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Editorial
(2016)
The dispute between social versus religious interpretations of anti-Semitism pervaded the whole history of scholarly research. Whereas socio-historical interpretations had underlined the social aspects, current studies on anti-Semitism focus on religious motifs. The thesis that anti-Semitism was a result of a religious conflict, however, is far more alleged than substantially proved by the sources. So it seems necessary to go back to the sources. Therefore this paper analyzes the language of the Venetian Catholic newspaper Il Veneto Cattolico/La Difesa from the foundation of the newspaper in 1867 up to the First World War. Just a few years before the term anti-Semitism was coined, Catholic journalists of Venice had created the new semantic of secular anti-Semitism. They turned back to religious issues when they tried to systematize their anti-Jewish sentiments. Thus one can observe in the coverage of the Venetian Catholic journals the invention of an anti-Semitic tradition.
This essay aims at discussing the new literature on Franco-German relations during the period 1918-1930. It highlights how many works now question the idea that the Treaty of Versailles and the European order that ensued inevitably wore within themselves the seeds of a new war. On the contrary, by examining in particular the detente efforts of the Twenties, the most recent historiography often emphasizes how the inevitability of the authoritarian turn of Twenties and Thirties, which led to the Second World War, has often been exaggerated by historians and that different paths could have been undertaken.
Von Marx zum Maulwurf
(2016)
Ladenkollektive, Raubdrucke und politische Agitation: Ein spannendes Stück Kulturgeschichte der alten Bundesrepublik.
Aus den Aufbrüchen der 1968er Jahre heraus entstanden bundesweit unzählige linke Verlage und Buchläden. Mit Klassikern des Marxismus und Schlüsseltexten der Studentenbewegung prägten sie in den 1970er Jahren wesentlich die politische Kultur der alten Bundesrepublik.
Uwe Sonnenberg untersucht Entstehung, Charakter und Wandel dieses Buchhandels. Dabei nimmt der Autor mit dem Verband des linken Buchhandels (VLB) einen wenig bekannten, bislang einzigartigen Zusammenschluss in den Fokus. Gegründet 1970 vereinigte er parteiunabhängige, kollektiv betriebene Verlage, Druckereien, Vertriebe und Auslieferungen. Er besetzte Begriff und Praxis dieses Bewegungsbuchhandels und bildete ein eigenes politisch-literarisches Feld und einen eigenständigen ökonomischen Sektor. Bundesweit waren zwischen 150 und 200 Projekte im VLB engagiert.
Sonnenberg zeigt, wie die von den linken Buchhandelsunternehmen produzierte und vertriebene Literatur Weltbilder und Denkweisen ihrer Produzenten und Rezipienten prägte. Damit gelingt es dem Autor, Buchhandels- und Zeitgeschichtsforschung auf innovative Weise miteinander in Verbindung zu bringen.
In Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik untersucht Marc Banditt die Eigenheiten aufklärerischer Tendenzen der Stadt Danzig. Deren Nukleus bildete die zur Jahreswende 1742/43 gegründete Naturforschende Gesellschaft, einer der am längsten existierenden privaten Zusammenschlüsse auf diesem Gebiet. Der strukturelle Wandel dieser Sozietät in den ersten knapp 80 Jahren ihres Bestehens wird dabei als die Summe einer Vielzahl von ineinandergreifenden Entwicklungssträngen verstanden, die die voranschreitende gesellschaftliche Durchdringung der Aufklärungsideen und -inhalte im Laufe des 18. Jahrhunderts kennzeichneten. Trotz der Kräfteverschiebungen in Nordosteuropa, die in Gestalt der Teilungen Polen-Litauens der autonomen Stellung der Hansestadt im Jahr 1793 ein Ende bereiteten, offenbart sich, dass die Geschichte des Danziger Naturforscherzirkels mehr Kontinuitäten als Brüche aufweist. Sowohl auf lokaler als auch auf transregionaler Ebene generierte sich die Vereinigung als eine elementare Schnittstelle zwischenmenschlicher Beziehungen, die von familiären Verflechtungen, weitreichenden Gelehrtennetzwerken und patronalen Abhängigkeitsverhältnissen geprägt waren. Auf diese Weise verkörperte die Naturforschende Gesellschaft zum einen den Aufklärungsprozess innerhalb der Stadt Danzig und zum anderen deren Stellenwert als ein wissenschaftlicher Standort im damaligen Europa.
Boom in der Krise
(2016)
Über das Verhältnis von Konsum und Individualität.
Konsum, Tourismus, Autofahren - sind die 1970er Jahre mit diesen Schlagworten adäquat beschrieben, oder handelt es sich nicht vielmehr um ein Jahrzehnt der Krisen? Einerseits war der Alltag der westdeutschen und britischen Bevölkerung durch eine kontinuierliche Ausweitung der Konsummöglichkeiten geprägt. Andererseits kommen die Folgen des Ölschocks im Bild der leeren Autobahnen zum Ausdruck. Sina Fabian greift beide Erzählweisen auf und diskutiert die 1970er Jahre im Spannungsverhältnis von Krise und Boom. Sie untersucht den Einfluss von Ölpreis- und Wirtschaftskrisen auf den Tourismus und die PKW-Nutzung als zwei teuren Konsumgütern, die in beiden Ländern gerade während des Untersuchungszeitraums an Bedeutung gewannen. Ebenso fragt sie, inwieweit sich der steigende Konsum tatsächlich als Ausdruck fortschreitender Individualisierung begreifen lässt? Stellen Pauschalreisen und Fließbandprodukte die Individualisierungsthese nicht weit eher in Frage? Anhand unterschiedlicher Quellen, die von statistischen Erhebungen bis hin zu Tagebüchern und Reiseberichten aus der Bevölkerung reichen, relativiert die Autorin herkömmliche Lesarten der inzwischen vielfach historisierten 1970er Jahre.