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Kinder mit internalisierenden Problemen erleben täglich herausfordernde akademische sowie soziale Situationen im Schulkontext. Dabei ist entscheidend, dass Lehrkräfte in der Lage sind diese Kinder zu identifizieren, um pädagogisch adäquat handeln zu können. Aufgrund der nach innen gerichteten Symptome stellt das Erkennen internalisierender Probleme eine große Herausforderung dar. Zur Diagnostik werden vorwiegend standardisierte Fragebögen eingesetzt, welche den Schulkontext sowie spezifische Altersgruppen und die damit einhergehende Veränderlichkeit von Emotionswahrnehmungen der betroffenen Kinder nur unzureichend berücksichtigen. Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse einer Interviewstudie und diskutiert den Einsatz von Interviews als Methode zur Identifikation emotional relevanter Situationen aus der Perspektive von Kindern. Die Ergebnisse sollen der Ableitung alters- und kontextspezifischer Items dienen, um die Diagnostik internalisierender Schwierigkeiten weiterzuentwickeln.
Welche Eigenschaften machen das Computerspiel zum geeigneten Medium, das den pädagogischen Einsatz im Unterricht bereichern kann? Welche Computerspiele bieten welche Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit welchen Themen? Wie kann das Computerspiel auch im schulischen Umfeld den für den Lernprozess so wichtigen Lebensweltbezug herstellen?
Diese und viele weitere Fragen beantworten die Autor*innen des Bandes „Didaktik des digitalen Spielens“. Dafür begeben sie sich in einen Dialog der Wissenschaftsdisziplinen, leiten Möglichkeiten zum Einsatz von Computerspielen ab und werten Erfahrungen mit dem Einsatz von Computerspielen – auch in der Lehrendenbildung – aus. Mit ihren verschiedenen Zugängen zu Fragestellungen rund um eine „Didaktik des digitalen Spielens“ liefern sie einen Beitrag zu einem Diskurs, der besonders in Zeiten von Distanzunterricht notwendig und folgerichtig geführt werden muss. Die im Rahmen der gleichnamigen interdisziplinären Ringvorlesung im Wintersemester 2018/19 an der Universität Potsdam gehaltenen Vorträge sind durch die Diskussionen mit Studierenden geprägt und ausgewertet worden, so dass sie in der nun veröffentlichten Form auf mehreren Ebenen einen mehrperspektivischen Blick auf den Gegenstand „Computerspiel im Unterricht“ legen.
Die Amerikanischen Reisetagebücher wurden von Alexander von Humboldt während seines gesamten Lebens genutzt, dabei annotiert, auseinandergenommen und in Teilen an andere Forscher weitergegeben. In seinem letzten Lebensjahrzehnt ließ er diese in jene neun ledernen Bände einbinden, die heute in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz überliefert sind. Eine der Leitthesen der bisherigen Forschung lautete, dass dabei ihre ursprüngliche Ordnung verlorenging bzw. dass sie in großer Unordnung neu gebunden
wurden. In dem Beitrag wird gezeigt, dass diese Leitthese nicht zutrifft. Vielmehr darf von einem weitgehenden Erhalt des ursprünglichen Zustands der Tagebuchbände ausgegangen werden, jenes Zustands, der in dem 1805 in Berlin angefertigten alphabetischen Register zu seinen Manuskripten (Index général) überliefert ist. Analysiert wurden neben dem Index selbst die Materialität der Bän-
de, besonders Paginierungssprünge und Schnittkanten. Zudem wurde die bestehende Foliierung kritisch hinterfragt.
Die Reisetagebücher der Amerika-Reise (1799-1804) stellen ein Kompendium an schriftlichen Einträgen, Tabellen, Diagrammen und Zeichnungen dar, das in der Tradition römischer Papiermuseen des 17. Jhs. steht. Sie können als Mikrokosmen kleiner Kunstkammern aufgefasst werden, in denen Naturobjekte, Kunstwerke und Arbeitsmittel einen gemeinsamen Reflexionsraum bilden. Im Zentrum des vorliegenden Beitrags steht Humboldts Auffassung einer gestalteten Bestimmung von Landschaft vermittels besonders einprägsamer Bildformen. Auf erstaunliche Weise nähert sich Humboldts Ästhetik der Gesamtsicht von Natur Charles Darwins Begriff der natürlichen Schönheit an. In den Reisetagebüchern zeigt sich ein heterogener, von Lebendigkeit zeugender Charakter, der sowohl durch das unterschiedliche Format der einzelnen Hefte, als auch durch die inkonsistente Behandlung des Papiers erreicht wird. Dieser bewegliche Zug setzt sich in zahlreichen Zetteln, Briefen und weiteren Texten fort als ein eigenes Prinzip von Evolution.
Der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson (MP) liegt der Zerfall von Neuronen in den Basalganglien (BG) zugrunde, der mitunter zu kognitiv-sprachlichen Einschränkungen führt. Dies betrifft beispielsweise die Lautstärkeproduktion und -wahrnehmung. Betroffene sprechen signifikant leiser und weisen eine verringerte Wahrnehmungsspanne für Lautstärke auf. Dieses Wahrnehmungsdefizit und die Tatsache, dass die BG die betroffene neurologische Struktur bei MP sind, lässt eine Beteiligung dieser bei der Lautstärkeverarbeitung von Gesunden vermuten.
Um die Rolle der BG bei der Lautstärkeverarbeitung zu untersuchen, wurde eine generalisierte lineare Modellanalyse durchgeführt. Anhand von fMRT-Daten von gesunden Proband*innen, erhoben von Erb et al. (2020), wurde nach linearen Regressionen zwischen den präsentierten Lautstärkewerten und dem BOLD-Signal in acht BG-Regionen gesucht. Hierfür wurden Daten von 63 Proband*innen im Alter zwischen 18 und 78 Jahren (Durchschnitt: 43,4 Jahre) genutzt.
Im linken und rechten Putamen angrenzend zum Globus pallidus pars externa war eine positive lineare Regression beobachtbar. Eine negative lineare Regression zeigte sich im Kopf des Nucleus caudatus beider Hemisphären.
Teile der BG scheinen somit möglicherweise eine Rolle bei der Verarbeitung von Lautstärke zu spielen. In Bezug auf MP besteht die Möglichkeit, dass ihre neuronale Degeneration mitursächlich für die Wahrnehmungseinschränkungen ist. Dies sowie der Einfluss dieses rezeptiven Lautstärkedefizits auf die produktiven sprachlichen Einschränkungen sollten Gegenstand zukünftiger Untersuchungen sein. Es ist gut möglich, dass die Ursache der produktiven Lautstärkedefizite nicht motorischer, sondern rezeptiver Natur ist. Dies hätte einen großen Einfluss auf künftige sprachtherapeutische Konzepte bei der Behandlung produktiver Sprachstörungen bei MP.
Menschen mit Aphasie erleben erhebliche Einbußen in sozialer Teilhabe und Lebensqualität. Peer-to-Peer-Unterstützung durch Selbsthilfeangebote oder Peer-Befriending-Maßnahmen kann sich positiv auf Partizipation und psychisches Wohlbefinden auswirken. Mit dem Projekt shalk konnte gezeigt werden, dass von Betroffenen geleitete Selbsthilfegruppen maßgeblich zu Selbstwerterleben und verbesserter Lebensqualität der Leitungspersonen und der Gruppenteilnehmenden beitragen können. Um einen Austausch zwischen Betroffenen auch jenseits des Gruppensettings zu ermöglichen, können digitale Medien genutzt werden. Im Projekt PeerPAL wird ein für Menschen mit Aphasie angepasstes digitales soziales Netzwerk (Smartphone-App) zur virtuellen Vernetzung und persönlichen Begegnung entwickelt und evaluiert. Erste Daten weisen darauf hin, dass die Betroffenen die App nutzen können und mit Design und Funktionen zufrieden sind. Auswirkungen auf die Lebensqualität werden aktuell untersucht. Sprachtherapeut:innen nehmen in der Peer-to-Peer-Unterstützung insofern eine zentrale Rolle ein, als dass sie Betroffene in entsprechende Angebote einführen und sie mittels abgestufter Begleitung an die eigenständige Nutzung heranführen.
Das Akademienvorhaben „Alexander von Humboldt auf Reisen – Wissenschaft aus der Bewegung“ (AvH-R) hat Anfang 2015 mit einer projektierten Laufzeit von 18 Jahren seine Arbeit an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Die Hauptaufgabe von AvH-R besteht in der vollständigen Herausgabe der Humboldt‘schen Manuskripte zum Themenkomplex Reisen an der Schnittstelle von Kultur- und Naturwissenschaften. Die Schriftenreihe des Akademienvorhabens AvH-R läuft unter dem Titel Edition Humboldt und ist hybrid angelegt. Die Printedition der Tagebücher – Edition Humboldt – ist als Lesefassung konzipiert. Die Edition Humboldt digital zielt auf eine möglichst umfassende textorientierte Transkription und Kommentierung der Handschriften sowie auf eine intelligente Nutzung normdateibasierter Webdienste und Informationsangebote. Die ersten Ergebnisse wurden im Herbst 2016 der Öffentlichkeit unter avhr.bbaw.de präsentiert und werden hier zusammengefasst vorgestellt.
Hans Christian Ørsted gehörte zu den bedeutendsten Physikern seiner Zeit, er und Michael Faraday waren die Schöpfer des Elektromagnetismus. Ein erstes Treffen zwischen Alexander von Humboldt und Oersted fand im Frühjahr 1823 in Paris statt. Weitere Treffen folgten in Altona bzw. Hamburg im Jahr 1827, in Berlin 1828, in Berlin und Potsdam 1843 sowie in Kopenhagen 1845. Die erhaltenen Briefe – zwei Briefe von Humboldt an Ørsted sowie zwei Briefentwürfe von Oersted an Humboldt – gewähren weitere Einblicke in das gute Verhältnis, das diese beiden Wissenschaftler miteinander pflegten. Obwohl Ørsted eines der treuesten Mitglieder des Göttinger Magnetischen Vereins war und beste Beziehungen zu Gauß und Weber unterhielt, spielten im „Kosmos“ Ørsteds Beiträge zum Erdmagnetismus keine Rolle, hier wurden nur Ørsteds Beiträge zum Elektromagnetismus gewürdigt.
Überzeugungen zum Lehren und Lernen sind als Teil der professionellen Kompetenz von Lehrkräften bereits im Lehramtsstudium relevant und haben insbesondere in längeren Praxisphasen Entwicklungspotenzial. Welche Faktoren für die Entwicklung von Überzeugungen in Praxisphasen von Bedeutung sind, ist bislang aber nur unzureichend erforscht. In Interviews haben wir N = 16 Studierende befragt, welche Lerngelegenheiten für die Entwicklung ihrer Überzeugungen im Praxissemester eine Rolle spielten. Dabei konnten wir mittels Inhaltsanalyse vier übergeordnete Faktoren identifizieren: die universitäre Lernbegleitung, die Mentorinnen und Mentoren, die Schülerinnen und Schüler und die Reflexion eigener Unterrichtserfahrungen. Den Faktoren wurden untergeordnete Faktoren (z. B. Hospitationen durch Universitätsdozierende) zugeordnet und es wird dargestellt, warum und unter welchen Umständen diese Lerngelegenheiten für die Entwicklung der Überzeugungen aus Studierendensicht relevant sind.
Die Arbeit befasst sich mit der Vorgabe des Aachener Vertrages, welche mit der Schaffung des Deutsch-Französischen Bürgerfonds die Zivilgesellschaften der beiden Partnerländer und ihr weiteres Zusammenwachsen in den Fokus genommen haben. Hierzu wird auf die Frage eingegangen, warum eine weitere deutsch-französische Organisation gerade in diesen Zeiten notwendig ist und warum ihr durch Ausgestaltung als möglichst eigenständige Institution die erforderliche Rolle als beständiger Motor für eine notwendige weitere Europäisierung zuteilwerden kann.
Der Bürgerfonds soll mithilfe seiner finanziellen Unterstützungsleistungen des binationalen Austausches von Bürgerinitiativen, Stiftungen, Kulturzentren, Vereinen, Städtepartnerschaften und sonstigen Formen privaten Engagements als „Leuchtturmprojekt des Aachener Vertrages“ diejenigen ansprechen, welche bislang nicht als klassische stakeholder der deutsch-französischen Freundschaft bekannt geworden sind.
Die Ausgestaltung des Bürgerfonds als eigenständige internationale Organisation erscheint vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung die optimale Rechtsform. Seine generelle Aufbauorganisation sollte an der des Deutsch-Französischen Jugendwerks angelehnt werden. Insoweit war die Vorgabe der organisatorischen Einbindung des Bürgerfonds in das Jugendwerk im Rahmen der Pilotphase bis Ende 2022 nicht nur wegen der dort vorhandenen großen Expertise eine sinnvolle Entscheidung des Deutsch-Französischen Ministerrats.
Eine Erweiterung des Verwaltungs- bzw. Kontrollgremiums in einem selbständigen Bürgerfonds durch Vertreter der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung erscheint zur Gewährleistung von Transparenz und tagespolitischer Unabhängigkeit ebenso ratsam, wie seine zumindest partielle Öffnung für andere europäische Mitgliedsstaaten.
Abschließend bleibt zu konstatieren, dass in den Zeiten kriselnder Demokratien und der COVID-Gefahr eine Hinwendung zu den Bürgern und ihren privaten bzw. para-öffentlichen Organisationsformen ebenso wichtig ist, wie die Förderung des Austausches der Bürger beider Länder im Herzen Europas mehr denn je hilft, Distanzen zu überwinden und transnationale Gemeinschaft zu erleben.
Menschenrechte lassen sich begreifen als Antworten auf exemplarische Unrechtserfahrungen, und ihr Grundanliegen ist es, die natürliche Freiheit des Menschen gegenüber ungerechtfertigten Beschränkungen durch die von Staaten und heute auch von supranationalen Organisationen ausgeübte Hoheitsgewalt zu schützen. Sie sind somit nicht nur elementare Rechtsverbürgungen. Sie künden auch von der Rolle des Individuums in der Gemeinschaft, und in ihnen spiegelt sich die Vorstellung vom Staat. Menschenrechte gelten als Errungenschaft der Neuzeit. Die geistesgeschichtlichen Wurzeln dieser mit der Natur des Menschen untrennbar verknüpften Rechte reichen jedoch weit zurück. Das vorliegende Werk zeichnet die historische Entwicklung der Menschenrechte von der Antike bis in die heutige Zeit nach.
Digitale Medien sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Einer der zentralsten Bereiche für unsere Gesellschaft, die schulische Bildung, darf hier nicht hintanstehen. Wann immer der Einsatz digital unterstützter Tools pädagogisch sinnvoll ist, muss dieser in einem sicheren Rahmen ermöglicht werden können. Die HPI Schul-Cloud ist dieser Vision gefolgt, die vom Nationalen IT-Gipfel 2016 angestoßen wurde und dem Bericht vorangestellt ist – gefolgt. Sie hat sich in den vergangenen fünf Jahren vom Pilotprojekt zur unverzichtbaren IT-Infrastruktur für zahlreiche Schulen entwickelt. Während der Corona-Pandemie hat sie für viele Tausend Schulen wichtige Unterstützung bei der Umsetzung ihres Bildungsauftrags geboten. Das Ziel, eine zukunftssichere und datenschutzkonforme Infrastruktur zur digitalen Unterstützung des Unterrichts zur Verfügung zu stellen, hat sie damit mehr als erreicht. Aktuell greifen rund 1,4 Millionen Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler bundesweit und an den deutschen Auslandsschulen auf die HPI Schul-Cloud zu.
Bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen (SES) können sich Symptome auf sprachlich-funktionaler Ebene sehr variabel auf die kommunikative Partizipation im Alltag auswirken. Kommunikative Partizipation wird definiert als sprachlich-kommunikatives Teilnehmen an Lebenssituationen, in denen Wissen, Informationen, Ideen oder Gefühle ausgetauscht werden. Der deutschsprachige ‚Fokus auf den Erfolg der Kommunikation für Kinder unter sechs Jahren‘ (FOCUS©-34-G) ist ein evaluierter Fragebogen zur Fremdeinschätzung der kommunikativen Partizipation von Kindern (1;6 bis 5;11 Jahre). Ziel unserer Studie war die Untersuchung der Auswirkungen einer SES auf die kommunikative Partizipation betroffener Kinder im Alter zwischen 2;0 und 4;11 Jahren anhand des FOCUS©-34-G. Eltern von Kindern mit SES füllten den FOCUS©-34-G sowie einen Demografie-Bogen aus. Es konnten erste Daten von 22 Kindern (16 Jungen) im Alter zwischen 2;7 und 3;11 (M = 3;3 Jahre, SD = 0;4 Jahre) erhoben werden. Im FOCUS©-34-G erreichten Kinder mit SES einen Gesamtwert zwischen 54 und 197 (M = 120.55, SD = 40.91) von 238 maximal möglichen Punkten. Diese Ergebnisse zeigen eine eingeschränkte kommunikative Partizipation von Kindern mit SES, die es in einer ICF-CY-orientierten sprachtherapeutischen Intervention zu beachten gilt. Als klinisches Assessmentinstrument kann der FOCUS©-34-G als Kurzversion des FOCUS©-G als geeignet angesehen werden.
Der Verfasser beschäftigt sich mit der Frage des Glaubensübertritts in einem Asylverfahren. Dabei nimmt er Zeitpunkt, Art und Umstände des Religionswechsels in den Blick. Ferner untersucht er, wie die sogenannte Konversion von den zuständigen Behörden und Gerichten zu behandeln und zu bewerten ist. Einführend gibt er einen Überblick zum völkerrechtlichen Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit sowie typischen Gefährdungslagen. Überdies befasst er sich mit den Rechtsgrundlagen des Asyl- und Flüchtlingsschutzrechts und stellt Verbindungen zum Flucht- und Verfolgungsgrund der Religion her.
Schwerpunkt bildet die Untersuchung der Verfahrensstadien, in denen die Konversion relevant wird. Dabei berücksichtigt der Verfasser die nationale und europäische Rechtsprechung. Von besonderer Bedeutung sind die Ausführungen zum Zusammenspiel von staatlichen Ermittlungspflichten und Mitwirkungsgeboten von Asylantragstellenden, wobei den Besonderheiten des grund- und menschenrechtlichen Mehrebenensystems Rechnung getragen wird.
Zentral sind ferner die Ausführungen zum Umgang mit Taufurkunden und sonstigen Bescheinigungen über die religiöse Überzeugung. Besonderes Gewicht liegt auf der verfassungsrechtlichen Stellung der Religionsgemeinschaften und der Frage, ob die Entscheidung einer Religionsgemeinschaft, ein neues Mitglied aufzunehmen, die Behörde im Asylverfahren bindet. Diesem Problem widmet sich der Verfasser unter Heranziehung der relevanten Literaturstimmen und einschlägigen Rechtsprechung.
Der rechtswissenschaftliche Beitrag bietet den beteiligten Akteuren nicht nur eine Einführung in das Themengebiet des Glaubensübertritts im Asylverfahren, sondern gibt den Lesenden auch eine praxistaugliche Handlungsunterstützung rund um die wichtigsten Fragen einer Konversion im Asylverfahren an die Hand. Praktische Bezüge entstehen beispielsweise dadurch, dass wichtige Impulse und Empfehlungen für eine gleichermaßen moderne, rechtsstaatliche und grundrechtsorientierte Verfahrensführung entwickelt werden.
Es gibt Hunderte, ja Tausende von Listen und Auflistungen im wissenschaftlichen Schaffen Alexander von Humboldts. Sie fügen sich ein in die diskontinuierliche Schreibweise des preußischen Forschers und sind in vielerlei Hinsicht nicht nur wie seine Schriften selbst als vielsprachig, sondern auch als viellogisch zu bezeichnen. Sie repräsentieren Schreibformen, auf welche Humboldt in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern als dem wohl besten Zugang zu seinem Denk-, Schreib- und Wissenschaftsstil, aber auch in seinen gedruckten wissenschaftlichen Abhandlungen häufig zurückgriff. Es sind Listen einer Epistemologie ständiger Erweiterung. Sie markieren den Beginn einer transdisziplinären Wissenschaft, die von ihrer Aktualität nichts verloren hat. In unseren Zeiten ökologischer Katastrophen braucht es ein Denken, das unseren Planeten Erde in all seinen Zusammenhängen und Wechselwirkungen erschließt und Sorge dafür trägt, die verschiedenartigen Einwirkungen der Kulturen der Welt auf die Natur nicht länger zu vernachlässigen.
„Europäische Bildung beginnt in der Schule.“ Gerade in Zeiten einer Renaissance von Nationalismen und einem spürbaren Rechtsruck in Europa scheint diese Maxime wichtiger denn je zu sein. Die umfassendste Möglichkeit, mittel- und langfristig eine europäische Dimension in den Schulen der EU-Mitgliedsstaaten zu verankern, stellt eine binationale oder sogar internationale Lehramtsausbildung dar. Die Einrichtung derartiger Ausbildungen ist jedoch mit hohen Hürden verbunden. Ihre Anzahl ist überschaubar und allein im deutsch-französischen Kontext vorhanden. Hintergrund hierfür sind erstens die nur schwer zu überwindbaren Hindernisse, die sich aus den stark divergierenden Studien-, Rekrutierungs- und Ausbildungssystemen ergeben. Zweitens ist der Lehramtsbereich besonders stark durch Reformen geprägt. Eine Nutzen-Kosten-Analyse der häufig benötigten und ressourcenintensiven Anpassungen von Programmen auf der einen Seite und der geringen Anzahl der Absolventinnen und Absolventen auf der anderen Seite fällt demnach an vielen Universitäten negativ aus. Ein Rückblick auf die seit 2000 bestehenden Bemühungen der Kooperation Mainz-Dijon hinterlässt eine durchmischte Bilanz. Die Gelegenheit, die lehramtsbezogene binationale Ausbildung dieser Kooperation integrierter zu gestalten, bietet die sich derzeit auf französischer Seite vollziehende Neustrukturierung der französischen Lehramtsausbildung. Die Loi Blanquer vom 26. Juli 2019 führt zu einer Annäherung der beiden Systeme und ermöglicht – auch dank bereits bestehender juristischer Instrumente – eine Verkürzung der Ausbildungszeit sowie eine verbesserte Anerkennungspraxis.
Im 19. Jahrhundert waren Konversationslexika, wie der Name schon andeutet, dazu gedacht, die Konversation in Salon und Vereinen mit Informationen zu bereichern. In den einzelnen Artikeln wurde auf Präzision, Genauigkeit und Überprüfbarkeit gesetzt, um der Leserschaft auch ein eigenes Urteil zu ermöglichen. Die „Seehandlungs-Societät in Preußen“ oder „Seehandlung, preußische“, wie sie in deutschen Lexika vorkommt, wandelte sich im 19. Jahrhundert zur Staatsbank. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fielen die Urteile der Lexika meist ablehnend aus: Die Seehandlung erschien als eine wirtschaftspolitisch katastrophale Fehlentwicklung. Eine besondere Rolle spielte der Präsident Christian (von) Rother, der die Seehandlung zum selbständigen Unternehmen gemacht hatte. Der Wandel der allgemeinen Lexika in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderte auch die Sicht auf die Seehandlung. Die Geschäfte der Bank wurden positiv hervorgehoben, die Beurteilungen verwiesen auf Statistiken und Bilanzen. Der Fokus rückte von den leitenden Personen der Seehandlung hin zum Kampf um Handelsmonopole und den preußischen Landtag als öffentlichem Forum. Das vernichtende Urteil der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war einer differenzierten Bewertung der Bankentätigkeit gewichen.
Die Königlich Preußische Seehandlung, nach der heute die „Stiftung Preußische Seehandlung“ benannt ist, besitzt eine lange und vielseitige Geschichte. Der anlässlich des Stiftungsjubiläums erscheinende Band wirft einen Blick auf die Gründungskonstellation 1772, als König Friedrich II. die Gewerbe in Preußen fördern wollte. Er zeichnet die Aktivitäten von Männern an der Spitze der Seehandlung nach, wie Finanzminister Carl August von Struensee und dem unternehmerisch denkenden Karrierebeamten Christian Rother. Das Gebäude der Seehandlung wurde nach 1900 neu erbaut und ist heute in der Berlin-Brandenburgischen Akademie am Gendarmenmarkt lebendige Gegenwart. Die Seehandlung erhielt von ihren Zeitgenossen im 19. Jahrhundert ambivalente Urteile. Ein Ausblick auf die Geschichte der Stiftung Preußische Seehandlung seit 1983 zeigt das Bemühen um Kunst- und Kulturförderung als zentrale Aufgabe.
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ist eine der größten Herausforderungen und eine der drängendsten Aufgaben der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Dabei stellt die Frage der „gerechten Lastenteilung“ in der Asyl- und Migrationspolitik den Zusammenhalt der EU auf eine Zerreißprobe. Seit den gescheiterten Verhandlungen über die GEAS-Reform 2016/2017 versuchen die Mitgliedstaaten, einen Ausgleich zwischen den Grundsätzen der Solidarität und Verantwortlichkeit zu finden, wie es Art. 80 AEUV für das GEAS vorgibt. Je nach Interessenlage verbirgt sich dahinter aber ein sehr unterschiedliches Verständnis.
Diese Arbeit untersucht die Reformbemühungen beim GEAS nach Vorlage der Kommissionsvorschläge im September 2020 und beleuchtet die divergierenden Interessenlagen der Mitgliedstaaten hinsichtlich Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten. Ziel der Arbeit ist, eine Aussage über die Erfolgsaussichten einer Einigung über die Grundsätze der Solidarität und Verantwortung zu treffen. Dazu werden zunächst die Verpflichtungen im Asylrecht basierend auf internationalen Übereinkommen wie der Genfer Flüchtlingskonvention dargestellt. An-schließend werden GEAS und Dublin-System, das dem Ersteinreisestaat die Zuständigkeit für die Asylverfahren zuschreibt, und die Ursachen für sein Scheitern analysiert.
Diese Verantwortungsteilung, die zu einer überproportionalen Belastung der Mitgliedstaaten im Süden führt, ist Kristallisationspunkt für Konflikte, gegenseitigen Vorwürfe und Misstrau-en zwischen den Mitgliedstaaten. Infolge einer tatsächlichen Überlastung und teilweise selbst verschuldeten Unmöglichkeit, die GEAS-Verpflichtungen zu erfüllen, rufen die Südstaaten nach Unterstützung aus dem Norden und betreiben teilweise sogar eine Politik des Laissez-Passer. Durch teilweise katastrophale Zustände bei Verfahren, Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten entstehen Rückführungshindernisse und Druck auf die Zielstaaten, mehr Solidarität zu leisten.
Ausgehend von diesem Befund wird der Bedeutungsgehalt des Solidaritätsprinzips in Art. 80 AEUV in normativer und deskriptiver Hinsicht untersucht. Normativ handelt es sich dabei um eine abstrakte Rechtspflicht zur gegenseitigen Unterstützung, deren Ausgestaltung im politischen Ermessen der Mitgliedstaaten liegt. Deskriptiv kann unter „Solidarität“ der Zweck verstanden werden, dass die Verwirklichung individueller Interessen einer kollektiven Anstrengung bedarf, die wiederum das Gemeinwohl fördert und somit im Interesse aller liegt. Dem folgend müssten alle Mitgliedstaaten ein Interesse an der Bewältigung der Herausforderungen der Migration nach Europa haben.
Die Interessen der Mitgliedstaten deuten aber auf etwas anderes hin. Die durch die Ankünfte von Schutzsuchenden aus dem Süden stark belasteten Mittelmeeranrainer wie Griechenland und Italien fordern eine Abkehr vom Dublin-System. Die migrationskritischen Visegrád-Staaten verweigern im Grunde jede Unterstützung bei der Aufnahme und berufen sich darauf, dass sie ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen. Staaten, die lange Zeit eine liberale Migrationspolitik verfolgten und beliebte Zielländer waren wie Schweden, ringen nach der Migrationskrise 2015/2016 mit sich auf der Suche nach einem migrationspolitischen Kurs, der rechts-populistische Kräfte nicht noch weiter erstarken lässt. Auch die Hauptzielländer Deutschland und Frankreich versuchen den jeweiligen innenpolitischen Diskursen entsprechend, die Sekundärmigration zu verhindern und wollen auf unterschiedliche Weise die Außengrenzstaaten unterstützen, wobei Deutschland die Umverteilung aller unterstützt.
Die im September 2020 vorgelegten Vorschläge der Kommission versuchen, den unterschiedlichen Interessen Rechnung zu tragen. Durch die Schaffung eines Grenzverfahrens soll die Anzahl der in die EU einreisenden und zu verteilenden Geflüchteten reduziert werden. Durch Änderung der Dublin-Kriterien soll die Zuständigkeit der potentiellen Zielländer erweitert werden, um die Südländer zu entlasten und der Sekundärmigration entgegenzuwirken. Mit der gleichen Zielrichtung soll auf Grundlage eines neuen Solidaritätsmechanismus eine Umverteilung unbegleiteter Minderjähriger und aus Seenot Geretteter erfolgen. In Krisenzeiten soll daraus eine generelle Umverteilung aller Schutzsuchenden erwachsen, wobei Solidarität weiterhin auf verschiedene Art und Weise geleistet werden können soll.
Angesichts der Verhandlungen während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und des er-reichten Zwischenergebnisses besteht Skepsis, dass die Mitgliedstaaten sich bald auf eine GEAS-Reform einigen werden. Dazu liegen die Interessen der Mitgliedstaaten auch hinsichtlich der Solidarität zu weit auseinander. Zudem stellt sich die in Hinblick auf die europäische Integration und die Zukunft der EU besorgniserregende Frage, worin das im Interesse aller liegende Gemeinwohl in der Asylpolitik liegen soll, das die gemeinsame Kraftanstrengung zu einem individuellen Interesse jedes Einzelnen werden lässt. Denn anders als bei der Schaffung des Schengen-Raums als Raum ohne Binnengrenzen sind Wohlstandsgewinne von der Aufnahme Geflüchteter vorerst nicht zu erwarten.
Die Transformation der öffentlichen Verantwortung im Bereich der sozialen Wohlfahrt führte in den letzten Jahren zu einem gestiegenen Forschungsinteresse an Mitarbeiten-den, die sich an der Schnittstelle zwischen öffentlicher Verwaltung und direktem Kontakt zu Klient*innen befinden. Die vorliegende Arbeit geht am Beispiel der Schulsozialarbeit an Potsdamer Grundschulen der Frage nach, inwieweit Vertrauen in Klient*innen die Nutzung von Ermessensspielräumen durch Schulsozialarbeiter*innen beeinflusst. Das Street-Level Bureaucracy Framework nach Michael Lipsky spannt dabei den theoretischen Rahmen, während qualitative Interviews mit Schulsozialarbei-ter*innen die Basis für die Beantwortung der Forschungsfrage darstellen. Die Ergebnis-se zeigen, dass ein geringeres Maß an Vertrauen in Klient*innen dafür sorgt, dass Schulsozialarbeiter*innen durch Bewältigungsstrategien wie der Rationierung von Res-sourcen und dem gedanklichen Rückzug von Klient*innen versuchen, ihre Arbeitslast zu verringern. Ein höheres Maß an Vertrauen in Klient*innen sorgt hingegen dafür, dass sie ihre Ermessensspielräume zu Gunsten dieser Klient*innen nutzen, zum Beispiel durch das Umgehen von Datenschutzregeln zur effektiveren Fallbearbeitung.
Digital technology offers significant political, economic, and societal opportunities. At the same time, the notion of digital sovereignty has become a leitmotif in German discourse: the state’s capacity to assume its responsibilities and safeguard society’s – and individuals’ – ability to shape the digital transformation in a self-determined way. The education sector is exemplary for the challenge faced by Germany, and indeed Europe, of harnessing the benefits of digital technology while navigating concerns around sovereignty. It encompasses education as a core public good, a rapidly growing field of business, and growing pools of highly sensitive personal data. The report describes pathways to mitigating the tension between digitalization and sovereignty at three different levels – state, economy, and individual – through the lens of concrete technical projects in the education sector: the HPI Schul-Cloud (state sovereignty), the MERLOT data spaces (economic sovereignty), and the openHPI platform (individual sovereignty).
Digitale Diagnostik
(2021)
Digitale Logopädie
(2021)
Digitale Musikmedien und -technologien in der Musiklehrer*innenausbildung an der Universität Potsdam
(2022)
Digitale Technologien bieten erhebliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Chancen. Zugleich ist der Begriff digitale Souveränität zu einem Leitmotiv im deutschen Diskurs über digitale Technologien geworden: das heißt, die Fähigkeit des Staates, seine Verantwortung wahrzunehmen und die Befähigung der Gesellschaft – und des Einzelnen – sicherzustellen, die digitale Transformation selbstbestimmt zu gestalten. Exemplarisch für die Herausforderung in Deutschland und Europa, die Vorteile digitaler Technologien zu nutzen und gleichzeitig Souveränitätsbedenken zu berücksichtigen, steht der Bildungssektor. Er umfasst Bildung als zentrales öffentliches Gut, ein schnell aufkommendes Geschäftsfeld und wachsende Bestände an hochsensiblen personenbezogenen Daten. Davon ausgehend beschreibt der Bericht Wege zur Entschärfung des Spannungsverhältnisses zwischen Digitalisierung und Souveränität auf drei verschiedenen Ebenen – Staat, Wirtschaft und Individuum – anhand konkreter technischer Projekte im Bildungsbereich: die HPI Schul-Cloud (staatliche Souveränität), die MERLOT-Datenräume (wirtschaftliche Souveränität) und die openHPI-Plattform (individuelle Souveränität).
Die Digitalisierung der Hochschulbildung wird seit circa 20 Jahren vorangetrieben, ist jedoch noch nicht in der Breite von Lehre und Studium angekommen. Die Anforderungen an Universitäten steigen, was sich unter anderem an den gesellschaftlichen Erwartungen nach mehr Internationalisierung, Heterogenität und Arbeitsmarktfähigkeit der Abschlüsse ablesen lässt. Neben der Umsetzung einzelner Leuchtturm-Projekte benötigt es für einen kontinuierlichen Wandel die Entwicklung einer lernfreundlichen Organisationskultur. Das Konzept der Communities of Practice (CoP) verbindet als soziale Lerntheorie den erforderlichen Paradigmenwechsel im Lehren und Lernen mit neuen Ansätzen der Organisationsentwicklung. Im Folgenden wird skizziert, wie E-Learning-Koordinatorinnen und -Koordinatoren in Studienbereichen formal in den Hochschulstrukturen verankert werden, CoP kultivieren und somit zur nachhaltigen Hochschulentwicklung beitragen können.
Das größte der fächerübergreifenden Projekte im Potsdamer Projekt Qualitätspakt Lehre hatte die flächendeckende Etablierung von digitalen Medien als einen integralen Bestandteil von Lehre und Studium zum Gegenstand. Im Teilprojekt E-Learning in Studienbereichen (eLiS) wurden dafür Maßnahmen in den Feldern Organisations-, technische und Inhaltsentwicklung zusammengeführt. Der vorliegende Beitrag präsentiert auf Basis von Ausgangslage und Zielsetzungen die Ergebnisse rund um die Digitalisierung von Lehre und Studium an der Universität Potsdam. Exemplarisch werden fünf Dienste näher vorgestellt, die inzwischen größtenteils in den Regelbetrieb der Hochschule übergegangen sind: die Videoplattform Media.UP, die mobile App Reflect.UP, die persönliche Lernumgebung Campus. UP, das Self-Service-Portal Cook.UP und das Anzeigesystem Freiraum.UP. Dabei wird jeweils ein technischer Blick „unter die Haube“ verbunden mit einer Erläuterung der Nutzungsmöglichkeiten, denen eine aktuelle Einschätzung von Lehrenden und Studierenden der Hochschule gegenübergestellt wird. Der Beitrag schließt mit einer Einbettung der vorgestellten Entwicklungen in einen größeren Kontext und einem Ausblick auf die weiterhin anstehenden Aufgaben.
Das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) verantwortet im Projekt „PSI-Potsdam“ die Unterstützung der Qualifizierung in der Medienbildung/Digitalisierung der Lehrkräftebildung an der Universität Potsdam. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag zunächst auf der mediendidaktischen Qualifizierung und wurde ab der zweiten Förderphase des Programms 2018 mit Akzentuierung auf Herausforderungen und Chancen von Digitalisierung für das Lehren und Lernen in der Lehrkräftebildung fortgeführt. In diesem Beitrag werden die Entwicklungen und Beiträge in Bezug auf die digitale Medienbildung und Digitalisierung an der Universität Potsdam für die Lehrkräftebildung dargestellt. Weiterführend werden Perspektiven aufgezeigt, wie zukünftig digitale Medienbildung in der universitären Lehrkräftebildung verankert werden kann.
Ein Modellseminar, welches deutschdidaktische mit digitalisierungsbezogenen Kompetenzerwerbsprozessen konsequent vernetzte, wurde im Rahmen einer Aktionsforschung untersucht. Hierbei wurde die Lösung eines komplexen Problems (Entwicklung eines digitalen, interaktiven Lernbuchs für einen medienintegrativen Literaturunterricht mit der Open Source Software H5P) von den Studierenden eingefordert und der Lösungsprozess anhand von sog. Digital Narratives (digitalen, auditiven Erzählungen) reflektiert. Die so entstandenen Reflexionspodcasts sollten Einblick in die persönlich bedeutsamen Lerngeschichten der Studierenden geben und erstens für die Dozentin eine systematische Reflexion der eigenen Lehrpraxis in Form einer Aktionsforschung ermöglichen. Zweitens waren sie ein Reflexionsanlass für die Studierenden hinsichtlich ihrer eigenen Problemlöseprozesse, wobei dieser Fokus hier skizziert, aber nicht fokussiert wird. Die Podcasts wurden anhand thematischer Analysen qualitativ ausgewertet. Die Daten gaben Hinweise darauf, dass besonders die eingeforderte Verknüpfung von fachdidaktischen und medialen Aspekten für die Studierenden eine Hürde war. Ebendiese regte aber auch zum vertieften Nachdenken über gute Aufgabensets in einem medienintegrativen Literaturunterricht an. Ein Großteil der Studierenden war nach dem Projekt motiviert, im eigenen Deutschunterricht zukünftig mit digitalen Tools zu arbeiten, wobei auch eine Sensibilisierung hinsichtlich Nutzens und Grenzen solcher stattfand. Aus der datengestützten Beobachtung, Deutung und Ursachenidentifikation leitet die Dozentin Konsequenzen für die Weiterentwicklung des Modellseminars und persönliche Professionalisierung ab.
Du Mexique à l‘Oural
(2014)
Entgegen noch immer bestehender Annahmen schränkt Gebärdensprache, wenn sie frühzeitig und uneingeschränkt zugänglich ist, den Lautspracherwerb nicht ein; sie kann diesen sogar erleichtern. Bimodale Bilingualität beschreibt ein „Sowohl-als-auch“ von Lautsprache und der visuell-gestischen Gebärdensprache in der Sprachentwicklung hörbeeinträchtigter Kinder. Für hörende Eltern von hörbeeinträchtigten Kindern in Deutschland ist der Zugang zu Informationen über bimodale Bilingualität, d. h. deutsche Lautsprache und Deutsche Gebärdensprache (DGS), erschwert. Daher wurde in dieser Arbeit auf Grundlage einer umfassenden Literaturrecherche, Hospitationen und der qualitativen Analyse semi-strukturierter Expert*innen-Interviews ein Informationsflyer konzipiert. Dieser stellt erste wichtige Informationen bereit und zeigt konkrete regionale Anlauf- und Kontaktstellen auf. Ziel ist es, betroffenen Familien die bimodale Bilingualität als alternativen Kommunikationsweg vorzustellen und somit Kindern von Geburt an die Möglichkeit der grenzenlosen Kommunikation zu ermöglichen.
E-Assessment etablieren
(2020)
Elektronische Lernstandserhebungen, sogenannte E-Assessments, bieten für Lehrende und Studierende viele Vorteile z. B. hinsichtlich schneller Rückmeldungen oder kompetenzorientierter Fragenformate, und ermöglichen es, unabhängig von Ort und Zeit Prüfungen zu absolvieren. In diesem Beitrag werden die Einführung von summativen Lernstandserhebungen, sogenannter E-Klausuren, am Beispiel der Universität Potsdam, der Aufbau einer länderübergreifenden Initiative für E-Assessment sowie technische Möglichkeiten für dezentrale elektronische Klausuren vorgestellt. Dabei werden der aktuelle Stand, die Ziele und die gewählte stufenweise Umsetzungsstrategie der Universität Potsdam skizziert. Darauf aufbauend folgt eine Beschreibung des Vorgehens, der Kooperationsmöglichkeiten für den Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie Herausforderungen der E-Assessment- Initiative. Abschließend werden verschiedene E-Klausurformen und technische Möglichkeiten zur Umsetzung komplexer Prüfungsumgebungen klassifiziert sowie mit ihren charakteristischen Vor- und Nachteilen diskutiert und eine integrierte Lösung vorgeschlagen.
EDTA and NTA effectively tune the mineralization of calcium phosphate from bulk aqueous solution
(2017)
This study describes the effects of nitrilotriacetic acid (NTA) and ethylenediaminotetraacetic acid (EDTA) on themineralization of calciumphosphate from bulk aqueous solution. Mineralization was performed between pH 6 and 9 and with NTA or EDTA concentrations of 0, 5, 10, and 15 mM. X-ray diffraction and infrared spectroscopy show that at low pH, mainly brushite precipitates and at higher pH, mostly hydroxyapatite forms. Both additives alter the morphology of the precipitates. Without additive, brushite precipitates as large plates. With NTA, the morphology changes to an unusual rod-like shape. With EDTA, the edges of the particles are rounded and disk-like particles form. Conductivity and pH measurements suggest that the final products form through several intermediate steps.
Im Rahmen des PSI-Projekts wurde eine Lehrveranstaltung konzipiert, die Lehramtsstudierenden einen vertieften Einblick sowohl in den Ablauf von Forschung als auch eine Bearbeitung einer eigenen experimentellen Forschungsaufgabe ermöglichen soll. Anlass waren die Berücksichtigung eines „Wissens über Erkenntnisgewinnung in der Disziplin“ im Modell des „Erweiterten Fachwissens für den schulischen Kontext“ (PSI) sowie Erkenntnisse empirischer Studien, die die Relevanz eigener Forschungserfahrung für das Unterrichten naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnungsprozesse zeigen. Hier stellen wir eine neue Lehrveranstaltung (4 SWS) vor, die den angehenden Lehrkräften Forschungserfahrung ermöglicht (Seminar und Praktikum). Die Lehrveranstaltung vermittelt Einblicke in Forschung und die „Natur der Naturwissenschaften“, ermöglicht das Durchführen eigener wissenschaftlicher und schulrelevanter Experimente und bietet eine angemessene Reflexion über die verschiedenen Kurselemente. Die Evaluationsergebnisse sind überwiegend positiv, zeigen aber auch, dass für die Studierenden die wahrgenommene Schulrelevanz und die fachdidaktischen Aspekte ein wichtiges Kriterium für die positive Bewertung sind.
Dieser Artikel skizziert erstmals Alexander von Humboldts Verbindung zu dem französischen Dramatiker, Parlamentarier und Miteigentümer der Tageszeitung „Le Constitutionnel“ Charles-Guillaume Étienne (1777–1845). Wir veröffentlichen das einzige bislang bekannte Schreiben Humboldts an Étienne und stellen Erwähnungen Humboldts sowie seines gelehrten Netzwerkes in „Le Constitutionnel“ der Jahre 1821 bis 1826 zusammen. Die Dokumente machen deutlich, wie Humboldt Zeitungsberichte für seine wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit einsetzte.
Im Gedenken an Heinz Krumpel
Mit meinem Freund Heinz Krumpel verband mich eine stets heitere, unbedingte, jahrzehntelange Freundschaft. Ich darf sagen, dass nie etwas diese Freundschaft trübte. In unseren Gesprächen gab es niemals eine Einleitung, ein wechselseitiges Sich-Beschnuppern, eine Einstimmung auf den jeweils Anderen. „Glaubst Du auch, dass Clavijero der wichtigste Aufklärungsphilosoph Lateinamerikas war?“ oder „Kants kategorischer Imperativ gilt noch heute, meinst Du nicht?“ waren übliche Eröffnungssätze unserer Gespräche. Und zwar gleichgültig, ob wir uns in Toluca, Mexiko-Stadt oder Potsdam begegneten. Stets war von der ersten Sekunde an Vertrautheit die Grundlage.
Heinz Krumpel hat in einer stark auf sich selbst bezogenen deutschen Philosophie, die am inter- und transkulturellen Austausch nur wenig Interesse zeigte, immer das offene Gespräch mit Lateinamerika gesucht. Die Philosophie anderer Breitengrade, anderer Denkrichtungen, vor allem aber die Philosophie der von ihm so geliebten lateinamerikanischen Welt lagen ihm am Herzen, waren für ihn eine Herzensangelegenheit. Die Hochachtung vor den großen Philosophen dieser Welt, der respektvolle Umgang und die bohrenden Fragen, die er an ihre philosophischen Ansätze richtete, waren die Grundlage dafür, dass er über Jahrzehnte einem Denken treu blieb, das den meisten Philosophen des deutschsprachigen Raumes noch nicht einmal vom Hörensagen bekannt war. Heinz Krumpel ließ sich dadurch nicht entmutigen, veröffentlichte in schöner Reihenfolge Bücher und Aufsätze, die den Weg zu dieser Welt, zu seiner Welt ebneten.
Daher rührte auch sein Interesse für Alexander von Humboldt. Der preußische Kultur- und Naturforscher war für ihn der Garant dafür, dass zwischen den Amerikas und Europa, dass zwischen Mexiko, Kolumbien, Peru oder Argentinien der Gesprächsfaden niemals abreißen durfte. Dass der Denker der Wechselwirkung stets das Symbol für eine transatlantische Wechselwirkung war und ist. Wie oft haben wir uns in unseren Gesprächen gefragt, wie Alexander die Entwicklung der Philosophie nach Hegel, bei dem er noch Vorlesungen gehört hatte, bewertet hätte.
Dass Heinz Krumpel sich für die Sache Alexander von Humboldts stark machte und sich selbstverständlich auch für unsere Zeitschrift HiN – Alexander von Humboldt im Netz einsetzte, verstand sich von selbst. Heinz hatte die Lektionen der Geschichte gelernt und stand nicht nur für den Polylog, den er auf vielen Ebenen führte, sondern auch und gerade für das Polylogische, das Viellogische. Für ein Denken, das die eigenen Positionen kritisch und selbstreflexiv aus unterschiedlichen Blickwinkeln befragt. So habe ich ihn kennengelernt, so werde ich ihn immer im Gedächtnis behalten.
Unsere Zeitschrift verneigt sich in Dankbarkeit für die jahrzehntelange Unterstützung vor Heinz Krumpel. Ich habe daher einen seiner beiden Söhne darum gebeten, einen Nachruf für unsere Zeitschrift zu verfassen – im Andenken an einen Menschen, dessen Heiterkeit, dessen Selbstkritik und dessen Spontaneität uns allen präsent und gegenwärtig sind.
Ottmar Ette
Arbeiten in projektbasierten Netzwerken gewinnt auch im Hochschulbereich immer mehr an Bedeutung. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer empirisch begründeten, sozialen Netzwerkanalyse zum dezentral aufgestellten Qualitätspakt-Lehre-Projekt QueLL – Qualität etablieren in Lehre und Lernen aus netzwerktheoretischer Perspektive betrachtet. Entgegen der allgemeinen Auffassung, dass die Wirksamkeit eines Netzwerks vor allem von starken Verbindungen profitiert, soll argumentiert werden, dass insbesondere die schwachen Verbindungen wesentliches Potenzial für innovationsorientierten Wissens- und Informationsaustausch haben. Für Hochschulen als lose gekoppelte Organisationen ergeben sich hieraus sowohl Möglichkeitsräume zu agilem Handeln als auch zu spezifischen Formen der Steuerung von Entwicklungsprojekten.
Ein unveröffentlichter Brief Alexander von Humboldts an den Buchhändler Jean-Georges Treuttel
(2016)
In der Lilly Library der Indiana University befindet sich ein kurzer unveröffentlichter Brief Alexander von Humboldts an den Buchhändler und Autor Jean-Georges Treuttel. Dieser Artikel unternimmt den Versuch, den historisch-bibliographischen Kontext des Briefes herzustellen und ihn in Humboldts wissenschaftliches Schaffen einzuordnen.