Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009 |
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Kurt-R. Biermann
Aus der Vorgeschichte der Aufforderung Alexander von Humboldts von 1836 an den Präsidenten der Royal Society zur Errichtung geomagnetischer Stationen
(Dokumente zu den Beziehungen zwischen A. v. Humboldt und C. F. Gauß)
4. Briefwechsel zwischen Humboldt, Schumacher, Encke und Bessel sowie zwischen Gauß und Schumacher über Humboldts Briefentwurf an den Herzog von Sussex
Zweieinhalb Jahre später faßte Humboldt dann den Entschluß, durch eine Aufforderung an den Präsidenten der Royal Society, den Herzog von Sussex, die Einrichtung geomagnetischer Beobachtungsstationen im britischen Weltreich anzuregen[1]. Es muß dabei erwähnt werden, daß in der Zwischenzeit Gauß zusammen mit Wilhelm Weber eigene Hilfsmittel für geomagnetische Beobachtungen geschaffen hatte (während Humboldt sich stets des Gambeyschen Meßgerätes bedient hatte) und daß Ende 1835 der sog. Göttinger Verein, eine mit Gaußschen Methoden und Apparaten arbeitende Schar von Gelehrten, in Deutschland, Österreich und Rußland, feste Formen angenommen hatte. Diese Entwicklung war im wesentlichen unabhängig von Humboldt erfolgt, der schon Ende der 20er Jahre, also vor Gauß, eine ganze Anzahl magnetischer Stationen, vor allem in Freiberg (Sa.)[2], im europäischen und asiatischen Rußland sowie in Lateinamerika angeregt bzw. in Berlin selbst eingerichtet hatte.
Von seinem neuen Vorhaben zur Erweiterung des Beobachtungsnetzes gab Humboldt zuerst Encke, wohl Ende Januar oder Anfang Februar 1836, Kenntnis[3]:
„Hier, mein Lieber, haben Sie mein mühevolles Opus, den Brief, oder vielmehr das Memoire für die Royal Society. ‚Per cineres et ignem ...’ Man mußte sich zwischen vielen National-Eitelkeiten durchwinden, dem Vorwurfe ausweichen, als glaube man, nun erst würden die Engländer etwas Magnetisches leisten; die Menschen alle nennen, die man schon gebraucht hat od. nothwendig brauchen wird ... Ich werde alles ändern, was Ihnen misfallen sollte; ich denke, für Gauß ist es gerecht und freundlich genug. Lassen Sie ja Ihren Namen stehen, damit Gauß nicht glaube, ich suche Sie von seinem Apparat abzubringen. Der Ausdruck ,maison très spacieuse’ zeigt hinlänglich an, daß eine große Barre (nicht das kleine Gambeysche Instrument) hinein soll[4]. Das Manuscript sieht wegen der vielen Zollenclaven[5] sehr wild aus; ich behaupte aber, daß es in größter Ordnung und deutlich für einen, Namen und Sachen so genau kennenden Mann als Schumacher ist. Hier abschreiben lassen ist weitaus gefährlicher. Mein Plan ist also dieser: zuerst das Opus an S[chumacher] nach Altona zu senden, ihn zu fragen, ob er es will und so kann drukken lassen, daß 1) ich hier Correctur bekommen, 2) daß er das Fertige erst wenigstens 2 bis 3 Wochen später ausgiebt. Dann gewinne ich Zeit, nach dem Gedrukten hier bei Ancillon[6] eine schöne Abschrift machen zu lassen und schikke so den geschriebenen Brief durch H. v. Bülow an den feisten Herzog von Sussex. Das ist sehr complicirt, aber alle Schwierigkeiten lösend.“
Wir wissen nicht, ob Encke Änderungswünsche geäußert hat, seine Erwähnung ist im Druckmanuskript, das Humboldt am 2. März an Schumacher sandte, stehen geblieben. Humboldt begleitete das Manuskript mit nachstehenden Erläuterungen[7]:
„Ich habe den Drang, dem beiliegenden Briefe an den Herzog von Sussex eine grosse Publicität zu geben und wage daher die Anfrage, ob Sie theurer Freund, diesen Brief wohl französisch in Ihrem Journale können abdrukken lassen mit der kleinen deutschen Einleitung, die ich angeklebt. Der Brief ist noch nicht abgegangen, existirt sogar in keiner anderen Abschrift. Wenn Sie meine Bitte des französischen, recht correcten Abdrucks mir gewähren können, so bitte ich um eine letzte Correctur, die ich hier in Berlin selbst mache, indem Sie mir gütigst zum bequemen Collationiren mein eigenes Manuscript unter meiner Adresse gütigst mitschicken. Ich benutze dann zugleich Ihren Probebogen (épreuve), um mir hier eine zierliche Abschrift machen zu lassen, die ich unterzeichne und dem Herzog von Sussex übermache, da ich hier niemand fände, der nach meiner, zwar sehr vollständigen, aber durch enclavements, wie vor dem Zollverein[8], verunreinigten Handschrift eine Copie zu machen wüßte, und da es mir unanständig scheint, dem Herzog-Präsidenten schon gedrucktes zu übermachen. Mein Brief erscheint dann doch in Ihrem vortrefflichen Journale wohl erst um mehrere Wochen später. [...] Ich hoffe, daß mein Brief von Gauß auf eine des grossen Mannes würdige Weise spricht, werde aber gern (da Ihr Rath mir immer ein Befehl sein muß) alles abändern, was Sie wünschten.“
Schon am 7. März gab Schumacher seinem verehrten Freund und vertrauten Korrespondenten Gauß von Humboldts Vorhaben Kenntnis[9]:
„Humboldt hat mir einen Aufsatz über magnetische zu errichtende Observatorien für die Astronomischen Nachrichten gesandt, in der er auch Ihrer Methoden erwähnt. Es ist natürlich mit der verdienten Bewunderung, doch scheint er eigentlich für den Gambey’schen Apparat zu incliniren. Er wird jetzt gedruckt.“
Gauß entgegnete am 15. März lakonisch[10]:
„Was Sie mir von dem Aufsatze des Herrn von Humboldt sagen, habe ich nicht ohne Verwunderung, in mehr als Einer Beziehung, gelesen.“
Leider besitzen wir, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, die Briefe Schumachers und Enckes an Humboldt nicht (sie sind, wie der überwiegende Teil der an Humboldt gerichteten Schreiben, vom Empfänger vernichtet worden), wir können auf ihren Inhalt nur aus den Antworten bzw. anderweitigen brieflichen Erwähnungen schließen.
Schumacher hat schon etwa am 14. März an Humboldt einen ersten Abzug des gesetzten Manuskriptes gesandt und am 16. März einen Brief folgen lassen, in dem er einige Bedenken geäußert hat, über die uns die Antwort Humboldts vom 18. März unterrichtet[11]:
„Ich eile, Verehrungswerther Herr Etatsrath, Ihnen meinen innigsten Dank für den schon gestern eingelaufenen Abdruck meines magnetischen Briefes an den liberalen (radicalen?) Herzog von Sussex [auszusprechen]. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, nicht bloß erstaunt über die schnelle Beförderung meiner unbescheidenen Bitte, sondern erstaunt über die außerordentliche Sprachintelligenz Ihrer Setzer. So druckt man in Paris nicht, und doch sah mein Manuscript wie ein vielfach geflicktes Lumpenkleid aus. Es sind kaum einige Buchstaben zu ändern, und was Sie, theurer Freund, etwa geändert finden werden, sind mehr Correctionen, zu denen (Sie erfahren es gewiß oft selbst) einem der Verstand nie bei Durchsicht des Manuscripts, sondern durch Anschrecken des Probebogens kommt.
Sie erlauben wohl nun, daß ich den Abdruck einige Tage hier behalte, um Zeit zu haben, in den bureaux unseres Cardinal-Ministers (Ancillon) eine schöne diplomatische Hand zu finden, die mein Complimenten-Opus sauber und leserlich nach Ihrem herrlichen Abdruck abschreibe. Dann, wenn ich die Correctur zurückschicke, kommt in der zusammengesetzten Operation die zweite Bitte, ja wenigstens eine Woche mit Ausgabe der n. 306 zu warten, damit mein handschriftlicher Brief früher über das Meer komme, als Ihr so allgemein gelesenes Journal. Sie sehen, Ihre Güte macht mich lästig; das sind fast Sitten aus den Waldgegenden des Orinoco. [...][12]
Indem ich diesen Brief auf die Post schicken wollte, erhalte ich, theurer Freund, Ihren liebenswürdigen Brief vom 16ten und augenblicklich habe ich das Scalpell angesetzt, um auf Ihren Rath, der bei Ihrer Umsicht und Kenntnis menschlicher Reizbarkeit für mich Befehl ist, alles wegzustreichen, was mein Brief in eine andere Wageschale legte[13]. Ich lasse nur stehen, was zum Vortheil der Gaussischen Vorrichtung gesagt werden kann. Dazu ist das Wort préférer weggeblieben und etwa von Kenntnis über Coloniale Localitäten mit darin hinzugesetzt[14]. Man konnte bei meiner tiefen, unbegrenzten Verehrung für Gaußens Genie, bei meiner Liebe zu seinem freilich oft sehr kleinlich und illiberal reizbaren Character, nicht alles anwenden, um ihn nicht zu kränken. Mißfallen wird ihm dennoch der ganze Brief, wie die ganze Lebendigkeit, die ich mir in einer Sache gebe, die er erobert zu haben glaubt. Ich gestehe Ihnen, daß die Sicherheit der Anwendung so schwerer Stäbe, wenn es nicht auf sehr kurz dauernde Versuche ankommt, mir nichts weniger als Res judicata zu sein scheint. Erhaltung gleicher Stärke, um so eine, in ihrem Inneren ungleichartige Masse zu bewegen, Sicherheit der steten Lage der Pole (sie bewegen sich ja nach Jahren in kleinen Nadeln und drei Pole, wie Laplace und Biots Untersuchungen über das Scheublersche Mittel, die tägliche Abweichung 3 – 4mal zu vergrössern[15], beweisen, sind vollends gefährlich), Unbequemlichkeit der Anlage, Unmöglichkeit, den Apparat auf Reisen, auf Bergen ... zu gebrauchen, verdienen wohl Rüksicht. Gambey’s Boussole musste von Mexico bis China aufgestellt werden, weil mein Unternehmen drei Jahre älter ist, als Gauß sich mit Magnet[ismus] beschäftigte. Ich bin selbst daran Schuld, daß nach dem Abreissen meines hiesigen magnetischen Hauses[16] eines nach der Analogie der Göttinger in der neuen Sternwarte gebaut wurde[17], aber wie sollte ich von einer franz[ösischen] Expedition nach Island erlangen, daß etwas anderes dort aufgestellt werde, als Gambey’s Boussole, da ich nicht einen Apparat fordern konnte, der den Personen, die ihn zunächst gebrauchen sollen, ganz unbekannt war. Es ist, denke ich, ein grosser Unterschied zwischen Vorrichtungen für Observatorien und Gebrauch der Schiffahrer, Colonial-Einrichtungen ... Darf ich hoffen, daß meine letzte zugesetzte Phrase nächst dem Wegstreichen aller Einwendungen (die ich bloß aufopfere, aber für sehr gegründet halte) unseren theuren Göttinger Freund beruhigen wird. Ich beschwöre Sie, mir es offen zu schreiben und mir jede andere Änderung vorzuschlagen. Ihr Rath soll befolgt werden, denn so gern ich auch sonst mich dem wissenschaftlichen Aristocratismus widersetze und die Vornehmsten gern daran gewöhne, daß man neben ihnen sein Wesen etwas frei treibe, so will ich in diesem höflichen, officiellen Briefe mich doch (aus Liebe und Ehrerbietung für den trefflichen Gauß) gern dem Vorwurf aussetzen, ‚de courir au secours du plus fort’. [...]
Da ich nun in Todesangst zwischen Gambey und dem Cometenbarte[18] schwebe und nach zwei Weltgegenden in O[st] und W[est] zu mißfallen fürchte, so habe ich Ihnen die Correctur wiedergeschickt, ohne die Abschrift zu beginnen. Ich wünsche erst zu wissen, ob Sie mit meinen Verbesserungen zufrieden sind.“Es macht sich in diesem Brief, bei aller Verehrung für Gauß, doch eine gewisse Ungeduld bemerkbar. Humboldt ahnte aber noch nicht, daß er erst am Anfang einer Auseinandersetzung stand. Schumacher hatte nämlich, ehe er Humboldts Brief vom 18. in Händen hatte, am 19. März an Gauß geschrieben und u.a. bemerkt[19]:
„[Humboldt] giebt am Ende die Puncte an, die man bei jedem Apparat (Ihrem und Gambey’s) beherzigen muss, um dazwischen zu entscheiden. Hier kommt auch die Bedenklichkeit vor (die sich offenbar auf Ihren bezieht), ob die grossen Stangen nicht mehr als 2 Pole haben könnten? Ich habe ihm bemerkt, dass Sie diesen Umstand, falls ich Sie recht verstanden hätte, als vollkommen irrelevant betrachteten. Ist das recht?“
Das kann aber nicht alles sein, was Schumacher einzuwenden hatte, wie aus oben wiedergegebener Entgegnung Humboldts vom 18. März (Nachschrift) hervorgeht.
Gleichfalls am 19. März sandte dann Schumacher noch an Gauß die letzten Fahnen der Humboldtschen Abhandlung und bemerkte dazu[20]:
„Ich glaube, mein theuerster Freund, Ihnen ohne Indiscretion gegen Humboldt, und wenn selbst, doch aus Pflicht gegen einen so nahen und theuren Freund als Sie, die Stelle in Humboldt’s Brief, die Sie betrifft, theils schicken zu können, theils schicken zu müssen. Auf jeden Fall werden Sie Niemanden von dieser Mittheilung etwas sagen.“
Daß Humboldt zwar bereit war, alles zu streichen, was Gauß unangenehm sein könnte, aber nicht einsah, daß er etwas Unrichtiges geschrieben hatte, und daß er die Änderungswünsche als von Gauß' Reizbarkeit oder Eitelkeit herrührend betrachtete, geht aus einem Brief an Encke hervor, den er um den 18. März herum schrieb[21]:
„Es wird Ihnen angenehm sein, beide Briefe von B[essel] u. S[chumacher] zu lesen. Der erste ist überaus schön in einzelnen Stellen geschrieben. Ich hätte wegen des Einganges anstehen sollen, Ihnen den Brief mitzutheilen. Sie wissen, das ist do ut des, eine Art enseignement mutuel der Briefsteller[22]. Nun size ich zwischen den Barthaaren von Bessel, der schon einigen Groll auf den Dessauer hat, und der Furchtsamkeit von Schumacher. Ich habe gleich, um Gauß nicht zu misfallen, alles ausgestrichen, was Zweifel erregen könnte u. habe stehen lassen, was zum Lobe von Gauß war. Was die res judicata[23] und das nicht Leiden, ,daß andere entscheiden’, betrift, so ist das ein vornehmer Despotismus. Apparate können nicht dieselben für Observatorien u. für Reisen sein, und ich bin fest überzeugt, daß in 25 Pf. schweren, ungleichartigen Eisenstangen die Pole wandern, so, daß es wenigstens ungewiß bleibt, ob die elongationen in verschiedenen Monaten so bleiben, als kleine Nadeln sie geben würden. Kommen Sie doch einen Morgen zu mir, theurer Freund, damit wir über das alles etwas lachen.
Sonnabend
Ht.
Ist es nicht hüpsch auch, daß Sch[umacher] nicht gewagt hat, des Dessauer’s Zeichnungen[24] zu publiciren, ehe nicht die Polizeierlaubniß aus Königsberg erfolgt ist. Das erinnert an das Wort über Oltmanns Tafeln in Schum[achers] Vorrede zum Jahrbuch[25]. Diese Tafeln erregen also dem edeln, aber reizbaren Gauß Crispationen, wie das Wort Gambey’s Boussole. Soll ich nun nach Peking schreiben, um die Boussole dort zerstöhren zu lassen?“
Es ist möglich, daß Humboldt von Encke darin bestärkt wurde, den Schumacherschen Anregungen bzw. Bedenken zu entsprechen, denn schon am 20. März schrieb er an Schumacher, einem etwa durch seinen Brief vom 18. entstandenen ungünstigen Eindruck vorbeugend[26]:
„Ich habe so viel Reue über den rapsodisch-flüchtigen und vielleicht zu heiteren Brief, den ich Ihnen, Verehrter Herr Etatsrath, vor wenigen Tagen geschrieben habe, daß ich es nicht über mich gewinnen kann, Sie nicht eigends um Ihre gütige Nachsicht anzusprechen. Da ich so gern alles vermeide, was der vortreffliche Gauß mißdeuten könnte, so bitte ich Sie noch ganz gehorsamst, schon in dem Probebogen, den [ich] noch von Ihrer Güte zu erwarten habe, mit eigener Hand die Stelle, wo ich auffordere, ‚sich in Verbindung zu setzen mit dem Institut in Paris und der Petersburger Academie’, so zu verändern, daß sie heiße:
,voulût bien entrer en communication avec la Société Royale de Göttingue,l’Institut Royal de France et l’Académie Impériale de Russie pour adopter les mesures...’
Diese Einschaltung und Nennung im ersten Range wird unserem Göttinger Freunde sehr gefallen[27]. Ich hatte anfangs nur deshalb die Kön[igliche] Soc[ietät] in Göttingen nicht genannt, weil ich bloß an Länder dachte, die Colonial-Beziehungen haben, während die Hannöverischen sich kaum jenseits des Hainberges erstrecken. Das jetzige Nennen der Kön[iglichen]. Soc[ietät] zu Göttingen vor der älteren Pariser Akademie würde ich in Paris, als einem climax vom Hainberg zum Kaisersitze, entschuldigen, oder weil Göttingen, als halbenglisch, aus courtoisie gegen den Herzog von Sussex, den ersten Rang verdiene. Immer, denke ich, wird es dem großen Geometer beweisen, daß in dem Briefe keine Spur von Nichtanerkennung seiner unsterblichen Verdienste zu finden sei. Jeder anderen Veränderung, die Sie, Verehrter Freund, wünschen könnten, werde ich mich auch gern unterwerfen. Von mir, sehen Sie wohl, hängt es nicht ab, Einrichtungen, die ich mühsam Jahrelang früher veranlaßt habe, als Gauß an den Magnetismus dachte, und die bisher sehr treffliche und übereinstimmende Resultate gegeben haben, plötzlich von Mexico bis Peking, umzustoßen, um eine, wenn auch genauere Vorrichtung an die Stelle zu setzen, von der nicht einmal eine Zeichnung erschienen ist, die man nicht durch Leute kann anfertigen lassen, die nie etwas ähnliches gesehen und in denen mir, wegen Größe und Ungleichförmigkeit der Masse, vielfache Pole (points conséquens) und zwar bewegliche, die variation ungleich vergrössernde, zu besorgen scheinen. Ich kann nicht bestimmt rathen, ehe Gauß diese Erscheinungen in einer Schrift erläutert; bis dahin ist es genug, daß ich mich mit stiller Ehrfurcht vor dem schweren Geschütz verneige und anderen die Entscheidung überlasse. [...]
Wer könnte sehnlicher als ich wünschen, daß die Akad[emie] einmal wieder in Gauß einen Lagrange besäße – wie habe ich seit 8 Jahren dazu nichts versäumt und bin immer auf keinen Punkt gekommen, wo pécuniairement eine solche Berufung möglich wäre. Die eisige Zone liegt viel südlicher als man nach Cousin’s Lobe[28] glauben sollte.“Gauß seinerseits war gar nicht erbaut, daß Schumacher ihm einen Teil des Humboldtschen Aufsatzes gesandt hatte. Er äußerte sich dazu am 21. März Schumacher gegenüber[29]:
„Dass Sie mir den Correcturbogen geschickt haben, danke ich zwar Ihrer gütigen Absicht, hätte aber doch fast gewünscht, dass Sie es nicht gethan, damit Sie nemlich eventuell mit gutem Gewissen sagen könnten, dass Sie es nicht gethan. Ich habe nemlich vor etwa 8 oder 10 Tagen bei einer (hiemit in gar keinem Zusammenhang stehenden) Gelegenheit an Herrn von Humboldt einen Brief geschrieben, worin ich mein Bedauern zu erkennen gegeben, dass er bei seiner Rückreise von Paris Göttingen nicht berührt hat[30]. Wenn er zwischen den Zeilen zu lesen versteht, so wird er daraus den Schluss ziehen, dass ich es nicht für möglich halte, dass er ohne die hiesigen Einrichtungen selbst gesehen zu haben, eine richtige Vorstellung davon hat.
Ich hätte in der That keine Sylbe anders schreiben können, wenn ich seinen Brief vorher gelesen hätte, (d. i. wenn ich ihn ohne die Restriction, etwas davon merken zu lassen, gelesen hätte, denn natürlich unter dieser Restriction würde ich nichts geschrieben haben. Am Ende ist es aber wohl besser, dass früher zufällig so geschrieben ist, da nun wie ich (nicht meinetwegen) hoffe, der Brief nicht so gedruckt werden wird), und sein erster Gedanke kann also wohl sein, dass ich ihn gelesen. Ich kann nun in diesem Augenblick weiter nichts thun, als Ihnen dies Alibi zu melden.
Obgleich es nach dem Vorstehenden kaum noch nöthig sein wird, so will ich doch, damit Ihnen gar kein Zweifel bleibt, bemerken, dass die Art, wie Sie auf die (von unklaren Begriffen zeugende) Bedenklichkeit wegen mehrerer Pole geantwortet haben, ganz meinen Beifall hat. Es ist dies aber nicht der einzige Beweis, dass Herrn von Humboldt’s Vorstellungen (obwohl ganz ohne meine Schuld) von den hiesigen Vorrichtungen unrichtig sind. Was er von der 25pfündigen Nadel sagt ist ganz falsch, wenigstens ganz verwirrend, obwohl wie gesagt, meine Beschreibung daran durchaus unschuldig ist. Ich kann nun aber, unter den obwaltenden Umständen, ohne entweder von Herrn v. Humboldt selbst, oder von Ihnen in seinem Namen dazu aufgefordert zu sein, die nöthigen Berichtigungen vor dem Abdruck nicht abgeben. [...] Natürlich ist dieser Brief ganz vertraulich.“Noch vor Erhalt dieses Gauß-Briefes gab Schumacher am 22. März Gauß den Inhalt der Humboldtschen Schreiben vom 18. und 20.3. bekannt[31]:
„Ich eile Ihnen zu melden, mein theuerster Freund, dass Humboldt sogleich, als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass der Schluss eine Praedilection für den Gambey’schen Apparat zeige, diesen Schluss ganz geändert hat. Es ist jetzt, wie mir scheint, vollkommen partheilos. Was ich mit Vergnügen hinzufüge, ist seine Bereitwilligkeit zu dieser Aenderung, und vorzüglich sein an den Tag gelegtes Bestreben nichts zu thun was Ihnen, auch nur entfernt, nicht angenehm seyn könnte.
Dass Sie diese, so wie die frühere Mittheilung (des Probebogens) ganz unter uns bleiben lassen, brauche ich nicht zu bitten.
So eben erhalte ich noch eine zweite Veränderung, die deutlicher wie Alles zeigt, wie sehr er die Richtigkeit meiner Bemerkungen erkannt hat. Es soll jetzt heissen (Sie haben die Stelle auf Ihrem Bogen):’voulût bien entrer en communication avec la Société Royale de Göttingue, l’Institut Royal de France, et l’Académie Impériale de Russie etc. etc.’
Er meint sie würden es in Paris vielleicht übel nehmen, dass Göttingen voran gesetzt sey, indessen wolle er sich schon herauszuziehen suchen. Der ganze Brief hat mir viel Freude gemacht, da er die tiefste und reinste Verehrung gegen Sie athmet. Er schreibt mir auch, dass er seit 8 Jahren Alles gethan habe, damit Sie Lagranges Zeiten nach Berlin zurückbrächten, bisher sei er aber immer noch auf den Geldpunct gestossen. Dies scheint mir aber, wo es auf Ihren Besitz ankommt, ein so untergeordneter Punct, dass ich gewiss glaube, wenn von Ihrer Seite nur hinzugehen[32] Neigung ist, eine solche Opposition könne Humboldten nicht störend entgegentreten, oder wenn sie es doch thut, leicht besiegt werden.“
Inzwischen war der zweite Korrekturabzug fertiggestellt, den Schumacher am 26.3. an Humboldt sandte. Gleichzeitig schickte er wieder Gauß die ihn interessierenden Auszüge und bemerkte dabei[33]:
„Ich sende heute beifolgende letzte Correctur an Humboldt, und schreibe ihm dabei: ‚es seyen mir Bedenklichkeiten bei der Beschreibung der 25pfündigen Stäbe aufgestossen, namentlich ob man bei der Entfernung von mehreren 1000 Fussen, accouplés sagen könne. Da ich aber nicht ganz deutlich mich Ihres Apparats erinnern könne, so habe ich aus der jetzigen Correctur p. 289 und 290 ausgeschnitten und Ihnen heute übersandt, mit dem Ersuchen, wenn Sie etwas bei der Beschreibung Ihres Apparats zu erinnern hätten, ihn davon sogleich direct in Kenntniss setzen zu wollen. Ich hoffe, dieser Plan werde seinen Beifall haben, da dabei der geringst-mögliche Zeitverlust sey.’
Sie können also jetzt, mein theuerster Freund, wenn Sie wollen, Humboldten auf jeden schiefen Ausdruck aufmerksam machen. Natürlich werden Sie der sogenannten mehrfachen Pole nicht erwähnen, da diese schon ausgemerzt sind.“Wie Gauß so war auch Humboldt gar nicht erfreut, daß Schumacher Teile des Aufsatzes nach Göttingen gesandt hatte. (Daß Gauß schon den ersten Korrekturabzug auszugsweise erhalten hatte, wußte er nicht.) Humboldt äußerte sich am 28. März recht ungehalten zu Schumacher[34]:
„Ich sehe, daß Sie, Verehrungswerthester Freund, meinen Brief an den Herzog von Sussex verwünschen müssen, da er Ihnen so viel Lästigkeit aufbürdet. Nehmen Sie meinen innigsten Dank für Ihre beiden theuren Briefe vom 24. und 26sten März gütigst auf. Die Art, auf die der Herzog antworten könnte, ist mir, wie seine Person gleichgültig; um sich an eine Akademie zu wenden, muß man an den Präsidenten schreiben. Die Öffentlichkeit, die ich meiner Aufforderung zu geben gedenke, setzt mich auf einen Boden, der, in der jetzigen Lage der Welt, der allein sichere ist. Will die Kön[igliche] Societät von London aus Gehässigkeit gegen den Herzog nichts thun, so wird das die Inclination der Nadel nicht um 0", 00001 ändern, und die Nachwelt, (für mich wird es bald eine geben) wird mich nicht tadeln, meine persönliche Lage in einem Lande benutzen zu wollen, in dem mein Bruder ehrenvolle Erinnerungen zurückgelassen hat. Wenn ein Versuch des Einflusses mißglückt, fällt nicht immer die Schuld auf den Versuchenden.
Die 41ste Seite Ihres Jahrbuchs[35], theuerster Herr Etatsrath, wo es heißt, ,2 starke Magnetstäbe , jeder zu 25 Pfund zu Einem kräftigen Magnete verbunden’, kann mich zu einem Irrthum verleitet haben, da bald von dem Aufschieben ,auf die Mitte dieses Magneten’ geredet wird. S. 43, wo von dem 25pfündigen Stabe allein die Rede ist, scheint vollends zu beweisen, daß ich irrte; da aber diese ganzen Magnetometer-Verhältnisse gar nichts mit deren Mitteln, die stündliche Abweichung zu bestimmen, zu thun haben, so würde eine einfache Erinnerung Ihrer Seits über das Wort accouplé mich bestimmt haben, die Worte ,composé de 2 barreaux accouplés’ wegzustreichen und zu schreiben, ,a le poids de 25 livres’, was ganz unverfänglich ist. Sie waren um so sicherer, daß ich diese Veränderung, gleich auf Ihren Wink, würde vorgenommen haben, da ich, ganz gegen meine Überzeugung, alles weggestrichen habe, was man gegen die volumineusen Massen aus physikalischen Gründen, die bisher Herr Gauß auch nicht einmal in seinen Schriften berührt hat, vorbringen kann.
Es thut mir sehr leid, daß Sie geglaubt haben, einen Theil meines Briefes nach Göttingen schicken zu müssen. Ich hätte weit mehr Pflicht gehabt, das Ganze vorher Herrn Arago und Kupffer mitzutheilen, die beide das eigentliche Verdienst haben, großartige Anstalten hervorgerufen zu haben[36]. Ich habe beiden aber den Brief nicht eher zeigen wollen, als wenn nichts mehr daran zu ändern möglich ist; weil ich mich auf mein Geschick verlasse, durch die Art, wie ich schreibe, frei und doch gemäßigt, nicht beleidigen zu können. Gauß, der den Magnetismus als seine freilich etwas neu eroberte heimliche und eigenthümliche Domäne betrachtet, dem die Worte ,Gambeyscher Apparat und Oltmannische Tafeln’ Crispationen erregen, der gern zu verbergen wünscht, daß das Verdienst des Spiegel-Apparats nicht ihm, sondern dem Dr. von Riese in Bonn (Poggendorff[s Journal] 1827, Bd. IX, p. 67-88)[37] gehört, wird es mir, da er mir vor wenigen Tagen geschrieben, sehr übel nehmen, daß er nicht auf directem Wege (durch mich selbst) von dem Briefe hört; er wird Änderungen fordern, die ich keineswegs zu machen Lust habe. Das sind meine Klagen darüber, dass Sie an Ihrem Einflusse auf mich gezweifelt, da ich auf Ihr Wort allein accouplé würde gestrichen haben. [...]
Sie lassen mir nun wohl, theurer Freund, einige Tage Muße, ehe ich Ihnen die Correctur, die sehr schön ist, zurücksende. Ich wage nun nicht, den ganzen Brief eher abschreiben zu lassen, bevor ich nicht durch Ihre Güte von dem Ungewitter unterrichtet bin, das Sie, Böser, über den Hainberg und mein mausegraues Haupt zusammengezogen haben. Verzeihen Sie mir das abgeschnittene Blatt, und machen Sie alles wieder gut, wenn der reizbare, aber von uns beiden so unendlich hochgeachtete Mann mit seinem schweren Geschütz auf mich schiesst.“Am 29. März ging Gauß auf die ihm zugesandten zweiten Korrektur-Abzüge ein. Dieser Brief zeigt, daß Gauß durchaus nicht „illiberal reizbar“ war oder aus „wissenschaftlichem Despotismus“ heraus tadelte, sondern daß es ihm um die Sache ging und er die Absicht, die Humboldt mit seinem öffentlichen Appell verfolgte, durchaus zu schätzen wußte. Er schrieb an Schumacher[38]:
„Das Correcturblatt aus den Astronomischen Nachrichten, welches Sie, mein theuerster Freund, so gütig gewesen sind, mir zuzusenden, habe ich durchgesehen. Ich finde zwar darin, in Beziehung auf die hiesigen magnetischen Apparate, verschiedenes, was irrig oder dunkel ausgedrückt ist, trage jedoch, aus Besorgniss indiscret zu erscheinen, Bedenken, Ihrer Aufforderung zufolge Herrn von Humboldt mit Bemerkungen darüber zu belästigen. Inzwischen nehme ich doch keinen Anstand, Ihnen einige solche Punkte anzuzeigen, Ihnen überlassend, ob Sie es der Mühe werth halten, von dieser Anzeige auf irgend eine Ihnen angemessen erscheinende Weise Notiz zu nehmen.
Ein Misverstand ist es, wenn gesagt wird, das grosse Magnetometer der hiesigen Sternwarte sei composé des deux barreaux accouplés chacun d’un poids de 25 livres. In der That besteht dies Magnetometer nur aus Einem Stabe von 25 Pfund, wie in meinem Aufsatze über Erdmagnetismus in Ihrem Jahrbuch S. 30 ausdrücklich gesagt ist.
Ich sehe aus Ihrem Briefe, dass dieser Widerspruch Ihnen nicht entgangen ist, allein was Sie weiter darüber bemerken, ,dass man zwei mehrere tausend Fuss von einander entfernte Stäbe nicht wohl accouplés nennen könne,’ ist mir ganz unverständlich. Sie scheinen vorauszusetzen, dass Herr von Humboldt einen andern mehrere tausend Fuss von dem Magnetometer der Sternwarte entfernten 25pfündigen Stab vorausgesetzt und als mit dem Stabe des Magnetometers Ein Ganzes ausmachend betrachtet habe. Aber von einem solchen zweiten 25pfündigen Stabe ist ja nirgends, weder in dem Aufsatze des Herrn von Humboldt, noch in irgend einem gedruckten Aufsatze von mir jemals die Rede gewesen. Auch muss ich hinzufügen, dass Ihre etwanigen Erinnerungen von Ihrem letzten hiesigen Aufenthalte Sie jedenfalls in diesem Punkte nur getäuscht haben können: denn damals (vor zwei Jahren) waren 25pfündige Stäbe, ich will nicht sagen noch nicht aufgehängt, sondern es existirten damals noch gar keine solche Stäbe. Die ersten der Art wurden erst mehrere Monate nachher angefertigt.
Der Irrthum des Herrn von Humboldt scheint vielmehr nur auf einer Verwechslung des Magnetometers mit dem S. 41 beschriebenen Inductionsapparat zu beruhen *). Dieser Inductions-Multiplicator, welcher allerdings zwei gekuppelte 25pfündige Stäbe enthält, steht zwar gewöhnlich in der Sternwarte (in welchem Fall also dort drei 25pfündige Stäbe sind), allein dieses ist ein ganz unwesentlicher Umstand; dieser nemliche Inductionsmultiplicator kann eben so gut im magnetischen Observatorium oder im physikalischen Cabinet aufgestellt und gebraucht werden, ja auch abgesondert von allen Magnetometern kann er an jedem beliebigen Platze zu manchen interessanten Versuchen gebraucht werden. Uebrigens, er stehe wo er wolle, so ist er doch in keinem Fall als ein Bestandtheil irgend eines Magnetometers zu betrachten, eben so wenig wie eine galvanische Säule, ein thermogalvanischer Apparat oder eine Elektrisirmaschine Bestandtheile desjenigen Magnetometers genannt werden können, welches man dazu gebraucht, die Stärke derjenigen galvanischen Ströme zu messen, die durch jene Mittel erzeugt werden.
Ich verstehe unter Magnetometer**) den Inbegriff aller derjenigen Bestandtheile, die erforderlich sind den Magnetismus zu messen, namentlich alles das zu messen, was sich auf den horizontalen Theil des Erdmagnetismus sowohl, als was sich auf künstliche Magnete bezieht. Also die schwebende Nadel, ihr Spiegel, dessen Correctionsstücke, das Schiffchen, der Torsionskreis, die verschiedenen zur Aufhängung dienenden Stükke, der Theodolith, die Skale, der Lothfaden, die Versicherungsmarke, die Vorrichtungen zur Ausmittelung des Trägheitsmoments etc. Alles dies sind Bestandtheile und wesentliche Bestandtheile des Magnetometers. Dagegen alles, was ohne sich auf jene Zwecke zu beziehen, sonst noch mit dem Magnetometer, gehört nicht mehr zum Magnetometer als solchen. Ich sehe daher selbst den, im Kasten des Magnetometers gewöhnlich stehen bleibenden Multiplicator (S. 35) durchaus nicht als einen Bestandtheil des Magnetometers an, mithin noch viel weniger die verschiedenen Apparate, wodurch galvanische Ströme erzeugt werden, wie ausser dem Inductor noch die drei oben genannten sind. Es sind gegenwärtig, ausser Göttingen, an circa 20 andern Orten Magnetometer vorhanden (oder werden in wenigen Wochen es sein), die doch vollständige Magnetometer sind, wenn gleich keines derselben bis jetzt mit Galvanometern verbunden ist.
In Beziehung auf die dunkle Stelle S. 290 Z. 12-9 v. u. muss ich auch noch eine andere Bemerkung beifügen. Es erhellet nicht deutlich, von welchen mouvements d’oscillation hier eigentlich die Rede ist; sollten, wie man aus dem übrigen Zusammenhange zu vermuthen geneigt sein möchte, diejenigen mouvements d’oscillation gemeint sein, welche in meinem Aufsatze S. 45-47 erzählt sind, so darf nicht unbemerkt bleiben, dass gerade hiebei die deux barreaux accouplés nothwendig ganz aus dem Spiele bleiben müssen.
Von der oben entwickelten Begriffsbestimmung ausgehend finde ich auch die Worte S. 200 Z. 15:et l’invention du magnétomètre régi par un multiplicateur d’induction
theils nicht recht zu dem vorhergehenden passend, da ja die invention du magnétomètre eben wieder das nemliche ist, was vorher schon kurz beschrieben war,
theils in dem Worte régi etwas dunkel. Die kürzeste Abänderung, wodurch beides beseitigt werden könnte, wäre wohl anstatt jener Worte zu setzen:la combinaison du magnétomètre (dont nous venons de décrire les principaux traits) avec un galvanomètre et un nouveau multiplicateur d’induction
oder
la mesure précise de l’intensité des courants galvaniques, au moien du magnétomètre (dont nous venons de décrire les principaux traits), et enfin un nouveau multiplicateur d'induction.
Es liessen sich noch zu einer oder ein paar andern Stellen einige Bemerkungen machen; die ich jedoch lieber als ganz unerheblich übergehe, zumahl da ich mit Schrecken sehe, wie lang mein Brief, obgleich nur etwa fünf oder sechs Zeilen betreffend, schon geworden ist.
Höchst erfreulich wird es jedenfalls sein, wenn der Brief des Herrn von Humboldt besonders in den fernen Welttheilen eine lebendigere Theilnahme an den magnetischen Beobachtungen veranlasst. Meine Magnetometer sind zwar hauptsächlich für feste Beobachtungsplätze berechnet, wo sie, in angemessenen Dimensionen ausgeführt, und mit Einsicht behandelt, sowohl an Präcision als an Bequemlichkeit Nichts zu wünschen übrig lassen, allein auch reisende Beobachter (wenn gehörig unterrichtet) können sich derselben in etwas kleinern Dimensionen ohne Beschwerde bedienen. Die Herren Sartorius und Listing, die ein Magnetometer mit sich führen, lassen nicht nur keinen Termin unbeobachtet, sondern sie haben auch in Unteritalien und Sicilien an mehreren Orten absolute Declination und absolute Intensität bestimmt; ja auch die Inclination mit einem andern nach eigenthümlichen Grundsätzen construirten Apparat, welchen sie nach der von mir angegebenen Idee haben ausführen lassen.
Sehr bedaure ich, dass mein Sohn auf seiner Reise durch Nordamerika magnetische Beobachtungen ganz von seinen Plänen ausschliessen muss. Weder seine Zeit noch seine Geldmitttel erlaubten eine solche Ausdehnung. Zuverlässige magnetische Beobachtungen aus der Mitte von Nordamerika würden etwas sehr erwünschtes sein.
*) Beiläufig, d. i. zu den gegenwärtigen Erläuterungen gar nicht gehörend, bemerke ich noch, dass dieser Inductions-Multiplicator seit der Abfassung jenes Aufsatzes, auf die doppelte Kraft verstärkt ist, indem er anstatt der vorigen 3537 Drahtumwindungen jetzt deren 7000 hat.
**) Nicht: Erdmagnetometer, wie durch einen unangenehmen Druckfehler in das Inhaltverzeichniss Ihres Jahrbuchs gekommen ist.“
Von Gaußens Gewissenhaftigkeit zeugt ein Nachtrag zu vorstehendem Schreiben, den er am folgenden Tage (30. März) an Schumacher sandte und der zugleich beweist, daß Gauß eine Berücksichtigung seiner Mängelanzeige für selbstverständlich hielt[39]:
„Ich bin nicht ganz gewiss, ob die in meinem gestrigen Briefe proponirten Emendationen nicht einer kleinen Aenderung bedürfen. Ich habe vielleicht (in dem Augenblick vergessend, dass Humboldt’s Aufsatz zunächst die Form eines Briefes an den Herzog von Sussex hat) unrichtig geschrieben que nous venons de décrire &c. anstatt que je viens de décrire &c. Sollte dies geschehen sein, so bitte es zu corrigiren.“
Wir begegnen in der Humboldtschen Korrespondenz mehrfach der Erscheinung, daß Humboldt es nachträglich bereute, wenn er einmal härtere Worte gebraucht hatte, und sich dann eilig bemühte, seinen Ausführungen die Schärfe zu nehmen. So auch in diesem Falle. Am 2. April sandte er den folgenden Brief an Schumacher, in dem sein Unwille zwar nachklingt, der aber doch viel gemäßigter abgefaßt ist. Immer noch aber sieht er nicht, daß es Gauß um wissenschaftliche Klarheit, nicht um Prioritäten oder Prestigefragen geht. Er schreibt[40]:
„Ich bin über Ihre Güte ganz beschämt, mein theurer, hochverehrter Freund! Ich sollte mich bei Ihnen entschuldigen über meine kindlichen Klagen. Es thut mir leid, viel zu lebhaft ein Übel geschildert zu haben, was so leicht zu verschmerzen ist. Sie haben aus meinen früheren Änderungen und Zusätzen gesehen, wie sehr mir daran gelegen ist, daß unser, mit Recht so allgemein bewunderter, aber von menschlichen Schwächen (wie alles sublunarische) nicht ganz freie Göttinger Freund mir gewogen bleibe; meine Besorgnis war also nur, er werde es mir verargen, daß ich nicht von selbst und unmittelbar ihm von meinem opus gesprochen habe. Diese Besorgnis wird aber bei mehrerem Nachdenken in mir durch die Hoffnung gemildert, daß Sie, mein edler Freund, gewiß von meinem Wunsche, ihm nicht zu mißfallen, gesprochen haben. So erwarte ich denn ruhig den Brief vom Hainberge, und werde gern die kleine Änderung vornehmen, die erforderlich ist. Encke glaubt sich ,e visu’ zu erinnern, daß die beiden 25pfündigen Stangen wirklich accouplés sind, aber senkrecht stehen, weil sie nur bestimmt sind, den electrischen Strom zu erregen.
Die Priorität der Methode, durch Spiegel die Nähe des menschlichen Körpers zu vermeiden und in dem Spiegel eine ferne Theilung mittelst eines Fernrohres zu beobachten, gehört, mit einem Spiegel auf der Mitte des Magnetstabes, zu absoluten und täglichen Variationen angewandt, dem Professor Poggendorff selbst (s[iehe] sein Journal, Bd. 7, Jahr 1826, p. 121, Taf. 1, Fig. 10)[41], mit einem Spiegel, ebenfalls in der Mitte des Magnetstabes, aber mit zugefügten Vorrichtungen zur Berichtigung der senkrechten Lage des Spiegels, dem Dr. von Riese in Bonn (Poggend[orrfs] Journal, Bd. 9, Jahr 1827, p. 67-88, Taf. 1, F. 2)[42]. Unser Göttinger Freund hat den Spiegel-Apparat, den Pistor schon 1826 anfertigte, nur so verändert, daß er den Spiegel an die Extremität des Stabes setzte. ,Il n’y a rien de si odieux que l’histoire des découvertes contemporaines’ habe ich einmal in einer ähnlichen Beziehung drucken lassen. Poisson reclamirt ,une bonne part’ der Gaußischen Methode[43], die absolute Intensität (und leider doch nur die horizontale, als von Wärmeeinwirkung und stündlicher Veränderung der Inclination nicht befreite Intensität) zu bestimmen; der alte Sömmerring hat vor 20 Jahren schon seine electrischen Telegraphen nach Paris gesandt; Baron Schilling von Cannstadt hat sogar Hoffnung, dieselben in Rußland einzuführen, und als ich in Spanien war, 1799, hatte bereits Betancourt an einem solchen Telegraphen, der die Schläge durch Batterien Leydner Flaschen erhielt, von Madrid nach Aranjuez gearbeitet. Die kleinsten Quadrate sind ein Knochen, den drei sich entreissen[44]. Neben den Carten-Projectionen erscheint gespensterartig drohend Lagrange’s Geist[45].
So unbequem ist die Geschichte der Erfindungen: Sie sollte es nie für die werden, welche durch andere Arbeiten Recht auf die tiefe Bewunderung der Nachwelt, wie Gauß, haben. Mit seinem Hieherkommen würde der älteste Wunsch meines hiesigen Lebens erfüllt. Als ich 1805 von meiner amerikanischen Reise nach Europa zurückkam, und mich der König einlud, in der Berliner Akademie wirksam aufzutreten, antwortete ich dem König, ‚mein Erscheinen würde sehr unbedeutsam sein, aber ein Mann könnte der Akademie den Glanz wiedergeben, er heisse Karl Friedrich Gauß.’ Seitdem ist die Welt schlaffer, das Meer seichter geworden, und wie Sie geistreich sagen, in dem mare caenoso scheitert alles an ,den Silberklippen’. Ich erwarte, um den Brief an den Herzog abschreiben zu lassen (die Ermahnung zu ,guter Aufführung’ während seiner radicalen Abwesenheit ist sehr lächerlich), des grossen Geometer’s Antwort.
Verzeihen Sie, theurer Etats-Rath, die Zögerung, und glauben Sie fest, daß keine physischen und moralischen Kräfte je abstossend in mir gegen den Altonaer Pol wirken können. [...] Cometen-Bärte und schweres magnetisches Geschütz müssen den Weltfrieden nicht stöhren, [...]
Berlin, den 2ten April 1836, in dem Augenblick, da ich Ihren lieben Brief vom 31sten März erhalte.“Am gleichen Tage (2.4.) erhielt Schumacher nicht nur die ausführliche Stellungnahme von Gauß vom 29. März, sondern auch Humboldts Brief vom 28., in dem dieser seine Unzufriedenheit damit geäußert hatte, daß Gauß den Korrekturabzug zugesandt erhalten hatte. Schumacher gab sofort, am 2. April, Gauß Kenntnis davon[46]:
„Von Humboldt erhielt ich eben vor Ihrem Briefe vom 29. März ein Schreiben, in dem er nicht mit der Uebersendung des Blattes an Sie zufrieden schien, und keine Lust bezeugte, weitere Aenderungen zu machen. Ich habe ihm also nur aus Ihrem Schreiben das mitgetheilt, was die Verwechselung des Multiplicators mit dem Inductionsapparat betrifft, und der andern Correctionen nicht erwähnt. Hat er kein Bedürfniss seinen Aufsatz fehlerfrei zu erhalten, so ist es seine und nicht meine Sache. Ueberdies wünschte ich offenherzig gestanden, Sie in Berlin auf eine Ihrer würdige Art angestellt zu sehen, und also Humboldten, der, wenn ein neuer Antrag an Sie kommen soll, Alles thun muss, nicht durch Nebendinge kälter zu machen. Was Sie über Nord-Amerika sagen, und Ihre Billigung seines Briefes habe ich beigefügt.“
Schumacher hat in diesem Brief versehentlich gesagt, Humboldt habe den Multiplikator mit dem Induktionsapparat verwechselt. Gauß machte daraufhin am 4. April Schumacher mit dem Hinweis aufmerksam[47], daß Humboldt das Magnetometer mit dem Induktionsapparat verwechselt habe. Hierauf antwortete Schumacher, der nun auch den Humboldtschen Brief vom 2.4. bekommen hatte, am 7. April[48]:
„Der Multiplicator ist bloss ein Schreibfehler in dem Briefe an Sie.*) Von Humboldt habe ich auch fast gleichzeitig mit Ihrem Briefe einen bekommen. Er nimmt seine Abneigung, mehr Verbesserungen zu machen ganz zurück. Am Ende kommt noch vor, dass er dem Könige schon 1805 gesagt habe: der einzige Mann, der der Berliner Academie neuen Glanz geben könne, heisse Karl Friedrich Gauss. Er sieht gewiss vollkommen ein, dass Sie dort unentbehrlich sind, und glücklicherweise werden die mathematischen Mitglieder, die Ihre Anwesenheit, um nicht verdunkelt zu werden, fürchten, von dem Könige nicht gehört. Sollte er einen neuen Antrag bewürken, so steht es immer bei Ihnen zu thun was Sie wollen.
*) Ich weiss das gewiss, weil ich Humboldten die abgeschriebene Stelle Ihres Briefes, wo die Instrumente gegen einander gestellt werden, gesandt habe.“Ebenfalls am 7 April schrieb Humboldt erneut an Schumacher. Wir ersehen aus diesem Brief, daß er völlig nachgegeben und die Hoffnung hatte, die ganze Angelegenheit möge seinem Verhältnis zu Gauß nicht abträglich geworden sein[49]:
„Das menschliche Leben ist eine Bedingungsgleichung[50], man muß also bei Verschiedenheit der Charaktere sich mit dem fügsam begnügen, was man, mit dem gutem Willen, einem trefflichen, von uns beiden hochverehrten Manne nicht zu mißfallen, von ihm erlangen kann. Lieber wäre es mir freilich gewesen, wenn Gauß mir selbst geschrieben hätte; aber ich will gern die Schweigsamkeit einer gewissen schüchternen Zurückhaltung zuschreiben und freue mich, aus dem was Sie, theurer Freund, mir gütigst mittheilen (ich erhielt Ihr Schreiben bei Schneegestöber unter den königlichen, ländlichen Freuden in Potsdam), zu ersehen, daß das Fragment wohl keine grosse Mißtimmung hervorgebracht habe. Sollte der ganze Brief vom Hainberge Ihnen doch eine gewisse Mißstimmung anzeigen, so werden Sie aus Freundschaft für mich gewiß etwas zu meiner Rechtfertigung anführen. Es ist immer gut, die Temperatur, Lebenswärme messen zu können, auf die man bei einem so wichtigen Manne zu rechnen habe.
Ich wage es, Verehrungswerthester Herr Etats-Rath, Sie nun doch um eine letzte Correctur, gewiß die letzte, zu bitten. Zürnen Sie mir nicht; aber ich wünschte, daß der Abdruck recht genau werde und habe deshalb alle undeutlich gewordenen Stellen pedantisch als NB darunter geschrieben. Die Umänderung in den Gaußischen Apparaten scheint mir nun ganz correct, auch habe ich Sartorius angeführt, damit man erfahre, daß der Apparat für Reisende vereinfacht werden könne. Ich hoffe, das solle unserem Göttinger Freunde gefallen. Machen Sie Sich und mir ein Verdienst daraus, damit der Freund sehe, daß die Mittheilung doch etwas Gutes gewirkt habe. [...] Die Abschrift werde ich nun erst nach der neuen, letzten Correctur machen und gleich an den Zweiköpfigen abgehen lassen. Sie werden, hochverehrter Freund, mich sehr beruhigen, wenn Sie mir schreiben, wie viel Tage vergehen dürfen, d. h. wann Sie nach Ihrem Wunsche die n. 306 am liebsten publiziren. Ich kann meinen Brief, den abzusendenden, vordatiren, und 6 bis 7 Tage als Zwischenzeit sind ganz hinlänglich.“Wiederum (am 11.4.) benachrichtigte Schumacher Gauß von Humboldts Brief[51]:
„Von Humboldt habe ich wieder einen Brief erhalten. Er hat noch ein paar Zusätze gemacht, und namentlich bemerkt, dass Sartorius und Listing Ihren Apparat in kleineren Dimensionen schon auf Reisen brauchen. Ueber Ihren Brief an mich kommt darin die Stelle vor:
’Lieber wäre es mir freilich gewesen, wenn Gauss mir selbst geschrieben hätte; aber ich freue mich aus dem, was Sie, th. Fr., mir gütigst mittheilen, zu ersehen, dass das Fragment wohl keine große Misstimmung hervorgebracht habe. Sollte der ganze Brief Ihnen doch eine gewisse Misstimmung anzeigen, so werden Sie, aus Freundschaft für mich, gewiss etwas zu meiner Rechtfertigung anführen. Es ist immer gut die Temperatur, Lebenswärme messen zu können, auf die man bei einem so wichtigen Manne rechnen darf.’
Ich kann und werde ihm mit Wahrheit antworten, dass in Ihrem ganzen Briefe, aus dem ich ihm einen Auszug sandte, keine Spur von Unzufriedenheit sei; indessen, da ich ihm diesen Brief nicht in extenso schicken kann (weil ich ihm die darin enthaltenen Verbesserungen aus den Ihnen schon angeführten Gründen nicht mitgetheilt habe), so bin ich nicht gewiss, ob er sich mit meiner blossen Versicherung beruhigen wird, und möchte Sie bitten, wenn die Nummer heraus ist, ihm selbst ein paar freundliche Worte darüber zu schreiben.“
Auch Gauß legte großen Wert darauf, daß keine Trübung seiner Beziehung zu Humboldt einträte. Das zeigt deutlich seine Antwort vom 13.4. auf Schumachers Brief vom 11.4.[52]:
„Es würde mir sehr leid thun, wenn Herr von Humboldt, dessen freundliche Gesinnungen mir so unschätzbar sind, vielleicht aus der Stelle Ihrer Antwort
,dass Sie ihm meinen Brief nicht in extenso schicken können,’
schliessen sollte, dass er doch etwas enthielte, was das Licht nicht verträgt. Bewusterweise hat er aber so etwas nicht enthalten, noch enthalten können, da er lediglich zum Zwecke hatte, die Statt gefundenen Verwechslungen bemerklich zu machen, von denen ich den Aufsatz um so mehr frei wünschen musste, je schöner der Zweck ist, welchen Herr von Humboldt sich bei jenem Aufsatz vorsetzt, und je heisser ich selbst wünsche, dass solcher recht vollständig erreicht werden möge.“
Gauß ergänzte diesen Brief am 15. April durch nachstehende Zeilen[53]:
„Ich hatte Ihren letzten Brief, mein theuerster Freund, so verstanden, dass Sie Herrn von Humboldt geschrieben hätten: ,Da Sie ihm meinen Brief nicht in extenso mittheilen könnten, so könnten Sie doch versichern &c.’
Und dieser Interpretation zufolge schien es mir doch fast besser, dass Sie ihm nun den Brief selbst schickten.
Allein beim nochmaligen Durchlesen Ihres Briefes sehe ich, dass nach der natürlichen Interpretation Ihrer Wortstellung der Grund,da der Brief in extenso nicht mitgetheilt werden könnte’
nicht in dem Briefe an Humboldt stehen wird, sondern dass sie solchen nur mir angeben.
Hienach würde es mithin nicht gerade nöthig sein, Herrn von Humboldt noch meinen Brief selbst zu schicken. An sich übrigens steht in diesem Briefe, so weit ich mich erinnere, nichts, was Herrn von Humboldt unangenehm sein könnte, ausgenommen dass indirecte daraus hervorgeht, dass er meinen Aufsatz in Ihrem Jahrbuch mit geringer Aufmerksamkeit gelesen haben muss. Am Ende aber habe ich dabei wohl selbst Schuld; und es ist mir nicht gelungen, trotz meiner Bemühung, diesem Aufsatz die erforderte Klarheit zu geben. [...]
Da ich mich selbst in der That nicht mehr genau erinnere, was ich alles in jenem Briefe quaest. geschrieben, so überlasse ich es ganz Ihrer Freundschaft und Ihrem Tact, ob es sich zum Hinschicken eignet oder nicht. Im erstern Falle habe ich nichts dagegen, wenn Sie den gegenwärtigen auch beilegen. Dass ich damals Herrn von Humboldt nicht selbst schrieb, war wie ich auch bemerkt habe, bloss die Besorgniss zudringlich zu erscheinen, und wenn ich aus einer Stelle Ihres frühern Briefes den ersten Eindruck, den Ihre Benachrichtigung, dass Sie mir das Blatt geschickt, gemacht hat, schliessen darf, war meine Besorgniss wohl nicht ganz ohne Grund.“Hierauf erwiderte Schumacher am 19. April[54]:
„Der Grund, weswegen ich nicht glaubte Herrn von Humboldt Ihren Brief schicken zu können war der, dass er, wie Sie wissen, noch ein paar Verbesserungen schiefer und halbverstandener Ausdrücke enthielt, die Humboldt in seinem Schreiben an den Herzog v. S. gebraucht hatte, welche Verbesserungen ich lieber unterdrücken zu müssen glaubte, da Humboldt in dem Briefe, der grade vor Ihrem ankam, fast Empfindlichkeit gezeigt hatte, noch mehr Verbesserungen machen zu wollen. Ich ward in meinem Entschluss noch dadurch bestärkt, dass Sie am Ende hinzufügten: es liessen sich, ausser den angeführten, noch mehr Bemerkungen machen, welche Sie aber als unerheblich und um nicht zu weitläufig zu werden, übergingen.
Herrn von Humboldt habe ich übrigens nicht geschrieben, dass ich ihm Ihren Brief nicht in extenso schicken könne, und wenn dies in meinem Briefe an Sie steht, so weiss ich würklich nicht welcher Geist der Verwirrung ihn mir dictirt hat. Ich sehe es giebt nicht allein eine Comedy of Errors, sondern auch a letter of Errors. Nach meinem besten Dafürhalten hat Humboldt seine damalige Empfindlichkeit gegen Verbesserungen längst abgelegt, die ich nicht gerne durch Zurückkommen auf das Thema wecken möchte, und er würde sich es kaum jetzt erklären können, wenn er Ihre beiden Briefe zugesandt erhielte. Ein paar freundliche Worte von Ihnen, wenn die Nummer heraus ist (noch habe ich die Correctur nicht zurück) werden ihm hingegen viel Freude machen. Das weiss ich gewiss.“Abschließend bemerkte Gauß etwa am 21. April dazu[55]:
„Um noch einmahl auf meinen frühern Brief [v. 29.3.] zurückzukommen, so waren die nicht bemerkten Punkte, die ich Kürze wegen überging, völlig unanstössige. Ich weiss nicht genau mehr, welche es waren, aber der eine war, dass unter den Oertern, von welchen ich Beobachtungen bekannt gemacht habe, Braunschweig mit genannt wurde. Es sind allerdings dort ein paarmahl correspondirende Beoachtungen mit gemacht, worüber ich vielleicht einem oder den andern briefliche Mittheilungen gemacht habe. Aber wenn mein Gedächtniss mich nicht ganz trügt (denn Poggendorff’s Annalen halte ich nicht selbst), so habe ich sie nicht publicirt.“
Der Briefwechsel zwischen Humboldt und Schumacher in dieser Angelegenheit wird beendet durch das folgende Schreiben Humboldts vom 23. April[56]:
„Hier, mein theurer, hochverehrter Freund, ist mit innigstem Danke der gewiß von Ihnen längst erwünschte Bogen. Ich bringe so eben eine schöne Abschrift des Briefes für den corpulenten Radicalen an den eben so radicalen Lord William Russell, engl[ischer] Gesandte allhier, dessen gesellschaftliche Lage erst gewinnen wird, wenn seine tory-gesinnte, sehr liebenswürdige Frau (die einst so schöne Miß Roden)[57] ankommen wird.
Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie Ihr Blatt nicht vor dem 5ten oder 8ten Mai vom Stapel laufen liessen. Lassen Sie mir großmüthigst 4 bis 5 Exemplare abziehen. [...] Über Gauß bin ich ganz getröstet.“Um einen Überblick über Ausmaß und Bedeutung der von Humboldt vorgenommenen Richtigstellungen bzw. Verbesserungen zu vermitteln, sei hier nun ein Vergleich der geänderten Stellen vorgenommen. Wenn man von stilistischen Verbesserungen, korrigierter Zeichensetzung u. dergl. absieht, gibt eine Gegenüberstellung der veränderten Passagen an den Herzog von Sussex folgendes Bild:
Entwurf
J’ose simplement hazarder le voeu que dans le cas où ma proposition fût accueillie avec indulgence, la Société Royale voulût bien entrer en communications avec l’Institut Royal de France et l’Académie Impériale de Russie pour adopter les mesures les plus propres de lier ce que l’on projette d’établir à ce qui existe déjà sur une étendue de surface assez considérable[58].
Mr. Gauss, auquel nous devons ... l’invention ingénieuse du Magnétomètre régi par un Multiplicateur d’induction, ...[59]
Les barreaux aimantés qu’il [Gauss] employe sont, les petits, d’un poids de 4 livres; le plus grand appareil (le Magnétomètre propre à rendre sensibles et mesurables les mouvemens d’oscillation que prédit une théorie, fondée sur l’admirable découverte de Mr. Faraday) est composé de deux barreaux accouplés, chacun d’un poids de 25 livres.
J’ai dû rappeler les beaux travaux de Mr. Gauss pour que ceux des membres de la Société Royale des Londres qui ont le plus avancé l’étude du magnétisme terrestre, veuillent bien prendre en considération, si dans les nouvelles stations à établir on doit préférer les barreaux d’un grand poids munis d’un miroir et suspendus dans un pavillon très soigneusement fermé, à la boussole de Gambey dont jusqu’ici on s’est uniformément servie dans nos anciennes stations d’Europe et d’Asie. En discutant cette question on évaluera sans doute les avantages qui naissent de la plus grande immobilité des barreaux ou aiguilles, comme de la lecture aisée et rapide des divisions angulaires appartenant à très petits intervalles de tems, la facilité plus ou moins grande des constructions à établir dans des régions éloignées, l’habilité practique des observateurs et la certitude plus ou moins grande que les barreaux très volumineux conservent une force directrice suffisante et possèdent pas plus de deux poles à la fois[60].
Berlin, le … Février 1836.[61]
Publikation
J’ose simplement hazarder le voeu que dans le cas où ma proposition fût accueillie avec indulgence, la Société Royale voulût bien entrer directement en communications avec la Société Royale de Göttingue, l’Institut Royal de France et l’Académie Impériale de Russie pour adopter les mesures les plus propres à combiner ce que l’on projette d’établir avec ce qui existe déjà sur une étendue de surface assez considérable[62].
Mr. Gauss, auquel nous devons ... l’invention ingénieuse d’un magnétomètre mis en mouvement par un multiplicateur d’induction, ....[63]
Les barreaux aimantés qu’il [Gauss] employe comme Magnétomètres sont, les petits, d’un poids de 4 livres, les grands de 25 livres. Le curieux appareil d’induction propre à rendre sensibles et mesurables les mouvemens d’oscillation que prédit une théorie, fondée sur l’admirable découverte de Mr. Faraday, est composé de deux barreaux accouplés, chacun d’un poids de 25 livres. J’ai dû rappeler les beaux travaux de Mr. Gauss pour que ceux des membres de la Société Royale de Londres qui ont le plus avancé l’étude du magnétisme terrestre, et qui connoissent la localité des établissemens coloniaux, veuillent bien prendre en considération, si dans les nouvelles stations à établir on doit employer des barreaux d’un grand poids munis d’un miroir et suspendus dans un pavillon soigneusement fermé, ou si l’on doit faire usage de la boussole de Gambey dont jusqu’ici on s’est uniformément servi dans nos anciennes stations d’Europe et d’Asie. En discutant cette question on évaluera sans doute les avantages que naissent, dans l’appareil de Mr. Gauss de la moindre mobilité des barreaux par des courans d’air, comme de la lecture aisée et rapide des divisions angulaires en de très petits intervalles de tems. Mon désir n’est que de voir s’étendre les lignes de stations magnétiques, quelques soyent les moyens par lesquels on parvienne à obtenir la précision des observations correspondantes. Je dois rappeler aussi que deux voyageurs instruits, Mrs. Sartorius et Listing, munis d’instrumens de petites dimensions et très-portatifs, ont employé avec beaucoup de succès la méthode du grand Géomètre de Göttingue dans leurs excursions à Naples et en Sicile[64].
Berlin, en Avril 1836[65].
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Gauß muß übrigens in den Tagen nach Erscheinen des Aufsatzes in den Astronomischen Nachrichten dann selbst an Humboldt geschrieben haben, denn Schumacher teilte am 24. Juni Gauß mit, daß sein Sohn in Berlin von Humboldt erfahren habe, dieser hätte einen „sehr freundlichen“ Brief von Gauß erhalten und sei hierüber „sehr vergnügt“[66].
Über die Fortsetzung der direkten Korrespondenz zwischen Humboldt und Gauß nach erfolgter Publikation des Sussex-Briefes soll hier nicht referiert werden. Es sei nur bemerkt, daß die eine der Beanstandungen, die Gauß als unerheblich in seinem Brief an Schumacher vom 29. März überging, die gewesen ist, daß Humboldt die Termine, an denen beobachtet werden sollte, mißverstanden hatte. Gauß meinte mit den „ungeraden Monaten“ den Januar, März, Mai, ... (also den 1., 3., 5., ... Monat), während Humboldt irrtümlich von den Monaten mit ungerader Anzahl der Tage gesprochen hatte. Gauß hat das Humboldt Anfang August 1836 noch mitgeteilt[67] und selbst eine Richtigstellung veröffentlicht[68]. Der spätere Briefwechsel zwischen Humboldt und Gauß nach Publikation des Report upon a letter addressed by M. de Humboldt to his Royal Highness the President of the Royal Society, erstattet von S. Hunter Christie und G. B. Airy[69] läßt auf beiden Seiten keinerlei Empfindlichkeiten erkennen. Ganz im Gegenteil, als nun die Engländer Bedenken gegen schwere Stäbe äußern, nennt Humboldt diese Einwände „albern“[70] und hat sich den Standpunkt von Gauß vollständig zu eigen gemacht.
Immerhin hat Humboldt noch eine Zeitlang kritisch auf Gauß’ magnetische Arbeiten gesehen, wie ein Brief an Bessel vom 12.10.1837 bezeugt, in dem er über seinen Besuch in Göttingen im Sept. 1837 anläßlich der Feierlichkeiten zum 100jährigen Bestehen der Universität berichtet[71]:
„Gauß hat mich allerdings auf das Liebevollste behandelt, aber es war mir doch im Ganzen oft unheimlich, ihn so toto animo an den magnetischen Dräthen verstrickt zu sehen. Der Erfolg scheint mir bisher nicht dem Aufwand solcher Kräfte proportional, dazu sind so viele Dinge nur in größerem Maßstabe ausgeführt, die wir in kleinerem kannten[72]. Das Hauptübel ist die völlige Vernachlässigung der stündlichen Inclinationsversuche. Die horiz[ontale] Kraft ist allerdings sehr leicht mit bewunderungswürdiger Genauigkeit zu messen, aber wenn man sie nach 50 Jahren irgendwo anders findet, weiß man ja nicht, ob die Intensität (die wahre, ganze) oder die Incl[ination] sich geändert hat[73]. Es ist wie mittlere jährliche Barometerhöhe ohne Angabe der Temper[atur], wie Sternhöhen ohne Bar[ometer] und Therm[ometer]. Wenn man dergleichen aber in Gött[ingen] äußert, wird man etwas härtlich behandelt. Das astron[omische] Interesse ist dort ganz verschwunden, und, was bei einem so großen Geiste sonderbar ist (so im Widerspruch mit Ihrem inneren Wesen!), es ist in Gauß eine geflissentliche Isolierung auf einen Gegenstand, die das Feld der Ideen beengt, für alles andere erkältet ...[74] Eine solche willkührliche Isolierung (gleichsam Verarmung) hat auch zur Folge, daß die Besiznahme eines kleinen Raumes ausschließend legitim erscheint, daß alles von anderen früher Gefundene urplötzlich ein Theil des Besitzzustandes wird. Daher ist bei einer freien, beweglichen Natur wie die meinige das Zusammenleben mit Gauß nicht so leicht als man wünschte.“[75]
Hier treten die Unterschiede und Gegensätze in Charakter und Arbeitsweise offen zutage, wie sie einander gegenüberstanden, „der reiche Geist und der tiefe, der allbewegliche Sanguiniker und der andere mit der fast starren Gewalt seines Ernstes.“[76] Und doch hat sich zwischen den so verschiedenen Männern im Laufe der Jahre der aufrichtigen Verehrung eine herzliche, tiefer werdende Zuneigung beigesellt[77].
[1] Vgl. hierzu Humboldts eigene Darstellung: „Kosmos“. Bd. 1. Stuttgart u. Tübingen 1845. S. 438.
[2] Hier beobachtete der von Humboldt sehr geschätzte Ferd. Reich.
[3] AAW, EN, I/159.
[4] In das neu errichtete Beobachtungshaus bei der Berliner Sternwarte.
[5] Humboldt vergleicht hier das Bild, das seine vielfachen Einfügungen und Umstellungen im Ms. bieten, mit demjenigen der Enklaven, Ausdruck und Folge der Kleinstaaterei, auf der Karte.
[6] Biographische Daten hier und in allen Fällen: s. Namenverzeichnis.
[7] DSB, SN, 15. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 52-53.]
[8] Der am 1.1.1834 ins Leben getretene preußisch-deutsche Zollverein war auf seinem Gebiet frei von Zollenklaven; s. Anm. 25.
[9] Briefwechsel zwischen C. F. Gauss und H. C. Schumacher. Hrsg. v. C. A. F. Peters (GSB). Bd. 3. Altona 1861. S. 3. [Reprint: Hildesheim und New York 1975].
[10] GSB, 3, S. 4.
[11] DSB, SN, 16. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 57-59.]
[12] Von hier ab Postskriptum.
[13] Die einzelnen in den Briefen Humboldts erwähnten Streichungen, Berichtigungen usw. sind nicht jedesmal in den Anm. erläutert, da weiter unten für alle diese Änderungen eine Gegenüberstellung des ursprünglichen mit dem publizierten Text folgt.
[14] Der Brief ist beschädigt, daher einige unsichere Lesungen.
[15] Vgl. die mündliche Mitteilung Humboldts an Olbers, wiedergegeben im Brief von Olbers an Gauß aus Paris, 18. 7. 1812 (Wilh. Olbers, a.a.O., S. 508 bis 509).
[16] Das eisenfreie Beobachtungshäuschen war 1828 an der Leipziger Straße im Garten A. Mendelssohn-Bartholdys errichtet worden.
[17] s. Anm. 24.
[18] s. Anm. 42.
[19] GSB, 3, S. 6 bis 7.
[20] GSB, 3, S. 12. Die an Gauß gesandten Abschnitte aus dem ersten Korrekturabzug der ursprünglichen Fassung des Briefes an den Herzog von Sussex ebd. S. 9 bis 12.
[21] AAW, EN, II/3.
[22] Es dürfte sich um den Brief Schumachers vom 16.3. und um den Brief Bessels handeln, mit dem letzterer einen Brief Humboldts vom 6.3.1836 beantwortete. Humboldt hatte in seinem Brief Bessel als denjenigen bezeichnet, „dessen Zuneigung mich am meisten erhebt, der in meiner Verehrung am höchsten steht, in dem es nun mir endlich einmal ward (was Laplace mir nicht darbot), neben der Tiefe des Geistes auch die edeln Gaben des Herzens ehren zu können.“ (AAW, BN, 25) [Humboldt-Bessel 1994, S. 102.]
Sicher hat Bessel ebenso emphatisch seine Verehrung für Humboldt ausgedrückt. Offenbar hat er aber gleichzeitig gegen das opponiert, was Humboldt von den Beobachtungen und Zeichnungen des Halleyschen Kometen durch den Dessauer Astronomen Heinrich Schwabe berichtet hatte: „Wissen Sie, verehrter Freund, welche fürstliche und dabei doch recht liebenswürdige Person ganz im Cometen-Dunst und dem Lichte Ihrer Abhandlung [Ueber den Halley’schen Kometen. In: Jahrbuch für 1836. Hrsg. v. H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen 1836. S. 48 bis 73.] versunken ist? Die reg. Herzogin von Dessau [Friederike], die hier ist und wie ich glaube einigen Antheil an den übrigens recht hüpschen Schwabeschen Zeichnungen gehabt hat. Schwabe oder vielmehr die Herzogin bat mich, diese Zeichnungen, ehe sie gestochen wären, dem Institut zu überreichen. Sie hatten das Verdienst, das einzige, die Beugung der Ausstrahlung, die Bildung des Schweifes vom vorderen Theile des Kopfes aus (wie Schwabe schrieb) zu zeigen.“ Diese Ausstrahlungen, die Schwabe beobachtet haben wollte, sind die „Barthaare“, von denen Humboldt in seiner schalkhaften Weise spricht. – In dem gleichen Schreiben an Bessel hat Humboldt übrigens auch auf seinen bald in den astronomischen Nachrichten Schumachers erscheinenden Sussex-Brief hingewiesen („da ich in Frankreich erlangt habe, daß man eine magnetische Station permanent in Island etablire, so fordere ich die Kön[iglichen] Sozietät mit einigem Pathos auf, endlich doch in der südlichen Hemisphäre etwas ähnliches zu thun“ [Humboldt-Bessel 1994, S. 104]), weil darin die Verdienste des Physikers Adolph Erman, Bessels Schwiegersohn, gebührend gewürdigt würden.
[23] Vermutlich ein Ausdruck der von Schumacher gebraucht worden ist (s. Humboldts Brief vom 18.3.1836). [Humboldt-Schumacher 1979, S. 57-60.]
[24] Gemeint sind Schwabes Zeichnungen, von denen in Anm. 42 die Rede ist und die als Beilage zu Schwabes Aufsatz „Der Halley’sche Komet“ [Astronom. Nachr. 13 (1836), Nr. 298 v. 6. Jan., Sp. 145 bis 152] von Schumacher erst nach Einholung der Besselschen Zustimmung (AAW, BN, Brief Schumachers an Bessel v. 14.11.1835 Nr. 284, bzw. Antwort Bessels v. 6.12.1835 Nr. 280) veröffentlicht wurde. Bessel selbst hat im gleichen Jg. der Astronom. Nachr. (Nr. 300 bis 302 v. 20. 2 1836, Sp. 185 bis 232) seine berühmte Abhandlung „Beobachtungen über die physische Beschaffenheit des Halley’schen Kometen und dadurch veranlaßte Bemerkungen“, ebenfalls mit Zeichnungen, publiziert.
[25] Schumacher schrieb in der Einleitung zum gen. Jahrbuch auf S. VIII: „Die zur Berechnung der Höhenunterschiede zweier Orte aus den daselbst angestellten Barometerbeobachtungen von Herrn Hofrath Gauss gegebenen Tafeln, pag. 138, sind unstreitig die bequemsten von allen [...]. Ich habe dennoch, um den Wünschen Mehrerer zu entsprechen, die Oltmann’schen Tafeln, [...] hinzugefügt. Sie haben allerdings für den reisenden Geologen und Botaniker die Bequemlichkeit, dass er am Orte der Beobachtung selbst, à vue daraus eine genäherte Höhenbestimmung nehmen kann.“ Da Oltmanns lange Jahre Humboldt als astronomischer Rechner gedient und 1806/07 mit ihm zusammen die magnetischen Beobachtungen vorgenommen hatte, war Humboldt bei Angriffen auf diesen sehr empfindlich, wenngleich er seine wissenschaftlichen Leistungen nicht überbewertete.
[26] DSB, SN, 17 [Humboldt-Schumacher 1979, S. 60-61].
[27] Wenn A. Dove, a.a.O., S. 236, schreibt, Gauß hätte die „Uebergehung seiner eigenen Instanz sehr übel“ aufgenommen und Humboldt hätte dem „entscheidenden Passus“ durch Hinzufügung der Göttinger Sozietät und deren Nennung an erster Stelle die „erwünschte Fassung“ gegeben, so ist das in dieser Form nicht begründet. Jenes unverlangte (es sei denn, daß Schumacher von sich aus die Nennung der Göttinger Sozietät gewünscht oder vorgeschlagen hat) Zugeständnis Humboldts beruhte auf der irrigen Meinung, Gauß ginge es um sein Prestige, und zeigt einmal mehr, daß Humboldt zu diesem Zeitpunkt die eigentlichen Mängel seines Briefentwurfs an den Herzog von Sussex noch nicht erkannt hatte.
[28] „Als der bekannte Victor Cousin, Staatsrat und Pair, im Auftrage der jetzigen französischen Regierung seine pädagogische Reise durch Deutschland machte, um sich namentlich über das preußische Schulwesen unterrichten zu lassen, erstattete unser Kulturminister v. Altenstein dem Könige über diese Sendung, daß Herr Cousin bei uns alles sehr gut gefunden habe, eine Anstalt aber, wie die polytechnische Schule in Frankreich vermisse.“ (C. G. J. Jacobi in einem Vortrag der Physikal.-önonom. Gesellschaft zu Königsberg am 22.5.1835; zit. n. L. Koenigsberger, C. G. J. Jacobi. Leipzig 1904. S. 169.) Humboldt meint folglich, daß es mit der Bewilligung von Mitteln für wissenschaftliche Zwecke in Berlin doch nicht so günstig stehe, wie es Cousin geschienen habe.
[29] GSB, 3, S. 14 bis 15.
[30] Dieser Brief von Gauß liegt nicht vor.
[31] GSB, 3, S. 16.
[32] nach Berlin.
[33] GSB, 3, S. 17.
[34] DSB, SN, 18. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 63-64.]
[35] C. F. Gauß. Erdmagnetismus und Magnetometer. Im gen. Jahrbuch, S. 1 bis 47.
[36] Arago in Paris und Kupffer in Kasan verabredeten 1823 gleichzeitige stündliche magnetische Beobachtungen. Auf Kupffer geht die unter Unterstützung durch Humboldt erfolgte Gründung eines geophysikalischen Zentralobservatoriums zurück (zu Einzelheiten vgl. H.-G. Körber. Aus der Korrespondenz Alexander von Humboldts und Carl Friedrich Gauß’ mit Teilnehmern an geomagnetischen Beobachtungen. In: FuF 33 (1959), S. 298 bis 303, insbes. S. 298 bis 300).
[37] v. Riese. Bestimmung der Declination der Magnetnadel mittelst eines Spiegels. In: Annalen der Physik u. Chemie 9 (1827), S. 67 bis 88 u. Taf. I, Abb. 2. – Vgl. aber auch den oben wiedergegebenen Brief Humboldts vom 2.4.1836.
[38] GSB, 3, S. 18 bis 21.
[39] GSB, 3, S. 22 bis 23.
[40] DSB, SN, 19. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 65-66.]
[41] P[oggendorff]. Ein Vorschlag zum Messen der magnetischen Abweichung. In: Annalen der Physik u. Chemie 7 (1826), S. 121 bis 130 u. Taf. I, Abb. 10.
[42] s. Anm. 57.
[43] s. Anm. 16.
[44] Bezieht sich auf die Arbeiten von Legendre, Gauß und Laplace zur Methode der kleinsten Quadrate.
[45] Humboldt meint vermutlich J. L. Lagrange, Sur la construction des cartes géographiques. In: Nouv. Mémoires de l’Acad. royale de Berlin. Année 1779, S. 161 bis 210, über welche Abhandlung Gauß 1822 (publ. 1825) hinausging in: Allg. Auflösung der Aufgabe, die Theile einer gegebenen Fläche auf einer andern gegebenen Fläche so abzubilden, daß die Abbildung dem Abgebildeten in den kleinsten Theilen ähnlich wird (GW, Bd. IV, 21880, S.189 bis 216). Tatsächlich hat Gauß in seiner Arbeit Lagrange nicht genannt, wie überhaupt darin keine Vorläufer (wie z. B. Lambert) aufgeführt werden.
[46] GSB, 3, S. 24.
[47] GSB, 3, S. 25.
[48] GSB, 3, S. 29.
[49] DSB, SN, 20. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 67-69.]
[50] Eine gern von Humboldt gebrauchte Sentenz.
[51] GSB, 3, S. 29 bis 30.
[52] GSB, 3, S. 36.
[53] GSB, 3, S. 37 und 39.
[54] GSB, 3, S. 43.
[55] GSB, 3, S. 45 bis 46.
[56] DSB, SN, 21. [Humboldt-Schumacher 1979, S. 70-71.]
[57] Elizabeth Anne Rawdon.
[58] GSB, 3, S. 9 bis 10.
[59] GSB, 3. S. 10.
[60] GSB, 3, S. 11.
[61] GSB, 3, S. 12.
[62] Astron. Nachr., a.a.O. (AN), Sp.289.
[63] AN, Sp. 290.
[64] AN, Sp. 290 bis 292.
[65] AN, Sp. 292.
[66] GSB, 3, S. 75.
[67] Vgl. K.-R. Biermann u. H.-G. Körber. Zum wissenschaftlichen Briefwechsel zwischen C. F. Gauß und A. v. Humboldt. In: FuF 36 (1962), S. 41 bis 44. [Vgl. Humboldt-Gauß 1977, S. 53-57.]
[68] Astron. Nachr. 14 (1837), Nr. 316 v. 24. Aug, 1836. Sp. 53 bis 54.
[69] Proc. Roy. Soc. 3 (1836), 27, S. 418 bis 428.
[70] Briefe zwischen A. v. Humboldt u. Gauß, a.a.O., S. 28. [Vgl. Humboldt-Gauß 1977, S. 51.]
[71] AAW, BN, 27. [Humboldt-Bessel 1994, S. 110.]
[72] Bekanntlich ist man im Laufe der weiteren Entwicklung nicht Gauß, sondern Lamont gefolgt, indem man wieder zu kleineren Dimensionen bei den Magnetstäben übergegangen ist; vgl. K.-R. Biermann und H.-G. Körber, a.a.O., S.43, Anm. 23.
[73] Daß Gauß die Untersuchung der Inklination bewußt hinter der von Intensität und Deklination hat zurücktreten lassen, ohne jedoch dies Problem je aus dem Auge zu verlieren, führt Cl. Schäfer, a.a.O., S. 62 bis 71, aus und gibt dort eine eingehende Darstellung der Gaußschen Versuche und Arbeiten der Messung der Inklination.
[74] Eine solche Konzentration auf eine Hauptaufgabe, die alle Aufmerksamkeit zur Erreichung eines Zieles in Anspruch nimmt, war Humboldt ganz fremd. Er brachte es fertig, zu gleicher Zeit letzte Hand an sein amerikanisches Reisewerk zu legen, die wissenschaftliche Auswertung der russischen Reise vorzunehmen, die Sammlung für sein „Examen critique ...“ (s. Anm. 103) zu Ende zu führen, Vorbereitungen für den „Kosmos“ zu treffen und an der Vervollständigung eines fragmentarischen Manuskriptes über Meeresströmungen zu arbeiten (AAW, BN, 11, 23, 31), von kleineren literarischen Arbeiten, seiner riesigen Korrespondenz, seinen täglichen Verpflichtungen am Hofe und seiner vielfältigen gesellschaftlichen Inanspruchnahme ganz zu schweigen.
[75] Im Zusammenhang hiermit ist interessant, was Schumacher gelegentlich seinem Freund Bessel über Gauß schrieb, den er ja nicht nur aus nie abreißendem schriftlichen Verkehr, sondern auch aus mehrfachen persönlichen Zusammenkünften genau kannte und mit dem er in freundschaftlicher Verehrung verbunden war. Schumacher äußerte nämlich: Gauß „ist allerdings a queer sort of a fellow und etwas mehr Egoist, als zum angenehmen Umgang nöthig ist, aber dabei streng rechtlich und aller niederen Kniffe und Winkelzüge unfähig.“ (Joh. A. Repsold. H. C. Schumacher. In: Astron. Nachr. 208 (1918), Nr. 4970 bis 4971 v. Dez., Sp. 31.)
[76] A. Dove, a.a.O., S. 175.
[77] Worin sich Gauß und Humboldt im einzelnen unterschieden, wodurch sich die echte Zuneigung zueinander ausdrückte und welche Gründe bewirkten, daß nicht nur die Gegensätze zurücktraten, sondern auch aus Ehrfurcht und Bewunderung herzliche Freundschaft ohne Blindheit für die Schwächen des anderen wurde, ist näher ausgeführt bei: Kurt-R. Biermann. Zum Verhältnis zwischen Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Als Ms. gedruckt in: Wiss. Z. Humboldt-Univ. Berlin, M.-N. R. 8 (1958/59). S. 121 bis 130. Diese Studie wird durch die vorliegende Publikation ergänzt, abgerundet und auch in einigen Einzelheiten, nicht in der Grundkonzeption, durch Heranziehung unedierter Materialien berichtigt. [Der Aufsatz wurde auch abgedruckt in: Kurt-R. Biermann. Miscellanea Humboldtiana. Berlin 1990, S. 193-204 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung. Bd. 15).]
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