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NutzerInnen von gewalthaltigen Medien geben einerseits oftmals zu, dass sie fiktionale, gewalthaltige Medien konsumieren, behaupten jedoch gleichzeitig, dass dies nicht ihr Verhalten außerhalb des Medienkontexts beeinflusst. Sie argumentieren, dass sie leicht zwischen Dingen, die im fiktionalen Kontext und Dingen, die in der Realität gelernt wurden, unterscheiden können. Im Kontrast zu diesen Aussagen zeigen Metanalysen Effektstärken im mittleren Bereich für den Zusammenhang zwischen Gewaltmedienkonsum und aggressivem Verhalten. Diese Ergebnisse können nur erklärt werden, wenn MediennutzerInnen gewalthaltige Lernerfahrungen auch außerhalb des Medienkontexts anwenden. Ein Prozess, der Lernerfahrungen innerhalb des Medienkontexts mit dem Verhalten in der realen Welt verknüpft, ist Desensibilisierung, die oftmals eine Reduktion des negativen Affektes gegenüber Gewalt definiert ist. Zur Untersuchung des Desensibilisierungsprozesses wurden vier Experimente durchgeführt. Die erste in dieser Arbeit untersuchte Hypothese war, dass je häufiger Personen Gewaltmedien konsumieren, desto weniger negativen Affekt zeigen sie gegenüber Bildern mit realer Gewalt. Jedoch wurde angenommen, dass diese Bewertung auf Darstellungen von realer Gewalt beschränkt ist und nicht bei Bildern ohne Gewaltbezug, die einen negativen Affekt auslösen, zu finden ist. Die zweite Hypothese bezog sich auf den Affekt während des Konsums von Mediengewalt. Hier wurde angenommen, dass besonders Personen, die Freude an Gewalt in den Medien empfinden weniger negativen Affekt gegenüber realen Gewaltdarstellungen zeigen. Die letzte Hypothese beschäftigte sich mit kognitiver Desensibilisierung und sagte vorher, dass Gewaltmedienkonsum zu einem Transfer von Reaktionen, die normalerweise gegenüber gewalthaltigen Reizen gezeigt werden, auf ursprünglich neutrale Reize führt. Das erste Experiment (N = 57) untersuchte, ob die habituelle Nutzung von gewalthaltigen Medien den selbstberichteten Affekt (Valenz und Aktivierung) gegenüber Darstellungen von realer Gewalt und nichtgewalthaltigen Darstellungen, die negativen Affekt auslösen, vorhersagt. Die habituelle Nutzung von gewalthaltigen Medien sagte weniger negative Valenz und weniger allgemeine Aktivierung gegenüber gewalthalten und nichtgewalthaltigen Bildern vorher. Das zweite Experiment (N = 103) untersuchte auch die Beziehung zwischen habituellem Gewaltmedienkonsum und den affektiven Reaktionen gegenüber Bildern realer Gewalt und negativen affektauslösenden Bildern. Als weiterer Prädiktor wurde der Affekt beim Betrachten von gewalthaltigen Medien hinzugefügt. Der Affekt gegenüber den Bildern wurde zusätzlich durch psychophysiologische Maße (Valenz: C: Supercilii; Aktivierung: Hautleitreaktion) erhoben. Wie zuvor sagte habitueller Gewaltmedienkonsum weniger selbstberichte Erregung und weniger negative Valenz für die gewalthaltigen und die negativen, gewalthaltfreien Bilder vorher. Die physiologischen Maßen replizierten dieses Ergebnis. Jedoch zeigte sich ein anderes Muster für den Affekt beim Konsum von Gewalt in den Medien. Personen, die Gewalt in den Medien stärker erfreut, zeigen eine Reduktion der Responsivität gegenüber Gewalt auf allen vier Maßen. Weiterhin war bei drei dieser vier Maße (selbstberichte Valenz, Aktivität des C. Supercilii und Hautleitreaktion) dieser Zusammenhang auf die gewalthaltigen Bilder beschränkt, mit keinem oder nur einem kleinen Effekt auf die negativen, aber nichtgewalthaltigen Bilder. Das dritte Experiment (N = 73) untersuchte den Affekt während die Teilnehmer ein Computerspiel spielten. Das Spiel wurde eigens für dieses Experiment programmiert, sodass einzelne Handlungen im Spiel mit der Aktivität des C. Supercilii, dem Indikator für negativen Affekt, in Bezug gesetzt werden konnten. Die Analyse des C. Supercilii zeigte, dass wiederholtes Durchführen von aggressiven Spielzügen zu einem Rückgang von negativen Affekt führte, der die aggressiven Spielhandlungen begleitete. Der negative Affekt während gewalthaltiger Spielzüge wiederum sagte die affektive Reaktion gegenüber Darstellungen von gewalthaltigen Bildern vorher, nicht jedoch gegenüber den negativen Bildern. Das vierte Experiment (N = 77) untersuchte kognitive Desensibilisierung, die die Entwicklung von Verknüpfungen zwischen neutralen und aggressiven Kognitionen beinhaltete. Die Teilnehmer spielten einen Ego-Shooter entweder auf einem Schiff- oder einem Stadtlevel. Die Beziehung zwischen den neutralen Konstrukten (Schiff/Stadt) und den aggressiven Kognitionen wurde mit einer lexikalischen Entscheidungsaufgabe gemessen. Das Spielen im Schiff-/Stadt-Level führte zu einer kürzen Reaktionszeit für aggressive Wörter, wenn sie einem Schiff- bzw. Stadtprime folgten. Dies zeigte, dass die im Spiel enthaltenen neutralen Konzepte mit aggressiven Knoten verknüpft werden. Die Ergebnisse dieser vier Experimente wurden diskutiert im Rahmen eines lerntheoretischen Ansatzes um Desensibilisierung zu konzeptualisieren.
When playing violent video games, aggressive actions are performed against the background of an originally neutral environment, and associations are formed between cues related to violence and contextual features. This experiment examined the hypothesis that neutral contextual features of a virtual environment become associated with aggressive meaning and acquire the function of primes for aggressive cognitions. Seventy-six participants were assigned to one of two violent video game conditions that varied in context (ship vs. city environment) or a control condition. Afterwards, they completed a Lexical Decision Task to measure the accessibility of aggressive cognitions in which they were primed either with ship-related or city-related words. As predicted, participants who had played the violent game in the ship environment had shorter reaction times for aggressive words following the ship primes than the city primes, whereas participants in the city condition responded faster to the aggressive words following the city primes compared to the ship primes. No parallel effect was observed for the non-aggressive targets. The findings indicate that the associations between violent and neutral cognitions learned during violent game play facilitate the accessibility of aggressive cognitions.
This article investigated how the development of deviant behavior in adolescence is influenced by the variability of deviant behavior in the peer group. Based on the social information-processing (SIP) model, we predicted that peer groups with a low variability of deviant behavior (providing normative information that is easy to process) should have a main effect on the development of adolescents’ deviant behavior over time, whereas peer groups in which deviant behavior is more variable (i.e., more difficult to process) should primarily impact the deviant behavior of initially nondeviant classroom members. These hypotheses were largely supported in a multilevel analysis using self-reports of deviant behavior in a sample of 16,891 adolescents in 1,308 classes assessed at two data waves about 1-year apart. The results demonstrate the advantages of studying cross-level interactions to clarify the impact of the peer environment on the development of deviant behavior in adolescence.
Peer groups are critical socialization agents for the development of social behavior in adolescence, but studies examining peer-group effects on individuals' prosocial behavior are scarce. Using a two-wave, multilevel data set (N = 16,893, 8481 male; 8412 female; mean age at Time 1: 14.0 years) from 1308 classes in 252 secondary schools in Germany, main effects of the classroom level of prosocial behavior, cross-level interactions between the classroom and the individual levels of prosocial behavior at Time 1, and the moderating role of gender were examined. The results showed that adolescents in classrooms with high collective levels of prosocial behavior at Time 1 reported more prosocial behavior at Time 2, about two years later, reflecting a class-level main effect. A significant cross-level interaction indicated that a high classroom level of prosocial behavior particularly affected individuals with lower levels of prosocial behavior at Time 1. The influence of same-gender peers was larger compared with opposite-gender peers. The findings are discussed with respect to social learning mechanisms in the development of prosocial behavior and their implications for interventions to promote prosocial behavior.
The Girls Set the Tone: Gendered Classroom Norms and the Development of Aggression in Adolescence
(2015)
In a four-wave longitudinal study with N = 1,321 adolescents in Germany, we examined the impact of class-level normative beliefs about aggression on aggressive norms and behavior at the individual level over the course of 3 years. At each data wave, participants indicated their normative acceptance of aggressive behavior and provided self-reports of physical and relational aggression. Multilevel analyses revealed significant cross-level interactions between class-level and individual-level normative beliefs at T1 on individual differences in physical aggression at T2, and the indirect interactive effects were significant up to T4. Normative approval of aggression at the class level, especially girls' normative beliefs, defined the boundary conditions for the expression of individual differences in aggressive norms and their impact on physically and relationally aggressive behavior for both girls and boys. The findings demonstrate the moderating effect of social norms on the pathways from individual normative beliefs to aggressive behavior in adolescence.
When playing violent video games, aggressive actions are performed against the background of an originally neutral environment, and associations are formed between cues related to violence and contextual features. This experiment examined the hypothesis that neutral contextual features of a virtual environment become associated with aggressive meaning and acquire the function of primes for aggressive cognitions. Seventy-six participants were assigned to one of two violent video game conditions that varied in context (ship vs. city environment) or a control condition. Afterwards, they completed a Lexical Decision Task to measure the accessibility of aggressive cognitions in which they were primed either with ship-related or city-related words. As predicted, participants who had played the violent game in the ship environment had shorter reaction times for aggressive words following the ship primes than the city primes, whereas participants in the city condition responded faster to the aggressive words following the city primes compared to the ship primes. No parallel effect was observed for the non-aggressive targets. The findings indicate that the associations between violent and neutral cognitions learned during violent game play facilitate the accessibility of aggressive cognitions.
The girls set the tone
(2015)
In a four-wave longitudinal study with N = 1,321 adolescents in Germany, we examined the impact of class-level normative beliefs about aggression on aggressive norms and behavior at the individual level over the course of 3 years. At each data wave, participants indicated their normative acceptance of aggressive behavior and provided self-reports of physical and relational aggression. Multilevel analyses revealed significant cross-level interactions between class-level and individual-level normative beliefs at T1 on individual differences in physical aggression at T2, and the indirect interactive effects were significant up to T4. Normative approval of aggression at the class level, especially girls’ normative beliefs, defined the boundary conditions for the expression of individual differences in aggressive norms and their impact on physically and relationally aggressive behavior for both girls and boys. The findings demonstrate the moderating effect of social norms on the pathways from individual normative beliefs to aggressive behavior in adolescence.
Fragestellung: Es soll die Qualität der Berichterstattung über Suizide und Suizidversuche in deutschsprachigen Jugendmagazinen näher untersucht werden und Veränderungen der Suizidzahlen unter Jugendlichen in Österreich nach dem Erscheinen von Berichten erfasst werden. Methodik: Suizidberichte aus fünf großen deutschsprachigen Jugendmagazinen wurden mithilfe qualitativer Inhaltsanalyse im Hinblick auf Geschlecht, dargestellte Motive, Suizid(versuchs)methoden, positive und negative Darstellungsweisen, Schuldzuweisungen und Abweichungen von Medienempfehlungen zur Berichterstattung über Suizid analysiert. Die Suizidzahlen 2 Wochen vor und nach dem Erscheinen von Suizidberichten wurden verglichen. Ergebnisse: 59 Berichte wurden identifiziert. Die häufigste Berichterstattung zum Thema Suizid fand sich in der Zeitschrift Bravo, wobei es zu einer leichten Überrepräsentation weiblicher Suizide und insgesamt zu einer Unterrepräsentation von Suizidversuchen kam. Entsprechend der Epidemiologie suizidalen Verhaltens wurde Sturz in die Tiefe am häufigsten bei Mädchen und Erhängen bei den Jungen beschrieben. Bei den dargestellten Motiven zeigte sich, dass wichtige Faktoren wie psychiatrische Erkrankungen kaum Erwähnung fanden. Während Suizidentinnen häufig positiv dargestellt wurden, wurden Suizidenten häufiger negativ dargestellt. Implizite Schuldzuweisungen wurden vorwiegend den Eltern zugeschrieben. Es zeigte sich kein Hinweis auf einen Werther-Effekt nach Berichterstattung. Schlussfolgerungen: Die weitgehende Divergenz zwischen der Epidemiologie von Suizidalität Jugendlicher und im deutschsprachigen Raum derzeit vorherrschenden Mediendarstellungen verdeutlicht wichtige Ansatzpunkte für Präventions- und Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung.
This two-wave longitudinal study identified configurations of social rejection, affiliation with aggressive peers, and academic failure and examined their predictivity for reactive and proactive aggression in a sample of 1,479 children and adolescents aged between 9 and 19 years. Latent profile analysis yielded three configurations of risk factors, made up of a non-risk group, a risk group scoring high on measures of social rejection (SR), and a risk group scoring high on measures of affiliation with aggressive peers and academic failure (APAF). Latent path analysis revealed that, as predicted, only membership in the SR group at T1 predicted reactive aggression at T2 17 months later. By contrast, only membership in the APAF group at T1 predicted proactive aggression at T2.
Exposure to peer aggression is a major risk factor for the development of aggressive behavior in childhood and adolescence. Furthermore, peer aggression has the propensity to spread and affect individuals who were not exposed to the original source of aggression. The aim of this paper is to demonstrate that peer aggression is in many regards similar to a contagious disease. By presenting a program of research based on longitudinal and multilevel studies, we provide evidence for the contagious quality of aggressive behavior, show that individuals vary in their susceptibility to peer aggression, and describe group‐level characteristics that moderate the influence of peer aggression. We discuss mechanisms that may explain how individuals catch aggressive behavior from their peers and how the effects on the development of individuals' aggressive behavior unfold over time. Further, we examine processes that may increase the risk of being exposed to peers' aggressive behavior. We conclude with discussing implications for future studies on the contagious nature of peer aggression.