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Exzentrik und Bürgertum
(2015)
Es wird eine verzweigte Intellektuellen- und Ideengeschichte um 1900 aufgeschlagen. Der Sozialphilosoph – heute aber vor allem als Schwiegersohn Wagners, Bayreuther Ideologe und Vordenker Hitlers bekannte – Chamberlain pflegte intensive Beziehungen zu jüdischen Intellektuellen. Erstaunliche Konstellationen zwischen Rassentheorie, Kulturreform, Kunst und Wissenschaft werden in einer Zeit lebendig, in der sich antisemitische und zionistische Anschauungen konsolidierten, revolutionär Konservative auf avantgardistische Künstler trafen und sich reformbewegte Sonnenanbeter gleichzeitig links- und rechtspopulistisch orientierten.
Kritische Untersuchungen zu Chamberlain und Persönlichkeiten jüdischer Herkunft sind ein Desiderat. Die Analyse und Auswertung dieser unbekannten Korrespondenzen und Hintergründe zielen in den Kernbereich deutsch-jüdischer Forschung. Das Buch zeigt Chamberlain, der in der kulturellen Szene Wiens und Bayreuths zwischen 1890 und 1920 eine Schlüsselfigur darstellt, im feingeistigen Austausch mit jüdischen Intellektuellen wie Karl Kraus, Walther Rathenau, Maximilian Harden, Otto Weininger und Martin Buber.
Es werden ideologische Verschränkungen in der Moderne und daraus resultierende Verhaltensmuster herausragender Persönlichkeiten aufgedeckt, die in Bezug auf antisemitische Verkrümmungen und sogenannten jüdischen Selbsthass eine lange Vorgeschichte des »Dritten Reiches« belegen.
Die männliche Taille ist ein in der Forschung bisher ausgesparter Bereich, von welchem jedoch für die Entwicklung der Männermode wesentliche Impulse ausgingen. Im Zentrum von Julia Burdes Buch steht der sich mit der Mode wandelnde männliche Modekörper als Diskurs der Schneiderei im 18. und 19. Jahrhundert. Burde zeigt, wie sich die Männermode von einem erst sichelförmig durchgebogenen, dann schmal taillierten Körper - modelliert aus Watte und Stoff - zu einem modernen Körper in gerade geschnittener Kleidung entwickelte, von dessen Anatomie sich das Schnittmuster losgelöst hat. Anhand zeitgenössischer Quellen wird dabei deutlich, wie Herrenschneider Körper im Zuschnitt konstruierten und Mode durch gezieltes Lancieren von Modeberichten beeinflussten.
Prozeduren der Vermessung suchen das allgemeingültige Mass. Das 19. Jahrhundert bringt indes Unmengen von diffusen Daten, Lücken und Brüchen hervor. Die Kulturtechnik des Messens gerät hier in einen Wandel: proportionale, relative Körpermasse werden von statistisch-arithmetischen Verfahren abgelöst. Das Zahlzeichen selbst löst sich von seiner materiellen Grundlage wie Finger, Kerbholz oder Rechenstein und wird so zum Garant von Objektivität. Die Autorin folgt den Wegen der Zahl, die durch ästhetische, statistische und anthropologische Messungen hindurch in neuer Gestalt zum Körper zurückkehrt. Dabei bildet der männliche Körper den idealen Massstab, der für den Menschen schlechthin geltend gemacht wird. In der Konfektion wird mit dem ersten weiblichen Grössensystem das ideale Normalmass hingegen als ambivalente Figur Fraeulein Gelbstern entworfen, um die sich schillernde Geschichten ranken. Die Studie entschlüsselt die in der Kulturgeschichte der Zahl bereits angelegte symbolische Geschlechterordnung und weist ihre Wirkmächtigkeit im Standardisierungs- und Normalisierungsprozess nach.
Wie Computer heimisch wurden
(2019)
Mit der Einführung des Personal Computers Ende der 1970er-Jahre wurde ein neuer Markt für Konsument_innen von Computertechnologie geschaffen. Im Gegensatz zu den vorherrschenden Erzählungen über geniale Erfinder, tüchtige Unternehmer und Visionäre der Computerkultur im Silicon Valley nimmt Sophie Ehrmanntraut auch jenen Teil der amerikanischen Gesellschaft in den Blick, der Computer bis dahin nur aus den Nachrichten oder Science-Fiction-Romanen kannte. Ihre Studie zeigt: Die ersten Reaktionen der potenziellen Kundschaft waren ernüchternd – der Umgang mit Computern musste gelernt werden. Doch nicht zuletzt gezieltes Marketing verwandelte schließlich die Rechenmaschine vom selektiven Arbeitsinstrument zum Massenmedium der Informationsgesellschaft.
Simultaneously speculative and inspired by everyday experiences, this volume develops an aesthetics of metabolism that offers a new perspective on the human-environment relation, one that is processual, relational, and not dependent on conscious thought. In art installations, design prototypes, and researchcreation projects that utilize air, light, or temperature to impact subjective experience the author finds aesthetic milieus that shift our awareness to the role of different sense modalities in aesthetic experience. Metabolic and atmospheric processes allow for an aesthetics besides and beyond the usually dominant visual sense.
Diagrammatische Bilder können Unsichtbares sichtbar machen, Abstraktes verkürzen und neue Relationen von Text und Bild herstellen. Auch zeitliche Abläufe und Prozesse können durch Diagramme ins Bild gesetzt werden. Georg Gremske zeigt in seiner Studie zur Funktion der Punktlinie auf, welche geometrischen Grundformen dafür maßgeblich sind. Nach dem diagrammatic turn der 1990er Jahre eröffnet sich hier ein neuer Blick auf diagrammatische Darstellungen in Kunst, Wissenschaft und Technik. Der Band bietet zudem grundlegende Einsichten in die Funktionsweise von Linien und Punkten in ihrer Beziehung zu unterschiedlichen Medien.