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Im Rahmen einer prospektiven Längsschnittuntersuchung wurde der Berufseinstieg von ÄrztInnen (N = 185) als normatives kritisches Lebensereignis untersucht. Dazu wurden sie insgesamt drei Mal im Abstand von jeweils sechs Monaten im ersten Jahr nach ihrem Studiumsabschluss befragt (T1: in den ersten zwei Wochen nach dem Staatsexamen, T2: kurzzeitig nach dem Berufseinstieg, T3: im Schnitt 9.5 Monate nach dem Berufseinstieg). Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass unlängst examinierte Jung-ÄrztInnen, die sich vergleichsweise schlechter auf den Beruf durch das Studium vorbereitet fühlten, ihren bevorstehenden Berufseinstieg negativer bewerteten und schon vor diesem beanspruchter waren. Die Bewertung des Berufseinstiegs vermittelte dabei den Zusammenhang zwischen einer schlechten Vorbereitung und der Beanspruchung. Arbeitsspezifische Copingfunktionalität wiederum pufferte den Zusammenhang zwischen einer schlechten Vorbereitung und der Bewertung des Berufseinstiegs. Das Problem einer als schlecht empfundenen Vorbereitung verdeutlichte sich in der Längsschnittanalyse – sie sagte eine höhere Beanspruchung zum zweiten Messzeitpunkt, d.h. nach dem Berufseinstieg, vorher. In der Untersuchung der Beanspruchungsentwicklung über die drei Messzeitpunkte hinweg fanden sich nur wenige Veränderungen. Es ließ sich zwar eine deutliche Zunahme der mittleren Depressivitäts-Ausprägungen über den Berufseinstieg hinweg herausstellen (T1-T2); auf anderen Beanspruchungsindikatoren zeigte sich jedoch kein direkter Effekt des Arbeitsbeginns bzw. fand sich auch keine Adaptation der Jung-ÄrztInnen an ihre neue Situation im Sinne einer sich verringernden Beanspruchung im weiteren Verlauf (T2-T3). In der Erklärung interindividueller Unterschiede in der Beanspruchung im Untersuchungszeitraum zeigte sich, dass die sich mit dem Berufseinstieg einstellende Arbeitsbelastung zum zweiten und dritten Messzeitpunkt erwartungsgemäß positiv mit Beanspruchung assoziiert war. Die Arbeitsbelastungs-Beanspruchungs-Beziehung bestand jedoch nur im Querschnitt; in der Längsschnittanalyse fand sich kein Effekt der T2-Arbeitsbelastung auf die T3-Beanspruchung. Ausgangsunterschiede in psychischen Ressourcen wirkten einerseits direkt auf die Beanspruchung zu T2, zum Teil moderierten sie aber auch den Zusammenhang zwischen der Arbeitsbelastung und Beanspruchung: Eine höhere Resilienz und die Wahrnehmung sozialer Unterstützung sagten eine geringere Beanspruchung nach dem Berufseinstieg vorher. Jung-ÄrztInnen, die sich durch eine stärkere Arbeitsbelastung auszeichneten, aber über ein funktionaleres Bewältigungsverhalten im Arbeitskontext verfügten, waren kurzzeitig nach dem Berufseinstieg weniger beansprucht als stark arbeitsbelastete Jung-ÄrztInnen mit weniger funktionalem Coping. Verringerungen in den psychischen Ressourcen über den Berufseinstieg hinweg wirkten sich direkt, d.h. per se ungünstig auf die Beanspruchung zum dritten Messzeitpunkt aus. Zudem interagierten sie mit der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsbelastung in Vorhersage der Beanspruchung. Stärker arbeitsbelastete Jung-ÄrztInnen, deren Copingfunktionalität und Wahrnehmung sozialer Unterstützung vom ersten zum dritten Messzeitpunkt abgenommen hatte, waren am Ende des Untersuchungszeitraums am stärksten beansprucht. Hinsichtlich der Auswirkungen des Berufseinstiegs auf die Persönlichkeit der Jung-ÄrztInnen fanden sich ungünstige Veränderungen: Sowohl die Ausprägungen psychischer Ressourcen (Widerstandsfähigkeit, Wahrnehmung sozialer Unterstützung hinsichtlich der Arbeitstätigkeit) als auch die der Big Five-Faktoren nahmen im Mittel ab. Interindividuelle Unterschiede in den Veränderungen ließen sich auf die Beanspruchung kurzzeitig nach dem Berufseinstieg (T2) bzw. auf deren Entwicklung in den Folgemonaten (T2-T3) zurückführen: Jene Jung-ÄrztInnen, die vergleichsweise stark beansprucht auf den Berufseinstieg reagiert hatten bzw. deren Beanspruchung im weiteren Verlauf zunahm, zeigten entsprechend ungünstige Veränderungen. Die Ergebnisse zusammengefasst verdeutlicht sich folgende Problematik: Jung-ÄrztInnen, die weniger gut, d.h. persönlichkeitsbasiert geschützt den Berufseinstieg absolvieren, reagieren stärker beansprucht und sind dann auch diejenigen, deren Persönlichkeit sich in den ersten Arbeitsmonaten ungünstig verändert. Jung-ÄrztInnen mit geringen psychischen Ressourcen sind folglich nicht nur besonders vulnerabel für die Entwicklung von Beanspruchung angesichts belastender Arbeitsbedingungen, sondern ihre vergleichsweise hohe Beanspruchung bedingt eine weitere Verringerung des Schutz- und Pufferpotenzials ihrer Persönlichkeit. Es kommt zu einer ungünstigen Akzentuierung der ohnehin schon vergleichsweise ressourcenschwachen Persönlichkeit, welche die Vulnerabilität für zukünftige Beanspruchung erhöht. Aus den Ergebnissen lässt sich ein Unterstützungsbedarf junger ÄrztInnen in der sensiblen und wegweisenden Berufseinstiegsphase ableiten. Neben einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen stellen eine rechtzeitige Sensibilisierung junger ÄrztInnen für den Arbeitsbelastungs-Beanspruchungs-Zusammenhang, ihre regelmäßige Supervision sowie vor allem aber auch kompetenzorientiertes und ressourcenstärkendes Feedback von den Mentoren und Vorgesetzten die Grundlage dafür dar, dass die Jung-MedizinerInnen selbst gesund bleiben und sie die ärztliche Tätigkeit trotz ihres wohl stets hohen Belastungspotenzials als erfüllend und zufriedenstellend erleben.
Zur Interaktion von Verarbeitungstiefe und dem Wortvorhersagbarkeitseffekt beim Lesen von Sätzen
(2008)
Im Rahmen eines explorativen Vergleichsuntersuchungsplans wurde untersucht, inwieweit sich die durch biologische Faktoren bedingte unterschiedliche Lebenserfahrung sowie die Sozialisationsbedingungen in der psychosexuellen Entwicklung bei hetero-, homo- und postoperativen transsexuellen Männern (N = 191) auf die Integration der Geschlechterstereotypen in die kognitiven (Selbst-, Fremdwahrnehmung), emotionalen (Selbst- und Fremdbewertung) und verhaltensmäßigen Aspekte (Normen der geschlechtsspezifischen Verhaltens) der Geschlechtsidentität auswirken und ob sich Identifikationsmuster der Entwicklung des geschlechtlichen Selbstkonzepts ableiten lassen. Die Messung der kognitiven Aspekte des geschlechtlichen Selbstkonzepts (Maskulinität und Femininität) erfolgte mittels der GERO-Skala von Brengelmann und Hendrich (1990). Zur Erfassung der emotionalen Aspekte und Identifikationsmuster der Entwicklung des geschlechtlichen Selbstkonzepts wurden die Werte für die Variablen Maskulinität und Femininität zuerst mittels der computergesteuerten Methodik IDEXMONO und IDEXIDIO, die auf der Identitätsstrukturanalyse (Identity Structure Analysis) von Weinreich (2003) basiert, aufgearbeitet und weiter interferenzstatistisch ausgewertet. Weiterhin wurden der Fragebogen zur Messung normativer Geschlechtsrollenorientierung (NGRO) von Athenstaedt (2000) sowie ein ad hoc entworfener demographischer Fragebogen eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Verlauf der psychosexuellen Entwicklung einen starken Einfluss auf die Integration der Geschlechterstereotypen in die geschlechtliche Selbst- und Fremdwahrnehmung hat. Im kognitiven Bereich, bezogen auf die persönliche Identität (Grad der Selbstzuschreibung männlicher und weiblicher Merkmale), stellt die Maskulinität eine stabile und erstrebenswerte Variable zur Herausbildung des geschlechtlichen Selbstkonzepts bei allen Gruppen dar. Die Femininität trägt am meisten zur Differenzierung zwischen den Hetero-, Homo- und Transsexuellen bei. Sie wird, je nach der Entwicklungsphase, unterschiedlich in das geschlechtliche Selbstkonzept integriert. Hinsichtlich der sozialen Identität (Zugehörigkeitsgefühl) lassen sich die Gruppen bezüglich der wahrgenommenen Ähnlichkeiten sowohl mit männlichen als auch weiblichen Personen, je nach der Entwicklungsphase, unterscheiden. Die soziale Wahrnehmung von Männern und Frauen (Fremdwahrnehmung), ist bei Transsexuellen traditioneller als die der Hetero- und Homosexuellen. Bei der Selbst- und Fremdbewertung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Bei der Internalisierung der sozialen Normen des geschlechtsspezifischen Verhaltens zeigt sich, dass Heterosexuelle der Ausübung der Geschlechterrollen gegenüber egalitärer eingestellt sind als Trans- und Homosexuelle. Bei den Sozialisationsfaktoren ist hervorzuheben, dass generell weibliche Identifikationspersonen einen stärkeren Einfluss auf die Herausbildung des geschlechtlichen Selbstkonzeptes hatten als männliche Identifikationspersonen. Es scheint jedoch, dass Homosexuelle bei der Entwicklung ihres geschlechtlichen Selbstkonzepts stärker unter dem Einfluss der Frauen stehen als die anderen zwei erforschten Gruppen. Zur Beantwortung der Frage, welche selbstkonzeptbezogenen Variablen und Entwicklungsfaktoren die größte statistische Bedeutung für die Trennung und Prädiktion der einzelnen untersuchten Gruppen haben, wurde eine Diskriminanzanalyse berechnet. Die größte diskriminatorische Bedeutung besitzen die Variablen „Stereotypische Wahrnehmung der männlichen Personen“ und „Ego-Involvement mit weiblichen Personen“ für die Diskriminanzfunktion 1 (Trennung der Transsexuellen von Hetero- und Homosexuellen) und die Variablen „Empathische Identifikation mit männlichen Personen in der Vergangenheit“ und „Zuwachs an empathischer Identifikation mit weiblichen Personen“ für die Diskriminanzfunktion 2 (Trennung der Hetero- von Homosexuellen).
Das Geschlechtsrollenselbstkonzept, das sich im Laufe der Sozialisation in Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Vorstellungen der umgebenden Kultur entwickelt, steht in Beziehung zu Affekten, Kognitionen und Verhaltensweisen in einer Vielzahl von Bereichen. Bisherige GSK-Instrumente messen jedoch nahezu ausschließlich den positiven Aspekt von Maskulinität und Femininität. Die Definition des allgemeinen Selbstkonzepts gibt diese Limitierung auf positive Valenz nicht vor, und aus gesundheitspsychologischer Sicht sowie der Gruppenforschung ist die Bedeutung negativer Eigenschaften zur Selbstbeschreibung bekannt. Vor diesem Hintergrund wurden sieben aufeinander aufbauende Studien durchgeführt mit dem Ziel ein neues Instrument zu entwickeln, deren Items zum einen kulturell aktuellen Eigenschaften zur Selbstbeschreibung entsprechen und zum anderen die Valenzunterschiede dieser Merkmalsbeschreibungen berücksichtigen. Nach einer kritischen empirischen Überprüfung des deutschen BSRI, um Schwächen der Items ausschließlich positiver Valenz aufzudecken, wurde eine neue Skala entwickelt, die von Beginn an auch negative Selbstbeschreibungen berücksichtigte um der Komplexität des geschlechtlichen Selbst gerecht zu werden. Aufgrund der Einschätzungen zur Typizität und sozialen Erwünschtheit sowie mit ersten Resultaten aus der Selbstbeschreibung wurde die Auswahl der Items für die Teilskalen vorgenommen. In zwei weiteren Studien wurden schließlich die vier neu entwickelten Teilskalen des neuen GSK-Inventars einer Validierung unterzogen. Jeder der Teilskalen wurden theoriegeleitet spezifische Konstrukte zugeordnet und es konnte nachgewiesen werden, dass alle Teilskalen ihren eigenen Beitrag zur Vorhersage psychologischer Konzepte leisten können. So standen beispielsweise die negativen maskulinen Eigenschaften in engerer Beziehung zu Aggressivität und machtbezogenen Werten als die positiven Aspekte der Maskulinität. Als Ergebnis dieser Entwicklung stehen am Ende vier kurze, unabhängige, reliable Teilskalen, die positive als auch negative Aspekte von Maskulinität und Femininität abbilden und mittels sehr unterschiedlicher psychologischer Erlebens- und Verhaltenskonstrukte validiert wurden, die die Unabhängigkeit der Skalen belegen und diese für einen Einsatz in der Forschung empfehlen. Die Einführung einer individuellen Wertkomponente im Zuge der Selbstbeschreibung, angelehnt an das bekannte Erwartungs-mal-Wert Modell der Motivations- und Einstellungsforschung, und die daraus mögliche multiplikative Verknüpfung von Selbsteinschätzung und persönlicher Wichtigkeit der Eigenschaften konnten den Aufklärungswert in Bezug auf unterschiedliche Validierungskonstrukte dagegen nicht verbessern und wurden daher nicht ins das Instrument integriert.
Zur Renaissance des idiographischen Ansatzes in der Persönlichkeitsforschung : eine Zwischenbilanz
(1991)
Ausgehend von einer Kritik der vorherrschenden attributionstheoretischen Forschungspraxis werden drei methodologische Probleme der Erfassung von Kausalattributionen als laienpsychologische Erklärungskonzepte diskutiert: — Die Angemessenheit experimenteller Methoden zur Aktualisierung der motivationalen Voraussetzungen von Attributionsprozessen — Die Untersuchung der personalen und situativen Auslösebedingungen von Kausalinterpretationen — Die Erfassung und Systematisierung der Inhaltskategorien, die zur Kausalerklärung sozialer Ereignisse herangezogen werden. Auf der Basis weniger bisher vorliegender Untersuchungen werden theoretische und empirische Lösungsansätze zusammengetragen, die zu einer methodologischen Neuorientierung der Attributionsforschung im Sinne einer stärkeren Annäherung an die alltagspsychologische Erfahrungswelt führen können.
Inhalt: 1. Zur Konzeptualisierung des bias in der Attributionstheorie 2. Self-serving bias-Hypothese und informationstheoretische Alternativerklärung:Theoretische Kontroverse und empirische Befunde - Selbstwertbezogene Attributionen eigener Handlungsergebnisse - Kausalattributionen von Erfolg und Mißerfolg bei Wettbewerb und Kooperation - Kausalattributionen für Erfolg und Mißerfolg aus der Beobachterperspektive - Kontradefensive Attributionen und Selbstdarstellungsbedürfnisse - Zum Stand der Kognitions-Motivations-Debatte im Lichte der neueren Ergebnisse 3. Ansätze zum Abbau des gegenwärtigen Theoriedefizits der self-serving bias-Forschung
Defensiv-externe Kontrollüberzeugungen bei der Attribution von Leistungs- und Sozialverhalten
(1980)
The traditional dichotomy of internal vs. external locus of control is substituted by the more recent distinction between internals, congruent externals, and defensive externals. While internals and congruent externals are predicted to make causal attributions of other persons' performance in accordance with their locus of control irrespective of the nature of the outcome (success vs. failure in achievement situations, positive vs. negative experience in social contacts), defensive externals are expected to vary their causal attributions as a function of outcome. Personal relevance attached to achievement and social contact is included as an additional variable. The presumed correspondence between locus of control and causal attribution - as derived from the conceptualization of locus of control as a personality variable - is not confirmed by our data. The differences expected between the three groups are demonstrated only for achievement-related items. Personal relevance does not significantly modify the relationship between locus of control and causal attribution.
The 'fact or fiction1 controversy about self-serving attributional biases is discussed under two aspects: a) The lack of a clear conceptual definition of "bias" referring to cognitive models of causal attribution which specify unbiased, rational modes of causal inference; b) The empirical evidence with regard to the decision whether attributional distortions are due to self-protective and self-enhancing motives rather than errors and biases in information processing. It is concluded that progress in self-serving bias research is conditional upon a theoretical clarification and operational definition of self-serving biases explicitly derived from a rational standard of causal inference and based on a motivational analysis of the functions of causal attributions.