Geschichte Sardiniens ist noch heute ein sichtbarer Bestandteil der insularen Landschaft: Nuraghen und Gräber aus der Bronzezeit, punische Nekropolen, Ruinen von römischen Städten und spätantike Kirchen, in denen man teilweise noch heute Gottesdienste feiert, prägen die zweitgrößte Insel des Mittelmeeres und überraschen die Besuchenden immer wieder aufs Neue.
Ausgewählte Stätten im Südwesten der Insel standen auf dem Reiseplan einer Exkursion von Studierenden der Universität Potsdam. Der vorliegende Reiseführer ist das Ergebnis ihrer Forschung und bietet eine kurze Beschreibung der sardischen Geschichte von der Antike bis ins 21. Jahrhundert, thematisiert die Rolle der antiken Geschichte in all ihren Facetten für die heutige sardische Identität und ordnet die größeren Orte auf der Reiseroute historisch-archäologisch ein. Detaillierte Beschreibungen von Ausgrabungsstätten, Katakomben und nuraghischen Kraftorten runden das Buch ab.
Die Beiträge wurden durch die studentischen Stipendiatinnen und Stipendiaten der Denkfabrik Scriptio Continua erarbeitet und geschrieben.
Menschenrechte von LGBTQI+-Personen sind in keinem Vertragswerk ausdrücklich geregelt. Dementsprechend obliegt ihr Schutz der Rechtsprechung, die in den vergangenen Jahren ein ausdifferenziertes Schutzsystem etabliert hat, das sich vor allem auf den allgemeinen Schutz vor Diskriminierung, aber auch auf etwa das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens stützt. Der Beitrag stellt die historische Entwicklung dieser LGBTQI+-Menschenrechte dar und trägt die aktuellen Rechtsquellen sowie die wichtigsten Entscheidungen zusammen, die weltweit und insbesondere in Europa diese Rechte gestärkt haben. National und international begegnen rechtliche Probleme dort, wo immer spezifischere Fragestellungen auf weltweit politische Instabilität trifft. Dazu zählen etwa die Stigmatisierung von sog. Konversionsmaßnahmen und die Eintragung von Trans*personen ins Geburtenregister.
Einleitung
(2023)
Lehramtsstudierende äußern vielfach den Wunsch nach umfangreichen praktischen Lerngelegenheiten. Insbesondere fallbasierte Lehr-Lern-Konzepte scheinen diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Dieser Beitrag stellt ein an der Universität Potsdam entwickeltes Seminarkonzept vor, welches diesen Transfer zu fördern versucht. Die Basis des Konzepts bildet der Einsatz erfahrungsbasiert entwickelter Textvignetten pädagogischer Situationen. Im Rahmen der Begleitseminare zum Praktikum in pädagogisch-psychologischen Handlungsfeldern (PppH) wurde die kollegiale Fallbesprechung als eine Form zur angestrebten Transferförderung in dieses Seminarkonzept integriert. Dieser Beitrag skizziert zunächst die erfahrungsbasierte Entwicklung der Vignetten sowie die theoretischen Grundlagen des Seminarkonzepts. Im Anschluss werden die praktische Implementation und erfahrungsbasierte konzeptionelle Änderung (design-based-research) in der Lehre beschrieben sowie erste Ergebnisse der systematischen empirischen Erprobung im Rahmen des PppH vorgestellt. Abschließend diskutieren die Autoren die Herausforderungen der praktischen Umsetzung auch mit Blick auf das Verstetigungsvorhaben.
Lehrkräfte aller Fächer benötigen informatische Kompetenzen, um der wachsenden Alltagsrelevanz von Informatik und aktuell gültigen Lehrplänen gerecht zu werden. Beispielsweise verweist in Sachsen der Lehrplan für das Fach Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung und Wirtschaft am Gymnasium mit dem für die Jahrgangsstufe 11 vorgesehenem Thema „Digitalisierung und sozialer Wandel“ auf Künstliche Intelligenz (KI) und explizit auf die Bedeutung der informatischen Bildung. Um die nötigen informatischen Grundlagen zu vermitteln, wurde für Lehramtsstudierende des Faches Politik ein Workshop erarbeitet, der die Grundlagen der Funktionsweise von KI anhand von überwachtem maschinellen Lernen in neuronalen Netzen vermittelt. Inhalt des Workshops ist es, mit Bezug auf gesellschaftliche Implikationen wie Datenschutz bei Trainingsdaten und algorithmic bias einen informierten Diskurs zu politischen Themen zu ermöglichen. Ziele des Workshops für Lehramtsstudierende mit dem Fach Politik sind: (1) Aufbau informatischer Kompetenzen in Bezug zum Thema KI, (2) Stärkung der Diskussionsfähigkeiten der Studierenden durch passende informatische Kompetenzen und (3) Anregung der Studierenden zum Transfer auf passende Themenstellungen im Politikunterricht. Das Evaluationskonzept umfasst eine Pre-Post-Befragung zur Zuversicht zur Vermittlungskompetenz unter Bezug auf maschinelles Lernen in neuronalen Netzen im Unterricht, sowie die Analyse einer abschließenden Diskussion. Für die Pre-Post-Befragung konnte eine Steigerung der Zuversicht zur Vermittlungskompetenz beobachtet werden. Die Analyse der Diskussion zeigte das Bewusstsein der Alltagsrelevanz des Themas KI bei den Teilnehmenden, aber noch keine Anwendung der informatischen Inhalte des Workshops zur Stützung der Argumente in der Diskussion.
Viele Informatikstudierende sammeln bereits vor ihrem Studium berufliche Erfahrungen im Informatikbereich, ohne dass diese inhaltlich und didaktisch im Studium berücksichtigt werden. Dieser Beitrag geht der Frage nach, welche Kompetenzen aus beruflichen Vorqualifikationen bei Informatikstudierenden existieren und wie diese in Bezug zu Anerkennungsoptionen gesetzt werden können. Betrachtet werden: die pauschale Anerkennung, die auf erworbenen Zertifikaten beruht; die individuelle Anerkennung, bei der individuell erworbene Kompetenzen nachgewiesen werden; die Adaption von individuellen Lernwegen, die Teilkompetenzen der Studierenden berücksichtigt. Es wird eine Interviewstudie vorgestellt, in der Kompetenzen für ein Sample von Informatikstudierenden mit Vorqualifikation als Fachinformatiker/in erhoben und eine Zuordnung zu den Anerkennungsoptionen vorgenommen wurde. Für die präzisere Gestaltung von Anerkennungsprozessen und zur kritischen Reflexion der eingesetzten hochschuldidaktischen Konzepte wurde eine empirische Basis geschaffen. Die vorhandenen Konzepte richten sich traditionell an Abiturienten/ innen mit sehr geringem Informatikhintergrund und berücksichtigen die tatsächlich existierende Heterogenität der Studienanfänger/innen nicht angemessen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Befragten aus ihrer Vorqualifikation relevante fachliche Kompetenzen mitbringen, die mit den Anerkennungsoptionen korrespondieren und deren Weiterentwicklung dienen können. Darüber hinaus werden aus überfachlichen Kompetenzen wie Selbststeuerungskompetenzen weitere Erkenntnisse zur Studiengestaltung gewonnen.
Peer-Reviews werden seit geraumer Zeit in unterschiedlichen Lehrszenarien eingesetzt. In diesem Paper wird untersucht, inwieweit das Peer- Review die Auseinandersetzung mit den Inhalten eines Grundlagenmoduls in einem präsenzfreien Lehrszenario befördern kann. Dabei scheint in den Ergebnissen die Qualität der selbst erstellten Reviews einer der wichtigsten Einflussfaktoren für den Lernerfolg zu sein, während Experten-Feedback und weitere Faktoren deutlich untergeordnet erscheinen. Die Fähigkeit ausführliche Peer-Reviews zu verfassen geht einher mit dem Erwerb von fachlicher Kompetenz bzw. entsprechenden fachlichen Vorkenntnissen.
Die verletzte Republik
(2023)
Die Studie stellt die Frage nach dem Beitrag erzählender Literatur zu einem Dialog über Formen der Gewalt im gesellschaftlichen Raum Frankreich zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Unter Rückgriff auf Bourdieu’sche Konzepte literatursoziologischer Theorie diskutiert sie zunächst die für ein sozialwissenschaftlich relevantes Erfassen des Wissens von Literatur notwendige Perspektive auf erzählte Gewalt. Bei dem dafür untersuchten Text-Korpus handelt es sich um vielrezipierte Erzähltexte des literarischen Feldes in Frankreich, welche größtenteils in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts erschienen sind.
Ausgehend von theoretischen Überlegungen zu Grenzen und Möglichkeiten einer solchen feldsoziologischen Fokussierung auf die Literatur der unmittelbaren Gegenwart wird am konkreten Textmaterial und mit den Mitteln der Literaturwissenschaft untersucht, wie und warum die französische Literatur über unterschiedliche Formen von Gewalt, vom Erinnern an die historisch gewordenen Gewalttraumata des 20. Jahrhunderts, vom Terrorismus des 21. Jahrhunderts, von Rassismus und Klassismus der Gegenwart, von Femiziden und Homophobie, über «Abgehängte» in ländlichen Gebieten, aber auch im Zentrum der Metropole, über Arbeitslosigkeit und Armut in Frankreich erzählt.
Eröffnet werden soll eine komplementäre Perspektive der Literaturwissenschaft zur soziologischen und historischen Gewaltforschung über den gesellschaftlichen Raum unseres europäischen Nachbarn.
Dieser Beitrag untersucht, welche latente Struktur sich in der Reflexivität von Lehramtsstudierenden identifizieren lässt. Es wird gefragt, inwieweit sich entlang eines Kohortenvergleichs differente Strukturen in der Reflexivität erkennen lassen und wie Lehramtsstudierende die Notwendigkeit und die Häufigkeit der Reflexion sowie die aus der Reflexion hervorgehenden Einsichten einschätzen. Hierfür werden Daten von Studierenden des Lehramts für Grund-, Sekundar-, Förderschulen und Gymnasien der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg genutzt. Bei der Operationalisierung von Reflexivität wurde die IRIS-Skala in einer auf den Schulkontext modifizierten Variante adaptiert sowie einzelne Items neu entwickelt. Die Faktorenanalyse repliziert die angenommene Mehrdimensionalität der Reflexivität mit vier Faktoren. Zudem zeigen sich kohortenspezifisch differente Strukturen in der Reflexivität, die auf Umstrukturierungs-, Verdichtungs- und Weiterentwicklungsprozesse im Bereich implizites Wissen und Reflexivität verweisen, wie in der Kompetenzentwicklungsphasentheorie und in entwicklungs- und berufsbiographietheoretischen Ansätzen postuliert wird. Mittelwertvergleiche zwischen den Studierendengruppen verweisen auf tendenzielle Zuwächse in den Dimensionen.
Adaption von Lernwegen in adaptierten Lehrmaterialien für Studierende mit Berufsausbildungsabschluss
(2023)
Obwohl immer mehr Menschen nicht direkt ein Studium aufnehmen, sondern zuvor eine berufliche Ausbildung absolvieren, werden die in der Ausbildung erworbenen Kompetenzen von den Hochschulen inhaltlich und didaktisch meist ignoriert. Ein Ansatz, diese Kompetenzen zu würdigen, ist die formale Anrechnung von mitgebrachten Kompetenzen als (für den Studienabschluss erforderliche) Leistungspunkte. Eine andere Variante ist der Einsatz von speziell für die Zielgruppe der Studierenden mit Vorkenntnissen adaptiertem Lehr-Lernmaterial. Um darüber hinaus individuelle Unterschiede zu berücksichtigen, erlaubt eine weitere Adaption individueller Lernpfade den Lernenden, genau die jeweils fehlenden Kompetenzen zu erwerben. In diesem Beitrag stellen wir die exemplarische Entwicklung derartigen Materials anhand des Kurses „Datenbanken“ für die Zielgruppe der Studierenden mit einer abgeschlossenen Ausbildung zum Fachinformatiker bzw. zur Fachinformatikerin vor.
Barrierefreiheit kann durch Methoden der Informatik hergestellt und ausgebaut werden. Dieser eingeladene Beitrag stellt die Anforderungen von Menschen mit den umfangreichsten Benutzererfordernissen an Software vor, die z. B. eigene Schriftsysteme wie Braille und entsprechende taktile Ausgabegeräte verwenden. Assistive Technologien umfassen dabei auch Software verschiedenster Art. Es werden die wichtigsten Kompetenzen dafür vorgestellt. Im Curriculum der Informatik können diese Kompetenzen im Rahmen von speziellen Vorlesungen und Übungen vermittelt werden oder sie werden in die jeweiligen Fachgebiete integriert. Um den Studienbetrieb ebenfalls barrierefrei zu gestalten, sind weitere Anstrengungen notwendig, die Lehrende, Verwaltung und die Hochschulleitung einbeziehen.
Eine übliche Erzählung verknüpft lange Studienzeiten und hohe Abbrecherquoten im Informatikstudium zum einen mit der sehr gut bezahlten Nebentätigkeit von Studierenden in der Informatikbranche, die deutlich studienzeitverlängernd sei; zum anderen werde wegen des hohen Bedarfs an Informatikern ein formeller Studienabschluss von den Studierenden häufig als entbehrlich betrachtet und eine Karriere in der Informatikbranche ohne abgeschlossenes Studium begonnen. In dieser Studie, durchgeführt an der Universität Potsdam, untersuchen wir, wie viele Informatikstudierende neben dem Studium innerhalb und außerhalb der Informatikbranche arbeiten, welche Erwartungen sie neben der Bezahlung damit verbinden und wie sich die Tätigkeit auf ihr Studium und ihre spätere berufliche Perspektive auswirkt. Aus aktuellem Anlass interessieren uns auch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Arbeitstätigkeiten der Informatikstudierenden.
Die Coronapandemie hat die zentrale Rolle von Staat und Verwaltung für die Krisenbewältigung deutlich gemacht sowie ins Zentrum wissenschaftlicher und öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt. Das intergouvernementale Pandemiemanagement, das Zusammenwirken verschiedener Politik- und Verwaltungsebenen im föderalen Staat und die Einbringung wissenschaftlicher Expertise haben sich in der Pandemie als entscheidende institutionelle Stellschrauben erwiesen. Zugleich sind erhebliche Schwachstellen und Engpässe zu Tage getreten, die teilweise zu institutioneller Überforderung, Reibungsverlusten, Koordinationsschwächen oder gar Institutionenversagen geführt haben. Beklagt wurden zudem Maßnahmenpakete und Entscheidungsoutputs, die hinsichtlich ihrer Evidenz- und Wissensbasis teils umstritten waren und in ihrem Zustandekommen hinreichende Legitimation, Zurechenbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz vermissen ließen.
Der seit März 2020 andauernde Krisenzustand hat einen neuartigen, vom bisherigen Normalzustand stark abweichenden Modus des Regierens und des Verwaltungsmanagements in Deutschland geschaffen. In diesem Bereich herrscht weiterhin ein erheblicher politik- und verwaltungswissenschaftlicher Forschungsbedarf, zu dessen Befriedigung diese Studie beitragen soll.
Die Entscheidung des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen im Fall Billy et al. gegen Australien zum Schutz der Beschwerdeführenden vor den Folgen des Klimawandels wurde als bedeutsamer Erfolg gefeiert. Der Ausschuss bewertet allerdings nur die Adaptationsmaßnahmen Australiens als unzureichend. Der Artikel untersucht, ob die Entscheidung einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Klimaschutz- und Klimaanpassungsrechts auf Menschenrechtsebene leistet. Eine nähere Analyse der Entscheidungsgründe zeigt, dass sie weniger progressiv sind als teilweise angenommen. Dennoch stellt die Entscheidung einen Präzedenzfall dar, der angesichts der zunehmenden Bedeutung der Klimaanpassung, auch für nationale Gerichte und regionale Menschenrechtsgerichtshöfe wegweisend ist.
Seit John Dewey und Donald Schön besteht weitgehender Konsens, dass Reflexivität eine wichtige Kompetenz von Lehrkräften darstellt und die Reflexion in den Unterrichtsalltag einer Lehrkraft integriert sein sollte. Es wird davon ausgegangen, dass Reflexion, wenn sie absichtsvoll und zielgerichtet eingesetzt wird, die berufliche Entwicklung einer Lehrkraft positiv beeinflussen kann. Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen können durch die Reflexion bewusster wahrgenommen und verändert werden. Sie regt Lernprozesse an, stärkt Eigenverantwortung und Autonomie und steigert die Berufszufriedenheit. Allerdings birgt die Förderung von Reflexivität im Rahmen der Lehrkräftebildung einige Schwierigkeiten und trotz nunmehr über 40 Jahren theoretischer sowie empirischer Erörterung bleiben bis heute auch verschiedene Fragen unbeantwortet. Im Beitrag werden auf Grundlage der aktuellen Diskussion das Konzept der Reflexion sowie Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von Reflexivität dargelegt und es wird aufgezeigt, welche besonderen Herausforderungen der Lehrberuf hierbei birgt. Abschließend wird erörtert, welche aktuellen Forschungslücken und -desiderate bestehen.
Das Mathematik-Teilprojekt SPIES-M zielt auf eine stärkere Professionsorientierung und die Verknüpfung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik in der universitären Lehrkräftebildung. Zu allen großen Inhaltsgebieten der Mathematik wurden neue Lehrveranstaltungen konzipiert und in den Studienordnungen sämtlicher Lehrämter Mathematik an der Universität Potsdam implementiert. Für die Konzeption wurden theoriebasiert Gestaltungsprinzipien herausgearbeitet, die sowohl für das Design als auch für die Evaluation und Weiterentwicklung der Lehrveranstaltungen nach dem Design-Research-Ansatz genutzt werden können. Die Umsetzung der Gestaltungsprinzipien wird am Beispiel der Fundamentalen Idee der Proportionalität verdeutlicht und dabei aufgezeigt, wie Studierende dazu befähigt werden können, fachdidaktisches Wissen aus fachmathematischen Inhalten zu generieren. Die Entwicklung des Professionswissens der Studierenden wird mithilfe unterschiedlicher Instrumente untersucht, um Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der neu konzipierten Lehrveranstaltungen zu ziehen. Für die Untersuchungen im Mixed-Methods-Design werden neben Beobachtungen in Lehrveranstaltungen eigens konzipierte Wissenstests, Gruppeninterviews, Unterrichtsentwürfe aus Praxisphasen und Lerntagebücher genutzt. Die Studierendenperspektive wird durch Befragungen zur wahrgenommenen (Berufs-)Relevanz der Lehrveranstaltungen erhoben. Weiteres wesentliches Element der Begleitforschung ist die kollegiale Supervision durch sogenannte „Spies“ (Spione), die die Veranstaltungen kriteriengeleitet beobachten und anschließend gemeinsam mit den Dozierenden reflektieren. Die bisherigen Ergebnisse werden hier präsentiert und hinsichtlich ihrer Implikationen diskutiert. Die im Projekt entwickelten Gestaltungsprinzipien als Werkzeug für Design und Evaluation sowie das Spies-Konzept der kollegialen Supervision werden für die Qualitätsentwicklung von Lehrveranstaltungen zum Transfer vorgeschlagen.
In diesem Beitrag werden das Konzept der „Virtuellen Runden Tische“ (ViRuTi) sowie Ergebnisse ihrer Pilotierung und Perspektiven für die Implementierung vorgestellt. Dabei geht es um die ressourcenfreundliche, digitale Umsetzung und niederschwellige Durchführung der ViRuTi. Inklusive Bestrebungen sind fest mit der Notwendigkeit interdisziplinärer Fallbesprechungen verknüpft. Akteure aus Kita, Schule und Gesundheitswesen können mit Bezugspersonen des betreffenden Kindes gemeinsam am runden Tisch Perspektiven austauschen und Entscheidungen treffen, bspw. zur Einleitung und Evaluierung von Sprachförder- oder -therapiemaßnahmen. Eine durch ein Konzept vorgegebene Struktur erleichtert den Austausch und die Fokussierung der Beteiligten auf die Ressourcen und Bedürfnisse des Kindes. Außerdem ist dieser interprofessionelle bzw. transdisziplinäre Austausch auch digital möglich.
In diesem Beitrag werden aus einer Metaperspektive vier verschiedene Reflexionsformate aus dem Bielefelder Projekt „BiProfessional“ der Qualitätsoffensive Lehrerbildung gegenübergestellt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden mit Blick auf das Reflexionsverständnis, den Reflexionsgegenstand und den jeweiligen Zugang beschrieben. Am Ende des Beitrags werden Konsequenzen für eine multiparadigmatische Lehrkräftebildung aufgezeigt.
Christian (von) Rother, Chef der Preußischen Seehandlung 1820–1848, ist vermutlich die prägendste Gestalt der Institution im 19. Jahrhundert. Seine Lebensgeschichte als Sohn eines schlesischen Bauern zeugt von sozialem Aufstieg und einer eindrucksvollen Beamtenkarriere. Rother formte die Seehandlung zu einem Konglomerat von gewerblichen Unternehmen, die durch Bankengeschäfte, Chausseebauprogramme und das Engagement des Staates in der Wirtschaftsförderung leistungsstark gemacht werden sollten. Der Erfolg blieb allerdings unterschiedlich. In den 1840er Jahren stießen diese Bemühungen darüber hinaus auf Kritik von unternehmerischen Konkurrenten. Bleibende Bedeutung behauptete eine von Rother gegründete soziale Einrichtung, die in Berlin ansässige Rother-Stiftung für arme und unverheiratete Töchter von Beamten und Offizieren.
Das in Bremen gebaute Handelsschiff Princess Louise, gewissermaßen das Flaggschiff der Preußischen Seehandlung, unternahm zwischen 1825 und 1844 insgesamt sechs Weltumsegelungen. Das Schiff fungierte u. a. als Überbringer diplomatischer Geschenke zwischen Herrschern und Herrscherfamilien. Von der ersten Weltumsegelung brachte es den berühmten Federmantel mit, den der hawai’ianische Monarch Kamehameha III. dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. zum Geschenk machte. Bei der zweiten Weltumsegelung wurden wiederum Gaben des preußischen Königs nach Hawai‘i transportiert. Die Princess Louise brachte aber darüber hinaus auch Gebrauchsgegenstände wie Kleidung, Waffen, Körbe, Tongefäße und Fächer aus der Südsee und Südamerika nach Europa. Solche ethnographischen Objekte der Vergangenheit können nicht zuletzt mit und durch zeitgenössische Kunst Fragen an die Gegenwart stellen.
Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die ehrenamtliche Arbeit mit Menschen mit Aphasie und deren Angehörigen. Vor sieben Jahren gründete Romy Steinberg gemeinsam mit ihrem Mann, der selbst von Aphasie betroffen ist, den Chor „AphaSingers”. Jeden Monat findet sich der Chor zu einem Workshop-Tag zusammen, der viel mehr als nur die Gesangsprobe beinhaltet. Partizipation umfasst den Austausch miteinander, schöne gemeinsame Erlebnisse und Zusammenhalt. All dies bietet dieser Chor den Mitgliedern und erntet hierfür viel Anerkennung und Dankbarkeit.
Der Einsatz in Afghanistan hat Deutschland insgesamt ca. 12 500 000 000 € gekostet und zivile und militärische Kräfte 20 Jahre lang gebunden. Er endete im August des Jahres 2021 mit einem übereilten Abzug aus Kabul und die ursprünglich gesetzten Ziele wurden im Wesentlichen nicht erreicht. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einsatz in Afghanistan von 2001 bis 2021 aus Sicht der BRD politikwissenschaftlich und völkerrechtlich aufzuarbeiten. Dazu wird folgende, übergeordnete Forschungsfrage gestellt: Welche Lehren für die Außen- und Sicherheitspolitik der BRD lassen sich aus dem Einsatz in Afghanistan ziehen? Um die Forschungsfrage zu beantworten wurde ein qualitativ deduktiver Ansatz gewählt, der unter Zuhilfenahme von Fachliteratur sowie Expert:inneninterviews versucht, den Einsatzverlauf zu skizzieren und Lehren für künftige, vergleichbare Humanitäre Interventionen aufzuzeigen.
Ortsteile als Untergliederungen der Gemeinden sind nicht nur für das Identitätsverständnis der lokalen Gemeinschaft bedeutsam, sondern auch für das Demokratieprinzip und die Verwirklichung der Ziele der Gebietsreform. Die Bildung von Ortsteilen unterliegt bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen. Dabei sind drei verschiedene Ausgestaltungen möglich: Ortsteile ohne Vertretung, Ortsteile mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher sowie Ortsteile mit isoliertem Ortsvorsteher. Die gewählte Form der Ortsteilvertretung hat Auswirkungen darauf, in welchem Umfang die örtliche Expertise in gemeindliche Entscheidungsprozesse einfließen kann und welche Entscheidungen vor Ort getroffen werden können. Dabei ist zwischen der Verpflichtung, die Ortsvertretung in bestimmten Konstellationen anzuhören, dem Antragsrecht der Ortsvertretung und der Entscheidungsbefugnis des Ortsbeirates zu differenzieren. Die Abgrenzung dieser organschaftlichen Rechte und ihr Umfang sind in der kommunalen Praxis konfliktträchtig. Für die Möglichkeiten der Ortsvertretungen, das lokale Zusammenleben zu gestalten, ist weiterhin das (mittlerweile) obligatorische Ortsteilbudget relevant, das Gegenstand der Reform der Kommunalverfassung im Juni 2021 war. Die Verwirklichung dieser materiellrechtlichen Positionen hängt von ihrer prozessualen Durchsetzbarkeit ab. In der Praxis rankt sich häufig Streit darum, ob Eingemeindungsverträge und die in ihnen getätigten Versprechen (noch) verbindlich sind. Diejenigen, die als Mitglieder des Ortsbeirates bzw. als Ortsvorsteher der örtlichen Gemeinschaft einen wichtigen und zeitintensiven Dienst erweisen, können eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten.
Portal Wissen = Exzellenz
(2023)
Was nicht nur gut oder sehr gut ist, nennen wir gern exzellent. Aber was meint das eigentlich? Vom lateinischen „excellere“ kommend, beschreibt es Dinge, Personen oder Handlungen, die „hervor-“ oder „herausragen“ aus der Menge, sich „auszeichnen“ gegenüber anderen. Mehr geht nicht. Exzellenz ist das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, der Erste oder Beste zu sein. Und das macht auch vor der Forschung nicht halt. Wer auf die Universität Potsdam schaut, findet zahlreiche ausgezeichnete Forschende, hervorragende Projekte und immer wieder auch aufsehenerregende Erkenntnisse, Veröffentlichungen und Ergebnisse.
Aber ist die UP auch exzellent? Eine Frage, die 2023 ganz sicher andere Wellen schlägt als vielleicht vor 20 Jahren. Denn seit dem Start der Exzellenzinitiative 2005 gelten als – wörtlich – exzellent jene Hochschulen, denen es gelingt, in dem umfangreichsten Förderprogramm für Wissenschaft in Deutschland einen Zuschlag zu erhalten. Egal ob in Form von Graduiertenschulen, Forschungsclustern oder – seit Fortsetzung des Programms ab 2019 unter dem Titel „Exzellenzstrategie“ – ganzen Exzellenzuniversitäten: Wer im Kreis der Forschungsuniversitäten zu den Besten gehören will, braucht das Siegel der Exzellenz. In der gerade eingeläuteten neuen Wettbewerbsrunde der „Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder“ bewirbt sich die Universität Potsdam mit drei Clusterskizzen um Förderung.
Ein Antrag kommt aus der Ökologie- und Biodiversitätsforschung. Ziel ist es, ein komplexes Bild ökologischer Prozesse zu zeichnen – und dabei die Rolle von einzelnen Individuen ebenso zu betrachten wie das Zusammenwirken vieler Arten in einem Ökosystem, um die Funktion der Artenvielfalt genauer zu bestimmen. Eine zweite Skizze haben die Kognitionswissenschaften eingereicht. Hier soll das komplexe Nebeneinander von Sprache und Kognition, Entwicklung und Lernen sowie Motivation und Verhalten als dynamisches Miteinander erforscht werden – wobei auch mit den Erziehungswissenschaften kooperiert wird, um verknüpfte Lernund Bildungsprozesse stets mitzudenken. Der dritte Antrag aus den Geo- und Umweltwissenschaften nimmt extreme und besonders folgenschwere Naturgefahren und -prozesse wie Überschwemmungen und Dürren in den Blick. Die Forschenden untersuchen die Extremereignisse mit besonderem Fokus auf deren Wechselwirkung mit der Gesellschaft, um mit ihnen einhergehende Risiken und Schäden besser einschätzen sowie künftig rechtzeitig Maßnahmen einleiten zu können.
„Alle drei Anträge zeichnen ein hervorragendes Bild unserer Leistungsfähigkeit“, betont der Präsident der Universität, Prof. Oliver Günther, Ph.D. „Die Skizzen dokumentieren eindrucksvoll unser Engagement, vorhandene Forschungsexzellenz sowie die Potenziale der Universität Potsdam insgesamt. Allein die Tatsache, dass sich drei schlagkräftige Konsortien in ganz unterschiedlichen Themenbereichen zusammengefunden haben, zeigt, dass wir auf unserem Weg in die Spitzengruppe der deutschen Universitäten einen guten Schritt vorangekommen sind.“
In diesem Heft schauen wir, was sich in und hinter diesen Anträgen verbirgt: Wir haben mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gesprochen, die sie geschrieben haben, und sie gefragt, was sie sich vornehmen, sollten sie den Zuschlag erhalten und ein Cluster an die Universität holen. Wir haben aber auch auf die Forschung geschaut, die zu den Anträgen geführt hat und die schon länger das Profil der Universität prägt und ihr national wie international Anerkennung eingebracht hat. Wir stellen eine kleine Auswahl an Projekten, Methoden und Forschenden vor, um zu zeigen, warum in diesen Anträgen tatsächlich exzellente Forschung steckt! Übrigens: Auch „Exzellenz“ ist nicht das Ende der Fahnenstange. Immerhin lässt sich das Adjektiv exzellent sogar steigern. In diesem Sinne wünschen wir exzellentestes Vergnügen beim Lesen!
Geschlechter in Un-Ordnung
(2023)
Wie blicken verschiedene Wissenschaftsdisziplinen (auch intersektional) auf trans, inter und nicht-binäre (TIN) Subjektpositionen jenseits der zweigeschlechtlichen Norm und Devianzen heterosexueller Lebensweisen? Wie werden Geschlechtervielfalt und Geschlechterrollen(-bilder) in zivilgesellschaftlichen Einrichtungen thematisiert? Die Autor*innen erörtern hochaktuelle gesellschaftliche, rechtliche und alltagspraktische Diskurse und Forderungen: Unter anderem werden die Änderung des Personenstandsgesetzes, das geplante Selbstbestimmungsrecht, geschlechtergerechte Sprache und die Idee der „TINklusiven“ Universität behandelt.
Der erste Teil der Anthologie bietet theoretische Auseinandersetzungen über Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Geschlechterkonstruktionen. Der zweite Teil wendet sich den praktischen Handlungsfeldern und institutionellen Bewältigungsstrategien zu, mit in denen binär strukturierte Organisationen und Instanzen realer Geschlechtervielfalt begegnen und intentional oder unbeabsichtigt Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität (re-)produzieren bzw. dekonstruieren. Auch mögliche Verstärkungen anderer Diskriminierungsformen durch Othering-Prozesse im Genderdiskurs werden thematisiert. Im dritten und letzten Teil werden hochschulpolitische Spielräume anhand verfassungsrechtlicher Prüfung und digitaler Handlungsoptionen ausgelotet.
forum:logopädie 37.2023, 6
(2023)
forum:logopädie 37 (2023), 1
(2023)
forum:logopädie 37.2023, 3
(2023)
Forum Logopädie
(2023)
BCH Codes mit kombinierter Korrektur und Erkennung In dieser Arbeit wird auf Grundlage des BCH Codes untersucht, wie eine Fehlerkorrektur mit einer Erkennung höherer Fehleranzahlen kombiniert werden kann. Mit dem Verfahren der 1-Bit Korrektur mit zusätzlicher Erkennung höherer Fehler wurde ein Ansatz entwickelt, welcher die Erkennung zusätzlicher Fehler durch das parallele Lösen einfacher Gleichungen der Form s_x = s_1^x durchführt. Die Anzahl dieser Gleichungen ist linear zu der Anzahl der zu überprüfenden höheren Fehler.
In dieser Arbeit wurde zusätzlich für bis zu 4-Bit Korrekturen mit zusätzlicher Erkennung höherer Fehler ein weiterer allgemeiner Ansatz vorgestellt. Dabei werden parallel für alle korrigierbaren Fehleranzahlen spekulative Fehlerkorrekturen durchgeführt. Aus den bestimmten Fehlerstellen werden spekulative Syndromkomponenten erzeugt, durch welche die Fehlerstellen bestätigt und höhere erkennbare Fehleranzahlen ausgeschlossen werden können. Die vorgestellten Ansätze unterscheiden sich von dem in entwickelten Ansatz, bei welchem die Anzahl der Fehlerstellen durch die Berechnung von Determinanten in absteigender Reihenfolge berechnet wird, bis die erste Determinante 0 bildet. Bei dem bekannten Verfahren ist durch die Berechnung der Determinanten eine faktorielle Anzahl an Berechnungen in Relation zu der Anzahl zu überprüfender Fehler durchzuführen. Im Vergleich zu dem bekannten sequentiellen Verfahrens nach Berlekamp Massey besitzen die Berechnungen im vorgestellten Ansatz simple Gleichungen und können parallel durchgeführt werden.Bei dem bekannten Verfahren zur parallelen Korrektur von 4-Bit Fehlern ist eine Gleichung vierten Grades im GF(2^m) zu lösen. Dies erfolgt, indem eine Hilfsgleichung dritten Grades und vier Gleichungen zweiten Grades parallel gelöst werden. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass sich eine Gleichung zweiten Grades einsparen lässt, wodurch sich eine Vereinfachung der Hardware bei einer parallelen Realisierung der 4-Bit Korrektur ergibt. Die erzielten Ergebnisse wurden durch umfangreiche Simulationen in Software und Hardwareimplementierungen überprüft.
Dieses Literatur-Review verfolgt angesichts des gegenwärtigen, gesteigerten öffentlichen Interesses zum Thema von Arbeitszeitverkürzungsmodellen mit Gehaltsausgleich das Ziel, den aktuellen deutsch- und englischsprachigen Forschungsstand zum möglichen Nutzen von Arbeitszeitverkürzungen mit Gehaltsausgleich (AZV+) für den öffentlichen Arbeitgeber dar-zustellen und kritisch auszuwerten. Das Review basiert auf insgesamt zehn Publikationen, die zum großen Teil zu dem Schluss kommen, dass AZV+ zu keinen negativen Effekten, sondern zu entweder neutralen oder auch mehrheitlich positiven Auswirkungen auf die Arbeitgebendenseite führen. Dabei handelt es sich insbesondere um verbesserte Stresslevel, gesundheitliche Aspekte, gleichbleibende oder erhöhte Produktivität und Motivation/Energie sowie verringerte Absentismuszahlen. Die Anreiz-Beitrags-Theorie bietet sich als Erklärungsmodell für diese Ergebnisse gut an, da sie Aussagen darüber trifft, inwiefern Anreizsysteme wie eine AZV+ für Arbeitnehmende durch deren subjektive Bedürfnisbefriedigung unter Einhaltung bestimmter Grenzen (keine Überschreitung der Beitragsforderungen durch Anpassung des Workload) zu Effekten führen kann, die sich indirekt auch positiv hinsichtlich der Organisationsziele aus-wirken. Die ebenfalls angewandten motivationstheoretischen Elemente der Cognitive Evaluation Theory und der Motivation Crowding Theorie eignen sich weniger gut in ihrer Erklärungskraft der untersuchten Effekte, da die Differenzierung verschiedener Motivationsarten im Rahmen der hier untersuchten Studien unerheblich zu sein scheint. Insgesamt ist die Studienlage zu dem Thema AZV+ generell, und auch speziell im öffentlichen Sektor, sehr dünn und bietet kaum Möglichkeiten für generalisierende Aus-sagen, sodass ein großer Forschungsbedarf zu diesem Thema besteht.
Die Herstellung von Produkten bindet Energie sowie auch materielle Ressourcen. Viel zu langsam entwickeln sich sowohl das Bewusstsein der Konsumenten sowie der Produzenten als auch gesetzgebende Aktivitäten, um zu einem nachhaltigen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu gelangen. In diesem Beitrag wird ein lokaler Remanufacturing-Ansatz vorgestellt, der es ermöglicht, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, lokale Unternehmen zu fördern und effiziente Lösungen für die regionale Wieder- und Weiterverwendung von Gütern anzubieten.
forum:logopädie 37.2023, 5
(2023)
In Forschungsprogrammen werden zahlreiche Akteure mit unterschiedlichen Hintergründen und fachlichen Expertisen in Einzel- oder Verbundvorhaben vereint, die jedoch weitestgehend unabhängig voneinander durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund, dass gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie die globale Erwärmung zunehmend disziplinübergreifende Lösungsansätze erfordern, sollten Vernetzungs- und Transferprozesse in Forschungsprogrammen stärker in den Fokus rücken. Mit der Implementierung einer Begleitforschung kann dieser Forderung Rechnung getragen werden. Begleitforschung unterscheidet sich in ihrer Herangehensweise und ihrer Zielvorstellung von den „üblichen“ Projekten und kann in unterschiedlichen theoretischen Reinformen auftreten. Verkürzt dargestellt agiert sie entweder (1) inhaltlich komplementär zu den jeweiligen Forschungsprojekten, (2) auf einer Metaebene mit Fokus auf die Prozesse im Forschungsprogramm oder (3) als integrierende, synthetisierende Instanz, für die die Vernetzung der Projekte im Forschungsprogramm sowie der Wissenstransfer von Bedeutung sind. Zwar sind diese Formen analytisch in theoretische Reinformen trennbar, in der Praxis ergibt sich in der Regel jedoch ein Mix aus allen dreien.
In diesem Zusammenhang schließt die vorliegende Dissertation als ergänzende Studie an bisherige Ansätze zum methodischen Handwerkszeug der Begleitforschung an und fokussiert auf folgende Fragestellungen: Auf welcher Basis kann die Vernetzung der Akteure in einem Forschungsprogramm durchgeführt werden, um diese effektiv zusammenzubringen? Welche weiteren methodischen Elemente sollten daran ansetzen, um einen Mehrwert zu generieren, der die Summe der Einzelergebnisse des Forschungsprogrammes übersteigt? Von welcher Art kann dann ein solcher Mehrwert sein und welche Rolle spielt dabei die Begleitforschung?
Das erste methodische Element bildet die Erhebung und Aufbereitung einer Ausgangsdatenbasis. Durch eine auf semantischer Analyse basierenden Verschlagwortung projektbezogener Texte lässt sich eine umfassende Datenbasis aus den Inhalten der Forschungsprojekte generieren. Die Schlagwörter werden dabei anhand eines kontrollierten Vokabulars in einem Schlagwortkatalog strukturiert. Parallel dazu werden sie wiederum den jeweiligen Projekten zugeordnet, wodurch diese thematische Merkmale erhalten. Um thematische Überschneidungen zwischen Forschungsprojekten sichtbar und interpretierbar zu machen, beinhaltet das zweite Element Ansätze zur Visualisierung. Dazu werden die Informationen in einen Netzwerkgraphen transferiert, der sowohl alle im Forschungsprogramm involvierten Projekte als auch die identifizierten Schlagwörter in Relation zueinander abbilden kann. So kann zum Beispiel sichtbar gemacht werden, welche Forschungsprojekte sich auf Basis ihrer Inhalte „näher“ sind als andere. Genau diese Information wird im dritten methodischen Element als Planungsgrundlage für unterschiedliche Veranstaltungsformate wie Arbeitstagungen oder Transferwerkstätten genutzt. Das vierte methodische Element umfasst die Synthesebildung. Diese gestaltet sich als Prozess über den gesamten Zeitraum der Zusammenarbeit zwischen Begleitforschung und den weiteren Forschungsprojekten hinweg, da in die Synthese unter anderem Zwischen-, Teil- und Endergebnisse der Projekte einfließen, genauso wie Inhalte aus den unterschiedlichen Veranstaltungen. Letztendlich ist dieses vierte Element auch das Mittel, um aus den integrierten und synthetisierten Informationen Handlungsempfehlungen für zukünftige Vorhaben abzuleiten.
Die Erarbeitung der methodischen Elemente erfolgte im laufenden Prozess des Begleitforschungsprojektes KlimAgrar, welches der vorliegenden Dissertation als Fallbeispiel dient und dessen Hintergründe in der Thematik Klimaschutz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft im Text ausführlich erläutert werden.
ADHS bei Jugendlichen
(2023)
ADHS galt lange als eine Störung des Kindesalters. Aber bis zu 80 % der Patienten sind auch noch als Jugendliche betroffen. Gerade sie brauchen Hilfe bei ihren Problemen!
In der Schule müssen sie öfter die Klasse wiederholen, im sozialen und emotionalen Bereich gibt es Konflikte mit Gleichaltrigen und Eltern. Unbehandelt drohen psychische Störungen, Drogenmissbrauch oder delinquentes Verhalten.
Das vorliegende Lerntraining ist das erste multimodale Behandlungskonzept für Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren. Es werden konkrete Probleme und Aufgaben aus Schule und Umwelt behandelt, um daran allgemeine Strategien herzuleiten. Eltern und Lehrer werden intensiv in die Behandlung mit einbezogen.
Die Begrenzung systemischer Risiken ist essentieller Bestandteil der neuen internationalen Finanzmarktordnung. Dabei galt es nicht nur die Verflechtung der Banken untereinander, sondern auch die Verbindung zwischen den Staatsfinanzen und der Solvenz der nationalen Bankensysteme (dem sog. Risikoverbund zwischen Staat und Banken) zu durchbrechen. Der Beitrag beleuchtet die Entwicklung der Forderungen gegenüber Staaten in den Bankbilanzen der Euroländer und des Eurosystems im Zeitverlauf sowie den daraus erwachsenden Risiken für die Finanzstabilität. Hierzu werden die Determinanten des Risikoverbunds theoretisch wie empirisch analysiert. Die fiskalische Kapazität der Eurostaaten wird anhand verschiedener Faktoren wie der Verschuldungsquote, dem Leistungsbilanzsaldo und der Kredit-BIP Lücke aufgezeigt; anschließend werden die Strukturen der Bankensysteme im Euroraum untersucht. Im Einzelnen werden die private und staatliche Gesamtverschuldung, die konsolidierte Bankenbilanzsumme und die darin enthaltenen Verbindlichkeiten sowie der Anteil des Bankensektors an der Bruttowertschöpfung in Relation zur Wirtschaftsleistung betrachtet. Außerdem finden NPE-Bestände in den Bankbilanzen sowie die Renditen der emittierten Staatsanleihen und damit in Verbindung stehenden CDS-Spreads Betrachtung. Zusätzlich werden die Konzentration, der Verschuldungsgrad, Liquiditätsziffern sowie länderspezifische Unterschiede in Art und Fristigkeit der Refinanzierung der Bankensektoren abgebildet. Auf Basis der empirischen Befunde werden im Hinblick auf die wechselseitigen Ansteckungseffekte zwischen Banken und Staaten Implikationen für die Finanzmarktregulierung diskutiert.
Vergangenheit ist vergangen, Geschichte wird gemacht. An diesem Konstruktionsprozess sind nicht nur die historischen Akteur:innen und deren Quellen, sondern in besonderem Maße auch die Historiker:innen, die sich mit diesen auseinandersetzen, beteiligt. Sie sind es, die die Quellen erst zum Sprudeln bringen. Was dabei zutage tritt, ist somit in hohem Maße von den Forschenden selbst, von ihren Vorannahmen und Methoden aber auch von ihren sozialen, kulturellen und biografischen Prägungen abhängig. Das hier vorgestellte Prozessmodell versucht, diese als Einflussfaktoren zu fassen und sichtbar zu machen, um auf dieser Basis eine erweiterte wissenschaftliche (Selbst-)Reflexion zu ermöglichen.
Leitfaden für die Erstellung von kommunalen Aktionsplänen zur Steigerung der urbanen Klimaresilienz
(2024)
Die durch Klimaveränderungen hervorgerufenen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt werden immer offensichtlicher: Neben der gesundheitlichen Gefährdung durch Hitzewellen, die deutschlandweit seit einigen Jahren eine steigende Rate an Todes- und Krankheitsfällen zur Folge hat sind in den letzten Jahren zunehmend Starkniederschläge und daraus resultierenden Überschwemmungen bzw. Sturzfluten aufgetreten. Diese ziehen zum Teil immensen wirtschaftlichen Schäden, aber auch Beeinträchtigungen für die menschliche Gesundheit – sowohl physisch als auch psychisch – sowie gar Todesopfer nach sich. Es ist davon auszugehen, dass diese Extremwetterereignisse zukünftiger noch häufiger auftreten werden.
Um die Bevölkerung besser vor den Folgen dieser Wetterextreme zu schützen, sind neben Klimaschutzmaßnahmen auch Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen zur Steigerung der kommunalen Klimaresilienz dringend notwendig. Dazu bedarf es einerseits einer Auseinandersetzung mit den eigenen kommunalen Risiken und daraus resultierenden Handlungsbedarfen, und andererseits eines interdisziplinären, querschnittsorientierten und prozessorientierten Planens und Handelns. Aktionspläne sollen diese beiden Aspekte bündeln.
In den letzten Jahren sind einige kommunale und kommunenübergreifende (Hitze-) aufgestellt worden. Diese unterscheiden sich jedoch in ihrem Inhalt und Umfang zum Teil erheblich. Mit dem vorliegenden Leitfaden soll eine effektive Hilfestellung geschaffen werden, um Kommunen bzw. die kommunale Verwaltung auf dem Weg zum eigenen Aktionsplan zu unterstützt. Dabei fokussiert der Leitfaden auf die Herausforderungen, die sich durch vermehrte Hitze- und Starkregenereignisse ergeben. Er stützt sich auf schon vorhandene Arbeitshilfen, Handlungsempfehlungen, Leitfäden und weitere Hinweise und verweist an vielen Stellen auch darauf. So soll ein praxistauglicher Leitfaden entstehen, der flexibel anwendbar ist. Mit Hilfe des vorliegenden Leitfadens können Kommunen ihre Aktivitäten auf Hitze oder Starkregen fokussieren oder einen umfassenden Aktionsplan für beide Themenbereiche erstellen.
Das in diesem Beitrag vorgestellte Projektseminarkonzept reagiert auf eine wahrgenommene Distanz und Unsicherheit Studierender im Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde gegenüber religionsbezogenen Themen. Mittels verschiedener Strategien wurde, ausgehend von der Conceptual Change-Forschung, zur Wahrnehmung und Reflexion des eigenen kulturellen Standortes und der eigenen Konzepte in Bezug auf Religion(en) angeregt. Ihren Lernprozess haben die Studierenden in Arbeitsjournaleinträgen festgehalten. Diese Einträge wurden wiederum mittels einer qualitative Inhaltsanalyse untersucht. Nach der Darstellung der dabei erhobenen religions- und unterrichtsbezogenen Vorstellungen der Studierenden werden im Beitrag Anregungen gegeben, inwiefern die analysierten Befunde als Grundlage für die Verbesserung der Hochschullehre im Fachbereich dienen können.
An die Revolution 1848/49 wird als wesentliches Ereignis deutscher Demokratiegeschichte erinnert; die Beteiligung von Frauen nimmt jedoch bis heute im kollektiven Gedächtnis einen untergeordneten Stellenwert ein. Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich aus diesem Grund spezifisch mit der Rolle der Frauen in der Revolution 1848/49 und bietet Anregungen für die Integration des Themas in den Politikunterricht.
Wie die Ergebnisse der Arbeit verdeutlichen, nutzten zahlreiche Frauen die Aufbruchsstimmung der 1840er Jahre, um sich auf verschiedene Arten und Weisen politisch zu engagieren. Zwar blieben viele dabei innerhalb der dichotomen Geschlechterteilung verhaftet, welche auf dem sich im 19. Jahrhundert herausbildenden bürgerlichen Geschlechtermodell beruhte. Einige überschritten diese Grenzen jedoch trotz harter Sanktionen auch bewusst.
Sichtbar wird, dass die weibliche Beteiligung zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur grundsätzlichen Infragestellung der Geschlechterpolarität führte, aber die Frauen zunehmend den öffentlichen Raum auch für sich beanspruchten und damit die Grundlagen für die deutsche Frauenbewegung der folgenden Jahrzehnte schufen.
Die schulische Thematisierung der Rolle der Frauen in der Revolution 1848/49 bietet sich sowohl im Geschichts- und Politikunterricht als auch fächerübergreifend hinsichtlich vielfältiger Anknüpfungspunkte an. Die Integration des Themas in den Unterricht kann insbesondere dazu beitragen, das historische Erbe der Anfänge der Frauenbewegung zu bewahren, und es zudem für die Vermittlung demokratischer Werte nutzbar machen.
Die fortschreitende Digitalisierung durchzieht immer mehr Lebensbereiche und führt zu immer komplexeren sozio-technischen Systemen. Obwohl diese Systeme zur Lebenserleichterung entwickelt werden, können auch unerwünschte Nebeneffekte entstehen. Ein solcher Nebeneffekt könnte z.B. die Datennutzung aus Fitness-Apps für nachteilige Versicherungsentscheidungen sein. Diese Nebeneffekte manifestieren sich auf allen Ebenen zwischen Individuum und Gesellschaft. Systeme mit zuvor unerwarteten Nebeneffekten können zu sinkender Akzeptanz oder einem Verlust von Vertrauen führen. Da solche Nebeneffekte oft erst im Gebrauch in Erscheinung treten, bedarf es einer besonderen Betrachtung bereits im Konstruktionsprozess. Mit dieser Arbeit soll ein Beitrag geleistet werden, um den Konstruktionsprozess um ein geeignetes Hilfsmittel zur systematischen Reflexion zu ergänzen.
In vorliegender Arbeit wurde ein Analysetool zur Identifikation und Analyse komplexer Interaktionssituationen in Software-Entwicklungsprojekten entwickelt. Komplexe Interaktionssituationen sind von hoher Dynamik geprägt, aus der eine Unvorhersehbarkeit der Ursache-Wirkungs-Beziehungen folgt. Hierdurch können die Akteur*innen die Auswirkungen der eigenen Handlungen nicht mehr überblicken, sondern lediglich im Nachhinein rekonstruieren. Hieraus können sich fehlerhafte Interaktionsverläufe auf vielfältigen Ebenen ergeben und oben genannte Nebeneffekte entstehen. Das Analysetool unterstützt die Konstrukteur*innen in jeder Phase der Entwicklung durch eine angeleitete Reflexion, um potenziell komplexe Interaktionssituationen zu antizipieren und ihnen durch Analyse der möglichen Ursachen der Komplexitätswahrnehmung zu begegnen.
Ausgehend von der Definition für Interaktionskomplexität wurden Item-Indikatoren zur Erfassung komplexer Interaktionssituationen entwickelt, die dann anhand von geeigneten Kriterien für Komplexität analysiert werden. Das Analysetool ist als „Do-It-Yourself“ Fragebogen mit eigenständiger Auswertung aufgebaut. Die Genese des Fragebogens und die Ergebnisse der durchgeführten Evaluation an fünf Softwarentwickler*innen werden dargestellt. Es konnte festgestellt werden, dass das Analysetool bei den Befragten als anwendbar, effektiv und hilfreich wahrgenommen wurde und damit eine hohe Akzeptanz bei der Zielgruppe genießt. Dieser Befund unterstützt die gute Einbindung des Analysetools in den Software-Entwicklungsprozess.
Die Arbeit „Die Bekämpfung transnationaler Kriminalität im Kontext fragiler Staatlichkeit“ widmet sich dem Phänomen grenzüberschreitend tätiger Akteure der organisierten Kriminalität die den Umstand ausnutzen, dass einige international anerkannte Regierungen nur eine unzureichende Kontrolle über Teile ihres Staatsgebietes ausüben. Es wird untersucht, weshalb der durch die internationale Staatengemeinschaft geschaffene Rechtsrahmen, zur Bekämpfung transnationaler Kriminalitätsphänomene im Kontext dieser fragilen Staaten, nicht oder nur defizitär dazu beiträgt die Kriminalitätsphänomene zu bekämpfen.
Nachdem zunächst erörtert wird, was im Rahmen der Untersuchung unter dem Begriff der transnationalen Kriminalität verstanden wird, wird der internationale Rechtsrahmen zur Bekämpfung anhand von fünf beispielhaft ausgewählten transnationalen Kriminalitätsphänomenen beschrieben. Im darauffolgenden Hauptteil der Untersuchung wird der Frage nachgegangen, weshalb dieser durch die internationale Staatengemeinschaft geschaffene Rechtsrahmen, gerade in fragilen Staaten, kaum einen Beitrag dazu leistet solchen Kriminalitätsphänomenen effektiv zu begegnen. Dabei wird festgestellt, dass die Genese des internationalen Rechtsrahmens zu einem Legitimitätsdefizit desselbigen führt. Auch die mangelhafte Berücksichtigung der speziellen Lebensrealitäten, die in vielen fragilen Staaten vorzufinden sind, wirkt sich negativ auf die Durchsetzbarkeit des internationalen Rechtsrahmens aus. Es wird dargelegt, dass unterschiedlich hohe menschenrechtliche Schutzstandards zu Normenkollisionen bei der internationalen Zusammenarbeit der Staaten führen, insbesondere im Rahmen der internationalen Rechtshilfe. Da gerade fragile Staaten häufig durch eine defizitäre menschenrechtliche Situation gekennzeichnet sind, stellt dies konsolidierte Staaten im Rahmen der Zusammenarbeit mit fragilen Staaten öfters vor Herausforderungen. Schließlich wird aufgezeigt, dass auch die extraterritoriale Jurisdiktion und somit die strafrechtliche Verfolgung transnationaler Straftaten durch Drittstaaten mit rechtlichen und praktischen Problemen einhergeht.
In einem letzten Kapitel der Arbeit wird der Frage nachgegangen, ob nicht ein alternativer Strafverfolgungsmechanismus geschaffen werden sollte, um transnationale Kriminalitätsphänomene zu verfolgen, die aus fragilen Staaten heraus begangen werden und wie ein solch alternativer Strafverfolgungsmechanismus konkret ausgestaltet sein sollte.
Der tänzerische Kreativitätstest stellt ein valides Instrumentarium dar, welches auf tanzspezifischen Aufgaben basiert und für die differenzierte und standardisierte Erfassung der tänzerischen Kreativität bei Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren konzipiert ist. Mit dem tänzerischen Kreativitätstest können nicht nur Fragestellungen zum Stand sowie zur Entwicklung tänzerisch-kreativer Fähigkeiten im Kindesalter bearbeitet werden, sondern er liefert auch wertvolle Informationen für die Optimierung von Trainings-, Förder- und Vermittlungsmaßnahmen. Erfasst werden folgende tänzerisch-kreativen Fähigkeiten: 1) Vielfalt und Originalität in der Fortbewegung und in Körperpositionen sowie 2) Ideenreichtum, Vielfalt und Originalität in der Gestaltung von Bewegungspatterns und -kompositionen. Dieser Test lässt sich mit größeren Gruppen und minimalem materiellen Aufwand durchführen, ist zeitlich unbeschränkt und ermöglicht es, unterschiedliche Leistungsniveaus zu identifizieren. Der tänzerische Kreativitätstest bietet Forschenden und Lehrkräften eine wertvolle Möglichkeit, die tänzerisch-kreativen Fähigkeiten von Kindern zu analysieren und zu fördern.
Der Fall des T. Annius Milo bietet für den Lateinunterricht großes didaktisches Potenzial. Denn an seinem Beispiel kann die Lektüre eines lateinischen Textes hervorragend mit realienkundlichen Aspekten verknüpft und es können plausible Bezüge zur Gegenwart hergestellt werden. Die vorliegende Masterarbeit zeigt, welch reiches Themenspektrum in Ciceros Rede Pro Milone steckt. Dazu zählen der historische Kontext des Falls, der Tatbestand des Mordes und der Ablauf des damaligen Gerichtsverfahrens. Darüber hinaus wird das römische Recht mit dem heutzutage in Deutschland geltenden Strafrecht verglichen. Und zu guter Letzt wird hier die Glaubwürdigkeit verschiedener schriftlicher Zeugnisse geprüft, insbesondere die Frage, ob die überlieferte Rede das einstige Prozessgeschehen in authentischer Weise widerspiegelt.
Digital Fashion
(2024)
Das virtuelle Kleid als mediale und soziokulturelle Alltagserscheinung der Gegenwart bildet den Gegenstand der vorliegenden interdisziplinären Unter-suchung. An der Schnittstelle zwischen Menschen, Medien und Mode ist das virtuelle Kleid an unrealen Orten und in synthetischen Situationen ausschließlich auf einem Screen erfahrbar. In diesem Dispositiv lassen sich Körperkonzepte, Darstellungskonventionen, soziale Handlungsmuster und Kommunikations-strategien ausmachen, die zwar auf einer radikalen Ablösung vom textilen Material beruhen, aber dennoch nicht ohne sehr konkrete Verweise auf das textile Material auskommen. Dies führt zu neuen Ansätzen der Auseinandersetzung mit Kleidern, die nun als Visualisierung gebündelter Datenpakete zu betrachten sind. Die dynamische Entwicklung neuer Erscheinungsformen und deren nahtlose Einbindung in traditionelle Geschäftsmodelle und bestehende Modekonzepte macht eine Positionsbestimmung notwendig, insbesondere im Hinblick auf gegenwärtige Nachhaltigkeitsdiskurse um immaterielle Produkte. Für diese Studie liefern die hinter den Bildern liegenden Prozesse der ökonomischen Ausrichtung, der Herstellung, der Verwendung und der Rezeption den methodologischen Zugang für die Analyse. Mithilfe eines typologisierenden Instrumentariums wird aus der Vielzahl und Vielfalt der Darstellungen ein Set an forschungsleitenden Beispielen zusammengestellt, welche dann in einer mehrstufigen Kontextanalyse zu einer begrifflichen Fassung des virtuellen Kleides sowie zu fünf Kontexteinheiten führen. Am Beispiel des virtuellen Kleides zeichnet diese Untersuchung den technischen, gesellschaftlichen und sozialen Wandel nach und arbeitet seine Bedeutung für zukünftige Modeentwicklungen heraus. Damit leistet die Untersuchung einen Beitrag zur medien- und sozialwissenschaftlichen Modeforschung der Gegenwart.
Ausgehend von der Beobachtung, dass die aktuelle Digitalisierungsforschung die Ambivalenz der Digitalisierung zwar erkennt, aber nicht zum Gegenstand ihrer Analysen macht, fokussiert die vorliegende kumulative Dissertation auf die ambivalente Dichotomie aus Potenzialen und Problemen, die mit digitalen Transformationen von Organisationen einhergeht. Entlang von sechs Publikationen wird mit einem systemtheoretischen Blick auf Organisationen die spannungsvolle Dichotomie hinsichtlich dreier ambivalenter Verhältnisse aufgezeigt: Erstens wird in Bezug auf das Verhältnis von Digitalisierung und Postbürokratie deutlich, dass digitale Transformationen das Potenzial aufweisen, postbürokratische Arbeitsweisen zu erleichtern. Parallel ergibt sich das Problem, dass auf Konsens basierende postbürokratische Strukturen Digitalisierungsinitiativen erschweren, da diese auf eine Vielzahl von Entscheidungen angewiesen sind. Zweitens zeigt sich mit Blick auf das ambivalente Verhältnis von Digitalisierung und Vernetzung, dass einerseits organisationsweite Kooperation ermöglicht wird, während sich andererseits die Gefahr digitaler Widerspruchskommunikation auftut. Beim dritten Verhältnis zwischen Digitalisierung und Gender deutet sich das mit neuen digitalen Technologien einhergehende Potenzial für Gender Inklusion an, während zugleich das Problem einprogrammierter Gender Biases auftritt, die Diskriminierungen oftmals verschärfen. Durch die Gegenüberstellung der Potenziale und Probleme wird nicht nur die Ambivalenz organisationaler Digitalisierung analysierbar und verständlich, es stellt sich auch heraus, dass mit digitalen Transformationen einen doppelte Formalisierung einhergeht: Organisationen werden nicht nur mit den für Reformen üblichen Anpassungen der formalen Strukturen konfrontiert, sondern müssen zusätzlich formale Entscheidungen zu Technikeinführung und -beibehaltung treffen sowie formale Lösungen etablieren, um auf unvorhergesehene Potenziale und Probleme reagieren. Das Ziel der Dissertation ist es, eine analytisch generalisierte Heuristik an die Hand zu geben, mit deren Hilfe die Errungenschaften und Chancen digitaler Transformationen identifiziert werden können, während sich parallel ihr Verhältnis zu den gleichzeitig entstehenden Herausforderungen und Folgeproblemen erklären lässt.
Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Frage, inwiefern die neuesten Lehrwerke für den gymnasialen Französischunterricht, Découvertes 1 (Klett) und À plus 1 (Cornelsen) aus dem Jahr 2020, sprachvernetzende Inhalte nutzen, um auf vorgelernte Sprachen und frühere Spracherwerbsprozesse hinzuweisen oder darauf zurückzugreifen. Der Fokus liegt dabei auf der Schul- und/oder Erstsprache Deutsch sowie der ersten Fremdsprache Englisch, wobei auch andere auftretende Sprachen in die Untersuchung einbezogen werden.
Die Arbeit leistet einen Beitrag zum fachdidaktischen Diskurs bezüglich mehrsprachigkeitsdidaktischer Inhalte in Fremdsprachenlehrwerken. Darüber hinaus kann sie Lehrkräften aufzeigen, wie diese aktuellen Lehrwerke ihren mehrsprachigkeitsorientierten Unterricht begleiten können.
Die Einleitung betont die Relevanz der Sprachvernetzung für den Fremdsprachenunterricht, insbesondere im Hinblick auf die individuelle Mehrsprachigkeit der Schüler*innen. Es wird auf das Potenzial des interlingualen Transfers hingewiesen, das u. a. in einer Lernerleichterung sowie der Förderung der Sprachbewusstheit und der Sprachlernbewusstheit besteht.
In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen für die Analyse gelegt, indem Mehrsprachigkeit und Mehrsprachigkeitsdidaktik, Sprachvernetzung und ihr Potenzial näher betrachtet werden. Zudem wird anhand des Deutschen und Englischen aufgezeigt, welches sprachliche Transferpotenzial im Anfangsunterricht Französisch eingebracht werden könnte. Auch die Bedingungen dafür, dass Schüler*innen den interlingualen Transfer in ihrem Spracherwerb einsetzen, werden besprochen.
Kapitel 3 gibt einen Überblick über den Forschungsstand zu Sprachvernetzung und Mehrsprachigkeit in Fremdsprachenlehrwerken und identifiziert die Forschungslücke, die diese Arbeit zu schließen versucht.
In Kapitel 4 werden die Forschungsfrage und ihre Unterfragen formuliert, die untersuchten Lehrwerke beschrieben und die Auswahl der Lehrwerke und der untersuchten Lehrwerkskomponenten begründet. Zudem wird die Methodik der vergleichenden Lehrwerkanalyse erläutert.
Die Ergebnisse der Analyse werden in Kapitel 5 ausführlich dargestellt. Es wird aufgezeigt, welche sprachvernetzenden Inhalte in den jeweiligen Lehrwerken vorkommen – in welcher Form und unter Einbezug welcher Sprachen und sprachlichen Ebenen.
In Kapitel 6 werden die Ergebnisse diskutiert und analysiert, wobei auf die Mehrsprachigkeitskonzepte der Lehrwerke und die Trends bei den sprachvernetzenden Inhalten eingegangen wird.
Im abschließenden Kapitel 7 wird zusammenfassend betont, dass beide Lehrwerke viele sprachvernetzende Inhalte anbieten, die das Potenzial haben, mehrsprachigkeitsdidaktisches Arbeiten zu unterstützen. Insbesondere auf der Produktionsebene werden jedoch noch zu wenige Transferprozesse initiiert. Zudem wird aufgezeigt, welche weiteren Untersuchungen ergänzend möglich sind, z. B. hinsichtlich des Einsatzes der sprachvernetzenden Inhalte im Unterricht.
Arachidonsäurelipoxygenasen (ALOX-Isoformen) sind Lipid-peroxidierenden Enzyme, die bei der Zelldifferenzierung und bei der Pathogenese verschiedener Erkrankungen bedeutsam sind. Im menschlichen Genom gibt es sechs funktionelle ALOX-Gene, die als Einzelkopiegene vorliegen. Für jedes humane ALOX-Gen gibt es ein orthologes Mausgen. Obwohl sich die sechs humanen ALOX-Isoformen strukturell sehr ähnlich sind, unterscheiden sich ihre funktionellen Eigenschaften deutlich voneinander. In der vorliegenden Arbeit wurden vier unterschiedliche Fragestellungen zum Vorkommen, zur biologischen Rolle und zur Evolutionsabhängigkeit der enzymatischen Eigenschaften von Säugetier-ALOX-Isoformen untersucht:
1) Spitzhörnchen (Tupaiidae) sind evolutionär näher mit dem Menschen verwandt als Nagetiere und wurden deshalb als Alternativmodelle für die Untersuchung menschlicher Erkrankungen vorgeschlagen. In dieser Arbeit wurde erstmals der Arachidonsäurestoffwechsel von Spitzhörnchen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass im Genom von Tupaia belangeri vier unterschiedliche ALOX15-Gene vorkommen und die Enzyme sich hinsichtlich ihrer katalytischen Eigenschaften ähneln. Diese genomische Vielfalt, die weder beim Menschen noch bei Mäusen vorhanden ist, erschwert die funktionellen Untersuchungen zur biologischen Rolle des ALOX15-Weges. Damit scheint Tupaia belangeri kein geeigneteres Tiermodel für die Untersuchung des ALOX15-Weges des Menschen zu sein.
2) Entsprechend der Evolutionshypothese können Säugetier-ALOX15-Orthologe in Arachidonsäure-12-lipoxygenierende- und Arachidonsäure-15-lipoxygenierende Enzyme eingeteilt werden. Dabei exprimieren Säugetierspezies, die einen höheren Evolutionsgrad als Gibbons aufweisen, Arachidonsäure-15-lipoxygenierende ALOX15-Orthologe, während evolutionär weniger weit entwickelte Säugetiere Arachidonsäure-12 lipoxygenierende Enzyme besitzen. In dieser Arbeit wurden elf neue ALOX15-Orthologe als rekombinante Proteine exprimiert und funktionell charakterisiert. Die erhaltenen Ergebnisse fügen sich widerspruchsfrei in die Evolutionshypothese ein und verbreitern deren experimentelle Basis. Die experimentellen Daten bestätigen auch das Triadenkonzept.
3) Da humane und murine ALOX15B-Orthologe unterschiedliche funktionelle Eigenschaften aufweisen, können Ergebnisse aus murinen Krankheitsmodellen zur biologischen Rolle der ALOX15B nicht direkt auf den Menschen übertragen werden. Um die ALOX15B-Orthologen von Maus und Mensch funktionell einander anzugleichen, wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit Knock-in Mäuse durch die In vivo Mutagenese mittels CRISPR/Cas9-Technik hergestellt. Diese exprimieren eine humanisierte Mutante (Doppelmutation von Tyrosin603Asparaginsäure+Histidin604Valin) der murinen Alox15b. Diese Mäuse waren lebens- und fortpflanzungsfähig, zeigten aber geschlechtsspezifische Unterschiede zu ausgekreuzten Wildtyp-Kontrolltieren im Rahmen ihre Individualentwicklung.
4) In vorhergehenden Untersuchungen zur Rolle der ALOX15B in Rahmen der Entzündungsreaktion wurde eine antiinflammatorische Wirkung des Enzyms postuliert. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob eine Humanisierung der murinen Alox15b die Entzündungsreaktion in zwei verschiedenen murinen Entzündungsmodellen beeinflusst. Eine Humanisierung der murinen Alox15b führte zu einer verstärkten Ausbildung von Entzündungssymptomen im induzierten Dextran-Natrium-Sulfat-Kolitismodell. Im Gegensatz dazu bewirkte die Humanisierung der Alox15b eine Abschwächung der Entzündungssymptome im Freund‘schen Adjuvans Pfotenödemmodell. Diese Daten deuten darauf hin, dass sich die Rolle der ALOX15B in verschiedenen Entzündungsmodellen unterscheidet.
Eskalation des Commitments in Wirtschaftsinformatik Projekten: eine kognitiv-affektive Perspektive
(2024)
Projekte im Bereich der Wirtschaftsinformatik (IS-Projekte) sind von zentraler Bedeutung für die Steuerung von Unternehmensstrategien und die Aufrechterhaltung von Wettbewerbsvorteilen, überschreiten jedoch häufig das Budget, sprengen den Zeitrahmen und weisen eine hohe Misserfolgsquote auf. Diese Dissertation befasst sich mit den psychologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens - insbesondere Kognition und Emotion - im Zusammenhang mit einem weit verbreiteten Problem im IS-Projektmanagement: der Tendenz, an fehlgehenden Handlungssträngen festzuhalten, auch Eskalation des Commitments (Englisch: “escalation of commitment” - EoC) genannt.
Mit einem kombinierten Forschungsansatz (dem Mix von qualitativen und quantitativen Methoden) untersuche ich in meiner Dissertation die emotionalen und kognitiven Grundlagen der Entscheidungsfindung hinter eskalierendem Commitment zu scheiternden IS-Projekten und deren Entwicklung über die Zeit. Die Ergebnisse eines psychophysiologischen Laborexperiments liefern Belege auf die Vorhersagen bezüglich der Rolle von negativen und komplexen situativen Emotionen der kognitiven Dissonanz Theorie gegenüber der Coping-Theorie und trägt zu einem besseren Verständnis dafür bei, wie sich Eskalationstendenzen während sequenzieller Entscheidungsfindung aufgrund kognitiver Lerneffekte verändern. Mit Hilfe psychophysiologischer Messungen, einschließlich der Daten-Triangulation zwischen elektrodermaler und kardiovaskulärer Aktivität sowie künstliche Intelligenz-basierter Analyse von Gesichtsmikroexpressionen, enthüllt diese Forschung physiologische Marker für eskalierendes Commitment. Ergänzend zu dem Experiment zeigt eine qualitative Analyse text-basierter Reflexionen während der Eskalationssituationen, dass Entscheidungsträger verschiedene kognitive Begründungsmuster verwenden, um eskalierende Verhaltensweisen zu rechtfertigen, die auf eine Sequenz von vier unterschiedlichen kognitiven Phasen schließen lassen.
Durch die Integration von qualitativen und quantitativen Erkenntnissen entwickelt diese Dissertation ein umfassendes theoretisches Model dafür, wie Kognition und Emotion eskalierendes Commitment über die Zeit beeinflussen. Ich schlage vor, dass eskalierendes Commitment eine zyklische Anpassung von Denkmodellen ist, die sich durch Veränderungen in kognitiven Begründungsmustern, Variationen im zeitlichen Kognitionsmodus und Interaktionen mit situativen Emotionen und deren Erwartung auszeichnet. Der Hauptbeitrag dieser Arbeit liegt in der Entflechtung der emotionalen und kognitiven Mechanismen, die eskalierendes Commitment im Kontext von IS-Projekten antreiben. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, die Qualität von Entscheidungen unter Unsicherheit zu verbessern und liefern die Grundlage für die Entwicklung von Deeskalationsstrategien. Beteiligte an „in Schieflage geratenden“ IS-Projekten sollten sich der Tendenz auf fehlgeschlagenen Aktionen zu beharren und der Bedeutung der zugrundeliegenden emotionalen und kognitiven Dynamiken bewusst sein.
Wo programmiert wird, da passieren Fehler. Um das Debugging, also die Suche sowie die Behebung von Fehlern in Quellcode, stärker explizit zu adressieren, verfolgt die vorliegende Arbeit das Ziel, entlang einer prototypischen Lernumgebung sowohl ein systematisches Vorgehen während des Debuggings zu vermitteln als auch Gestaltungsfolgerungen für ebensolche Lernumgebungen zu identifizieren. Dazu wird die folgende Forschungsfrage gestellt: Wie verhalten sich die Lernenden während des kurzzeitigen Gebrauchs einer Lernumgebung nach dem Cognitive Apprenticeship-Ansatz mit dem Ziel der expliziten Vermittlung eines systematischen Debuggingvorgehens und welche Eindrücke entstehen während der Bearbeitung?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurde orientierend an literaturbasierten Implikationen für die Vermittlung von Debugging und (medien-)didaktischen Gestaltungsaspekten eine prototypische Lernumgebung entwickelt und im Rahmen einer qualitativen Nutzerstudie mit Bachelorstudierenden informatischer Studiengänge erprobt. Hierbei wurden zum einen anwendungsbezogene Verbesserungspotenziale identifiziert. Zum anderen zeigte sich insbesondere gegenüber der Systematisierung des Debuggingprozesses innerhalb der Aufgabenbearbeitung eine positive Resonanz. Eine Untersuchung, inwieweit sich die Nutzung der Lernumgebung längerfristig auf das Verhalten von Personen und ihre Vorgehensweisen während des Debuggings auswirkt, könnte Gegenstand kommender Arbeiten sein.