Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009 |
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Christian Suckow
Humboldt und Rußland
Thesen zu Biographie und Werk4. Humboldts Forschungsschwerpunkte und Reiseziele 1829
Der Ural, der Altai und die Kaspisenke waren die Hauptziele der russischen Reise Humboldts und seiner Begleiter, Gustav Rose und Christian Gottfried Ehrenberg, im Jahre 1829.
Forschungsinteressen, Motive und Veranlassungen für die Routenführung auf seiten Alexander von Humboldts und seiner beiden Begleiter und, andererseits, auf russischer Seite, waren von folgenden Gegebenheiten bestimmt:
Die Reiseroute war ausgerichtet auf die reichsten Erzlagerstätten und die damals bedeutendsten Zentren des Eisen-, Silber- und Kupfer-Bergbaus und der Hüttenindustrie des Ural und Altai und damit des damaligen Rußlands überhaupt. Rußland war um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert der führende Eisen- und Silberproduzent Europas. Als sich dies angesichts der Industriellen Revolution in Westeuropa in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zuungunsten Rußlands änderte und die russische Montanindustrie ihrerseits auf Modernisierung sehen mußte, bestand von russischer Seite ein Interesse an Humboldts Rat als Bergbaufachmann.
In den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts hatte die Entdeckung neuer Goldvorräte in Sibirien das Interesse Rußlands an der Goldausbeute und die Goldförderung sprunghaft ansteigen lassen. Die russischen Interessen kamen hier denen Humboldts entgegen. Von seinen ersten Anfängen als Bergmeister her interessierte sich Humboldt für die Problematik der Förderung und nationalökonomischen Nutzung von Gold, und zwar in weltweitem Bezug.
Über die Eisen- und Edelmetallvorkommen hinaus fesselte der legendäre Mineralreichtum des Ural und des Altai und die mit der Mineral-, insbesondere Edelsteinförderung verbundene berühmte russische verarbeitende Industrie das Interesse der Reisenden.
Als Geologe und Geograph interessierte sich Humboldt vorrangig für das Relief der Erdoberfläche und die Ursachen seiner Entstehung. So zogen ihn besonders die russisch-asiatischen Gebirge an, aber auch die Kaspische Niederung und das Kaspische Meer mit seinen hydrologischen Problemen.
Für Humboldt als Begründer einer umfassenden physischen Geographie waren barometrische, geomagnetische, astromomische und Temperaturmessungen unabdingbarer Bestandteil der Reiseforschung, also auch als ständige Praxis für seine russische Reise vorgesehen.
Die zuletzt unter 3. bis 5. genannten Humboldtschen Interessenfelder spielten im Interesse, das die russische Administration an seiner Reise hatte, kaum eine Rolle. Nichtsdestoweniger gehören sie zu dem Hintergrund, auf dem das Reisegeschehen insgesamt überhaupt erst verständlich wird.
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