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Beerdigen oder verbrennen?
(2024)
Das Buch richtet den Blick auf die zahllosen immer schon in Derridas Grammatologie. Dadurch wird die Strategie der Schrifttheorie ihrer eigenen Initialisierung unterstellt.
Auf dem vom immer schon abgesteckten Zickzackparcours durch die abendländische Metaphysikgeschichte wird das Kalkül der grammatologischen Begründungspraxis gegen sich selbst in Stellung gebracht. Das Experiment ist riskant, verführt das immer schon doch zu einem Vergleich der grammatologischen Ursprungsgenese mit jener in der jüdischen Schrifttradition. Eine beiläufige Bemerkung Derridas über Moses Mendelssohn ermöglicht das Auslesen einer Spur, die hinter die Grenzposten der griechischen Philosophie führt. Dabei treten bemerkenswerte Analogien zwischen dem Schriftbegriff Derridas und in dem jüdischen Schrifttradition hervor: das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit sowie die in dieser Relation zum Tragen kommende Vorstellung einer Schrift, die älter ist als die Schrift selbst - einer Schrift.
Die Charedim, die isolationistisch-fundamentalistisch lebenden ultraorthodoxen Juden, sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in Israel. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts, so sagen Prognosen voraus, wird ihr Anteil auf fast ein Drittel der Juden in Israel angewachsen sein.
In seiner Studie, einer der ersten ihrer Art im deutschsprachigen Raum, beschreibt Eik Dödtmann die aktuellen Entwicklungen und Wechselwirkungen zwischen der säkular-jüdischen Mehrheit und der strengreligiösen charedischen Gesellschaft. Er untersucht dabei den politischen Einfluss der Charedim auf die Innen- und Außenpolitik Israels, die juristische Konstellation einer Semi-Theokratie und ihren Einfluss auf die Freiheit des Individuums sowie die Problemfelder der Integration charedischer Männer in den Arbeitsmarkt, des Wehrdienstes und des öffentlichen Lebens am Schabbat, dem heiligen Tag der jüdischen Woche.
Die Conversos
(2022)
Das 15. Jahrhundert ist das Zeitalter der letzten Massenkonversionen zum Christentum auf der Iberischen Halbinsel. Unter starkem Druck und zum Teil mit Gewalt wurde die zuvor große jüdische Bevölkerung gedrängt, sich taufen zu lassen. Gleichwohl akzeptierten große Teile der christlichen Mehrheit die Neubekehrten nicht als gleichwertig und bezweifelten ihre Rechtgläubigkeit. Gegen diese Diskriminierung wandten sich immer wieder Geistliche und Gelehrte mit Predigten, Briefen und Denkschriften. Die vorliegende Studie zeichnet erstmals detailliert die wesentlichen Inhalte ihrer Theologie nach, ihre spezielle Auslegung der Bibel und deren Wurzeln in Recht und Tradition der lateinischen Kirche.
Die Ordnung der Religionen
(2020)
Der römische Adlige und Humanist Pietro Della Valle bereist von 1614 bis 1626 das Osmanische Reich, Persien und Indien. In einer Zeit des Umbruchs sucht er nach neuen Allianzen für Rom: Gegen die Reformatoren will er die Einheit mit den orientalischen Christen wiederherstellen. Gegen die Osmanen sucht er ein Bündnis mit dem schiitischen Schah Abbas I. zu schließen. Sein Reisebericht, die „Viaggi“ (3 Teile, 1650-63), dokumentiert seine Ambitionen und enthält umfangreiche Erläuterungen zu vielen Religionen Asiens, die damals wie heute im Zentrum des Interesses stehen.
In der Form einer Begriffs- und Ideengeschichte untersuche ich in den „Viaggi“, welche Rolle Religion in den damaligen Auseinandersetzungen spielt und wie sich Della Valle mit der großen religiösen Vielfalt Asiens auseinandersetzt. Welche Hoffnungen und Befürchtungen verbindet er mit den verschiedenen Religionen? Welche Strategien verfolgt er in Bezug auf sie? Wo zieht er Grenzen und wo baut er Brücken?
Die vorliegende Studie beschreitet im religionswissenschaftlichen Kontext einen Weg zur Erforschung der Modifikation und Neuausrichtung eines einzelnen christlichen Bildmotivs, dessen Bildformel sich bis in die Gegenwart durchgesetzt hat.
Das Bildmotiv der Pietà wird in der Gegenwartskunst verstärkt als innovative Bildformel in politischen oder sozialen Kontexten verwendet, um existenzielle Lebenserfahrungen oder gesellschaftskritische, sowie politische Anklagen zu formulieren. Es erlebt einen Relaunch in der Medienberichterstattung, der Kunst, in Filmen oder der Alltagskultur. Künstler_innen und Fotojournalist_innen geben ihren Objekten vermehrt den Titel Pietà oder er wird ihnen von außen zuge-schrieben. Die Semantik dieses spezifischen Bildmotivs rührt offenbar an und kann bei Betrachtenden eine emotionale Gestimmtheit evozieren. Für diese Stu-die ist das Norm- und Wertesystem mit dem dahinter liegenden Tradierungs- und Transformationsprozess von Interesse. Bisher fehlt eine Monografie, in der die Zusammenhänge der Wiederbelebung eines primär christlichen Bildmotivs und der gegenwärtigen Bezüge zu Gewalt, Tod, Angst, Vergänglichkeit, dem Altern oder des Verlustes analysiert werden.
Im Vordergrund steht die Frage nach einer Modifikation bzw. Neuinterpretation dieser Ikonik. Das Aufzeigen eines möglichen dynamischen Entwicklungspro-zesses des Bildmotivs soll klären, welche veränderten Funktionen dem Pietà-Motiv in der Gegenwartskunst zugeschrieben werden. Über ein Set international renomierter, zeitgenössischer Künstler_innen werden eventuelle Veränderun-gen und ein damit verbundener gesellschaftlicher Bedeutungswandel seit dem 21. Jahrhundert analysiert.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach einer religionsübergreifenden Wirk-mächtigkeit ikonischer Präsenz eines religiösen Bildmotivs in der Kunst und den Bildmedien von aktueller Relevanz. Diese Studie leistet einen exemplarischen Beitrag für die Affektforschung, die sich in den vergangenen Jahren vermehrt mit der Emotionsdarstellung und der Emotionsvermittlung in den audiovisuellen Medien befasst.
Heinrich Loewe
(2018)
Die zionistische Geschichte Berlins ist zweifellos mit den Biographien einer Vielzahl von Aktivistinnen und Aktivisten verknüpft, die sich vom ausgehenden 19. Jahrhundert an selbstorganisierten. Heinrich Loewe, den Barbara Schäfer zum „Paradebeispiel einer ganzen Epoche“ erklärte, spielte im Zuge der zionistischen ‚Aneignung‘ der Großstadt zweifelsohne eine entscheidende Rolle. Auf seinem Grabstein auf dem Alten Friedhof in Tel Aviv ist zurecht eingraviert: „Einer unter den Gründern der zionistischen Bewegung“.
Loewe – geboren in Wanzleben, Berliner seit 1933 – war um die Jahrhundertwende an zahlreichen zionistischen Vereinsgründungen beteiligt und viele Jahre als Journalist und Chefredakteur tätig. Früh unternahm er mehrmonatige Reisen nach Palästina, war Delegierter (nicht nur) auf dem 1. Zionistenkongress, später sogar Referent für „Palästina-Kulturfragen“ im 1907 in Berlin eröffneten Zentralbüro der Zionistischen Weltorganisation. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 endete Loewes langjährige Tätigkeit als Bibliothekar der Berliner Universitätsbibliothek und er emigrierte mit seiner Familie nach Tel Aviv. Zu diesem Zeitpunkt blickte er auf einen 30 Jahre andauernden Einsatz für den Aufbau einer jüdischen Nationalbibliothek in Jerusalem zurück. Er wäre beinahe ihr erster Direktor geworden.
Basierend auf umfangreichem Material aus israelischen und deutschen Archiven sowie einem großen Korpus weiterer zeitgenössischer Quellen untersucht Frank Schlöffels Buch am Beispiel der Biographie Heinrich Loewes soziale und kulturelle Verflechtungsprozesse. Häufig von konkreten raum-zeitlichen Settings ausgehend – einem Ort etwa wie der Bibliothek oder der Redaktion –, richtet er einerseits den Blick auf das in diesen Kontexten entstehende Wissen, anderseits auf die sich knüpfenden Beziehungen zwischen Orten und zwischen Menschen, Gegenständen und Ideen.
History of Forgetfulness
(2021)
Hugo Greßmann (1877-1927) hat als einer der führenden Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule die religionsgeschichtliche Methode zur Geltung gebracht. Die biographisch-wissenschaftsgeschichtliche Studie stellt Greßmanns religionsgeschichtliches Programm dar, ordnet es in den wissenschaftshistorischen Kontext ein und zeigt seine Bedeutung für die weitere Wissenschaftsgeschichte auf.