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Gespiegelte Fassung auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam
Stand: 12. August 2005
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H i N

Alexander von
HUMBOLDT im NETZ

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HiN                                                      III, 4 (2002)
 
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Sandra Rebok
Instituto de Historia, CSIC (Madrid)

Alexander von Humboldt im Spiegel der spanischen Presse.

Zur Wahrnehmung seiner Person und seiner Ideen während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

 

1. Einleitung

Das Anliegen dieses Artikels ist die Untersuchung eines Themas, das in der bisherigen Humboldtforschung ungerechtfertigterweise vernachlässigt worden ist: Die Beziehung zwischen Alexander von Humboldt und Spanien. Innerhalb dessen ist zwischen zwei Aspekten zu unterscheiden: Einerseits dem Interesse, das dieser Reisende und Wissenschaftler für Spanien gezeigt und das sich in seinen Aktivitäten während seines Aufenthaltes in diesem Land manifestiert hat, und andererseits der Aufmerksamkeit, die in Spanien für Humboldt als Person, für seine amerikanische Expedition sowie für die Resultate seiner wissenschaftlichen Forschung erkennbar war. Der zuerst genannte Aspekt, also die Bedeutung Spaniens für Humboldt und für sein amerikanisches Projekt, ist erst seit wenigen Jahren Gegenstand der Forschung. Dieser Rückstand lässt sich vielleicht partiell dadurch erklären, dass Alexander – im Gegensatz zu seinem Bruder Wilhelm, der seine einige Monate später realisierte Reise durch Spanien detailliert beschrieben hat[1] - nur sehr wenige Aufzeichnungen über seine Aktivitäten in Spanien hinterlassen hat[2].

Was bislang noch kaum erforscht worden ist, ist die andere Sichtweise: die Wahrnehmung Alexander von Humboldts in Spanien. Hier entstehen Fragen nach den Spuren, die sein Aufenthalt in Spanien hinterlassen hat sowie dem Widerhall, den seine Expedition durch Amerika und auch die anschließende Publikation seiner Resultate in Spanien gehabt haben. Um das Interesse zu analysieren, das Spanien in jener Zeit für den preußischen Reisenden an den Tag legte, lässt sich seine Präsenz in der spanischen Presse als aufschlussreicher Indikator bezeichnen, da die Presse generell als zuverlässiger Spiegel der als wichtig angesehenen Ereignisse gilt und somit als repräsentativ für eine Gesellschaft zu einem gegebenen Zeitpunkt oder in einer bestimmten Epoche zu sehen ist.

Dieser Artikel basiert auf einer Durchsicht der spanischen Presse in Hinblick auf Informationen von oder über Humboldt, wobei sich der untersuchte Zeitraum über das gesamte amerikanische Projekt erstreckt, also von seiner Ankunft in Spanien im Jahr 1799 an bis zu seinem Tod 1859. Diese Phase in der Geschichte Spaniens geht einher mit einem sehr wechselhaften und komplexen sozio-politischen Kontext, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, nicht nur die moderate, unter der absolutistischen Zensur in Spanien herausgegebene Presse zu untersuchen, sondern auch die liberale Presse aus dem Londoner Exil einzubeziehen. Aufgrund der immensen Menge an in diesen Jahren herausgegebenen Zeitschriften und Zeitungen - zumal ein Teil von ihr einen sehr ephemeren Charakter hatte - kann es sich hierbei nicht um eine systematische und die Fragestellung erschöpfende Analyse handeln. Die Absicht ist vielmehr, eine erste Annäherung an dieses Thema zu unternehmen, eine Stichprobe, um dieser Lücke in der bisherigen Forschung zumindest ein vorläufiges Resultat entgegensetzen zu können und um somit gleichzeitig die Basis für eine fundiertere und ergiebigere Analyse in der Zukunft zu bieten.

Aus diesem Grund hat sich diese Studie über die Präsenz Humboldts in der spanischen Presse zur Aufgabe gemacht, zu analysieren, wie sowohl Humboldt als auch seine Werke und seine Ideen in einem Spanien wahrgenommen worden sind, das zwischen Absolutismus und liberalen bzw. von Frankreich beeinflussten Ideen stand. Uns interessiert hierbei, welches Bild von ihm geschaffen bzw. welche Rolle ihm zugeteilt worden ist, welche Aspekte seiner Person sowie seiner Arbeit hervorgehoben, welche hingegen nicht wahrgenommen worden sind und welche Interessen sich möglicherweise dahinter verborgen haben mögen. Ein weiterer Fokus dieser Arbeit liegt auf der Bedeutung, die seiner wissenschaftlichen Arbeit, den hieraus entstandenen Resultaten bzw. Schlussfolgerungen in Spanien zugekommen ist.

Die Wahrnehmung Humboldts durch die spanische Presse manifestiert sich – sowohl was ihn als Person als auch was professionelle Aspekte angeht – auf drei verschiedene Arten: durch die Veröffentlichung seiner Briefe, durch die Publikation von Extrakten seiner Arbeit (oder Rezensionen derselben) und durch Artikel über ihn selbst bzw. seine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Uns interessiert herauszufinden, welche Facetten seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bzw. welchen Fachbereiche seines umfassenden Wirkens in Spanien hervorgehoben oder als besonders wichtig erachtet worden sind.

Diese Studie hat zudem das Ziel, die Funktion zu analysieren, die Humboldt im Zusammenhang mit dem Thema der hispanoamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung und dem, vor allem in letzter Zeit eingehender diskutierten Thema der Moderne zugesprochen worden ist.

Schließlich soll noch untersucht werden, welche politischen Absichten mit der Rolle, die Humboldt in der spanischen Presse während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts attribuiert worden ist, verbunden sein mögen und ob sich in diesem Zusammenhang eine gewisse Utilisierung Humboldts, seiner Expedition und seiner Werke im Sinne des damaligen politischen Kontextes ausmachen lässt.

 


* Trabajo realizado con una beca de la fundación Alexander von Humboldt de Bonn y en el marco del proyecto de investigación del Ministerio de Ciencia y Tecnología, número BHA 2000-1230, que dirige el Dr. Miguel Ángel Puig-Samper.

[1] HUMBOLDT, Wilhelm. Diario de viaje a España 1799-1800. Madrid: Ediciones Cátedra, 1998.

[2] In diesem Zusammenhang können vor allem diejenigen Briefe genannt werden, die er während seines Aufenthaltes in Spanien oder aber zu einem späteren Zeitpunkt verfasst, und in denen er sich auf seine Aktivitäten in Spanien bezogen hat; die wenigen Beschreibungen, die man in seinem Reisebericht Relation historique findet, in dem unter dem Titel “Notice sur la configuración du sol de l´Espagne et son climat, par M.A. de Humboldt” von Alexandre de Laborde im Jahr 1809 in seinem Buch Itinerario descriptivo de España veröffentlichten Artikel sowie in dem 1825 in der Zeitschrift Hertha erschienenen Artikel mit dem Titel „Über die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel“, in welchen er die Resultate seiner wissenschaftlichen Forschung in Spanien präsentiert.

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