Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009
Originalfassung zugänglich unter http://www.hin-online.de

    Logo :: HiN - Humboldt im Netz

______________________________________________________

Navigationselement: zurck Logo HiN 14 Navigationselement: weiter

Eberhard Knobloch / Herbert Pieper
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Die Fußnote über Geognosia
in Humboldts Florae Fribergensis specimen

3. Übersetzung der Fußnote (Übersetzung E. Knobloch)

 

1793[1]

Die Geognosie (Erdkunde)[2] betrachtet in gleicher Weise die beseelte wie die unbeseelte Natur oder, um einen weniger geeigneten Ausdruck zu gebrauchen, der jedenfalls nicht aus der Antike genommen ist, in gleicher Weise die organischen wie die unorganischen Körper.

Es gibt drei[3] Kapitel, durch die sie [die Geognosie (Erdkunde)] vollendet wird: die oryktologische Geographie, die man einfach Geognosie nennt, und die der überaus scharfsinnige höchst vernünftige Werner[4] hervorragend behandelt hat, die zoologische Geographie, von welcher Lehre Zimmermann die Grundlagen gelegt hat[5], und die Geographie der Pflanzen, die unsersgleichen fast unberührt lassen.

Ich bin freilich weit entfernt davon zu glauben, dass das Achtgeben auf die einzelnen Teile der Ursprünge, z.B. [die Ursprünge] der Gräser, die Geographie der Pflanzen betrifft, welche die Bindung und die Verwandschaft überliefert, durch die alle Vegetabilien[6] untereinander  verknüpft sind; sie zeigt an, welche Landstriche der Erde sie einnehmen[7], zeigt, welche deren [der Vegetabilien][8] Kraft bis in die atmosphärische Luft[9] ist, sie lehrt, durch welche Anfänge von Algen und Wurzeln von Bäumen am ehesten Steine und Felsen zerstört werden und zeigt deutlich diejenige Oberfläche der Erde, für die der Boden bereitet wird[10].

Deshalb wurde[11] dafür, was den Unterschied zwischen Geognosie [(Erdkunde)] und Physiographie (Naturbeschreibung)[12] ausmacht, die Naturgeschichte fälschlich angeführt, dadurch dass die Zoognosie, Phytognosie und Oryctognosie[13], die sich allerdings alle mit der Erforschung der Natur beschäftigen, nur die Formen, die Anatomie, die Kräfte etc. der[14] einzelnen Tiere, Vegetabilien[15], metallischen Dinge oder (man möge mir das Wort gestatten) Fossilien erforschen.

Die Historia Telluris (Erdgeschichte)[16], mehr der Geognosie [(Erdkunde)] als der Physiographie verwandt, von niemandem bisher versucht, führt die Arten der Pflanzen und Tiere an, die den frühen Erdkreis [die Urwelt] bewohnen, deren Wanderungen und den Untergang von vielen[17], den Ursprung, den die Berge, die Täler, die Gesteinsschichten  und die metallführenden Adern [Erzgänge] an sich haben, sei es das Wasser, das durch Verdichtung mit Luft entstanden ist, sei es die Luft, die durch die Ausdünstungen des Ozeans verdünnt wurde, die durch die wechselhaften Fälle der Zeiten bald rein bald verunreinigt ist,[18] [führt an] die Oberfläche der Erde, die allmählich mit Boden und Pflanzen bedeckt ist, [die Oberfläche der Erde] durch den Ansturm überschwemmender Flüsse von neuem entblößt und wiederum ausgetrocknet und mit Gras bedeckt ist. Also ist die zoologische Geschichte, die Geschichte der Pflanzen und die oryctologische Geschichte[19], die nur den ursprünglichen Zustand des Erdkreises angeben, von der Geognosie richtigerweise zu unterscheiden.

 

1817 [und 1815]

Die Geognosie (Erdkunde, Théorie de la terre, Géographie physique)  betrachtet in gleicher Weise die beseelte wie die unbeseelte Natur[20] oder, um einen weniger geeigneten Ausdruck zu gebrauchen, der jedenfalls nicht aus der Antike genommen ist, in gleicher Weise die organischen wie die unorganischen Körper.

Es gibt nämlich drei Kapitel, durch die sie [die Geognosie (Erdkunde, Théorie de la terre, Géographie physique)] vollendet wird: die oryktologische Geographie, die man einfach Geognosie oder Geologie nennt, und die der überaus scharfsinnige Werner hervorragend behandelt hat, die zoologische Geographie, von welcher Lehre Zimmermann und Treviran die Grundlagen gelegt haben, und[21] die Geographie der Pflanzen, die unsersgleichen lange unberührt gelassen haben.

Die Geographie der Pflanzen überliefert die Bindungen und die Verwand­schaft, durch die alle Vegetabilien untereinander verknüpft sind, welche Landstücke der Erde sie einnehmen, zeigt, welche deren [der Vegetabilien] Kraft bis in die atmosphärische Luft[22] ist, sie lehrt, durch welche Anfänge von Algen und Wurzeln am ehesten Steine und Felsen zerstört werden und führt an, auf welche Weise Boden auf der Oberfläche der Erde entsteht.

Deshalb wurde dafür, was den Unterschied zwischen Geognosie [(Erdkunde, Théorie de la terre, Géographie physique)] und Physiographie (Natur­beschreibung, Histoire naturelle descriptive) ausmacht, die Naturgeschichte fälschlich angeführt, dadurch dass die Zoognosie, Phytognosie und Oryctognosie (Thier- Pflanzen- und Fossilien-Erkennungslehre), die sich allerdings alle mit der Erforschung der Natur beschäftigen, nur die Formen, die Anatomie, die Kräfte der einzelnen Tiere, Pflanzen, metallischen Dinge oder (man möge mir das Wort gestatten) Fossilien erforschen.

Die Historia Telluris (Erdgeschichte, Histoire du globe), mehr der Geognosie [(Erdkunde, Théorie de la terre, Géographie physique)] als der Physiographie [(Natur­beschreibung, Histoire naturelle descriptive)] verwandt, von niemandem bisher versucht, führt die Arten der Pflanzen und Tiere an, die den frühen Erdkreis [die Urwelt] bewohnen, deren Wanderungen und den Untergang von mehreren, den Ursprung, den die Berge, die Täler, die Gesteinsschichten  und die metallführenden Adern [Erzgänge] an sich haben, die Luft, die durch die wechselhaften Fälle der Zeiten bald rein bald verunreinigt ist, [führt an] die Oberfläche der Erde, die allmählich mit Boden und Pflanzen bedeckt ist, [die Oberfläche der Erde] durch den Ansturm überschwemmender Flüsse von neuem entblößt und wiederum ausgetrocknet und mit Gras bedeckt ist. Also ist die zoologische Geschichte (Geschichte der Thierwelt), die Geschichte der Pflanzen (Geschichte der Pflanzenwelt) und die oryctologische Geschichte (Geschichte der Gebirgsmassen), die nur den ursprünglichen Zustand des Erdkreises angeben, von der Geognosie richtigerweise zu unterscheiden.

 

1845

Die Geognosie[23] betrachtet in gleicher Weise die beseelte wie die unbeseelte Natur oder, um einen weniger geeigneten Ausdruck zu gebrauchen, der jedenfalls nicht aus der Antike genommen ist, in gleicher Weise die organischen wie die unorganischen Körper.

Es gibt nämlich drei[24] Kapitel, durch die sie [die Geognosie] vollendet wird: die oryktologische Geographie, die man einfach Geognosie oder Geologie nennt[25], und die der überaus scharfsinnige Werner[26] hervorragend behandelt hat, die zoologische Geographie, von welcher Lehre Zimmermann und Treviran die Grundlagen gelegt haben[27], und die Geographie der Pflanzen, die unsersgleichen lange unberührt gelassen haben.

Die Geographie überliefert die Bindungen und die Verwandschaft der Pflanzen, durch die alle Vegetabilien untereinander verknüpft sind, welche Landstücke der Erde[28] sie einnehmen, zeigt, welche deren [der Vegetabilien][29] Kraft bis in die atmosphärische Luft[30] ist, sie lehrt, durch welche Anfänge von Algen und Wurzeln am[31] ehesten Steine und Felsen zerstört werden und führt an, auf welche Weise Boden auf der Oberfläche der Erde entsteht.[32]

Deshalb wurde dafür, was den Unterschied zwischen Geognosie und Physiographie[33] ausmacht, die Naturgeschichte fälschlich angeführt, dadurch dass die Zoognosie, Phytognosie und Oryctognosie, die sich allerdings alle mit der Erforschung der Natur beschäftigen, nur die Formen, die Anatomie, die Kräfte der[34] einzelnen Tiere, Pflanzen[35], metallischen Dinge oder (man möge mir das Wort gestatten) Fossilien erforschen.

Die Historia Telluris[36], mehr der Geognosie als der Physiographie verwandt, von niemandem bisher versucht, führt die Arten der Pflanzen und Tiere an, die den frühen Erdkreis [die Urwelt] bewohnen, deren Wanderungen und den Untergang von mehreren[37], den Ursprung, den die Berge, die Täler, die Gesteinsschichten  und die metallführenden Adern [Erzgänge] an sich haben, die Luft, die durch die wechselhaften Fälle der Zeiten bald rein bald verunreinigt ist[38], [führt an] die Oberfläche der Erde, die allmählich mit Boden und Pflanzen bedeckt ist, [die Oberfläche der Erde] durch den Ansturm überschwemmender Flüsse von neuem entblößt und wiederum ausgetrocknet und mit Gras bedeckt ist. Also ist die zoologische Geschichte, die Geschichte der Pflanzen und die oryctologische Geschichte, die nur den ursprünglichen Zustand des Erdkreises angeben, von der Geognosie richtigerweise zu unterscheiden.



[1] Die Veränderungen gegenüber 1793 in den Fußnoten von 1815, 1817 und 1845 werden in Fußnoten angegeben.

[2] 1815, 1817: Geognosie (Erdkunde, Théorie de la terre, Géographie physique);

1845: Geognosie

[3] 1815, 1817, 1845: Es gibt nämlich drei

[4] 1815, 1817, 1845: Geognosie oder Geologie nennt, und die der überaus scharfsinnige Werner

[5] 1817, 1845: Zimmermann und Treviran die Grundlagen gelegt haben

[6] Diese Bezeichnung verwendete Humboldt z. B. auch im ersten Band des „Kosmos“: Humboldt 1845/1862 I, 368.

[7] 1815, 1817, 1845: die unsersgleichen lange unberührt gelassen haben.

Die Geographie überliefert die Bindungen und die Verwandschaft der Pflanzen, durch die alle Vegetabilien untereinander verknüpft sind, welche Landstücke der Erde sie einnehmen

[8] In Humboldt 1793 steht „earum“, was „deren [der Pflanzen]“ zu übersetzen wäre. Vermutlich handelt es sich um einen Druckfehler, denn Humboldt hat ihn bei Aufnahme des Textes in die „Nova genera“ und den „Kosmos“ berichtigt: dort steht „eorum“, was „deren [der Vegetabilien]“ zu übersetzen ist.

[9] Bis in große Höhen.

[10] Auf der Humus, Ackerboden entsteht.

[11] 1815, 1817, 1845: Wurzeln am ehesten Steine und Felsen zerstört werden und führt an, auf welche  Weise Boden auf der Oberfläche der Erde entsteht. Deshalb wurde

[12] 1815, 1817: Physiographie (Naturbeschreibung, Histoire naturelle descriptive);

1845: Physiographie

[13] 1815, 1817: Oryctognosie (Thier- Pflanzen- und Fossilien-Erkennungslehre)

[14] 1815, 1817, 1845: Kräfte der

[15] 1815, 1817, 1845: der Pflanzen

[16] 1815, 1817: Historia Telluris (Erdgeschichte, Histoire du globe);

1845: Historia Telluris

[17] 1815, 1817, 1845: mehreren

[18] 1815, 1817, 1845: an sich haben, die Luft, die durch die wechselhaften Fälle der Zeiten bald rein bald verunreinigt ist,

[19] 1815 1817: zoologische Geschichte (Geschichte der Thierwelt), die Geschichte der Pflanzen (Geschichte der Pflanzenwelt) und die oryctologische Geschichte (Geschichte der Gebirgsmassen)

[20] 1815: die beseelte wie [die unbeseelte] Natur

[21] 1815: Zimmermann die Grundlagen gelegt hat, und

[22] Bis in große Höhen.

[23] 1793: Geognosie (Erdkunde)

[24] 1793 gibt drei

[25] 1793: einfach Geognosie nennt

[26] 1793 scharfsinnige höchst vernünftige Werner

[27] 1793: Zimmermann die Grundlagen gelegt hat

[28] 1793: unsersgleichen fast unberührt lassen. Ich bin freilich weit entfernt davon zu glauben, dass das Achtgeben auf die einzelnen Teile der Ursprünge, z.B. [die Ursprünge] der Gräser, die Geographie der Pflanzen betrifft, welche die Bindung und die Verwandschaft überliefert, durch die alle Vegetabilien untereinander  verknüpft sind; sie zeigt an, welche Landstriche der Erde

[29] In Humboldt 1793 steht „earum“, was „deren [der Pflanzen]“ zu übersetzen wäre. Vermutlich handelt es sich um einen Druckfehler, denn Humboldt hat ihn bei Aufnahme des Textes in die „Nova genera“ (Humboldt 1845/1862 I, 487) berichtigt: dort steht „eorum“, was „deren [der Vegetabilien]“ zu übersetzen ist.

[30] Bis in große Höhen.

[31] 1793: und Wurzeln von Bäumen am

[32] 1793: und zeigt deutlich diejenige Oberfläche der Erde, für die der Boden bereitet wird

[33] 1793: Physiographie (Naturbeschreibung)

[34] 1793: die Kräfte etc. der

[35] 1793: Vegetabilien

[36] 1793: Historia Telluris (Erdgeschichte)

[37] 1793: vielen

[38] 1793: an sich haben, sei es das Wasser, das durch Verdichtung mit Luft entstanden ist, sei es die Luft, die durch die Ausdünstungen des Ozeans verdünnt wurde, die durch die wechselhaften Fälle der Zeiten bald rein bald verunreinigt ist.

______________________________________________________

Navigationselement: zurck

hin-online.de. postmaster@hin-online.de
Letzte Aktualisierung: 21 Juni 2007 | Kraft
Best viewed with Mozilla Firefox 2.

Navigationselement: weiter