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Die Integration Europas bleibt für die Sozialwissenschaften eine Quelle der Inspiration und Herausforderung. Auch 53 Jahre nach Unterzeichnung der Römischen Verträge ist der Kontinent weiter in Bewegung, geht es um die Vision seiner zukünftigen Gestalt ebenso wie um die Regelung vielfältigster Tagesprobleme. Um zu dieser Debatte einen spezifischen Beitrag zu leisten, fand im Juni 2010 an der Universität Potsdam eine deutsch-polnische Konferenz zum Thema „Europa als Inspiration und Herausforderung aus sozialwissenschaftlicher Sicht“ statt. Dabei wurden unterschiedliche Ansätze der europawissenschaftlichen Forschungen in den beteiligten Einrichtungen (z. B. aus der Sicht von Politologen, Soziologen, Historikern oder Kulturwissenschaftlern) präsentiert. Zugleich diente die Konferenz dazu, das wissenschaftliche Forschungsinteresse am „nahen Osten“ wieder zu stärken.
Die Gasversorgung Europas
(2010)
Die Abhängigkeit der EU von Russlands Gaslieferungen sowie die Zuverlässigkeit des Transitlandes Ukraine ist hochgradig umstritten. Für den Politikwissenschaftler Jacopo Pepe, zeigen sich dabei jedoch keine existentiellen Bedrohungen für die Versorgungssicherheit Europas, sondern konstruierte Diskurse. Er argumentiert, dass es sich hier nicht um geopolitisches sondern um ein ökonomisches Problem handelt. Dieses wurzelt in dem ukrainisch-russisch Gasgeschäft der 1990er Jahre. Geopolitische Fragen und belastete politischen Beziehungen haben die Krise zugespitzt und die russische Reaktion verschärft. Erst so konnte das Umfeld für einen „Securitization“ Diskurs entstehen, der mit geostrategischen Zielen der USA übereinstimmt. Die Lösung muss sowohl (geo)ökonomisch als auch geopolitisch erfolgen: Geoökonomisch, durch die Gründung eines europäisch-russisch-ukrainischen Konsortium für die Verwaltung des International Transport System der Ukraine; geopolitisch durch eine kooperative Neuvermessung des Verhältnisses der EU mit Russland. Nur dadurch kann ein erneutes Scheitern der Gasversorgung Europas verhindert werden.
Den Krieg um Afghanistan hat der Westen verloren – wieder einmal. Die Frage des Abzugs bestimmt die außen- und sicherheitspolitische Agenda, nicht nur in Washington D.C. und Berlin. Ziel ist, das "Fiasko Afghanistan" möglichst glimpflich enden zu lassen – aber wie? Die Frage hat auch 2011 nicht an Aktualität eingebüßt. Kenner der Region und außenpolitische Experten diskutieren im vorliegenden WeltTrends Papier die Ausgangslage des Afghanistan-Komplexes und analysieren Abzugsstrategien – klar, kontrovers, pointiert.
Kenia erlangt Anfang der 1960er seine Unabhängigkeit und wird in der Folge von den Präsidenten Kenyatta und später Moi autoritär regiert. Als Konsequenz des internationalen und nationalen Druckes werden 1991 wieder Mehrparteienwahlen zugelassen. Die Hoffnungen auf einen Trendwechsel werden zunächst aber nicht erfüllt. Präsident Moi bleibt bei den Wahlen 1992 und 1997 siegreich und versucht jeden möglichen Reformprozess aufzuhalten bzw. zu verlangsamen. Mit dem neu gewählten Präsidenten Kibaki entsteht 2002 die Hoffnung auf Veränderung. Aber als alter Wegbegleiter Mois erfüllt Kibaki nicht die internationalen und nationalen Erwartungen. Moi und Kibaki organisieren jeweils kontra-demokratische Eliten hinter sich und nutzen das mächtige Präsidentenamt, die stärkste Institution im politischen System Kenias, um den Status quo so lange wie möglich zu erhalten. Die Parteien werden weder durch die Regierung noch durch die Opposition zu starken Institutionen transformiert und das unstete Verhalten der Geberländer vermag den Einfluss der autoritären Führung nicht dauerhaft einzuschränken.
Der Augsburger Soziologe Hans-Jürgen Frieß analysiert sowohl aus politologischer als auch soziologischer Sicht das politische Regime Kubas. Im Fokus steht die Frage der politischen Stabilität. Der Autor diskutiert die politischen, historischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Macht Fidel Castros. Der zeitliche Schwerpunkt der Analyse liegt in den Jahren von 1990 bis 2006, wobei auch vorherige Entwicklungen beleuchtet werden. Das Buch basiert auf einer Dissertation, die 2008 an der Universität Augsburg erfolgreich verteidigt wurde.
Siebzehn Beiträge aus drei Schwerpunktbereichen der soziologischen und historischen Forschungen des polnischen Soziologen Andrzej Sakson, Direktor des Instytut Zachodni in Posen, sind in diesem zehnten PTB zusammengefasst: zu deutsch-polnischen Beziehungen, zu den Minderheiten in Polen und Deutschland sowie zur Migration in Europas Geschichte und Gegenwart. Der Band bietet zugleich einen spannenden Einblick in das zeitgenössische Denken eines der führenden Soziologen Polens.
Der vierte Band der Potsdamer Textbücher bringt erstmals den klassischen Text der Politikwissenschaft zum Thema diktatorische Herrschaftssysteme in deutscher Sprache. Juan Linz reflektiert darin die Debatten um Totalitarismus und Demokratie und beschreibt die autoritäre Herrschaft als eigenständige Form politischer Machtausübung. Es ist eine exzellente Auseinandersetzung mit den politischen Phänomenen des 20. Jahrhunderts, die sich durch theoretische Tiefe, empirische Fülle und methodische Klarheit auszeichnet.
Im vorliegenden Lehrtext werden die politischen Systeme von Ägypten, Iran, Jemen, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten beleuchtet. Kurze historische Angaben leiten den jeweiligen Länderteil ein. Anschließend werden Verfassung und Parlament, Staatsoberhaupt, Gesetzgebung, Wahlsystem, Partizipation und kommunale/lokale Strukturen vorgestellt. Hierzu wird oft auf Grafiken, Karten und Statistiken zurückgegriffen, die einen allgemeinen Überblick ermöglichen. Ebenso erfährt der Leser interessante Besonderheiten einiger Länder.
Für die polnische Geschichtswahrnehmung stellt die Westerplatte – eine kleine Halbinsel bei Gdańsk – ein Symbol des heldenhaften Widerstandes und des aussichtslosen Kampfes gegen Nazi-Deutschland dar. Zu der Gedenkfeier anlässlich des 70. Jahrestags des Kriegsbeginns haben sich am 1. September 2009 auf der Westerplatte rund 20 europäischen Staats- und Regierungschefs versammelt. Die Inhalte, die in den Reden der zentralen Akteure der Gedenkfeier signalisiert wurden, bilden wichtige Referenzpunkte in der nationalen wie supranationalen Aufarbeitung der tragischen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts. Im Mittelpunkt des Papers steht das Problem der Wahrnehmung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges, das hier an den Auslegungsprozessen in Hinblick auf die Figur Westerplatte an den vier zentralen Reden der Spitzenpolitiker verfolgt und diskursanalytisch ausgewertet wird.
Wasser ist rar im Nahen Osten. Die knappe Ressource wird immer häufiger zum Gegenstand politischer Konflikte in der ohnehin instabilen Region. Der Konflikt zwischen Israel und Palästina gilt als eines der gravierendsten Beispiele für diese Entwicklung: Wasser als umkämpftes Menschenrecht, Wasser als strategisches Mittel der Besetzungspolitik und Wasser als Gegenstand langwieriger Verhandlungen. Der Wasserkonflikt ist so alt wie der Nahostkonflikt selbst. Sogar mit Beginn des Oslo-Prozesses 1993 hat es weder einen grundlegenden Wandel im Wasserkonflikt, noch in der Aussicht auf Veränderung der Wasserknappheit gegeben. Immerhin können die Palästinenser in der momentanen Situation ihre eigene Wasserversorgung dort selbst verwalten, wo es ihnen laut der Übereinkünfte erlaubt ist. Jedoch ist diese Freiheit eine sehr begrenzte und eine endgültige Klärung dieses Streitpunktes wurde, zusammen mit Jerusalem, den Flüchtlingen, den Siedlungen und der Staatsbildung auf die Endstatusverhandlungen verschoben. Chadi Bahouth, Absolvent des Otto-Suhr-Instituts der Freien Universität Berlin, untersucht in seiner Doktorarbeit die Gründe für die ungelöste Wasserfrage. Er analysiert die historische und rechtliche Chronologie des Konfliktes, bietet Lösungsvorschläge für die Wasserkrise an und erklärt, warum die Region dennoch für Generationen nicht zur Ruhe kommen wird.