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Eskalation des Commitments in Wirtschaftsinformatik Projekten: eine kognitiv-affektive Perspektive
(2024)
Projekte im Bereich der Wirtschaftsinformatik (IS-Projekte) sind von zentraler Bedeutung für die Steuerung von Unternehmensstrategien und die Aufrechterhaltung von Wettbewerbsvorteilen, überschreiten jedoch häufig das Budget, sprengen den Zeitrahmen und weisen eine hohe Misserfolgsquote auf. Diese Dissertation befasst sich mit den psychologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens - insbesondere Kognition und Emotion - im Zusammenhang mit einem weit verbreiteten Problem im IS-Projektmanagement: der Tendenz, an fehlgehenden Handlungssträngen festzuhalten, auch Eskalation des Commitments (Englisch: “escalation of commitment” - EoC) genannt.
Mit einem kombinierten Forschungsansatz (dem Mix von qualitativen und quantitativen Methoden) untersuche ich in meiner Dissertation die emotionalen und kognitiven Grundlagen der Entscheidungsfindung hinter eskalierendem Commitment zu scheiternden IS-Projekten und deren Entwicklung über die Zeit. Die Ergebnisse eines psychophysiologischen Laborexperiments liefern Belege auf die Vorhersagen bezüglich der Rolle von negativen und komplexen situativen Emotionen der kognitiven Dissonanz Theorie gegenüber der Coping-Theorie und trägt zu einem besseren Verständnis dafür bei, wie sich Eskalationstendenzen während sequenzieller Entscheidungsfindung aufgrund kognitiver Lerneffekte verändern. Mit Hilfe psychophysiologischer Messungen, einschließlich der Daten-Triangulation zwischen elektrodermaler und kardiovaskulärer Aktivität sowie künstliche Intelligenz-basierter Analyse von Gesichtsmikroexpressionen, enthüllt diese Forschung physiologische Marker für eskalierendes Commitment. Ergänzend zu dem Experiment zeigt eine qualitative Analyse text-basierter Reflexionen während der Eskalationssituationen, dass Entscheidungsträger verschiedene kognitive Begründungsmuster verwenden, um eskalierende Verhaltensweisen zu rechtfertigen, die auf eine Sequenz von vier unterschiedlichen kognitiven Phasen schließen lassen.
Durch die Integration von qualitativen und quantitativen Erkenntnissen entwickelt diese Dissertation ein umfassendes theoretisches Model dafür, wie Kognition und Emotion eskalierendes Commitment über die Zeit beeinflussen. Ich schlage vor, dass eskalierendes Commitment eine zyklische Anpassung von Denkmodellen ist, die sich durch Veränderungen in kognitiven Begründungsmustern, Variationen im zeitlichen Kognitionsmodus und Interaktionen mit situativen Emotionen und deren Erwartung auszeichnet. Der Hauptbeitrag dieser Arbeit liegt in der Entflechtung der emotionalen und kognitiven Mechanismen, die eskalierendes Commitment im Kontext von IS-Projekten antreiben. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, die Qualität von Entscheidungen unter Unsicherheit zu verbessern und liefern die Grundlage für die Entwicklung von Deeskalationsstrategien. Beteiligte an „in Schieflage geratenden“ IS-Projekten sollten sich der Tendenz auf fehlgeschlagenen Aktionen zu beharren und der Bedeutung der zugrundeliegenden emotionalen und kognitiven Dynamiken bewusst sein.