Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009 |
---|
______________________________________________________
Herbert Pieper
BerlinDie Geognosie der Vulkane
Frau Margot Faak mit allen guten Wünschen zum 80. Geburtstag gewidmet.
1. „Einen wunderbareren und großartigeren Naturanblick habe ich nie genossen“ (Humboldt): Alexander von Humboldts Begegnung mit Vulkanen
Schon spätestens Ende 1796 war es Alexander von Humboldts „reger Wunsch, ehe [er] Europa auf mehrere Jahre [verlässt], brennende Vulkane zu sehen“. Doch vor seiner Amerikareise sollte Humboldt keinen tätigen europäischen Vulkan beobachten können. Das Studium der geognostischen Verhältnisse allgemein und insbesondere der Vulkane war bekanntlich ein wichtiger Impuls für seine Forschungsreise.
Am 5. Juni 1799 brach der 29jährige Humboldt zusammen mit Aimé Bonpland zu seiner Reise auf, die zunächst nach Teneriffa führte. Dort erstieg und untersuchte Humboldt erstmals einen nicht erloschenen Vulkan, den Pico del Teide. Weder in Venezuela noch auf Kuba gab es Vulkane zu sehen. Anders während der fast zweijährigen Andenreise. Als ersten Andenvulkan erstiegen Humboldt und Bonpland im November 1801 den südöstlich von Popayán gelegenen Puracé. Danach überstiegen sie die Paramos von Pasto. Die starken Regenfälle hinderten die Forscher daran, den Krater des Galeras aufzusuchen. Anfang Januar 1802 überquerten sie den Äquator und trafen bald darauf im Hochland von Quito ein, wo fast 70 Jahre zuvor La Condamíne und Bouguer die Vermessung eines Meridianstücks durchgeführt hatten und Humboldt nun weislich auf alles achtete, was die französischen Gelehrten beschrieben hatten. Humboldt versuchte vergeblich die südöstlich von Quito gelegenen Vulkane Antisana und Cotopaxi, den höchsten aktiven Vulkan der Erde, zu ersteigen. Dreimal bestieg er den Pichincha, jenen langgestreckten Bergrücken mit mehreren Gipfeln, der die Stadt Quito überragt. Ende April 1802 erstieg er den kraterlosen Gipfel des erloschenen Vulkans Rucu-Pichincha, Ende Mai 1802 blickte er in den Krater des Guagua-Pichincha. Humboldt schrieb ins Tagebuch: „Keine Sprache hat Worte, um auszudrücken, was wir sahen.“ Im „Kosmos“ schrieb er: „Einen wunderbareren und großartigeren Naturanblick habe ich nie genossen.“ Humboldt und Bonpland wurden von nun an von Carlos Montúfar, dem Sohn ihres Gastgebers in Quito begleitet. Am 19. Juni 1802 versuchten Alexander von Humboldt und seine Begleiter vergeblich, den Tunguráhua, den damals aktivsten und noch heute aktiven Vulkan der Provinz Quito, nordöstlich von Riobamba gelegen, zu ersteigen. Vier Tage später versuchten sie, ebenfalls vergeblich, den über 6200m hohen Chimborazo zu ersteigen, einen erloschenen Vulkan, den höchsten Vulkan der Erde, der damals überhaupt als der höchste Berg der Erde angesehen wurde. Humboldt stieg auch auf den erloschenen Vulkan Yanaurcu, den schwarzen Berg im Südosten des Chimborazo.
Eine Expedition von Guayaquil ins Landesinnere, um den am 4. Januar 1804 ausgebrochenen Cotopaxi zu beobachten, musste abgebrochen werden. Von Guayaquil segelten Humboldt, Bonpland und Montúfar in Richtung Mexiko. Am 22. März 1803 landeten sie in Acapulco. Im August/September 1803 führten sie von Mexiko-Stadt aus eine längere Excursion in der mexikanischen Hochebene durch. Sie kamen auch zu den Playas des Vulkans Jorullo, den Humboldt mit Mühen erklomm, in dessen Krater er kletterte. Der Jorullo war erst 1759 entstanden, also nur vier Jahrzehnte bevor Humboldt diese Gegend bereiste. Ende September 1803 erreichte Humboldt die „schmale und schwer zu erreichende höchste Kuppe“ des Nevado de Toluca. Am 20. Januar 1804 begann die Reise von Mexiko-Stadt nach Veracruz. Dabei wurde der Cofre de Perote erstiegen. Die Frage, ob der Cofre ein Vulkan ist oder nicht, blieb damals unbeantwortet.
Anfang August des Jahres 1804 kehrten die Forscher nach Europa zurück. Im Frühjahr des folgenden Jahres reiste Humboldt zusammen mit Gay-Lussac von Paris über Rom – von nun an auch begleitet von Leopold von Buch – nach Neapel. Dort sah Humboldt zum ersten Mal den Vesuv. Sicher waren seine Eindrücke ähnliche, wie die L. von Buchs, über die dieser später berichtete: „Ich habe den Krater gesehen, ich bin hinuntergestiegen, aber ich habe von dort Nichts gebracht als einen heiligen Schauer, der mir das wunderbare Gewebe von Ursache und Wirkung nicht tiefer enträthselt.“ Von Buch, Humboldt und Gay Lussac waren im Juli und August 1805 sechs Mal auf dem Vesuv. Sie beobachteten aus der Ferne den „großen Ausbruch des Vesuvs am 12. August 1805“. In der zweiten Novemberhälfte des Jahres 1822 traf Alexander von Humboldt ein zweites Mal in Neapel ein, wo er 14 Tage blieb und dreimal den Vesuv besuchte. Einen Monat früher hätte Humboldt wieder einen Ausbruch des Vesuv erleben können.
______________________________________________________
![]() |
© hin-online.de.
postmaster@hin-online.de |
![]() |