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Übernimmt eine Protestpartei Regierungsverantwortung, sieht sie ihre Prinzipien und Forderungen der realpolitischen Nagelprobe ausgesetzt. Es ist ein Dilemma von Anspruch und Wirklichkeit, ein Spagat zwischen Protestimage und Regierungspolitik , der diese Parteien oftmals zu zerreißen droht. Anhand der Fallstudien von vier mitregierenden Protestparteien in Deutschland sollen folgende Fragen beantwortet werden: Was macht eine Partei zur Protestpartei? Was waren die Ursachen für die Wahlerfolge der Grünen, der AL, der STATT-Partei und der Schill-Partei? Wie verliefen die Koalitionsverhandlungen? Welche Forderungen konnten die Protestparteien gegenüber ihren großen Koalitionspartnern durchsetzen? Wo mussten sie Abstriche machen? Welche Reformvorhaben wurden angedacht und welche wurden tatsächlich umgesetzt? Welche innerparteilichen Konflikte ergaben sich aus der neuen Rolle der Protestparteien? Letztendlich zeigt sich: Protestparteien scheitern nicht an ihrem schmalspurigen Programm, geringer Stammwählerschaft oder unerfahrenem Personal, sondern weil sie naturgemäß in die „Erwartungsfalle“ tappen.
Hochschulen stehen zunehmend vor einem Legitimationsproblem bezüglich ihres Umgangs mit (öffentlich bereit gestellten) Ressourcen. Die Kritik bezieht sich hauptsächlich auf den Leistungsbereich der Lehre. Diese sei ineffektiv organisiert und trage durch schlechte Studienbedingungen – die ihrerseits von den Hochschulen selbst zu verantworten seien – zu langen Studienzeiten und hohen Abbruchquoten bei. Es wird konstatiert, dass mit der Lebenszeit der Studierenden verantwortungslos umgegangen und der gesellschaftliche Ausbildungsauftrag sowohl von der Hochschule im Ganzen, als auch von einzelnen Lehrenden nicht angemessen wahrgenommen werde. Um die gleichzeitig steigende Nachfrage nach akademischen Bildungsangeboten befriedigen zu können, vollziehen Hochschulen einen Wandel zu Dienstleistungsunternehmen, deren Leistungsfähigkeit sich an der Effizienz ihrer Angebote bemisst. Ein solches Leitbild ist von den Steuerungsgrundsätzen des New Public Management inspiriert. In diesem zieht sich der Staat aus der traditionell engen Verbindung zu den Hochschulen zurück und gewährt diesen lokale Autonomie, bspw. durch die Einführung globaler Haushalte zu ihrer finanziellen Selbststeuerung. Die Hochschulen werden zu Marktakteuren, die sich in der Konkurrenz um Kunden gegen ihre Wettbewerber durchsetzen, indem sie Qualität und Exzellenz unter Beweis stellen. Für die Durchführung von diesbezüglichen Leistungsvergleichen werden unterschiedliche Verfahren der Evaluation eingesetzt. In diese sind landläufig sowohl Daten der Hochschulstatistik, bspw. in Form von Absolventenquoten, als auch zunehmend Befragungsdaten, meist von Studierenden, zur Erhebung ihrer Qualitätseinschätzungen zu Lehre und Studium involviert. Insbesondere letzteren wird vielfach entgegen gehalten, dass sie nicht geeignet seien, die Qualität der Lehre adäquat abzubilden. Vielmehr seien sie durch subjektive Verzerrungen in ihrer Aussagefähigkeit eingeschränkt. Eine Beurteilung, die auf studentischen Befragungsdaten aufsetzt, müsse entsprechend zu Fehleinschätzungen und daraus folgend ungerechten Leistungssanktionen kommen. Im Sinne der Akzeptanz von Verfahren der Evaluation als Instrument hochschulinterner Qualitätssicherungs- und –entwicklungsprozesse ist daher zu untersuchen, inwieweit Beeinträchtigungen der Validität von für die Hochschulsteuerung eingesetzten Datenbasen deren Aussagekraft vermindern. Ausgehend von den entsprechenden Ergebnissen sind Entwicklungen der Verfahren möglich. Diese Frage steht im Zentrum der vorliegenden Arbeit.
Die Dissertation befasst sich mit den Reformprozessen, die sich vom Zeitpunkt des System-umbruchs 1989/90 bis zum EU-Beitritt 2004 in den Ministerialverwaltungen Estlands und Polens vollzogen haben. Die Veränderungen, die während dieser Zeit stattfanden, standen im Spannungsfeld zweier Prozesse: des von innenpolitischen Erfordernissen geprägten Transformationsprozesses und des Europäisierungsprozesses, in dem die EU als einflussreicher externer Akteur hinzutrat. Konzeptionell greift die Untersuchung auf die Diskussionen aus der institutionellen Transformationsforschung und die Debatten um die Europäisierung von Regierungs- und Verwaltungssystemen zurück. Die Arbeit konzentriert sich auf die Veränderungen auf der zentralstaatlichen Ebene und betrachtet diese Veränderungen in ihrer horizontalen und sektoralen Dimension. Die horizontale Dimension umfasst Rahmenbedingungen des Verwaltungssystems insgesamt, dies sind zentrale Strukturen des Regierungsapparates, die regierungsinternen Koordinationsmechanismen und die Etablierung des öffentlichen Dienstes. In der sektoralen Dimension wird die Verwaltung im Politikfeld Landwirtschaft betrachtet. In beiden Ländern gab es einen gemeinsamen Ausgangspunkt der Entwicklungen, das sozialistische Verwaltungssystem, und einen ähnlichen Zielpunkt der Verwaltungsreformen in den 1990er Jahren: eine wie auch immer definierte „moderne Verwaltung“. Auch die Rahmenbedingungen des EU-Integrationsprozesses in Mittelosteuropa lassen eher Konvergenzen erwarten. Doch spielen nationale politische Konstellationen eine entscheidende Rolle für die Entwicklungen, so dass man bilanzierend sagen kann: Estland und Polen haben mit Beginn der Transformation unterschiedliche nationale Entwicklungspfade eingeschlagen und ihre Verwaltungssysteme unterscheiden sich mittlerweile stärker voneinander als zur Zeit des Sozialismus.
Gegenstand der Untersuchung ist die Umsetzung der europäischen, gleichstellungspolitischen Strategie Gender Mainstreaming (GM) in der Ministerialverwaltung des neuen EU-Mitgliedslands Estland. GM hat die Umsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen zum Ziel und wird als eine Querschnittsaufgabe mit Instrumenten der Verwaltungsmodernisierung (Folgenabschätzung, Wissensmanagement, u.a.) umgesetzt. Wie diese Strategie in der Ministerialverwaltung als ausführendes Organ der Regierung aufgenommen, übersetzt und umgesetzt wird in einem Land, das viele Jahrzehnte dem kommunistischen Gleichheitspostulat unterworfen war und als Staatsneugründung seine nationale Verwaltung erst aufbauen musste, wird in der Arbeit beschrieben und analysiert. Die Dissertation ist in vier Teile gegliedert: in Teil I wird in den Untersuchungsgegenstand und die Methode der Arbeit eingeführt. Teil II beschreibt die gesellschaftlich-politischen und administrativen Rahmenbedingungen im Fallbeispiel Estland. Teil III widmet sich dem Untersuchungsgegenstand „Umsetzung von GM in der estnischen Ministerialverwaltung“. Der IV. Teil beschließt die Arbeit mit der Analyse der Zusammenhänge zwischen den Rahmenbedingungen und der Umsetzung. Teil I beginnt mit der Darstellung des Forschungskonzepts, das sich aus Elementen der Verwaltungswissenschaft und der Forschung zu staatlichen Strukturen für Gleichstellungspolitik, einem Zweig der politikwissenschaftlichen Geschlechterforschung, zusammensetzt. Damit wird für die Untersuchung von GM erstmals systematisch die Verwaltungswissenschaft herangezogen. Die Arbeit wird methodisch und theoretisch als explorativ-explanative Single Case Studie verortet, die sich an neo-institutionalistischen Ansätzen orientiert. Teil II der Arbeit führt in das Fallbeispiel Estland ein: Es werden drei identifizierte Interpretationsmuster dargestellt anhand derer in Estland die Vergangenheit als besetzte Nation und die Gegenwart als demokratischer Staat (re )konstruiert werden und die das estnische, kollektive Selbstverständnis prägen. Anschließend werden die gesellschaftlichen und administrativen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren beschrieben, die für die Umsetzung von Querschnittsreformen in der öffentlichen Verwaltung und für die Umsetzung von Gleichstellungspolitik von Bedeutung sind. Die Forschungsergebnisse in Teil II zeigen über die empirischen Befunde hinaus, dass Estland nicht immer eindeutig in klassische politikwissenschaftliche Kategorien einzuordnen ist. Sowohl die Transitionssituation des Landes als auch die an westlichen Demokratien ausgerichteten Untersuchungskriterien sind für diesen Befund ursächlich. Teil III der Arbeit widmet sich dem Untersuchungsgegenstand GM. Nach grundlegenden Informationen zu dieser Verwaltungsmodernisierungsstrategie folgt die Darstellung der Umsetzung in der estnischen Ministerialverwaltung. In Teil IV der Dissertation werden die in Teil II beschriebenen Variablen auf die Umsetzung von GM (Teil III) bezogen. Die Analyse erfolgt anhand von Kriterien, die sich aus der Auswertung internationaler GM-Implementierungserfahrungen ergeben. Die Untersuchung zeigt, dass das post-kommunistisch geprägte, gesellschaftliche Klima besondere Legitimitätsprobleme für eine an Gleichheit orientierte staatliche Politik schafft. Dies kann die schwache zivilgesellschaftliche gleichstellungspolitische Lobby nur sehr begrenzt beeinflussen. Die strukturellen Bedingungen der estnischen Ministerialverwaltung mit ihrer geringen Koordinationsfähigkeit und politischen Steuerbarkeit machen eine effektive Umsetzung von Querschnittsreformen allgemein schwierig. Als produktiv für die Umsetzung hat sich der hohe Grad der fachlichen Professionalität und Politikversiertheit der kleinen, gleichstellungspolitischen Elite in der Ministerialverwaltung herauskristallisiert. Über Kooperationen mit internationalen Akteuren und estnischen zivilgesellschaftlichen Kräften sowie einzelnen interessierten Personen in der Verwaltung treibt sie die Umsetzung von GM voran. Sie nutzte die EU-Beitrittsverhandlungen um politischen Handlungsdruck für die Verwaltungsmodernisierung durch GM aufzubauen. Nachdem dieser seit dem Beitritt nicht aufrecht erhalten werden kann, zeichnet sich eine neue Umsetzungsstrategie ab. Es wird zukünftig nicht mehr vor allem an den normativen und kognitiven Strukturen in der Verwaltung, also den Einstellungen und Fachkompetenzen des Verwaltungspersonals zu gleichstellungsorientierter Arbeit, angesetzt. Vielmehr sollen neue, gleichstellungsrelevante Wissensbestände durch Expertinnen und Experten und exponierte Persönlichkeiten in die Gesellschaft und die Verwaltung transportiert und damit grundlegende gesellschaftlich-normative Voraussetzungen für die Rezeptivität von GM verbessert werden.
Unter dem Eindruck einer zunehmenden Einengung finanzieller Spielräume entwickelt die öffentliche Hand Strategien zur Haushaltskonsolidierung, die über den Einsatz des Neuen Steuerungsmodells hinausgehen. Eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Verwaltungsoptimierung nehmen aufgaben- und organisationskritische Ansätze ein. Letztgenannte umfassen Überlegungen, wie durch eine Ablösung hergebrachter behördlicher Strukturen nachhaltige Entlastungseffekte ausgelöst werden können. Das Organisationsrecht kennt hierfür auf allen Verwaltungsebenen grundsätzlich zahlreiche Ausgestaltungen von der Beleihung Privater Dritter über Beteiligungsgesellschaften, Anstalten oder Stiftungen bis hin zu Regiebetrieben. Die verbleibenden Möglichkeiten einer Einflussnahme durch Politik und Verwaltung gestalten sich. Im Interesse einer hinreichenden Steuerung durch politische und administrative Leitungsinstanzen erfahren Landesbetriebe nach § 26 der Landeshaushaltsordnungen in den letzten Jahren in vielen Landesverwaltungen eine Renaissance. Obgleich die betreffende Ermächtigung seit 1969 im Haushaltsrecht verankert ist und bereits Gegenstand der Reichshaushaltsordnung war, liegen kaum systematisierte Erkenntnisse über den Einsatz dieser Organisationsform vor. In den Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften finden sich praktisch keine über den Wortlaut des Gesetzes und hierzu kaum ergangene Verwaltungsvorschriften hinausgehenden Hilfestellungen. Die Arbeit widmet sich dem Modell „Landesbetrieb nach § 26 LHO“, indem sie damit verbundene Entwicklungspotenziale für ein betriebswirtschaftliches Handeln und Rahmenbedingungen seines Einsatzes beleuchtet. Sie stellt den Landesbetrieb dabei in ein Verhältnis zu Behörden, welche unter Anwendung von Elementen des Neuen Steuerungsmodells geführt werden und privatrechtlich ausgestalteten Unternehmen. Zu diesem Zweck erfolgt eine vertiefte empirische Untersuchung der Landesbetriebe im amtlichen Geoinformationswesen, welche eine breite Aufgabenpalette aufweisen. Die in diesem Rahmen vollzogene Primäranalyse wird im Interesse einer Verbreiterung der Aussagekraft der Ergebnisse ergänzt um ausgewählte Sekundäranalysen zur praktischen Ausgestaltung weiterer Landesbetriebe insbesondere in den Bereichen Bau- und Liegenschaftsmanagement, Mess- und Eichwesen und der Datenverarbeitung. Ergänzend zu den deskriptiven Darstellungen der empirischen Betrachtung werden normative Betrachtungen für die einzelnen betriebswirtschaftlichen Funktionalbereiche vorgenommen soweit hier spezifische Problemstellungen in der Praxis der Landesbetriebe bekannt geworden sind. Im Ergebnis kommt die Arbeit zu der Erkenntnis, dass Landesbetriebe ein Entwicklungspotenzial über das Neue Steuerungsmodell hinaus bergen, dieses aber weniger als erwartet im Bereich der Finanzwirtschaft und damit in der tatsächlichen Haushaltskonsolidierung liegt, als vielmehr in der strukturellen Optimierung der Verhältnisse zwischen, Betriebsleitung, Kunden sowie administrativer und politischer Spitze und der Gestaltungsräume der einzelnen Akteure.
Muster globaler anthropogener CO₂-Emissionen : sozio-ökonomische Determinanten und ihre Wirkung
(2004)
Die wesentlichen sozio-ökonomischen Prozesse, die die vermehrten anthropogenen CO₂-Emissionen verursachen, können durch die Determinanten Bevölkerung, Wohlstand (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf) und Technologie (Energie- und Kohlenstoffintensität) vereinfacht beschrieben werden. Der Einfluss dieser Determinanten auf die Emissionsänderungen ist nicht für alle Länder der Erde gleich. Zeitreihen der CO₂-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger, der Bevölkerung, des Bruttoinlandsproduktes und des Primärenergieverbrauches von 121 Ländern bilden die Grundlage für das entwickelte statistische Verfahren zur schrittweisen Informationsverdichtung, mit dem der gesamte Datenraum zu 6 energiewirtschaftlichen Ländertypen schrittweise zusammengefasst wird. Zur Beschreibung dieser Ländertypen wird mit Hilfe der Dekompositionsanalyse der Einfluss der Bevölkerungs-, der Wohlstands- und der Technologiekomponenten an den Emissionsänderungen quantifiziert. Die Ländertypen können vereinfacht als Repräsentanten unterschiedlicher Entwicklungsstufen und -richtungen angesehen werden. Sie bilden unter anderem eine Grundlage für die Weiterentwicklung und Kalibrierung regionalisierter makro-ökonomischer Modelle zu den sozio-ökonomischen Hintergründen der vermehrten anthropogenen CO₂-Emissionen.