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Folgt tatsächlich aus einem liberalen Wertekanon eine generative Selbstbestimmung, eine weitgehende elterliche Handlungsfreiheit bei eugenischen Maßnahmen, wie es Vertreter einer „liberalen Eugenik“ versichern? Diese Arbeit diskutiert die Rolle Staates und die Handlungsspielräume der Eltern bei der genetischen Gestaltung von Nachkommen im Rahmen eines liberalen Wertverständnisses.
Den Schwerpunkt/Fokus der Betrachtungen liegt hier Maßnahmen des genetic enhancement.
Darüber hinaus wird auch das Verhältnis der „liberalen Eugenik“ zur „autoritären Eugenik“ neu beleuchtet.
Die Untersuchung beginnt bei der Analyse zentraler liberaler Werte und Normen, wie Freiheit, Autonomie und Gerechtigkeit und deren Funktionen in der „liberalen Eugenik“. Wobei nur sehr eingeschränkt von der „liberalen Eugenik“ gesprochen werden kann, sondern viel mehr von Varianten einer „liberalen Eugenik“.
Darüber hinaus wird in dieser Arbeit die historische Entwicklung der „liberalen“ und der „autoritären Eugenik“, speziell des Sozialdarwinismus, untersucht und verglichen, insbesondere im Hinblick auf liberale Werte und Normen und der generativen Selbstbestimmung.
Den Kern der Arbeit bildet der Vergleich der „liberalen Eugenik“ mit der „liberalen Erziehung“. Da hier die grundlegenden Aufgaben der Eltern, aber auch des Staates, analysiert und deren Verhältnis diskutiert wird.
Es zeigt sich, dass sich aus einem liberalen Wertverständnisses heraus keine umfangreiche generative Selbstbestimmung ableiten lässt, sondern sich viel mehr staatlich kontrollierte enge Grenzen bei eugenischen Maßnahmen zum Wohle der zukünftigen Person, begründen.
Zudem wurde der Weg zur autoritären Eugenik nicht durch die Abkehr von der generativen Selbstbestimmung geebnet, sondern viel mehr durch die Übertragung des Fortschrittsgedankens auf den Menschen selbst. Damit verliert die generative Selbstbestimmung auch ihre Funktion als Brandmauer gegen eine autoritäre Eugenik. Nicht der Verlust der generativen Selbstbestimmung, sondern viel mehr die Idee der Perfektionierung des Menschen muss kritisch betrachtet und letztlich abgelehnt werden.
Ohne generative Selbstbestimmung und einer Perfektionierung des Menschen, bleibt nur eine Basis-Eugenik, bei der die Entwicklungsfähigkeit des Menschen sichergestellt wird, nicht jedoch seine Verbesserung.
Darüber hinaus muss auch über eine Entwicklungsmöglichkeit des zukünftigen Menschen gesprochen werden, d. h. ein minimales Potential zu gesellschaftlicher Integration muss gegeben sein. Nur wenn tatsächlich keine Möglichkeiten seitens der Gesellschaft bestehen eine Person zu integrieren und dieser eine Entwicklungsmöglichkeit zu bieten, wären eugenische Maßnahmen als letztes Mittel akzeptabel.
Hauptanliegen der Dissertation ist es, einen Entwurf einer praktischen Ästhetik zu lancieren, der an der Schnittstelle zwischen philosophischer Ästhetik und Kunst – genauer Performancekunst - im Zeichen der Bezugsgrösse der Verletzbarkeit steht. In jüngeren Ästhetikansätzen hat sich eine Auffassung herauskristallisiert, die nicht über, sondern mit Kunst reflektiert. Die Pointe im ‚Mit’ liegt darin, dass diese Ästhetiken die Kunst nicht erklären, sie bestimmen und damit ihre Bedeutung festlegen, sondern dass diese entlang der Kunst die Brüche, Widerstände und Zäsuren zwischen Wahrnehmen und Denken markieren und diese als produktiv bewerten. Diese Lesart etabliert ein Denken, das nicht aus der Distanz auf etwas schaut (theoria), sondern ästhetisch-reflektierend (zurückwendend, auch selbstkritisch) mit der Kunst denkt. Die Disziplin der Ästhetik - als aisthesis: Lehre der sinnlichen Wahrnehmung - nimmt innerhalb der Philosophie eine besondere Stellung ein, weil sie auf ebendiese Differenz verweist und deshalb sinnliche und nicht nur logisch-argumentatorische Denkfiguren stärkt. Als eine Möglichkeit, die Kluft, das Nicht-Einholbare, die brüchige Unzulänglichkeit des begrifflich Denkenden gegenüber ästhetischer Erfahrung zu stärken, schlage ich die Bezugsgrösse der Verletzbarkeit vor. Eine solche Ästhetik besteht aus dem Kreieren verletzbarer Orte, wobei diese auf zweierlei Weisen umkreist werden: Zum einen aus der Kunstpraxis heraus anhand der ästhetischen Figur des verletzbaren Körpes, wie er sich in der zeitgenössischen Performance zeigt. Zum anderen als ein Kreieren von Begriffen im Bewusstsein ihrer Verletzbarkeit. Ausgangspunkte sind die Denkentwürfe von Gilles Deleuze und Hans Blumenberg: Die Ästhetik von Gilles Deleuze entwirft eine konkrete Überschneidungsmöglichkeit von Kunst und Philosophie, aus der sich meine These des Mit-Kunst-Denkens entwickeln lässt. Sie kann aus der Grundvoraussetzung des Deleuzeschen Denkens heraus begründet werden, die besagt, dass nicht nur die Kunst, sondern auch die Philosophie eine schöpferische Tätigkeit ist. Beide Disziplinen beruhen auf dem Prinzip der creatio continua, durch welche die Kunst Empfindungen und die Philosophie Begriffe schöpft, wobei eben genau dieser schöpferische Prozess Kunst und Philosophie in ein produktives Verhältnis zueinander treten lässt. Wie Deleuze seine Begriffsarbeit entlang künstlerischer Praxis entwickelt, wird anhand der Analyse des bis heute wenig rezipierten Textes Ein Manifest weniger in Bezug auf das Theater von Carmelo Bene analysiert. Eine ganz anderen Zugang zum Entwurf einer praktischen Ästhetik liefert Hans Blumenberg, der eine Theorie der Unbegrifflichkeit in Aussicht stellt. Im Anschluss an seine Forderung, die Metapher wieder vermehrt in die philosophische Denkpraxis zu integrieren, radikalisiert er seine Forderung, auch das Nichtanschauliche zu berücksichtigen, indem er das gänzlich Unbegriffliche an die Seite des Begrifflichen stellt. Definitorische Schwäche zeigt sich als wahrhaftige Stärke, die in der Unbegrifflichkeit ihren Zenit erreicht. Der Schiffbruch wird von mir als zentrale Metapher – gewissermassen als Metapher der Metapher – verstanden, die das Auf-Grund-Laufen des Allwissenden veranschaulicht. Im Schiffbruch wird die produktive Kollision von Theorie und Praxis deutlich. Deleuze und Blumenberg zeigen über ‚creatio continua’ und ‚Unbegrifflichkeit’ die Grenzen des Begreifens, indem sie betonen, dass sich Ästhetik nicht nur auf künstlerische Erfahrungen bezieht, sondern selber in das Gegenwärtigmachen von Erfahrungen involviert ist. Daraus folgt, dass ästhetische Reflexion nicht nur begrifflich agieren muss. Die praktische Ästhetik animiert dazu, andere darstellerische Formen (Bilder, Töne, Körper) als differente und ebenbürtige reflexive Modi anzuerkennen und sie als verletzbarmachende Formate der Sprache an die Seite zu stellen. Diese Lesart betont den gestalterischen Aspekt der Ästhetik selber. Zur Verdeutlichung dieser Kluft zwischen (Körper-)Bild und Begriff ist der von mir mitgestaltete Film Augen blickeN der Dissertation als Kapitel beigefügt. Dieser Film zeigt Performer und Performerinnen, die sich bewusst entschieden haben, ihren ‚abweichenden’ Körper auf der Bühne zu präsentieren. Das Wort Verletzbarkeit verweist auf die paradoxe Situation, etwas Brüchiges tragfähig zu machen und dadurch auch auf eine besondere Beziehungsform und auf ein existenzielles Aufeinander-Verwiesensein der Menschen. Verletzbarkeit geht alle an, und stiftet deshalb eine Gemeinsamkeit besonderer Art. In diesem Sinne sind verletzbare Orte nicht nur ästhetische, sondern auch ethische Orte, womit die politische Dimension des Vorhabens betont wird.
This doctoral thesis seeks to elaborate how Wittgenstein’s very sparse writings on ethics and ethical thought, together with his later work on the more general problem of normativity and his approach to philosophical problems as a whole, can be applied to contemporary meta-ethical debates about the nature of moral thought and language and the sources of moral obligation. I begin with a discussion of Wittgenstein’s early “Lecture on Ethics”, distinguishing the thesis of a strict fact/value dichotomy that Wittgenstein defends there from the related thesis that all ethical discourse is essentially and intentionally nonsensical, an attempt to go beyond the limits of sense. The first chapter discusses and defends Wittgenstein’s argument that moral valuation always goes beyond any ascertaining of fact; the second chapter seeks to draw out the valuable insights from Wittgenstein’s (early) insistence that value discourse is nonsensical while also arguing that this thesis is ultimately untenable and also incompatible with later Wittgensteinian understanding of language. On the basis of this discussion I then take up the writings of the American philosopher Cora Diamond, who has worked out an ethical approach in a very closely Wittgensteinian spirit, and show how this approach shares many of the valuable insights of the moral expressivism and constructivism of contemporary authors such as Blackburn and Korsgaard while suggesting a way to avoid some of the problems and limitations of their approaches. Subsequently I turn to a criticism of the attempts by Lovibond and McDowell to enlist Wittgenstein in the support for a non-naturalist moral realism. A concluding chapter treats the ways that a broadly Wittgensteinian conception expands the subject of metaethics itself by questioning the primacy of discursive argument in moral thought and of moral propositions as the basic units of moral belief.
In this work the concept of 'context' is considered in five main points. First, context is seen as always necessary for an adequate explication of the concepts of meaning and understanding. Context always plays a role and is not merely brought into consideration when handling a special class of statements or terms, or when there is doubt and clarification is necessary. Second, context cannot be completely reduced to some system of representation. The reason for this is the presence of humans, which is always an important component of a context. Humans experience situations in ways that are not always reducible to symbolic representation. Third, contexts are in principle open. In normal cases they cannot be determined or described in advance. A context is not to be equated with a set of information. Fourth, we understand the parameters of a context pragmatically, which is why we are not led into doubt or even to meaning skepticism by the open nature of a context. This pragmatic knowledge belongs to the category of an ability. Fifth, contexts are, in principle, accessible. This denies the idea that some contexts are incommensurable. There are a number of pragmatic ways of accessing unfamiliar contexts. Some of these are here examined in light of the so-called 'culture wars' in the U.S.A.
Resolute readings of later Wittgenstein and the challenge of avoiding hierarchies in philosophy
(2011)
This dissertation addresses the question: How did later Wittgenstein aim to achieve his goal of putting forward a way of dissolving philosophical problems which centered on asking ourselves what we mean by our words – yet which did not entail any claims about the essence of language and meaning? This question is discussed with reference to “resolute” readings of Wittgenstein. I discuss the readings of James Conant, Oskari Kuusela, and Martin Gustafsson. I follow Oskari Kuusela’s claim that in order to fully appreciate how later Wittgenstein meant to achieve his goal, we need to clearly see how he aimed to do away with hierarchies in philosophy: Not only is the dissolution of philosophical problems via the method of clarifying the grammar of expressions to be taken as independent from any theses about what meaning must be – but furthermore, it is to be taken as independent from the dissolution of any particular problem via this method. As Kuusela stresses, this also holds for the problems involving rule-following and meaning: the clarification of the grammar of “rule” and “meaning” has no foundational status – it is nothing on which the method of clarifying the grammar of expressions as such were meant to in any way rely on. The lead question of this dissertation then is: What does it mean to come to see that the method of dissolving philosophical problems by asking “How is this word actually used?” does not in any way rely on the results of our having investigated the grammar of the particular concepts “rule” and “meaning”? What is the relation of such results – results such as “To follow a rule, [...], to obey an order, [...] are customs (uses, institutions)” or “The meaning of a word is its use in the language” – to this method? From this vantage point, I concern myself with two aspects of the readings of Gustafsson and Kuusela. In Gustafsson, I concern myself with his idea that the dissolution of philosophical problems in general “relies on” the very agreement which – during the dissolution of the rule-following problem – comes out as a presupposition for our talk of “meaning” in terms of rules. In Kuusela, I concern myself with his idea that Wittgenstein, in adopting a way of philosophical clarification which investigates the actual use of expressions, is following the model of “meaning as use” – which model he had previously introduced in order to perspicuously present an aspect of the actual use of the word “meaning”. This dissertation aims to show how these two aspects of Gustafsson’s and Kuusela’s readings still fail to live up to the vision of Wittgenstein as a philosopher who aimed to do away with any hierarchies in philosophy. I base this conclusion on a detailed analysis of which of the occasions where Wittgenstein invokes the notions of “use” and “application” (as also “agreement”) have to do with the dissolution of a specific problem only, and which have to do with the dissolution of philosophical problems in general. I discuss Wittgenstein’s remarks on rule-following, showing how in the dissolution of the rule-following paradox, notions such as “use”, “application”, and “practice” figure on two distinct logical levels. I then discuss an example of what happens when this distinction is not duly heeded: Gordon Baker and Peter Hacker’s idea that the rule-following remarks have a special significance for his project of dissolving philosophical problems as such. I furnish an argument to the effect that their idea that the clarification of the rules of grammar of the particular expression “following a rule” could answer a question about rules of grammar in general rests on a conflation of the two logical levels on which “use” occurs in the rule-following remarks, and that it leads into a regress. I then show that Gustafsson’s view – despite its decisive advance over Baker and Hacker – contains a version of that same idea, and that it likewise leads into a regress. Finally, I show that Kuusela’s idea of a special significance of the model “meaning as use” for the whole of the method of stating rules for the use of words is open to a regress argument of a similar kind as that he himself advances against Baker and Hacker. I conclude that in order to avoid such a regress, we need to reject the idea that the grammatical remark “The meaning of a word is its use in the language” – because of the occurrence of “use” in it – stood in any special relation to the method of dissolving philosophical problems by describing the use of words. Rather, we need to take this method as independent from this outcome of the investigation of the use of the particular word “meaning”.
This dissertation aims to deliver a transcendental interpretation of Immanuel Kant's Kritik der Urteilskraft, considering both its coherence with other critical works as well as the internal coherence of the work itself. This interpretation is called transcendental insofar as special emphasis is placed on the newly introduced cognitive power, namely the reflective power of judgement, guided by the a priori principle of purposiveness. In this way the seeming manifold of themes, varying from judgements of taste through culture to teleological judgements about natural purposes, are discussed exclusively in regard of their dependence on this faculty and its transcendental principle. In contrast, in contemporary scholarship the book is often treated as a fragmented work, consisting of different independent parts, while my focus lies on the continuity comprised primarily of the activity of the power of judgement.
Going back to certain central yet silently presupposed concepts, adopted from previous critical works, the main contribution of this study is to integrate the KU within the overarching critical project. More specifically, I have argue how the need for the presupposition by the reflective power of judgement follows from the peculiar character of our sense-dependent discursive mind. Because we are sense-dependent discursive minds, we do not and cannot have immediate insight into all of nature's features. The particular constitution of our mind rather demands conceptually informed representations which mediately refer to objects.
Having said that, the principle of purposiveness, namely the presupposition that nature is organized in concert with the particular constitution of our mind, is a necessary condition for the possibility of reflection on nature's empirical features. Reflection refers on my account to a process of selecting features in order to allow a classification, including reflection on the method, means and selection criteria. Rather than directly contributing to cognition, like the categories, reflective judgements thus express our ignorance when it comes to the motivation behind nature's design, and this is most forcefully expressed by judgements of taste and teleological judgements about organized matter. In this way, reflection, regardless whether it is manifested in concept acquisition, scientific systematization, judgements of taste or judgements about organized matter, relies on a principle of the power of judgement which is revealed and justified in this transcendental inquiry.
Imre Kertész ist 1929 in Budapest geboren und dort aufgewachsen. 1944 wurde er im Rahmen einer Judendeportation verhaftet und über Auschwitz in das KZ Buchenwald verbracht. Nach der Befreiung des Lagers 1945 kehrte er in seine Heimatstadt zurück, wo er seit 1953 als Schriftsteller und Übersetzer tätig war. 2001 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. 2002 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Ziel der Untersuchung ist die Rekonstruktion einer in Kertész’ Werk allegorisch codierten Anthropologie und einer damit implizierten Ästhetik. Die Basis der fraglichen Anthropologie ist der Begriff des Lebens. Das spezifisch menschliche Leben zeichnet sich durch den Prozess der kulturellen Evolution aus, welcher durch verständigungsorientierte Mittel rational zu steuern ist. Die hieraus resultierende Dialektik wird von autonomen Personen konstituiert. Dabei erscheint die generationenübergreifende Reproduktion der Personenrolle und des damit einhergehenden menschlichen Bewusstseins als unbedingte Pflicht im Sinne Kants. Letzterer Vorgang kann als ästhetische Erfahrung beschrieben werden, bei der die menschliche Ontogenese jeweils in Orientierung an paradigmatischen Darstellungen der Personalität respektive der Personalisierung erfolgt.
Die vorliegende Dissertation zielt generell darauf ab, die Anwendung der dialektischen Methodologie auf den Bereich der Sprachphilosophie zu rechtfertigen und eine systematische Bearbeitung eines begrenzten Teils der Sprachphilosophie mithilfe der Dialektik durchzuführen. Um diese Herangehensweise, die in der Forschung kaum oder gar nicht vertreten ist, aufzuklären und festzustellen, werde ich zuerst auf die philosophischen Überlegungen von zwei Autoren zurückgreifen: Hegel und Wittgenstein.
Hegel und Wittgenstein sind, auf den ersten Blick, Autoren, die kaum Gemeinsamkeiten haben, außer dass sie sich beide mit der Philosophie als Fach beschäftigt und unvermeidlich ein gemeinschaftliches Thema, die Sprache, behandelt haben, wobei jedoch weder eine inhaltliche noch eine methodologische Verbindung hervorgehoben werden könnte. Die erste Voraussetzung dieser Dissertation, in Bezug auf die Geschichte der Idee, besteht darin, darauf hinzudeuten, dass der hegelsche Geistesbegriff und Wittgensteins Lebensform zwei Ansätze und Resultat einer philosophischen Bemühung sind, die gemeinsam die notwendige Auflösung bzw. Überwindung skeptischer Argumentation vornehmen. Tatsächlich hat Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen eine Argumentation entwickelt, die als „Paradox des Regelfolgens“ bezeichnet und in der sekundären Literatur (hauptsächlich bei Kripke) als eine Art skeptische Argumentation betrachtet wurde. Demnach wird Wittgensteins Theorie der Sprache entweder als eine Auflösung dieses Skeptizismus oder einfach als ein skeptischer Text selbst ausgelegt (Brandom). Das erste Ziel meiner Dissertation besteht darin, zu zeigen, dass dieses Paradox als skeptische Argumentation allerdings unvollständig geblieben ist dass dieses Paradox als der erster entscheidender Moment zu der höchsten Form der skeptischen Herausforderung, der Antinomie, betrachtet werden kann. Eine vollständige skeptische Argumentation heißt, dass die alleinige Auflösung des Paradoxes, der Dispositionalismus und die Negation dieser Theorie, beide beweisbar sind. Ich werde also versuchen, aus der in den PU dargestellten Auflösung des Paradoxes des Regelfolgens die Vervollständigung einer Antinomie des Begriffes der Normativität in Bezug auf die Sprachregeln festzulegen, ähnlich der von Kant entwickelten kosmologischen Antinomie (Thesis cum Antithesis). Das zweite Ziel meiner Dissertation besteht folglich darin, zu zeigen, 1. dass die kantische Auflösung der Antinomie unwirksam bezüglich der Antinomie der Normativität ist, 2. dass diese Antinomie eine notwendige Auseinandersetzung mit einem radikalen Skeptizismus bedeutet und dass wir logisch gezwungen sind, nicht nur irgendeine Theorie der Sprachphilosophie neu zu bestimmen, sondern unsere Methodologie – das heißt die Anwendung der üblichen Normen der Rationalität – selbst grundsätzlich tiefer gehend in Frage zu stellen, und 3. dass die hegelsche Dialektik sich als die methodologische Auflösung einer solchen radikalen skeptischen Herausforderung bzw. als die Auflösung einer Antinomie überhaupt ergibt. Anlässlich dieser methodologischen Revidierung wird auf die hegelsche Dialektik zurückgegriffen.
Dennoch begrenzt sich der Zweck dieser Dissertation nicht darauf, eine Interpretation von Hegels Dialektik oder eine Überwindung von Wittgensteins Lebensform darzustellen, vielmehr geht es darum, auf die Problematik und die Grundsätze des Begriffs der Lebensform bzw. des theoretischen Geistes zurückzugreifen und kraft Hegels Dialektik darüber hinauszuführen, um den Platz und die Funktion der Sprache besser zu verstehen. Diese Arbeit erfolgt vielmehr im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts, oder anders gesagt, sie nutzt die methodologischen Resultate von zwei Autoren der Philosophie, um ein wissenschaftliches Programm vorzustellen. Der Anspruch dieser Arbeit ist dementsprechend, durch das Zurückgreifen auf Hegels Dialektik eine neue Erkenntnis über die Sprache zu gewinnen, wobei die beiden kontradiktorischen Momente der Kognition – die Normativität, die durch das Bewusstsein erfolgt und diejenige, die durch Dispositionen erfolgt –, konstruktiv verbinden sind. Der konkrete Gewinn dieser Methodologie ist es demnach, eine Sprachphilosophie überhaupt als System festlegen zu können, ein System, das es ermöglicht, sprachliche Phänomene in all ihren Aspekten in kohärenter Weise zu fassen. Inhaltlich betrachtet zielt dieses Programm darauf ab, die allgemeine Stufe des Begriffs der Sprache als Moment des Begriffs des Geistes dialektisch abzuleiten, d. h. den richtigen Sinn der Sprache festzulegen. Eine vollständige Bearbeitung der Sprachphilosophie mithilfe der Dialektik konnte ich allerdings nicht durchführen, und der Umfang der mithilfe der Dialektik hergeleiteten Sprachkategorien begrenzt sich auf die Lehre der Einbildungskraft, die die Lehre der allgemeinen Semiologie und der Grammatik einschließt.
In der Diskussion über Freiheit und Verantwortung vertritt die Hirnforschung die These, dass wir determiniert sind und unser Gehirn es ist, das denkt und entscheidet. Aus diesem Grunde könne uns für unsere Entscheidungen und Handlungen auch keine Verantwortung zugewiesen werden. Die Philosophie versucht in dieser Diskussion zu klären, ob wir trotz Determiniertheit für unsere Entscheidungen und Urteile verantwortlich sind oder ob Vereinbarkeit von Freiheit und Determinismus grundsätzlich nicht möglich ist. Diese Fragen stellt diese Untersuchung über Freiheit und Verantwortung nicht. In dieser Untersuchung wird ein gewisses Maß an Freiheit vorausgesetzt, weil diese Annahme der erste Schritt für unsere Freiheit ist. In dieser Arbeit geht es um die Verbindung von Freiheit und Verantwortung und was diese Verbindung in unserem Menschsein und Miteinander bedeutet. Ziel ist es, zu zeigen, dass wir uns zusätzliche Freiheit aneignen können, dass Bildung für unsere Freiheit nötig und dass Freiheit ohne Verantwortung nicht möglich ist. Die Untersuchung schließt sich Peter Bieris Thesen an, dass Aneignung von Freiheit und Bildung, die weder als Schul- noch als Ausbildung zu verstehen ist, möglich und nötig sind, um verantwortlich entscheiden und handeln zu können, lehnt jedoch Peter Bieris These ab, dass bedingte Freiheit Voraussetzung für unsere Freiheit ist. Zudem geht diese Arbeit über Peter Bieri hinaus, indem sie eine Lösungsmöglichkeit für unsere Freiheit und der damit verbundenen Verantwortlichkeit anbietet. Als Lösung wird eine Bildung vorgeschlagen, die uns die Verbundenheit mit den anderen und die Abhängigkeit von den anderen zeigt und die die Rechte und Bedürfnisse der anderen ebenso anerkennen lässt wie unsere eigenen. Es ist eine Bildung, die nicht nur Wissen, sondern auch bestimmte rationale und emotionale Kompetenzen beinhaltet. Es ist eine Bildung, die als lern- und lehrbar angesehen wird. Um diese Bildung als eine Notwendigkeit für unsere Freiheit und Verantwortlichkeit uns und den anderen gegenüber vermitteln zu können, ist es wichtig, uns in unserem Wesen verstehen. Deshalb werden in dieser Arbeit Faktoren dargestellt, die auf uns wirken und die uns als Menschen ausmachen. Es sind Faktoren, die auf unsere Freiheit und Verantwortung Einfluss nehmen, indem sie unsere Entscheidungen, unser Urteilsvermögen und in diesem Sinne auch unsere Handlungen ermöglichen oder einschränken. Durch die Darstellung dieser Faktoren werden wir auf unsere Möglichkeiten hingewiesen, die uns unser Leben in Selbstverantwortung und in Verantwortlichkeit den anderen gegenüber gestalten lassen. In dieser Untersuchung wird gezeigt, dass Freiheit ohne Verantwortung nicht möglich ist und es wird gezeigt, dass wir, wenn wir unsere Verantwortung abgeben, unsere Freiheit verlieren.
In der Dissertationsarbeit mit dem Titel „Eine Hypothese über die Grundlagen von Moral und einige Implikationen“ unternimmt die Autorin den Versuch, die anthropologischen Prämissen moralischen Handelns herauszuarbeiten. Es wird eine Hypothese aufgestellt und erläutert, die behauptet, dass moralisches Handeln nur dann verständlich wird, wenn der Handelnde erstens die Fähigkeit der Phantasie aufweist, zweitens auf Erfahrungen (mittels seines Gedächtnisses) zugreifen kann und durch Konversation mit anderen Personen interagierte und interagiert, denn nur auf der Basis dieser drei Grundlagen von Moral können sich diejenigen Fähigkeiten ent¬wickeln, die als Voraussetzungen moralischen Handeln gesehen werden müssen: Selbstbewusstsein, Freiheit, die Entwicklung eines Wir-Gefühls, die Genese eines moralischen Ideals und die Fähigkeit, sich im Entscheiden und Handeln nach diesem Ideal richten zu können. Außerdem werden in dieser Dissertation einige Implikationen dieser Hypothese auf individueller und zwischenmenschlicher Ebene diskutiert.