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Stand: 12. August 2005
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Alexander von Humboldt
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Symposion: Aufbruch in die Moderne 1799-1999
(Mai/ Juni 1999)

 

Symposium      Teilnehmer/ Tagungsstruktur

Teilnehmer des Symposiums

Prof. Dr. Michael Zeuske

Vater der Unabhängigkeit - Humboldt und die politische Transformation zur Moderne im spanischen Lateinamerika

Die Texte über die große Reise des deutschen Wissenschaftlers durch Amerika (1799-1804) in ihrer Beziehung zu den Unabhängigkeitskriegen des kontinentalen Hispanoamerika (1810-1830) waren bis jetzt in der Mehrheit Referenzpunkte, um die "Ursachen" der Emanzipation aus einer independistisch-liberalen Perspektive zu erklären. Humboldt als "Zeuge" verwandelte sich so in einen "Klassiker" der eurokreolischen Identität und zu gleicher Zeit in das Rückgrat der historiographischen Konstruktion nationaler Mythen, fast in einen "Vater der Unabhängigkeit". All dies trotz des traditionellen Topos, daß Humboldt sich während seines Aufenthaltes in Venezuela über die Reife des Emanzipationsprozesses getäuscht hätte.

Die humboldtschen Tagebücher, vor einigen Jahren erstmals in Teilen publiziert, erlauben eine entgegengesetzte und neue Perspektive, d.h. es ergibt sich die Möglichkeit, die Urteile Humboldts von vor 1808/1810 mit den Prozessen danach und mit seinen publizierten Texten zu vergleichen. Die Situation vor 1810 wurde durch Humboldt selbst als Zwischenergebnis der boubonischen Reformen interpretiert. Im vorliegenden Aufsatz vergleichen wir einerseits die Perspektive des humboldtschen Reisetagebuches mit den neueren Forschungen über die Zeit von 1810 bis 1830 und das Verhalten der kreolischen Eliten in dieser Zeit (wir beschränken und vorwiegend auf Venezuela und Kuba) sowie, andererseits, mit den von Humboldt publizierten Texten nach 1810. Diese Vergleiche lassen die Positionsänderung Humboldts vom liberalen Reformisten zum sehr kritischen Anhänger der "Freiheit" in Amerika erkennen. Aber vor allem zeigen sie das antiindependistische Verhalten der erdrückenden Mehrheit der amerikanischen Eliten. Humboldt war "kein Vater der Unabhängigkeit". Aber die überlebende Elite, vor allem Venezuelas (und anderer Territorien), konstruierte den Mythos, um ihre eigenen Aktivitäten vor und während der Unabhängigkeitskriege zu verbergen.

 


 

Michael Zeuske * 1952 in Halle/S. Studium der Geschichte und Philosophie in Leipzig. Aufbaustudium zur Geschichte Lateinamerikas und Spaniens bei Manfred Kossok, Leipzig. 1984 Promotion und Wissenschaftlicher Assistent der Sektion Geschichte an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Forschungsaufenthalte an der Universität Havanna, Kuba und in Spanien (Madrid, Sevilla, Barcelona).

Leiter der Iberischen und Lateinamerikanischen Abteilung des Historischen Seminars der Universität Köln und Leiter der Abteilung Spanien/Amerika des Institutes für Universal- und Kulturgeschichte der Universität Leipzig, Habilitation 1991. Seit 1993 Professor für Iberische und Lateinamerikanische Geschichte an der Universität Köln.

 

Veröffentlichungen (Auswahl): Alexander von Humboldt und das neue Geschichtsbild von Lateinamerika (hg.mit B. Schröter) (1992); Transformación, reforma y revolucíon en la historia de América Latina: 1750-1898 (1996); Nach der Sklaverei. Grundprobleme amerikanischer Postemanzipationsgesellschaften (1997);Kuba 1492-1902. Kolonialgeschichte (mit Max Zeuske) (1998); Regiones europeas y América Latina (mit Ulrike Schmieder) (1999).

 

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