Refine
Year of publication
- 2022 (70) (remove)
Document Type
- Doctoral Thesis (70) (remove)
Language
- German (70) (remove)
Is part of the Bibliography
- yes (70)
Keywords
- Kunstgeschichte (3)
- Antisemitismusforschung (2)
- Bundeswehr (2)
- Dokumentarische Methode (2)
- Epigrafik (2)
- Friedhof (2)
- Holocaust (2)
- Judaistik (2)
- Jüdische Studien (2)
- Kalter Krieg (2)
Institute
- Historisches Institut (15)
- Bürgerliches Recht (6)
- Department Erziehungswissenschaft (6)
- Institut für Biochemie und Biologie (6)
- Öffentliches Recht (5)
- Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft (4)
- Institut für Chemie (3)
- Institut für Ernährungswissenschaft (3)
- Institut für Künste und Medien (3)
- Department Grundschulpädagogik (2)
Das Totenfürsorgerecht
(2022)
Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit den allgegenwärtigen Fragen, welches rechtliche Schicksal der menschliche Körper nach dem Tod nimmt, ob der Leichnam vererbt wird und wer in welchem Umfang über ihn bestimmen darf. Die Autorin gelangt zu dem Ergebnis, dass das Totenfürsorgerecht als wesentlicher Bestandteil des - im Grundgesetz als Staatszielbestimmung zu verankernden - sog. postmortalen Persönlichkeitsschutzes auf die Wahrung der Pietät ziele und zuvörderst dem Willen des Verstorbenen verpflichtet sei. Bei unbekanntem Verstorbenenwillen dürfe der Totenfürsorgeberechtigte aber in einigen wenigen Bereichen auch eigene Entscheidungen über den ihm anvertrauten Leichnam treffen. Der Umgang mit dem Leichnam lasse sich bislang keinem bekannten Rechtsinstitut zuordnen und stelle Gewohnheitsrecht dar. Gegenwärtig herrsche Rechtsunsicherheit. Zur Behebung des gesetzgeberischen Defizits schlägt die Autorin ein Bundesgesetz vor und unterbreitet hierfür einen Gesetzesvorschlag.
Queer Curating
(2022)
Dieses Buch ist für alle, die mutig genug sind, sich selbst und das Zeigen von Kunst zu stören. Beatrice Miersch entwirft radikal-relationale Alternativen zu zeitgenössischen Ausstellungspraktiken. Um sich der gesellschaftlichen Verantwortung im Rahmen des Ausstellens von Kunst zu stellen, erprobt sie queer-feministische, kulturwissenschaftliche und selbstreflektierende Methoden in der Praxis und Theorie des Kuratierens. Momente kuratorischer Störung werden zu produktiv-schöpferischen Momenten der Unterbrechung, mit denen sie reflektierte, offene, engagierte und vulnerable Perspektiven auf das Ausstellen eröffnet und tradierte Strukturen durchbricht.
Epigenetische Mechanismen spielen eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese von Colitis ulcerosa (CU). Ihr Einfluss auf das beobachtete Ungleichgewicht zwischen pro- und anti-inflammatorischen Cytokinen ist hingegen weitgehend unerforscht. Einige der wichtigsten immunmodulatorischen Cytokine sind die Mitglieder der heterodimeren Interleukin- (IL-) 12-Familie, die durch das Kombinieren einer der drei α-Ketten (IL-12p35, IL-27p28, IL-23p19) mit den ß-Untereinheiten IL-12p40 oder EBI3 (Epstein-Barr Virus-induziertes Gen 3) charakterisiert sind. IL-35 (IL-12p35/EBI3) spielt eine bedeutende anti-inflammatorische Rolle bei verschiedenen Erkrankungen, wohingegen seine Level bei chronischen Entzündungen erniedrigt sind. Eine mögliche Ursache könnte eine transkriptionelle Stilllegung über epigenetische Modifikationen sein. Tatsächlich konnte durch die Stimulation mit dem DNA-Methyltransferase-Inhibitor (DNMTi) Decitabin (DAC; Dacogen®) eine Induktion von EBI3 in humanen Epithelzellen aus gesundem Colon (HCEC) erreicht werden, die als Modell für ein lokales Entzündungsgeschehen dienten. Diese Regulation über DNA-Methylierung konnte in weiteren humanen Zellen unterschiedlichen Ursprungs sowie durch Stimulation von HCEC-Zellen mit zwei weiteren DNMTi, dem Cytosin-Analogon Azacytidin (AZA; Vidaza®) und dem natürlich vorkommenden, epigenetisch wirksamen Polyphenol Epigallocatechingallat (EGCG), verifiziert werden. Die kombinierte Inkubation mit Tumor-Nekrose-Faktor α (TNFα) resultierte jeweils in einer über-additiven Induktion von EBI3.
Weiterführende Untersuchungen zeigten, dass TNFα trotz Beeinflussung der epigenetischen DNMT- und Ten-eleven Translocation- (TET-) Enzyme keinen Einfluss auf die globalen Methylierungs- oder Hydroxymethylierungslevel hatte, jedoch eine genspezifische DNA-Hypomethylierung im EBI3-Promotor induzierte. Durch Nutzung verschiedener Inhibitoren konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass der beobachtete synergistische Effekt der gemeinsamen DAC und TNFα-Stimulation hauptsächlich über NFκB (Nuclear factor “kappa-light-chain-enhancer” of activated B-cells) vermittelt wird. Ein Teil verläuft dabei über p38 MAPK (mitogen-activated protein kinases), während die JNK- (c-Jun N-terminale Kinasen-) und ERK- (extracellular-signal-regulated kinases) Signalwege keine Rolle spielen.
In der vorliegenden Arbeit wurde zudem gezeigt, dass die DNA-Hypomethylierung während eines entzündlichen Zustandes auch in einer erhöhten EBI3-Proteinexpression resultiert. Die Höhe der immunologisch detektierten Banden wies auf eine Dimerbildung sowohl im Zelllysat als auch im Überstand hin. Humane Colonepithelzellen sind demnach in der Lage, Cytokine zu bilden und zu sezernieren, was die Bedeutung von Nicht-Immunzellen bei der lokalen Immunantwort unterstreicht. Mittels Genexpressionsanalysen wurden IL-12p35 und IL-23p19 als mögliche Bindungspartner identifiziert. Aufgrund kreuzreaktiver Antikörper ist ein direkter Nachweis der EBI3-Dimere derzeit nicht möglich. Die stattdessen genutzte Kombination verschiedener Methoden dient als geeigneter Ersatz für die problematischen Antikörper-basierten Analysen wie Immunpräzipitation oder ELISA. Durch molekularbiologische, immunologische und massenspektrometrische Methoden konnte IL-35 identifiziert werden, während IL-39 (IL-23p19/EBI3) nicht detektiert wurde. Dies ist in Einklang mit den Erkenntnissen mehrerer Forschungsgruppen, die eine Bildung des nativen humanen Dimers aus IL-23p19 und EBI3 bezweifeln. Des Weiteren wurde die biologische Aktivität des behandlungsinduzierten IL 35-Proteins durch einen Funktionsassay nachgewiesen.
Neben einer DNMTi-bedingten transkriptionellen Aktivierung konnte eine Regulation von EBI3 über Histonacetylierungen gezeigt werden. Der EBI3-induzierende Effekt des Histondeacetylasen-Inhibitors (HDACi) Trichostatin A (TSA) wurde durch SAHA (suberoylanilide hydroxamic acid (Vorinostat; Zolinza®)) verifiziert. Ähnlich zu der Stimulation mit den hypomethylierenden Substanzen wurde ein synergistischer Effekt bei paralleler Inkubation mit TNFα beobachtet, der in einer gesteigerten Bildung des EBI3-Proteins resultierte.
Um die Befunde in einem komplexeren in vivo-Modell zu untersuchen, wurde eine chronische Colitis in Ebi3-defizienten Mäusen und dem dazugehörigen Wildtypstamm C57BL/6 durch zyklische Applikation von Natriumdextransulfat (Dextran sodium sulfate (DSS)) induziert. Der Vergleich klinischer Parameter wie Mortalitätsrate und Körper- sowie Milzgewicht wies bei Abwesenheit von Ebi3 signifikant stärkere colitische Symptome auf. Dies bestätigte die zentrale Rolle von Ebi3 in der Colitisentwicklung und deutete auf eine bevorzugte Bildung des anti-inflammatorisch wirkenden IL-35 statt des pro-inflammatorischen IL-39 in den Wildtyptieren hin. Durch zusätzliche therapeutische Behandlung der C57BL/6-Mäuse nach der DSS-Gabe konnte die in der Literatur beschriebene positive Wirkung von SAHA auf die Colitismanifestation bestätigt werden. Im Gegensatz dazu war der HDACi in den Ebi3-defizienten Tieren nicht in der Lage, die colitischen Parameter zu verbessern beziehungsweise verschlimmerte den Krankheitsphänotyp. Expressionsanalysen von Up- und Downstream-Target-Genen lieferten weitere Hinweise darauf, dass bei Anwesenheit von Ebi3 IL-35 statt IL-39 gebildet wird, was in Einklang mit den in vitro-Untersuchungen steht.
Die vorliegende Arbeit konnte durch den Vergleich der C57BL/6-Mäuse mit den Ebi3-defizienten Tieren neue Erkenntnisse über die Wirkungsweise von SAHA erbringen. Histonacetylierende Bedingungen verbessern colitische Symptome über einen Mechanismus, der die epigenetische Induktion von Ebi3 mit nachfolgender IL-35-Bildung involviert. Durch Kooperation der epigenetischen Mechanismen Hypomethylierung und Histonacetylierung wurde der stärkste Effekt auf die EBI3-Induktion bewirkt.
Insgesamt konnte in der vorliegenden Arbeit durch in vitro- und in vivo-Analysen die epigenetische und NFκB-vermittelte Induktion von EBI3 über DNA-Demethylierung und Histonacetylierung mit nachfolgender IL-35-Bildung und –Sezernierung nachgewiesen werden. Da IL-35 in der Lage ist, colitische Symptome zu mildern, stellt die epigenetische Reaktivierbarkeit von EBI3 durch DNMTi und HDACi eine vielversprechende Alternative für die derzeit genutzten, oft nicht oder nur kurzfristig wirksamen Therapien bei der Behandlung einer CU dar. Einer übermäßigen Immunantwort während schubweiser entzündlicher Phasen könnte entgegengewirkt und Komplikationen wie die Bildung Colitis-assoziierter Karzinome verhindert werden.
Der Jüdische Friedhof in Potsdam am Pfingstberg wurde 1743 angelegt und kontinuierlich bis in die NS-Zeit belegt. Bis Anfang des 21. Jahrhunderts gab es vereinzelte Begräbnisse mit Bezug zur alten Jüdischen Gemeinde Potsdams; mehrere Gedenkanlagen wurden errichtet. Mit mehr als 500 historischen Grabanlagen, seinem Ensemble aus Friedhofsbauten sowie aufgrund seiner Landschaftsarchitektur gehört dieser Ort heute zum UNESCO-Welterbe.
Teil 1 von Anke Geißler-Grünbergs Studie ist der Geschichte des Friedhofs gewidmet. Nach einem Blick auf die Rolle der Jüdischen Gemeinde Potsdams als Eigentümerin des Friedhofs erfolgt unter Auswertung von umfangreichem Archivmaterial eine detaillierte Darstellung der Geschichte des „Guten Ortes“. Eine Untersuchung sämtlicher Grabmale auf unterschiedliche Gestaltungsmerkmale visualisiert und rekonstruiert die Veränderungen in der erhaltenen Sepulkralkultur. Abschließend richtet sich der Fokus auf den Umgang mit dem Friedhof als Ort der Erinnerung.
Teil 2 bietet die Dokumentation von 370 Grabanlagen. Um den Friedhof in seiner Gesamtheit abzubilden, wurde die 1992 erfolgte Teildokumentation der 158 Grabsteine des gesamten ältesten Begräbnisfeldes ergänzend hinzugenommen. Mit mehr als 1.000 Fotos wird hier ein einmaliges Zeugnis der Brandenburger Juden dokumentiert.
Wie kam es zu dem ikonischen Überschuss des christlichen Heiligenbildes? Janine Luge-Winter geht dieser Frage nach, indem sie die verschiedenen Argumente byzantinischen Bildapologien des 8. und 9. Jahrhunderts und der modernen Ikonentheorien des 20. Jahrhunderts erstmals in ihrer Studie versammelt, miteinander vergleicht und kontextualisiert. Sie zeigt, dass das Mehr der Ikone deren besonderer Sichtbarkeit ist, die eine Überwindung der Undarstellbarkeit des Undarstellbaren evoziert, indem sie das Undarstellbare konkret als solches akzeptiert. Verständlich wird dies nur, wenn die Ikone als »etwas anderes« als ein repräsentationales oder mimetisches Bild anerkannt wird.
Proteine erfüllen bei einer Vielzahl von Prozessen eine essenzielle Rolle. Um diese Funktionsweisen zu verstehen, bedarf es der Aufklärung derer Struktur und deren Bindungsverhaltens mit anderen Molekülen wie Proteinen, Peptiden, Kohlenhydraten oder kleinen Molekülen. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden der Wildtyp und die Punktmutante N126W eines Kohlenhydrat-bindenden Proteins aus dem hitzestabilen Bakterium C. thermocellum untersucht, welches Teil eines Komplexes ist, der Kohlenhydrate wie Cellulose erkennen, binden und abbauen kann. Dazu wurde dieses Protein mit E.coli Bakterien hergestellt und durch Metallchelat- und Größenausschlusschromatographie gereinigt. Die Proteine konnten isotopenmarkiert mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) untersucht werden. H/D-Austauschexperimente zeigten leicht und schwer zugängliche Stellen im Protein für eine mögliche Ligandenwechselwirkung. Anschließend konnte eine Interaktion beider Proteine mit Cellulosefragmenten festgestellt werden. Diese interagieren über zwischenmolekulare Kräfte mit den Seitenketten von aromatischen Aminosäuren und über Wasserstoffbrückenbindungen mit anderen Resten. Weiterhin wurde die Calcium-Bindestelle analysiert und es konnte gezeigt werden, das diese nach der Proteinherstellung mit einem Calcium-Ion besetzt ist und dieses mit dem Komplexbildner EDTA entfernbar ist, jedoch wieder reversibel besetzt werden kann. Zum Schluss wurde mittels zweier Methoden versucht (grafting from und grafting to), das Protein mit einem temperatursensorischen Polymer (Poly-N-Isopropylacrylamid) zu koppeln, um so Eigenschaften wie Löslichkeit oder Stabilität zu beeinflussen. Es zeigte sich, das während die grafting from Methode (Polymer wächst direkt vom Protein) zu einer teilweisen Entfaltung und Destabilisierung des Proteins führte, bei der grafting to Methode (Polymer wird separat hergestellt und dann an das Protein gekoppelt) das Protein seine Stabilität behielt und nur wenige Polymerketten angebaut waren. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Interaktion von zwei LIM-Domänen des Proteins Paxillin und der zytoplasmatischen Domäne der Peptide Integrin-β1 und Integrin-β3. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Bewegung von Zellen. Dabei interagieren sie mit einer Vielzahl an anderen Proteinen, um fokale Adhäsionen (Multiproteinkomplexe) zu bilden. Bei der Herstellung des Peptids Integrin-β3 zeigte sich durch Größenausschlusschromatographie und Massenspektrometrie ein Abbau, bei dem verschiedene Aminosäuregruppen abgespalten werden. Dieser konnte durch eine Zugabe des Serinprotease-Inhibitors AEBSF verhindert werden. Anschließend wurde die direkte Interaktion der Proteine untereinander mittels NMR untersucht. Dabei zeigte sich, das Integrin-β1 und Integrin-β3 an die gleiche Position binden, nämlich an den flexiblen Loop der LIM3-Domäne von Paxillin. Die Dissoziationskonstanten zeigten, dass Integrin-β1 mit einer zirka zehnfach höheren Affinität im Vergleich zu Integrin-β3 an Paxillin bindet. Während Paxillins Bindestelle an Integrin-β1 in der Mitte des Peptids liegt, ist bei Integrin-β3 der C-Terminus essenziell. Daher wurden die drei C-terminalen Aminosäuren entfernt und erneut Bindungsstudien durchgeführt, welche gezeigt haben, das die Affinität dadurch fast vollständig unterbunden wurde. Final wurde der flexible Loop der LIM3-Domäne in zwei andere Aminosäuresequenzen mutiert, um die Bindung auf der Paxillin-Seite auszulöschen. Jedoch zeigten sowohl Zirkulardichroismus-Spektroskopie als auch NMR-Spektroskopie, dass die Mutationen zu einer teilweisen Entfaltung der Domäne geführt haben und somit nicht als geeignete Kandidaten für diese Studien identifiziert werden konnten.
Die vorliegende Dissertation verfolgt das Ziel, die diagnostischen Möglichkeiten für das Stö-rungsbild der erworbenen Dyslexie bei deutschsprachigen Personen mit Dyslexie (PmD) zu erweitern und zu spezifizieren.
In der Literatur werden verschiedene Sprachverarbeitungsmodelle diskutiert, die den kognitiven Prozess der Schriftsprachverarbeitung zu erklären versuchen. Alle Überlegungen, Erhebungen und Analysen dieser Dissertation fußen auf den theoretischen Annahmen des kognitiven Zwei-Routen-Lesemodells, welches zwischen lexikalisch-semantischer und segmentaler, sub-lexikalischer Verarbeitung beim Lesen unterscheidet und so die voneinander unabhängigen Fähigkeiten zum Lesen bekannter und unbekannter Wörter abbilden kann. Mit dem im Rahmen der Dissertation entwickelten, kognitiv orientierten Diagnostikverfahren DYMO (Dyslexie Mo-dellorientiert) soll durch die Erhebung der Lesefähigkeiten von PmD eine möglichst genaue modelltheoretische Verortung der Lesebeeinträchtigung erreicht und eine Grundlage für die Planung einer lesebezogenen Therapie geschaffen werden. Dabei werden auch Modellkomponenten des Zwei-Routen-Lesemodells berücksichtigt, die bisher im deutschsprachigen Raum noch nicht etabliert sind. Dazu zählen Unterkomponenten der Visuellen Analyse, die für die Identifikation von Buchstaben und das Kodieren von Buchstabenpositionen verantwortlich sind und Unterkomponenten der segmentalen Leseroute, die den einzelheitlichen Leseprozess auf dieser Modellroute schrittweise abbilden. Das Itemmaterial aus DYMO ist nach diversen psycholinguistisch kontrollierten Variablen kontrolliert. Hierbei werden auch Variablen berücksichtigt, die bisher in der Dyslexiediagnostik für deutschsprachige PmD nicht systematisch erfasst werden können, wie die Wortlänge und die graphematische Komplexität von Pseudowörtern.
Die erste dieser Dissertation zugrundeliegende Publikation (Originalarbeit I) befasst sich mit den Parametern und Modellkomponenten, die für eine umfassende modelltheoretisch basierte Di-agnostik bei erworbener Dyslexie entscheidend sind. Es werden außerdem Überlegungen zu Fehlertypen-Kategorisierung angestellt.
Die zweite Publikation (Originalarbeit II) stellt das Testverfahren DYMO dar. Das dazugehörige Handbuch liefert detaillierte Informationen zum Aufbau und der Konstruktion des Testverfah-rens, zur Durchführung und Auswertung der einzelnen Untertests und zur Einstufung einer Leistung in einen Leistungsbereich. Anhand von ausführlich beschriebenen Fallbeispielen zweier PmD werden die Durchführung, Auswertung, Interpretation und das Ableiten von Therapiezielen dargestellt. Die Ergebnisse dieser Fallbeschreibungen verdeutlichen die diagnostische Ergänzung durch DYMO und zeigen, dass das explizite Untersuchen der Unterkomponenten der Visuellen Analyse und der segmentalen Leseroute sowie der Einbezug der Variablen Wortlänge und gra-phematische Komplexität den Lesebefund spezifizieren und den Therapieeinstieg konkretisieren können.
Die dritte Publikation (Originalarbeit III) zeigt in einer systematischen Vergleichsstudie anhand einer Fallserie von zwölf PmD die Unterschiede zwischen dem Diagnostikverfahren DYMO und einem weiteren kognitiv basierten Diagnostikverfahren. Es wird diskutiert, inwieweit DYMO eine sinnvolle Ergänzung im Diagnostikprozess erworbener Dyslexien darstellen kann. Außerdem werden leicht und schwer beeinträchtigte PmD in Gruppenanalysen verglichen, um zu prüfen, ob DYMO insbesondere bei leicht beeinträchtigten PmD eine Ergänzung bieten kann. Aufgrund des komplexeren Itemmaterials von DYMO (beispielsweise aufgrund der Kontrolle der Wortlänge) wurde angenommen, dass leicht beeinträchtigte PmD in DYMO-Untertests auffälligere Leseleistungen zeigen als in Aufgaben des gegenübergestellten anderen Diagnostikverfahrens. Diese Hypothese konnte teilweise bestätigt werden. Leicht beeinträchtigte PmD zeigten häufiger Längeneffekte als schwer beeinträchtigte PmD. Insgesamt fiel der Gruppenunterschied jedoch nicht so deutlich aus, wie erwartet.
Mit dem kriteriumsorientiert normierten und finalisierten Material von DYMO wurden 17 PmD getestet. Ausführliche Befunde für jede einzelne PmD mit darauffolgenden Therapieimplikationen zeigen, dass insbesondere die Spezifizierung eines segmentalen Lesedefizits bei einer schwer beeinträchtigten Leistung im Lesen von Pseudowörtern zur erweiterten Aussage bezüglich des modelltheoretischen Störungsortes beitragen kann. Dies verdeutlicht die hohe Aussagekraft der DYMO-Untertests und die Relevanz einer spezifischen und detaillierten modellbasierten Befunderhebung für eine explizite, individuelle Therapieplanung bei erworbenen Dyslexien.
Abzug unter Beobachtung
(2022)
Mehr als vier Jahrzehnte lang beobachteten die Streitkräfte und Militärnachrichtendienste der NATO-Staaten die sowjetischen Truppen in der DDR. Hierfür übernahm in der Bundesrepublik Deutschland der Bundesnachrichtendienst (BND) die militärische Auslandsaufklärung unter Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden. Die Bundeswehr betrieb dagegen taktische Fernmelde- und elektronische Aufklärung und hörte vor allem den Funkverkehr der „Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“ (GSSD) ab. Mit der Aufstellung einer zentralen Dienststelle für das militärische Nachrichtenwesen, dem Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr, bündelte und erweiterte zugleich das Bundesministerium für Verteidigung in den 1980er Jahren seine analytischen Kapazitäten. Das Monopol des BND in der militärischen Auslandsaufklärung wurde von der Bundeswehr dadurch zunehmend infrage gestellt.
Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 befanden sich immer noch mehr als 300.000 sowjetische Soldaten auf deutschem Territorium. Die 1989 in Westgruppe der Truppen (WGT) umbenannte GSSD sollte – so der Zwei-plus-Vier-Vertrag – bis 1994 vollständig abziehen. Der Vertrag verbot auch den drei Westmächten, in den neuen Bundesländern militärisch tätig zu sein. Die für die Militäraufklärung bis dahin unverzichtbaren Militärverbindungsmissionen der Westmächte mussten ihre Dienste einstellen. Doch was geschah mit diesem „alliierten Erbe“? Wer übernahm auf deutscher Seite die Aufklärung der sowjetischen Truppen und wer kontrollierte den Truppenabzug?
Die Studie untersucht die Rolle von Bundeswehr und BND beim Abzug der WGT zwischen 1990 und 1994 und fragt dabei nach Kooperation und Konkurrenz zwischen Streitkräften und Nachrichtendiensten. Welche militärischen und nachrichtendienstlichen Mittel und Fähigkeiten stellte die Bundesregierung zur Bewältigung des Truppenabzugs zur Verfügung, nachdem die westlichen Militärverbindungsmissionen aufgelöst wurden? Wie veränderten sich die Anforderungen an die militärische Auslandsaufklärung des BND? Inwieweit setzten sich Konkurrenz und Kooperation von Bundeswehr und BNDbeim Truppenabzug fort? Welche Rolle spielten dabei die einstigen Westmächte? Die Arbeit versteht sich nicht nur als Beitrag zur Militärgeschichte, sondern auch zur deutschen Nachrichtendienstgeschichte.
Pädagog*innen der Primarstufe nehmen an spezifischen bewegungsorientierten Weiterbildungen teil. Zahlreiche Untersuchungen im Kontext von Fort- und Weiterbildungen stellen dar, unter welchen Bedingungen sich Teilnahmen förderlich oder hinderlich auswirken. In didaktisch-konzeptionellen Überlegungen werden häufig Fragen diskutiert, wie äußere Umstände, etwa in Bezug auf zeitliche, räumliche oder inhaltliche Dimensionen, zu gestalten sind, damit Bildungsangebote im Schulsystem bestimmte Wirkungen erzielen. Unter welchen Bedingungen erfolgt sozusagen günstiger Weise eine Vermittlung von spezifischen Inhalten an Lehrer*innen, damit über diese ein Transfereffekt von (system-)relevantem Wissen in das Schulsystem erfolgen kann?
In dieser Forschungsarbeit soll nicht ein Bedingungsdiskurs im Vordergrund stehen, auf dessen Grundlage wirkungsvolle Vermittlungsstrategien für Bildungsangebote diskutiert werden. Im Zentrum steht die Frage nach je eigenen Teilnahme- und Lernbegründungen von Pädagog*innen, und wie sie sich zu ihrer Weiterbildung ins Verhältnis setzen. Dieser Zugang verändert die Perspektive auf die Thematik und erlaubt die Auseinandersetzung mit Subjekten im Rahmen eines Begründungsdiskurses. Im Zuge einer empirisch-qualitativen Studie werden narrative Interviews mit elf Absolvent*innen einer bewegungsorientierten Weiterbildung geführt, die Auswertung der Daten erfolgt mit der Dokumentarischen Methode. Die Rekonstruktionsergebnisse werden in Form von zwei Fallbeschreibungen und durch vier typische, in der Studie entwickelte, Begründungsfiguren dargestellt: die Figur Lernen, die Figur Wissensmanagement, die Figur Neugierige Suche und die Figur Körperliche Aktivität. Neben der Rekonstruktion von Teilnahme- und Lernbegründungsmustern wird deutlich, dass Teilnehmen und Lernen keine unterschiedlichen Zugangslogiken in Bezug auf Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge verfolgen. Vielmehr sind sowohl expansive als auch defensive Lernbegründungen im Zuge von Teilnahmebegründungen identifizierbar.