Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009 |
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Kurt-R. Biermann
Aus der Vorgeschichte der Aufforderung Alexander von Humboldts von 1836 an den Präsidenten der Royal Society zur Errichtung geomagnetischer Stationen
(Dokumente zu den Beziehungen zwischen A. v. Humboldt und C. F. Gauß)
2. Einleitung
Wenige der von vornherein zur Veröffentlichung bestimmten Briefe Alexander von Humboldts sind für den wissenschaftlichen Fortschritt so erfolgreich gewesen wie der vom April 1836 an den Herzog von Sussex, Präsidenten der Royal Society zu London[1], wurde doch durch dieses Schreiben der Anstoß zu einer weltweiten Einrichtung geomagnetischer Observatorien gegeben. Der Brief ist „meisterhaft auf seinen Zweck berechnet“[2]; seine wissenschaftliche Bedeutung wurde mehrfach analysiert bzw. gewürdigt[3]. Minder bekannt ist, daß der Drucklegung vorangegangene schriftliche Erörterungen zu einer ernsthaften Belastungsprobe der freundschaftlichen Beziehungen zwischen A. v. Humboldt und Carl Friedrich Gauß geworden sind. Wir wußten zwar aus der veröffentlichten Korrespondenz zwischen Gauß und seinem Freunde H. C. Schumacher in Altona, dem Begründer und ersten Herausgeber der Astronomischen Nachrichten, daß Gauß erhebliche Bedenken gegen einige Passagen der Humboldtschen ersten Fassung des in Rede stehenden Briefes hatte, und es war aus der von K. Bruhns herausgegebenen Humboldtbiographie bekannt[4], daß Humboldt lebhafte Klagen über Gauß in diesem Zusammenhang geäußert hat, aber diese Teilinformationen gewinnen erst die rechte Farbe, wenn wir sie im Zusammenhang mit den diesbezüglichen, bisher unpublizierten Briefen Humboldts an Schumacher, an J. F. Encke, den Berliner Astronomen und früheren Gauß-Schüler, sowie an Fr. W. Bessel, den damals führenden deutschen Astronomen in Königsberg, lesen. Aus den vollständigen Brieftexten wird ersichtlich, daß tatsächlich der Sussex-Brief ein Prüfstein für das Verhältnis Humboldts zu Gauß (weniger für das von Gauß zu Humboldt) gewesen ist. Zugleich gewinnen wir neue Eindrücke von der Denk- und Arbeitsweise der beiden großen Forscher.
[1] Ueber die Mittel den Erdmagnetismus durch permanente Anstalten und correspondirende Beobachtungen zu erforschen. (Auszug eines Briefes an den Herzog von Sussex [in französ. Sprache].) In: Astron. Nachr. 13 (1836), Nr. 306 v. 9. Mai, Sp. 281 bis 292.
Wiederholt von: E. Schering. Carl Friedrich Gauß und die Erforschung des Erdmagnetismus. In: Abhandlungen der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 34 (1887), S. 9 bis 21. – Engl. Übersetzung in: The London and Edinburgh Philos. Magazine and Journal of Science. 9 (1836), Nr. 51 vom Juli, S. 42 bis 53. – Ins Französ. zurückübersetzt: Humboldt. Correspondance scientifique et littéraire. Hrsg. von La Roquette. Bd. 1. Paris 1865. S. 338 bis 357.
[2] A. Dove. Alexander von Humboldt auf der Höhe seiner Jahre. In: A. v. Humboldt. Eine wiss. Biographie. Hrsg. v. K. Bruhns. Bd. 2. Leipzig 1872. S. 235.
[3] Zum Beispiel Cl. Schaefer. Gauß’ magnetische Untersuchungen. In: C. F. Gauß. Werke (GW). Bd. XI/2, 2. Abh. 1929. S. 48, 49 bis 50. – H.-G. Körber. Alexander von Humboldts organisatorisches Wirken auf geomagnetischem Gebiet. In: Forsch u. Fortschr. (FuF) 32 (1958), S. 7.
[4] A. Dove, a.a.O., insbes. S. 174 u. 236.
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