3. Varietäten zwischen Dialekt und Standardsprache: die Zwischenformen

Im Punkt 1.2 des Fragebogens (»Gibt es in Ihrem Ort Sprecher, die im alltäglichen Umgang weder Dialekt noch Hochdeutsch sprechen, sondern eher eine Misch- oder Zwischenform?«) haben wir versucht, genauer zu ermitteln, ob Varietäten zwischen Standardsprache und Dialekt angenommen werden. Auf diese Frage antworten insgesamt 756 Befragte (69%) mit ja, in der zweiten Ringzone ist dieser Wert mit 79,9% überdurchschnittlich hoch. Von dort aus nehmen die positiven Antworten mit zunehmender Entfernung von Berlin ab. Aber auch in der fünften Ringzone ist der Anteil derjenigen, die angeben, daß im Ort eine Zwischenform gesprochen wird, noch relativ hoch.
Analog zur Karte 1, auf der die Bereiche mit überdurchschnittlich vielen Belegen für einen existierenden Ortsdialekt markiert sind, macht die folgende Karte 2 die Gebiete mit überdurchschnittlicher Annahme einer Zwischenform sichtbar.





Karte 2

Diese Karte ergibt kein vollständig geschlossenes Bild; allenfalls deutet sich eine gewisse Tendenz im Südwesten an, die Existenz einer Zwischenform anzugeben. Legte man beide Karten, die für den Ortsdialekt und die für die Zwischenform, übereinander, so zeigte sich, daß für viele Befragte beide Varietäten am Ort gleichzeitig existieren können. In der zweiten Ringzone und im Südwesten überwiegen die Annahmen von Zwischenformen, während vor allem im Nordwesten meist ein Ortsdialekt angenommen wird. Ein Raum südlich von Berlin, der sich über die Kreise Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz und die Stadt Cottbus erstreckt, bleibt unmarkiert. Offensichtlich ist der überwiegende Teil der in diesen Regionen befragten Sprecher der Ansicht, hier werde weder Dialekt noch Zwischenform gesprochen. Das Sorbische, das in Teilen dieses Bereichs eine gewisse Rolle spielt, ist weitgehend marginalisiert und kann deshalb nicht der alleinige Grund für dieses Kartenbild sein. Hier dürfte der ostmitteldeutsche Einfluß nicht nur die Annahmen über das weitgehende Fehlen von Ortsdialekten, sondern auch von Zwischenformen prägen. Das Varietätenspektrum, wie es sich im Bewußtsein der Sprecher spiegelt, erscheint hier deutlich enger als in anderen Gebieten Brandenburgs.

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