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Berliner Kunstmatronage
(2018)
Um 1900 sammelten und förderten zahlreiche Berlinerinnen bildende Kunst. Mit ihrer Betrachtung dieser Kunstmatronage lässt Anna-Carolin Augustin eine kaum noch bekannte Facette der Kunststadtmetropole Berlin aufscheinen.
Um 1900 legten zahlreiche Frauen in Berlin Kunstsammlungen an, förderten Kunstschaffende und verschiedene Kunststile. Das Repertoire reichte von
Van-Gogh-Gemälden über japanische Farbholzschnitte bis hin zu Volkskunst-Objekten. Damit leisteten die Frauen einen wichtigen und heute nahezu unbekannten Beitrag zur Genese der Kunstmetropole Berlin.
Anna-Carolin Augustin widmet sich diesem Thema an der Schnittstelle von Kunstgeschichte, Elitengeschichte, Geschlechtergeschichte und Jüdischer Geschichte. Anhand von Archivalien, Zeitschriften, Briefwechseln und Tagebüchern breitet sie ein Panorama von Berliner Frauenbiographien, Kunstsammlungen und -stiftungen aus und analysiert die Motive und Funktionen der Kunstmatronage sozial- und kulturhistorisch. So werden parallel die Geschichten von Protagonistinnen mit ganz unterschiedlichen Interessen erzählt; ihre Kunstmatronage war etwa vom Glauben an Emanzipation durch Kunst getragen, stand im Dienst der kulturellen Interessen des imperialistischen Kaiserreiches oder war von individuellem Distinktionsstreben geprägt. Zeitgenossen betrachteten diese Frauen als Mitstreiterinnen oder lukrative Konsumentinnen, häufiger jedoch begegneten sie ihnen mit Abwehr, die mitunter antifeministische und antisemitische Stereotype vereinte.
Bruno Blau
(2018)
Im Januar 1916 eroberte die Armee des Habsburgerreichs das Königreich Montenegro, den kleinsten und bevölkerungsärmsten Staat Südosteuropas, der an der Seite Serbiens in den Ersten Weltkrieg eingetreten war. Bereits im Sommer 1916 formierte sich bewaffneter Widerstand gegen die Besatzer, 1918 eskalierte dieser zu einer Aufstandsbewegung. Diese Studie zum k. u. k. Militärgeneralgouvernement in Montenegro macht deutlich, welche Relevanz (Fehl-)Einschätzungen und (Fehl-)Entscheidungen in Besatzungssituationen zukommt. Außerdem arbeitet sie die Bedeutung der Geografie des Besatzungsgebiets, des strategischen Kontexts der Besatzung sowie des soziokulturellen Referenzrahmens der Besatzer wie der Besetzten heraus.
Erfahrene Männer
(2018)
Ceauşescus Polizei
(2018)
Das Buch behandelt die gesellschaftliche Wirkung der sozialistischen Volkspolizei, indem es offizielle Bilder derselben in den Jahren vor dem Ceaușescu-Regime und während desselben mit Vorstellungen vergleicht, die in der Bevölkerung von der Polizei bestanden. Damit enthüllt das Buch zugleich das Verhältnis zwischen dem staatlichen Ordnungsdiskurs und einem Gegendiskurs, der ansatzweise sogar vor 1989 stattgefunden hat. Vorrangiges Ziel ist ein klareres Verständnis des (De-)Legitimierungsprozesses des Regimes. Eine Interdependenz der beiden Diskurse, so die Grundaussage des Buches, diente zunächst der Stabilitätsphase des politischen Regimes, bedingte später dann aber zum Teil den schrittweisen Kollaps seiner Herrschaft in Rumänien. In einem weiteren Sinne untermauern die Erkenntnisse über die Entzauberung des sozialistischen "Ordnungshüters" das bessere Verstehen der allgemeinen sozialpolitischen Ernüchterung in Mittelost- und Südosteuropa gegen 1989 hin. Zahlreiche Widersprüche auf der Ebene der Repräsentation untermauern die Hypothese einer De-Legitimation der Volkspolizei als Institution und nicht zuletzt deshalb im Weiteren des politischen Regimes im Allgemeinen.
Ärgerliche Wirtshäuser, ergötzliche Häfen, empfindsame Kerker: Räume und Emotionen bilden emotionale Topografien, mit deren Hilfe sich die Akteure die Welt als Lebenswelt ordnen und aneignen. Der Autor untersucht den Zusammenhang zwischen Bewegung in frühneuzeitlichen Räumen und der emotionalen Bewegtheit der Akteure. Er kommt zu dem Schluss, dass Emotionen und Räume dabei nicht nur passiv erlebt, sondern aktiv vollzogen werden. Denn es handelt sich bei beiden um wechselseitig verbundene Handlungsanweisungen, die in Regeln, Topoi und Vorstellungen münden. Die sich ergebenden Verflechtungen nehmen verschiedene Formen an, die in kulturell, sozial und individuell bedingten emotionalen Topografien kulminieren, also in Anordnungen von Räumen und zugehörigen Emotionen. In dieser Struktur liegen somit Erklärungen für das Verhalten der Akteure verborgen.
Ein Werk zweier Künstler?
(2018)
The author suggests an attribution for two largely unknown Baroque sculptures inside the Church of St. Peter and Paul at Potsdam. The crucifixus, which has so far not been attributed to an artist, is shown to exhibit parallels to a 1716 work by Paul Egell. It remains unclear, however, whether the Potsdam crucifixus was also created by Egell himself or by Johann Peter Benckert, who congenially completed it in 1763 with a statue of the kneeling Maria Magdalena. The appealing depiction of the saint as an elegant sinner and penitent offers believers various possibilities for identification.
Am 14. August 1980 begannen die Arbeiter*innen auf der Danziger Leninwerft einen Besetzungsstreik, in deren Folge die erste unabhängige Gewerkschaft Solidarność gegründet wurde. Einen Monat später am 17. September 1980 gingen auf der anderen Seite des „Eisernen Vorhangs“ die Arbeiter*innen der „AG Weser“ Werft in Bremen auf die Straße, um gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze zu protestieren. Die vorliegende Studie zeigt aus einer Perspektive „von unten“, wie seit den 1970er Jahren Betriebe in zwei unterschiedlichen politisch-ökonomischen Systeme auf technische Veränderungen und die verschärfte Konkurrenz auf dem Weltmarkt reagierten und verweist darauf, dass die Krisen in Ost und West Ende der 1970er Jahre eng miteinander verbunden waren.
nempe exemplis discimus
(2018)
‘Tradition’ and ‘example’ are key concepts of the ancient fable. The fable has not only developed a literary tradition of its own, but from the beginning, it was also used as a rhetorical device, the exemplum. A diachronic overview of the genre and especially the use of the fable as exemplum reveals that Phaedrus adapts these terms in a new and ingenious way. In a case study of fable 3.9 this paper demonstrates how the fable finds its place in the literary tradition of the motif, how Socrates is presented as a model for the poet’s persona and how an intricate network of inter- and intratextual references is established between Socrates, Aesop, Phaedrus, and his potential successors. The subtle irony of the poet is particularly evident in the gradual development of the poet’s persona into a caricature, but the message of the fable itself remains unaffected: the value of true friendship.
Die heile Welt der Rosenburg
(2018)
In der Humanmedizin stellt die sogenannte evidenzbasierte Medizin nach Einführung des Begriffs durch D.L. Sackett (Sackett et al. 1996) und der Gründung des Cochrane Instituts (1972) einen wichtigen Standard in der Aufbereitung und dem Transfer von Ergebnissen aus klinischen Studien in den ärztlichen Alltag dar. Ziel ist es, die Vermittlung von Erkenntnissen aus der Wissenschaft für die praktizierenden Ärzte zu erleichtern. Dabei werden Studienergebnisse in Abhängigkeit von der jeweiligen Fragestellung mittels systematischer Literaturrecherche zusammengetragen und hinsichtlich ihrer Evidenz bewertet, um so dem Arzt ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem die gewonnenen Erkenntnisse im Hinblick auf eine konkrete klinische Situation abgewogen und angewendet werden können. In den letzten Jahren wurde allerdings vermehrt Kritik laut, dass der Ausgang vieler klinischer Studien in den Übersichtsarbeiten zu positiv dargestellt werde. Ursächlich hierfür ist der Aspekt des Publikationsbias, also die Beobachtung, dass Autoren wissenschaftliche Ergebnisse mit positivem Ausgang bevorzugt publizieren. Überträgt man diesen Sachverhalt auf die präklinische Forschung, die in weiten Teilen auf der Durchführung tierexperimenteller Untersuchungen beruht, so widerspräche das Zurückhalten negativer Ergebnisse in fataler Weise dem 3R-Konzept von Russel und Burch, da dadurch die Gefahr besteht, dass Forschungsvorhaben wiederholt durchgeführt werden.
Die landesgeschichtliche Forschung hat den Werdegang des märkischen Zweiges der Familie von Trott und seiner einzelnen Mitglieder bisher weitestgehend ignoriert. Mit der nun vorliegenden Arbeit soll der defizitären Informationslage abgeholfen und vor allem die Etablierung des Geschlechts in brandenburgischen Landen in den Fokus gerückt werden. Woher kamen dessen frühen Vertreter, wann und wo konnten sie in der Mark Fuß fassen? Welche reichs- und territorialpolitischen Prozesse liefen zeitgleich ab, und wie beeinflussten diese eventuell den Werdegang dieser Familie? Konnte die Familie im Gegenzug eine Einflussnahme auf die Geschicke der Reichs- und Territorialpolitik entwickeln? Welche Spuren hinterließ sie in der märkischen Region?
Während eines umfangreichen Literatur- und Quellenstudiums kristallisierte sich bei dem Versuch, diese Fragen eingehend zu beantworten, die Persönlichkeit Adam von Trott des Älteren († 1564) heraus. Um das Jahr 1500 in der Landgrafschaft Hessen geboren, führten ihn sein Ehrgeiz und seine Zielstrebigkeit in den wechselhaften geschichtlichen Zeitläufen der Reformation bald an den Hof des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., wo er eine nahezu beispiellose Karriere absolvierte. Nebenher akkumulierte er durch die Übernahme weitläufiger Ländereien der säkularisierten Mönchszisterze Himmelpfort enormen Erblehnsbesitz in der Uckermark, dessen Konsolidierung sich die nachfolgende Generation der märkischen Trott verschrieb. Welche Schwierigkeiten und Fährnisse Adam und seine Nachkommen dabei zu bewältigen hatten, möchte der vorliegende Band klären.
Welle der Konsumgesellschaft
(2018)
Wie beeinflussten sich Massenmedien und Massenkonsum im Frankreich der Nachkriegszeit gegenseitig?
Radio Luxembourg war in der europäischen Rundfunklandschaft der Nachkriegszeit eine Ausnahme: Die privatkommerzielle Radiostation sendete werbefinanzierte Unterhaltungsprogramme in die benachbarten Staaten und erreichte damit ein Millionenpublikum. Die Autorin Anna Jehle zeigt anhand verschiedener Untersuchungsfelder - der Unternehmens- und Programmgeschichte, der Zielgruppen, der Marketingaktivitäten und des Werbezeitenverkaufs -, wie eng die Entwicklung der Konsumgesellschaft im Frankreich der sogenannten trente glorieuses mit der Verbreitung und Nutzung des Radios verbunden war. Mit seinem ganz auf Massenkonsum ausgerichteten Rundfunkkonzept war Radio Luxembourg nicht nur integraler Bestandteil, sondern auch Katalysator und Agent der Konsummoderne. Dies hatte weitreichende Auswirkungen für das französische Rundfunksystem, das sich unter dem Einfluss Radio Luxembourgs kommerzialisierte, und zwar bereits lange vor der Deregulierung des Rundfunks in den 1980er Jahren.
Vom Kadetten bis zum Admiral
(2018)
Die Royal Navy und die Kaiserliche Marine erlebten seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts einen grundlegenden Wandel. Prägten anfangs Segelschiffhybride als Hauptkampfmittel die beiden Flotten, dominierten sie Großkampfschiffe vor Beginn des Ersten Weltkrieges. Aber auch U-Boote und Seeflugzeuge spielten eine zunehmende Rolle. Vor allem die drastischen technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen wirkten sich auf die Aufgaben, Rekrutierung und Ausbildung der Offiziere aus. Christian Jentzsch untersucht, wie das Seeoffizierkorps der Kaiserlichen Marine und das Executive Officer Corps der Royal Navy auf die Herausforderungen reagierten.
Konrad Repgen (1923-2017)
(2018)
Geben oder Nehmen
(2018)
Geben oder nehmen? Diese Frage war nach der Wiedervereinigung nicht einfach zu beantworten. Die Euphorie über das Ende der deutschen Teilung 1989/90 wurde besonders frühzeitig und lang anhaltend von Konflikten überschattet, die sich an ungeklärten Eigentumsfragen an Grundstücken in Ostdeutschland entzündeten. Wohl kaum ein anderes Thema hat das Zusammenwachsen zwischen Ost und West so belastet wie die Kontroversen um die Rückübertragung von Eigentum.
Der Band bietet eine – bislang fehlende – ausgewogene Gesamtdarstellung der Eigentumsfragen im Kontext der Wiedervereinigung. Dazu gehört die Darstellungen der Vorbedingung der Eigentumsproblematik vor 1990, die Betrachtung der Entscheidungsfindung, die zum umstrittenen Grundsatz geführt hat, eine intensive Auseinandersetzung mit den Umsetzungsproblemen der gesetzlichen Regelungen in der Praxis sowie der Versuch, die Auswirkungen für die Region Berlin/Brandenburg zu bilanzieren.
Funde und Fiktionen
(2018)
Urgeschichte im Fernsehen als Spiegel gesellschaftlicher Themen der Gegenwart. Unser gesichertes Wissen über die Urgeschichte der Menschheit ist angesichts der dünnen Quellenlage sehr begrenzt. Dennoch werden seit längerer Zeit sehr erfolgreiche Fernsehdokumentationen ausgestrahlt, die minutiös den Alltag in der fernsten menschlichen Vergangenheit präsentieren. Georg Koch untersucht, wie diese Darstellungen aus dem Zusammenspiel von Filmemachern und Wissenschaftlern entstanden und welchen Wandel sie seit den 1950er Jahren in der Bundesrepublik und in Großbritannien durchliefen. Er zeigt, wie Archäologen zu Medienstars des frühen britischen Fernsehens wurden, wie Hightech, Exotik und Abenteuer Einzug in die Darstellung der Archäologie hielten und wie inszenierte Erzählungen ein Millionenpublikum erreichten. Dabei wird deutlich, dass sich in den Betrachtungen der Urgeschichte stets Projektionen der Gegenwart finden, die zeitgemäße Antworten auf gesellschaftliche Fragen bieten.
„Heimat“-Objekte
(2018)
Bei ihrer zumeist erzwungenen Emigration aus der deutschsprachigen Heimat nach Lateinamerika konnten bei weitem nicht alle ihren gesamten Hausstand mit in das neue Heimatland nehmen. Vielmehr war es der Mehrzahl der Emigranten nicht möglich, mehr als ein paar Kofffer aus ihrem alten Leben in das neue zu retten. Verkauft oder beschlagnahmt, vieles musste zurückbleiben, was über Jahre die Wohnungen und Häuser der deutschen Juden gefüllt hatte. Das Wenige, was doch mitgenommen werden konnte, hatte somit umso mehr persönlichen Wert für den Besitzer. Was also hatten die deutsch-jüdischen Emigranten und Exilanten in ihren Kofffern und weshalb waren gerade diese Objekte für sie bedeutend genug, um sie auf den beschwerlichen Weg über den Atlantik und auf einen neuen Kontinent in eine unbekannte Zukunft mitzunehmen?Eine Antwort auf diese Frage können die Objekte selbst geben, welche bis heute in den Familien der einstigen Emigranten aufbewahrt und benutzt werden. Sie repräsentieren die verlorene Heimat, ein Stück Geschichte des Ursprungslandes und der eigenen Familie. Diese Gegenstände sind mehr als nur Gebrauchsobjekte, welche ihren monetären Wert hatten und daher nicht zurückgelassen werden sollten. Es sind vielmehr Träger von gegebenen und zugeschriebenen Bedeutungen und Erinnerungen an Heimat, die ihnen anhaften und über Generationen hinweg weitergegeben und in ihrem Sym-bolgehalt ergänzt und erweitert werden.
Mit Mitra und Statuten
(2018)
Der Autor beschreibt in einer Verbindung von kirchen- und landesgeschichtlichen Forschungsansätzen, wie die Bischöfe von Brandenburg von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Reformation durch liturgisch-pontifikale Handlungen und diözesane Gesetzgebung einen eigenen Handlungsspielraum gegenüber den weltlichen Landesherren behaupten konnten. Die Arbeit setzt dabei drei Schwerpunkte: Eine Fallstudie zeigt eingangs am Beispiel der geistlichen Institutionen der Stadt Zerbst die Praxis pontifikaler Handlungsmöglichkeiten auf. Die Diözesanstatuten des 14. und 15. Jahrhunderts spiegeln bischöfliches Handeln dagegen im Licht normativer Quellen; eine Betrachtung der bischöflichen Stellvertreter – Weihbischöfe, Generalvikare, Offiziale, Archidiakone und Pröpste – schließlich verbindet kirchen-, sozial- und verwaltungsgeschichtliche Aspekte pontifikaler Tätigkeitsfelder. Die vom Historischen Institut der Universität Potsdam mit dem Dr. Elisabeth Hamacher-Stiftungspreis ausgezeichnete Dissertation hebt somit anders als in der bisherigen Forschung die Bedeutung der Bischöfe in der brandenburgischen Landesgeschichte neu hervor.
Gipfeltreffen am Grab
(2018)
Bleiben in Breslau
(2018)
Der Breslauer Jude Willy Cohn musste nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erleben, wie die deutschen Juden in immer größerem Umfang entrechtet, ausgegrenzt und existenziell bedroht werden. Trotzdem kam eine Auswanderung aus Deutschland als seiner Heimat für ihn letztlich nicht in Betracht. Im Winter 1941 wurde Willy Cohn mit seiner Familie aus Breslau deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.
Ausgehend von Cohns Entscheidung, in Breslau zu bleiben, betrachtet die Untersuchung das Bleiben als Aushandlungsprozess und macht so exemplarisch das Bleiben im NS-Deutschland als Akt der Selbstbehauptung sichtbar. Hierfür wurde der rund 10.000 Seiten umfassende Tagebuchnachlass Willy Cohns aus den Jahren zwischen 1899 und 1941 erstmals in seiner Gesamtheit systematisch gesichtet und ausgewertet.
This book explores the cultural and religious politics of the contemporary food movement, starting from the example of Jewish foodies, their zeal for pig (forbidden by Jewish law), and their talk about why ignoring traditional precepts around food is desirable. Focusing on the thought of Michael Pollan, Jonathan Schorsch questions the modernist, materialist and rationalist worldview of many foodies and discusses a lack of attention to culture, tradition, and religion.
Ostdeutsche Ehen vor Gericht
(2018)
Die DDR hatte eine der weltweit höchsten Scheidungsraten. Die Ehescheidung war mit nur wenigen Hürden verbunden und wurde weitgehend als Privatsache betrachtet. Doch ab 1990 trafen ost- und westdeutsche Bürger und Juristen
mit unterschiedlichen Erfahrungen aufeinander. Anja Schröter betrachtet die Scheidungspraxis in Ostdeutschland vom letzten Jahrzehnt der DDR über die Epochenzäsur 1989/90 hinweg bis zur Jahrtausendwende. Sie hat Juristen und ostdeutsche Bürger nach ihren Erfahrungen gefragt. Eine faszinierende Studie zum ostdeutschen Alltag im Umbruch.
Vom Neandertal nach Afrika
(2018)
Spektakuläre Debatten um bedeutende Fossilienfunde begleiteten die Suche nach unseren Ursprüngen.
Wer waren die ersten Menschen? Nachdem die Antwort darauf lange mit der Schöpfungsgeschichte verbunden war, entflammten ab Mitte des 19. Jahrhunderts neuartige Debatten. Funde menschlicher Fossilien führten zu Auseinandersetzungen über den Ursprung der Menschheit. Umkämpft war nicht nur die Frage, ob die ersten Menschen Deutsche, Engländer, Europäer oder Asiaten waren, ob schwarz oder weiß. Es ging um das Wesen des Menschen. Knochen aus dem Neandertal, von Java oder Südafrika bilden bis heute eine Projektionsfläche für das Verständnis des menschlichen Selbst. Entsprechend intensiv waren die internationalen wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten, bis sich in den 1950er Jahren die Idee eines gemeinsamen afrikanischen Ursprungs durchsetzte.
Ellinor Schweighöfer geht am Beispiel spektakulärer Funde der Suche nach dem Ursprung nach. Sie untersucht, welche Zuschreibungen die Funde auslösten und mit welchen Techniken sich wissenschaftliche Fakten etablierten. Es ist eine Wissensgeschichte, bei der viele Stimmen einbezogen werden - Wissenschaftler ebenso wie Massenmedien. So macht die Autorin auch die Wechselwirkungen zwischen Weltanschauung, Politik und Wissenschaft deutlich.
A prelude to total war?
(2018)
The conflict between Italy and Ethiopia in 1935–36 has been framed as a prelude to the Second World War and as a watershed towards ‘Total War’. One perspective has so far been neglected: the assessments of foreign military observers. This article examines American, British, German, and Austrian views on the operations and thereby also analyses the mindset of European officers at the time. The core argument emerging from these reports is that the war was perceived as a rather ‘normal’ colonial conflict. Neither the use of gas, nor the employment of aircraft against civilians was seen as a taboo or created significant outrage among the military observers. Instead, they lauded the Italians’ steady logistical efforts and employment of artillery and airpower to overcome nature and the enemy’s resistance.
Die Operationen des italienischen Heeres an der Ostfront bleiben auch 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein weitgehend unerschlossenes Forschungsfeld. So sind sowohl der Einsatz der 62 000 Mann des Corpo di Spedizione Italiano in Russia (CSIR) seit August 1941 als auch die nachfolgenden Operationen der auf 229 000 Soldaten aufgestockten Armata Italiana in Russia (ARMIR, oder auch 8. Armee) zur Sicherung des Don während der Schlacht um Stalingrad recht unbekannt geblieben. Eine wegweisende Studie von Thomas Schlemmer konnte vor zehn Jahren erste Impulse geben, die allerdings von der Forschung nicht vollends aufgenommen oder weiterentwickelt wurden. So dominiert neben den offiziellen Werken des italienischen Militärs vor allem die Memoirenliteratur weiterhin das Forschungsfeld und die Erzählmuster. Nun hat Maria Teresa Giusti im renommierten Il Mulino Verlag eine Gesamtdarstellung vorgelegt.
Dass Giusti Primärquellen aus italienischen und russischen Archiven verwendet, ist vor dem Hintergrund der italienischen Wissenschaftspraxis und des schwierigen Archivzugangs besonders anerkennenswert. Ihre Archivarbeit in Moskau – und die umfassende Heranziehung der russischen Sekundärliteratur – sind sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal. Zudem hat Giusti bereits viel beachtete Werke zu den italienischen Kriegsgefangenen in sowjetischer Hand und der Besatzungszeit auf dem Balkan vorgelegt.
Giustis Buch erhebt den Anspruch, eine Gesamtdarstellung des »Krieges im Osten« zu bieten. Beginn und Ende des Werkes erfüllen dies jedoch nicht umfassend: Die Einleitung enthält keinen Abriss des Forschungsstandes und wirkt oft zerfahren. Gut ein Drittel der gesamten Arbeit wird dazu verwendet, die Vorgeschichte des Ostkrieges zu erklären – ohne Berücksichtigung der hinlänglich bekannten Standardwerke oder Debatten. Die »Conclusio« ist eher ein Epilog, als dass sie eine Zusammenfassung der Erkenntnisse bietet. Auch die übrigen Kapitel sind teilweise kleinteilig und sorgen mitunter für Irrungen und Wirrungen: So wird nach der Beschreibung des CSIR-Aufmarsches und der ersten Operationen bis September 1941 ein ausschweifender Abschnitt (20 Seiten) über die Belagerung Leningrads, die gescheiterte Offensive auf Moskau und die US-Hilfen nach dem Lend-Lease Act eingeschoben. Hier überzeugt Giusti durch ihre weitreichenden Kenntnisse der russischen Perspektive. Doch ein Problem des Buches bleibt: Es wird selten deutlich, was das eigentliche Kernthema oder die Kernthesen sind. Die italienische Armee an der Ostfront? Die deutsche Idee des Lebensraums? Stalins Herrschaft in der Sowjetunion? Da ein Spagat zwischen allen Themenfeldern nicht gelingt, kann Giustis Darstellung nicht in allen Punkten überzeugen.
Giusti vergleicht ausführlich das italienische und deutsche Okkupationsmodell: Während Mussolinis Konzept des spazio vitale eine Kooptierung der lokalen Bevölkerung, »humane« Behandlung durch den »Zivilisierenden« und daher keine »barbarische« Bestrafungen vorgesehen habe, wird Hitlers Idee des Lebensraums als Gegenentwurf skizziert, der zu den Massenverbrechen und einer fundamental unterschiedlichen Haltung der Wehrmacht in den besetzten Gebieten führte. Eine Differenzierung der Wehrmachtverbrechen sowie anderer deutscher Behörden unterbleibt. Giusti führt das Verhalten der Wehrmachtsoldaten – auf Omer Bartov Bezug nehmend – auf deren Beeinflussung durch die NS-Ideologie und ‑propaganda zurück und stellt dem den wenig politischen und nicht »fanatisierten« Einsatz der Italiener gegenüber. Dieser Teil des Buches wird wohl besonders und speziell in Deutschland zu einigen Debatten führen. Die Heranziehung der neueren italienischen Forschungsliteratur zur Besatzung am Don stützt allerdings Giustis Thesen einer weniger brutal ausgeprägten italienischen Besatzungsherrschaft.
Das Verhältnis zum deutschen Bündnispartner wird entlang der gängigen Erklärungsmustern dargestellt. Italienische Quellen aus der Nachkriegszeit, die auf mangelnde Unterstützung der deutschen Stellen am Don hinweisen, werden jedoch zu unkritisch übernommen und dies, ohne die Gesamtlage der Ostfront im Winter 1942/43 einzubeziehen. Bei der Analyse von Operationen und den beteiligten Streitkräften fehlt oft die Tiefe. Giusti erklärt kurzerhand, dass es in der italienischen und sowjetischen Armee kein eigenständiges Handeln gegeben habe, da niemand sich traute, Mussolini bzw. Stalin zu widersprechen. Das Durcheinanderwerfen der taktischen, operativen und politischen Ebenen wird dabei ebenso in Kauf genommen, wie das Fehlen einer stringenten Beweisführung für diese Thesen.
Neben kleineren Mängeln in militärhistorischen Fragen oder im Umgang mit den Verbündeten (Günther Blumentritt wird ad hoc geadelt, während Friedrich Paulus schon während des Vormarschs an die Wolga als Feldmarschall auftritt) ist zudem das Fehlen von Kartenmaterial als Manko anzusehen. Nur eine sehr grob gefasste Übersicht stellt den Frontverlauf im Winter 1942/43 dar, ansonsten verliert sich die Leserin oder der Leser zwangsläufig in der ukrainischen bzw. russischen Provinz. Zudem erschweren lange Blockzitate den Lesefluss. Häufig führt Giusti Memoiren und Feldpostbriefe als Belege an, ohne quellenkritisch auf mögliche Probleme bei der Auswertung dieser Selbstzeugnisse hinzuweisen.
Giustis Werk zeigt, wie viel Forschung zur Geschichte Italiens im Zweiten Weltkrieg noch geleistet werden muss und wie wichtig hierbei der internationale Vergleich und Austausch ist. Ihr Buch stellt einerseits eine wichtige Ergänzung der Forschung dar, wirft aber andererseits viele Fragen für weitere Studien auf: Wie stand es um die Kampfkraft der italienischen Armee jenseits von Klischee und anekdotischer Evidenz? Worin und warum unterschied sich die deutsche und italienische Besatzungspolitik? Wie lässt sich die Ostfront als italienischer Erinnerungsort klassifizieren?
Rommel Almighty?
(2018)
Erwin Rommel is by any standard a mythical figure. He has been the subject of countless studies in English and German. However, the "Italian side of the hill" has been largely neglected, despite the fact that the foundation of the myth around him lies in the North African campaign, where, after all, thousands of soldiers of the Italian army fought alongside the african campaign, where, after all, thousands of soldiers of the Italian army fought along-side the Afrika Korps. This article will provide an Italian view of the "Desert Fox," using new primary material that provides insights into Italian assessments during the war. A major source is material gathered by way of eavesdropping by British intelligence on Italian officers held as POWs in Cairo and in England.
On 6 June 1982, Israel invaded Lebanon to fight the Palestinian Liberation Organization (PLO). Between August 1982 and February 1984, the US, France, Britain and Italy deployed a Multinational Force (MNF) to Beirut. Its task was to act as an interposition force to bolster the government and to bring peace to the people. The mission is often forgotten or merely remembered in context with the bombing of US Marines’ barracks. However, an analysis of the Italian contingent shows that the MNF was not doomed to fail and could accomplish its task when operational and diplomatic efforts were coordinated. The Italian commander in Beirut, General Franco Angioni, followed a successful approach that sustained neutrality, respectful behaviour and minimal force, which resulted in a qualified success of the Italian efforts.
Alte Kämpfer der NSDAP
(2018)
Als „Alte Kämpfer“ galten im Nationalsozialismus alle Personen, die bereits weit vor 1933 der NSDAP beigetreten waren. Sie wurden bislang überwiegend als soziale Randexistenzen und Verlierer der Machtergreifung beschrieben. Anja Stanciu zeigt in ihrer Studie am Beispiel der Berliner NSDAP-Stadtverordneten und –Kreisleiter nun, dass etliche Altparteimitglieder nicht nur Wegbereiter, sondern auch wichtige Mitgestalter der NS-Diktatur waren und zur lokalen NS-Funktionselite gehörten. Untersucht werden die Lebensläufe und Netzwerke dieser Männer zwischen 1926 und 1949. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Karrieren der „Alten Kämpfer“ und die politische Mobilisierung der Stadtgesellschaft einander bedingten.
Erinnerung als Argument
(2018)
Der 20. Juli 1944 zählt zu den Schlüsselereignissen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Das missglückte Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler und der anschließende Umsturzversuch sind zum Symbol des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus geworden. Von den Ereignissen völlig überrascht, hatte das NS-Regime in Bezug auf die Gruppe der Verschwörer sofort festgelegt, dass in der Öffentlichkeit nur von einer »ganz kleinen Clique« die Rede sein dürfe – eine Formulierung, die mitunter noch heute das Bild des Widerstandskreises prägt.
Die vorliegende Analyse zeigt erstmals anhand von zahlreichen Netzwerkvisualisierungen, was die NS-Ermittler tatsächlich über das große und komplexe zivile und militärische Netzwerk vom 20. Juli 1944 wussten, das so unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen umfasste wie Offiziere, Verwaltungsbeamte, Diplomaten, Juristen, Industrielle, Theologen, Gutsbesitzer, Gewerkschafter und Sozialdemokraten. Zeitgenössische Briefe und Tagebücher verdeutlichen schließlich das geschickte Agieren der Verschwörer vor und nach dem Umsturzversuch und offenbaren zudem die Fehlerhaftigkeit der NS-Quellen.
Das Buch beschäftigt sich mit der Frage wie die Versorgung der Streitkräfte im 18. Jahrhundert zu deren Kampfkraft sowie zu ihren Erfolgen oder Misserfolgen im Gefecht beitrug und wie dies die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Feldherren beeinflusste.
Dargestellt werden diese Aspekte anhand der sehr umfangreichen Fallstudie für das Jahr 1757 während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763. Sie bildet den operationsgeschichtlichen Kern des Werkes und zeichnet sich durch ihren komparatistischen Ansatz aus, d.h. die durchgängige Berücksichtigung der Perspektive beider Kriegsparteien.
Dem Hauptteil gehen drei weitere Teile voran. Sie widmen sich der historiographischen Aufarbeitung, dem daraus entstandenen Bild der preußischen Kriegsführung, gehen auf die strukturellen Grundlagen der zeitgenössischen Logistik ein und beleuchten als Vorbereitung für die Fallstudie die Ressourcen im zentralen Operationsraums des Siebenjährigen Krieges, d.h. in Sachsen, Schlesien, Böhmen und Mähren.
Ab 1806 versuchte Napoleon über sieben Jahre hinweg, den europäischen Kontinent gegen jegliche Importe aus Großbritannien abzuschotten. Dieses protektionistische Großexperiment löste in der zeitgenössischen Presse intensive Debatten zu wirtschaftstheoretischen Fragen aus: Fördert ökonomischer Isolationismus den nationalen Wohlstand? Können internationale Rechtsregelungen einem Handelskrieg entgegenwirken? Oder werden nationaler Wohlstand und damit globaler Frieden nicht eher durch allgemeinen Freihandel begünstigt? Alix Winter stellt das wirtschaftspolitische Ereignis der Kontinentalsperre als Kristallisationspunkt öffentlicher Auseinandersetzungen über ökonomische Grundsatzfragen heraus und identifiziert das frühe 19. Jahrhundert als Radikalisierungsphase aufklärerischer liberaler Wirtschaftstheorien.In 1806, Napoleon attempted to seal off the entire European continent from British imports. This ambitious protectionist experiment set off extensive debates about questions of economic theory. Did economic isolation foster the wealth of nations? Could international law prevent the outbreak of a maritime trade war? Or would global free trade promote wealth and peace among all nations? In this book, Alix Winter studies how the continental system served as a focal point for public discussions about fundamental economical questions and how the early nineteenth century witnessed the radicalisation of Enlightenment liberal economic theories.
Die Geschichtswissenschaft wirft derzeit mit Hilfe verschiedener Historikerkommissionen einen zweiten Blick auf die personellen und institutionellen Kontinuitäten und Brüche im Nachkriegsdeutschland. Während bislang vor allem die Bundesrepublik im Mittelpunkt bestand, wendet sich die Forschung jetzt auch verstärkt der DDR zu. Denn inzwischen ist auf breiterer Quellenbasis ein deutsch-deutscher Vergleich des Auf- und Umbaus staatlicher Stellen nach dem Ende der NS-Diktatur möglich. Die Beiträge untersuchen am Beispiel von vier zentralen Bereichen staatlichen Handelns (Justiz, Wirtschaft, Sicherheit und Inneres) die Nachwirkungen der NS-Vergangenheit in Behörden und Ministerien des geteilten Deutschland. Über den empirischen Befund personeller Kontinuitäten und Diskontinuitäten hinaus gehen die Autoren der Frage danach, in welcher Form die Erfahrung des Bruchs bzw. des Neuanfangs gedanklich verarbeitet und politisch umgesetzt wurde.