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Die Projektierung und Abwicklung sowie die statische und dynamische Analyse von Geschäftsprozessen im Bereich des Verwaltens und Regierens auf kommunaler, Länder- wie auch Bundesebene mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken beschäftigen Politiker und Strategen für Informationstechnologie ebenso wie die Öffentlichkeit seit Langem.
Der hieraus entstandene Begriff E-Government wurde in der Folge aus den unterschiedlichsten technischen, politischen und semantischen Blickrichtungen beleuchtet.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich dabei auf zwei Schwerpunktthemen:
• Das erste Schwerpunktthema behandelt den Entwurf eines hierarchischen Architekturmodells, für welches sieben hierarchische Schichten identifiziert werden können. Diese erscheinen notwendig, aber auch hinreichend, um den allgemeinen Fall zu beschreiben.
Den Hintergrund hierfür liefert die langjährige Prozess- und Verwaltungserfahrung als Leiter der EDV-Abteilung der Stadtverwaltung Landshut, eine kreisfreie Stadt mit rund 69.000 Einwohnern im Nordosten von München. Sie steht als Repräsentant für viele Verwaltungsvorgänge in der Bundesrepublik Deutschland und ist dennoch als Analyseobjekt in der Gesamtkomplexität und Prozessquantität überschaubar.
Somit können aus der Analyse sämtlicher Kernabläufe statische und dynamische Strukturen extrahiert und abstrakt modelliert werden.
Die Schwerpunkte liegen in der Darstellung der vorhandenen Bedienabläufe in einer Kommune. Die Transformation der Bedienanforderung in einem hierarchischen System, die Darstellung der Kontroll- und der Operationszustände in allen Schichten wie auch die Strategie der Fehlererkennung und Fehlerbehebung schaffen eine transparente Basis für umfassende Restrukturierungen und Optimierungen.
Für die Modellierung wurde FMC-eCS eingesetzt, eine am Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI) im Fachgebiet Kommunikationssysteme entwickelte Methodik zur Modellierung zustandsdiskreter Systeme unter Berücksichtigung möglicher Inkonsistenzen (Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Werner Zorn [ZW07a, ZW07b]).
• Das zweite Schwerpunktthema widmet sich der quantitativen Modellierung und Optimierung von E-Government-Bediensystemen, welche am Beispiel des Bürgerbüros der Stadt Landshut im Zeitraum 2008 bis 2015 durchgeführt wurden. Dies erfolgt auf Basis einer kontinuierlichen Betriebsdatenerfassung mit aufwendiger Vorverarbeitung zur Extrahierung mathematisch beschreibbarer Wahrscheinlichkeitsverteilungen.
Der hieraus entwickelte Dienstplan wurde hinsichtlich der erzielbaren Optimierungen im dauerhaften Echteinsatz verifiziert.
[ZW07a] Zorn, Werner: «FMC-QE A New Approach in Quantitative Modeling», Vortrag anlässlich: MSV'07- The 2007 International Conference on Modeling, Simulation and Visualization Methods WorldComp2007, Las Vegas, 28.6.2007.
[ZW07b] Zorn, Werner: «FMC-QE, A New Approach in Quantitative Modeling», Veröffentlichung, Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, 28.6.2007.
Faktor Mensch
(2016)
Eine Krisensituation ist eine Umbruchssituation. Sie kann als Chance, als Herausforderung sowie im Sinne einer SCHUMPETER’SCHEN „schöpferischen Zerstörung“ als Ausgangspunkt von bedeutsamen Veränderungen und neuen Entwicklungsmöglichkeiten begriffen werden. Die Krisensituation der 1970er und 1980er Jahre bildet dahingehend durch ihre Einzigartigkeit einen herausragenden wirtschaftshistorischen Untersuchungsgegenstand. Für die westeuropäischen Staaten waren es nicht nur Jahre einer, nach der außergewöhnlich langen Boomzeit der „Wirtschaftswunderjahre“, problematischen sozialen und wirtschaftliche Situation. Es war auch eine Zeit eines bedeutungsvollen und beschleunigten Wandels. Die Gleichzeitigkeit vieler Veränderungen, das zeitliche Zusammentreffen von konjunkturellen und strukturellen Problemlagen sowie die äußerst kritische Situation an den westeuropäischen Arbeitsmärkten bildete eine multiple Krisensituation. Deren Auswirkungen waren weitreichender, als es von den Zeitgenossen erahnt werden konnte. Es gab nicht nur Änderungen im (wirtschafts-)politischen Makrogefüge vieler Volkswirtschaften, auch bedeutende Einflüsse waren auf der Mikroebene feststellbar. Marktorientierte Unternehmen mussten sich auf die neue Situation einstellen und im Rahmen einer Neupositionierung von Betriebsstrategien, organisatorischen Umgestaltungen und einer stärkeren Ressourcenorientierung betriebswirtschaftlich handeln. Das schien letztlich zu einer stärkeren Beachtung und Entwicklung der in den Unternehmen vorhandenen humanen und sozialen Ressourcen zu führen.
Diese Arbeit stellt die Hypothese auf, dass umfassende organisatorische Veränderungen und strategische Neupositionierungen, insbesondere die effektivere Nutzung sowie der intensive Auf- und Ausbau betriebsinterner Personalressourcen Unternehmen maßgeblich halfen, die Krisensituation der 1970er und 1980er Jahre besser und nachhaltiger überwinden zu können. Anders als die bisherige wirtschaftshistorische Forschungsliteratur nimmt diese Dissertation nicht die makroökonomisch Perspektive in den Fokus, sondern untersucht die Hypothese anhand mehrerer Unternehmensfallstudien. Ausgewählt sind drei Großunternehmen der westeuropäischen Elektroindustrie. Diese Arbeit liefert mit dieser Untersuchung einen weiteren Baustein zur wirtschaftshistorischen Annäherung an die 1970er und 1980er Jahre und leistet ebenso einen Beitrag zur Fortschreibung der Firmengeschichte der drei Unternehmen.
Die Elektrobranche fand bisher wirtschaftshistorisch nur wenig Beachtung, dennoch ist sie ein gutes Beispiel für die umfassende Veränderungssituation jener Jahre. Entsprechende Sekundärquellen sind für diesen Zeitraum für die drei Unternehmen kaum vorhanden. Aus diesem Grund bildet eine Vielzahl von Archivalien das Fundament dieser Arbeit. Sie werden als Primärquellen aus den jeweiligen Unternehmensarchiven als Basis der Fallanalyse herangezogen. Mit Hilfe zahlreicher Dokumente des betrieblichen „Alltagsgeschäfts“, wie beispielsweise Daten des betrieblichen Personal- und Rechnungswesens, Protokolle von Sitzungen der Arbeitsnehmervertreter, des Aufsichtsrats oder des Vorstands sowie interne Strategiepapiere und Statistiken, wird nicht nur der anfangs aufgestellten Hypothese nachgegangen, sondern auch mehrerer sich aus ihr ergebende Fragenkomplexe. Im Rahmen derer wird untersucht, wie die Unternehmen – die Beschäftigten, die Leitungsebenen und die Aufsichtsräte – auf die Krisensituation reagierten, ob sie ggf. ihrerseits Einfluss darauf zu nehmen versuchten und welche betriebswirtschaftlichen Schlüsse daraus gezogen wurden. Es wird hinterfragt, ob eine stärkere Ressourcenorientierung wirklich eine neue Strategieperspektive bot und es diesbezüglich zu einer stärkeren Beachtung humaner und sozialer Ressourcen im Unternehmen kam. Diese Arbeit untersucht, ob gezielt zur Krisenüberwindung in diese Ressourcen investiert wurde und diese Investitionen halfen, die Krisensituation erfolgreich zu überstehen und nachhaltig den Unternehmenserfolg zu sichern.
Die vorliegende explorative empirische Untersuchung muslimischer Frauengruppen leistet einen Beitrag zur Erforschung des religiösen Wandels im religiösen Feld in Deutschland. Zum einen werden damit erstmals qualitative Daten zu religiösen Gruppen muslimischer Frauen erhoben. Zum anderen liefern die analysierten Anlässe der Gruppengründung und die Gruppenziele Einblicke in die relevanten Themen des religiös-muslimischen Engagements im Zeitverlauf. Gemäß der explorativen Konzeption interessiert sich diese Studie insbesondere für die Vielfalt muslimischer Frauengruppen in Deutschland. Es wurde gefragt, welche Selbstbeschreibungen als muslimische Frauengruppen sich derzeit erkennen lassen? Dazu wurden thematische Leitfadeninterviews mit Ansprechpartnerinnen muslimischer Frauengruppen im religiösen Feld (2006-2011) durchgeführt.
Die Gründungen der zwölf untersuchten muslimischen Frauengruppen lagen im Zeitraum von 1978 bis 2009. Dies umfasst im Hinblick auf das muslimisch-religiöse Engagement Phasen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die von der Verfestigung der religiösen Strukturen über den Kampf um rechtliche Gleichstellung als religiöse Minderheit bis zu einer Auseinandersetzung mit der staatlichen Islampolitik reichen. Die ältesten der untersuchten Gruppen reflektieren in ihrem historischen Verlauf den Aufbau der religiösen Strukturen, indem sie zunächst Räume für sich in den Gemeinden schufen. Diese füllten sie in Form von religiösen Bildungsprozessen und zwar indem sie einander an ihren Kenntnissen teilhaben ließen und gemeinsam die religiöse Quelle erschlossen. Andere Gruppen schlossen sich zusammen, um von den Kenntnissen religiöser Expertinnen zu profitieren, wieder andere etablierten Angebote, die über den eigenen Gruppenzusammenhang hinausreichten. Mit dieser Ausrichtung der Weltgestaltung ging auch die Gründung einer Organisation, d.h. ein Wandel der Sozialform einher.
Die Ergebnisse konstatieren eine Kontingenz hinsichtlich der Selbstzuordnung muslimische Frauengruppe. Es handelt sich um historisch spezifische Selbstzuschreibungen, die Ausdruck eines religiösen Wandels im muslimisch-religiösen Feld initiiert von muslimischen Frauen sind. Zentrales Ergebnis ist hier, dass die Gruppen zwar hinsichtlich ihrer Formen heterogen sind, allerdings eine Verbindungslinie in ihren Kernideen als Frauengruppen- und Organisationen besteht. Es zeigt sich durch alle Phasen des muslimisch-religiösen Engagements im religiösen Feld ein hohes Interesse an religiösen Bildungsthemen seitens muslimischer Frauen. Diese sind verbunden mit der Auseinandersetzung mit dem religiösen Geschlechterverhältnis.
Die Aufmerksamkeit, die das religiöse Geschlechterverhältnis im Kontext des Institutionalisierungs- und Partizipationsprozess des Islam im politischen Feld derzeit besitzt, kann einerseits als spezifisch gelten. Andererseits zeigen historische Kontextualisierungen mit der religiösen Frauenbewegung im 19. Jahrhundert, dass auch hier über religiöse Geschlechterbilder Partizipationsfragen verhandelt wurden.
Die Ergebnisse dieser Studie belegen die Relevanz von religiösen Gruppen innerhalb religiöser Wandlungsprozesse. Weiterhin liefern sie neue Erkenntnisse hinsichtlich des Verhältnisses von religiöser Individualisierung und Gruppenbindung: Muslimische Frauen vergemeinschaften sich aus religiösen Bildungszwecken innerhalb von religiösen Gruppen und behandeln dabei Themen ihre weibliche religiöse Identität und die religiöse Lebensführung als Frau betreffend und dies stärkt ihre individuelle religiöse Bindung.
In der vorliegenden Arbeit wird die planetare Grenzschicht in Ny-Ålesund, Spitzbergen, sowohl bezüglich kleinskaliger („mikrometeorologischer“) Effekte als auch in ihrer Kopplung mit der Synoptik untersucht. Dazu werden verschiedene Beobachtungsdaten aus der Säule und in Bodennähe zusammengezogen und bewertet. Die so gewonnenen Datensätze werden dann zur Validierung eines nicht-hydrostatischen, regionalen Klimamodells genutzt. Weiterhin werden orographisch bedingte Einflüsse, die Untergrundbeschaffenheit und die lokale Heterogenität der Unterlage untersucht. Hierzu werden meteorologische Größen, wie die Variabilität der Temperatur und insbesondere die jährliche Windverteilung in Bodennähe untersucht und es erfolgt ein Vergleich von in-situ gemessenen turbulenten Flüssen von den Eddy-Kovarianz-Messkomplexen bei Ny-Ålesund und im Bayelva-Tal unter demselben Aspekt. Es zeigt sich, dass der Eddy-Kovarianz-Messkomplex im Bayelva-Tal sehr stark durch eine orographisch bedingte Kanalisierung der Strömung beeinflusst ist und sich nicht für Vergleiche mit regionalen Klimamodellen mit horizontalen Auflösungen von <1km eignet. Die hohe Bodenfeuchte im Bayelva-Tal führt zudem zu einem deutlich kleineren Bowen-Verhältnis, als es für diese Region zu erwarten ist. Der Eddy-Kovarianz-Messkomplex bei Ny-Ålesund erweist sich hingegen als geeigneter für solche Modellvergleiche, aufgrund der typischen, küstennahen Windverteilung und des repräsentativen Footprints. Letzteres wird durch die Bestimmung der Footprint-Klimatologie des Jahres 2013 mit einem aktuellen Footprint-Modell erarbeitet.
Weiterhin wird die Auswirkung von (Anti-) Zyklonen über den Archipel auf die zeitliche Variabilität der lokalen Grenzschichteigenschaften untersucht und bewertet. Dazu wird ein Zyklonen-Detektions-Algorithmus auf ERA-Interim-Reanalysedatensätze angewendet, wodurch die Häufigkeit von nahezu ideal konzentrischen Hoch- und die Tiefdruckgebieten für drei Jahre bestimmt wird. Aus dieser Verteilung werden insgesamt drei interessante Zeiträume zu verschiedenen Jahreszeiten ausgewählt und im Rahmen von Prozessstudien die lokalen bodennahen meteorologischen Messungen, der turbulente Austausch an der Oberfläche und die Grenzschichtdynamik in der Säule untersucht. Die zeitliche Variabilität der dynamischen Grenzschichtstabilität in der Säule wird anhand von zeitlich hoch aufgelösten vertikalen Profilen der Bulk-Richardson-Zahl aus Kompositprofilen aus Fernerkundungsinstrumenten (Radiometer, Wind-LIDAR) sowie Mastdaten (BSRN-Mast) untersucht und die Grenzschichthöhe ermittelt. Aus diesen Analysen ergibt sich eine deutliche Abhängigkeit der thermischen Stabilität beim Durchzug von Fronten, eine damit einhergehende erhebliche Abhängigkeit der Grenzschichtdynamik und der Grenzschichthöhe sowie des turbulenten Austauschs von der zeitlichen Variabilität der Windgeschwindigkeit in der Säule.
Auf Grundlage der Standortanalysen und Prozessstudien erfolgt ein Vergleich der bodennahen Messungen und den Beobachtungen aus der Säule, sowohl von den genannten Fernerkundungsinstrumenten als auch von In-situ-Messungen (Radiosonden) für den Zeitraum einer Radiosondierungskampagne mit dem nicht-hydrostatischen, regionalen Klimamodel WRF (ARW). Auf Grundlage der Fragestellung, inwieweit aktuelle Schemata die Grenzschichtcharakteristika in orographisch stark gegliedertem Gelände in der Arktis reproduzieren können, werden zwei Grenzschichtparametrisierungsschemata mit verschiedenen Ordnungen der Schließung validiert. Hierzu wird die zeitliche Variabilität der Temperatur, der Feuchte und des Windfeldes in der Säule bis 2000m in den Simulationen mit den Beobachtungsdaten vergleichen. Es wird gezeigt, dass durch Modifikation der Initialwertfelder eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den Simulationen und den Beobachtungen bereits bei einer horizontalen Auflösung von 1km erreicht werden kann und die Wahl des Grenzschichtschemas nur untergeordneten Einfluss hat. Hieraus werden Ansätze der Weiterentwicklung der Parametrisierungen, aber auch Empfehlungen bezüglich der Initialwertfelder, wie der Landmaske und der Orographie, vorgeschlagen.
Diese Arbeit befasst sich mit der Herstellung und Charakterisierung von thermoresponsiven Filmen auf Goldelektroden durch Fixierung eines bereits synthetisierten thermoresponsiven Polymers. Als Basis für die Entwicklung der responsiven Grenzfläche dienten drei unterschiedliche Copolymere (Polymere I, II und III) aus der Gruppe der thermisch schaltbaren Poly(oligo(ethylenglykol)methacrylate).
Die turbidimetrischen Messungen der Copolymere in Lösungen haben gezeigt, dass der Trübungspunkt vom pH-Wert, der Gegenwart von Salzen sowie von der Ionenstärke der Lösung abhängig ist. Nach der Charakterisierung der Polymere in Lösung wurden Experimente der kovalenten Kopplung der Polymere I bis III an die Oberfläche der Gold-Elektroden durchgeführt. Während bei Polymeren I und II die Ankopplung auf einer Amidverbrückung basierte, wurde bei Polymer III als alternative Methode zur Immobilisierung eine photoinduzierte Anbindung unter gleichzeitiger Vernetzung gewählt. Der Nachweis der erfolgreichen Ankopplung erfolgte bei allen Polymeren elektrochemisch mittels Cyclovoltammetrie und Impedanzspektroskopie in K3/4[Fe(CN)6]-Lösungen. Wie die Ellipsometrie-Messungen zeigten, waren die erhaltenen Polymer-Filme unterschiedlich dick. Die Ankopplung über Amidverbrückung lieferte dünne Filme (10 – 15 nm), während der photovernetzte Film deutlich dicker war (70-80 nm) und die darunter liegende Oberfläche relativ gut isolierte.
Elektrochemische Temperaturexperimente an Polymer-modifizierten Oberflächen in Lösungen in Gegenwart von K3/4[Fe(CN)6] zeigten, dass auch die immobilisierten Polymere I bis III responsives Temperaturverhalten zeigen. Bei Elektroden mit den immobilisierten Polymeren I und II ist der Temperaturverlauf der Parameterwerte diskontinuierlich – ab einem kritischen Punkt (37 °C für Polymer I und 45 °C für Polymer II) wird zunächst langsame Zunahme der Peakströme wird deutlich schneller. Das Temperaturverhalten von Polymer III ist dagegen bis 50 °C kontinuierlich, der Peakstrom sinkt hier durchgehend.
Weiterhin wurde mit den auf Polymeren II und III basierten Elektroden deren Anwendung als responsive Matrix für Bioerkennungsreaktionen untersucht. Es wurde die Ankopplung von kleinen Biorezeptoren, TAG-Peptiden, an Polymer II- und Polymer III-modifizierten Elektroden durchgeführt. Das hydrophile FLAG-TAG-Peptid verändert das Temperaturverhalten des Polymer II-Films unwesentlich, da es die Hydrophilie des Netzwerkes nicht beeinflusst. Weiterhin wurde der Effekt der Ankopplung der ANTI-FLAG-TAG-Antikörper an FLAG-TAG-modifizierte Polymer II-Filme untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Antikörper spezifisch an FLAG-TAG-modifiziertes Polymer II binden. Es wurde keine unspezifische Anbindung von ANTI-FLAG-TAG an Polymer II beobachtet. Die Temperaturexperimente haben gezeigt, dass die thermische Restrukturierung des Polymer II-FLAG-TAG-Filmes auch nach der Antikörper-Ankopplung noch stattfindet. Der Einfluss der ANTI-FLAG-TAG-Ankopplung ist gering, da der Unterschied in der Hydrophilie zwischen Polymer II und FLAG-TAG bzw. ANTI-FLAG-TAG zu gering ist.
Für die Untersuchungen mit Polymer III-Elektroden wurde neben dem hydrophilen FLAG-TAG-Peptid das deutlich hydrophobere HA-TAG-Peptid ausgewählt. Wie im Falle der Polymer II Elektrode beeinflusst das gekoppelte FLAG-TAG-Peptid das Temperaturverhalten des Polymer III-Netzwerkes nur geringfügig. Die gemessenen Stromwerte sind geringer als bei der Polymer III-Elektrode. Das Temperaturverhalten der FLAG-TAG-Elektrode ähnelt dem der reinen Polymer III-Elektrode – die Stromwerte sinken kontinuierlich bis die Temperatur von ca. 40 °C erreicht ist, bei der ein Plateau beobachtet wird. Offensichtlich verändert FLAG-TAG auch in diesem Fall nicht wesentlich die Hydrophilie des Polymer III-Netzwerkes. Das an Polymer III-Elektroden gekoppelte hydrophobe HA-TAG-Peptid beeinflusst dagegen im starken Maße den Quellzustand des Netzwerkes. Die Ströme für die HA-TAG-Elektroden sind deutlich geringer als die für die FLAG-TAG-Polymer III-Elektroden, was auf geringeren Wassergehalt und dickeren Film zurückzuführen ist. Bereits ab 30 °C erfolgt der Anstieg von Stromwerten, der bei Polymer III- bzw. bei Polymer III-FLAG-TAG-Elektroden nicht beobachtet werden kann. Das gekoppelte hydrophobe HA-TAG-Peptid verdrängt Wasser aus dem Polymer III-Netzwerk, was in der Stauchung des Films bereits bei Raumtemperatur resultiert. Dies führt dazu, dass der Film im Laufe des Temperaturanstieges kaum noch komprimiert. Die Stromwerte steigen in diesem Fall entsprechend des Anstiegs der temperaturabhängigen Diffusion des Redoxpaares. Diese Untersuchungen zeigen, dass das HA-TAG-Peptid als Ankermolekül deutlich besser für eine potentielle Verwendung der Polymer III-Filme für sensorische Zwecke geeignet ist, da es sich deutlich in der Hydrophilie von Polymer III unterscheidet.
Möglichkeiten der Mittelstandsförderung durch Vergaberechtsgestaltung und Vergaberechtspraxis
(2016)
Die Förderungswürdigkeit und die Förderungsfähigkeit mittelständischer Unternehmen ist ein gesamteuropäisches, wirtschaftspolitisches Anliegen. Hiervon zeugen zum einen zahlreiche Regelungen im Primär-, Sekundär-, Verfassungs- und einfachgesetzlichem Recht, zum anderen auch die Bedeutung der mittelständischen Unternehmen im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Gefüge. So herrscht innerhalb der Europäischen Union nicht nur der Slogan „Vorfahrt für KMU“, sondern auch die im Frühjahr 2014 verabschiedeten Vergaberichtlinien legten ein besonderes Augenmerk auf die Förderung des Zugangs der KMU zum öffentlichen Beschaffungsmarkt. Denn gemessen am Steuerungs- und Lenkungspotenzial der Auftragsvergabe, deren Einfluss auf die Innovationstätigkeit der Wirtschaft sowie deren Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Wettbewerbstätigkeit auf der einen Seite und dem gesamtwirtschaftlichen Stellenwert der mittelständischen Unternehmen auf der anderen Seite, sind mittelständische Unternehmen trotz zahlreicher europäischer und nationaler Initiativen im Vergabeverfahren unterrepräsentiert. Neben der undurchsichtigen Regelungsstruktur des deutschen Vergaberechts, unterliegen die mittelständischen Unternehmen vom Beginn bis zum Ende des Vergabeverfahrens besonderen Schwierigkeiten. Dieser Ausgangsbefund wurde zum Anlass genommen, um die Möglichkeiten der Mittelstandsförderung durch Vergaberechtsgestaltung und Vergaberechtspraxis erneut auf den Prüfstand zu stellen.
Das Widerspenstige bändigen
(2016)
Dem Handeln von Lehrkräften wird in der schulischen Praxis wie in der wissenschaftlichen Literatur ein wesentlicher Einfluss auf die Qualität von schulischem Unterricht zugesprochen. Auch wenn umfangreiche normative Vorstellungen über ein gutes Lehr-Handeln bestehen, so gibt es wenig Erkenntnis darüber, welche Gründe Lehrkräfte für ihr pädagogisches Handeln haben. Das Handeln von Lehrkräften kann nur dann adäquat erfasst werden, wenn Bildung einerseits als Weitergabe von Kultur an die nachfolgende Generation und andererseits als eine vom sich bildenden Subjekt ausgehende Selbst- und Weltverständigung verstanden wird. Damit einhergehende Anforderungen an die Lehrkraft stehen notwendigerweise in Widerspruch zueinander; dies gilt besonders für eine Gesellschaft mit großer kultureller und sozialer Heterogenität. Bei der Suche nach Zusammenhängen zwischen Persönlichkeit, pädagogischem Wissen oder Kompetenzen und einem unterrichtlichen Handeln wird häufig von einer Bedingtheit dieses Handelns ausgegangen und dieses auf kognitive Aspekte und an externen Normen orientierte Merkmale verkürzt. Ertragreicher für eine Antwort auf die Frage nach den Begründungen sind wissenschaftliche Arbeiten, die Professionalität als eine Bezugnahme auf einen besonderen strukturellen Rahmen beschreiben, der durch Widersprüche geprägt ist und Entscheidungen zu den Spannungsfeldern pädagogischer Verhältnisse erfordert. Die subjektwissenschaftliche Lerntheorie bietet eine Basis für ein Verständnis eines Lernens in institutionellen Kontexten ausgehend von den Lerninteressen der Schülerinnen und Schüler. Lehren kann darauf bezugnehmend als Unterstützung von Selbst- und Weltverständigungsprozessen durch Wertschätzung, Verstehen und Angebote alternativer Bedeutungshorizonte verstanden werden. Das Handeln von Lehrkräften ist als sinngebende Bezugnahme auf daraus resultierende sowie institutionelle Anforderungen mittels gesellschaftlicher Bedeutungsstrukturen verstehbar. Das handelnde Subjekt erschließt sich selbst und die Welt mit Hilfe von Bedeutungen. Diese können verstanden werden als der Besonderheit der Biographie, der gesellschaftlichen Position sowie der Lebenslage geschuldete Reinterpretationen gesellschaftlicher Bedeutungsstrukturen. Im empirischen Verfahren können mittels eines Übergangs von sequentiellen zu komparativen Analysen Positionierungen als thematisch spezifische und über die konkrete Handlungssituation hinausreichende Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge rekonstruiert werden. Daraus werden situationsunabhängige Strukturmomente des Gegenstands Lehren an beruflichen Schulen aber auch komplexe, situationsbezogene subjektive Bedeutungs-Begründungs-Muster abgeleitet. Als wesentliche strukturelle Merkmale lassen sich die Schlüsselkategorien ‚Deutungsmacht‘ und ‚instrumentelle pädagogische Beziehung‘ aus dem empirischen Material unter Zuhilfenahme weiterer theoretischer Folien entwickeln. Da Deutungsmacht auf Akzeptanz angewiesen ist und in instrumentellen Beziehungen eine kooperative Bezugnahme auf den Lehr-Lern-Gegenstand allenfalls punktuell erfolgt, können damit asymmetrische metastabile Arrangements zwischen einer Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern verstanden werden. Als empirische Ausprägungen weist Deutungsmacht die Varianten ‚absoluter Anspruch‘, ‚Akzeptanz der Fragilität‘ und ‚Akzeptanz der Legitimität eines Infragestellens‘ auf. Bei der zweiten Schlüsselkategorie treten die Varianten ‚strukturelle Prägung‘, ‚unspezifischer allgemein-menschlicher Charakter‘ und ‚Außenprägung‘ der instrumentellen pädagogischen Beziehung auf. Die Bedeutungs-Begründungs-Musters weisen teilweise Inkonsistenzen und Übergänge in den Positionierungen bezogen auf die dargestellten Varianten auf. Nur bei einem Teil der Muster sind Bemühungen um Wertschätzung und Verstehen der Schülerinnen und Schüler plausibel ableitbar, gleiches gilt in Hinblick auf eine Offenheit für eine Revision der Muster. Die Muster, wie etwa ‚Durchsetzend-ertragendes Nachsteuern‘, ‚Direktiv-personalisierendes Praktizieren‘ oder ‚Regulierend-flexibles Managen‘ sind zu verstehen als Bewältigungsmodi der kontingenten pädagogischen (Konflikt-)Situationen, auf die sich die Fallschilderungen beziehen. Die jeweilige Lehrkraft hat dieses Muster in dem beschriebenen Fall genutzt, was allerdings keine Aussage darüber zulässt, auf welche Muster die Lehrkraft in anderen Fällen zugreifen würde. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit eignen sich als eine heuristische bzw. theoretische Folie, die Lehrkräfte beim Erschließen ihres eigenen pädagogischen Handelns - etwa in einer als Fallberatung konzipierten Fortbildung - unterstützen kann. Möglich sind Anschlüsse an andere theoretische Ansätze zum Handeln von Lehrkräften aber auch deren veränderte Einordnung. Erweitert werden die Optionen, dieses Handeln über wissenschaftliche Zugänge zu erfassen.
Durch die Zunahme metabolischer Stoffwechselstörungen und Erkrankungen in der Weltbevölkerung wird in der Medizin und den Lebenswissenschaften vermehrt nach Präventionsstrategien und Ansatzpunkten gesucht, die die Gesundheit fördern, Erkrankungen verhindern helfen und damit auch die Gesamtlast auf die Gesundheitssysteme erleichtern. Ein Ansatzpunkt wird dabei in der Ernährung gesehen, da insbesondere der Konsum von gesättigten Fetten die Gesundheit nachträglich zu beeinflussen scheint. Dabei wird übersehen, dass in vielen Studien Hochfettdiäten nicht ausreichend von den Einflüssen einer zum Bedarf hyperkalorischen Energiezufuhr getrennt werden, sodass die Datenlage zu dem Einfluss von (gesättigten) Fetten auf den Metabolismus bei gleichbleibender Energieaufnahme noch immer unzureichend ist.
In der NUtriGenomic Analysis in Twins-Studie wurden 46 Zwillingspaare (34 monozygot, 12 dizygot) über einen Zeitraum von sechs Wochen mittels einer kohlenhydratreichen, fettarmen Diät nach Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für ihr Ernährungsverhalten standardisiert, ehe sie zu einer kohlenhydratarmen, fettreichen Diät, die insbesondere gesättigte Fette enthielt, für weitere sechs Wochen wechselten. Beide Diäten waren dem individuellen Energiebedarf der Probanden angepasst, um so sowohl akut nach einerWoche als auch längerfristig nach sechs Wochen Änderungen des Metabolismus beobachten zu können, die sich in der vermehrten Aufnahme von (gesättigten) Fetten begründeten.
Die über die detaillierte Charakterisierung der Probanden an den klinischen Untersuchungstagen generierten Datensätze wurden mit statistischen und mathematischen Methoden (z.B. lineare gemischte Modellierung) analysiert, die der Größe der Datensätze und damit ihrem Informationsvolumen angepasst waren.
Es konnte gezeigt werden, dass die metabolisch gesunden und relativ jungen Probanden, die eine gute Compliance zeigten, im Hinblick auf ihren Glukosestoffwechsel adaptieren konnten, indem die Akutantwort nach einer Woche im Nüchterninsulin und dem Index für Insulinresistenz in den weiteren fünf Wochen ausgeglichen wurde.
Der Lipidstoffwechsel in Form der klassischen Marker wie Gesamtcholesterin, LDL und HDL war dagegen stärker beeinflusst und auch nach insgesamt sechs Wochen deutlich erhöht.
Letzteres unterstützt die Beobachtung im Transkriptom des weißen, subkutanen Fettgewebes, bei der eine Aktivierung der über die Toll-like receptors und das Inflammasom vermittelten subklinischen Inflammation beobachtet werden konnte.
Die auftretenden Veränderungen in Konzentration und Komposition des Plasmalipidoms zeigte ebenfalls nur eine teilweise und auf bestimmte Spezies begrenzte Gegenregulation.
Diesbezüglich kann also geschlussfolgert werden, dass auch die isokalorische Aufnahme von (gesättigten) Fetten zu Veränderungen im Metabolismus führt, wobei die Auswirkungen in weiteren (Langzeit-)Studien und Experimenten noch genauer untersucht werden müssen. Insbesondere wäre dabei ein längerer Zeitraum unter isokalorischen Bedingungen von Interesse und die Untersuchung von Probanden mit metabolischer Vorbelastung (z.B. Insulinresistenz).
Darüber hinaus konnte in NUGAT aber ebenfalls gezeigt werden, dass die Nutrigenetik und Nutrigenomik zwei nicht zu vernachlässigende Faktoren darstellen. So zeigten unter anderem die Konzentrationen einiger Lipidspezies eine starke Erblichkeit und Abhängigkeit der Diät.
Zudem legen die Ergebnisse nahe, dass laufende wie geplante Präventionsstrategien und medizinische Behandlungen deutlich stärker den Patienten als Individuum mit einbeziehen müssen, da die Datenanalyse interindividuelle Unterschiede identifizierte und Hinweise lieferte, dass einige Probanden die nachteiligen, metabolischen Auswirkungen einer Hochfettdiät besser ausgleichen konnten als andere.
Molekulare Charakterisierung des Centrosom-assoziierten Proteins CP91 in Dictyostelium discoideum
(2016)
Das Dictyostelium-Centrosom ist ein Modell für acentrioläre Centrosomen. Es besteht aus einer dreischichtigen Kernstruktur und ist von einer Corona umgeben, welche Nukleationskomplexe für Mikrotubuli beinhaltet. Die Verdoppelung der Kernstruktur wird einmal pro Zellzyklus am Übergang der G2 zur M-Phase gestartet. Durch eine Proteomanalyse isolierter Centrosomen konnte CP91 identifiziert werden, ein 91 kDa großes Coiled-Coil Protein, das in der centrosomalen Kernstruktur lokalisiert. GFP-CP91 zeigte fast keine Mobilität in FRAP-Experimenten während der Interphase, was darauf hindeutet, dass es sich bei CP91 um eine Strukturkomponente des Centrosoms handelt. In der Mitose hingegen dissoziieren das GFP-CP91 als auch das endogene CP91 ab und fehlen an den Spindelpolen von der späten Prophase bis zur Anaphase. Dieses Verhalten korreliert mit dem Verschwinden der zentralen Schicht der Kernstruktur zu Beginn der Centrosomenverdopplung. Somit ist CP91 mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bestandteil dieser Schicht. CP91-Fragmente der N-terminalen bzw. C-terminalen Domäne (GFP-CP91 N-Terminus, GFP-CP91 C-Terminus) lokalisieren als GFP-Fusionsproteine exprimiert auch am Centrosom, zeigen aber nicht die gleiche mitotische Verteilung des Volllängenproteins. Das CP91-Fragment der zentralen Coiled-Coil Domäne (GFP-CP91cc) lokalisiert als GFP-Fusionsprotein exprimiert, als ein diffuser cytosolische Cluster, in der Nähe des Centrosoms. Es zeigt eine partiell ähnliche mitotische Verteilung wie das Volllängenprotein. Dies lässt eine regulatorische Domäne innerhalb der Coiled-Coil Domäne vermuten. Die Expression der GFP-Fusionsproteine unterdrückt die Expression des endogenen CP91 und bringt überzählige Centrosomen hervor. Dies war auch eine markante Eigenschaft nach der Unterexpression von CP91 durch RNAi. Zusätzlich zeigte sich in CP91-RNAi Zellen eine stark erhöhte Ploidie verursacht durch schwere Defekte in der Chromosomensegregation verbunden mit einer erhöhten Zellgröße und Defekten im Abschnürungsprozess während der Cytokinese. Die Unterexpression von CP91 durch RNAi hatte auch einen direkten Einfluss auf die Menge an den centrosomalen Proteinen CP39, CP55 und CEP192 und dem Centromerprotein Cenp68 in der Interphase. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass CP91 eine zentrale centrosomale Kernkomponente ist und für den Zusammenhalt der beiden äußeren Schichten der Kernstruktur benötigt wird. Zudem spielt CP91 eine wichtige Rolle für eine ordnungsgemäße Centrosomenbiogenese und, unabhängig davon, bei dem Abschnürungsprozess der Tochterzellen während der Cytokinese.
Die vorgelegte Dissertation präsentiert wissenschaftliche Ergebnisse, die in der Zeit vom Dezember 2012 bis August 2016, erarbeitet wurden. Der zentrale Inhalt der Arbeit ist die Simulation von Röntgenabsorptionsprozessen von verschiedenen Systemen in kondensierter Phase. Genauer gesagt, werden Nahkantenabsorptions- (NEXAFS) sowie Röntgenphotoelektronenspektren (XPS) berechnet. In beiden Fällen wird ein Röntgenphoton von einem molekularen System absorbiert. Aufgrund der hohen Photonenenergie wird ein stark gebundenes kernnahes Elektron angeregt. Bei der XPS gelangt dieses mit einer zu messenden kinetischen Energie in Kontinuumszustände. In Abhängigkeit der eingestrahlten Photonenenergie und der kinetischen Energie des austreten Elektrons, kann die Bindungsenergie berechnet werden, welche die zentrale Größe der XPS ist. Im Falle der NEXAFS-Spektroskopie wird das kernnahe Elektron in unbesetzte gebundene Zustände angeregt. Die zentrale Größe ist die Absorption als Funktion der eingestrahlten Photonenenergie. Das erste Kapitel meiner Arbeit erörtert detailliert die experimentellen Methoden sowie die daraus gewonnenen charakteristischen Größen.
Die experimentellen Spektren zeigen oft viele Resonanzen, deren Interpretation aufgrund fehlender Referenzmaterialien schwierig ist. In solchen Fällen bietet es sich an, die Spektren mittels quantenchemischer Methoden zu simulieren. Der dafür erforderliche mathematisch-physikalische Methodenkatalog wird im zweiten Kapitel der Arbeit erörtert.
Das erste von mir untersuchte System ist Graphen. In experimentellen Arbeiten wurde die Oberfläche mittels Bromplasma modifiziert. Die im Anschluss gemessenen NEXAFS-Spektren unterscheiden sich maßgeblich von den Spektren der unbehandelten Oberfläche. Mithilfe periodischer DFT-Rechnungen wurden verschiedene Gitterdefekte sowie bromierte Systeme untersucht und die NEXAFS-Spektren simuliert. Mittels der Simulationen können die Beiträge verschiedener Anregungszentren analysiert werden. Die Berechnungen erlauben den Schluss, dass Gitterdefekte maßgeblich für die entstandenen Veränderungen verantwortlich sind.
Polyvinylalkohol (PVA) wurde als zweites System behandelt. Hierbei sollte untersucht werden, wie groß der Einfluss der Molekularbewegung auf die Verbreiterung der Peaks im XP-Spektrum ist. Des Weiteren wurde untersucht, wie groß der Einfluss von intermolekularen Wechselwirkungen auf die Peakpositionen und Peakverbreiterung ist. Für die Berechnung dieses Systems wurde eine Kombination aus molekulardynamischen und quantenchemischen Methoden verwendet. Als Strukturen dienten Oligomermodelle, die unter dem Einfluss eines (ab initio) Potentials propagiert wurden. Entlang der erstellten Trajektorie wurden Schnappschüsse der Geometrien extrahiert und für die Berechnung der XP-Spektren verwendet. Die Spektren werden bereits mithilfe klassischer Molekulardynamik sehr gut reproduziert. Die erhaltenen Peakbreiten sind verglichen mit dem Experiment allerdings zu klein. Die Hauptursache der Peakverbreiterung ist die Molekularbewegung. Intermolekulare Wechselwirkungen verschieben die Peakpositionen um 0.6 eV zu kleineren Anregungsenergien.
Im dritten Teil der Arbeit stehen die NEXAFS-Spektren von ionischen Flüssigkeiten (ILs) im Fokus. Die experimentell gefundenen Spektren zeigen eine komplexe Struktur mit vielen Resonanzen. In der Arbeit wurden zwei ILs untersucht. Als Geometrien verwenden wir Clustermodelle, die aus experimentellen Kristallstrukturen extrahiert wurden. Die berechneten Spektren erlauben es, die Resonanzen den Anregungszentren zuzuordnen. Außerdem kann eine erstmals gemessene Doppelresonanz simuliert und erklärt werden. Insgesamt kann die Interpretation der Spektren mithilfe der Simulation signifikant erweitert werden.
In allen Systemen wurde zur Berechnung des NEXAFS-Spektrums eine auf Dichtefunktionaltheorie basierende Methode verwendet (die sogenannte Transition-Potential Methode). Gängige wellenfunktionsbasierte Methoden, wie die Konfigurationswechselwirkung mit Einfachanregungen (CIS), zeigen eine starke Blauverschiebung, wenn als Referenz eine Hartree-Fock Slaterdeterminante verwendet wird. Wir zeigen, dass die Verwendung von kernnah-angeregten Determinanten sowohl das resultierende Spektrum als auch die Anregungsenergien deutlich verbessert. Des Weiteren werden auch Referenzen aus Dichtefunktionalrechnungen getestet. Zusätzlich werden auch Referenzen mit gebrochenen Besetzungszahlen für kernnahe Elektronen verwendet. In der Arbeit werden die Resultate der verschiedenen Referenzen miteinander verglichen. Es zeigt sich, dass Referenzen mit gebrochenen Besetzungszahlen das Spektrum nicht weiter verbessern. Der Einfluss der verwendeten Elektronenstrukturmethode ist eher gering.