@phdthesis{Buczkowski2022, author = {Buczkowski, Agnes Johanna}, title = {Vergleichende Untersuchungen von Schl{\"u}sselkomponenten aus D{\"a}mpfen der E-Zigarette}, doi = {10.25932/publishup-56561}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:517-opus4-565617}, school = {Universit{\"a}t Potsdam}, pages = {181}, year = {2022}, abstract = {Respiratorische Erkrankungen stellen zunehmend eine relevante globale Problematik dar. Die Erweiterung bzw. Modifizierung von Applikationswegen m{\"o}glicher Arzneimittel f{\"u}r gezielte topische Anwendungen ist dabei von gr{\"o}ßter Bedeutung. Die Variation eines bekannten Applikationsweges durch unterschiedliche technologische Umsetzungen kann die Vielfalt der Anwendungsm{\"o}glichkeiten, aber auch die Patienten-Compliance erh{\"o}hen. Die einfache und flexible Verfahrensweise durch schnelle Verf{\"u}gbarkeit und eine handliche Technologie sind heutzutage wichtige Eigenschaften im Entwicklungsprozess eines Produktes. Eine direkte topische Behandlung von Atemwegserkrankungen am Wirkort in Form einer inhalativen Applikation bietet dabei viele Vorteile gegen{\"u}ber einer systemischen Therapie. Die medizinische Inhalation von Wirkstoffen {\"u}ber die Lunge ist jedoch eine komplexe Herausforderung. Inhalatoren geh{\"o}ren zu den erkl{\"a}rungsbed{\"u}rftigen Applikationsformen, die zur Erh{\"o}hung der konsequenten Einhaltung der Verordnung so einfach, wie m{\"o}glich gestaltet werden m{\"u}ssen. Parallel besitzen und nutzen weltweit ann{\"a}hernd 68 Millionen Menschen die Technologie eines inhalativen Applikators zur bewussten Sch{\"a}digung ihrer Gesundheit in Form einer elektronischen Zigarette. Diese bekannte Anwendung bietet die potentielle M{\"o}glichkeit einer verf{\"u}gbaren, kosteng{\"u}nstigen und qualit{\"a}tsgepr{\"u}ften Gesundheitsmaßnahme zur Kontrolle, Pr{\"a}vention und Heilung von Atemwegserkrankungen. Sie erzeugt ein Aerosol durch elektrothermische Erw{\"a}rmung eines sogenannten Liquids, das durch Kapillarkr{\"a}fte eines Tr{\"a}germaterials an ein Heizelement gelangt und verdampft. Ihr Bekanntheitsgrad zeigt, dass eine beabsichtigte Wirkung in den Atemwegen eintritt. Diese Wirkung k{\"o}nnte jedoch auch auf potentielle pharmazeutische Einsatzgebiete {\"u}bertragbar sein. Die Vorteile der pulmonalen Verabreichung sind dabei vielf{\"a}ltig. Im Vergleich zur peroralen Applikation gelangt der Wirkstoff gezielt zum Wirkort. Wenn eine systemische Applikation zu Arzneimittelkonzentrationen unterhalb der therapeutischen Wirksamkeit in der Lunge f{\"u}hrt, k{\"o}nnte eine inhalative Darreichung bereits bei niedriger Dosierung die gew{\"u}nschten h{\"o}heren Konzentrationen am Wirkort hervorrufen. Aufgrund der großen Resorptionsfl{\"a}che der Lunge sind eine h{\"o}here Bioverf{\"u}gbarkeit und ein schnellerer Wirkungseintritt infolge des fehlenden First-Pass-Effektes m{\"o}glich. Es kommt ebenfalls zu minimalen systemischen Nebenwirkungen. Die elektronische Zigarette erzeugt wie die medizinischen Inhalatoren lungeng{\"a}ngige Partikel. Die atemzuggesteuerte Technik erm{\"o}glicht eine unkomplizierte und intuitive Anwendung. Der prinzipielle Aufbau besteht aus einer elektrisch beheizten Wendel und einem Akku. Die Heizwendel ist von einem sogenannten Liquid in einem Tank umgeben und erzeugt das Aerosol. Das Liquid beinhaltet eine Basismischung bestehend aus Propylenglycol, Glycerin und reinem Wasser in unterschiedlichen prozentualen Anteilen. Es besteht die Annahme, dass das Basisliquid auch mit pharmazeutischen Wirkstoffen f{\"u}r die pulmonale Applikation beladen werden kann. Aufgrund der thermischen Belastung durch die e-Zigarette m{\"u}ssen potentielle Wirkstoffe sowie das Vehikel eine thermische Stabilit{\"a}t aufweisen. Die potentielle medizinische Anwendung der Technologie einer handels{\"u}blichen e-Zigarette wurde anhand von drei Schwerpunkten an vier Wirkstoffen untersucht. Die drei {\"a}therischen {\"O}le Eucalyptus{\"o}l, Minz{\"o}l und Nelken{\"o}l wurden aufgrund ihrer leichten Fl{\"u}chtigkeit und der historischen pharmazeutischen Anwendung anhand von Inhalationen bei Erk{\"a}ltungssymptomen bzw. im zahnmedizinischen Bereich gew{\"a}hlt. Das eingesetzte Cannabinoid Cannabidiol (CBD) hat einen aktuellen Bezug zu dem pharmazeutischen Markt Deutschlands zur Legalisierung von cannabishaltigen Produkten und der medizinischen Forschung zum inhalativen Konsum. Es wurden relevante wirkstoffhaltige Fl{\"u}ssigformulierungen entwickelt und hinsichtlich ihrer Verdampfbarkeit zu Aerosolen bewertet. In den quantitativen und qualitativen chromatographischen Untersuchungen konnten spezifische Verdampfungsprofile der Wirkstoffe erfasst und bewertet werden. Dabei stieg die verdampfte Masse der Leitsubstanzen 1,8-Cineol (Eucalyptus{\"o}l), Menthol (Minz{\"o}l) und Eugenol (Nelken{\"o}l) zwischen 33,6 µg und 156,2 µg pro Zug proportional zur Konzentration im Liquid im Bereich zwischen 0,5\% und 1,5\% bei einer Leistung von 20 Watt. Die Freisetzungsrate von Cannabidiol hingegen schien unabh{\"a}ngig von der Konzentration im Liquid im Mittelwert bei 13,3 µg pro Zug zu liegen. Dieses konnte an f{\"u}nf CBD-haltigen Liquids im Konzentrationsbereich zwischen 31 µg/g und 5120 µg/g Liquid gezeigt werden. Außerdem konnte eine Steigerung der verdampften Massen mit Zunahme der Leistung der e-Zigarette festgestellt werden. Die Interaktion der Liquids bzw. Aerosole mit den Bestandteilen des Speichels sowie weiterer gastrointestinaler Fl{\"u}ssigkeiten wurde {\"u}ber die Anwendung von zugeh{\"o}rigen in vitro Modellen und Einsatz von Enzymaktivit{\"a}ts-Assays gepr{\"u}ft. In den Untersuchungen wurden {\"A}nderungen von Enzymaktivit{\"a}ten anhand des oralen Schl{\"u}sselenzyms α-Amylase sowie von Proteasen ermittelt. Damit sollte exemplarisch ein m{\"o}glicher Einfluss auf physiologische bzw. metabolische Prozesse im humanen Organismus gepr{\"u}ft werden. Das Bedampfen von biologischen Suspensionen f{\"u}hrte bei niedriger Leistung der e-Zigarette (20 Watt) zu keiner bzw. einer leichten {\"A}nderung der Enzymaktivit{\"a}t. Die Anwendung einer hohen Leistung (80 Watt) bewirkte tendenziell das Herabsetzen der Enzymaktivit{\"a}ten. Die Erh{\"o}hung der Enzymaktivit{\"a}ten k{\"o}nnte zu einem enzymatischen Abbau von Schleimstoffen wie Mucinen f{\"u}hren, was wiederum die effektive, mechanische Abwehr gegen{\"u}ber bakteriellen Infektionen zur Folge h{\"a}tte. Da eine Anwendung der Applikation insbesondere bei bakteriellen Atemwegserkrankungen denkbar w{\"a}re, folgten abschließend Untersuchungen der antibakteriellen Eigenschaften der Liquids bzw. Aerosole in vitro. Es wurden sechs klinisch relevante bakterielle Krankheitserreger ausgew{\"a}hlt, die nach zwei Charakteristika gruppiert werden k{\"o}nnen. Die drei multiresistenten Bakterien Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella pneumoniae und Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus k{\"o}nnen mithilfe von {\"u}blichen Therapien mit Antibiotika nicht abget{\"o}tet werden und haben vor allem eine nosokomiale Relevanz. Die zweite Gruppe weist Eigenschaften auf, die vordergr{\"u}ndig assoziiert sind mit respiratorischen Erkrankungen. Die Bakterien Streptococcus pneumoniae, Moraxella catarrhalis und Haemophilus influenzae sind repr{\"a}sentativ beteiligt an Atemwegserkrankungen mit diverser Symptomatik. Die Bakterienarten wurden mit den jeweiligen Liquids behandelt bzw. bedampft und deren grundlegende Dosis-Wirkungsbeziehung charakterisiert. Dabei konnte eine antibakterielle Aktivit{\"a}t der Formulierungen ermittelt werden, die durch Zugabe eines Wirkstoffes die bereits antibakterielle Wirkung der Bestandteile Glycerin und Propylenglycol verst{\"a}rkte. Die hygroskopischen Eigenschaften dieser Substanzen sind vermutlich f{\"u}r eine Wirkung in aerosolierter Form verantwortlich. Sie entziehen die Feuchtigkeit aus der Luft und haben einen austrocknenden Effekt auf die Bakterien. Das Bedampfen der Bakterienarten Streptococcus pneumoniae, Moraxella catarrhalis und Haemophilus influenzae hatte einen antibakteriellen Effekt, der zeitlich abh{\"a}ngig von der Leistung der e-Zigarette war. Die Ergebnisse der Untersuchungen f{\"u}hren zu dem Schluss, dass jeder Wirkstoff bzw. jede Substanzklasse individuell zu bewerten ist und somit Inhalator und Formulierung aufeinander abgestimmt werden m{\"u}ssen. Der Einsatz der e-Zigarette als Medizinprodukt zur Applikation von Arzneimitteln setzt stets Pr{\"u}fungen nach Europ{\"a}ischem Arzneibuch voraus. Durch Modifizierungen k{\"o}nnte eine Dosierung gut kontrollierbar gemacht werden, aber auch die Partikelgr{\"o}ßenverteilung kann insoweit reguliert werden, dass die Wirkstoffe je nach Partikelgr{\"o}ße zu einem geeigneten Applikationsort wie Mund, Rachen oder Bronchien transportiert werden. Der Vergleich mit den Eigenschaften anderer medizinischer Inhalatoren f{\"u}hrt zu dem Schluss, dass die Technologie der e-Zigarette durchaus eine gleichartige oder bessere Performance f{\"u}r thermisch stabile Wirkstoffe bieten k{\"o}nnte. Dieses fiktive Medizinprodukt k{\"o}nnte aus einer hersteller-unspezifisch produzierten, wieder aufladbaren Energiequelle mit Universalgewinde zum mehrfachen Gebrauch und einer hersteller- und wirkstoffspezifisch produzierten Einheit aus Verdampfer und Arzneimittel bestehen. Das Arzneimittel, ein medizinisches Liquid (Vehikel und Wirkstoff) kann in dem Tank des Verdampfers mit konstanten, nicht variablen Parametern patientenindividuell produziert werden. Inhalative Anwendungen werden perspektivisch wohl nicht zuletzt aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie eine zunehmende Rolle spielen. Der Bedarf nach alternativen Therapieoptionen wird weiter ansteigen. Diese Arbeit liefert einen Beitrag zum Einsatz der Technologie der elektronischen Zigarette als electronic nicotin delivery system (ENDS) nach Modifizierung zu einem potentiellen pulmonalen Applikationssystem als electronic drug delivery system (EDDS) von inhalativen, thermisch stabilen Arzneimitteln in Form eines Medizinproduktes.}, language = {de} }