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Menschenrechte von LGBTQI+-Personen sind in keinem Vertragswerk ausdrücklich geregelt. Dementsprechend obliegt ihr Schutz der Rechtsprechung, die in den vergangenen Jahren ein ausdifferenziertes Schutzsystem etabliert hat, das sich vor allem auf den allgemeinen Schutz vor Diskriminierung, aber auch auf etwa das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens stützt. Der Beitrag stellt die historische Entwicklung dieser LGBTQI+-Menschenrechte dar und trägt die aktuellen Rechtsquellen sowie die wichtigsten Entscheidungen zusammen, die weltweit und insbesondere in Europa diese Rechte gestärkt haben. National und international begegnen rechtliche Probleme dort, wo immer spezifischere Fragestellungen auf weltweit politische Instabilität trifft. Dazu zählen etwa die Stigmatisierung von sog. Konversionsmaßnahmen und die Eintragung von Trans*personen ins Geburtenregister.
Thus far, research into reservations to treaties has often overlooked reservations formulated to both European Social Charters (and its Protocols) and the relevant European Committee of Social Rights practices. There are several pressing reasons to further explore this gap in existing literature. First, an analysis of practices within the European Social Charters (and Protocols) will provide a fuller picture of the reservations and responses of treaty bodies. Second, in the context of previous landmark events it is worth noting the practices of another human rights treaty monitoring body that is often omitted from analyses. Third, the very fact that the formulation of reservations to treaties gives parties such far-reaching flexibility to shape their contractual obligations (à la carte) is surprising. An important outcome of the research is the finding that, despite the far-reaching flexibility present in the treaties analysed, both the States Parties and the European Committee of Social Rights generally treat them as conventional treaties to which the general rules on reservations apply. Consequently, there is no basis for assuming that the mere fact of adopting the à la carte system in a treaty with no reservation clause implies a formal prohibition of reservations or otherwise discourages their formulation.
In Vorbereitung der Allgemeinen Bemerkung Nr. 36 zum Recht auf Leben vollzieht der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen eine begriffliche Wendung: Fortan wird der Ausschuss nicht mehr von “vulnerable persons”, sondern von “persons in situations of vulnerability” sprechen. Zugleich scheint in der Wendung ein geändertes Verständnis von Vulnerabilität zu liegen, welches strukturelle Ungleichheiten und äußere Umstände, die Verwundbarkeit erzeugen, begrifflich erfasst. Das neue Verständnis scheint damit auch die Problematik der Zuschreibung von Verwundbarkeit zu entschärfen, die ihrerseits zu Marginalisierung betroffener Individuen führen kann. Der Beitrag vollzieht die Debatte um das neue Verständnis von Vulnerabilität im Menschenrechtsausschuss nach, und kontextualisiert diese innerhalb der aktuellen Spruchpraxis des Ausschusses. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Klimafällen, welche, so wird argumentiert, in besonderer Weise äußere, vulnerabilitätsproduzierende Umstände adressieren. Schließlich werden die potenziellen Stärken und Schwächen der begrifflichen Wendung reflektiert.
Aus dem Inhalt:
- Menschenrechtsklagen vor Zivilgerichten in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme der methodisch-rechtspolitischen Ansätze im Internationalen Privatrecht (IPR)
- Das Vorsorgeprinzip – ein unterschätzter Bestandteil menschenrechtlicher Klimaklagen?
- Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen und die Klimakrise – Die Entscheidung Billy et al. gegen Australien und ihr Beitrag zur „Begrünung“ des Menschenrechtsschutzes
Aus dem Inhalt:
- Dimensionen von Macht – Unter Betrachtung des ethischen Berufskodex, der professionellen Haltung und systemimmanenten Dilemmata im ungarischen Kinderschutzsystem
– Das 12. Zusatzprotokoll zur EMRK – Chancen und Potenziale eines allgemeinen und umfassenden Diskriminierungsverbots
- Zum aktuellen Stand und zu aktuellen Fragen des Menschenrechtsschutzes von LGBTQI+-Personen
- Fragen nach gerechter Verteilung – eine menschenrechtliche Analyse der Allokation am Beispiel von COVID-19-Impfstoffen für Ältere
- Extraterritorial Constitutional Rights: A Comparative Case Study of the United States and Germany*
- Bericht über die Tätigkeit des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen im Jahre 2022 – Teil II: Individualbeschwerden
Spätestens seit dem Brand einer Textilfabrik in Karatschi, Pakistan, deren Hauptabnehmer das deutsche Textilunternehmen KiK war, ist die Frage nach der zivilrechtlichen Justiziabilität von Menschenrechtsverletzungen im Ausland auch in der Bundesrepublik angekommen. Parallel hierzu hatte bereits der Einsturz des Rana Plaza, einem Fabrikgebäude in Dhaka, Bangladesch, das zahlreiche Zulieferfirmen der europäischen sowie u.s.-amerikanischen Bekleidungsindustrie beherbergte, traurige Berühmtheit erlangt. Beide Vorfälle hatten in den Industriestaaten des globalen Nordens eine nachhaltige Debatte darüber ausgelöst, welche Verantwortung inländischen Abnehmerunternehmen für die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards entlang der global angelegten Lieferkette zukommt. An deren vorläufigem Ende steht eine Reihe von Spezialgesetzen, die heimischen Betrieben ausdifferenzierte Sorgfalts- und Überwachungspflichten bezüglich der Arbeitsbedingungen in den – häufig im globalen Süden gelegenen – Produktionsstätten auferlegen.
Als Folge dieses geostrategischen Nord-Süd-Konfliktes wohnt in Deutschland erhobenen Menschenrechtsklagen im Regelfall ein grenzüberscheitendes Moment inne, weshalb sich die Rechtsverfolgung individuell Betroffener mit den Fragen des Internationalen Privatrechts nach der gerichtlichen Zuständigkeit sowie des anwendbaren Sachrechts konfrontiert sieht. Dass ein Verfahren bereits auf dieser Ebene scheitern kann, verdeutlicht auf paradigmatische Weise das eingangs erwähnte Verfahren gegen KiK vor dem LG Dortmund, in welchem das ungünstige pakistanische Verjährungsrecht zur Anwendung gelangte.
Rechtspolitisch wird die Funktion des Rechtsgebietes indes unterschiedlich beurteilt. Während ein Ansatz gleichsam auf materieller Ebene die Entwicklung spezieller Sorgfaltsnormen für Unternehmen in Abnehmerstaaten verfolgt („Verantwortungslösung“), führt eine andere Auffassung den Kern der Problematik nicht auf das – oftmals durchaus funktionale – Produktionslandrecht, sondern vielmehr auf dessen strukturelle Durchsetzungsdefizite zurück („Kognitionslösung“).
Der Beitrag vollzieht die Implikationen beider Ansätze für Zivilprozesse in Deutschland nach. Hierfür wird die Menschenrechtsklage zunächst in das deutsche Verfahrensrecht eingeordnet (I.) bevor die Rolle des Internationalen Privatrechtes erörtert werden kann (II.). Anschließend werden sowohl die Sorgfaltsregime in den Abnehmerstaaten (III.) als auch Rechtsbehelfe in den Produktionsländern am Beispiel Bangladeschs (IV.) in den Blick genommen.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einer problematischen Seite der Samen- und Eizellenspende. Konkret konzentriert er sich auf die Anonymität im Rahmen dieses Verfahrens, die in manchen europäischen Staaten als eine gesetzliche Bedingung festgelegt ist. Es geht um eine Konsequenz der unklaren Regulierung auf EU-Ebene, die es ermöglicht, nationale Vorschriften nach individuellen Präferenzen des Gesetzgebers zu konzipieren. Trotzdem muss auch der menschenrechtliche Kontext berücksichtigt werden, weil die Anonymität des:der Spender:in dazu führt, dass das Kind de facto keine Chancen hat, seine (genetischen oder biologischen) Eltern zu kennen. Im Prinzip verletzt ein solcher Ansatz das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, das in entsprechenden Menschenrechtskonventionen verankert und in der Judikatur des EGMR interpretiert wurde.
Jahresbericht 2021-2022
(2023)
Der Jahresbericht des MenschenRechtsZrentrums der Universität Potsdam (MRZ) informiert über die Aktivitäten im Berichtszeitraum 2021 und 2022. Das MRZ ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Potsdam; seine Mitglieder sind in Forschung und Lehre aktiv, wobei die Lehre an der Philosophischen und an der Juristischen Fakultät angeboten wird.
Zu den bearbeiteten Themen gehören Fragen der Gerechtigkeit, u.a. mit Blick auf die Folgen der Covid-19-Pandemie, der Verhältnis von Menschenrechten und Humanitärem Völkerrecht, der Schutz geflüchteter Personen und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Die Knappheit medizinischer Ressourcen im Verlauf der COVID-19-Pandemie machte die Überlegung notwendig, wie und an wen medizinische Güter, besonders COVID-19-Impfstoff, verteilt werden sollen. Dafür wurden sowohl national als auch international Priorisierungskonzepte zur Impfstoff-Allokation entwickelt. Neben verschiedenen moralphilosophischen Grundsätzen und nationalstaatlicher Gesetzgebung sollten auch die Menschenrechte bei der Etablierung von Allokationssystemen berücksichtigt werden. Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung sind etwa die Priorisierung vulnerabler Gruppen sowie die Gewährleistung von Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Ein intersektionaler, menschenrechtsbasierter Ansatz kann dazu beitragen, einen ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung der Gesellschaft zu werfen und neben den direkten medizinischen Problemen auch die sozialen Determinanten von Gesundheit und die Interdependenz aller zu schützenden Menschenrechte zu adressieren. Welche Rolle die Menschenrechte im Kontext der Ressourcenverteilung spielen, wird anhand der Verteilung von COVID-19-Impfstoff in Deutschland analysiert, wobei exemplarisch der besondere Schutz Älterer betrachtet wird.