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Kraft und Kognition
(2023)
Die in den letzten Jahren aus Querschnittstudien gewonnenen empirischen Erkenntnisse deuten auf einen Zusammenhang zwischen muskulärer Kraftleistungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit hin [10]. Diese Beobachtung wird von Längsschnittstudien gestützt, bei denen in Folge gezielter Krafttrainingsinterventionen, welche typischerweise zur Steigerung der muskulären Kraftleistungsfähigkeit führen, Verbesserungen der kognitiven Leistungsfähigkeit dokumentiert werden konnten [11]. Die zugrundeliegenden Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen muskulärer Kraftleistungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit begründen, sind jedoch noch nicht vollständig bekannt und bedürfen weiterer Forschung [10,12]. Vor diesem Hintergrund hatten die im Rahmen dieser Dissertation durchgeführten Forschungsarbeiten das übergeordnete Ziel, die Mechanismen zu untersuchen, welche den Zusammenhang zwischen der muskulären Kraftleistungsfähigkeit und der kognitiven Leistungsfähigkeit erklären können. In dieser Arbeit wurden dazu unterschiedliche Populationen (junge Menschen und ältere Menschen ohne und mit leichten kognitiven Störungen) unter Anwendung verschiedener untersuchungsmethodischer Ansätze (systematische Literaturrecherche, Doppelaufgabenparadigma und funktionelle Nahinfrarotspektroskopie) untersucht. Aufgrund der im Rahmen dieser Dissertation durchgeführten Forschungsarbeiten, die konsekutiv aufeinander aufbauen, konnten folgende Haupterkenntnisse gewonnen werden:
• Um einen umfassenden Überblick über die aktuelle Evidenzlage zum Thema Kraftleistungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit sowie den zugrundeliegenden neuronalen Korrelaten zu erlangen, wurde eine systematische Literaturrecherche zu diesem Forschungsthema durchgeführt. Die Ergebnisse dieser systematischen Literaturrecherche dokumentieren, dass ein gezieltes Krafttraining neben der Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit zu funktionellen und strukturellen Veränderungen des Gehirns, insbesondere in frontalen Gehirnregionen, führen kann [13]. Ferner zeigen die Ergebnisse dieser systematischen Literaturrecherche, bei der eine begrenzte Anzahl verfügbarer Studien (n = 18) identifiziert wurde, den Bedarf weiterer Forschungsarbeiten zu diesem Themenfeld an [13].
• Zur Überprüfung der Hypothese, dass zur Ausführung von Krafttrainingsübungen höhere kognitive Prozesse benötigt werden, wurde in einer experimentellen Studie bei jüngeren gesunden Erwachsenen das Doppelaufgabenparadigma bei der Krafttrainingsübung Knie-beuge angewendet. Die in dieser Studie beobachteten Doppelaufgabenkosten bei der Ausführung der Krafttrainingsübung Kniebeuge (im Vergleich zur Kontrollbedingung Stehen) deuten auf die Beteiligung höherer kognitiver Prozesse zur Lösung dieser Bewegungsaufgabe hin und bestätigen die aufgestellte Hypothese [14].
• Um die Hypothese zu untersuchen, dass spezifische neuronale Korrelate (funktionelle Gehirnaktivität) den Zusammenhang zwischen muskulärer Kraftleistungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit vermitteln, wurde bei jungen gesunden Erwachsenen der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der maximalen Handgriffkraft (normalisiert auf den Body-Mass-Index) und der kortikalen hämodynamischen Antwortreaktion untersucht, die bei der Durchführung eines standardisierten kognitiven Tests mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie in präfrontalen Gehirnarealen gemessen wurde. Im Rahmen dieser Querschnittsstudie konnte die initiale Hypothese nicht vollständig bestätigt werden, da zwar Zusammenhänge zwischen maximaler Handgriffkraft und kognitiver Leistungsfähigkeit mit Parametern der hämodynamischen Antwortreaktion beobachtet wurden, aber die Ausprägung der maximalen Handgriffkraft nicht im Zusammenhang mit der Kurzeitgedächtnisleistung stand [16].
• Zur Untersuchung der Annahme, dass eine vorliegende neurologische Erkrankung (im Speziellen eine leichte kognitive Störung), die typischerweise mit Veränderungen von spezifischen neuronalen Korrelaten (z.B. des Hippokampus‘ [17-19] und des präfrontalen Kortex‘ [20,21]) einhergeht, einen Einfluss auf die Assoziation zwischen muskulärer Kraftleistungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit hat, wurde in einer Querschnittsstudie der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der maximalen Handgriffkraft (normalisiert auf den Body-Mass-Index) und der Ausprägung der exekutiven Funktionen bei älteren Erwachsenen mit amnestischem und nicht-amnestischem Subtyp der leichten kognitiven Störung sowie gesunden älteren Erwachsenen untersucht. In dieser Querschnittsstudie wurde nur bei älteren Erwachsenen mit dem amnestischen Subtyp der leichten kognitiven Störung ein Zusammenhang zwischen maximaler Handgriffkraft und exekutiven Funktionen beobachtet. Solch eine Korrelation existiert jedoch nicht bei älteren Erwachsenen mit dem non-amnestischen Subtyp der leichten kognitiven Störung oder bei gesunden älteren Erwachsenen [24].
• In einem Perspektivenartikel wurde aufgezeigt, wie durch die theoriegeleitete Nutzung physiologischer Effekte, die bei einer speziellen Krafttrainingsmethode durch die Moderation des peripheren Blutflusses mittels Manschetten oder Bändern auftreten, insbesondere Populationen mit niedriger mechanischer Belastbarkeit von den positiven Effekten des Krafttrainings auf die Gehirngesundheit profitieren könnten [25].
Insgesamt deuten die Ergebnisse der in dieser Dissertation zusammengeführten und aufeinander aufbauenden Forschungsarbeiten auf das Vorhandensein von gemeinsamen neuronalen Korrelaten (z.B. frontaler Kortex) hin, die sowohl für die muskuläre Kraftleistungsfähigkeit als auch für höhere kognitive Prozesse eine wichtige Rolle spielen [26]. Betrachtet man die in der vorliegenden Dissertation gewonnenen Erkenntnisse im Verbund mit den bereits in der Literatur existieren-den empirischen Belegen, unterstützen sie die Sichtweise, dass eine relativ hohe muskuläre Kraftleistungsfähigkeit und deren Erhalt durch gezielte Krafttrainingsinterventionen über die Lebenspanne positive Effekte auf die (Gehirn-)Gesundheit haben können [27].
Die nichtproteinogene Aminosäure GABA (γ-Aminobuttersäure) gilt als der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im Zentralnervensystem von Vertebraten sowie Invertebraten und vermittelt ihre Wirkung u. a. über die metabotropen GABAB-Rezeptoren. Bisher sind diese Rezeptoren bei Insekten nur rudimentär untersucht. Für die Amerikanische Großschabe als etablierter Modellorganismus konnte pharmakologisch eine modulatorische Rolle der GABAB-Rezeptoren bei der Bildung von Primärspeichel nachgewiesen werden. Ziel dieser Arbeit war eine umfassende Charakterisierung der GABAB-Rezeptor-Subtypen 1 und 2 von Periplaneta americana. Unter Verwendung verschiedenster Klonierungsstrategien sowie der Kooperationsmöglichkeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. T. Miura (Hokkaido, Japan) in Hinsicht auf eine dort etablierte P. americana EST-Datenbank gelang die Klonierung von zwei Rezeptor-cDNAs. Die Analyse der abgeleiteten Aminosäuresequenzen auf GB-spezifische Domänen und konservierte Aminosäure-Reste, sowie der Vergleich zu bekannten GB Sequenzen anderer Arten legen nahe, dass es sich bei den isolierten Sequenzen um die GABAB-Rezeptor-Subtypen 1 und 2 (PeaGB1 und PeaGB2) handelt. Für die funktionelle und pharmakologische Charakterisierung des Heteromers aus PeaGB1 und PeaGB2 wurden Expressionskonstrukte für die Transfektion in HEK-flpTM-Zellen hergestellt. Das Heteromer aus PeaGB1 und PeaGB2 hemmt bei steigenden GABA-Konzentrationen die cAMP-Produktion. Die Substanzen SKF97541 und 3-APPA konnten als Agonisten identifiziert werden. CGP55845 und CGP54626 wirken als vollwertige Antagonisten. Das in vitro ermittelte pharmakologische Profil im Vergleich zur Pharmakologie an der isolierten Drüse bestätigt, dass die GABA-Wirkung in der Speicheldrüse tatsächlich von GBs vermittelt wird. Für die immunhistochemische Charakterisierung konnte ein spezifischer polyklonaler Antikörper gegen die extrazelluläre Schleife 2 des PeaGB1 generiert werden. Ein weiterer Antikörper, welcher gegen den PeaGB2 gerichtet ist, erwies sich hingegen nicht als ausreichend spezifisch. Western-Blot-Analysen bestätigen das Vorkommen beider Subtypen im Zentralnervensystem von P. americana. Zudem wird der PeaGB1 in der Speicheldrüse und in den Geschlechtsdrüsen der Schabenmännchen exprimiert. Immunhistochemische Analysen zeigen eine PeaGB1-ähnliche Markierung in den GABAergen Fasern der Speicheldrüse auf. Demnach fungiert der PeaGB1 hier als Autorezeptor. Weiterhin konnte eine PeaGB1-ähnliche Markierung in nahezu allen Gehirnneuropilen festgestellt werden. Auch die akzessorischen Drüsen der Männchen, Pilzdrüse und Phallusdrüse, sind PeaGB1-immunreaktiv.